Ghost-Factor - Nick Living - E-Book

Ghost-Factor E-Book

Nick Living

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Beschreibung

Das Grauen verbirgt sich überall! Und auf der Area 51 gibt es nicht nur Außerirdische - sagen manche Leute. Aber stimmt das wirklich? Oder ist alles doch nur Einbildung? Fest steht, so manche Bilder, die wir wahrzunehmen glauben, sind nicht so, wie sie im ersten Moment scheinen. Sie sind nicht immer unerklärlich, bedrohlich oder mysteriös. Vielleicht sind sie ganz normal und Teile unseres Lebens? Sollten wir uns nicht viel öfter den Raum für Dinge geben, die wir uns zunächst gar nicht erklären können? Gehört eine gewisse Spannung nicht auch zu unserem Leben? Möglicherweise ist es egal, ob die Dinge unfassbar oder sonderbar scheinen. Wichtig ist doch nur, dass wir erkennen, dass das Leben viel mehr ist, als wir in unserem Alltag bereit sind zu akzeptieren. Auch unser Leben bietet Platz für Außergewöhnliches, für Mysteriöses oder Unerklärliches. Es ist unser Leben - und es ist reich an ganz alltäglichen Wundern.

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Seitenzahl: 194

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhaltsverzeichnis

Area 51

Satans Atem 1

Satans Atem 2

Die Hand des Bösen

Der Turm

Der Sturm

Schloss Krähenwald

Der gespenstische See

Friedhof

Der schwarze Schleier

Schwarzer Tod

Schwarze Lady

Die Frau auf dem Felsen

Kannibalen

Grusel – Moor

Tödliche Auszeichnung

Rätselhafter Tod

Besessen

Schatten

Die Hexe

Bestattung

Teuflische Begegnung

Hotel des Grauens

Area 51 – 1

Area 51 – 2

Die böse Frau

Area 51

Es war ein schwüler Tag, als Pits Mami mit ihrem Wagen irgendwo in der Wüste von Nevada steckenblieb. Sie war einfach aufgebrochen, um einen Tag -oder auch zwei- für sich selbst zu haben. Das Ding bewegte sich keinen Meter mehr vorwärts und es sah ganz so aus, dass die junge Frau einen Notdienst rufen musste, um weiter zu kommen. Die drückende Hitze kroch durch den engen Wagen und breitete sich rasant auf ihrer Haut aus. Um sich ein wenig zu erfrischen, stieg sie aus dem Auto, doch da war es auch nicht viel besser. Entnervt und total k.o. setzte sie sich neben den Wagen in den heißen Sand unter einem knochigen Busch.

Wenigstens spendete der ein wenig Schatten. Als sie ihr Handy aus der Tasche holte, stellte sie entsetzt fest, dass es kein Netz hatte. Ein wenig panisch hielt sie es in alle Himmelsrichtungen, doch es half nichts. Nun konnte sie nicht einmal zu Hause bei ihrem kleinen Pit Bescheid geben. Außerdem bemerkte sie, dass sie einfach so losgefahren war, nicht einmal ausreichend zu trinken hatte sie dabei. Es war wie verhext, sie hatte tatsächlich angenommen, dass sie schnell wieder daheim sein würde. Dass so etwas passierte, konnte sie nicht ahnen. Was sollte nun werden?

Plötzlich tippte sie jemand von hinten an. Erschrocken fuhr sie herum und starrte in das Gesicht eines gutaussehenden jungen Mannes. Seine Augen funkelten irgendwie seltsam, doch das konnte auch an der intensiven Sonneneinstrahlung liegen. Was der fremde Mann dann aber sagte, verschlug ihr regelrecht die Sprache: „Ich komme von der Area 51, gleich in der Nähe.

Komm mit, dann gebe ich Dir etwas zu trinken und Du kannst Dich stärken.“

Die Mami wusste, was diese sonderbare „Area 51“ war, zumindest glaubte sie, es zu wissen – es war ein gruseliges Geheimnis, welches sich mit diesem Stützpunkt verband. Aber an Außerirdische oder irgendeinen anderen Zauber glaubte sie nicht. Sie stand mit beiden Beinen fest auf der Erde und willigte ein, mit dem Fremden mitzugehen. Als sie in den Wagen steigen wollte, hielt sie der Fremde zurück. Er meinte, dass er eine andere Möglichkeit habe. Und als er das sagte, bückte er sich und legte eine kleine metallene Schachtel, die nicht größer war als eine Streichholzschachtel, auf den sandigen Boden. Die vermeintliche Schachtel fluktuierte und schillerte im gleißend hellen Sonnenlicht und plötzlich formte sich ein gespenstischer Wirbel um sie herum.

Schnell wurde er größer und hüllte alsbald die beiden in sich ein. Ehe die Mami noch nachdenken konnte, überkam sie das Gefühl, dass sie irgendetwas kraftvoll in die Luft erhob. Schließlich schwebte sie neben dem Fremden einher und der schaute lächelnd zu ihr herüber. Doch kaum hatte der sonderbare Zauber begonnen, endete er auch schon wieder und es wurde ziemlich düster. Es war jedoch sehr angenehm geworden, nicht mehr so heiß, wie eben noch.

Die Mami schaute sich um. Der fremde junge Mann war verschwunden, dafür breitete sich um sie herum eine große, leere, düstere Halle aus.

Irgendetwas schwebte unmittelbar vor ihr – und als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte sie, was es war, ein riesiger metallisch schimmernder Diskus! Das musste eine fliegende Untertasse sein, so schoss es ihr in den Sinn. Aber da erschien der Fremde mit einer großen Wasserflasche und einem Tablett, auf dem einige belegte Brote waren. Der Fremde stellte alles auf einen kleinen Steinsockel, der sich neben ihnen befand und sagte dann: „Lass es Dir schmecken. Ach so, ich bin Bob. Ich arbeite auf diesem Stützpunkt. Und ehe Du weiterfragst, ja, das ist ein Raumschiff, aber kein außerirdisches. Es ist zwar noch geheim, aber in Kürze werden wir der Öffentlichkeit darüber berichten. Denn schon bald beginnt eine neue Ära. Wir haben endlich das Geheimnis der Gravitation geknackt!

Das bedeutet, dass wir keine altmodischen Flugzeuge mehr brauchen, die mit brennbaren Flüssigkeiten betankt werden müssen. Wir fliegen mit diesen Scheiben, die wir lange erproben mussten, ehe sie funktionierten, um die ganze Welt und verbrauchen lediglich einen Stoff, der noch geheim ist, der aber nicht brennbar ist. So wird alles sicher und viel bequemer. Keiner muss mehr Angst vorm Fliegen haben.“ Misstrauisch schaute die Mami zu dem sonderbaren Diskus und dann in das beruhigende Gesicht des jungen Mannes. Hatte er das wirklich alles ernst gemeint, und warum sagte er ihr das? Wollte er sich interessant machen? Und war das dieses sagenumwobene Geheimnis von Area 51? Sie konnte sich das alles nicht vorstellen und nahm die Wasserflasche, um einen ordentlichen Schluck daraus zu trinken. Sie hatte großen Durst und erst allmählich kehrte ihre Ruhe und ihre Ausgeglichenheit zurück. Irgendwie schien ja alles ziemlich logisch, doch sollte wirklich alles so kommen? Und waren wirklich die Menschen an diesen unfassbaren Erfindungen beteiligt?

Steckte da nicht doch etwas ganz Anderes dahinter? Was war das für ein seltsamer Wirbel, mit dem sie hierher geflogen waren? Wohl gab es mehr Fragen als Antworten und sie wollte sie Bob stellen. Der jedoch meinte auf einmal, dass er nur noch wenig Zeit habe und sie wieder zurückbringen müsste. Die Mami sah das natürlich ein und so flogen die beiden, die sich ziemlich sympathisch fanden, in dem merkwürdigen Wirbel in die Wüste zurück. Und es war ganz seltsam, denn das Auto, welches eben noch defekt schien, ließ sich ohne Schwierigkeiten starten und fuhr schließlich ohne Probleme los. Beim Abschied schenkte ihr Bob das metallene Kästchen und meinte dabei ein wenig traurig: „Schade, dass wir uns wieder trennen müssen, aber es muss sein. Nimm diesen Transporter, er ist voll funktionstüchtig. Und wenn Du doch noch einmal liegenbleibst, dann lege das Kästchen auf den Boden und rufe meinen Namen. Dann bin ich da und helfe Dir. Abgemacht!“ Die Mami hatte Tränen in ihren Augen – und als sie ihren Wagen startete und langsam losfuhr, sah sie nur noch, wie Bob in einem Wirbel aus Sand verschwand. Sie hatte keinerlei Probleme mehr mit dem Wagen, ohne Beanstandungen schaffte sie es bis nach Holiday Natürlich wollte sie wissen, was es mit diesem merkwürdigen Kästchen auf sich hatte und fuhr zu einem namhaften Institut.

Dort kannte sie einen Wissenschaftler, dem sie von ihrem seltsamen Erlebnis berichtete. Jim, so sein Name, schaute die junge Frau ungläubig an und betrachtete sich dann das sonderbare Relikt.

Als er das Material testete, stellte er fest, dass es sich um eine vollkommen unbekannte Legierung handelte. So ließ sich das Ding auch nicht öffnen und schon gar nicht durchleuchten. Irgendwie hatte die Mami aber das Gefühl, Jim glaubte ihr nicht und so fuhr sie wieder heim, um über ihre Erlebnisse nachzudenken, vielleicht auch mit ihrem Sohn Pit darüber zu sprechen. Der war allerdings mal wieder in der Stadt unterwegs und die Mami hatte die Ruhe, die sich ein wenig erhofft hatte. Was sie nicht wissen konnte, Jim hatte sich, kurz nachdem sie gegangen war, mit der Regierung in Verbindung gesetzt, wo man die Testergebnisse nachdenklich betrachtete. Bei der darauffolgenden geheimen Videokonferenz wurde Jim unmissverständlich klargemacht, dass er die Testergebnisse niemandem mehr zeigen durfte, denn sie wären angeblich gefälscht. Als Jim nach dem Werkstoff fragte, aus welchem das Kästchen bestand, runzelte der hochrangige Regierungsbeamte die Stirn, beugte sich vor die winzige Kamera und sagte dann leise: „Ja, das ist schon interessant, nicht? Solch eine Legierung ist auf der Erde nicht bekannt. So etwas gibt es nicht einmal in unseren geheimsten Laboren.“ Die Mami lag seitdem oft in der Sonne auf der Terrasse des Hauses in Holiday und erinnerte sich immer wieder an ihr wundervolles Erlebnis. Diesen Bob fand sie wirklich sehr nett und irgendwie spürte sie ein bislang unbekanntes Stechen in ihrem Herzen. Pit hatte sie zwar davon erzählt, aber der hatte wegen anstehender Prüfungen genug mit sich selbst zu tun. Sie wollte ihn auch nicht unnötig ängstigen, schließlich war es ja nur ein Tag, an welchem sie mal für sich sein wollte. Und als sie sehnsüchtig in den Himmel schaute, der sich blitzblank wie ein azurblaues Geheimnis über ihr wölbte, hüllte sie ein nebliger Wirbel ein und eine ihr wohlbekannte Stimme flüsterte:

„Komm mit mir in meine Welt am Rande des Universums. Bring unseren Sohn, den kleinen Pit mit und dann sind wir wie damals immer zusammen.“

Satans Atem – 1

Heimfahrt

Lisa war auf dem Weg von einer kleinen Geburtstagsparty, die ihre Freundin gegeben hatte, zu sich nach Hause. Es regnete und der Wind frischte ein wenig auf, doch das allerschlimmste war, dass sie durch ein dichtes Waldstück fahren musste. Es dämmerte bereits, als sie bei „Drivers Run“ in den düsteren Wald einbog. Die Straße glänzte im Scheinwerferlicht, denn sie war nass und spiegelte das Licht ganz merkwürdig zurück. Weil Lisa ein wenig sonderbar wurde, legte sie sich eine CD ins Autoradio und lauschte dem leisen Blues. Plötzlich jedoch mischte sich ein anderes Geräusch, welches sich wie das Stöhnen eines alten Mannes anhörte, in die Musik. Zunächst glaubte Lisa, es sei ein Instrument, welches ja bei Blues nicht unmöglich sein mochte. Doch als es immer wieder ertönte, schaltete sie das Radio aus. Und wirklich, es war vielleicht ein sonderbarer Windhauch oder doch nur der Regen. Jedenfalls breitete sich ein monotones Stöhnen über dem Wald und der Straße aus. Lisa bekam eine Gänsehaut, was konnte das nur sein? Nervös schaute sie in den Rückspiegel, doch da war nichts. Die Straße lag schwarz glänzend hinter ihr wie das Trauerband auf einem Kranz. Irgendwie war es der jungen Mittdreißigerin gar nicht mehr so gleichgültig wie eben noch. Doch sollte sie ausgerechnet hier anhalten?

Sollte sie in einer völlig unbekannten Gegend, die nicht einmal den allerbesten Ruf bei den Leuten hatte, einfach so den Wagen stoppen? Sie tat es, wollte der Sache auf den Grund gehen. Und so fuhr sie in einer kleinen Schneise von der Straße ab und hielt an. Jetzt hörte sie es ganz genau, dieses gruselige Geräusch, als wenn jemand vor Schmerzen stöhnte. Haaa, es wollte einfach nicht mehr enden. Lisa spürte ein leichtes Zittern, und als sie in den dunklen Wald hineinschaute, glaubte sie, rote Lichtblitze zwischen den Bäumen zu erkennen. Jetzt bekam sie Angst, sprang schnurstracks in ihren Wagen und startete den Motor. Mit quietschenden Reifen raste sie los und glaubte sich schon in Sicherheit. Aber da beugten sich urplötzlich die Wipfel der Bäume zur Straße herab und versperrten ihr den Weg. Sie bremste scharf und verriss das Steuer. Der Wagen gehorchte ihr nicht mehr und kam von der Fahrbahn ab. Zwischen Sträuchern und Büschen kam er schließlich zum Stehen und bewegte sich nicht. Lisa starrte auf die dicht stehenden Bäume um sich herum und fürchtete sich sehr.

Das Stöhnen war nun so deutlich, dass sie glaubte, jemand wäre neben ihr. Und warum hatten sich die Wipfel eigentlich so plötzlich auf die Straße gebeugt? Panisch verriegelte sie die Wagentüren und rutschte ängstlich unters Armaturenbrett. Immer wieder hörte sie es, dieses „Haaa“, welches so unheimlich war, wie diese gesamte unbegreifliche Situation. Wollte sie nicht längst daheim sein? Mit zitternden Händen kramte sie ihr Mobiltelefon aus ihrer Handtasche und wollte ihre Freundin anrufen. Doch als sie aufs Display schaute, bemerkte sie, dass sie gar kein Funknetz hatte. Natürlich war ihr klar, dass es hier in diesem Wald nur selten ein Funknetz gab, aber was sollte sie nur tun? Plötzlich beugten sich die Wipfel der umstehenden Bäume noch weiter herab und der Wagen mit der darin befindlichen jungen Frau löste sich einfach in Luft auf. Als er verschwunden war, ertönte noch einmal dieses mysteriöse, unheilvolle Stöhnen: Haaa. Dann wurde es still und die Bäume standen so, wie sie immer standen. Nur ein leichter Wind verfing sich in den Ästen und der Regen tropfte auf die einsame Waldstraße, als wenn er die Spuren der letzten untrüglichen Minuten verwischen wollte.

Satans Atem – 2

Als der letzte Schüler der Gymnasialklasse in den Zug eingestiegen war, schloss der Schaffner die Tür und blies inbrünstig in die Pfeife, um dem Zug das Abfahrtsignal zu geben. Langsam setzte sich die Lok mit ihren zwei Waggons in Bewegung, und die Schüler saßen müde an den Fenstern und waren schon zu kaputt, um sich noch endlos lange zu unterhalten. Einige schliefen bereits, als der Zug in ein dichtes Waldstück bog. Er fuhr sehr langsam und der Zugbegleiter trottete gelangweilt durch den Wagen, um die Fahrkarten zu kontrollieren.

Es musste auf der Höhe von „Drivers Run“ gewesen sein, als der Zug plötzlich hielt. „Merkwürdig“, zischte der Zugbegleiter, „hier haben wir sonst nie angehalten!“ Ungläubig schauten die Schüler aus den Fenstern, doch sie konnten nichts Genaues erkennen. Da sprang der Lokführer von seiner Diesellokomotive und rief: „Ein Baum liegt auf dem Gleis! Wenn ihr mal helfen könntet!“ Die Schüler, die auf einmal gar nicht mehr so müde waren, fanden das sehr aufregend und spannend und sprangen aus dem Waggon, um zusammen mit dem Lokführer und dem Zugbegleiter den schweren Stamm beiseite zu rollen. Es gelang und schon waren alle wieder im Zug, um endlich weiterzufahren. Doch nichts passierte, dafür aber erklang ein unheilvolles Geräusch. Es hörte sich an wie ein lautes Stöhnen, dass sich wie ein unsichtbarer Wurm durch den umliegenden Wald und über die Baumwipfel schob, bis es schließlich wie ein böser Geist durch den gesamten Zug kroch.

Das Licht in den Waggons begann zu flackern und der Zugbegleiter konnte sich auch nicht erklären, was da vor sich ging. Draußen war es stockdunkel geworden und nur das immer lauter werdende Stöhnen konnte man noch hören. Die Schüler, die eben noch glaubten, alles wäre in Ordnung, gerieten in große Angst. Plötzlich bogen sich die Wipfel der am Bahndamm stehenden Bäume zum Zug herab und hüllten ihn vollständig ein. Es dauerte keine fünf Sekunden, da hatte sich der gesamte Zug in Luft aufgelöst und es wurde wieder still. Nur der Wind verfing sich im Geäst der Bäume als sei gar nichts geschehen.

Diesmal allerdings schien etwas anders, denn niemand hatte bemerkt, dass Jimmy, ein Schüler aus dem eben noch vorhandenen Zug, fehlte. Er hatte sich im Wald umgeschaut, wollte wissen, woher das seltsame Stöhnen gekommen war und fand sich in der Dunkelheit nicht mehr zurecht. Als er am Bahndamm stand, verstand er die Welt nicht mehr. Sein Zug war weg, aber wie war das nur möglich? Eben noch war er doch noch da und so schnell fuhr die Bahn ja nun auch nicht.

Nachdenklich und fröstelnd setzte er sich auf das Gleis und starrte in die Dunkelheit. Was sollte er nur tun, vielleicht nach Hause laufen? Aber er wusste ja gar nicht, wie weit das noch war. So fand er, dass er sich im Wald umsehen könnte, um im dichten Buschwerk die Nacht abzuwarten. Es hatte ohnehin keinen Zweck, in der Dunkelheit umherzuirren. Glücklicherweise hatte er seinen Rucksack auf dem Rücken. Darin befanden sich noch ein paar belegte Brote und eine Flasche Mineralwasser. Damit würde er schon irgendwie auskommen und so lief er los. Es war schon beschwerlich, sich den Weg durchs Gestrüpp zu bahnen, aber dann glaubte er, einen schwachen Lichtschein zu sehen. Doch nein, es waren rote Lichtblitze, die ganz schwach durchs Geäst flackerten. „Da muss jemand sein“, dachte er sich und lief geradewegs darauf zu.

Als er einen dichten Busch auseinanderdrückte, sah er es, dieses winzige alte Holzhaus, aus dessen kleinen Fensterchen rotes flackerndes Licht wie der Schein einer Laterne herausfiel. Erleichtert lief der Junge bis vor die Tür und hielt dann doch inne. Irgendwie schien ihm das Ganze nicht geheuer zu sein, und so lief er erst mal ganz vorsichtig um das Häuschen herum. An einem der kleinen Fenster blieb er stehen und schaute neugierig ins Innere. In dem kleinen Raum befand sich nicht viel; nur ein paar alte Möbel, eine Truhe und ein alter Lehnsessel, in dem tatsächlich jemand saß. Es war ein alter Mann, der wohl ein wenig schlief, denn er hatte seine Augen geschlossen. Doch gerade als Jimmy an das Fenster pochen wollte, um sich bemerkbar zu machen, öffnete der Alte seine Augen. Jimmy erschrak fürchterlich, denn es waren keine menschlichen Augen, die da in seine Richtung schauten! Es waren zwei stechende rote Lichter, die in Jimmys Richtung starrten und dabei flackerten wie ein Warnlicht! Der aufgeregte Junge versteckte sich schnell unterhalb des Fensters und glaubte schon, der Alte hätte ihn längst bemerkt. Doch dem schien nicht so zu sein, denn es kam niemand. Dafür drang wieder dieses sonderbare Stöhnen an Jimmys Ohren. Er fürchtete sich wirklich sehr, und er wusste auch nicht so genau, was er tun sollte. Allerdings musste er schnellstens sehen, dass er unbemerkt von hier verschwand. Da knarrte die hölzerne Tür und der Alte erschien. Hatte er Jimmy doch bemerkt, dann wäre wohl alles verloren! Der Alte aber schritt geradewegs auf einen dicken Baum zu und sprach: „Öffne dich und gib mir das, was du heut gefangen hast!“ Augenblicklich öffnete sich die Erde und gab den Blick auf etwas frei, dass Jimmy nicht glauben konnte. Es war ein Kanalsystem, welches offenbar alle Bäume des Waldes miteinander zu verbinden schien. Lange rote und blaue Fasern verbanden die Wurzeln der Bäume und es war, als wenn durch all diese Fasern und Leitungen irgendeine Flüssigkeit strömte. Wie konnte so etwas nur sein? Sollte am Ende gar der gesamte Wald unterirdisch mit diesen Fasern und Leitungen verbunden sein? War am Ende der gesamte Wald nur ein künstlich angelegtes Areal? Jimmy spürte, wie sein Herz bis zum Halse pochte. Er zitterte vor Angst und glaubte sich schon in der tiefsten Hölle. Doch da verschwand der Alte in der Erde, die sich hinter ihm langsam wieder zusammenschob. Erleichtert atmete Jimmy auf, doch wie sollte er unerkannt von diesem unheiligen Ort verschwinden? Neben der Holzhütte entdeckte er ein Motorrad. Das musste dem Alten gehören, und weil er bereits Motorrad fahren konnte, schlich er sich dorthin und schwang sich darauf. Er wusste, wie man eine solche Maschine kurzschloss und das tat er auch. Augenblicklich heulte der Motor auf und sogleich öffnete sich auch die Erde und der Alte stürmte wutschnaubend heraus. Zischend und schreiend rannte er auf Jimmy zu, doch der war schneller.

Er gab der Maschine die Sporen und raste auf den kleinen Waldweg vor der Hütte. Der Alte schien allerdings auch ziemlich schnell zu sein und jagte wie ein Wirbelwind dem Motorrad hinterher. Jimmy schaffte es, den Alten abzuschütteln und auch das merkwürdige Stöhnen hielt ihn nicht mehr auf. Dafür senkten sich die Wipfel der Bäume auf den Waldweg herab und Jimmy glaubte sich bereits verloren. Aber er schaffte es, aus dem Wald zu entkommen, noch bevor die Baumkronen den Waldweg versperrten. Schließlich gelangte er auf eine Asphaltstraße, die irgendwann an einem Motel vorüberführte. Dort hielt er an und schaute sich ängstlich um. Von dem Alten und dem sonderbaren Wald war nichts mehr zu sehen und zu hören.

In der kleinen Gastwirtschaft allerdings wunderte man sich über den aufgeregten Jungen und gab ihm erst einmal ein Nachtlager und eine Kleinigkeit zu essen. Jimmy war hundemüde und legte sich alsbald ins Bett, wo er sofort einschlief. Irgendwann rüttelte ihn jemand ziemlich heftig an der Schulter, und als er seine Augen öffnete, starrte er ungläubig in das liebevolle Gesicht einer recht vertrauten Person. Es war seine Mutter, die neben seinem Bett stand und ziemlich besorgt zu sein schien. Jimmy stotterte nur herum: „Was ist passiert? Warum bist du hier, in diesem Motel?“ Die Mutter schien die merkwürdige Frage nicht zu verstehen. „Welches Motel? Du bist daheim in deinem gemütlichen, warmen Bettchen. Wie geht es dir, mein Schatz?“ Jimmy verstand gar nichts mehr und Stück für Stück kehrten seine vermeintlichen Erinnerungen zurück. Diese Klassenfahrt, der bedrohlich düstere Wald, das Stöhnen, dieser sonderbare Alte – es war doch alles so unglaublich real. Doch seine Mutter beruhigte ihn und meinte, dass die Klassenfahrt erst bevorstand.

Sicher hatte ihr aufgeweckter Sohn alles nur geträumt. Einige Zeit später ging es ihm schon erheblich besser und er saß am Frühstückstisch und schaute neugierig aus dem offenen Küchenfenster. Die Sonne stand schon hoch am Himmel und es versprach ein schöner Sommertag zu werden. Gleich würde er in die Schule gehen, da tönte eine sonderbare Meldung aus dem Radio: „Seit drei Tagen wird eine junge Frau mit Namen Lisa M. vermisst. Sie war mit ihrem Wagen in einem entfernten Waldstück unterwegs, bevor sich ihre Spur verlor. Außerdem brach der Kontakt zu einer Schulklasse abrupt ab, die ebenfalls in diesem Wald unterwegs gewesen war.“

Wie versteinert saß Jimmy am Tisch und starrte erschrocken aus dem Fenster.

Plötzlich war alles wieder ganz nah und doch glaubte er, dass er alles nur geträumt hatte. Wie konnte so etwas nur möglich sein? Eine Antwort gab es nicht. Nur kam plötzlich aus dem nahen Wäldchen am Haus solch ein merkwürdiges Geräusch, und es hörte sich an, als wenn die Bäume stöhnten und sich ihre Wipfel über dem Haus merkwürdig knisternd zu beugen begannen…

Die Hand des Bösen

Vor langer Zeit, als sich die Erde noch entwickelte und es noch keine Menschen gab, hatte es sich zugetragen, dass aus den schwarzen Tiefen des Universums eine riesige Hand durchs Universum fuhr. Es war das Böse, das nach dem Guten suchte, um es zu vernichten. Wer die Hand lenkte war nicht zu erkennen.

Doch sie bewegte sich stetig und ohne Unterlass durch die unergründlichen und unermesslichen Weiten der zahllosen Galaxien. Schließlich traf sie auf die noch junge Erde und sie sah, wie dutzende Vulkane auf ihr eine Atmosphäre begannen zu bilden. Die Hand spürte, dass es das Leben war, das sich auf diesem kleinen Planeten herausbildete. Sie fühlte, dass es das Gute war, dass da entstand und sie wollte es vernichten. Schon holte sie zum vernichtenden Schlag aus und zielte geradewegs auf den Planeten. Doch die stetige Bewegung des Planeten um die Sonne bewirkte, dass die Hand den Planeten leicht verfehlte und nur ein Stück des Planeten abschlagen konnte. Sie glaubte jedoch, den Planeten für immer vernichtet zu haben und zog sich in die Tiefen des Universums zurück. Dorthin, woher sie einst gekommen war. Die beiden Bruchstücke des Planeten, ein kleines und ein großes, trieben seitdem umeinander und es formten sich über Millionen von Jahren die Erde und der Mond. Er umkreist den Planeten und zieht wie ehedem die Meere an und lässt sie wieder frei. Man nennt dieses Phänomen Ebbe und Flut und immer, wenn Menschen traurig oder glücklich sind, schauen sie sehnsuchtsvoll in den schwach leuchtenden Mond und haben Tränen in den Augen. Und immer dann, wenn sich auf der Erde das Böse formiert, um zum Schlag gegen das Gute zu wappnen, gleitet der Mond darüber hinweg und versucht, alles wieder zu glätten.