#Girlboss - Sophia Amoruso - E-Book

#Girlboss E-Book

Sophia Amoruso

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Beschreibung

Sie verkörpert den Traum aller Mädchen – Sophia Amoruso ist hip, sexy und erfolgreiche Unternehmerin. Ihre turbulente und außergewöhnlich Geschichte liest sich wie ein Märchen: Ihr Leben und Buch waren Vorlage für die gleichnamige Serie "Girlboss". Der Inhalt. Sie ist ein durchschnittlicher Teenager mit einem langweiligen Nebenjob, den sie wegen der Krankenversicherung macht. Bis sie mit Anfang 20 anfängt, auf eBay Kleidung zu verkaufen: Erst ein Stück, dann zwei, und im Nu werden es immer schneller immer mehr. Acht Jahre später ist Sophia Amoruso Geschäftsführerin von »Nasty Gal«, einem der erfolgreichsten Online-Versandhändler in der Modebranche, und eine Vorzeigeunternehmerin par excellence. Offen, ehrlich und mit viel Humor blickt sie auf ihren nicht immer einfachen Weg nach oben zurück. Und macht jungen Frauen Mut: Auch ihr könnt das schaffen!

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Seitenzahl: 258

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Sophia Amoruso

#GIRLBOSS

Sophia Amoruso

#GIRLBOSS

Wie ich aus einem eBay-Shop das Fashionimperium Nasty Gal erschuf

Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch von Almuth Braun

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

3. Auflage 2018

© 2015 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

© der Originalausgabe 2014 by Sophia Amoruso

All rights throughout the world are reserved to Sophia Amoruso.

Die englische Originalausgabe erschien 2014 bei Portfolio/Penguin and G. P. Putnam’s Sons, members of Penguin Group (USA) LLC, unter dem Titel #GIRLBOSS.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Almuth Braun

Redaktion: Ulrike Kroneck, Melle-Buer

Umschlagabbildung: Gabrielle Revere, New York

Illustrationen: Jo Ratcliffe

Abbildungen: © Sophia Amoruso

Satz: Carsten Klein, München

ISBN Print: 978-3-86881-576-4

ISBN E-Book (PDF): 978-3-86414-708-1

ISBN E-Book (EPUB, Mobi): 978-3-86414-707-4

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter

www.m-vg.de

Inhalt

#GIRLBOSS – eine Chronologie

1.Du willst also ein #GIRLBOSS sein?

Warum solltest du auf mich hören?

Die Theorie der roten Schnur

2.Wie ich zum #GIRLBOSS wurde

Die erste Zeit: Leistenbruch, Feilschgeschäfte und das traurige Häschen

Wir wollen dich nicht dabeihaben: Die eBay-Clique

Mir fehlen die Worte: Die Lila-Flapper-Dress-Saga

Schluss mit Auktionen

#GIRLBOSS-Porträt: Christina Ferrucci

3.Miese Jobs haben mir das Leben gerettet

Missglückte Jobabenteuer

Bekämpfe die Langeweile

Schule: nicht mein Ding

#GIRLBOSS-Porträt: Madeline Poole

4.Ladendiebstahl (und Trampen) haben mir das Leben gerettet

Ein kurzer Trip in die Anarchie

Unterwegs

No Time for Crime

Regeln einhalten – zumindest einige

#GIRLBOSS-Porträt: Alexi Wasser

5.Geld macht sich besser auf dem Bankkonto als an deinen Füßen

Die Kreditkartenfalle

Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts

Die Kunst, um etwas zu bitten

Lass das Geld für dich arbeiten

6.Hokuspokus: Die Macht des magischen Denkens

Chaos-Magie

Behandele deine Gedanken wie deine Geldscheine: Verschwende sie nicht

7.Ich bin die Anti-Mode

Falsche Haltestelle

Misserfolg ist deine Erfindung

Du gehörst dahin, wo du hingehören möchtest

Wie es ist, ein Freak zu sein

Wenn du bekommst, was du willst, selbst wenn du es gar nicht mehr willst

#GIRLBOSS-Porträt: Norma Kamali

8.Über Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterloyalität und Kündigung

Mitarbeitergewinnung

Das notwendige Übel: Bewerbungsschreiben

Der Lebenslauf: Mehr als leeres Wortgeklingel

Das Bewerbungsgespräch: Verpatz es nicht

Networking ist nicht nur etwas für Armleuchter

Sei offen und aufrichtig …

… aber übertreibe es nicht

Fehler, die dich zur Dauerarbeitslosigkeit verdammen können

Du bist gut in deinem Job? Super! Dann sorge dafür, dass du ihn behältst!

Die fünf Worte, die du niemals aussprechen solltest

Gott und die Beförderung liegen im Detail

Grenzen und wie man sie einhält

Du musst dich genauso beweisen wie alle anderen

Gefeuert werden

Wie man jemanden feuert

»Sie sind gefeuert!« – ein Satz mit Folgen

#GIRLBOSS-Porträt: Christene Barberich

9.Wie du dich um das (dein) Geschäft kümmerst

Das inkrementelle Potenzial

Sei Unternehmer!

Die Nasty-Gal-Philosophie

Über Investoren

Überzeugende Argumente

Was nicht überzeugt

#GIRLBOSS-Porträt: Jenné Lombardo

10.Kreativität in jedem Detail

Das Fotoprojekt Armed to bless

Finde deinen Rahmen

Wie man als Sandwich-Künstlerin »Kunst« macht

Das Venn-Diagramm der Kreativität und des Geschäftslebens

#GIRLBOSS-Porträt: Leandra Medine

Hab deinen eigenen Stil wie deinen eigenen Gebrauchtwagen

W&H statt T&A: Der Nasty-Gal-Look

Es ist nicht heiß. Es ist nicht kalt. Es ist cool

Hab deinen eigenen Stil

#GIRLBOSS-Porträt: Ashley Glorioso

11.Die Chancen

Danksagung

#GIRLBOSS – eine Chronologie

Ich bin schlecht, und das ist gut. Ich werde nie gut sein, und das ist nicht schlecht. Es gibt niemanden, der ich lieber wäre, als ich selbst.Randale-Ralph

1984: Ich wurde an einem Karfreitag in San Diego geboren, und das war zufällig der 20.4. Bevor du meinst, das sei eine Art Omen, will ich dir sagen, dass meine Konkurrenz das Einzige ist, was ich in der Pfeife rauche.1

1989: Ich schmiere im Kindergarten Kacke an die Wände; vielleicht war das mein erster echter künstlerischer Ausdruck.

1993: Meine Grundschullehrerin glaubt, mit mir stimme irgendetwas nicht. Auf ihrer Liste stehen unter anderem das Aufmerksamkeitsdefizit- und das Tourette-Syndrom.

1994: Mein Vater nimmt mich mit zu Walmart, wo ich einen Verkäufer frage, ob sie die »Ren-&-Stimpy-Puppen haben, die furzen, wenn man sie drückt«. Das ist der Beweis, dass ich sowohl ein großes Vokabular als auch einen leicht verdrehten Sinn für Humor habe.

1997: Ich verliebe mich in meinen ersten Vintage-Fummel: orangerote Discopants. Ich ziehe sie heimlich auf der Toilette der Roller-Disco an.

1999: Ich ergattere meinen ersten Job bei Subway. Das BLT-Sandwich2 verursacht bei mir eine Zwangsstörung.

2000: Ich hasse die Highschool und werde zum Psychiater geschickt, der Depressionen und ein Aufmerksamkeitsdefizit diagnostiziert. Ich probiere weiße Pillen. Ich probiere blaue Pillen. Ich komme zu dem Schluss, dass es besser ist, die Schule sein zu lassen, wenn so was nötig ist, um gerne zur Schule zu gehen. Ich werfe die Pillen weg und beschließe, zu Hause zu lernen.

2001: Meine Eltern lassen sich scheiden. Ich habe kein Problem damit und nutze die Gelegenheit, um auszuziehen und alleine für mich zu sorgen. Ich ziehe mit einer Truppe Musikern in eine Wohnung in der Innenstadt von Sacramento. Mein Zimmer ist ein Kleiderschrank unter der Treppe und meine Miete beträgt 60 Dollar pro Monat.

2002: Ich fahre per Autostopp die komplette Westküste entlang und lande schließlich im pazifischen Nordwesten und lebe von Lebensmitteln aus Abfallkörben (verschmähe nie einen Gratis-Bagel, bis du einen probiert hast) und Kleindiebstahl.

2002: Ich verkaufe meinen ersten Artikel online. Es ist ein gestohlenes Buch.

2003: Ich werde wegen Ladendiebstahls verhaftet und gebe augenblicklich das Klauen auf.

2005: Ich verlasse meinen Freund in Portland und ziehe nach San Francisco, wo ich von einem exklusiven Schuhladen gefeuert werde.

2006: Ich bekomme einen Leistenbruch, was bedeutet, dass ich einen Job finden muss, um krankenversichert zu sein. Ich finde einen, bei dem ich im Eingangsbereich einer Kunstakademie Ausweise überprüfe. Ich habe viel Zeit totzuschlagen, also stöbere ich im Internet herum und eröffne einen eBay-Shop namens Nasty Gal Vintage.

2014: Ich bin CEO eines 100-Millionen-plus-Dollar-Unternehmens mit einem 4.650 Quadratmeter großen Büro in Los Angeles, einem Distributions- und Auslieferungslager in Kentucky und 350 Angestellten.

– Hier bitte den Sound einer Schallplatte einblenden,die kratzend zum Stillstand kommt –

Offensichtlich lasse ich hier einige Details aus, denn wenn ich dir in der Einleitung bereits alles verraten würde, bräuchtest du den Rest des Buches nicht mehr lesen, und ich möchte, dass du das Buch bis zum Ende liest. Aber es stimmt: In ungefähr acht Jahren habe ich mich von einem bankrotten, anarchischen »Freigeist«, der nur darauf aus war, gegen das System zu rebellieren, zu einer millionenschweren Geschäftsfrau entwickelt, die im Vorstandsbüro genauso zu Hause ist wie in einer Umkleidekabine. Ich hatte nie die Absicht, ein Vorbild zu sein, aber Teile meiner persönlichen Geschichte und die Lektionen, die ich daraus gelernt habe, möchte ich gerne mit euch teilen.

So wie sich Menschen in den vergangenen sieben Jahren durch die Looks ausgedrückt haben, die ich über Nasty Gal verkauft habe, möchte ich, dass du in der Lage bist, #GIRLBOSS zu nutzen, um dir ein tolles Leben zu erarbeiten, in dem du tun und lassen kannst, was du willst. Dieses Buch wird dir zeigen, wie du aus deinen eigenen Fehlern und den Fehlern anderer (zum Beispiel meinen) lernst. Dieses Buch wird dir zeigen, wann du nachgeben und wann du mehr fordern musst. Es wird dich lehren, Fragen zu stellen und nie den äußeren Anschein für den Inhalt zu nehmen und zu wissen, wann du die Regeln befolgen und wann du sie neu schreiben musst. Es wird dir helfen, deine Schwächen zu bestimmen und deine Stärken auszuspielen. Es wird dir zeigen, dass das Leben mitunter Ironien birgt. Zum Beispiel habe ich ein Onlinegeschäft gegründet, damit ich von zu Hause aus arbeiten konnte … alleine. Heute spreche ich an einem Arbeitstag mit mehr Menschen, als ich früher in einem ganzen Monat gesprochen habe. Aber ich beschwere mich nicht.

Dieses Buch wird dir nicht zeigen, wie man schnell reich wird, die Modeindustrie im Sturm erobert oder ein Unternehmen gründet. Es ist auch kein feministisches Manifest und es sind keine Memoiren. Ich will auch nicht zu viel Zeit damit verbringen, darüber zu sprechen, was ich bereits erreicht habe, denn es gibt immer noch so viel zu tun. Dieses Buch wird dir nicht zeigen, wie du dich morgens anziehst. Das Buch wird dich prägen – aber erst, wenn du allen deinen Freundinnen gesagt hast, dass sie es kaufen sollen.

Während du das hier liest, habe ich drei Ratschläge, von denen ich gerne möchte, dass du sie dir gut einprägst: Werde nie erwachsen. Werde nie eine Langweilerin. Lass dich niemals vom Establishment vereinnahmen.

Okay? Cool. Dann kann’s losgehen.

#GIRLBOSS für ein ganzes Leben.

* Ein #GIRLBOSS weiß, wann sie austeilen und wann sie einstecken und sich anpassen muss.

 

1. Du willst also ein #GIRLBOSS sein?

Das Leben ist kurz. Sei nicht faul.Ich

 

Du willst also ein #GIRLBOSS sein? Dann will ich dir zwei Dinge sagen. Erstens: super! Du hast bereits den ersten Schritt zu einem großartigen Leben gemacht, indem du das überhaupt willst. Zweitens: Das ist der einzige Schritt, der leicht ist. Eines musst du nämlich wissen: Ein #GIRLBOSS zu sein, ist alles andere als ein Kinderspiel. Das erfordert viel harte Arbeit, und wenn du es geschafft hast, musst du noch härter arbeiten, um es auch zu bleiben. Auf der anderen Seite: Wer hat schon Angst vor harter Arbeit? Ich ganz bestimmt nicht, und ich bin sicher, du auch nicht. Und falls doch, bin ich sicher, dass dieses Buch deine Einstellung ändern wird, sodass du am Ende des letzten Kapitels geradezu nach harter Arbeit schreien wirst: »Wo ist die Arbeit!?! Ich will arbeiten, und zwar jetzt sofort!«

Ein #GIRLBOSS ist eine Frau, die ihr Leben selbst bestimmt. Sie bekommt, was sie will, weil sie dafür arbeitet. Als #GIRLBOSS übernimmst du das Steuer und die Verantwortung. Du bist eine Kämpferin – du weißt, wann du austeilen und wann du dich anpassen musst. Manchmal brichst du die Regeln, manchmal befolgst du sie, aber das bestimmst du immer selbst. Du weißt, wohin du zielst, musst auf dem Weg dorthin aber auch Spaß haben. Dir ist Ehrlichkeit wichtiger als Perfektion. Du stellst Fragen. Du nimmst dein Leben ernst, nimmst dich aber selbst nicht so ernst. Du machst dich daran, die Welt zu erobern und sie dabei zu verändern. Du bist einfach knallhart.

Warum solltest du auf mich hören?

Frauen sind natürliche Anarchisten und Revolutionäre.Kim Gordon

Wenn es Regeln gäbe, um ein #GIRLBOSS zu sein – die gibt es aber nicht –, dann würde eine lauten, dass du alles infrage stellen solltest, auch mich. Wir starten hier definitiv auf dem richtigen Fuß.

Ich bin Gründerin, CEO und Kreativdirektorin von Nasty Gal. Ich habe dieses Unternehmen ganz alleine in nur sieben Jahren aufgebaut, und zwar noch vor meinem 30. Geburtstag. Ich stamme weder aus einer reichen Familie noch habe ich prestigeträchtige Schulen oder Universitäten besucht, und es gab auch keine Erwachsenen, die mir auf meinem Weg Ratschläge erteilt haben. Ich habe alles alleine herausgefunden. Über Nasty Gal steht viel in der Presse, aber oft klingen die Berichte wie Märchen. Intuitive Schläue in Kombination mit einer Aschenputtel/Tellerwäscher-Story? Stimmt. Der Traumprinz? Wenn wir über meinen Investor, Danny Rimer von Index Ventures sprechen, dann stimmt’s. Viele Schuhe? Stimmt. Es ist für mich zwar in Ordnung – Presse ist prima –, aber ich habe keine Lust, den Eindruck zu verstärken, das habe alles über Nacht stattgefunden und es sei mir einfach »passiert«. Versteh mich nicht falsch: Ich bin die Erste, die zugibt, dass ich in vielfacher Hinsicht Glück gehabt habe, aber ich muss betonen, dass nichts davon Zufall war. Es hat Jahre gedauert, in denen ich vor lauter Herumwühlen in Vintage-Klamotten schmutzige Fingernägel und ein paar Verbrennungen vom Dampfbügeln hatte – sowie unzählige alte Papiertaschentücher in der Jackentasche, bis ich an dem Punkt war, an dem ich jetzt bin.

Vor nicht allzu langer Zeit sagte mir jemand, ich hätte die Verpflichtung, Nasty Gal so weit wie möglich voranzubringen, weil ich für junge Frauen, die ihr eigenes Leben mit coolen Dingen verbringen wollen, ein Vorbild bin. Ich bin mir immer noch nicht sicher, wie ich dazu stehe, denn den größten Teil meines Lebens habe ich nicht einmal an das Konzept eines Vorbilds geglaubt. Ich will auch auf kein Podest gehoben werden. Abgesehen davon bin ich sowieso viel zu unruhig, um dort stehen zu bleiben. Ich würde lieber alle aufmischen und Geschichte machen, wenn ich schon dabei bin. Ich will auch nicht, dass du zu mir aufsiehst: #GIRLBOSS. Denn von so viel Aufschauen bleibst du am Ende unten. Die Energie, die du darauf verwendest, dich auf das Leben eines anderen Menschen zu konzentrieren, investierst du besser in dein eigenes Leben. Sei dein eigenes Idol.

Ich erzähle hier meine Geschichte, um dich daran zu erinnern, dass der gerade, schmale Weg nicht der einzige Erfolgspfad ist. Wie du beim Lesen des restlichen Buchs erkennen wirst, habe ich in meiner Jugend nicht viele Auszeichnungen gewonnen. Ich war eine Schulabbrecherin, eine Nomadin, eine Diebin, eine beschissene Studentin und eine faule Angestellte. Als Kind war ich stets in Schwierigkeiten. Ob ich meiner besten Freundin Magenschwinger verpasste, als sie mein Play-Doh-Spielzeug fallen ließ (ich war vier), oder verpetzt wurde, weil ich bei einem Familientreffen Haarspray entzündet habe (schuldig) – immer war ich ein schlechtes Beispiel. Als Jugendliche war ich unsicher, voller Ängste und Anspannung, und als Erwachsene bin ich im Wesentlichen eine junge, weibliche, halb griechische Ausgabe des US-Komikers Larry David – unfähig, Unbehagen, Unzufriedenheit oder Zweifel zu verbergen, unausweichlich ich selbst und oft ehrlich bis zur Taktlosigkeit.

Ich habe den üblichen Weg mit Billigjobs und Community College – einer Art Volkshochschule – probiert, aber das hat für mich einfach nicht funktioniert. Ich habe so lange gehört, dass der Pfad zum Erfolg mit einer Reihe von Kästchen gepflastert ist, die du abhakst, beginnend mit dem Erwerb eines Diploms und einer regelmäßigen Arbeit, dass ich für ein Leben auf der Versagerspur verdammt war. Ich hatte allerdings schon immer den Verdacht, dass ich zu etwas Größerem fähig und bestimmt war. Dieses Etwas stellte sich als Nasty Gal heraus, und weißt du was? Ich habe Nasty Gal nicht gefunden, ich habe es erschaffen.

Mach dich von allem los, das dich möglicherweise bremst und zurückhält. Lerne, deine eigenen Chancen zu erschaffen. Erkenne, dass es keine Grenzlinie gibt; das Glück ist mit den Aktiven. Erstürme das außergewöhnliche Leben, von dem du immer geträumt hast oder das du dir aus Zeitgründen noch nicht erträumt hast. Und bereite dich darauf vor, auf deinem Weg verdammt viel Spaß zu haben.

Dieses Buch trägt den Titel #GIRLBOSS.

Heißt das, dass es ein feministisches Manifest ist?

Oh Gott. Ich nehme an, darüber müssen wir sprechen.

#GIRLBOSS ist ein feministisches Buch, und Nasty Gal ist ein feministisches Unternehmen in dem Sinne, dass ich dich als Frau dazu ansporne zu sein, wer du sein willst, und zu tun, was du tun willst. Aber ich bin nicht hier, um uns alle »Schwestern« zu nennen und Männern die Schuld an irgendeinem meiner Kämpfe und Probleme zu geben, die ich auf meinem Weg bewältigen musste.

Zu keinem Zeitpunkt in meinem Leben habe ich gedacht, eine Frau zu sein, sei etwas, das man überwinden müsse. Meine Mutter musste als Jugendliche kochen und putzen, während ihre Brüder ihre Jugend genießen konnten. Nach der Erfahrung meiner Mutter ist es definitiv ein Nachteil, eine Frau zu sein. Vielleicht, weil meine Eltern beide voll berufstätig waren oder weil ich keine Geschwister habe, habe ich diese Art Vorzugsbehandlung, wie sie die Brüder meiner Mutter genossen, nie kennengelernt. Ich kenne Generationen von Frauen, die für ihre Rechte kämpfen mussten, die für mich selbstverständlich sind, und in anderen Teilen dieser Welt würde ein Buch wie dieses nie gedruckt werden. Ich glaube, der beste Weg, um die Vergangenheit und Zukunft der Rechte von Frauen zu ehren, ist, einfach aktiv zu werden und Dinge umzusetzen. Anstatt herumzusitzen und darüber zu labern, wie gerne ich etwas machen würde, tue ich es einfach und boxe mich durch.

Meine erste Reaktion auf beinahe alles im Leben war und ist stets »Nein«. Um Dinge wirklich wertschätzen zu können, muss ich sie zuerst ablehnen. Nenn es dickköpfig oder stur, aber das ist der einzige Weg, über den ich mir etwas zu eigen machen kann, nämlich indem ich es in meine Welt einlade, anstatt es mir in den Schoß fallen zu lassen. Mit 17 zog ich behaarte Beine hohen Absätzen vor und meine Körperhygiene ließ sich bestenfalls als »Crust-Punk3« bezeichnen. Ich trug Männerklamotten, die ich bei Walmart gekauft hatte. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen mir ein Mann die Tür aufhielt, reagierte ich ablehnend-beleidigt und schnappte: »Vielen Dank, aber ich kann mir schon selbst die Tür aufmachen.« Seien wir ehrlich, das ist nicht feministisch, sondern völlig ungehobelt.

Inzwischen weiß ich, dass es mich nicht weniger unabhängig macht, wenn mir jemand die Tür aufhält. Und wenn ich Make-up auftrage, dann nicht, um irgendwelchen antiquierten patriarchalischen Idealvorstellungen von weiblicher Schönheit zu entsprechen, sondern weil ich mich dann gut fühle. Das ist der Geist von Nasty Gal: Wir wollen, dass du dich für dich selbst attraktiv anziehst und dass du weißt, dass es nicht oberflächlich ist, wenn du auf dein Äußeres achtest. Ich sage dir, dass du dich nicht zwischen intelligent und sexy entscheiden musst. Du kannst beides sein. Du bist beides.

Bedeutet das Jahr 2015 ein neues Zeitalter des Feminismus, in dem wir nicht mehr darüber sprechen müssen? Ich weiß es nicht, aber ich möchte gerne so tun, als sei es so. Ich will nicht lügen – es hat etwas Beleidigendes, dafür gelobt zu werden, dass man eine Frau ohne Universitätsabschluss ist. Aber dann wird mir klar, dass das auch mein Vorteil ist. Ich kann zu einem Meeting gehen und die Leute umhauen, indem ich einfach ich selbst bin – die vom Leben geschulte Frau, die ihre Lektionen auf der Straße gelernt hat. Ich, zusammen mit zahllosen anderen #GIRLBOSSes, die in diesem Buch porträtiert werden, den Frauen, die dieses Buch lesen, und den Frauen, die erst noch ein #GIRLBOSS werden müssen, tun das nicht, indem sie lamentieren, sondern kämpfen. Du wirst nicht ernst genommen, indem du andere darum bittest, dich ernst zu nehmen. Du musst einfach auftreten und dich durchsetzen. Wenn das eine Männerwelt ist, wen kümmert’s? Ich bin trotzdem froh, in dieser Welt eine Frau zu sein.

Die Theorie der roten Schnur

Als ich ins Erwachsenenalter kam, glaubte ich, Kapitalismus sei Betrug. Stattdessen habe ich festgestellt, dass es eine Art Alchemie ist. Du kombinierst harte Arbeit mit Kreativität und Selbstbestimmung, und dann fangen Dinge an zu passieren. Und wenn du diese Alchemie einmal begriffen hast oder sie gerade erst erkennst, dann beginnst du, die Welt mit anderen Augen zu sehen.

Ich glaube jedoch, dass ich die Welt schon immer mit anderen Augen gesehen habe. Meine Mutter sagt, als ich fünf war, hätte ich auf dem Spielplatz eine rote Schnur hinter mir hergezogen. Alle Kinder fragten mich, was das sei, und ich sagte ihnen, ich hätte einen Drachen. Bald darauf hatten alle eine rote Schnur, und wir liefen zusammen und unsere imaginären Drachen flatterten hoch am Himmel.

Wenn dieses Buch und ich irgendetwas zu beweisen haben, dann die Tatsache, dass auch andere Menschen an dich glauben werden, wenn du an dich selbst glaubst.

 

»Mit wenigen Handgriffen von mir wirkten ein überdimensionierter Anorak wie von Comme des Garçons und Skihosen wie von Balenciaga.«

* LANGEWEILE

 

2. Wie ich zum #GIRLBOSS wurde

Die erste Zeit: Leistenbruch, Feilschgeschäfte und das traurige Häschen

Du hast also beschlossen, es zu wagen und ein eBay-Unternehmen zu starten. Dann solltest du dir zuerst überlegen, wie viel Zeit du deinem Geschäft widmen kannst. Ich rate dir, deinen festen Job (zunächst) nicht aufzugeben.Mein eBay-Shop für Dummies

 

Ich bin hier total ehrlich, und das bin ich wirklich – Nasty Gal wurde gegründet, weil ich einen Leistenbruch hatte. Ich lebte zu der Zeit in San Francisco, war arbeitslos und stellte plötzlich fest, dass ich einen Leistenbruch hatte. Ich trug damals fast nur superenge Hosen, und der Bruch war selbst durch die Klamotten zu sehen, so ein kleiner Knoten, der sich immer hervorbeulte. Einmal machte ich eine komplette Intimrasur, nur die Haare, die diesen Knoten verdeckten, ließ ich stehen. Es war mir eindeutig scheißegal. Aber Spaß beiseite, ich wusste, dass ein Leistenbruch medizinisch behandelt werden muss, und um diese Behandlung zu bekommen, brauchte ich eine Krankenversicherung. Und um krankenversichert zu sein, brauchte ich einen Job. Einen echten.

Wo alles seinen Anfang nahm: der Eingangsbereich einer Kunstschule, ein Ufo-Haarschnitt und eine Internetverbindung

Ich fand einen Job als Ausweiskontrolleurin im Eingangsbereich einer Kunstschule und riss die 90 Tage ab, die man als Wartezeit herumbringen muss, bis man ein Recht auf die Sozialleistungen hat. Wie ihr euch wahrscheinlich vorstellen könnt, war die Kontrolle von Uniausweisen nicht gerade ein aufregender Job, daher hatte ich viel Zeit, im Internet zu surfen. Damals war MySpace angesagt (mein Benutzername war WIGWAM). Irgendwann fiel mir auf, dass ich eine Menge Freundschaftsanfragen von eBay-Verkäufern bekam, die Werbung für ihre Vintage-Klamotten bei jungen Frauen wie mir machten.

Nach 90 Tagen war ich krankenversichert, ließ meinen Leistenbruch behandeln und machte mich vom Acker. Während der Heilungsphase zog ich aus meiner Wohnung aus und verbrachte zu meinem und zum Entsetzen meiner Mutter einen ganzen Monat zu Hause. Ich hatte weder ein Einkommen noch irgendwelche Pläne. Aber ich hatte einen Haufen Zeit. Ich erinnerte mich an die Freundschaftsanfragen, die ich von den ganzen Vintage-Verkäufern erhalten hatte, und dachte: »Scheiße, das kann ich auch!« Ich hatte Erfahrung mit Fotografie. Ich hatte superattraktive Freundinnen, die ich als Models verwenden konnte. Ich trug selbst ausschließlich Vintage und kannte die Tricks. Und ich war eine gewiefte Altkleiderverwerterin.

Als Erstes kaufte ich ein Buch: Mein eBay-Shop für Dummies, aus dem ich lernte, wie man sein eigenes Geschäft aufbaut. Zunächst musste ich einen Namen für mein Geschäft finden. Viele der Vintage-Shops bei eBay hatten so abgefahrene Namen, dass es schon wehtat – zum Beispiel »Lady in the Tall Grass Vintage« oder »Spirit Moon Raven Sista Vintage«. Der Widerspruchsgeist in mir griff also zur Tastatur und tippte Nasty Gal Vintage in die Tasten, inspiriert von meinem Lieblingsalbum der legendären Funk-Sängerin und Wild Woman Betty Davis.

Wahrscheinlich ist sie am meisten dafür bekannt, dass sie Miles Davis’ Exfrau war, aber es war ihre Musik (sie hatte wahrscheinlich die beste Rhythmusgruppe, die es gab), ihre schamlose, sexy Art und ihre Offenherzigkeit, die mich zu ihrem Fan machten. Sie war der ultimative #GIRLBOSS mit ihren Auftritten in Dessous und Netzstrümpfen und dieser charakteristischen Bewegung, mit der sie mit ihren Plateauschuhen einen steilen Fußtritt in die Luft machte. Ihre Songs hießen »Your Mama Wants You Back«, »Don’t Call Her No Tramp« und »They Say I’m Different«. Sie komponierte ihre eigenen Songs, schrieb die Texte und produzierte sie, was in den Siebzigern für eine Frau ziemlich unerhört war. So umwerfend, wie Betty Davis war, war sie ihrer Zeit einfach viel zu weit voraus, um Mainstream zu sein. Ich dachte, ich hätte einfach einen Namen für meinen eBay-Shop ausgewählt, tatsächlich lud ich die ganze Marke nicht nur mit meinem Geist, sondern auch dem Geist dieser unglaublichen Frau auf.

Als ich den Shop endlich eröffnete, war Vintage schon lange ein Teil meines Lebens. Ich hatte schon immer eine Schwäche für alte Sachen und die Geschichten, die sie erzählen. Mein Großvater leitete in West Sacramento ein Motel, und mein Vater war eines von sieben Kindern, das mit der Instandhaltung dieses Motels aufgewachsen war. Als ich noch ein kleines Kind war, besuchten wir meine Großeltern. Dort gab es eine Abstellkammer voller Zauberdinge – ein altes Hexenbrett, Siebzigerjahre-T-Shirts mit kurzen, angeschnittenen Ärmeln und abgedrehten aufgebügelten Grafiken, die alte Münzsammlung meiner Tante. Es war einfach der ganze Krempel, den Leute, die in den Sechziger- und Siebziger-Jahren aufgewachsen waren, zurückgelassen hatten, aber ich fand es genial.

Als Teenager zog ich Secondhand-Klamotten stets neuen Sachen vor – eine Vorliebe, die meine Mutter immer wieder sprachlos machte. Sie ertrug zahllose Ausflüge in die lokale Einkaufsmeile, in dem vergeblichen Versuch, mich einzukleiden, während ich irgendein 50-Dollar-Top hochhielt und ihr sagte, das sei es »doch wirklich nicht wert«. Hätte es damals Nasty Gal gegeben, hätte ich einen Haufen Zeug gefunden, für den meine Mutter hätte Geld ausgeben können, aber das Einkaufszentrum war einfach öde. Die zahllosen Geschäfte, deren Schaufenster mir »normal« entgegenschrien, machten mich einfach nicht an, und der Gedanke, dafür zu bezahlen, dass ich hinterher aussah wie alle anderen, erschien mir total lächerlich. Am Ende machten wir einen Kompromiss. Zwar fand meine Mutter, es »rieche so komisch« in Secondhand-Läden, aber sie war bereit, draußen zu warten, während ich shoppte. Was allerdings nicht bedeutete, dass sie meine Klamottenauswahl immer guthieß.

Zwei Fieslinge in Polyester

Ich erinnere mich noch genau, wie sie mich vor einer Freundin demütigte, als sie von mir verlangte, ich solle hochgehen und mir eine andere Bluse anziehen – nicht, weil sie fand, ich zeige zu viel Fleisch oder sei auf andere Weise unangemessen bekleidet, sondern weil sie meine braune Polyesterbluse mit Paisleymuster einfach scheußlich fand.

Als ich um die 20 war, trug ich fast nur Vintage-Klamotten. In San Francisco entschieden meine Freunde und ich uns für ein Jahrzehnt und blieben ihm treu. Wir hörten alte Musik, fuhren alte Autos und trugen alte Klamotten. Meine Zeit waren die Siebziger. Ich trug meine langen Haare im Rock-’n’-Roll-Stil mit Mittelscheitel und dazu meine neue bei eBay erstandene taillenhohe Polyesterhose, Plateauschuhe und Vintage-Neckholder-Tops.

Mit meinem neuen Shop hob ich Secondhand auf eine ganz neue Ebene. Auf Craigslist fand ich ein Theaterunternehmen, das dichtmachte und einen Lastwagen voll Vintage vertickte. Zu diesem Haufen Wollcapes und Gunne-Sax-Kleider warf ich meine eigenen Stücke, und plötzlich hatte ich ein beachtliches Sortiment an Ware. Ich fuhr zum Discountmarkt Target und kaufte einige Plastikcontainer, Wäscheklammern, ein Dampfbügeleisen und eine Kleiderstange auf Rollen und machte mich daran, eine erste Auktionsrunde vorzubereiten. Dann spannte ich meine Mutter ein und bildete mit ihr ein rudimentäres Fließband: Ich rief ihr die Maße der Kleidungsstücke zu und meine Mutter schrieb sie auf einen Zettel und steckte ihn auf dem jeweiligen Kleidungsstück fest.

Mein erstes Model war Emily, ein superhübsches Girl und damals die Freundin eines Freundes. Mit ihren unzähligen Tattoos, ihren langen Haaren und ihren coolen Stirnfransen war sie eine ungewöhnliche Wahl. Aber sie war klasse. Ich machte Fotos von ungefähr zehn Kleidungsstücken, die ich angehäuft hatte, gab die Beschreibung, die Maße und weitere Informationen bei eBay ein und wartete meine Zehntagesauktionen ab und beantwortete unterdessen die ach so aufregenden Fragen meiner allerersten Kunden. Mit jeder Woche wurde ich schneller, cleverer und wusste besser, was Frauen wollten. Und mit jeder Woche wuchs der Erfolg meiner Auktionen. Wenn sich die Klamotten verkauften – cool. Dann rannte ich sofort los, um ähnliche Klamotten zu finden. Verkauften sie sich nicht, fasste ich sie nie wieder an. So schockierend wie es ist, aber hübsche Frauen wollen offensichtlich keine sogenannten Drug Rugs tragen – diese alternativen Kapuzenshirts im mexikanischen Poncho-Look, die gerne von Strandgammlern getragen und auch Baja Hoodies genannt werden. Es machte geradezu süchtig; für einen Freak wie mich gab es nichts Größeres als die augenblickliche Befriedigung zu erleben, wenn meine Auktionen live gingen.

Ich suchte auf Craigslist nach Haushaltsauflösungen und Garagenverkäufen und erstellte eine Karte, wobei ich immer bei den Namen begann, die nach richtig »alten« Verstorbenen klangen. Ich tauchte dort um 6 Uhr morgens auf und wartete in der Schlange mit Menschen, die alle mindestens 20 Jahre älter waren als ich. Wenn sich die Tür öffnete, rannten alle los auf der Suche nach Zierdeckchen, während ich pfeilgerade auf den Kleiderschrank zuschoss, um Vintage-Mäntel, Mod-Minikleider aus den Sechzigern, Discogewänder aus der Halston-Ära und viele, viele Jogginganzüge im Golden-Girls-Stil zutage zu fördern. Ich hortete, feilschte, zahlte und machte mich davon. Als regelmäßige Kundin der lokalen Secondhand-Läden wartete ich außerdem immer darauf, dass die Mitarbeiter Einkaufswagen soeben ausgezeichneter Klamotten aus dem Lager in den Laden rollten, und wenn sie einen Arm voll Klamotten herauszogen, um sie auf den Bügel zu hängen … zack! Sofort war ich zur Stelle und wühlte in dem Kleiderberg, um zu sehen, welche tollen Fundstücke mich erwarteten. Einmal fand ich zwei Chanel-Jacken in demselben Einkaufswagen. Wühl, wühl, wühl – Chanel-Jacke – wühl, wühl, wühl – noch eine! Für jede zahlte ich 8 Dollar. Ich bot sie bei eBay zu einem Startpreis von 9,99 Dollar an und schlug sie am Ende für 1.500 Dollar los. Ich hatte keine Ahnung, was eine Bruttomarge ist, aber ich wusste, ich war auf eine Goldmine gestoßen.

Im Rückblick war ich wahrscheinlich die schlimmste Kundin des Secondhand-Ladens – und zwar nicht nur, weil ich überall meine Finger drinhatte, sondern auch, weil ich immer feilschte. »Dieser Pulli hat ein Loch«, sagte ich, wenn ich zur Kasse ging. »Bekomme ich 10 Prozent Nachlass?« Selbst wenn es nur 50 Cent waren, lohnte es sich in meinen Augen. Jeder Cent zählte.

Mit 22 Jahren kehrte ich in ein Vorortviertel zurück, einem Ort, vor dem ich einige Jahre zuvor schreiend davongelaufen war. Der Quadratmeterpreis in San Francisco war astronomisch hoch, daher eröffnete ich meinen Laden in Pleasant Hill, Kalifornien, eine Stunde von meinen Freunden entfernt. Ich wohnte in einem Poolhäuschen ohne Küche, zahlte 500 Dollar Miete und stopfte jeden Zentimeter voll mit Vintage. Ich arbeitete vom Bett aus, das mit Klamotten übersät und von Verpackungsmaterial umringt war. Überall stapelte sich alles: Kartons schaukelten auf einem Sandwichofen, der wiederum auf einem Minikühlschrank stand – so wie das klassische Jenga-Spiel, bei dem man Türme aus bunten Holzklötzen baut.

Jeden Tag fuhren mein Haardutt und ich zu Starbucks und bestellten einen Venti Soy No Water No Foam Chai. Je nach Wetter trank ich ihn geeist oder heiß, aber ungefähr fünf Jahre lang trank ich jeden Tag, den Gott werden ließ, einen dieser Chais. Wenn ich Hunger hatte, warf ich mir einen muffigen Pullover über, an dessen Vorderseite ein Preisschild getackert war, auf dem 4,99 Dollar stand, vergaß, dass das etwas seltsam wirkte, und fuhr zu Burger Road, meinem Lieblingslokal im Ort. Ich dachte nie darüber nach, dass ich rund 100 Dollar pro Monat bei Starbucks ließ oder irgendetwas verpasste, weil ich so weit weg von meinem Leben in der Stadt lebte. Ich war süchtig nach meinem neuen Geschäft und wollte es jeden Tag wachsen sehen.