Gladdy Gold und der charmante Bösewicht: Band 3 - Rita Lakin - E-Book
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Gladdy Gold und der charmante Bösewicht: Band 3 E-Book

Rita Lakin

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Beschreibung

Kaum ruht man sich aus, kommt der nächste Mörder! Der Kriminalroman »Gladdy Gold und der charmante Bösewicht« von Rita Lakin als eBook bei dotbooks. Kann man ins Paradies kommen, ohne vorher das Zeitliche gesegnet zu haben? Eigentlich würde sich Gladdy Gold, die vermutlich älteste Privatdetektivin der Welt, mit ihrem Liebsten Jack gerne einen Traumurlaub auf den polynesischen Inseln gönnen. Doch aus dem romantischen Ausflug wird nichts, denn ihre silbergrauen Mädels brauchen sie zu Hause: Ein Mörder hat es auf die wohlhabenden Damen der Grecian-Villas-Seniorenresidenz abgesehen! Tatsächlich findet Gladdy schnell einen Verdächtigen … ausgerechnet den Mann, der ihrer Schwester gerade den Kopf verdreht hat! Verteidigt Evvie ihn zu Recht – oder schwebt sie selbst in großer Gefahr? »Voller Witz, Action und überraschender Wendungen, die an Agatha-Christie-Krimis erinnern.« Publishers Weekly Jetzt als eBook kaufen und genießen: »Gladdy Gold und der charmante Bösewicht« von Rita Lakin ist der dritte Band dieser Reihe von humorvollen Kriminalromanen, die auch unabhängig voneinander gelesen werden können. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 364

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Über dieses Buch:

Kann man ins Paradies kommen, ohne vorher das Zeitliche gesegnet zu haben? Eigentlich würde sich Gladdy Gold, die vermutlich älteste Privatdetektivin der Welt, mit ihrem Liebsten Jack gerne einen Traumurlaub auf den polynesischen Inseln gönnen. Doch aus dem romantischen Ausflug wird nichts, denn ihre silbergrauen Mädels brauchen sie zu Hause: Ein Mörder hat es auf die wohlhabenden Damen der Grecian-Villas-Seniorenresidenz abgesehen! Tatsächlich findet Gladdy schnell einen Verdächtigen … ausgerechnet den Mann, der ihrer Schwester gerade den Kopf verdreht hat! Verteidigt Evvie ihn zu Recht – oder schwebt sie selbst in großer Gefahr?

»Voller Witz, Action und überraschender Wendungen, die an Agatha-Christie-Krimis erinnern.« Publishers Weekly

Über die Autorin:

Rita Lakin ist seit über zwanzig Jahren als Schriftstellerin, Drehbuchautorin und im Fernsehgeschäft tätig. In diesen Bereichen wurde sie immer wieder für prestigeträchtige Preise nominiert, etwa für den Edgar-Allan-Poe-Preis und den Writers-Guild-of-America-Preis. 2015 veröffentlichte sie ihre Autobiographie »The Only Woman in the Room«, die erstaunliche Einblicke in das Hollywood der 60er Jahre gibt. Heute lebt sie im kalifornischen Marin County.

Bei dotbooks erscheinen in der Gladdy-Gold-Reihe von Rita Lakin »Gladdy Gold und der Geburtstagsmörder«, »Gladdy Gold und der Killer auf dem Kreuzfahrtschiff«, »Gladdy Gold und der tote Ehemann«, »Gladdy Gold und das mysteriöse Skelett« und »Gladdy Gold und die verführerische Französin«.

***

eBook-Neuausgabe Dezember 2019

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 2005 by Rita Lakin

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2005 unter dem Titel »Getting Old Is Criminal« bei Bantam Dell, A Division of Random House, Inc., New York.

Copyright © der deutschen Ausgabe 2009 by RM Buch und Medien Vertrieb GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

Published by Arrangement with Rita Lakin

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / Jenny Sturm / Sandra Cunningham / Oleg GawriloFF / Ryszard Filipowicz / Lesia_A / surasaki

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ae)

ISBN 978-3-96148-717-2

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Gladdy Gold und der charmante Bösewicht« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

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blog.dotbooks.de/

Rita Lakin

Gladdy Gold und der charmante Bösewicht

Krimi

Aus dem Amerikanischen von Kristina Dorn-Ruhl

dotbooks.

Für Alison in Liebe von ihrer Großmama

Man hört nicht auf zu lachen, wenn man alt wird. Man wird alt, wenn man aufhört zu lachen.

Unbekannter Verfasser

Alles Gute zum 101. Geburtstag!Harold W. (Rudy) Truesdale, Eureka, Kalifornien,geboren 1906, zwölf Tage vor demJahrhunderterdbeben in San Francisco.Einer der ersten Berufspiloten überhaupt (TWA).Heute der älteste lebende.Erster Luftfahrtkapitän, der je eine Stewardessgeheiratet hat.Flog seinen Freund Howard Hughes zu WilliamHearsts Hollywood-Partys nach Hearst Castle.Tipp für ein langes Leben: jeden Abend einGlas Rotwein trinken.

Gefunden von Burrille Catamach

Das Leben bemisst sich nicht danach,wie oft wir atmen, sondern danach,wie oft uns der Atem wegbleibt.

George Carlin, 70, Komiker

Ihr letzter Atemzug, Madame

Die Jacuzzi-Blasen kitzelten. Sogar der Champagner kitzelte, während die silbrige Flüssigkeit ihre erwartungsvolle Kehle hinunterrann. Sie blickte an die verspiegelte Decke. Dann auf die verspiegelten Wände. Zum Glück blubberten ihr die Blasen bis zum Kinn, sodass sie ihren fünfundneunzigjährigen Schildkrötennacken nicht sehen musste. Ihr Augenlicht war schwach geworden, und durch die Schleier ihres grauen Stars wirkte ihr Haar wieder so blond wie einst in ihrer Blütezeit. In ihrem beschwipsten Zustand dachte sie daran, wie sie mit Carole Lombard verglichen worden war – zumindest hatten ihr die jungen Männer damit geschmeichelt, um an ihren Schlüpfer zu kommen.

Was hat sich die Hausleitung eigentlich dabei gedacht?, überlegte Esther Ferguson. Sie waren hier alle kurz davor, ins Gras zu beißen. Warum hatten die so viele Spiegel angebracht? In den ersten drei Jahren hatte sie alle Spiegel verhängt, außer dem über dem Waschbecken. Erst Romeo hatte sie dazu gebracht, den Stoff wieder zu entfernen, um sie besser bewundern zu können.

Esther liebte Grecian Villas. Nahe am Zentrum von Fort Lauderdale gelegen, unweit vom Strand und der schicken Einkaufsgegend um die Las Olas Street herum – was wollte man mehr? Alles in dieser De-luxe-Seniorenresidenz war oberste Kategorie. Der fantastische Speisesaal, der Las Vegas in nichts nachstand. Das Essen, das von einem Spitzenkoch zubereitet wurde. Sattgrüne Rasenflächen. Pools drinnen und draußen. Meerblick. Erstklassige Filme an jedem Abend die Woche. Bridgepartner, deren Hirne noch funktionierten. Zugegeben, sie gab das Geld mit vollen Händen aus, aber sie konnte es sich leisten. Ihr verstorbener Mann Harry hatte sie als sehr, sehr reiche Witwe zurückgelassen. Und sie hatte keine Familie, außer ihrem langweiligen Sohn Alvin und seiner nervtötenden Frau. Die beiden warteten nur darauf dass sie abkratzte. Sie würden das Geld bekommen, ja. Sie konnten alles haben, was noch übrig war. Aber Esther hatte vor, so viel wie möglich für sich selbst auszugeben, solange es noch ging.

Sie kicherte. Allein die Wohnung kostete fünftausend Dollar im Monat. Hoppla, dachte sie und hickste, als sie ein paar Spritzer Champagner ins Wasser verschüttete.

Sie blickte zu der halb geöffneten Spiegeltür. »Romeo, wo bist du, mein Geliebter?«

Von der Bar im Wohnzimmer her – sie hörte ihn mit Gläsern klimpern – klang seine samtweiche Stimme: »Ich komme, teuerste Julia.«

Ihr Geliebter legte eine CD ein. Klänge der Ouvertüre aus Tschaikowskis »Romeo und Julia« wehten zu ihr herüber. Perfekt. Wer hätte das je für möglich gehalten? Wilde, leidenschaftliche Liebe mit einem attraktiven Kerl, der zwanzig Jahre jünger ist. Na ja, wild vielleicht nicht mehr und auch nicht leidenschaftlich. Das Körperliche flutschte nicht mehr so, gleichgültig mit wie viel öl, aber, ach, die Romantik.

Er klopfte. »Darf ich eintreten, meine Holde?«

»Braucht Ihr je zu fragen, mein Geliebter?«

»Aber selbstverständlich. Ein Gentleman klopft stets an, ehe er die privaten Gemächer seiner Geliebten betritt.«

»So klopft denn, oh Liebster, und begebt Euch unverwandt herein.«

Romeo trat ein. Eine Diamantnadel glitzerte auf seinem weißen Seidenjabot, gegen das sich sein roter Damastmorgenrock wirkungsvoll abhob. Mit unbeschuhten Füßen trat er zu Esther, während er sich in den Wänden widerspiegelte. Er nahm ihr das leere Champagnerglas aus der Hand und reichte ihr ein anderes. » › Augen, blickt euer Letztes! Arme, nehmt die letzte Umarmung! ‹ « Er beugte sich über sie und küsste sie auf die Stirn.

Einen Augenblick lang war sie verwirrt. Was redete er da? Doch dann lächelte sie und hob ihr Glas zum Himmel. »Danke, lieber Gott. Hol mich zu dir, wann immer du willst, ich werde selig sterben.«

Esther war überrascht, als Romeo sanft, aber bestimmt ihren Kopf in die Blubberblasen drückte. Er hielt sie unter Wasser und flüsterte in ihr schwindendes Bewusstsein: » › Nun gute Nacht! So süß ist Trennungswehe ... ‹ «

Kapitel 1Endlich allein

Da liege ich nun, Gladdy Gold, vor einer Fale – das ist das polynesische Wort für diese pittoreske Strohhütte – in einem hölzernen Zwei-Personen-Badefass, glücklich bis zum Hals in warmen Blubberblasen, und schlürfe Pina Colada. Erstaunlicherweise hat diese Hütte zwar nur nackten Zementboden, ist aber klimatisiert. Unser Bad liegt im Freien, und unsere Dusche ist ein Wasserfall, umgeben von einem exotischen Dschungel aus Rankengewächsen mit Blättern wie Elefantenohren. Wow! Ist das herrlich. Bin ich glücklich.

Erst vor ein paar Tagen war ich noch mit den Girls – wir sind zwar alle schon über siebzig, manche sogar über achtzig, aber meine Schwester Evvie und unsere Freundinnen Sophie, Bella und Ida werden immer die »Girls« für mich bleiben – auf einer Bingo-Kreuzfahrt, wo wir zu meinem größten Erstaunen nicht nur einen Mörder gefangen, sondern auch im Bingo gewonnen haben. Es war alles toll, nur dass ich meinen neuen Freund Jack sehr vermisst habe. Doch dann empfing er mich am nächsten Hafen, in den wir einliefen. Wir überließen die Girls auf der Heavenly sich selbst und kamen allein auf diese himmlische Insel hier. Die Reise dauerte sechzehn schreckliche Stunden, in denen wir auf unruhigen Flügen in klapprigen Kisten aneinandergelehnt schliefen, wann immer sich eine Gelegenheit bot. Aber es hat sich gelohnt. Endlich sind wir allein.

Ich trinke meine Pina Colada aus, lasse den Kopf gegen den Rand des Bottichs sinken und seufze zufrieden. Der Himmel verdunkelt sich allmählich. Rote Streifen werfen wirkungsvolles Licht auf die Wolkenfetzen. Abendrot, denke ich, Gut-Wetter-Bot'.

Ich hätte nie gedacht, dass es mir so gefallen würde, einfach mal ganz weit weg von allem zu sein. Gibt es vielleicht irgendwas, das hier nicht schön ist? Ich schaue mich um.

Auf den Picknicktisch neben dem Bottich hat Jack unseren tragbaren CD-Spieler gestellt. Daneben liegt die CD, die er am Flughafen in Samoa gekauft hat, als wir heute Morgen sehr früh gelandet sind. Abgedroschener Schmalz, aber auf einem Flughafen irgendwo am Ende der Welt hat man nicht die Wahl, da muss es der Soundtrack von Titanic wohl tun. Bei der Landung hat uns ein Grüppchen Einheimischer enthusiastisch begrüßt. Wahrscheinlich wird dieser Flieger, der hier zweimal in der Woche landet, jedes Mal als Riesenereignis gefeiert.

Ich habe den Koffer dabei, den ich für die Kreuzfahrt gepackt hatte. Jack hat nur den Anzug mit, den er am Leib trug, als er mich am Hafen abgeholt hat. Und er ist stolz darauf. Er ist ein impulsiver Mensch, das mag ich an ihm. Sie sollten ihn mal sehen, in seinem Lavalava, einem Wickelrock, einer Art Sarong für Männer, den er sich im Geschenkeladen am Flughafen gekauft hat, nebst Rasierzeug und einer Zahnbürste. Unter spöttischem Zwinkern erklärte er mir, dass er nichts anderes brauchen werde. Ich konnte nicht widerstehen und kaufte mir das passende Gegenstück für Damen, einen Muumuu.

Der ganze bisherige Tag hat nur der Vorbereitung auf diesen Moment gedient. In unseren neuen Eingeborenengewändern (und ich mit einer Frangipangi-Blüte im Haar) hatten Jack und ich erst einmal einen mittäglichen Imbiss, bestehend aus Früchten der Insel – Papayas, Ananas und Bananen –, der uns auf der Terrasse unserer malerischen Hütte serviert wurde. Dann folgte ein langer Spaziergang barfuß über den weißesten Sandstrand, den ich je gesehen habe, auf dem wir Muscheln sammelten und diese süchtig machenden Pina Coladas aus echten Kokosnüssen tranken. Uns süße Nichtigkeiten ins Ohr hauchten. Mhm, wunderbar. Zum Abendessen gab es dann frischen Ahi-Thunfisch, den ein einheimischer Fischer gefangen hatte und der in dem haimischen Speisezimmer unseres reizenden Inselhotels bei Kerzenlicht für uns zubereitet worden war.

Jack hat lange gewartet, bis er mich von den Girls weggeholt hat, um unsere Liebe füreinander zu besiegeln, und er gibt sich große Mühe, diese Reise unvergesslich zu machen.

Das Programm steht also fest. Ein perfekter Tag wird in eine zauberhafte Nacht übergehen. Musik, Drinks, Jasminduft um uns herum – Romantik pur. Ich höre, wie Jack Céline Dion pfeift, während er mit zwei neuen Drinks aus der Hütte tritt.

Aber bin ich überhaupt so weit? Ich denke schon. Hoffentlich habe ich meinen seligen Mann endlich überwunden. Mich plagen nach wie vor Bedenken und ein ungutes Gefühl, wenn ich daran denke, wie das hier mein Leben verändern könnte. Es ist kein One-Night-Stand. Es ist der Auftakt für eine gemeinsame Wohnung, Heirat, totale Hingabe. Ich muss zugeben, selbst in meinem Alter fürchte ich mich vor Veränderungen. Es geht mir gut mit meinem bequemen, fest umrissenen Leben. Meiner einfachen Alltagsroutine, in der ich auf niemanden Rücksicht nehmen muss außer auf mich selbst. Wer hat behauptet, sich zu verlieben sei genauso leicht, wie von einem Holzklotz zu fallen? Wieso soll es überhaupt leicht sein, auf einen Holzklotz zu kommen, geschweige denn herunterzufallen, und was hat ein Holzklotz mit der Liebe zu tun?

Da kommt Jack auf mich zu, in diesem albernen, rührenden Lavalava, und ich spüre, wie mein Herz einen Sprung macht. Augenblicklich schalte ich meinen Verstand aus. Er ist so gutaussehend und so sexy. Und er will mich.

Er beugt sich über mich. »Madame, darf ich nachschenken?«

»Aber selbstverständlich.«

Er gießt nach und küsst mich dann sanft. »Darf ich mich zu dir gesellen?«

Wellen schlagend mache ich Platz für ihn. Ich kann die Augen nicht von ihm wenden, und er kann nicht aufhören, mich bewundernd anzuschauen.

Genau in dem Moment, als er den ersten Fuß in die Wanne setzt, hören wir den gedämpften, blechernen Klang eines Bügelhorns – drei kurze, alarmierende Stöße. Erschrocken fällt Jack in die Wanne und auf mich. Ich gehe unter, und mein Mund füllt sich mit Wasser. Wir klettern, so schnell wir können, aus dem Bottich und greifen nach unseren Handtüchern, um uns zu bedecken.

»Darf ich näher kommen?« Die Stimme des einheimischen Pagen dringt hinter einer Palme hervor. Er wartet, bis wir antworten – auf diese Weise sollen Liebende vorgewarnt werden, wenn sie sich, so wie wir gerade, in einer delikaten Lage befinden.

Jack und ich tauschen einen entnervten Blick. Was für ein Timing! Ich zucke die Achseln. Jack ruft: »Erlaubnis erteilt!«

Ich kichere über diese formelle Formulierung und drücke seine Hand. Der Bote tritt vor und senkt höflich die Augen angesichts der zwei triefenden Gäste, die, nur in Handtücher gewickelt, verlegen vor ihm stehen.

Er reicht Jack ein Fax. Da er der Mann ist, bekommt er es, natürlich. Der Junge wartet nicht auf ein Trinkgeld. Handtücher haben keine Taschen.

Jack liest, während ich ihm über die Schulter sehe.

»Was?!«, rufen wir unisono.

Die Nachricht ist kurz und knapp: Kommt nach Hause. Sophie liegt im Sterben.

Hastig schlüpfen wir in unsere Kleider, Jack in seinen einzigen Anzug und ich frustriert in etwas Bequemes für die Reise. An der Rezeption erfahren wir, dass das Fax von der Heavenly kam. Jacks Handy ist nicht zu gebrauchen, sodass wir das Telefon des Hotels benutzen müssen. Jack schüttelt den Kopf über die Absurdität dieser Ereignisse. Da hat er für uns den abgelegensten Ort der Welt gefunden, damit wir nicht gestört werden, und jetzt, in einem Notfall, haben wir die größten Probleme, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen.

Nach endlosen Versuchen und zahllosen Entschuldigungen des katzbuckelnden Managers für die altmodische Technik und die Zeitzonen und dem Einwand, das sei eben der Charme, einmal weitab von allen Sorgen zu sein, gelingt es uns, Kapitän Standish auf der Heavenly zu erreichen. Er informiert uns, dass Sophie mit dem Helikopter vom Schiff abgeholt und zusammen mit ihren drei Gefährtinnen zurück nach Fort Lauderdale gebracht worden sei.

»Was ist passiert?«, frage ich ihn.

»Etwas mit dem Herzen«, antwortet er.

»Wissen Sie, wohin genau sie gebracht wurde?«

»Ich nehme an, in das örtliche Krankenhaus. Es tut mir so leid.«

Dann knackt es in der Leitung, jedenfalls ist es unmöglich, das Gespräch fortzusetzen.

Wir verabschieden uns von Kapitän Standish und rufen die zwei am nächsten gelegenen Krankenhäuser an. Eine Sophie Meyerbeer ist nirgendwo bekannt. Bei Sophie zu Hause geht niemand ans Telefon. Auch nicht bei Evvie. Oder Ida. Wo zum Teufel stecken die alle?

Ich spreche die Wörter aus, obwohl sie mir fast im Hals steckenbleiben. »Wir müssen nach Hause.«

Jack nickt. »Aber das nächste Flugzeug geht erst am Montag.«

Der Manager, der uns nicht von der Seite gewichen ist, erklärt fröhlich: »Sie haben Glück. Der letzte Flug heute geht in zwei Stunden. Wenn Sie abreisen möchten, kann ich für Sie Plätze reservieren. Natürlich müssen Sie die eine Nacht bezahlen.«

»Natürlich«, sagt Jack bitter. Es wurmt ihn, dass uns diese gemeinsame Nacht entgeht, das weiß ich.

Wenn uns Evvie hier sehen könnte, wie wir uns auf der Startbahn in der dunstigen Nachtluft mit Trauermienen aneinanderschmiegen und darauf warten, in das Kleinflugzeug zu steigen, würde sie mich an Casablanca erinnern.

Sie würde den berühmten Satz zitieren: Uns bleibt immer noch Paris. Der Unterschied ist, dass wir noch nicht einmal das sagen können. In Pago Pago war nichts, das uns bleibt.

Kapitel 2Wo ist Sophie?

Wieder sechzehn mühselige Flugstunden. Jack und ich machen Smalltalk, um das Thema zu umgehen, über das wir beide lieber nicht reden. Sollen wir vom Flughafen aus anrufen oder uns gleich in ein Taxi setzen und losfahren? Hoffentlich dauert es nicht so lange, bis ich mein Gepäck bekomme. Dann fallen wir wieder in unruhigen Schlaf. Ich grübele. Wie kann es nur zu diesem Anfall gekommen sein? Sophie hatte so etwas noch nie. Wie schlimm ist es? Wieso finden wir die Girls nicht? Ich quäle mich mit wild durcheinanderschwirrenden Gedanken.

Ich versuche mich damit zu trösten, dass Evvie, Ida und Bella bei ihr sind. Bella dürfte keine große Hilfe sein, aber Ida und meine Schwester bewahren immer einen kühlen Kopf. Sie können sich um alles kümmern. Und sollte sich Sophie inzwischen bereits zu Hause in Lanai Gardens erholen, steht ihr die gesamte Belegschaft von Block zwei zur Seite. Aber ich sollte mir meiner Girls nicht zu sicher sein. Keine von uns denkt darüber nach, wie alt wir sind und was auf uns zukommt. Schon gar nicht Sophie. Sie liebt das Leben. Sie beklagt sich nie. Sie ist immer gut gelaunt und lächelt.

Bitte, lieber Gott, mach, dass es ihr gut geht.

Jemand hat mir einmal eine Geschichte erzählt von einer Freundin, die ständig Flugtickets und Hotelzimmer gebucht hat. »Wie kann ich sterben«, hat sie gesagt, »wenn ich eine Reise nach Frankreich gebucht habe? Oder Israel? Oder wohin auch immer?« Sophie bucht keine Reisen, aber sie geht regelmäßig zum Shoppen in die Stadt, um sich immer wieder neue bunte, farblich perfekt abgestimmte Ensembles zu kaufen.

Jack, der Gute, hält während der ganzen Reise meine Hand.

Die Gepäckausgabe auf dem Flughafen von Fort Lauderdale ist so langsam wie üblich, was unsere Nervosität nur noch mehr steigert. Wie immer Ende August herrscht drückende Hitze. Ich vermisse bereits die Kühle unserer einsamen Insel. Dann sind wir endlich auf dem Heimweg.

Sobald wir vor dem Gebäude vorfahren, stürzen wir schon aus dem Taxi. Und treffen auf Tessie, die mit wippenden schwarzen Locken eine Zeitung in den Müll wirft. Sie hat wieder mal einen ihrer typischen Muumuus an, um ihre ausladenden Formen zu verbergen. Jack kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.

»Tessie! Wo ist Sophie?«

Tessie sieht uns neugierig an. »Was meinst du denn, wo sie ist? In ihrem Apartment mit den anderen aus deiner Bande.«

»Danke.« Ich renne an ihr vorbei. Statt auf den Aufzug zu warten, nehme ich die drei Treppen im Laufschritt, gefolgt von Jack.

Tessie ruft mir nach: »He, Gladdy! Wo brennt's denn?«

Aus Sophies Apartment hören wir raues Gelächter. In diesem Moment wird mir bewusst, dass Tessie alles andere als besorgt ausgesehen hat.

Niemand hört uns anklopfen. Die Fliegengittertür ist nicht verschlossen, und so gehen wir einfach hinein, immer noch meinen Koffer hinter uns herschleppend. Schweigen senkt sich über den Raum, als wir eintreten. Auf den Gesichtern zeichnet sich Erstaunen ab.

Stehaufmännchen Sophie thront in ihrem Bett, von Kopf bis Fuß in Lavendelblau gehüllt: vom Nachthemd über das Bettjäckchen bis zu den Bändern in ihrem farblich passenden Haar. Und sieht kerngesund aus. Hält Hof. Isst Schokolade. Die Girls sitzen auf Küchenstühlen um sie herum und knabbern Süßigkeiten. Auf dem Bett stapeln sich Modemagazine und Pralinenschachteln.

»Was macht ihr denn hier?«, fragt Evvie verwundert.

»Ich dachte, du wärst krank«, sage ich in eisigem Ton zu Sophie.

»Falscher Alarm«, flötet sie fröhlich. »Der Schrittmacher musste neu eingestellt werden.«

»Aber woher wusstest du ...?«, fragt Evvie mit gerunzelter Stirn. Sie spürt, dass da irgendetwas faul ist, sonst wären wir nicht so früh zurückgekommen.

»Ihr habt die größte Aufregung verpasst«, sagt Bella in ihrer üblichen Flüsterstimme. »Wir sind alle mit dem Hubschrauber geflogen.«

»Ich dachte, ich würde in Ohnmacht fallen«, fügt Ida hinzu und klopft sich auf ihren strengen Haarknoten. »Du weißt ja, wie schnell ich reisekrank werde. Ich hatte die ganze Zeit über die Augen zu.«

Tadelnd fährt Sophie fort: »Und ihr habt diese herrliche Aussicht verpasst.«

»Und wir haben leider die letzte Runde Bingo verpasst«, sagt Evvie verärgert zu Sophie.

»Aber wir sind auf der sicheren Seite«, ergänzt Bella fröhlich. »Die Bingo Dolls spielen für uns weiter. Wir haben ihnen Geld dagelassen.«

Sophie wirft Evvie einen Schokoriegel zu. »Ich hab doch schon gesagt, dass es mir leidtut. Ich kann ja nichts dafür, wenn ich krank werde. Ich musste einfach zu meinem geliebten Dr. Friendly zurück.«

Ich spüre, wie Jack hinter mir erstarrt, und wage es kaum, mich zu ihm umzudrehen.

Ja, der dabei die Kasse klingeln hört, denke ich feindselig. Sonderfahrt zum Krankenhaus. Bing! Überstunden. Bing! Expressuntersuchung. Bing! Erstaunlich, dass er sie nicht über Nacht dabehalten hat, der freundliche Dr. Friendly, wie sonst immer, um noch ein Angiogramm zu machen oder was weiß ich noch alles für teure Tests und Prozeduren. Für mich ist er ein Quacksalber, aber Sophie vergöttert ihn so, dass niemand ein böses Wort über ihn sagen darf.

Bella kichert hinter vorgehaltener Hand. »Wie wenn man den Notruf wählt. Nur viel aufregender.« Sie nimmt sich noch eine Jujube.

»Er hat mich eins-zwei-drei untersucht, mir ein neues Rezept ausgeschrieben und mich nach Hause geschickt. Jetzt nehme ich Digoxin.«

»Inzwischen nimmt sie zehn Pillen am Tag«, merkt Bella an.

»Ist mir doch egal«, gurrt Sophie. »Wenn mein geliebter Dr. Friendly ...«

Aber ich lasse noch nicht locker. »Ich habe versucht anzurufen, und keiner ging dran.«

Sophie schaut einen Augenblick lang irritiert drein, doch dann hellt sich ihre Miene auf. »Ich habe die Klingel abgestellt, damit ich schlafen kann.«

Jacks Stimme durchschneidet die Fröhlichkeit. Ich hatte mich schon gefragt, wann für ihn der Punkt erreicht ist, an dem er genug hat. »Wer hat das Fax geschickt?«

»Welches Fax?«, fragt Evvie.

Jack mustert ein Gesicht nach dem anderen, entdeckt aber nur Überraschung. Außer bei Bella, die ihre Süßigkeitenpackung auf Sophies grellpinke Bettdecke fallen lässt.

Oh nein. Mir schwant Böses.

Bella hebt eine zitternde Hand. Alle Augen liegen auf ihr. »Ich.«

»Warum?«, faucht Jack sie an.

Ihr sanftes Stimmchen wird noch dünner. »Weil Gladdy immer Angst hat, dass sie nicht erfährt, wenn jemand krank wird oder jemand ...« Bella bricht ab. Der Moment der Klarheit ist vorbei.

Evvie ist erstaunt. »Wann hast du das denn gemacht?«

»Als alle beim Packen waren. Ich bin zum Kapitän gegangen ...«

Die schlagfertige, zackige Ida kann es gar nicht fassen, was ihre schüchterne Freundin da vollbracht hat. »Du bist ganz allein aufs oberste Deck und hast den Weg zurück zu deiner Kabine gefunden?«

Die zierliche Bella lächelt stolz und richtet sich mit ihren knapp ein Meter sechzig im Stuhl gerade auf. »Der Kapitän sagte, er würde das Fax für mich abschicken. Ich habe ihm gesagt, was er schreiben soll, und dann hat er mir einen knackigen Matrosen mitgeschickt, der mich zurückbegleitet hat.« Sie errötet. Bella errötet immer, wenn sie im Zentrum der Aufmerksamkeit steht.

Sophie ist ganz aufgeregt. »Oh, wie toll! Und was steht in dem Fax?«

»Ich ... ich kann mich nicht erinnern«, stammelt Bella.

Ida faucht: »Wie immer.«

Jack zieht ein zerknittertes Stück Papier aus seiner Jackentasche und wedelt in Bellas Richtung. »Ich kann deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. ›Kommt nach Hause. Sophie liegt im Sterben.‹«

Jetzt möchte ich am liebsten im Erdboden versinken.

Die Girls reagieren aufrichtig. Das sehe ich an ihren Gesichtern: Evvie hat erkannt, dass es unseren Romantiktrip vermasselt hat, und ein schlechtes Gewissen deswegen. Oder? In Wahrheit steht sie meiner Beziehung mit Jack neutral gegenüber. Ida ist ganz offensichtlich entzückt von dieser Wendung – als Männerhasserin findet sie, dass Jack unser Leben ohnehin nur verkompliziert. Sophie freut sich über so viel Aufmerksamkeit. Und Bella, nun, Bella ist total verwirrt.

Und ich? Ich will am liebsten nur noch weg hier. »Jack, komm, wir gehen«, sage ich zaghaft.

»Noch nicht«, erwidert er eisig. Und dann kommt die gefürchtete Frage. »Bella, woher hast du gewusst, wohin du das Fax schicken sollst?« Da Jack und ich uns geeinigt hatten, niemandem zu verraten, wohin wir fliegen, gab es nur zwei Personen, die dieses Versprechen brechen konnten, und Jack wusste, dass er es nicht gewesen war.

Bella, der es die Sprache verschlagen hat, kann mich nicht einmal mehr ansehen.

Evvie sieht, dass ich in Schwierigkeiten stecke, und macht einen verzweifelten Versuch, mich zu retten. »Vielleicht hat Bella ja ESP?«

»Ich hab's ihr gesagt«, beichte ich, um Bella zu erlösen. »Ich wusste, dass sie sich Sorgen um mich machen würde, also habe ich ihr eine Nachricht hinterlassen und sie gebeten, es niemandem weiterzusagen.«

Ich glaube, den Ausdruck auf Jacks Gesicht in diesem Moment werde ich nie vergessen.

Erst jetzt wird mir klar, wie töricht ich gewesen bin. Ich hielt es für klug, jemanden wissen zu lassen, wo wir uns befinden, falls etwas passiert. Aber das hätte ein Anwalt sein müssen. Nicht die süße Bella, die sich jetzt schrecklich fühlt. Ich hätte ihr niemals diese Verantwortung aufbürden dürfen.

Ohne ein weiteres Wort geht Jack hinaus. Ich eile hinter ihm her. Die Girls hinter mir fangen schon an zu raunen. Auf der Treppe hole ich ihn ein.

»Warte«, sage ich.

»Worauf?«, erwidert er ärgerlich.

»Was soll ich sagen? Solche verrückten Sachen passieren eben.«

»Wenn wir schon von Sophie und ihren Wehwehchen reden, was sollte die Anspielung mit dem Notruf?«

Ich sollte es ihm besser nicht erzählen, aber ich tue es trotzdem. »Es kommt vor, dass Sophie die Panik packt, und dann greift sie zum Hörer und wählt den Notruf. Manchmal wacht sie auch mitten in der Nacht auf, fühlt sich einsam oder ängstlich, will uns aber nicht wecken. Und dann braucht sie jemanden, der sich um sie kümmert. Das machen viele der Frauen hier so.«

»Und warum fand Bella das so amüsant? Das Krankenhaus ist direkt gegenüber. Man könnte zu Fuß hingehen! Also, warum der Notruf?«

»Auf diese Weise überlisten sie das System«, sage ich. »Über die Jahre hat sich das unter den Frauen herumgesprochen, und jetzt tun sie es alle.«

»Was?«

»Sie wissen genau, dass sie, wenn sie bei uns in die Ambulanz gehen, Stunden warten müssen. Wenn sie den Notruf wählen, steht binnen Minuten ein Krankenwagen vor der Tür mit drei Leuten, die sie betüteln, sich ihre Geschichte anhören und ihnen Sauerstoff geben. Sie werden sofort drüben abgeliefert und gleich behandelt.«

»Und der Steuerzahler blecht dafür«, sagt er verächtlich.

»Ich habe nicht gesagt, dass ich das gut finde, aber die Frauen wissen ziemlich gut, wie sie zurechtkommen, wenn das System schon nicht für sie da ist.«

»Das ist jetzt nicht die Zeit für politische Diskussionen. Ich bin müde. Ich will nach Hause.«

»Jack, warte doch. Was ist denn, wenn dir irgendwas passiert? Wie würde irgendjemand davon erfahren?«

»Glaub mir, die würden schon einen Weg finden.«

»Du lässt mich jetzt stehen, weil ich den Fehler gemacht habe, Bella die Adresse zu geben? Es tut mir leid, dass unser Urlaub ruiniert ist, aber wir können doch ein anderes Mal ...«

»Muss ich dir das wirklich erklären?«, fragt er leise, dreht sich um und geht die Treppe hinunter.

Ich weiß, was er denkt. Er hat so lange gewartet, bis er endlich mit mir allein sein konnte, und er hat sich so viel Mühe gegeben. »Es tut mir leid.«

Er reagiert nicht.

Ohne mich darum zu scheren, wer mir alles zuhört, rufe ich ihm nach: »Bitte, Jack, bleib. Bleib hier bei mir.« Er verharrt am Fuß der Treppe.

»Heute Nacht.« Ich sage das atemlos, voller Hoffnung. Ich möchte so gerne alles wiedergutmachen.

Traurig blickt er sich zu mir um. »Besser nicht. Geh und kümmere dich um deine Girls.« Er setzt seinen Weg fort. Ich sehe ihm vom Balkon aus nach, bis er um die Ecke biegt. Er dreht sich nicht um, sieht nicht, wie ich in Tränen ausbreche.

Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist das Geräusch des Rasensprengers, der angeht, während ich in den Schlaf sinke.

»Was ist denn, wenn dir irgendwas passiert?«

»lack, ich rede mit dir. Antworte mir.«

Aber um mich herum herrscht Halbdunkel. Ich kann ihn nicht finden.

»Jack, wo bist du?«

Das Dämmerlicht schwindet wie Nebel, der sich auflöst, und plötzlich kann ich ihn sehen. Er liegt in der Gasse und verblutet. »Jack!«, schreie ich. »Verlass mich nicht! Jack!«

Ich schrecke aus dem Schlaf hoch. Es ist mitten in der Nacht. Ich habe von meinem ersten Jack geträumt, meinem Mann, der vor vierzig Jahren erschossen wurde. Doch jetzt denke ich an Jack Langford. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich auch ihn verlieren würde.

Kapitel 3Alte Gewohnheiten

Lautes Klopfen schreckt mich aus dem Schlaf. Ich krieche aus dem Bett und schleppe mich zur Tür. Durch das Fliegengitter sehe ich Evvie im Badeanzug, einer aus ihrer Sammlung mit den wilden Hawaii-Blumenmustern. Ihr mit Silberfäden durchzogenes rotes Haar ist wie immer von der Feuchtigkeit gekräuselt. Mit ihrem rundlich-weichen Körper sieht sie unserer Mutter ähnlich, während ich mehr nach unserem Vater komme, der groß und kantig war. Sie hat ein passendes Handtuch über dem Arm.

»Guten Morgen, Schlafmütze«, sagt sie fröhlich.

Ich versuche, meinen verschleierten Blick zu klären. »Wie spät ist es?«

»Zeit, um in die Galoschen zu kommen. Die Morgengymnastik hast du schon versäumt. Ich dachte, dass du bestimmt Jetlag hast, deshalb haben wir dich schlafen lassen. Aber jetzt: raus aus den Federn! Rein in den Badeanzug.«

»Kaffee«, murmele ich. »Duschen.«

»Okay. Eine schnelle Tasse, Katzenwäsche und dann nichts wie runter. Wir sehen uns am Pool.«

Ich möchte lieber wieder ins Bett und gar nicht mehr aufstehen. überhaupt nie mehr. Ich möchte nicht zum Pool gehen. Ich möchte die Girls nicht sehen. Oder irgendjemanden sonst. Ich möchte einfach meinen Kopf in den Kissen vergraben und schlafen. Das Einzige, woran ich denken kann, ist Jacks Gesichtsausdruck, als er gestern von mir wegging.

Als ich mich von Evvie abwende, fügt sie hinzu: »Wenn du in fünfzehn Minuten nicht unten bist, komme ich, um dich zu holen. Alle warten auf dich.«

In der Küche greife ich nach meiner Kaffeekanne. Evvie ist auf der Außentreppe und lugt durch das Fenster herein. »Glad? Wirklich furchtbar, dass dein Urlaub in die Binsen gegangen ist. Wie hat Jack es aufgenommen, dass ihr früher zurückkamt?«

Ich bringe die Lüge kaum heraus. »War nicht so schlimm.«

»Ich würde heute gerne noch etwas mit dir besprechen. Dass ihr so glücklich miteinander seid, hat mich auf eine Idee gebracht.«

Ja, klar. Glücklich. Mir gelingt mit Mühe ein Nicken. »Später.«

Und zugleich denke ich nichts anderes als: Geh weg. Lass mich mit meinem Elend allein.

Auf dem Weg über den steinernen Pfad zum Pool versuche ich, mich zusammenzureißen. Diese Jentes hatten nach ihrer Heimkehr natürlich nichts Besseres zu tun, als allen zu erzählen, dass ich mit Jack von Bord gegangen bin. Ich meine, wenn ich nicht bei ihnen war, wo war ich dann? Sämtliche Nachbarn werden darauf brennen zu erfahren, was Jack und ich vorhatten, aber ich werde mir eher die Zunge abbeißen, als ihnen was zu erzählen. Wie soll ich ihnen allen in die Augen sehen? Werden sie an meinem Gesicht ablesen können, dass ich versagt habe?

Während ich an Denny Ryans Garten entlanggehe, höre ich Stimmen. Unser großer Heimwerker verbringt so viel Zeit wie möglich in seinem geliebten Garten. Gerade unterhält er sich mit seiner neuen Freundin Yolanda Diaz, die von allen Yolie genannt wird. Yolie arbeitet als Pflegerin für Irving Weiss' Frau, unsere liebe Freundin Millie, die Alzheimer hat, und wir lieben sie alle. Ebenso wie Denny. Aber – was ist da los? Sie weint, und Denny versucht, sie in seiner sanften Art zu trösten. Irgendwas scheint sie zu bedrücken, aber sie will es ihm nicht sagen. Streit unter Liebenden? Jetzt schon? Traurig denke ich: Was? Wird da schon wieder jemand aus dem Paradies vertrieben?

Am Pool gehen alle ihren üblichen Lieblingsbeschäftigungen nach. Tessie zieht im Wasser ihre Bahnen. Meine Bande flaniert am flachen Ende des Beckens hin und her und quatscht. Mary sitzt am Beckenrand und häkelt. Sie scheint überwunden zu haben, dass ihr Mann John sie verlassen hat. Ist es das, worauf ich mich freuen soll? Soll ich mir ein Hobby suchen, damit ich weiß, was ich tun kann, wenn Jack nicht zu mir zurückkommt?

Die kanadischen Zugvögel, die jeden Winter auf der Flucht vor dem eisigen Wetter zu uns in den Süden kommen, liegen in der Sonne und lesen Zeitungen von zu Hause. Enya, unsere KZ-Überlebende, sitzt allein abseits, in ein Buch vertieft. Hy und Lola hocken nebeneinander und halten Händchen – Mr Du-kannst-mich-mal und Fräulein Arglos.

Barbi und Casey, die zwei heimlich lesbischen »Cousinen«, die heute nicht ganz so steif angezogen sind wie sonst in ihrem Computerbüro, spielen Karten, beruhigt, weil sie wissen, dass sie hier angenommen werden, wie sie sind, und die Girls und ich ihr Geheimnis nicht verraten werden.

Der liebe Irving sitzt wie immer im Schatten und redet leise auf die reglose Millie ein. Es ist schwer zu sagen, wie schlimm es inzwischen mit ihrem Alzheimer steht, aber bei Irving und Yolie ist sie in besten Händen.

Und was mich angeht, so will ich auf gar keinen Fall Aufmerksamkeit auf mich lenken.

Aber die Hoffnung ist vergeblich. Als Hy mich entdeckt, springt er auf und stimmt einen satten Applaus an. Die anderen blicken sofort hoch und klatschen mit. »Hol die Leckereien«, fordert er Lola auf. In null Komma nichts steht eine geöffnete Schachtel mit Rugallah auf einem der runden weißen Plastiktische. Eine der Kanadierinnen öffnet eine Kühlkiste, nimmt kalte Getränke heraus und stellt sie neben das Gebäck. Tessie klettert aus dem Pool und verteilt die Servietten, die wegen ihrer nassen Hände sofort unbrauchbar sind.

Alle stehen um mich herum. Oh Gott, denke ich. Hilfe. Dann fangen sie auch noch an zu singen: »Tochter Zion! Freu-eu-eu-eu-eu-e dich! ...«

Evvie führt mich durch den anschwellenden Applaus zum Buffet. Die Nachbarn verfolgen atemlos, wie ich ein Rugallah nehme.

»Gute Wahl. Himbeere«, sagt Mary, dann stürzen sich die anderen darauf.

Alle reden durcheinander. Sicher haben die Girls ihnen schon von unseren Heldentaten während der Bingo-Reise erzählt. Und jetzt wollen sie alles noch einmal von mir hören.

»Ihr habt einen Mörder gefangen?« Tessie.

»Ganz allein?« Irving.

»Nein, wir haben doch schon erzählt, dass wir ihn alle zusammen gefangen haben.« Ida.

»Während eines Hurrikans.« Sophie.

»Nein, es war ein Tsunami.« Evvie.

»Ein was?« Tessie.

»Gab's ein Kopfgeld?« Hy.

Bella setzt zu sprechen an, doch Ida stoppt sie, indem sie ihr eine Hand auf den Mund klatscht. Dann sieht sie Hy an. »Das geht dich nichts an.«

»Gratuliere«, sagen Barbi und Casey wie aus einem Mund.

»Und wo ist Jack?«, will Mary wissen.

Mir schwirrt der Kopf. Evvie setzt mich auf einen Stuhl und dreht den daneben stehenden Sonnenschirm so, dass mein Gesicht im Schatten liegt. »Habt Erbarmen, sie leidet noch unter dem Jetlag«, warnt meine Schwester, fürsorglich wie immer.

Ich verspüre nichts als Wut. Wut über diesen ganzen Unsinn, den sie erzählen. Vor allem aber Wut auf mich selbst. Ich könnte jetzt in Jacks Armen liegen, in unserem Inselparadies. Könnte, würde, sollte.

Tessie zieht sich einen Stuhl heran. »Hier gibt's auch allerhand Neues. Der Spanner hat wieder zugeschlagen.«

Mary fügt hinzu: »Und zwar mehrmals.«

»Dumkupfs«, stößt Hy verächtlich aus. »Ich hab den Damen gesagt, sie sollen ihre Jalousien herunterlassen. Sie haben es ja regelrecht herausgefordert.«

Ich weiß, ich sollte jetzt Interesse zeigen. Dieser Kerl, wer auch immer es ist, hat einigen der Frauen, die ihre Wohnungen im Erdgeschoss der Wohnanlage haben, ganz schön Angst eingejagt. Aber ich bin nicht mit dem Herzen dabei.

Tessie beugt sich zu Hy und gibt ihm einen Klaps.

»Au«, macht er und sagt dann zu mir: »Du hast meinen neuesten Witz verpasst. Willst du ihn hören?«

»Nein«, tönt es im Chor, aber er lässt sich nicht beirren. Er geht um mich herum, die Hände in die Hüften gestützt, und wackelt mit dem Po, so wie er es immer macht. »Mit acht bringst du sie ins Bett und erzählst ihr eine Geschichte.«

Obwohl ich demonstrativ weghöre, fährt er einfach fort. Die anderen geben auf, wohl wissend, dass sie ihn nicht aufhalten können, zerstreuen sich und widmen sich wieder ihren Beschäftigungen.

»Mit achtzehn erzählst du ihr Geschichten, um sie ins Bett zu bekommen. Mit achtundzwanzig brauchst du ihr nichts mehr zu erzählen, um sie ins Bett zu bekommen.«

Irving macht die universell verständliche Geste der Ablehnung: »Feh!«, winkt er ab.

Hy erwidert die Geste, was so viel heißen soll wie: Wen interessiert schon, was du dazu meinst? »Mit achtunddreißig erzählt sie dir was und bekommt dich ins Bett.«

Ida beugt sich vor und verpasst ihm einen Schlag mit ihrem nassen Handtuch. Er duckt sich, lässt sich aber nicht aufhalten. »Mit achtundvierzig erzählst du ihr eine Geschichte, damit du nicht mit ihr ins Bett musst.« Die anderen beginnen allmählich ungeduldig zu scharren, und so redet er schneller: »Mit achtundfünfzig bleibst du im Bett, um dir nicht ihre Geschichten anhören zu müssen. Mit achtundsechzig wäre es eine Geschichte, wenn du sie ins Bett kriegen würdest ...«

Und fast wie einstudiert schneidet ihm die gesamte Poolclique (außer Enya und Irving) im Chor mit der Pointe das Wort ab: »Und mit achtundsiebzig heißt es: Was für eine Geschichte? Welches Bett? Wer bist du überhaupt?«

Hy wendet sich verächtlich ab. »Ich verschwende mein Talent mit euch Ignoranten.«

Trotz meines Elends lache ich laut heraus. Manche Dinge ändern sich nie. Ich fange an, mich etwas besser zu fühlen. Ich bin hier, ob ich nun will oder nicht. Also sei auch hier, beschwöre ich mich. Ich bin bei Menschen, denen ich etwas bedeute. Ich bin bei meinen Lanslait, meinen Nachbarn, meiner Familie.

Kapitel 4Aufholjagd

Weil das Wetter so schön ist, beschließen die Girls, nach draußen zu gehen. Evvie hat die Detektei Gladdy Gold & Co. zu einer Sitzung bestellt. Sie ist der Meinung, dass wir durch unsere Abwesenheit mit unseren E-Mails und Anrufen im Rückstand wären. Aber so schön ich es auch finde, meine Nachbarn und Freunde wiederzusehen, es fällt mir schwer, mit den Gedanken dabeizubleiben. Ich möchte ja, aber ich kann nicht. Jack ist das Einzige, was in meinem Kopf ist. Wie schlimm ist dieser Streit zwischen uns? Wird er darüber hinwegkommen? Ich wünschte, ich wüsste es.

Wir sitzen um einen Picknicktisch auf einer Rasenfläche im Schatten. Hinter uns schwimmen Enten quakend unter den kleinen Holzbrücken hindurch, die sich über die zahlreichen Teiche von Lanai Gardens spannen. Zu meinem Glück sind die Girls alle so mit sich selbst beschäftigt, dass sie Jacks Reaktion auf unsere vorzeitige Heimkehr noch gar nicht erwähnt haben – wobei ich von Evvie mehr Beachtung erwartet hätte. Sophie trägt frischen Nagellack auf. In Lavendel, passend zu ihrer neuen Haartönung. Ihre zehn Pillenfläschchen stehen in einer Reihe vor ihr. Sie hat vor, sie zu nehmen, sobald die Nägel trocken sind. Bella, unsere Protokollantin, wartet ungeduldig darauf, endlich loslegen zu können. Evvie informiert mich über die Nachrichten, die während unserer Abwesenheit auf unseren Anrufbeantworter gesprochen wurden.

»Die hier klingt vielversprechend«, sagt sie. »Seine Frau ist süchtig nach Verkaufsfernsehen, und sie bestellt in einem fort. Aber das Schlimmste ist, dass sie ein Gedächtnis wie ein Sieb hat und sich immer wieder die gleichen Sachen schicken lässt. Er weiß nicht, wie er sie davon abbringen soll.«

»Weiter«, sage ich lustlos.

»Er soll ihr einfach die Kreditkarte sperren lassen«, schlägt Ida mit ihrer härtesten Stimme vor. Sie ist dabei, die Gebrauchsanleitung für unsere nagelneuen Mobiltelefone zu studieren.

Nach unserer grauenhaften Erfahrung in Puerto Rico, wo ich meine Seele für ein Handy verkauft hätte, habe ich geschworen, dass wir uns welche besorgen. Zu meiner Überraschung haben sie sie bereits gekauft.

»Die ist kompliziert«, sagt Ida. »Was ist eine ›Textnachricht‹?«

»Ist doch egal«, meint Evvie. »Finde einfach heraus, wie man damit telefoniert und wie der Anrufbeantworter funktioniert.«

»Aber die Anleitung ist dreißig Seiten dick!«

»Ignorier sie. Man muss nur wissen, was man wirklich braucht.«

»Was ist mit ›Nummern einprogrammieren‹?«

»Nein«, beharrt Evvie, »das brauchen wir alles nicht. Wir werden die Dinger nur im Notfall benutzen.«

Ich tue so, als würde ich meine Mails lesen. Dabei würde ich am liebsten zurück in meine Wohnung gehen und weinen.

»Was ist damit ...«, sagt Evvie. »Eine Frau, die meint, dass ein Stalker sie belästigt.«

»Soll die Polizei rufen«, sage ich scharf.

Die Girls schauen mich an, überrascht über meine ungewöhnlich kratzbürstige Antwort. Ich seufze. Ich muss besser aufpassen und darf meinen Frust nicht auf sie abwälzen. Zumal ich keine Lust habe, darüber ausgefragt zu werden, was zwischen Jack und mir los ist.

»Ja, da hast du wohl recht«, erwidert Evvie mit einem besorgten Blick auf die anderen, den ich zu ignorieren vorgebe.

»Jetzt erzähl doch Gladdy mal, was wir besprochen haben«, sagt Bella zu Evvie. Sie greift immer schlichtend ein und weiß, wann es Zeit ist, das Thema zu wechseln.

Evvie strafft den Rücken und wirft mir ein keckes Lächeln zu. »Ich habe entschieden, dass ich endlich wieder so weit bin, mit Männern auszugehen. Rendezvous zu haben. Ich muss einfach raus aus dem Trott.« Sie fährt sich mit den Fingern durch ihre verblassenden roten Locken. »Höchste Zeit, mir das Grau aus den Haaren zu waschen.«

Sophie, die ihre Haarfarbe wechselt wie ihre Launen, klatscht in die Hände. »Bravo.«

»Ich meine, du bist so glücklich mit Jack. Ich bin mit Scheuklappen herumgelaufen. Aber jetzt bin ich bereit, meine Flügel auszubreiten und zu fliegen.« Evvie lehnt sich in ihrem Gartenstuhl zurück und streckt die Arme zur Seite aus. »Abenteuer, ich komme.«

Ach, Schwesterlein, wenn du wüsstest.

Sophie fügt hinzu: »Wir haben schon Listen gemacht, wie sie es anpacken soll. Zum Beispiel mit einer Anzeige auf der Bekanntschaftsseite im Sun-Sentinel.«

»Oder bei einem Eheanbahnungsinstitut.« Bella grinst bei dem Gedanken. »Dann könntest du über dein Alter lügen wie alle anderen auch.«

Evvie setzt hinzu: »Ich spiele sogar mit dem Gedanken, mir einen Computer zuzulegen und dieses Online-Dating zu versuchen, auf Match.com.«

»Zeit- und Geldverschwendung«, kommentiert Ida miesepetrig.

»Ist mir doch egal. Ich bin bereit, und Glad wird mir helfen.« Sie wendet sich an mich. »Oder? Du bist doch da Expertin.«

Ehe ich antworten kann, rettet mich zum Glück der Klang einer vertrauten Stimme.

»Guten Tag, die Damen.« Mit leuchtend weißen falschen Zähnen steuert Sol Spankowitz auf uns zu. Er trägt seine unvermeidliche Lycrawurstpelle, also ist er vermutlich auf dem Weg zu seinem Laufkollegen Irving. »Willkommen zu Hause. Ich habe gerade erst vernommen, dass du wieder da bist, und wollte dich persönlich begrüßen.« Gemeint ist damit Evvie, die kein Hehl aus ihrem Missfallen macht.

»Du hast eine richtig gesunde Gesichtsfarbe«, sagt er und schaut ihr dabei wie üblich ins Dekolleté. Sie zupft an ihrem Nackenträger, damit auch ja nicht mehr als nötig zu sehen ist, dann lupft sie mit dem Finger Sols Kinn, sodass er ihr ins Gesicht sehen muss.

Aber das Ausbleiben einer positiven Reaktion stört ihn keineswegs. »Ich dachte, ich könnte dich morgen zu einem kleinen Frühstücksrendezvous verführen?«

»›Rendezvous‹ ... Er hat das Zauberwort erwähnt«, sagt Bella aufgeregt.

»Ich rufe dich heute Abend an, dann können wir etwas ausmachen.« Er winkt zum Abschied und schlendert von dannen.

»Mein Telefon wird auf jeden Fall abgestellt sein«, brummt Evvie und wirft Bella einen giftigen Blick zu. »Der ist nicht gerade das, was ich mir vorgestellt habe.«

Bella hüpft vor lauter Begeisterung fast auf und ab. »Ich kann es nicht fassen! Du sagst das Wort ›Rendezvous‹, und eine Minute später steht schon ein Kandidat vor der Tür.«

»Also, Fräulein Allseits-Beliebt«, sagt Ida spöttisch, »was hast du dir denn so vorgestellt, welche Art Märchenprinz auf deiner Fußmatte erscheinen soll?«