Gespenster-Krimi 138 - Alexander Weisheit - E-Book

Gespenster-Krimi 138 E-Book

Alexander Weisheit

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Beschreibung

Dr. Nikolai Frank ist ein ehrgeiziger Arzt im London der viktorianischen Epoche. Seit ihm ein tschechischer Kollege aber ein Buch mit mittelalterlichen medizinischen Notizen ausgehändigt hat, ist er von dem besessen, was er dort liest. Nach zwanzig Jahren Laborversuchen schafft er den Durchbruch, wie er denkt. Er ist überzeugt, einen neuartigen Schlüssel gefunden zu haben, mit dem er jede Krankheit heilen kann ...

Was dann jedoch geschieht, stellt ihn vor fast ebensolche Rätsel wie Scotland Yard und die Presse. Ein erschlagener Polizist, von schier übermenschlichen Kräften grauenhaft verunstaltet, stellt die Ermittler vor Rätsel. Wurde in Dr. Nikolai Franks Praxis eingebrochen, oder ist jemand - oder etwas? - ausgebrochen? Kann dem Unheil Einhalt geboten werden?


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Seitenzahl: 150

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Die Formel der Hölle

Special

Vorschau

Impressum

Die Formelder Hölle

Von Alexander Weisheit

Dr. Nikolai Frank ist ein ehrgeiziger Arzt im viktorianischen London. Seit ihm ein tschechischer Kollege aber ein Buch mit mittelalterlichen medizinischen Notizen ausgehändigt hat, ist er von dem besessen, was er dort liest. Nach zwanzig Jahren mit heimlichen Laborversuchen schafft er den Durchbruch, wie er denkt. Er ist überzeugt, einen neuartigen Schlüssel gefunden zu haben, mit dem er jede Krankheit ausmerzen kann. Ein letzter Selbstversuch mit dem Serum soll den Beweis liefern.

Nervös zieht Nikolai Frank die Spritze mit der bläulichen Flüssigkeit auf und setzt die Kanüle an. Ein kurzer Schmerz durchzuckt ihn, als die Nadel durch die Haut in die Blutbahn sticht ...

Auszug aus den Aufzeichnungen des Dominikanermönches Meister Johannes im Jahre des Herrn 1350:

... bis zu meinem Tode ist es mir also nicht gelungen, das Mysterium um das Serum mutare zu lösen. Lebenslange Forschungen und Studien aus dem Collectio Medicus Magicus haben keinen Erfolg gebracht. Jetzt, wo ich dem Tode näher bin als dem Leben, vermag nur die Zukunft zu zeigen, wem es obliegt, dieses Rätsel zu lösen ...

Dr. Nikolai Frank sah mit enttäuschtem Blick in den kleinen Gitterkäfig vor sich auf dem schweren Arbeitstisch. Darin lag eine tote Ratte.

Tief atmete er ein und aus. Er war frustriert. Das Experiment war ihm abermals nicht gelungen. Was machte er nur falsch? Woran lag es, dass seine Versuche jedes Mal scheiterten?

Der groß gewachsene Mann mit den grauen halblangen Haaren und dem stoppeligen Bart öffnete den Käfig und nahm das tote Tier heraus. Mit einer beiläufigen Bewegung warf er es in den Kamin, wo sofort Flammen nach ihm griffen und einen Geruch von verbranntem Fleisch verbreiteten.

Den leeren Käfig stellte er in die Ecke seines Labors. Dann nahm er an dem schweren, hölzernen Arbeitstisch Platz, zog ein ledergebundenes Notizbuch aus einer Schublade und notierte den erneuten Misserfolg.

Es war zum Verzweifeln! Ein Durchbruch wollte sich einfach nicht einstellen. Wie lange forschte er bereits an dem Serum? Zehn Jahre? Zwanzig Jahre? Er wusste es selbst nicht mehr genau. Auf jeden Fall war es eine lange Zeit gewesen, in der er immer wieder versuchte, das Extrakt herzustellen.

Sein Blick fiel auf die Versuchsanordnung auf dem Nebentisch. Hier waren Reagenzgläser, Tiegel, Schalen und Bunsenbrenner aufgebaut, die er für seine Experimente nutzte.

Nikolai massierte sich die Schläfen. Er bekam Kopfweh. Es war besser, wenn er für heute seine Forschungsarbeiten einstellte. Morgen war auch noch ein Tag, an dem er ausgeruht weiterarbeiten konnte. Dann würde er sich erst mal um sein Tagesgeschäft kümmern, denn Nikolai Frank war ein angesehener Mediziner in der Hauptstadt des britischen Empire im auslaufenden 19. Jahrhundert.

Er hatte seine Arztpraxis im Londoner Stadtteil Paddington bereits vor vierzig Jahren aufgebaut. Daran schloss sich sein Labor an, in dem er nach den Sprechstunden seine Experimente durchführte.

Eine Frau und Familie hatte er nie gehabt. Sein Leben war ganz der Medizin und der Forschung gewidmet. Jetzt war er knapp sechzig Jahre alt und stolz auf das, was er bisher alles geschafft hatte.

Deshalb verzweifelte er auch fast daran, dass es ihm seit so vielen Jahren nicht gelingen wollte, dieses Serum herzustellen. Dabei glaubte er, damit einen riesigen Durchbruch in der Medizin erreichen zu können. Das Mittel sollte kranke Menschen wieder auf die Beine bringen, ihre Vitalität steigern und sie schneller gesund machen.

Dr. Nikolai Frank nahm seinen Mantel von der Garderobe und zog ihn über. Den Kamin hatte er runterbrennen lassen, seinen Arbeitstisch aufgeräumt, wichtige Dokumente und Utensilien weggeschlossen. Bevor er sein Labor verließ, schnappte er sich noch den an der Seite stehenden Regenschirm. Er öffnete die Tür und trat hinaus in die herbstliche Dunkelheit. Nieselregen empfing den Mediziner, aber zum Glück hatte er es nicht weit bis nach Hause.

Was Nikolai nicht mehr mitbekam: Nachdem er die Labortür geschlossen hatte, war ein bläuliches Leuchten. Es entstand mitten im Raum und bewegte sich langsam auf die verschlossene Schublade des schweren Arbeitstisches zu. Es verschwand durch die schmalen Ritze in der Lade, legte sich wie eine nebelartige Decke über das Notizbuch des Doktors und verschwand darin.

Er hatte es geschafft!

Mit zittrigen Fingern hielt Dr. Nikolai Frank das Reagenzglas mit der bläulich-schimmernden Flüssigkeit hoch, dem Ergebnis jahrelanger Forschungen. Er konnte es kaum glauben. Ein Hochgefühl durchfuhr ihn und zauberte ein breites Grinsen in sein bärtiges Gesicht.

Die Ratte im Käfig war quicklebendig und schnupperte neugierig in der Luft herum. Heute Morgen lag sie noch krank und apathisch auf dem strohbedeckten Boden. Doch einige Stunden nach der Verabreichung des Serums ging es dem Tier bestens.

In seiner Niedergeschlagenheit der letzten Tage, weil die Experimente immer wieder schiefgingen, hatte sich Dr. Frank seine Aufzeichnungen nochmals genauer vorgenommen. Überrascht stellte er dabei fest, dass ihm ein wichtiges Detail bei der Herstellung des Serums entgangen war. Wie hatte das passieren können? Er tat dies als Unachtsamkeit ab, weil er die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte.

Vorsichtig umklammerte er jetzt das noch heiße Reagenzglas mit der metallenen Zange. Dann wedelte er mit der freien Hand über dem schmalen Gefäß, um etwas von dem aufsteigenden Geruch in seine Nase aufzunehmen. Er roch ein wenig nach Schwefel.

Dr. Frank war mehr als zufrieden und seinem Ziel so nahe wie nie zuvor. Bald würden sich die jahrelangen Forschungen bezahlt machen.

Er gab das Reagenzglas in eine Halterung auf seinem Labortisch zurück und legte die Zange daneben. Dann löschte er die Flamme an dem kleinen Bunsenbrenner, der zwischen einigen anderen Apparaturen vor ihm stand. Der Geruch von verbranntem Gas hing in der Luft.

War er eben vor Freude aufgesprungen, nahm er jetzt wieder Platz und widmete sich seinen Aufzeichnungen. Er notierte sich in kurzen Sätzen, was er während seiner Experimente vollbracht hatte, und schloss dann das Notizbuch.

Die Zeit der Tierversuche war vorüber, dieses Serum musste er an einem Menschen testen! Das war der nächste Schritt, um seinem Erfolg näher zu kommen. Natürlich war es keine Frage für ihn, dass er das Serum in einem Selbsttest erforschte, denn nur so konnte er auch festhalten, wie es auf ihn wirkte und was es in ihm auslöste.

Nikolai Frank bereitete seinen Selbstversuch vor. Auf dem Tisch lagen Spritzen in einem mit einer desinfizierenden Chlorkalklösung gefüllten Behälter. Jetzt nahm er eine nach der anderen davon heraus und legte sie auf ein sauberes Tuch daneben. Das Reagenzglas hatte sich bereits etwas abgekühlt. Mit der Zange nahm er es nochmals auf, drehte es in der Hand und prüfte die Konsistenz der Flüssigkeit.

Nikolai war zufrieden. Zuerst zog er fünf Spritzen mit der bläulichen Flüssigkeit auf. Auf die letzte schraubte er eine Nadel. Dann krempelte er sein Hemd am linken Arm zurück, bis der Oberarm frei lag. Eine lederne Manschette wickelte er darum und schnürte sie eng zusammen. Diese staute das Blut und ließ die Adern sichtbarer hervortreten.

Nikolai Frank war nervös. Schweiß hatte sich auf seiner Stirn gesammelt. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er würde auch noch den letzten Schritt wagen, denn er war sicher, dass es funktionieren würde. Bald war er ein berühmter Mann!

Er prüfte die Adern in seiner Armbeuge, die sich blau unter der Haut abzeichneten, und nahm die Spritze auf. Mit einem geübten Handgriff setzte er die Kanüle an. Ein kurzer Schmerz durchzuckte ihn, als die Nadel durch die Haut in die Blutbahn stach. Vorsichtig drückte er den Kolben nach unten und sah zu, wie die Flüssigkeit in seinen Körper floss.

Als er den gesamten Inhalt aus der Spritze gedrückt hatte, zog er sie vorsichtig zurück und legte sie auf den Labortisch. Blut quoll aus der Einstichstelle. Schnell löste er die Manschette vom Oberarm und nahm ein bereitgelegtes Tuch, um die Blutung zu stillen. Mit angewinkeltem Arm presste er es zwischen Ober- und Unterarm auf die kleine Wunde. Er zog das Notizbuch heran und schrieb den eben durchgeführten Versuch auf. Dann lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und atmete tief ein und aus.

Nikolai glaubte, das Blut in der Armbeuge pulsieren zu spüren. Sicher nur eine Einbildung, weil er sie so zusammenpresste. Doch ansonsten spürte er nichts weiter. Oder?

Ihm war warm, aber geschwitzt hatte er bereits vorher. Das Serum würde sich jetzt in seinem Körper ausbreiten und seine Wirkung entfalten. Was sollte es eigentlich bei ihm auslösen? Es sollte die Vitalität von Kranken und Schwachen steigern. Aber er war nicht krank. Vielleicht würde er sich besser fühlen. Nikolai erhoffte sich auf jeden Fall eine positive Wirkung.

Die Blutung am Arm war gestoppt. Er legte das Tuch zur Seite und sah sich den etwas geröteten Einstich an. Er lauschte in seinen Körper hinein. Versuchte jede Veränderung wahrzunehmen. Er glaubte, sein Blut schneller rauschen zu hören. War das schon eine Auswirkung?

Nikolai erhob sich vom Stuhl. Als er sein Bein aufstellte, schoss ein Schmerz durch seinen Körper. Er unterdrückte einen Aufschrei, stürzte nach hinten und konnte sich gerade noch an seinem Stuhl festhalten. Was war das gewesen? Damit hatte er jetzt gar nicht gerechnet. Musste sein Körper sich erst an das Serum gewöhnen?

Erneut durchzuckte ihn ein Schmerz vom Fuß bis in den Oberkörper. Es fühlte sich an, als zögen sich die Muskeln krampfhaft zusammen. Nikolai ließ sich zurück in den Stuhl fallen. Sein Atem ging schneller. Die Schmerzen waren noch nicht abgeebbt und breiteten sich weiter in ihm aus. Das konnte doch nicht sein! Hatte er etwas falsch gemacht? Was war das?

Bei der nächsten Schmerzwelle kippte er nach vorn. Er stürzte vom Stuhl, fing sich mit den Händen ab und kam auf allen vieren zu Boden. Sein Atem glich jetzt einem Hecheln. Schmerzen durchzuckten weiter die Muskeln, Arme, Beine, Oberkörper. Der Kopf schien vor Hitze zu glühen, und die Gesichtsmuskeln verkrampften sich zu einer Grimasse.

Sein Blick fiel auf die Finger, mit denen er sich auf dem Boden abstützte. Er konnte seinen Augen nicht trauen! Die Finger, sie ... sie veränderten sich!

Irgendetwas in der Hand verzog sich und ließ sie anschwellen und wachsen. Gleichzeitig gingen die Schmerzen im Körper in ein starkes Reißen über. Ein unbändiger Schrei erscholl aus Nikolais Mund. Zuerst glaubte er, seine Haut reißen zu hören, doch ganz am Rande nahm er wahr, dass es seine Kleidung war, die zerfetzt wurde. Die Muskeln spannten sich und wuchsen, und der ganze Körper weitete sich aus.

Dann wurde es plötzlich schwarz um ihn, und er nahm nichts mehr um sich herum wahr.

Aelfric Hammlin war unterwegs und jagte der nächsten Schlagzeile hinterher. Er war Reporter und immer auf der Suche nach etwas Besonderem. Natürlich hätte er auch über den Bau der Metropolitan Railway berichten können. Aber das war ihm zu langweilig. Er versuchte, spektakuläre Artikel zu schreiben. Da hoffte er, des Nachts bessere Chancen zu haben als tagsüber.

Aelfric war knapp über dreißig. Die meiste Zeit seines Lebens ärgerte er sich darüber, dass ihm seine Eltern einen so altmodischen Namen gegeben hatten. Deshalb ließ er sich von den meisten nur Al nennen. Sein Kollege und Freund Buford Eliah Wright zog ihn gerne mit dem Namen auf. Er war ein paar Jahre jünger, und Buford und Aelfric waren ein gutes Gespann, wenn es darum ging, besondere Schlagzeilen zu schreiben.

Aelfric trug sein dunkles Haar kurz. Meist war er in erdfarbene Garderobe gekleidet. Heute hatte er sich einen wasserabweisenden Mantel mit tief in das Gesicht gezogener Kapuze übergeworfen. Der Regen prasselte, durch den Wind schräg getrieben, auf ihn ein.

Es war kurz vor Mitternacht, als Aelfric an der Marble Arch Station aus der Droschke stieg. Er zahlte dem Kutscher den vereinbarten Preis und wartete, bis das Gefährt davonfuhr. Dann überquerte er die breite, mit Kopfstein gepflasterte Straße. Der Tipp eines Kollegen hatte ihn nach Paddington geführt. Rund um die Underground Station trieb sich um diese Zeit viel lichtscheues Gesindel herum. Hier wurde geklaut, geprügelt und noch einiges mehr. Aelfric wollte dabei sein, wenn etwas passierte.

Die breite Straße führte ihn Richtung Nordwesten an alten und dreckigen Gebäuden vorbei. Die fast schwarzen Backsteine schluckten auch noch den Rest der Helligkeit, den die Gaslaternen verströmten. Einige hundert Meter weiter bog er nach links in die kleineren, verzweigten Straßen Richtung Paddington Station ein. Aus den vereinzelten Kneipen drang ihm Lachen und Gesang entgegen.

Die Baustellen rund um die U-Bahnstation waren ein beliebter Ort, um das dort gelagerte Metall zu klauen und es für gutes Geld wieder zu verkaufen. Dies stellte sich Aelfric ziemlich aufwendig vor, aber eigentlich war es ihm egal. Er war froh, in einer so großen Stadt wie London, der Hauptstadt des britischen Empire und der Welt, zu wohnen. Hier passierte immer was, und damit verdiente er schließlich sein Geld. Abnehmer für seine Storys gab es in London einige. Seine Berichte an die Times zu verkaufen, war schon recht schwierig. Für diese große Zeitung zu schreiben war quasi ein Ritterschlag für Journalisten. The Evening Standard hatte in den letzten zehn Jahren ordentlich Konkurrenz geboten und war für Aelfric immer eine gute Anlaufstelle.

Er ging gerade an der kleinen Grünfläche am Oxford Square vorbei, als er plötzlich den Schrei vernahm. Sofort blieb er stehen und lauschte. Zuerst glaubte er, sich verhört zu haben. Das Prasseln des Regens konnte ihm einen Streich gespielt haben. Der Laut wiederholte sich nicht.

Luxuriöse Gebäude säumten hier in diesem Teil der Stadt die Straße. Sein eigentliches Ziel, Paddington Station, lag nicht allzu weit entfernt. Der Schrei hatte Aelfric jedoch aufgeschreckt, und er wich etwas von seiner geplanten Route ab. Er ging bis zur nächsten Abzweigung und lauschte erneut. Hörte er da nicht ein Klirren? Schlug da jemand eine Scheibe ein?

Aelfrics Jagdfieber war geweckt. Er ging weiter, immer darauf bedacht, noch mehr Geräusche aufzuschnappen, doch der Regen verfälschte seine Orientierung. Dann vernahm er ein lauteres Krachen und Splittern, was sich so anhörte, als käme es aus dem Inneren eines Hauses. Ertönte da auch ein weiterer Schrei?

Von der Seite her bemerkte Aelfric plötzlich eine Bewegung. Ein Bobby, wahrscheinlich auch von den Geräuschen angelockt, trat vor ihm auf die nasse Straße und näherte sich einem Haus, welches sich Aelfric ebenfalls als Ziel ausgesucht hatte. Der Polizist bemerkte ihn nicht. Gerade als Aelfric zu ihm aufschließen wollte, gab es vor ihnen einen riesigen Knall. Mit einem Bersten flog die Haustür vor dem Bobby aus den Angeln. Erschrocken zuckte dieser zusammen. Holzteile flogen ihm um die Ohren, und er wurde rücklings auf den harten Boden geschleudert.

Bevor der Reporter näher herangehen konnte, weiteten sich seine Augen. Durch die zerstörte Tür trat ein ... ja, ein Monster! So etwas hatte Aelfric noch nie gesehen. Von den Proportionen her glich das Wesen einem Menschen, aber ansonsten sah es anders aus. Der Kopf war kantig und wulstig, der Körper schien aufgebläht und die Kleidung hing zerrissen an ihm herunter. Die Hände waren Pranken, und die Füße hatten seine Schuhe gesprengt.

Das Monster zog den Kopf ein, als es durch die zerstörte Tür trat. Der Bobby lag auf dem Boden und starrte ebenfalls der Kreatur entgegen. In einem Reflex zog er seine Pfeife, mit der er Hilfe holen wollte.

Das Monstrum musste diese Bewegung wohl als Angriff gedeutet haben, denn mit einem schnellen Schritt trat es neben den Polizisten und schlug ihm ins Gesicht. Der rettende Pfiff blieb aus. Blut schoss aus der Nase des Beamten Ihrer Majestät, und der Kopf knallte schwer auf das Kopfsteinpflaster. Mit einem weiteren Schritt war das Unwesen über ihm und drehte ihm den Arm aus dem Gelenk. Etwas knackte in der Schulter, und der Bobby schrie schmerzhaft auf. Abermals traf ihn die Faust, und er erschlaffte im Griff des Monsters. Dieses zog die bewegungslose Gestalt an sich heran und öffnete das Maul. Eine Reihe großer, scharfer Zähne blitze auf, die es in die Schulter seines Opfers grub. Blut spritzte hervor, als der Unhold ein Stück Fleisch aus dem Leib riss, wie man es beim Essen einer Hähnchenkeule tat.

Unschlüssig, was er noch machen sollte, warf er schließlich den verletzten Körper mit einer solchen Wucht zu Boden, dass dieser ungebremst auf das harte Pflaster schlug. Der Schädel des bemitleidenswerten Opfers brach. Dieses Geräusch hörte Aelfric durch den Regen, und es ging ihm durch Mark und Bein.

Dann trat das Ungetüm auf den vor ihm liegenden Mann ein, ließ schließlich von ihm ab und sah sich unsicher um. Schließlich setzte es sich in Bewegung und lief ziemlich schnell weg, sprang über eine kleine Mauer, die einen Friedhof umzäunte, und verschwand in Richtung Hyde Park.

Aelfric hatte sich in den Schatten eines der Bäume am Straßenrand zurückgezogen und versuchte, nicht zu atmen. Was war das für ein Wesen? Er war geschockt und fasziniert zugleich! So etwas hatte er noch nie in seinem Leben gesehen! Zwei Atemzüge brauchte er, um seine Gedanken zu sortieren. Dann lachte er auf. Da hatte er doch seine Schlagzeile, auf die er schon so lange gewartet hatte!

»Das glauben Sie doch selbst nicht!«, schnappte der Beamte unwirsch.

Aelfric hatte eine Polizeistation nördlich der Paddington Station aufgesucht, aber erst nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass er dem Bobby nicht mehr helfen konnte. Der Mann war tot. Der Anblick war schrecklich gewesen. Der Kopf war deformiert, und das austretende Blut wurde vom Regen verteilt. Aber diese Erlebnisse würde er in seinem Artikel beschreiben und damit die reißerische Überschrift festlegen. Er hatte es eilig, wenn er in dieser Nacht noch etwas zu Papier bringen wollte, was im morgigen Blatt gedruckt werden würde.

Natürlich war es seine Pflicht gewesen, die Polizei zu verständigen und den Überfall zu melden. Er hatte auch von einem Monster erzählt, was der Beamte nur mit einem Kopfschütteln abtat.

»Gut, wir nehmen den Bericht so auf und sehen dann, wohin uns das führt«, versuchte der Staatsdiener vor ihm diplomatisch zu sein.

»Ein Kollege von Ihnen ist grausam zu Tode gekommen! Es ist die Wahrheit, was ich hier schildere.«

»Ja, das sagen Sie. Wir haben bereits Einsatzkräfte losgeschickt, die werden alles vor Ort aufnehmen. Ihre Anschrift haben wir ja. Halten Sie sich zur Verfügung, wenn wir weitere Fragen haben.«

»Ja, das werde ich. Aber heute Nacht habe ich noch etwas zu tun.«

Der Polizist verdrehte die Augen.