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Friedrich Schiller, einer der bedeutendsten deutschen Dichter und Dramatiker des 18. Jahrhunderts, präsentiert in seinem Werk 'Gesammelte Gedichte' eine vielfältige Sammlung lyrischer Werke. Seine Gedichte spiegeln die Stimmungen und Themen seiner Zeit wider, von der romantischen Naturbetrachtung bis hin zu politischen und philosophischen Gedanken. Schillers literarischer Stil zeichnet sich durch seine tiefgründige Sprache, seine emotionale Intensität und seine eindringlichen Bilder aus, die den Leser in eine künstlerische Welt entführen. Diese Sammlung von Gedichten ist ein wichtiger Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte und ein beeindruckendes Zeugnis von Schillers poetischer Begabung.
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Kein Augustisch Alter blühte, Keines Medicäers Güte Lächelte der deutschen Kunst; Sie ward nicht gepflegt vom Ruhme, Sie entfaltete die Blume Nicht am Strahl der Fürstengunst.
Von dem größten deutschen Sohne, Von des großen Friedrich Throne Ging sie schutzlos, ungeehrt. Rühmend darf's der Deutsche sagen, Höher darf das Herz ihm schlagen:Selbst erschuf er sich den Werth.
Darum steigt in höherm Bogen, Darum strömt in vollern Wogen Deutscher Barden Hochgesang; Und in eigner Fülle schwellend Und aus Herzens Tiefe quellend, Spottet er der Regeln Zwang.
Inhaltsverzeichnis
»Ritter, treue Schwesterliebe »Widmet Euch dies Herz; »Fordert keine andre Liebe, »Denn es macht mir Schmerz. »Ruhig mag ich Euch erscheinen, »Ruhig mag ich sehn; »Eurer Augen stilles Weinen »Kann ich nicht verstehn.«
Und er hört's mit stummem Harme, Reißt sich blutend los, Preßt sie heftig in die Arme Schwingt sich auf sein Roß, Schickt zu seinen Mannen allen In dem Lande Schweiz; Nach dem heil'gen Grab zu wallen, Auf der Brust das Kreuz.
Große Thaten dort geschehen Durch der Helden Arm; Ihres Helmes Büsche wehen In der Feinde Schwarm; Und des Toggenburgers Name Schreckt den Muselmann; Doch das Herz von seinem Grame Nicht genesen kann.
Und ein Jahr hat er's getragen, Trägt's nicht länger mehr; Ruhe kann er nicht erjagen Und verläßt das Heer; Sieht ein Schiff an Joppe's Strande, Das die Segel bläht, Schiffet heim zum theuren Lande, Wo ihr Athem weht.
Und an ihres Schlosses Pforte Klopft der Pilger an; Ach, und mit dem Donnerworte Wird ihm aufgethan: »Die Ihr suchet, trägt den Schleier, »Ist des Himmels Braut, »Gestern war des Tages Feier, »Der sie Gott getraut.«
Da verlässet er auf immer Seiner Väter Schloß, Seine Waffen sieht er nimmer, Noch sein treues Roß; Von der Toggenburg hernieder Steigt er unbekannt, Denn es deckt die edeln Glieder Härenes Gewand.
Und erbaut sich eine Hütte Jener Gegend nah, Wo das Kloster aus der Mitte Düstrer Linden sah; Harrend von des Morgens Lichte Bis zu Abends Schein, Stille Hoffnung im Gesichte, Saß er da allein.
Blickte nach dem Kloster drüben, Blickte stundenlang Nach dem Fenster seiner Lieben, Bis das Fenster klang, Bis die Liebliche sich zeiget, Bis das theure Bild Sich ins Thal herunter neigte, Ruhig, engelmild.
Und dann legt' er froh sich nieder, Schlief getröstet ein, Still sich freuend, wenn es wieder Morgen würde sein. Und so saß er viele Tage, Saß viel Jahre lang, Harrend ohne Schmerz und Klage, Bis das Fenster klang,
Bis die Liebliche sich zeigte, Bis das theure Bild Sich ins Thal herunter neigte, Ruhig, engelmild. Und so saß er, eine Leiche, Eines Morgens da; Nach dem Fenster noch das bleiche Stille Antlitz sah.
Inhaltsverzeichnis
Eine Parodie.
Endlich erblickt' ich auch die hohe Kraft des Herakles, Seinen Schatten. Er selbst, leider, war nicht mehr zu sehn. Ringsum schrie, wie Vögelgeschrei, das Geschrei der Tragöden Und das Hundegebell der Dramaturgen um ihn. Schauerlich stand das Ungethüm da. Gespannt war der Bogen, Und der Pfeil auf der Sehn' traf noch beständig das Herz. »Welche noch kühnere That, Unglücklicher, wagest du jetzo, Zu den Verstorbenen selbst niederzusteigen ins Grab!« – Wegen Tiresias' mußt' ich herab, den Seher zu fragen, Wo ich den alten Kothurn fände, der nicht mehr zu sehn. »Glauben sie nicht der Natur und den alten Griechen, so holst du Eine Dramaturgie ihnen vergeblich herauf.« – O, die Natur, die zeigt auf unsern Bühnen sich wieder, Splitternackend, daß man jegliche Rippe ihr zählt. »Wie? So ist wirklich bei euch der alte Kothurnus zu sehen, Den zu holen ich selbst stieg in des Tartarus Nacht?« – Nichts mehr von diesem tragischen Spuk. Kaum einmal im Jahre Geht dein geharnischter Geist über die Bretter hinweg. »Auch gut! Philosophie hat eure Gefühle geläutert, Und vor dem heitern Humor fliehet der schwarze Affect.« Ja, ein derber und trockener Spaß, nichts geht uns darüber; Aber der Jammer auch, wenn er nur naß ist, gefällt. »Also sieht man bei euch den leichten Tanz der Thalia Neben dem ernsten Gang, welchen Melpomene geht?« Keines von Beiden! Uns kann nur das Christlich-Moralische rühren Und was recht populär, häuslich und bürgerlich ist. »Was? Es dürfte kein Cäsar auf euren Bühnen sich zeigen, Kein Achill, kein Orest, keine Andromacha mehr?« – Nichts! Man sieht bei uns nur Pfarrer, Commerzienräthe, Fähndriche, Secretärs oder Husarenmajors. »Aber, ich bitte dich, Freund, was kann denn dieser Misere Großes begegnen, was kann Großes denn durch sie geschehn?« – Was? Sie machen Kabale, sie leihen auf Pfänder, sie stecken Silberne Löffel ein, wagen den Pranger und mehr. »Woher nehmt ihr dann aber das große, gigantische Schicksal, Welches den Menschen erhebt, wenn es den Menschen zermalmt?« – Das sind Grillen! Uns selbst und unsre guten Bekannten, Unsern Jammer und Noth suchen und finden wir hier. »Aber das habt ihr ja alles bequemer und besser zu Hause; Warum entfliehet ihr euch, wenn ihr euch selber nur sucht?« – Nimm's nicht übel, mein Heros, das ist ein verschiedener Casus: Das Geschick, das ist blind, und der Poet ist gerecht. »Also
eure
Natur, die erbärmlichste, trifft man auf euren Bühnen, die große nur nicht, nicht die unendliche an?« Der Poet ist der Wirth und der letzte Actus die Zeche; Wenn sich das Laster erbricht, setzt sich die Tugend zu Tisch.
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Monument von unsrer Zeiten Schande, Ew'ge Schmachschrift deiner Mutterlande, Rousseaus Grab, gegrüßet seist du mir! Fried' und Ruh' den Trümmern deines Lebens! Fried' und Ruhe suchtest du vergebens, Fried' und Ruhe fandst du hier!
Wann wird doch die alte Wunde narben? Einst war's finster, und die Weisen starben! Nun ist's lichter, und der Weise stirbt. Sokrates ging unter durch Sophisten, Rousseau leidet, Rousseau fällt durch Christen, Rousseau – der aus Christen Menschen wirbt.
Inhaltsverzeichnis
Wie verfährt die Natur, um Hohes und Niedres im Menschen Zu verbinden? Sie stellt Eitelkeit zwischen hinein.
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Das ist eben das wahre Geheimniß, das Allen vor Augen Liegt, euch ewig umgibt, aber von Keinem gesehn.
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Theuer ist mir der Freund, doch auch den Feind kann ich nützen; Zeigt mir der Freund, was ich kann, lehrt mich der Feind, was ich soll.
Inhaltsverzeichnis
Aus der schlechtesten Hand kann Wahrheit mächtig noch wirken; Bei dem Schönen allein macht das Gefäß den Gehalt.
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Wer von euch ist der Sänger der Ilias? Weil's ihm so gut schmeckt, Ist hier von
Heynen
ein Pack Göttinger Würste für ihn – »Mir her! ich sang der Könige Zwist!« – »Ich die Schlacht bei den Schiffen!« – »Mir die Würste! ich sang, was auf dem Ida geschah!« – Friede! zerreißt mich nur nicht! Die Würste werden nicht reichen. Der sie schickte, er hat sich nur auf Einen versehn.
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Sie konnte mir kein Wörtchen sagen, Zu viele Lauscher waren wach; Den Blick nur durft' ich schüchtern fragen, Und wohl verstand ich, was er sprach. Leis komm ich her in deine Stille, Du schön belaubtes Buchenzelt, Verbirg in deiner grünen Hülle Die Liebenden dem Aug der Welt!
Von ferne mit verworrnem Sausen Arbeitet der geschäft'ge Tag, Und durch der Stimme hohles Brausen Erkenn' ich schwerer Hämmer Schlag. So sauer ringt die kargen Loose Der Mensch dem harten Himmel ab; Doch leicht erworben, aus dem Schooße Der Götter fällt das Glück herab.
Daß ja die Menschen es nie hören, Wie treue Lieb' uns still beglückt! Sie können nur die Freude stören, Weil Freude nie sie selbst entzückt. Die Welt wird nie das Glück erlauben, Als Beute wird es nur gehascht; Entwenden mußt du's oder rauben, Eh dich die Mißgunst überrascht.
Leis auf den Zehen kommt's geschlichen, Die Stille liebt es und die Nacht; Mit schnellen Füßen ist' entwichen, Wo des Verräthers Auge wacht. O schlinge dich, du sanfte Quelle, Ein breiter Strom um uns herum, Und drohend mit empörter Welle Vertheidige dies Heiligthum!
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Dich erwähl' ich zum Lehrer, zum Freund. Dein lebendiges Bilden Lehrt mich, dein lehrendes Wort rühret lebendig mein Herz.
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Nimmer, das glaubt mir, erscheinen die Götter, Nimmer allein. Kaum daß ich Bacchus, den Lustigen, habe, Kommt auch schon Amor, der lächelnde Knabe, Phöbus, der Herrliche, findet sich ein. Sie nahen, sie kommen, die Himmlischen alle, Mit Göttern erfüllt sich die irdische Halle.
Sagt, wie bewirth' ich, der Erdgeborne, Himmlischen Chor? Schenket mir euer unsterbliches Leben, Götter! Was kann euch der Sterbliche geben? Hebet zu eurem Olymp mich empor! Die Freude, sie wohnt nur in Jupiters Saale; O füllet mit Nektar, o reicht mir die Schale!
Reich' ihm die Schale! Schenke dem Dichter, Hebe, nur ein! Netz' ihm die Augen mit himmlischen Thaue, Daß er den Styx, den verhaßten, nicht schaue, Einer der Unsern sich dünke zu sein. Sie rauschet, sie perlet, die himmlische Quelle, Der Busen wird ruhig, das Auge wird helle.
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Wie doch ein einziger Reicher so viele Bettler in Nahrung Setzt! Wenn die Könige baun, haben die Kärrner zu thun.
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Was ich ohne dich wäre, ich weiß es nicht – aber mir grauet, Seh ich, was ohne
dich
Hundert' und Tausende sind.
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Nicht aus meinem Nektar hast du dir Gottheit getrunken; Deine Götterkraft war's, die dir den Nektar errang.
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Immer zerreißet den Kranz des Homer und zählet die Väter Des vollendeten ewigen Werks! Hat es doch
eine
Mutter nur und die Züge der Mutter, Deine unsterblichen Züge, Natur!
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Zu Archimedes kam ein wißbegieriger Jüngling. »Weihe mich,« sprach er zu ihm, »ein in die göttliche Kunst, Die so herrliche Frucht dem Vaterlande getragen Und die Mauern der Stadt vor der Sambuca beschützt!« – »Göttlich nennst du die Kunst? Sie ist's,« versetzte der Weise; »Aber das war sie, mein Sohn, eh sie dem Staat noch gedient. Willst du nur Früchte von ihr, die kann auch die sterbliche zeugen; Wer um die Göttin freit, suche in ihr nicht das Weib.
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So unermeßlich ist, so unendlich erhaben der Himmel! Aber der Kleinigkeitsgeist zog auch den Himmel herab.
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»Nehmt hin die Welt!« rief Zeus von seinen Höhen Den Menschen zu. »Nehmt, sie soll euer sein! Euch schenk ich sie zum Erb und ewgen Lehen – Doch teilt euch brüderlich darein!«
Da eilt', was Hände hat, sich einzurichten, Es regte sich geschäftig jung und alt. Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten, Der Junker birschte durch den Wald.
Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen, Der Abt wählt sich den edeln Firnewein, Der König sperrt die Brücken und die Straßen Und sprach: »Der Zehente ist mein.«
Ganz spät, nachdem die Teilung längst geschehen, Naht der Poet, er kam aus weiter Fern – Ach! da war überall nichts mehr zu sehen, Und alles hatte seinen Herrn!
»Weh mir! So soll denn ich allein von allen Vergessen sein, ich, dein getreuster Sohn?« So ließ er laut der Klage Ruf erschallen Und warf sich hin vor Jovis Thron.
»Wenn du im Land der Träume dich verweilet«, Versetzt der Gott, »so hadre nicht mit mir. Wo warst du denn, als man die Welt geteilet?« »Ich war«, sprach der Poet, »bei dir.«
Mein Auge hing an deinem Angesichte, An deines Himmels Harmonie mein Ohr – Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte Berauscht, das Irdische verlor!«
»Was tun?« spricht Zeus, »die Welt ist weggegeben, Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein. Willst du in meinem Himmel mit mir leben – So oft du kommst, er soll dir offen sein.«
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Lehrling
Gut, daß ich euch, ihr Herrn,
in pleno
beisammen hier finde; Denn das Eine, was noth, treibt mich herunter zu euch.
Aristoteles
Gleich zur Sache, mein Freund! Wir halten die Jenaer Zeitung Hier in der Hölle und sind längst schon von Allem belehrt.
Lehrling
Desto besser! so gebt mir, ich geh' euch nicht eher vom Halse, Einen allgültigen Satz, und der auch allgemein gilt.
Erster
Cogito, ergo sum.
Ich denke, und mithin so bin ich! Ist das Eine nur wahr, ist es das Andre gewiß.
Lehrling
Denk' ich, so bin ich. Wohl! Doch wer wird immer auch denken, Oft schon war ich, und hab' wirklich an gar nichts gedacht.
Zweiter
Weil es Dinge doch gibt, so gibt es ein Ding aller Dinge; In dem Ding aller Ding' schwimmen wir, wie wir so sind.
Dritter
Just das Gegentheil sprech' ich. Es gibt kein Ding als mich selber; Alles Andre, in mir steigt es als Blase nur auf.
Vierter
Zweierlei Dinge lass' ich passiren, die Welt und die Seele; Keins weiß vom andern, und doch deuten sie beide auf eins.
Fünfter
Von dem Ding weiß ich nichts und weiß auch nichts von der Seele; Beide erscheinen mir nur, aber sie sind doch kein Schein.
Sechster
Ich bin Ich und setze mich selbst, und setz' ich mich selber Als nicht gesetzt, nun gut, hab' ich ein Nicht-Ich gesetzt.
Siebenter
Vorstellung wenigstens ist! Ein Vorgestelltes ist also; Ein Vorstellendes auch, macht mit der Vorstellung
Drei
Lehrling
Damit lock' ich, ihr Herrn, noch keinen Hund aus dem Ofen. Einen erklecklichen Satz will ich, und der auch was setzt!
Achter
Auf theoretischem Feld ist weiter nichts mehr zu finden; Aber der praktische Satz gilt doch: du kannst, denn du sollst!
Lehrling
Dacht' ich's doch! Wissen sie nichts Vernünftiges mehr zu erwiedern, Schieben sie's einem geschwind in das Gewissen hinein.
David Hume
Rede nicht mit dem Volk! Der Kant hat sie alle verwirret. Mich frag', ich bin mir selbst auch in der Hölle noch gleich.
Rechtsfrage
Jahre lang schon bedien' ich mich meiner Nase zum Riechen; Hab' ich denn wirklich an sie auch ein erweisliches Recht?
Puffendorf
Ein bedenklicher Fall! Doch die erste Possession scheint Für dich zu sprechen, und so brauche sie immerhin fort!
Gewissensscrupel
Gerne dien' ich den Freunden, doch thu' ich es leider mit Neigung, Und so wurmt es mir oft, daß ich nicht tugendhaft bin.
Entscheidung
Da ist kein anderer Rath, du mußt suchen, sie zu verachten, Und mit Abscheu alsdann thun, wie die Pflicht dir gebeut.
Inhaltsverzeichnis
Über Ströme hast du gesetzt und Meere durchschwommen, Über der Alpen Gebirg trug dich der schwindlichte Steg, Mich in der Nähe zu schaun und meine Schöne zu preisen, Die der begeisterte Ruf rühmt durch die staunende Welt; Und nun stehst du vor mir, du darfst mich Heil'ge berühren, Aber bist du mir jetzt näher, und bin ich es dir?
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Treuer alter Homer, dir vertrau' ich das zarte Geheimniß; Um der Liebenden Glück wisse der Sänger allein.
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Seht ihr dort die altergrauen Schlösser sich entgegenschauen, Leuchtend in der Sonne Gold, Wo der Hellespont die Wellen Brausend durch der Dardanellen Hohe Felsenpforte rollt? Hört ihr jene Brandung stürmen, Die sich an den Felsen bricht? Asien riß sie von Europen; Doch die Liebe schreckt sie nicht.
Heros und Leanders Herzen Rührte mit dem Pfeil der Schmerzen Amors heil'ge Göttermacht. Hero, schön wie Hebe blühend, Er, durch die Gebirge ziehend Rüstig, im Geräusch der Jagd. Doch der Väter feindlich Zürnen Trennte das verbundne Paar, Und die süße Frucht der Liebe Hing am Abgrund der Gefahr.
Dort auf Sesto's Felsenthurme, Den mit ew'gem Wolkensturme Schäumend schlägt der Hellespont, Saß die Jungfrau, einsam grauend, Nach Abydos' Küste schauend, Wo der Heißgeliebte wohnt. Ach, zu dem entfernten Strande Baut sich keiner Brücke Steg, Und kein Fahrzeug stößt vom Ufer; Doch die Liebe fand den Weg.
Aus des Labyrinthes Pfaden Leitet sie mit sicherm Faden, Auch den Blöden macht sie klug, Beugt ins Joch die wilden Thiere, Spannt die feuersprühnden Stiere An den diamantnen Pflug. Selbst der Styx, der neunfach fließet, Schließt die Wagende nicht aus; Mächtig raubt sie das Geliebte Aus des Pluto finsterm Haus.
Auch durch des Gewässers Fluthen Mit der Sehnsucht feur'gen Gluthen Stachelt sie Leanders Muth. Wenn des Tages heller Schimmer Bleichet, stürzt der kühne Schwimmer In des Pontus finstre Fluth, Theilt mit starkem Arm die Woge, Strebend nach dem theuren Strand, Wo, auf hohem Söller leuchtend, Winkt der Fackel heller Brand.
Und in weichen Liebesarmen Darf der Glückliche erwarmen Von der schwer bestandnen Fahrt Und den Götterlohn empfangen, Den in seligem Umfangen Ihm die Liebe aufgespart, Bis den Säumenden Aurora Aus der Wonne Träumen weckt Und ins kalte Bett des Meeres Aus dem Schooß der Liebe schreckt.
Und so flohen dreißig Sonnen Schnell, im Raub verstohlner Wonnen, Dem beglückten Paar dahin, Wie der Brautnacht süße Freuden, Die die Götter selbst beneiden, Ewig jung und ewig grün. Der hat nie das Glück gekostet, Der die Frucht des Himmels nicht Raubend an des Höllenflusses Schauervollem Rande bricht.
Hesper und Aurora zogen Wechselnd auf am Himmelsbogen; Doch die Glücklichen, sie sahn Nicht den Schmuck der Blätter fallen, Nicht aus Nords beeisten Hallen Den ergrimmten Winter nahn. Freudig sahen sie des Tages Immer kürzern, kürzern Kreis; Für das längre Glück der Nächte Dankten sie bethört dem Zeus.
Und es gleichte schon die Wage An dem Himmel Nächt' und Tage, Und die holde Jungfrau stand Harrend auf dem Felsenschlosse, Sah hinab die Sonnenrosse Fliehen an des Himmels Rand. Und das Meer lag still und eben, Einem reinen Spiegel gleich, Keines Windes leises Weben Regte das krystallne Reich.
Lustige Delphinenschaaren Scherzten in dem silberklaren Reinen Element umher, Und in schwärzlicht grauen Zügen, Aus dem Meergrund aufgestiegen, Kam der Tethys buntes Heer. Sie, die Einzigen, bezeugten Den verstohlnen Liebesbund; Aber ihnen schloß auf ewig Hekate den stummen Mund.
Und sie freute sich des schönen Meeres, und mit Schmeicheltönen Sprach sie zu dem Element: »Schöner Gott, du solltest trügen! Nein, den Frevler straf' ich Lügen, Der dich falsch und treulos nennt. Falsch ist das Geschlecht der Menschen, Grausam ist des Vaters Herz; Aber du bist mild und gütig, Und dich rührt der Liebe Schmerz.
»In den öden Felsenmauern Müßt' ich freudlos einsam trauern Und verblühn in ew'gem Harm; Doch du trägst auf deinem Rücken, Ohne Nachen, ohne Brücken, Mir den Freund in meinen Arm. Grauenvoll ist deine Tiefe, Furchtbar deiner Wogen Fluth, Aber dich erfleht die Liebe, Dich bezwingt der Heldenmuth.
»Denn auch dich, den Gott der Wogen, Rührte Eros' mächt'ger Bogen, Als des goldnen Widders FlugHelle, mit dem Bruder fliehend, Schön in Jugendfülle blühend, Über deine Tiefe trug. Schnell, von ihrem Reis besieget, Griffst du aus dem finstern Schlund, Zogst sie von des Widders Rücken Nieder in den Meeresgrund.
»Eine Göttin mit dem Gotte, In der tiefen Wassergrotte, Lebt sie jetzt unsterblich fort; Hilfreich der verfolgten Liebe, Zähmt sie deine wilden Triebe, Führt den Schiffer in den Port. Schöne Helle, holde Göttin, Selige, dich fleh' ich an: Bring auch heute den Geliebten Mir auf der gewohnten Bahn!«
Und schon dunkelten die Fluthen, Und sie ließ der Fackel Gluthen Von dem hohen Söller wehn. Leitend in den öden Reichen Sollte das vertraute Zeichen Der geliebte Wandrer sehn. Und es saust und dröhnt von ferne, Finster kräuselt sich das Meer, Und es löscht das Licht der Sterne, Und es naht gewitterschwer.
Auf des Pontus weite Fläche Legt sich Nacht, und Wetterbäche Stürzen aus der Wolken Schooß; Blitze zucken in den Lüften, Und aus ihren Felsengrüften Werden alle Stürme los, Wühlen ungeheure Schlünde In den weiten Wasserschlund; Gähnend, wie ein Höllenrachen, Öffnet sich des Meeres Grund.
»Wehe, weh mir!« ruft die Arme Jammernd. »Großer Zeus, erbarme! Ach, was wagt' ich zu erflehn! Wenn die Götter mich erhören, Wenn er sich den falschen Meeren Preis gab in des Sturmes Wehn! Alle meergewohnten Vögel Ziehen heim, in eil'ger Flucht; Alle sturmerprobten Schiffe Bergen sich in sichrer Bucht.
»Ach, gewiß, der Unverzagte Unternahm das oft Gewagte, Denn ihn trieb ein mächt'ger Gott. Er gelobte mir's beim Scheiden Mit der Liebe heil'gen Eiden, Ihn entbindet nur der Tod. Ach, in diesem Augenblicke Ringt er mit des Sturmes Wuth, Und hinab in ihre Schlünde Reißt ihn die empörte Fluth!
»Falscher Pontus, deine Stille War nur des Verrathes Hülle, Einem Spiegel warst du gleich; Tückisch ruhten deine Wogen, Bis du ihn heraus betrogen In dein falsches Lügenreich. Jetzt, in deines Stromes Mitte, Da die Rückkehr sich verschloß, Lässest du auf den Verrathnen Alle deine Schrecken los!«
Und es wächst des Sturmes Toben, Hoch, zu Bergen aufgehoben, Schwillt das Meer, die Brandung bricht Schäumend sich am Fuß der Klippen; Selbst das Schiff mit Eichenrippen Nahte unzerschmettert nicht. Und im Wind erlischt die Fackel, Die des Pfades Leuchte war; Schrecken bietet das Gewässer, Schrecken auch die Landung dar.
Und sie fleht zu Aphrodite, Daß sie dem Orkan gebiete, Sänftige der Wellen Zorn, Und gelobt, den strengen Winden Reiche Opfer anzuzünden, Einen Stier mit goldnem Horn. Alle Göttinnen der Tiefe, Alle Götter in der Höh' Fleht sie, lindernd Öl zu gießen In die sturmbewegte See.
»Höre meinen Ruf erschallen, Steig aus deinen grünen Hallen, Selige Leukothea! Die der Schiffer in dem öden Wellenreich in Sturmesnöthen Rettend oft erscheinen sah. Reich' ihm deinen heil'gen Schleier, Der, geheimnißvoll gewebt, Die ihn tragen, unverletzlich Aus dem Grab der Fluthen hebt!«
Und die wilden Winde schweigen, Hell an Himmels Rande steigen Eos' Pferde in die Höh'. Friedlich in dem alten Bette Fließt das Meer in Spiegelglätte, Heiter lächelnd Luft und See. Sanfter brechen sich die Wellen An des Ufers Felsenwand, Und sie schwemmen, ruhig spielend, Einen Leichnam an den Strand.
Ja, er ist's, der auch entseelet Seinem heil'gen Schwur nicht fehlet! Schnellen Blicks erkennt sie ihn. Keine Klage läßt sie schallen, Keine Thräne läßt sie fallen, Kalt, verzweifelnd starrt sie hin. Trostlos in die öde Tiefe Blickt sie, in des Äthers Licht, Und ein edles Feuer röthet Das erbleichte Angesicht.
»Ich erkenn' euch, ernste Mächte! Strenge treibt ihr eure Rechte, Furchtbar, unerbittlich ein. Früh schon ist mein Lauf beschlossen; Doch das Glück hab' ich genossen, Und das schönste Loos war mein. Lebend hab' ich deinem Tempel Mich geweiht als Priesterin; Dir ein freudig Opfer sterb' ich, Venus, große Königin!«
Und mit fliegendem Gewande Schwingt sie von des Thurmes Rande In die Meerfluth sich hinab. Hoch in seinen Fluthenreichen Wälzt der Gott die heil'gen Leichen, Und er selber ist ihr Grab. Und mit seinem Raub zufrieden, Zieht er freudig fort und gießt Aus der unerschöpften Urne Seinen Strom, der ewig fließt.
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Andromache.
Will sich Hektor ewig von mir wenden, Wo Achill mit den unnahbarn Händen Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt? Wer wird künftig deinen Kleinen lehren Speere werfen und die Götter ehren, Wenn der finstre Orkus dich verschlingt?
Hektor.
Theures Weib, gebiete deinen Thränen! Nach der Feldschlacht ist mein feurig Sehnen, Diese Arme schützen Pergamus. Kämpfend für den heil'gen Herd der Götter Fall' ich, und des Vaterlandes Retter Steig' ich nieder zu dem styg'schen Fluß.
Andromache.
Nimmer lausch' ich deiner Waffen Schalle, Müßig liegt dein Eisen in der Halle, Priams großer Heldenstamm verdirbt. Du wirst hingehn, wo kein Tag mehr scheinet, Der Cocytus durch die Wüsten weinet, Deine Liebe in dem Lethe stirbt.
Hektor.
All mein Sehnen will ich, all mein Denken In des Lethe stillen Strom versenken, Aber meine Liebe nicht. Horch! der Wilde tobt schon an den Mauern, Gürte mir das Schwert um, laß das Trauern! Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht.
Inhaltsverzeichnis
Da ihr noch die schöne Welt regieret, An der Freude leichtem Gängelband Glücklichere Menschenalter führtet, Schöne Wesen aus dem Fabelland! Ach, da euer Wonnedienst noch glänzte, Wie ganz anders, anders war es da! Da man deine Tempel noch bekränzte, Venus Amathusia!
Da der Dichtung malerische Hülle Sich noch lieblich um die Wahrheit wand, – Durch die Schöpfung floß da Lebensfülle, Und was nie empfinden wird, empfand. An der Liebe Busen sie zu drücken, Gab man höhern Adel der Natur, Alles wies den eingeweihten Blicken, Alles eines Gottes Spur.
Wo jetzt nur, wie unsre Weisen sagen, Seelenlos ein Feuerball sich dreht, Lenkte damals seinen goldnen Wagen Helios in stiller Majestät. Diese Höhen füllten Oreaden, Eine Dryas starb mit jenem Baum, Aus den Urnen lieblicher Najaden Sprang der Ströme Silberschaum.
Jener Lorbeer wand sich einst um Hilfe, Tantals Tochter schweigt in diesem Stein, Syrinx' Klage tönt' aus jenem Schilfe, Philomelens Schmerz in diesem Hain. Jener Bach empfing Demeters Zähre, Die sie um Persephone geweint, Und von diesem Hügel rief Cythere, Ach, vergebens! ihrem schönen Freund.
Zu Deukalions Geschlechte stiegen Damals noch die Himmlischen herab; Pyrrhas schöne Töchter zu besiegen, Nahm Hyperion den Hirtenstab. Zwischen Menschen, Göttern und Heroen Knüpfte Amor einen schönen Bund, Sterbliche mit Göttern und Heroen Huldigten in Amathunt.
Betend an der Grazien Altären Kniete da die holde Priesterin, Sandte stille Wünsche an Cytheren Und Gelübde an die Charitin. Hoher Stolz, auch droben zu gebieten, Lehrte sie den göttergleichen Rang Und des Reizes heil'gen Gürtel hüten, Der den Donnrer selbst bezwang.
Himmlisch und unsterblich war das Feuer, Das in Pindars stolzen Hymnen floß, Niederströmte in Arions Leier, In den Stein des Phidias sich goß. Beßre Wesen, edlere Gestalten Kündigten die hohe Ankunft an, Götter, die vom Himmel niederwallten, Sahen hier ihn wieder aufgethan.
Werther war von eines Gottes Güte, Theurer jede Gabe der Natur. Unter Iris' schönem Bogen blühte Reizender die perlenvolle Flur. Prangender erschien die Morgenröthe In Himerens rosigtem Gewand, Schmelzender erklang die Flöte In des Hirtengottes Hand.
Liebenswerther malte sich die Jugend, Blühender in Ganymedas Bild, Heldenkühner, göttlicher die Tugend Mit Tritoniens Medusenschild. Sanfter war, da Hymen es noch knüpfte, Heiliger der Herzen ew'ges Band, Selbst des Lebens zarter Faden schlüpfte Weicher durch der Parzen Hand.
Das Evoe muntrer Thyrsusschwinger Und der Panther prächtiges Gespann Meldeten den großen Freudebringer, Faun und Satyr taumeln ihm voran; Um ihn springen rasende Mänaden, Ihre Tänze loben seinen Wein, Und die Wangen des Bewirthers laden Lustig zu dem Becher ein.
Höher war der Gabe Werth gestiegen, Die der Geber freundlich mit genoß, Näher war der Schöpfer dem Vergnügen, Das im Busen des Geschöpfes floß. Nennt der meinige sich dem Verstande? Birgt ihn etwa der Gewölke Zelt? Mühsam späh' ich im Ideenlande, Fruchtlos in der Sinnenwelt.
Eure Tempel lachten gleich Palästen, Euch verherrlichte das Heldenspiel An des Isthmus kronenreichen Festen, Und die Wagen donnerten zum Ziel. Schön geschlungne, seelenvolle Tänze Kreisten um den prangenden Altar, Eure Schläfe schmückten Siegeskränze, Kronen euer duftend Haar.
Seiner Güter schenkte man das beste, Seiner Lämmer liebstes gab der Hirt, Und der Freudetaumel seiner Gäste