GEOCACHE - Thomas Jacob - E-Book

GEOCACHE E-Book

Thomas Jacob

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Beschreibung

Nadine und Thomas J. sind die stolzen Besitzer eines Landgasthofes mit einem kleinen Hotel inmitten des fränkischen Landkreises Neustadt an der Aisch. In ihrer knapp bemessenen Freizeit frönen sie gerne ihrem Hobby, dem Geocaching. Thomas findet einen Brief, von der offiziellen deutschen Plattform Opencaching Deutschland e.V, im Briefkasten. Sie werden höflich dazu aufgefordert, einen speziellen Geocache zu absolvieren. Voller Vorfreude machen sich die Beiden, ausgestattet mit GPS-System, auf die Suche zu den genannten Koordinaten. Ihre Freude sollte bald ein jähes Ende finden. Am Zielort finden sie in einem Maisfeld eine Holzkiste, in der sich das abgetrennten Bein einer jungen Frau, sowie ein Zettel mit weiteren Anweisungen des Täters befinden. Er verlangt die Mitnahme des Fundes und bezeichnet sich selbst als den "Gott der Götter". Drei Opfer sind in seiner Gewalt. Er bezeichnet seine Opfer als "Vergangenheit", "Gegenwart" und "Zukunft". Nadine und Thomas müssen sein perverses Spiel mitspielen, denn er stellt ihnen in Aussicht, eines seiner drei Opfer retten zu können. "Nur die Zukunft könnt ihr retten" sind seine Worte. Beide fassen den Entschluss seinen Anweisungen zu folgen. Das Bein nehmen sie mit und deponieren es in ihrer Tiefkühltruhe. Die Aufgaben und Rätsel werden immer komplexer. Niemand darf davon erfahren, vor allem nicht die Polizei. Es wird immer schwerer, den Schein zu wahren. Die Tiefkühltruhe der Beiden füllt sich langsam mit Leichenteilen. Doch irgendwann werden sie erwischt. Nach einer kurzen Flucht werden sie verhaftet und in U-Haft gesteckt. Die grausamen Funde in ihrer Tiefkühltruhe werden in der Presse breitgetreten. Ihr Hotel und das Restaurant werden von Gästen gemieden. Es droht der Ruin. Weitere menschliche Extremitäten werden gefunden, sie werden aus der U-Haft entlassen und arbeiten fortan mit der Kriminalpolizei zusammen. Als Warnung lässt der Psychopath dem Chefermittler der Kriminalpolizei den abgetrennten Daumen einer jungen Frau per Kurierdienst zukommen. Die Jagd beginnt. In Google Earth wird ein wirres Geflecht aus Punkten und Linien dargestellt, die Polizei bleibt ratlos. Jedoch mit Verstand, Weitsicht und ihrer Erfahrung als Geocacher, gelingt es den Beiden, aus der undurchsichtigen Grafik etwas Sinnvolles zu erstellen. Sie können dadurch drei mögliche Koordinaten errechnen. Zwei Koordinaten erweisen sich als Volltreffer.

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Seitenzahl: 419

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Über den Autor

Thomas Jacob wurde am 24. April 1966 im fränkischen Fürth geboren. Nach seiner Ausbildung als Programmierer für Mess-, Steuer- und Regelungstechnik heiratete er 1990 seine Frau Nadine. Ihre Tochter Jennifer wurde 1992 geboren.

Seit 2006 betreibt der Autor gemeinsam mit seiner Frau und seiner Tochter das Landhotel und Restaurant „Stöckacher Mühle“ in Neustadt an der Aisch.

Thomas Jacob

Geocache

„Aber du willst es nicht finden“

Thriller

www.tredition.de

© 2014 Thomas Jacob

Umschlaggestaltung, Illustration: Thomas, Jacob

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN: 978-3-8495-7716-2

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Danksagung

Mein Dank gebührt meiner guten Freundin Andrea Schneider und meiner Tochter Jenny, die sich die Mühe gemacht haben, jedes neu entstandene Kapitel durchzuarbeiten und mir stets mit Rat und Tat beiseite standen.

Ein großes Dankeschön geht an meine gute Bekannte Elke Wagner, die das gesamte Manuskript auf dessen sprachliche und inhaltliche Richtigkeit überarbeitet hat.

Vor allem danke ich meiner Ehefrau Nadine für ihre Geduld, ihre guten Ideen und ihrer Unterstützung.

Ein ganz besonderes Dankeschön an Herrn Ralph Koch, Kriminalhauptkommissar vom Polizeipräsidium Mittelfranken und Herrn Ludwig Schuller, Leiter allg. Vollzugsdienst der Justizvollzugsanstalt Nürnberg. Ohne die wertvollen Informationen bezüglich Polizeiarbeit und Haftbedingungen hätte ich das Buch nicht schreiben können.

All den Spezialisten, die mir bei meinen Recherchen zu dem schwierigen Thema „Forensik“ durch ihre fundierten Berichte im Internet geholfen haben gilt mein Dank.

Bei dem verwendeten Text,

Hävenshüne wei wat schüt, jümm hei dal van Häven süt. Hei is nig barn un wert nig old.

- Kapitel 1–

Es roch nach altem Holz und Schimmel. Ein großer Raum, in dem es bis auf drei brennende Kerzen keine Lichtquelle gab. Das alte Gemäuer wurde früher wahrscheinlich als Schweinestall benutzt. In dem Stall hatten aber schon lange keine Schweine mehr gestanden. Überall konnte man Spinnweben entdecken. Der Boden war übersät mit Dreck. Vereinzelt lagen noch Stroh- und Heureste in den Ecken. In den Außenmauern gab es keine Fenster. Je weiter man in den Raum trat, desto bestialischer wurde der Gestank nach totem, verwesendem Fleisch. Es wurde immer unerträglicher.

Stille herrschte. Im hinteren Teil des etwa 20 Meter langen und sechs Meter breiten Raumes standen drei brennenden Kerzen am Boden. Zwei Kerzen waren, in einem Abstand von ungefähr drei Metern, direkt an der Giebelwand aufgestellt. Die dritte Kerze war genau mittig zwischen den beiden anderen platziert, jedoch circa drei Meter von der Wand entfernt. Es sah wie ein auf dem Kopf stehendes Dreieck aus, wobei die zwei Kerzen an der Wand die Basis bildeten. Die Dritte ergab die Spitze des Dreiecks. Jetzt konnte man ein leises Jammern und Flehen ausmachen. Zwischen den Kerzen waren weiße Laken ausgebreitet. Auf den Laken lag etwas. Es waren seine Opfer. Auf dem linken Tuch im Dreieck konnte man den Torso einer jungen Frau erkennen. Sie war nackt und verstümmelt. Getrocknetes Blut klebte an ihrer Nase, Mund und Kinn. Sie hatte langes, blondes Haar. Ihr Gesicht war zu einer schmerzverzerrten Fratze entstellt. Man konnte sofort erkennen, dass dieses junge Mädchen erheblich gelitten haben musste. Ihr Mund war mit einem alten Lappen geknebelt worden. Ihre Gliedmaßen waren alle, außer dem linken Arm, mit roher Gewalt knapp über den Knien und dem rechten Ellenbogen abgetrennt worden. An der Stelle, an der einmal das rechte Bein gewesen war, hatte sich eine riesige Blutlache gebildet. Das Blut war ins Laken eingezogen. Der große Blutfleck war bereits eingetrocknet. Am Stumpf des linken Beines und des rechten Arms war hingegen kein Blut erkennbar. Die Frau musste qualvoll verblutet sein.

„Beim Verbluten wird dem Opfer erst kälter und kälter. Das Opfer beginnt heftig zu zittern. Bei noch vollem Bewusstsein sind die Schmerzen der Austrittswunde kaum auszuhalten. Nach geraumer Zeit entwickelt man einen ausgeprägten Schock. Das Zittern wird heftiger. Langsam setzt eine Bewusstseinseintrübung ein, die dann zur Bewusstlosigkeit führt. Kurze Zeit später, der Schmerz befreiende Tod.“

Die Haut des leblosen Körpers schimmerte grau, die Verwesung hatte bereits eingesetzt. Durch den Verwesungsprozess konnte man das Alter der toten jungen Frau nur schlecht schätzen. Das Schlimmste aber war der Gestank. Es war ein Gemisch aus süßlichem Verwesungsgeruch und Fäkalien. Rechts von dem Torso lag ein gefesselter Mann auf dem Rücken. Sein Mund war ebenfalls mit einem dreckigen Lappen gestopft. Das Blut, das aus einer großen Platzwunde an seinem Kopf gequollen war, war bereits verkrustet. Seine gefesselten Hände und Füße waren zudem mit einem dicken Strick an einem metallenen Ring, der in der Wand befestigt war, fixiert. Ein weiteres Indiz dafür, dass es sich um ein altes Stallgebäude handeln musste. Tiere wurden früher oft an solchen massiven Eisenringen festgebunden. Der Mann schien etwa Mitte dreißig zu sein.

Das zweite Opfer hatte dunkle kurze Haare und trug einen blauen Arbeitsanzug. Sein markantes, eckiges Gesicht wirkte sehr männlich. Seine schwarzen Bartstoppeln zeugten davon, dass er sich schon länger nicht mehr rasiert haben musste. Er lebte und zeigte außer der Platzwunde an seiner Stirn keine Anzeichen von äußerlicher Gewalteinwirkung. Er jammerte und flehte; er hatte panische Angst.

Ein weiteres Opfer lag ganz rechts in dem Dreieck aus Kerzen. Auch sie war geknebelt, gefesselt und angebunden. Die junge Frau war etwa 20 Jahre alt. Im Gegensatz zu dem bereits toten Mädchen, war sie jedoch komplett bekleidet. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Ihr modischer Kurzhaarschnitt ließ ihre grünen Augen voll zur Geltung kommen. In ihrem Gesicht konnte man pure Angst erkennen.

Die weiß gekalkte Wand wurde von dem Kerzenschein erhellt. Die einst weiße Wand schimmerte in einem schmutzigen Grau. Mittig über den beiden Kerzen, die an der Wand standen, waren zwei tote, pechschwarze Vögel mit ausgebreiteten Schwingen an die Wand genagelt. Es handelte sich um Raben. Die Wand war bis Deckenhöhe mit seltsamen Schriftzeichen übersät. In Gesichtshöhe standen unverständliche Sätze in schwarzer Farbe geschrieben. Der Wortlaut klang absolut fremd; eine Sprache, die wahrscheinlich schon seit Hunderten von Jahren nicht mehr gesprochen oder geschrieben wurde.

Hugin                                   Munin Hävenshüne wei wat schüt, jümm hei dal van Häven süt. Hei is nig barn un wert nig old.

Aus dem Dunkel des Raumes trat eine Gestalt hervor und ging mit langsamen Schritten auf die am Boden liegenden Opfer zu. Ein großer, kräftig gebauter Mann mit langen ungepflegten Haaren, kam immer näher. Im Gesicht trug er einen schlecht gepflegten Bart. Sein Körper war von einem schwarzen Umhang, der bis zum Boden reichte, eingehüllt. Als er die Spitze des Dreiecks erreichte, begann er, den an der Wand stehenden Spruch, zu sprechen. Immer und immer wieder murmelte er die Worte in einem monotonen Singsang. Die beiden noch lebenden Opfer lagen mit weit aufgerissenen, tränenden Augen auf dem Boden und starrten den Verrückten, voll von Angst, an. Sie stammelten Wörter, die durch ihre Knebel jedoch kaum zu erkennen waren. Sie versuchten sich zu befreien. Aussichtslos. Durch ihre wilden Befreiungsversuche schnitten sich ihre Fuß- und Handfesseln nur noch tiefer und tiefer in ihr Fleisch.

Die Gestalt kniete sich auf den Boden, holte ein Stück Papier aus seinem Umhang und begann zu schreiben. Dann schob er den Zettel beiseite und stand auf. An der linken Wand stand ein Beil. Er ging auf das Beil zu und hob es auf. Mit dem Beil in der Hand ging er auf die Opfer zu. Er kniete sich zwischen dem Torso und dem Mann nieder und holte zum Schlag aus. Der Mann in der Mitte versuchte zu schreien. Seine Schreie wurden durch die Knebel erstickt. Er schloss die Augen und wartete auf den bevorstehenden Schmerz.

Der Täter schlug mit aller Macht zu. Das Beil sauste nach unten und traf.

-Kapitel 2 -

Es war ein herrlicher Freitagmorgen, eine angenehm warme Brise kam aus Südwest, und alles deutete darauf hin, dass das Wochenende perfekt werden würde.

Meine Frau Nadine und ich hatten uns vor sieben Jahren mit dem Kauf einer alten Mühle einen großen Traum erfüllt. Aus dem alten, riesigen Gemäuer und dem weitläufigen Gelände entstand so im Laufe der Zeit ein kleines, aber feines Landhotel mit Gastronomie, sowie einem Country & Western Saloon.

Das Hotel, das sich mittlerweile im Neustädter Landkreis etabliert hatte, wurde hauptsächlich von Geschäftsleuten frequentiert, das hieß, dass die Wochenenden meistens für uns zur freien Verfügung standen.

Nadine war bereits seit 06:00 Uhr abwechselnd in der Rezeption und im Frühstücksraum zugange. Das Frühstücksbuffet wurde hergerichtet, die Kaffeemaschine eingeschaltet und die Tische mit Tellern, Besteck, Servietten und allem, was sonst noch zu einem kompletten Frühstückstisch gehörte, eingedeckt. Um 07:00 Uhr kam bereits der erste Übernachtungsgast.

>> Guten Morgen Herr Bach, haben Sie gut geschlafen? <<

>> Guten Morgen Frau Jacob, ich habe bestens geschlafen; jetzt habe ich aber einen Bärenhunger. <<

>> Ich habe bereits alles hergerichtet, bitte bedienen Sie sich am Buffet. Ich bringe Ihnen gleich ein frisches Frühstücksei. <<

Nadine verließ den Raum, ging in die Küche und bereitete Herrn Bach sein Frühstücksei zu. So nach und nach tröpfelten die weiteren Übernachtungsgäste ein und frühstückten. Im Hintergrund lief leise Countrymusic, alle Gäste fühlten sich sichtlich wohl.

Frau Schmitt von Zimmer 9 kam in die Rezeption.

>> Frau Jacob, würden Sie mir bitte die Rechnung machen? <<

>> Aber natürlich, Frau Schmitt; wie möchten Sie gerne bezahlen? Bar, EC-Karte oder mit Visa?<<

>> Ich bezahle mit meiner Firmen - Visa Karte. <<

>> Gerne Frau Schmitt, einen Augenblick bitte. <<

Nadine druckte die Rechnung aus, steckte die Kreditkarte in den Kartenterminal und buchte den Rechnungsbetrag für ein Einzelzimmer inklusiv Frühstück für drei Nächte ab.

>> So, Frau Schmitt, hier ist Ihre Rechnung; ich bräuchte bitte noch eine Unterschrift auf dem Buchungsbeleg. <<

Frau Schmitt unterschrieb und nahm die Rechnung an sich.

>> Vielen Dank, Frau Schmitt. Hat es Ihnen bei uns gefallen? Darf ich Ihnen noch bei Ihrem Gepäck helfen? <<

>> Ich habe mich sehr wohl gefühlt. Die Ruhe hier ist traumhaft. Aber nein danke, ich benötige keine Hilfe mit meinem Gepäck. Meine Firma schickt mich in zwei Wochen wieder nach Neustadt an der Aisch. Würden Sie mich gleich vom 12. August bis zum 14. August einbuchen? <<

>> Selbstverständlich Frau Schmitt. So, erledigt. Ich wünsche Ihnen noch eine gute Heimreise und ein schönes Wochenende. Auf Wiedersehen. <<

>> Ich wünsche Ihnen auch ein schönes Wochenende, Frau Jacob. Auf Wiedersehen <<

So ging das noch bis etwa 10:15 Uhr, als der letzte Gast ausgecheckt hatte.

Ich öffnete die Türe und ging in die Rezeption.

>> Sind alle Gäste abgereist? <<

>> Ja, alle weg. <<

>> Ich hätte richtig Lust, am Wochenende etwas zu unternehmen! <<

>> Ja, ich auch, aber was? <<

>> Hast du vielleicht Lust auf Angeln? <<

>> Klingt gut << erwiderte Nadine. Meine Frau verzog ihr Gesicht zu einer gespielten, grimmigen Mine und sagte:

>> Ich würde am liebsten heute schon das tolle Wetter ausnutzen, aber ich muss jetzt erst einmal acht Zimmer putzen. Du weißt doch, Jenny hat heute frei. <<

Jenny war unsere Tochter und machte gerade in unserem Hotel eine Ausbildung zur Hotel-Fachfrau.

>> Dann schmeiße ich später unseren Grill an und lege ein paar T-Bone Steaks auf den Rost. Vielleicht sollte ich auch noch das eine oder andere Bier kalt stellen? << grinste ich.

>> Super Idee, mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen! <<

>> Du kriegst aber erst was von meinen Steaks, wenn deine Zimmer sauber sind, vorher gibt’s nichts. <<

>> Jetzt hau bloß ab, du Pappnase, sonst kriegst du gleich einen Lappen von mir und darfst dann alle Klos putzen << raunzte Nadine zurück.

Als das Telefon klingelte wurde unser Gespräch unterbrochen, Nadine nahm das Gespräch entgegen.

>> Landhotel Stöckacher Mühle; Jacob am Apparat, was kann ich für Sie tun? << meldete sich meine Frau freundlich am Telefon.

>> Guten Tag, mein Name ist Herr Oppermann. Ich benötige ab heute für circa eine Woche ein Zimmer. Haben Sie noch etwas frei? << erwiderte der Anrufer am anderen Ende der Leitung.

Nadine zog ihre Augenbrauen zusammen, denn sie sah ihr ruhiges Wochenende, mit Frühstück machen und Zimmer putzen, dahinschwinden. Sie prüfte im Belegungsplan des Reservierungssystems die Verfügbarkeit der Zimmer.

>> Das wäre möglich, Herr Oppermann. Darf ich für Sie das Zimmer reservieren? <<

>> Ja bitte, aber ich benötige kein Frühstück. Ich weiß auch noch nicht genau, für wie lange ich das Zimmer brauche. Es könnte vielleicht noch zwei, drei Tage länger werden. Wäre das ein Problem? << fragte Herr Oppermann.

>> Das wäre kein Problem, Herr Oppermann. Ich blockiere das Zimmer für Sie vorsorglich für weitere drei Tage. Wissen Sie schon, bis wann Sie heute anreisen? <<

>> Bei mir wird es heute spät. Wann ist Ihr spätester Check-In? <<

>> Unsere Rezeption ist bis 21:00 Uhr besetzt. Sie können jedoch bis 23:00 Uhr im Restaurant einchecken. Sollte es bei Ihnen noch später werden, haben wir an unserer Pforte eine Hotel- Nachtklingel. <<

>> Alles klar. Aber bitte, Frau Jacob, ich hätte gerne ein ruhiges Zimmer. <<

>> Natürlich, Herr Oppermann, das ist kein Problem. Hätten Sie noch eine E-Mail- Adresse oder eine FAX- Nummer für mich? Dann sende ich Ihnen eine Buchungsbestätigung. <<

>> Das ist nicht nötig. Bis heute Abend. Wiederhören. <<

>> Der hat jetzt einfach aufgelegt << wunderte sich Nadine.

>> Aber zum Glück will er kein Frühstück, dann brauche ich wenigstens am Wochenende nicht so bald aufzustehen. <<

Sie räumte die Frühstücksutensilien im Frühstücksraum weg und ging in die Wohnung, um sich für die anstehende Putzaktion umzuziehen.

Ich lief zum Briefkasten und holte die Post. Auf unserer sonnigen Terrasse arbeitete ich die Post durch. Zuerst sortierte ich sämtliche Werbungen aus und schmiss diese ungelesen sofort in den Papiermüll. Ich öffnete die Telefonrechnung und legte sie, nach ausführlicher Prüfung, in das Ablagefach für unerledigte Posteingänge im Büro.

Ein weiterer Brief lag noch auf dem Terrassentisch. Ich las die Absenderzeilen.

Opencaching Deutschland e.V

Hattsteiner Allee 26

61250 Usingen

Leicht verwundert öffnete ich den Brief und las ihn.

Sehr geehrte Familie Jacob,

wir führen derzeit umfangreiche Recherchen durch, um die Nutzbarkeit sowie die Durchgängigkeit unserer deutschlandweiten Geocache-Daten auf unserer Website zu überprüfen und zu optimieren.

Ebenso ist es uns wichtig, die stetig wachsende Geocache-Gemeinde weiterhin mit interessanten und kniffligen Caches zu versorgen.

Zu diesem Zweck suchen wir im Zufallsprinzip für jedes deutsche Bundesland einen registrierten Geocache-User aus und bitten um dessen Mithilfe. Sie wurden durch unser System ausgewählt. Wir würden uns glücklich schätzen, wenn Sie uns mit Ihrer Erfahrung als Geocacher unterstützen würden.

Sie sind mit dem Pseudonym „Die Jacobs“ bei uns registriert und haben schon viele Geocaches sämtlicher Schwierigkeitsgrade erfolgreich absolviert und geloggt.

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir extra für Sie einen Multicache entwickelt haben. Die Daten dieses Caches werden auf unserer Website nicht veröffentlicht. Dieser Cache ist ausschließlich für „Die Jacobs“ reserviert.

Nach erfolgreicher Schatzsuche belohnen wir Sie mit einem brandneuen GPS-System der neusten Generation.

Finden Sie sich am Samstag, 03.08.2013 um 09:00 Uhr mittags an folgenden Koordinaten ein:

Breite    49°38’9.85“ N

Länge    10°35’5.00 “ E

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

Opencaching Deutschland e.V

„Geocache ist eine Art moderner Schatzsuche. Mittels geografischer Koordinaten begibt man sich ausgerüstet mit einem GPS System auf die Suche.

Zum einen gibt es so genannte Single Caches, bei denen man einen Teil der Koordinaten mit Rätseln lösen muss, um letztendlich die genauen Koordinaten des Versteckes zu erhalten. Zum anderen gibt es Multicaches. Die Startkoordinaten sind meistens vorgegeben. Hat man das erste Versteck gefunden, sind dort weitere Hinweise und Rätsel versteckt. Löst man diese Rätsel oder Hinweise, bekommt man so die Zielkoordinaten des nächsten Versteckes. Am Ende eines jeden erfolgreich absolvierten Caches wird man mit dem Schatz belohnt. Die Schätze sind natürlich nicht wertvoll. Es sind meistens unterschiedlich große Behälter, gefüllt mit allerlei Kleinigkeiten. Man nimmt ein Teil heraus und legt dafür etwas anderes wieder rein. Wichtig ist es, dass sich der Geocacher in das darin befindliche Logbuch einträgt.

Noch wichtiger hingegen ist es, dass man stets darauf achtet, von niemandem beobachtet zu werden. Insbesondere Leute, die von Geocache keine Ahnung haben, sogenannte „Muggels“, neigen dazu, die Schatzkisten aus ihrem Versteck zu nehmen und mitzunehmen. Dies bedeutet natürlich immer das Aus für diesen Cache.

Um den Cache abzurunden, trägt sich der Geocacher auf der entsprechenden Website ein, indem er diesen Cache als gefunden oder nicht gefunden einloggt.“

Euphorisch nahm ich den Brief und rannte durch das halbe Hotel, um meine Frau zu finden. Ich fand sie schließlich in Zimmer 4 bei der Arbeit.

>> Nadine, Nadine, ich weiß jetzt, was wir morgen machen. Wir machen einen Geocache! <<

>> Ja, okay, von mir aus, aber wie kommst du denn jetzt da drauf? <<

>> Lies doch mal diesen Brief! <<

Nadine las aufmerksam den Brief und sagte:

>> Echt super, das machen wir, ich freue mich schon. Oder glaubst du, dass das eine Verarsche ist? <<

>> Nein, das glaube ich nicht. Der Brief sieht für mich sehr echt aus. Und wenn schon, mehr als nichts finden können wir doch nicht, oder? <<

>> Das stimmt! << erwiderte Nadine.

>> Ich fange mal mit dem Grillen an und reiße mir vielleicht ein Bier auf. Du brauchst ja noch länger, so wie es aussieht. <<

Ich ging zurück auf die Terrasse, füllte den Grill mit Holzkohle und zündete ihn an. Dann ging ich in den ersten Stock zu der großen, kürzlich gekauften Tiefkühltruhe und holte zwei riesige amerikanische T-Bone Steaks heraus, um diese im Spülbecken der Küche aufzutauen. Ich mochte das Grillen, und an meinen geliebten Weber-Kugelgrill ließ ich auch niemanden herumpfuschen.

Ich schälte Kartoffel und Zwiebel, schnitt die Kartoffel zu mundgerechten Würfel, mischte diese mit Zwiebelstreifen und Gewürzen. Dann drapierte ich den fertigen Misch auf zwei gleich große Alufolien und formte daraus geschlossene Päckchen. Eine halbe Stunde später lagen bereits die gewürzten Steaks und die Alupäckchen auf dem Grill bei perfekter Glut.

>> So, jetzt ein Bier << dachte ich mir und ging in den Saloon, um mir ein gut gekühltes Hofmann Landbier zu holen.

Kurze Zeit später rief ich nach Nadine, die sich bereits in Zimmer 7 des Hofhauses befand. Nadine setzte sich an den gedeckten Terrassentisch, ich holte das Fleisch und die Kartoffelbeilage vom Grill und servierte.

>> Du hast lecker gegrillt. <<

>> Danke, lass es dir schmecken. <<

>> Hast du noch viele Zimmer vor dir? << wollte ich wissen.

>> Hält sich in Grenzen, nur noch Zimmer 7 und Zimmer 6. Dann habe ich es geschafft. Gott sei Dank. <<

Nach dem Essen ging Nadine wieder an die Arbeit, ich räumte den Terrassentisch auf und verstaute die Holzkohle. Dann schaltete ich das Radio an und setzte mich wieder, mit meinem Bier in der Hand, gemütlich in die Sonne.

>> Es ist jetzt 13:00 Uhr. Die Nachrichten << ertönte es aus dem Radio.

>> Wie bereits mehrfach berichtet, ist der Mann, der am Montag, den 29. Juli aus der U-Haft der Justizvollzugsanstalt Nürnberg fliehen konnte, noch immer flüchtig. Dem Mann wird zweifacher Mord, sowie schwerer Körperverletzung zur Last gelegt.

Der Flüchtige ist 187 cm groß, hat einen muskulösen Körperbau und dunkelbraune, kurz geschnittene Haare.

Am rechten Unterarm trägt er eine Tätowierung in Form einer Kobra.

Die Ermittlungsbehörten gehen davon aus, dass sich der Ausbrecher noch immer im Landkreis Nürnberg/Fürth aufhält. Der Mann ist wahrscheinlich per Anhalter unterwegs. Nehmen Sie, zu ihrer eigenen Sicherheit, zurzeit keine Anhalter mit. Der Mann wird als gefährlich und äußerst gewaltbereit eingestuft. Bei sachdienlichen Hinweisen informieren Sie bitte sofort den Polizeinotruf. <<

>> Zum Sport << sagte der Nachrichtensprecher.

Ich schaltete mit meiner Fernbedienung auf einen anderen Sender um und schnippte rhythmisch im Takt zu „Bad Moon Rising“ von CCR.

Meine Frau kam sichtlich geschlaucht die Terrassentreppe hoch und ließ sich in einen Stuhl fallen.

>> Nadine, hast du Lust, mit mir in den Saloon zu gehen? Ich muss noch den Line Dance vorbereiten, den ich am Mittwoch zeigen möchte. <<

>> Welchen Tanz zeigst du am Mittwoch eigentlich? << wollte Nadine wissen.

>> Ich habe mir gedacht, dass ich den Firestorm in Angriff nehme. <<

>> Der hat 64 Counts und ist ziemlich schnell! Glaubst du nicht, dass der für Mittwoch etwas zu schwer wird? << entgegnete Nadine.

>> Mal sehen, ich denke, ich werde den Tanz bestimmt an drei Mittwochabenden zeigen müssen. <<

>> Okay, gehen wir in den Saloon, aber erst später, ich brauche eine kurze Pause und möchte die Sonne noch etwas genießen << beschloss meine Frau.

Seit ungefähr 16 Jahren tanzten wir Line Dance. Jeden Mittwoch kamen circa 40 bis 50 Gleichgesinnte in unseren Longhorn Saloon.

Abwechselnd zeigte Nadine, dann wieder ich, einen neuen Tanz. Natürlich kamen auch Leute, die nicht tanzten, sondern nur der Country Music zuhörten und im einzigartigen Ambiente des Longhorn Saloons ihr Getränk genossen.

Wir hatten aus Liebe zur Country Music und zum Line Dance eine große alte Scheune zum authentischen Country & Western - Saloon ausgebaut. Mit Bühne, langem Tresen, einer modernen PA-Anlage, Beamer und natürlich einem massiven Holzboden war die Eventhalle nicht nur in der Country-Szene bekannt.

- Kapitel 3 -

Samstag früh um 7:00 Uhr klingelt der Wecker.

>> Guten Morgen, Schatz, ich mache Kaffee << gähnte ich.

Ich schaltete die Kaffeemaschine ein und ging dann ins Bad. Nachdem ich aus dem Bad kam und Nadine noch immer nicht in Sicht war, lief ich ins Schlafzimmer, um Nadine erneut sanft zu wecken.

>> Raus jetzt, Schlafmütze, es ist ein Bombenwetter! Wir frühstücken draußen! <<

>> Ist der Kaffee schon soweit? << wollte Nadine mit verschlafener Stimme wissen.

>> Der Kaffee ist durch. Komm jetzt raus aus den Federn, wir wollen doch heute zum Geocachen! <<

Ich deckte den Frühstückstisch und goss mir eine Tasse Kaffee ein. Kurze Zeit später kam Nadine angewackelt, im Nachthemd und mit zerzaustem Haar.

>> Du schaust ja topfit aus << witzelte ich.

>> Lass mich, ich brauch jetzt dringend Kaffee. <<

Ich schenkte ihr eine Tasse Kaffee ein. Nadine mischte sich etwas Milch und Süßstoff hinein und trank den ersten Schluck.

>> Hast du gestern noch mitgekriegt, wann der Gast aus Zimmer 10 angereist ist? <<

>> Du meinst den Herrn Oppermann, der gestern am Telefon einfach aufgelegt hat? Keine Ahnung, aber es muss wohl noch vor 23:00 Uhr gewesen sein, sonst hätte er doch klingeln müssen. <<

>> Ja stimmt, dann hat ihn wohl der Jürgen oder eine Bedienung eingecheckt << winkte ich ab.

Jürgen war der Pächter des Restaurants und des Biergartens. Während der Öffnungszeiten seines Restaurants checkte er für uns die Gäste ein, die nach Rezeptions-Ende noch anreisten. Im Gegenzug nahmen wir tagsüber die telefonischen Tischreservierungen fürs Restaurant an. Eine Hand wusch eben die andere.

>> Wann sollen wir eigentlich bei den Koordinaten sein? << fragte Nadine.

>> Um 9:00 Uhr steht in dem Brief. Ich hole mal unser GPS und trage die Koordinaten ein. <<

Ich holte das GPS Gerät, ein Garmin Dakota, und tippte die Koordinaten ein.

Breite    49°38’9.85“ N

Länge    10°35’5.00“ E

>> Okay, ich habe es. Das Ziel ist in der Nähe von Münchsteinach, etwa 5 km Luftlinie von Stöckach entfernt. Wir fahren am besten bis Münchsteinach mit dem Auto und gehen dann den Rest zu Fuß. <<

>> Machen wir so << sagte Nadine.

>> Ich muss aber erst mal ins Zimmer 10, um zu schauen, ob der Gast etwas benötigt. <<

Wir frühstückten zu Ende, Nadine ging ins Bad, um zu duschen und sich fertig zu machen. Ich holte meinen Rucksack und bepackte ihn. Bei unseren Geocache-Ausflügen nahmen wir immer Schreibzeug, Ersatzbatterien für das GPS, Handschuhe, einen kleinen Schatz zum Tauschen sowie zwei Flaschen Mineralwasser mit.

Nadine war zwischenzeitlich zum Zimmer 10 gegangen, um nach dem Rechten zu schauen. Als sie zurückkam, sagte sie.

>> Ich bin soweit fertig, der Gast scheint nichts zu brauchen; er hat das Schild „Bitte nicht stören“ an die Türe gehängt. <<

>> Du kannst ja später, wenn wir wieder hier sind, noch mal nachschauen. Jetzt sollten wir aber los, es ist schon 8:20 Uhr. Ich fahre schon mal das Auto aus der Garage. <<

>> Ist in Ordnung, ich komme sofort. <<

Bereits drei Minuten später, saßen wir in unserem alten Opel Omega Kombi und fuhren los. Auf der B470 quer durch Neustadt/Aisch bis Gutenstetten, dann bogen wir links nach Münchsteinach ab. Nach 10 Minuten hatten wir unser Ziel erreicht und ich parkte den Wagen in einer Parkbucht. Als wir ausgestiegen waren, holte ich noch den Rucksack aus dem Kofferraum und streifte ihn mir über. Dann schaltete ich das GPS ein, peilte kurz die Richtung und lief los.

>> Laut GPS sind es ungefähr 800 Meter bis zu den Zielkoordinaten. Wir müssen Richtung Westen, also raus aus Münchsteinach. <<

>> Schau mal, Thomas, da vorne ist ein Feldweg, der führt doch nach Westen, oder? <<

>> Der ist goldrichtig, den nehmen wir. <<

>> Alles klar. <<

Es war fünf Minuten vor 9:00 Uhr, als wir vor einem großen Maisfeld standen. Unser GPS Gerät verriet uns, dass wir nur noch 80 Meter vom Ziel entfernt waren.

>> Ein Maisfeld? Müssen wir da rein? << fragte Nadine.

>> Ja genau. Nur noch 80 Meter in diese Richtung. <<

Ich deutete mit ausgestrecktem Arm in die richtige Richtung und marschierte weiter. Als wir an den Zielkoordinaten ankamen, fanden wir im dicht bewachsenen Maisfeld erst mal Nichts. Die Genauigkeit der handelsüblichen GPS-Geräte lag zwischen 5 und 10 Meter Toleranz. Wir gingen in die Hocke und versuchten durch die Maisstängel zu blicken. In gebückter Haltung suchten wir die nähere Umgebung ab, als Nadine plötzlich rief.

>> Thomas, komm schnell, ich habe etwas gefunden! <<

Ich drehte auf der Stelle um und eilte zu Nadine. Vor uns lag eine circa 80 cm lange, 25 cm breite und 25 cm hohe Holzkiste.

>> Ist ja riesig, die Schatztruhe << wunderte sich Nadine.

>> Hoffentlich kriegen wir die auf, ich habe nämlich kein Werkzeug dabei. <<

>> Ich glaube, da ist eine Art Riegel. Ich mach ihn mal auf. <<

Nadine entriegelte die Kiste und öffnete den Deckel. In der Kiste lag ein 60 cm langes Objekt, das in einem dunkelblauen Müllsack steckte.

Ich wollte gerade den „Schatz“ aus der Kiste holen, als mein Handy klingelte.

>> Wer ist das denn jetzt? Nicht mal am Wochenende hat man seine Ruhe << ärgerte ich mich.

>> Jacob, hallo << meldete ich mich mit etwas barscher Stimme.

>> Hey Thomas, ich bin’s der Reiner. <<

>> Hallo Reiner, was gibt’s denn? <<

>> Ich wollte mal hören, was ihr heute Nachmittag so gegen 15:00 Uhr vorhabt und ob ihr vielleicht Lust habt, mit uns zu grillen? <<

>> Hört sich super an, Reiner. Ich weiß nur nicht genau, wann wir wieder Zuhause sind. Wir machen gerade einen Multicache. Keine Ahnung, wie lange das noch dauert. <<

>> Ihr mit eurem scheiß Geocaching. Also dann hau rein, findet euren Mist und seid um 15:00 Uhr hier. Ich stell schon mal ein paar Biere kalt. <<

>> Was heißt hier „scheiß Geocaching“? Du hast doch keine Ahnung. Das hält uns fit und jung. Aber danke für die Einladung. Sollen wir was mitbringen? Salate oder Kuchen? <<

>> Nicht nötig, das macht alles die Andrea. <<

>> Dann bis später. <<

>> Bis dann, Thomas. Und verlauf dich nicht, du Aushilfs- Indiana Jones! << Reiner lachte und legte auf.

>> Das war der Reiner, die beiden haben uns zum Grillen heute Nachmittag eingeladen. <<

>> Ich hab es gehört, ich will jetzt aber wissen, was in dem Sack ist. Also mach schon auf. <<

Voll Vorfreude holte ich den Gegenstand aus der Kiste.

>> Ganz schön schwer << sagte ich und suchte nach der Öffnung des Müllsackes, blickte hinein und ließ ihn augenblicklich mit einem lauten Schrei zu Boden fallen.

>> Was ist denn mit dir los? << wollte Nadine wissen.

Leichenblass und geschockt sagte ich:

>> Da ist ein menschliches Bein drin, wir müssen sofort die Polizei rufen. <<

>> Du verarscht mich doch, oder? << Nadine bückte sich, schaute in den Müllsack und drehte sich angeekelt weg.

>> Welches kranke Arschloch macht denn so etwas? <<

>> Ich rufe jetzt die Polizei! << rief ich.

>> Warte mal, Thomas, in der Kiste ist noch ein Zettel. Hol ihn doch mal raus. <<

>> Wieso ich? Mach du doch. <<

>> Jetzt mach schon! <<

Ich holte den Zettel aus der Kiste und las ihn vor.

Ich bin der Gott der Götter.

Ihr befolgt meine Befehle.

Drei Opfer sind in meiner Gewalt.

Befolgt ihr meine göttlichen Befehle nicht,

werden alle sterben.

Nur die Zukunft könnt ihr retten.

Ich verlange, dass ihr die Opfergaben mitnehmt

und gut aufbewahrt.

Ihr seit nun in der Vergangenheit.

Morgen um 23:00 müsst ihr erneut in

die Vergangenheit.

Keine Polizei.

Ich sehe euch.

Völlig perplex und mit weit aufgerissenen Augen starrten wir uns gegenseitig an. Nadine verzog das Gesicht und weinte. Ich nahm sie in die Arme und sprach:

>> Bleib ruhig, Nadine, das bringt jetzt nichts. Was sollen wir jetzt machen? <<

>> Ich habe keine Ahnung, aber bloß keine Polizei. Der Verrückte bringt sonst alle um << schluchzte meine Frau.

>> Was meint dieses Schwein bloß mit „Opfergaben mitnehmen“? <<

>> Ich glaube, wir sollen das Bein mitnehmen. <<

>> Ich fasse das Ding nicht mehr an. Und wenn uns damit jemand erwischt, sind wir dran. Die Geschichte glaubt uns doch kein Mensch. <<

>> Wir müssen das Bein mitnehmen. Aber was meint der Arsch mit „Vergangenheit“? Und wo sollen wir morgen um 23:00 Uhr sein? <<

>> Was weiß denn ich, was in so einem kranken Hirn vorgeht? Aber ohne Koordinaten finden wir dort niemals hin. <<

>> Vielleicht ist ja noch was in dem Sack? <<

>> Soll das jetzt heißen, ich soll nachschauen? <<

>> Genau! <<

Ich würgte und sagte: >> Ich muss gleich kotzen. <<

>> Ich weiß, Schatz, aber wir müssen! <<

>> Nadine, gib mir doch mal bitte meine Handschuhe aus dem Rucksack. <<

Nadine reichte mir die Handschuhe und ich zog sie an. Dann fasste in den Sack und schaute dabei weg. Der Ekel überkam mich. Mir wurde schlecht. Ruckartig drehte ich mich um und musste mich übergeben. Nadine gab mir eine Flasche Mineralwasser und fragte:

>> Geht’s wieder? <<

Ich trank einen kräftigen Schluck, spülte damit meinen Mund.

>> Ja, geht schon. <<

Dann packte ich den Fuß am Sprunggelenk und zog ihn aus dem Beutel. Es war ein schlankes rechtes Bein. Wahrscheinlich von einer jungen Frau. Das Bein wurde knapp über dem Kniegelenk abgetrennt. Die Schnittwunden sahen so aus, als hätte jemand das Bein mit roher Gewalt abgetrennt. So wie das Bein roch, war es schon ein paar Tage alt.

Ich schaute in den leeren Müllsack.

>> Und? Kannst du was finden? << wollte Nadine wissen.

>> Da ist nichts mehr drin. <<

>> Dann schau dir mal das Bein etwas genauer an. <<

>> Du verlangst ganz schön viel von mir, Nadine! <<

>> Ich weiß, aber es muss sein. Vielleicht können wir damit jemandem das Leben retten. <<

Ich nahm das abgetrennte Bein hoch und drehte es. Und tatsächlich, an der Wade waren Koordinaten eingeritzt worden.

49°31’30.00“ N

10°29’700“ E

Ich las die Koordinaten laut vor und Nadine schrieb sie auf einen kleinen Schreibblock auf. Danach packte ich das Körperglied wieder zurück in den Sack und verschloss ihn mit einem Knoten.

>> Und jetzt? << fragte ich, sichtlich erleichtert, als das Bein wieder verpackt war.

>> Stecke es in deinen Rucksack << befahl Nadine.

Ich verstaute das Bein in den Rucksack. Es ragte aber noch 15 cm oben aus dem Rucksack heraus.

>> Jetzt aber bloß weg von hier. Hoffentlich sieht uns niemand. Nadine, pack bitte noch den Zettel in den Rucksack; ich mache schnell noch ein Foto vom Fundort. Man weiß ja nie. <<

>> Igitt, wenn ich bloß daran denke, was für ein krankes und widerwärtiges Dreckschwein den Zettel in der Hand hatte, wird mir ganz schlecht. <<

>> Los jetzt, ich will von hier weg! <<

Wir verließen den Ort und liefen zum Rand des Maisfeldes. Als wir dort ankamen, schauten wir uns vorsichtig um. Wir wollten natürlich vermeiden, dass uns irgendein Fußgänger, der da zufällig mit seinem Hund spazieren ging, sah. Wir gingen im Stechschritt zurück zu unserem Auto und verstauten den Rucksack im Kofferraum.

Ich startete den PKW und fuhr los. Bereits nach etwa einem Kilometer öffneten wir unsere Fenster bis zum Anschlag, weil sich ein ekelhaft süßlicher Geruch im Fahrzeug ausbreitete. Wortlos und in Gedanken verloren saßen wir im Auto und fuhren Richtung Stöckacher Mühle.

Es war kurz vor 10:00 Uhr, als wir unser Zuhause erreichten. Zum Glück war es noch zu früh für Essensgäste. Es befanden sich also noch keine Autos auf dem großen Parkplatz. Nadine betätigte zwei Tasten auf der Fernbedienung und eine Schranke sowie das Garagentor gingen auf. Zügig fuhr ich in die Garage. Wir stiegen aus und Nadine öffnete den Kofferraum. Sie berührte den Rucksack jedoch nicht. Erneut angeekelt, zog ich ihn heraus, schloss den Kofferraum, drückte auf einen Taster, und das Garagentor ging wieder zu.

Wir wollten gerade in Richtung unserer Wohnung, als sich die Tür im Innenhof, die sowohl zur Rezeption als auch zum Restaurant führte, öffnete. Jürgen, der Gastro-Pächter stand im Türrahmen.

>> Guten Morgen ihr zwei, wo kommt ihr denn her? << fragte er.

>> Wir waren spazieren << antworteten wir, wie aus einem Mund.

>> Was habt ihr denn da für ein Ding? <<

>> Ach, nichts weiter. Das ist bloß ein Ast, den Nadine auf unsere Terrasse stellen und dekorieren möchte. Frauen eben, du weißt schon << lächelte ich gekünstelt.

>> Na gut, alles klar << antwortete Jürgen.

Uns stand jetzt natürlich nicht der Sinn nach einem Plausch. Deshalb gingen wir flott weiter und sperrten unsere Wohnungstüre auf. Drinnen angekommen stellte ich den Rucksack ab und fragte Nadine:

>> Das war knapp! Was machen wir jetzt mit dem Ding? Ich glaube, ich verstecke das Bein draußen irgendwo. <<

>> Spinnst du, Thomas? Bei der Hitze stinkt das doch nach kürzester Zeit wie die Pest. <<

>> Hast du eine bessere Idee? <<

>> Ja, habe ich. Wir müssen es in unsere Tiefkühltruhe legen. <<

>> In unsere schöne neue Tiefkühltruhe? Und was ist mit dem ganzen Essen, das da drin ist? Kommt nicht in Frage! <<

>> Ich räume jetzt die Truhe leer. Ich versuche soviel wie möglich im Tiefkühlschrank in der Küche unterzubringen. Dann frage ich Jürgen, ob ich was bei ihm ins Tiefkühlhaus legen darf. Ich sage einfach, dass unsere Tiefkühltruhe kaputt ist. <<

Kurze Zeit später war Nadine mit dem Ausräumen der Truhe fertig, verstaute die TK-Ware in der Küche, und den Rest brachte sie ins Tiefkühlhaus des Restaurants. Ich legte das eingepackte Bein in die Truhe.

>> Ich brauch jetzt erst mal einen Schnaps. <<

Mit zittriger Stimme und Wasser in den Augen sagte Nadine:

>> Auf dem Zettel stand doch „Ich sehe euch“, oder? Thomas, ich habe Angst! <<

>> Ich glaube nicht, dass uns der Drecksack sieht. Das war bestimmt bloß eine leere Drohung << versuchte ich mit ruhiger Stimme, meine Frau zu beruhigen.

>> Hoffentlich hast du recht. <<

>> Bestimmt habe ich recht. Aber was machen wir mit Reiner und Andrea? Ich bringe keinen Bissen runter. Ich denke, wir lassen uns etwas einfallen und sagen ab. <<

>> Ich habe auch keinen Appetit, aber vielleicht wäre es besser, wenn wir uns so normal wie möglich verhalten, so dass keiner Verdacht schöpft. <<

>> Na gut, von mir aus. Dann gehen wir eben. <<

Um 14:30 Uhr fuhren wir nach Sugenheim, um mit Andrea und Reiner zu grillen.

>> Ihr seid heute aber nicht besonders gesprächig. Und viel gegessen habt ihr auch nicht. Hat es wohl nicht geschmeckt? << fragte Andrea.

>> Doch, Andrea, es war perfekt. Wir haben bloß beide keinen so großen Appetit. Wir sind auch etwas geschlaucht. Ich vermute, dass bei uns eine saftige Sommergrippe im Anflug ist. <<

>> Reiner, ich könnte noch ein Bier vertragen. Und einen Jacky pur gleich oben drauf. <<

>> Kein Problem, Thomas, hole ich dir sofort. <<

Wir blieben noch bis 20:00 Uhr und verabschiedeten uns dann bei Andrea und Reiner. Nadine fuhr uns nach Hause und wir legten uns auf die Couch. Wir schalteten unseren Fernseher ein und schauten solange einen Film nach dem anderen, bis wir auf dem Sofa einschliefen.

- Kapitel 4 -

Am Sonntagmorgen um 5:30 Uhr wachte ich auf. Der Rücken schmerzte, ich hatte Kopfschmerzen und war völlig verspannt. Ich musste überlegen, wo ich eigentlich war. Doch dann fiel mir wieder ein, dass wir beim Filme schauen eingeschlafen waren.

Ich konnte mich nicht erinnern, welcher Film gestern eigentlich lief. Meine Gedanken drehten sich nur um die gestrigen Ereignisse. Ich musste an das arme Mädchen denken, das wahrscheinlich schon tot war. Mir wurde wieder übel.

Die rechte Seite unserer Eckcouch war leer. Nadine musste wohl mitten in der Nacht aufgewacht sein und legte sich in ihr Bett. Wahrscheinlich hatte sie mich nicht wecken wollen und ließ mich einfach auf der Couch liegen. Ich zog meine Wolldecke weg und quälte mich auf.

>> Kaffee, das ist alles, was ich jetzt brauche << sagte ich zu mir selbst. Ich füllte Wasser in die Maschine, Kaffeepulver in den Papierfilter und schaltete die Maschine an. Wie ein Häufchen Elend saß ich am Frühstückstisch. Meine Ellenbogen hatte ich aufgestützt, und mein Kopf lag in meinen Handflächen. Im Hintergrund hörte ich das leise Gurgeln der Kaffeemaschine. Ich wusste, wenn die Maschine dieses Geräusch von sich gab, war der Kaffee gleich durch.

Ich kauerte noch einen Augenblick in meiner Haltung, stand dann aber auf und holte mir eine Tasse Kaffee mit etwas Milch und zwei Löffel Zucker.

Der erste Schluck ist immer der Beste. Ich nahm einen kräftigen Schluck aus meiner Tasse und verzog mein Gesicht.

>> Der Kaffee schmeckt beschissen! Er ist viel zu stark. Wie viel Löffel von dem Kaffeepulver habe ich eigentlich rein getan? << fragte ich mich. Ich trank den Kaffee trotzdem. Aus der Stereoanlage erklang leise irgendein Song, den ich nicht kannte.

>> Wann habe ich die Anlage eingeschaltet? << Ich wusste nicht einmal das. Ich war völlig geistesabwesend. Ein Rascheln an der Terrassentüre ließ mich herumfahren. Einer unserer Kater machte sich gerade bemerkbar und wollte herein gelassen werde. Schwerfällig stand ich auf und öffnete die Tür. Er holte sich erstmal seine obligatorischen Streicheleinheiten bei mir ab und lief dann erwartungsvoll zu seinem Fressnapf.

>> Alles klar, Tiggi, du kriegst ja was << sprach ich ihn an.

Ich füllte seinen Napf mit Katzenfutter und stellte ihm noch eine Schüssel mit frischem Wasser dazu. Hastig verschlang er sein Futter. Er legte sich dann auf sein Lieblingsplätzchen und begann augenblicklich zu schnarchen.

>> Wenn einer von beiden kam, war der andere nicht weit. << Kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gedacht, stand Stevie schon vor der Tür. Dieselbe Prozedur begann von vorne. Die kleine Ablenkung mit den beiden Katern kam mir sehr gelegen. Doch jetzt schossen mir wieder die Gedanken des vergangenen Tages durch den Kopf. Ich kam auf die Idee, die zwei Koordinaten in Google Earth einzutragen. Ich musste ins Büro, das im ersten Stock unserer Wohnung lag.

Bei dem Weg dorthin kam ich an dem Raum vorbei, in dem die Tiefkühltruhe stand. Der Gedanke daran, dass sich in unserer Tiefkühltruhe ein menschliches Bein befand, ließ mich erschaudern. Ich holte mein Notebook aus dem Raum und baute es auf dem Esszimmertisch auf. Nachdem der PC gebootet hatte, startete ich Google Earth und platzierte zwei Ortsmarkierungen mit den entsprechenden Koordinaten. Vom Badezimmer im ersten Stock hörte ich die Klospülung. Kurze Zeit später kam meine Frau zu mir an den Esstisch.

>> Guten Morgen, Schatz, was machst du schon auf? Es ist doch erst kurz nach sechs. Habe ich dich geweckt? <<

>> Nein, du hast mich nicht geweckt. Ich kann nicht mehr schlafen. Fast die ganze Nacht habe ich kein Auge zugemacht. <<

>> Mir ging’s ähnlich. << Nadine goss sich eine Tasse Kaffee ein.

>> Vorsicht, der ist etwas zu stark geworden. << Sie nahm einen kleinen Schluck und spuckte ihn wieder aus.

>> Der Tag geht ja schon gut los! << sagte sie und schüttete dabei die ganze Kanne Kaffee in den Ausguss. Sie stellte neuen Kaffee auf. Ich konnte nur hoffen, dass der genießbarer werden würde als meiner.

>> Ich muss die ganze Zeit darüber nachdenken, was das alles zu bedeuten hat. Was soll das heißen „Ihr seid in der Vergangenheit; und heute müssen wir wieder in die Vergangenheit“? <<

>> Vielleicht ist an diesen Orten in den vergangenen Jahren etwas passiert? << mutmaßte Nadine.

>> Wir waren gestern mitten in einem Maisfeld. Was soll dort schon groß passiert sein? <<

>> Ich weiß es nicht! << schrie mich Nadine an.

>> Tut mir leid, Thomas, aber ich bin fix und fertig. <<

>> Schon gut, irgendwie bin ich ja schuld. Hätte ich doch diesen verdammten Brief niemals geöffnet. <<

>> Du kannst doch nichts dafür; ich hätte den Brief doch auch aufgemacht. Der Kaffee ist durch, möchtest du eine frische Tasse? <<

>> Ja, bitte. << Der Kaffee war um Welten besser als mein Gebräu.

>> Ich hab mal in Google Earth die Koordinaten eingetragen. Der Ort, an dem wir heute erscheinen sollen, liegt in Ipsheim. So wie es aussieht, bei einem Bahndamm. Wir müssen vorsichtig sein, das ist alles bewohntes Gebiet. Wenn uns jemand sieht, sind wir am Arsch. <<

>> Vielleicht sollten wir nicht erst um 23:00 Uhr dort hingehen, sondern schon viel früher. Möglicherweise sehen wir den Wichser << schlug Nadine vor. Ich wunderte mich, dass sie alles so gut wegsteckte. Oder spielte sie das nur?

>> Das halte ich für keine so gute Idee, der Mistkerl hat uns doch befohlen, dass wir uns an seine „göttlichen Befehle“ halten sollen. Wie krank muss man da eigentlich sein? <<

>> Schau doch mal im Internet nach, ob du etwas findest, zum Beispiel ein Zugunglück in Ipsheim, oder so. <<

So schlecht war die Idee nicht. Warum war ich da nicht selbst drauf gekommen? Ich startete die Suchmaschine und schrieb „ Zugunglück Ipsheim“ in das Suchfeld. Volltreffer. Ich öffnete den gefundenen Bericht und las laut vor.

>> Am Sonntag, 16. Mai 2010, ereignete sich in fränkischen Ipsheim ein tragisches Unglück. Beim Überqueren eines unbeschrankten Bahnüberganges, der in Ipsheim die Waldstraße quert, wurde ein 12-jähriges Mädchen vom Zug erfasst und circa 70 Meter mitgeschleift. Das Mädchen verstarb noch am Unfallort. Der Zugführer, der trotz einer eingeleiteten Vollbremsung, das Unglück nicht verhindern konnte, wurde ins Neustädter Krankenhaus gebracht und wird dort psychologisch betreut.

Schon vor längerer Zeit hat sich in Ipsheim eine Bürgerinitiative gebildet, die die Nachrüstung von Schranken in Ipsheim fordert. In Ipsheim gibt es drei unbeschrankte Bahnübergänge. Eine davon kreuzt sogar die Hauptverkehrsstraße B470, die von Neustadt /Aisch nach Rothenburg o.d. Tauberführt. <<

>> Glaubst du, das hat was mit der Sache zu tun? << fragte ich.

>> Vielleicht, es war immerhin ein Sonntag, an dem das Mädchen überfahren wurde. <<

>> Ja schon, aber das ist jetzt schon über zwei Jahre her. Ich wüsste auch nicht, was das mit uns zu tun haben könnte. <<

>> Ich eigentlich auch nicht. War ja bloß so eine Idee. <<

>> Gestern kam in den Nachrichten, dass ein Mörder aus dem Knast in Nürnberg, ich glaube bereits am Montag, geflohen ist. Der soll sich noch im Landkreis aufhalten. <<

>> Wie ist das denn möglich? Sind die Wärter dort zu allem zu blöd? <<

Nadine holte sich noch eine Tasse Kaffee und sagte:

>> Ich habe gestern in der Aufregung komplett vergessen, noch mal nach unserem Herrn Oppermann zu schauen. Ich ziehe mich mal an, und schaue, ob er schon weg ist. <<

>> Okay mach das. Ich rauche mal eine. <<

Nadine ging zuerst ins Bad, danach ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen und verließ dann unsere Wohnung. Kurze Zeit später kam sie zurück.

>> Der Gast hat immer noch das Schild „bitte nicht stören“ an der Tür hängen. Was macht der da drin? Hoffentlich ist ihm nichts passiert. Das würde uns jetzt noch fehlen. <<

>> Dem ist nichts passiert, der will eben seine Ruhe. Wie ist der eigentlich hergekommen? Es steht kein Auto auf dem Parkplatz. <<

>> Wahrscheinlich mit dem Taxi. Jürgen kommt um 8:00 Uhr; da werde ich ihn mal fragen. <<

>> Gute Idee, Nadine, aber weißt du, was mir gerade einfällt? << fragte ich und fuhr mit meinem Satz gleich fort, ohne ihre Antwort abzuwarten.

>> Wir haben gestern sämtliche Spuren am Fundort zerstört. Auf dem Müllsack, der Holzkiste und dem Zettel sind meine Fingerabdrücke. Den Brief habe ich auch geöffnet. Ich vermute mal, wir sind erledigt. <<

>> Wir müssen heute vorsichtiger sein. Mir steht jetzt schon die Gänsehaut auf, wenn ich nur daran denke, was das irre Schwein wohl heute für uns bereithält. Und die ganze Aktion auch noch mitten in der Nacht. Vergiss heute Abend bloß die Taschenlampe nicht. Sonst gehe ich keinen Meter. <<

>> Gut, dass du mich daran erinnerst, ich hätte sie wahrscheinlich vergessen. Ich hol sie gleich. <<

Ich öffnete eine Schublade, zog eine LED-Taschenlampe heraus, schaltete sie ein, um sie zu testen. Dann packte ich die Lampe in meinen Rucksack.

>> Ein Auto ist in unseren Innenhof gefahren; wird wohl der Jürgen sein! Ich gehe mal zu ihm runter. << Meine Frau ging zur Tür und verließ wortlos unsere Wohnung.

>> Guten Morgen, Jürgen, hast du kurz Zeit für mich? Ich möchte dich etwas fragen. <<

>> Ja, klar, aber bitte nur kurz, ich habe heute Mittag das Restaurant voll und muss noch jede Menge vorbereiten. <<

>> Dauert nicht lange. Hast du am Samstagabend den Gast von Zimmer 10, Herrn Oppermann, eingecheckt? <<

>> Nein, ich hab ihn nicht gesehen. Aber ich weiß, dass ihn Petra so gegen 22:45 Uhr eingecheckt hat. Mehr weiß ich leider auch nicht. Aber warum fragst du? <<

>> Der hat ständig sein Schild „Bitte nicht stören“ an der Türe. Ich möchte mal wissen, wie der aussieht. Kannst du später die Petra fragen, ob sie nähere Infos über ihn hat?

>> Kann ich leider nicht, Petra kommt erst übernächste Woche wieder; sie hat Urlaub. <<

>> Verdammt! Aber macht nichts. <<

10:00 Uhr, die ersten Gäste kamen ins Restaurant. Es waren jeden Sonntag die Selben. Sonntags machten sie immer am Stammtisch ihren Frühschoppen. Als es dann aber auf halb zwölf zuging, konnte man, wie jeden Sonntag, zusehen, wie sich der Parkplatz füllte. Um 12:30 Uhr standen in etwa 50 Autos auf dem Parkplatz. Im Biergarten, der von einem herrlichen Kastanienbestand beschattet wurde, war die Hölle los.

Ich bekam auch Hunger. Aus dem Restaurant stieg mir der Duft von frischem Braten in die Nase. Ich hätte nicht geglaubt, dass ich heute etwas runter bringen würde, aber der Plan schien meinem Magen nicht zu gefallen.

>> Nadine, was hältst du davon, wenn wir beim Jürgen zum Essen gehen? Ich habe Hunger. Und du brauchst nicht zu kochen. <<

>> Ich habe aber keinen Appetit; na ja, vielleicht eine Kleinigkeit. <<

Wir gingen runter und setzten uns in den Biergarten. Es dauerte ungefähr fünf Minuten, als die Bedienung ankam und unsere Bestellung aufnahm.

>> Ich hätte gerne einen Sauerbraten mit Klößen und eine Halbe Bier. <<

>> Ich nehme den Fitnessteller mit einem stillen Mineralwasser. <<

Die Bedienung notierte unsere Bestellungen, bedankte sich und zog ab. Es schmeckte lecker. Nach dem Essen bezahlten wir, gingen auf unsere Terrasse und genossen den herrlichen Tag. Natürlich wurde der Tag von den noch bevorstehenden Geocache überschattet. Abends um 22:00 Uhr gingen wir in die Wohnung und bereiteten alles für unseren „Ausflug“ vor. Mit gemischten Gefühlen fuhren wir, ausgerüstet mit unseren Geocache-Utensilien, auf der B470 nach Ipsheim. Ich saß am Beifahrersitz und tippte die Koordinaten, die an der Wade des Opfers eingeritzt waren, in das GPS-System.

Breite    49°31’30.00“ N

Länge    10°29’7.00“ E

Ich startete die Zielführung. Als wir kurz vor Ipsheim waren, deutete ich Nadine an, außerhalb des Dorfes zu parken. Nadine fand etwa 800 Meter vor der Ortseinfahrt einen Feldweg. Sie fuhr hinein und parkte den Pkw am Wegrand. Wir stiegen aus. Ich öffnete die Heckklappe und nahm den Rucksack an mich. Nachdem ich ihn mir angelegt hatte peilte ich wieder die Richtung.

>> Wir folgen am besten der B470 bis zur Ortmitte, das sind etwa 1,5 km Fußmarsch. Dann schauen wir weiter. Also los! <<

Wir liefen los. Ich hoffte, dass keine Menschen mehr unterwegs waren. Wir gingen zügig; wir wollten es hinter uns bringen. 15 Minuten später erreichten wir den Marktplatz. Nur zwei Passanten und ein Radfahrer waren uns entgegengekommen. Die Autos, die auf der Hauptstraße durch Ipsheim fuhren, interessierten uns nicht sonderlich. Dennoch drehten wir jedes Mal, wenn uns Autos entgegen kamen, den Kopf zur Seite. Ich fühlte mich wie ein Schwerverbrecher.

>> Aber wir haben doch nichts Unrechtes getan! << beruhigte ich mich lautlos.

Wir passierten am Marktplatz das Rathaus, verließen die B470 und bogen ab in Richtung Markgrafenplatz. Am Markgrafenplatz gabelte sich die Straße. Laut meinem Navi mussten wir geradeaus auf die Waldstraße.

>> Waldstraße, war das nicht die Straße, an der das Zugunglück war und das junge Mädchen den Tod fand? << ging es mir durch den Kopf.

Nadine war still und nachdenklich. Ich kannte sie schon sehr lange. Wir waren seit 23 Jahren glücklich verheiratet. Sie konnte mir nichts vormachen. Ich wusste aber auch, dass sie stark war und alles gemeinsam mit mir durchstehen würde.

In einigen Häusern brannte Licht. Wir gingen an einem Vorgarten vorbei, in dem eine fröhliche Gruppe Menschen zusammen saß, grillte und lachte. Wir wechselten die Straßenseite und eilten so schnell wie möglich daran vorbei. Wir kamen an einem unbeschrankten Bahnübergang.

>> Ist das der Übergang, an dem das Mädchen überfahren wurde? << Das war ihr erster Satz seit fast einer Stunde.

>> Ja, das ist er, und er ist noch immer unbeschrankt. Was muss eigentlich noch alles passieren, bis die Deutsche Bahn reagiert? <<

>> Achtung, Thomas, in dem Haus da drüben ist gerade die Haustüre aufgegangen. <<

>> Da kommt jemand raus. Was macht der? <<

>> Sieht für mich so aus, als ob er sich gleich eine Zigarette anzündet. <<

>> Ja, du hast recht, der raucht eine. <<

>> Hoffentlich haut der Depp gleich wieder ab! <<

>> Wir müssen noch warten. Ich suche nach dem Zielort, möchte aber nicht, dass du mitkommst. <<