Gladdy Gold und der tote Ehemann: Band 4 - Rita Lakin - E-Book
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Gladdy Gold und der tote Ehemann: Band 4 E-Book

Rita Lakin

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Beschreibung

Die vermutlich älteste Detektivin der Krimigeschichte: »Gladdy Gold und der tote Ehemann« von Rita Lakin jetzt als eBook bei dotbooks. Kann sie dieses Rätsel lösen? Gladdy Golds große Liebe Jack hat sich ohne ein Wort aus dem Staub gemacht – will er sich etwa von ihr trennen? Zum Glück hat Gladdy einen neuen Fall, der ihr keine Zeit lässt, um auf trübe Gedanken zu kommen: Gemeinsam mit ihren Freundinnen soll sie die Tochter des berühmten Dr. Silverstone finden, die den Kontakt zu ihm abgebrochen hat. Ihre Nachforschungen führen die silbergraue Damenrunde bis nach New York, wo Gladdy zu ihrer größten Überraschung vor Jack steht, der selbst in einem rätselhaften Familienfall ermittelt, der weit in die Vergangenheit zurückreicht und immer verworrener wird … »Gladdy Gold ist eine wunderbare Heldin, voller Elan und Witz.« Romantic Times Jetzt als eBook kaufen und genießen: »Gladdy Gold und der tote Ehemann« von Rita Lakin ist der vierte Band dieser Reihe von humorvollen Kriminalromanen, die auch unabhängig voneinander gelesen werden können. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 290

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Über dieses Buch:

Kann sie dieses Rätsel lösen? Gladdy Golds große Liebe Jack hat sich ohne ein Wort aus dem Staub gemacht – will er sich etwa von ihr trennen? Zum Glück hat Gladdy einen neuen Fall, der ihr keine Zeit lässt, um auf trübe Gedanken zu kommen: Gemeinsam mit ihren Freundinnen soll sie die Tochter des berühmten Dr. Silverstone finden, die den Kontakt zu ihm abgebrochen hat. Ihre Nachforschungen führen die silbergraue Damenrunde bis nach New York, wo Gladdy zu ihrer größten Überraschung vor Jack steht, der selbst in einem rätselhaften Familienfall ermittelt, der weit in die Vergangenheit zurückreicht und immer verworrener wird …

»Gladdy Gold ist eine wunderbare Heldin, voller Elan und Witz.« Romantic Times

Über die Autorin:

Rita Lakin ist seit über zwanzig Jahren als Schriftstellerin, Drehbuchautorin und im Fernsehgeschäft tätig. In diesen Bereichen wurde sie immer wieder für prestigeträchtige Preise nominiert, etwa für den Edgar-Allan-Poe-Preis und den Writers-Guild-of-America-Preis. 2015 veröffentlichte sie ihre Autobiographie »The Only Woman in the Room«, die erstaunliche Einblicke in das Hollywood der 60er Jahre gibt. Heute lebt sie im kalifornischen Marin County.

Bei dotbooks erscheinen in der Gladdy-Gold-Reihe von Rita Lakin »Gladdy Gold und der Geburtstagsmörder«, »Gladdy Gold und der Killer auf dem Kreuzfahrtschiff«, »Gladdy Gold und der charmante Bösewicht«, »Gladdy Gold und der tote Ehemann«, »Gladdy Gold und das mysteriöse Skelett« und »Gladdy Gold und die verführerische Französin«.

***

eBook-Neuausgabe Dezember 2019

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 2008 by Rita Lakin

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2008 unter dem Titel »Getting Old is to Die For« bei The Bantam Dell, A Division of Random House, Inc., New York, New York.

Copyright © der deutschen Ausgabe 2010 by RM Buch und Medien Vertrieb GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

Published by Arrangement with Rita Lakin

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / mapman / Lesia_A / Surasak

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ae)

ISBN 978-3-96148-718-9

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

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Rita Lakin

Gladdy Gold und der tote Ehemann

Krimi

Aus dem Amerikanischen von Thomas Hag

dotbooks.

Dieses Buch ist James gewidmet, mit Liebe von seiner Großmutter

Silvester 1961Riverside Drive, New York City

»Es ist noch nicht mal Mitternacht, und sie feiern schon. Und was ist mit meiner Feier?« Emily Gold, elf Jahre alt, zählte ihren ganz persönlichen Countdown herunter – es waren noch vier Stunden und fünfzehn Minuten, bis sich der genaue Zeitpunkt ihrer Geburt jährte. »Fünf Minuten später, und ich hätte am ersten Januar Geburtstag. Im nächsten Jahr.«

»Mh.« Gladdy murmelte leise Zustimmung, während sie den Zuckerguss aus dem Kühlschrank nahm. Sie wusste, dass diese Tatsache ihre wunderbare Tochter faszinierte. Darauf hinzuweisen war zum Ritual des letzten Tages im Jahr geworden.

Emily lehnte sich so weit wie möglich aus dem Fenster. Die Feuerleiter der Wohnung im vierten Stock versperrte ihr die Sicht, und sie reckte den Hals, um besser sehen zu können. »All die Leute da unten, und alle umarmen sich. Sie blasen in Tröten und tragen komische Hüte. Aber Daddy kann ich noch immer nicht entdecken.«

Sie tat, als schmollte sie, aber Gladdy wusste, wie aufgeregt ihre Tochter war. Emily würde es nie zugeben, doch sie war stolz darauf, dass ihr Geburtstag auf die lauteste, aufregendste Nacht des Jahres fiel. Sie atmete heftig aus und zeigte ihrer Mama die Wölkchen, die ihr Atem bildete.

»Mach das Fenster zu! Es ist eiskalt hier drinnen.« Gladdy fror, obwohl sie zwei Pullover über ihrem braunen Wollkleid trug. Leise verfluchte sie ihren Vermieter. Er gestattete dem Hausmeister lediglich, die Heizung zweimal am Tag einzuschalten, und jeweils nur für eine Stunde. Das Haus hatte zwölf Stockwerke, in jedem befanden sich sechs Wohnungen, und niemand kümmerte sich um die Beschwerden der Mieter. Und dieses Jahr war es ein ausgesprochen bitterer Winter. Besonders, wenn man in der Nähe des Hudson River wohnte, wo die eisigen Winde alles noch schlimmer machten. Wäre es doch nur Frühling. Der Winter mit seiner gnadenlos funkelnden Sonne und den bedrückend langen, dunklen Stunden hatte sie schon immer deprimiert.

Emily trat zurück und schloss das Fenster.

Gladdy zitterte noch immer, aber nicht wegen der Kälte. Sie rieb sich die verschränkten Arme und schaute auf die Uhr. Auch sie sehnte sich danach, dass Jack endlich nach Hause kam. Ihr Viertel, selbst die Gegend um die Universität, wo Jack Literatur unterrichtete, war in letzter Zeit nicht mehr sicher. Es wurde mit Drogen gedealt, und sie mochte es nicht, wenn ihr Mann im Dunkeln heimkam.

»Willst du mir nicht helfen, deinen Kuchen zu verzieren?« Sie nahm einen Spatel und winkte Emily herbei, die sich zu ihr an den Küchentisch aus rotem Kunststoff und Chrom setzte.

Die Nachtluft hatte Emilys Haar feucht und strähnig werden lassen, und lachend schüttelte sie es hin und her. Sie nahm den Spatel und strich den Zuckerguss über die Torte.

»Was meinst du, wirst du dir jemals eine andere Torte zum Geburtstag wünschen?«, fragte Gladdy.

»Nie. Ich werde immer Schokoladevanilletorte am liebsten mögen.«

Je älter ihre Tochter wurde, desto mehr ähnelte sie ihr. Das gleiche ovale Gesicht, die gleichen graugrünen Augen. Das gleiche glatte Haar, in das sich keine Locke schlich. Emily war groß für ihr Alter und schlaksig, genau wie Gladdy als Kind. Niemand bezweifelte je, dass sie Mutter und Tochter waren.

»Erzähl mir noch mal, warum ich Silvester geboren bin.«

Gladdy beugte sich vor und küsste Emily auf die Stirn. »Das fragst du mich jedes Jahr aufs Neue.«

»Und jedes Mal gibst du mir die gleiche Antwort. Aber ich glaube einfach nicht, dass du es so geplant hast.«

Gladdy lächelte. »Du warst mein Silvestergeschenk für Daddy.«

»Wenn ich groß bin, werden meine Freunde bestimmt meinen Geburtstag vergessen. Sie werden viel zu sehr damit beschäftigt sein, Champagner zu trinken und lächerliche Vorsätze zu fassen.«

»Mach dir keine Sorgen. Gerade weil du an diesem Tag Geburtstag hast, werden sie daran denken. Und wer könnte schon jemand vergessen, der so wunderbar ist wie du?« Sanft strich sie einen Klecks Schokolade von Emilys Wange.

Als die Torte mit der Glasur überzogen war und sie die elf Kerzen sorgfältig darauf verteilt hatten, lief Emily wieder zum Fenster. »Wieso braucht Daddy so lange?«

»Er kommt sicher bald. Er muss noch ein paar Korrekturen an seinem Lehrbuch vornehmen.« Gladdy spürte ein leichtes Schuldgefühl, weil sie sich genau darüber am Morgen mit Jack gestritten hatte: Sie hatte ihn ermahnt, nicht zu spät zur Geburtstagsparty seiner Tochter zu kommen. Sie stritten sich fast nie, dachte sie jetzt reumütig.

»Niemand muss an Silvester arbeiten«, sagte Emily vorwurfsvoll. »Und wo bleiben Tante Evvie und Onkel Joe und Martha? Selbst die kommen zu spät.«

Gladdy lächelte. Emily mochte das Aussehen ihrer Mutter geerbt haben, aber sie hatte die gleiche Ungeduld und schier unerschöpfliche Energie wie ihre Tante. »Wahrscheinlich gehen sie ganz langsam, damit sie nicht auf den vereisten Gehwegen ausrutschen.«

»Ich wette, ich kriege wieder das Gleiche geschenkt. Jedes Jahr eine neue Barbie-Puppe. Wissen sie denn nicht, dass ich dafür zu alt bin?« Emily schwang sich auf die Küchentheke und ließ die Beine baumeln. »Und du und Daddy, ihr schenkt mir wieder Bücher.«

»Du liest doch so gerne.«

»Natürlich. Aber ich mag auch Überraschungen.«

»Weißt du, was dein Vater über Bücher sagt?«

»Klar.« Sie ahmte seinen Tonfall nach. »Bücher sind die Fenster der Seele. Mit Büchern ist man nie allein.«

Sie sprang von der Theke, rannte zum Fenster und riss es wieder auf »Ich glaube, da kommt Daddy. Ich erkenne ihn daran, wie er seine Aktentasche schwingt. Jetzt geht meine Party los.«

Gladdy lächelte und stellte sich neben Emily. Jack winkte ihnen immer von unten zu, bevor er das Haus betrat. Das wollte sie nicht verpassen. Zärtlich schob sie eine von Emilys Haarsträhnen zurück.

Auf Jacks Wunsch hatten sie ihre Tochter nach der Dichterin Emily Dickinson benannt, in der Hoffnung, dass sein wunderbares Kind eines Tages auch eine Dichterin werden würde.

Unvermittelt fiel Gladdy ein Zitat von Dickinson ein.

Weil ich für ihn nicht halten konnt,Hielt an der Tod für mich –

In diesem Augenblick hörte sie den Schrei.

1Zwei verlorene Seelen

Es ist Viertel nach neun, vormittags. Meine Schwester Evvie, dreiundsiebzig und damit zwei Jahre jünger als ich, sitzt im Badeanzug in meiner winzigen Küche und trinkt Kaffee. Wir haben uns die Badetücher um die Schultern gelegt, die Klimaanlage läuft auf Hochtouren. Dieser September in Fort Lauderdale ist außergewöhnlich warm.

Wir reden nicht viel, haben schon so viel gesprochen. Das Telefon klingelt, Evvie seufzt.

»Was soll ich ihnen dieses Mal sagen?«, frage ich, ebenfalls seufzend.

»Das Gleiche wie beim letzten Mal. Wir kommen etwas später nach. Sollen sie doch einfach allein rumplanschen.«

Ich nehme den Hörer ab. Dieses Mal ist es Sophie. Offenbar wechseln sich die Girls ab. »Ich weiß, wir sind spät dran«, sage ich, noch bevor sie ein Wort herausbringen kann.

Ihre Stimme ist so laut, dass ich den Hörer von meinem Ohr weghalte. »Gleich sind wir alle weg.«

»Gut«, flüstert Evvie.

»Sie warten noch immer auf dich«, teile ich ihr mit.

»Genau deswegen sitze ich nicht am Pool, sondern hier bei dir. Wenn ich mich lange genug verstecke, gehen sie vielleicht.«

Ich will ihr den Hörer reichen. »Willst du mit Sophie sprechen?«

»Nein, mach du das für mich.«

»Wir sind schon unterwegs«, behaupte ich.

»Irgendwann musst du dich ihnen stellen«, sage ich zu Evvie, nachdem ich aufgelegt habe.

»Je später, desto besser.«

Ich gehe zu ihr und ziehe sie vom Stuhl hoch. »Genug jetzt. Komm schon, du musst dein Leben weiterleben.«

Sie lacht verbittert. »Genau das sage ich die ganze Zeit zu dir, Gladdy.«

Wir sind beide in keiner besonders guten Gemütsverfassung. Seit dem Ende ihrer tragischen Affäre mit Philip Smythe kommt Evvie nicht wieder auf die Beine, und auch in bin in schlechter Form, weil sich Jack aufführt wie ein Jojo. Heute hier, morgen da. Mein Freund – der zweite Jack in meinem Leben – meidet mich, nur weil wir einen albernen Streit hatten. Er glaubt, ich würde die Girls ihm vorziehen. Ich fürchte, ich habe ihn verloren, für immer.

Für meine Schwester ist es jedoch noch schlimmer. Unsere Privatdetektei, Gladdy Gold und Partner, hatte einen vermeintlich harmlosen Auftrag in einem schicken Seniorensitz in Palm Beach übernommen, der sich als äußerst gefährlich für Evvie entpuppte. Zum ersten Mal in ihrem Leben verliebte sie sich wirklich, und fast hätte sie es mit dem Leben bezahlt. Evvie ist zutiefst erschüttert, sie will niemanden sehen und versteckt sich seitdem, meistens in meinem Apartment.

Es klingelt an der Tür. Ich brauche nicht zu raten, wer da ist, es sind die Girls. Sie haben beschlossen, unsere lächerlichen Entschuldigungen zu ignorieren und uns nach draußen zu zerren. Evvie ist starr vor Angst. Ich küsse sie auf die Wange. »Vergiss nicht, all unsere Nachbarn halten dich für eine Heldin, also schalte auf den Schauspielmodus um und zeige ihnen, dass sie recht haben.«

Wir sind ein ziemlich buntgescheckter Haufen Senioren. Seit ungefähr fünfundzwanzig Jahren leben wir in Lanai Gardens in Fort Lauderdale. Zuerst hatten wir alle unseren eigenen Freundeskreis, aber als nach und nach immer mehr Freunde und Verwandte starben, fanden wir zusammen. Wir, das sind Evvie und ich und drei. andere Frauen, die sich umeinander kümmern. Da ich die Einzige bin, die noch Auto fahren kann, bin ich so etwas wie die Anführerin unseres seltsamen Grüppchens.

Unsere Girls linsen durch das Fliegengitter. Ida hat die Arme verschränkt und tippt ungeduldig mit der Fußspitze auf den Boden. Sophie, wie immer vom Kopf bis zu den Zehen Ton in Ton herausgeputzt, hat die Hände in die Hüften gestemmt. Bella steht schüchtern daneben, voller Furcht, dass in unserem kleinen privaten Universum ein Sturm aufkommen könnte.

Ein kurzes Update, was die Haarfarben unserer Gang betrifft: Ida – Salz und Pfeffer, Bella –vollkommen weiß, Sophie, die ihre Farbe nach Lust und Laune wechselt, hat sich diesen Monat für Aprikose entschieden. Ich – noch immer braun, aber mit immer mehr Grau. Evvie hat ihr Haar erst kürzlich kastanienbraun gefärbt, und noch ist keine graue Strähne zurückgekehrt. Ich stelle mir vor, dass sie bei jedem Blick in den Spiegel an Philip denkt, den Mann, in dessen Gegenwart sie sich wieder jung und schön fühlte.

»Also was ist«, sagt Ida, »kommt ihr oder kommt ihr nicht?«

Evvie reißt die Tür so abrupt auf, dass alle zurückzucken. Sie marschiert zum Aufzug und ruft über die Schulter: »Also kommt, bringen wir die Sache ins Rollen.«

Der Pool ist der Pool. Anwesenheitspflicht. Der Versammlungsort der Bewohner von Lanai Gardens, Haus zwei. Hier werden Nachrichten ausgetauscht und Gerüchte verbreitet. Unser Kontakthof. Mit all den üblichen Verdächtigen. Allerdings gibt es neue Konstellationen und Veränderungen. Irving Weiss ist nicht mehr dabei. Millie lebt inzwischen in einem Pflegeheim für Alzheimer-Patienten, und Irv besucht seine geliebte Frau jeden Morgen. Mary Mueller, unsere hausinterne Krankenschwester, die Millie das Leben gerettet hat, fährt ihn immer hin.

Unser neues Ehepaar – Tessie Hoffman-Spankowitz, eine aufgekratzte Sechsundfünfzigjährige, und Sol Spankowitz, ein altersschwacher, depressiver Neunundsiebzigjähriger – ist im Pool. Die kräftige Tessie bemüht sich, ihrem neuen Mann das Schwimmen beizubringen. Es ist schwer zu sagen, wovor er mehr Angst hat – vor dem tiefen Wasser oder vor seiner Frau.

Ein glücklicher Mann ist Sol jedenfalls nicht.

Wir gehen auf unsere gewohnten Liegestühle zu. Gott verhüte, dass jemand die ungeschriebene Sitzordnung durcheinanderbringt. Die Hölle wäre los.

»He, da kommen sie!«, ruft Hy Binder. »Gerade rechtzeitig für meinen neuen Witz.«

Einer der Kanadier applaudiert Evvie. »Sie müssen uns unbedingt von Ihrem großen Abenteuer erzählen.«

Niemand mag Hy Binders Witze, abgesehen von seiner Frau Lola. Aber die ist auch hirntot.

Evvie, die eine Sonnenbrille und einen breitkrempigen Strohhut trägt, um ihr Gesicht und ihre Gefühle zu verbergen, spielt mit. »Da haben wir ja noch mal Glück gehabt.« Es gibt kaum jemanden, der Hys Witze mehr hasst als sie, aber im Moment ist sie für alles dankbar, was sie nicht ins Rampenlicht rückt.

Hy ergreift die Gelegenheit, bevor ihn jemand daran hindern kann. Er verbeugt sich vor den Frischvermählten im Pool. »Dieser Witz ist Mr und Mrs Spankowitz gewidmet.«

Tessie grinst und schlingt ihre fetten Arme um Sols schmächtigen, altersgefleckten, verspannten Hals.

Die Kanadier vertiefen sich rasch wieder in ihre Zeitungen und Magazine. Andere stöhnen leise auf. Nur Evvie richtet sich auf ihrem Liegestuhl auf, scheinbar voller Erwartung.

Hy ist Feuer und Flamme. »Sam kommt zum Arzt und sagt: ›Doktor, meine Frau versucht mich zu vergiften.‹ – ›Seien Sie nicht albern, Sam‹, sagt der Arzt. ›Doch, wirklich, sie hat es auf mich abgesehen‹, beharrt Sam. Der Doktor seufzt und sagt: ›Dann schicken Sie Ihre Frau Maisie doch mal vorbei.‹ Am nächsten Tag kommt Sam wieder, diesmal mit Maisie. Sie geht ins Sprechzimmer. Sam wartet draußen, eine Stunde, zwei Stunden. Auf einmal stürzt der Arzt aus seinem Zimmer, schweißüberströmt. ›Was soll ich machen, Doktor?‹, fragt Sam. ›Nehmen Sie das Gift‹, sagt der Arzt, ›nehmen Sie das Gift.‹«

Tessie, die die Pointe wie immer nicht verstanden hat, sieht ratlos aus, Sol nickt anerkennend.

Dann ertönen die üblichen Buhrufe. Nur Sophie hat sich köstlich amüsiert und applaudiert.

Enya Slovak, die die Konzentrationslager überlebt hat, sieht ihn an. »Hy Binder, schäm dich!« Dann widmet sie sich wieder ihrem Buch.

Evvie steht auf. »Ich habe ganz vergessen, dass ich einen wichtigen Anruf machen muss. Wiedersehen, Rasselbande.« Sie eilt davon und lässt eine Wolke aus Enttäuschung zurück. Unsere Nachbarn hatten auf den neuesten Klatsch gehofft.

Um uns aufzumuntern, kocht uns Bella zum Abendessen ihre berühmte Hühnersuppe mit Matzebällchen, Pastinaken und Suppengrün.

Bellas Apartment ist stets blitzblank, und ich frage mich, wie sie das mit ihren dreiundachtzig Jahren noch immer ganz allein schafft. Die anderen haben längst einen Putzdienst engagiert. Bella jedoch sagt, dass sie es liebt, zu putzen. Besonders das Fensterputzen. Und das Bügeln. Na ja, jedem das Seine.

Aber heute wirkt Bellas Suppenzauber nicht. Ich sitze lustlos vor dem Teller, ebenso wie Evvie, und das liegt daran, dass die Girls beschlossen haben, uns zur Mahlzeit einen Vortrag zu halten. Es geht um Liebe, oder was sie davon halten. Alle haben sie eine dezidierte Meinung dazu.

Ida, die Männerhasserin, sagt: »Männer taugen sowieso nichts. Wer braucht sie schon?«

Sophie meint: »Sie sind wie Linienbusse. Irgendwann kommt schon der nächste.«

Bella steuert bei: »Ich glaube, Männer sind nett, aber ich kann mich nicht mehr erinnern.«

Es folgen spezifische Ratschläge, die mir gelten.

Evvie drängt mich, Jack anzurufen. »Du hast den einzig guten. Pass auf, dass du ihn nicht verlierst.« Dann bricht sie in Tränen aus.

Ida reicht die Terrine weiter. »Ich persönlich würde keinem Mann eine Träne nachweinen.«

Sophie gönnt sich ihren dritten Teller. »Ruf an, bettele, wenn es sein muss. Dabei kannst du ja die Finger hinter dem Rücken kreuzen.«

Bella lässt die Terrine weiterwandern, ohne sich zu bedienen. »Ich mag Jack. Er ist ein guter Mensch. Wohin geht er, hast du gesagt? Miami Beach?«

Ich muss das Thema so schnell wie möglich hinter mich bringen. »Er hat gar nichts gesagt. Und ich habe versucht ihn anzurufen, aber er nimmt nicht ab. Ehrlich, es geht mir gut. Evvie braucht Hilfe.«

»Ich brauche keine Hilfe«, entgegnet sie. »Ich brauche nur etwas Ruhe und Frieden.«

Ida rät ihr: »Es ist dumm, sich selbst leidzutun. Hasse ihn und hak ihn ab.«

Sophie meldet sich zu Wort: »Mir ist immer noch nicht ganz klar, wen du liebst: Philip oder Ray?«

Bella platzt heraus: »Was ist eigentlich mit dem Mörder? Er gehört auf den Stuhl.«

Evvie springt auf. »Lasst mich in Ruhe! Ihr alle!« Sie rennt zur Tür. »Danke für die Suppe. Nächstes Mal Hüftsteak, bei mir.« Mit diesen Worten verschwindet sie.

Bella ist erschüttert. »Sie hat nicht mal die Brownies probiert.«

2Männerabend mit Vater und Sohn

»Ich sollte langsam mal nach Hause«, sagt Jack Langford zu seinem Sohn Morrie.

»Aber es ist erst zehn. Wovor hast du Angst? Dass du dich in einen Kürbis verwandelst?«

»Sehr witzig.«

Die beiden Männer räumen in Morries kleinem Haus im südlichen Teil von Fort Lauderdale den Tisch ab. Das geht schnell, da Esszimmer und Küche ineinander übergehen – äußerst praktisch für einen Junggesellen.

»Schade, dass du so gut kochen kannst«, meint Jack und stellt die Teller in die Spüle.

»Eine merkwürdige Bemerkung, um nicht zu sagen undankbar für jemanden, der gerade den letzten Bissen meines Bœuf Stroganoff verputzt hat.«

»Wenn du jeden Abend hungern müsstest, würdest du dir vielleicht endlich ein nettes Mädchen angeln und sesshaft werden.«

»Du klingst wie Mama.« Bei dem Gedanken an Faye, die eine wunderbare Ehefrau und Mutter gewesen war, lächeln beide Männer.

»Du gehst auf die vierzig zu, Sonnyboy.«

»Ich könnte dich daran erinnern, dass du erst mit vierzig geheiratet hast.«

Jack grinst. Ihm gefällt diese Kabbelei mit seinem Sohn. »Das war etwas anderes. Damals musste ich erst noch Geld verdienen, bevor ich eine Familie gründen konnte. Und außerdem hielt man noch was auf eine lange Verlobungszeit.« Er greift nach dem Weinglas auf dem Tisch und trinkt einen Schluck.

»Und was ist mit Lisa?« Morrie schiebt die Hemdsärmel hoch, lässt heißes Wasser in das Spülbecken laufen und gibt etwas Spülmittel in einen Schwamm. »Auch meine Schwester hat nicht früh geheiratet. Sie wollte erst beruflich weiterkommen. Spät zu heiraten liegt also offensichtlich in der Familie.«

Jack geht nicht darauf ein, sondern setzt noch eins drauf. »Und was stimmte nicht mit dieser wunderschönen Rothaarigen, Annie? Ich mochte sie.«

»Sie ist ein Kontrollfreak und wollte über jede Minute meines Tagesablaufs Bescheid wissen. Und über jeden meiner Gedanken. Keine gute Eigenschaft für die Frau eines Polizisten.«

»Und Lynn? Du sagtest einmal, sie sei perfekt.«

»War sie auch. Für jemand anderen. Das hat sie mir jedenfalls gesagt, als sie mir den Ring zurückgegeben hat.«

»Hoppla. Den Teil hast du mir nie erzählt.«

»Vielleicht habe ich ja kein Glück in der Liebe.«

»Oder du bist zu wählerisch. Sieh dich nur weiter um, sonst glauben die Kerle auf der Wache noch, du wärst schwul.«

»Oder schlau. Zumindest die Geschiedenen und Desillusionierten.«

Das ist ein alter Witz zwischen den beiden – Jack war früher selbst Polizist. Im Übrigen ist Morries bester Freund und früherer Arbeitskollege Oz Washington schwul. Dabei ist er ein lausiger Koch, wie jeder auf der Wache bestätigen kann. So viel zu Vorurteilen.

»Du musst gerade reden.« Morrie reicht seinem Vater ein Geschirrtuch, während er abspült. »Was war mit Michelle? Warum hast du sie nicht geheiratet? Du warst doch unsterblich in sie verliebt. Wie lange ist es her, seit ihr diese Reise nach Frankreich gemacht habt? Acht Jahre?«

Jack sieht ihn an. Er hat schon lange nicht mehr an sie gedacht, hat den Monat, den sie gemeinsam verbracht hatten, als kurzes Abenteuer abgeschrieben. Die schöne, aufregende Französin und der einsame Amerikaner. Eine perfekte Urlaubsreise, eine perfekte Affäre. Warum hatte er so viel Angst davor gehabt, sie nach Amerika mitzubringen? Oder warum war ihm der Gedanke, mit ihr in Paris zu leben, nicht reizvoll erschienen? Weil er in der Nähe seiner Kinder bleiben wollte. Auf der anderen Seite war er sich nicht sicher gewesen, ob Michelle mit ihm hierhergekommen wäre. In Paris hatte sie eine eigene Talkshow im Fernsehen, war fest verwurzelt dort. Und sie war viel jünger als er. Letzten Endes hatte er sie nie gefragt, überzeugt davon, dass sie ihn abgewiesen hätte.

»Ich hätte die Sache nie erwähnen sollen.«

Morrie grinst. »Erwähnen?« Er ahmt den Tonfall seines Vaters nach. »›Was soll ich bloß tun: zu ihr zurückgehen? Sie anrufen?‹ Monatelang hast du uns mit deinem Gejammer in den Ohren gelegen und uns damit in den Wahnsinn getrieben.«

»Sinnlos, einer Sache nachzuweinen, die so lange her ist.« Jack seufzt. Es war ein Abenteuer, aber eines von der Sorte, die jeder einmal erleben sollte.

»Und nun, du Experte für Beziehungen, hast du auch Gladdy Gold vergrollt. Und dabei habe ich schon jeden Tag im Briefkasten nachgeschaut, ob die Einladung zur Hochzeit drin ist.«

Jack schüttelt den Kopf. »Im Grunde hat sie ihren letzten Ehemann noch immer nicht beerdigt. Daher klammert sie sich an ihre Schwester und ihre Freundinnen und hat Angst vor einer Veränderung.«

»Aber sie wollte doch mit dir kommen. Auf eine einsame Insel. Hört sich auch nach einer perfekten Reise an.«

Jack schlägt spielerisch mit dem feuchten Geschirrtuch nach seinem Sohn. »Diese Reise hat mich in meiner Vermutung nur bestätigt. Hätte sie wirklich mit mir allein sein wollen, hätte sie unser Reiseziel wohl kaum Bella verraten. Ich glaube, sie war erleichtert, als sie das Fax bekam, das uns zur vorzeitigen Rückkehr zwang. Unbewusst natürlich.«

»Ach so war das, Herr Diplompsychologe.«

»Natürlich würde sie es leugnen, aber ich habe recht.«

Nachdem das Geschirr abgewaschen und abgetrocknet ist, gehen die Männer zur Tür.

»Essen und dann nichts wie weg, so einer bist du«, sagt Morrie neckend und knufft seinen Vater in die Schulter.

»Und dennoch hoffe ich immer, wenn ich nach Hause komme, dass sie eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hat.«

»He, Dad, ein Telefon funktioniert in beide Richtungen. Ruf du sie doch an.«

»Nein.« Jack schüttelt den Kopf. »Sie braucht Zeit, um sich über alles im Klaren zu werden.«

»Du willst also abwarten, bis sie zu dir kommt?«

»Erst mal habe ich etwas anderes vor. Ich werde eine Weile in New York verbringen.«

»Und ...?«

»Deine Schwester und Dan und die Kids besuchen.«

»Und? Tu nicht so geheimnisvoll. Du führst doch etwas im Schilde.«

»Und ein paar Kumpel in meinem alten Revier treffen ...«

»Und? Und?«

»Und womöglich Gladdys Fall wieder aufrollen. Vielleicht gelingt es mir, den Täter zu finden, der ihren Mann umgebracht hat.«

Jack dreht sich um und winkt zum Abschied, ohne sich umzusehen. Er weiß auch so, dass Morrie ihm mit großen Augen hinterherschaut.

3Morrie weicht aus

Ich habe die Nase voll von dem Problem meiner Schwester ... bei mir ist ja alles ganz anders. Aber wenn ich ehrlich bin ... zur Hölle mit dem Stolz ... ich vermisse Jack ganz furchtbar und will Antworten. Ich brauche Antworten! Wenn der Vater nicht reden will, quetsche ich eben den Sohn aus.

Auf der Polizeiwache habe ich schon mehrmals eine Nachricht für Detective Morgan Langford hinterlassen, aber er ruft nie zurück. Muss in der Familie liegen. Morrie weiß nur zu gut, warum ich anrufe. Dieses Mal frage ich nicht nach ihm, sondern will nur wissen, wann sein Dienst beginnt.

Was bin ich doch für eine Heuchlerin. Ich habe Evvie einen Rat gegeben, den ich selbst nicht beherzige. Mach Schluss, wenn es sinnlos ist. Ich sage Evvie, dass sie sich von Philip lossagen muss, weil es keinen Sinn hat, und was tue ich? Hinter ihrem Rücken versuche ich, Jack wiederzugewinnen. Andererseits hat Evvie wirklich keine Chance. Sie muss ihr Leben ohne Philip leben. Es gibt keine Hoffnung, dass sie je wieder zusammenkommen. Sollte ich das nicht ebenfalls beherzigen, mit einem Mann, der mich nicht mehr will? Doch solange ich mir nicht vollkommen sicher bin, dass es so ist, gebe ich nicht auf.

Und so stehe ich hier vor der Polizeiwache von Lauderdale. Sie ist ziemlich neu und strahlt nicht die Romantik, wenn man es so nennen will, der alten Wache aus, den leicht heruntergekommenen Anstrich, den sie mit ihren Klienten teilte. Wo sind die lallenden Säufer, wo die sarkastischen Punks? Wieso prügelt sich keiner mehr? Wo ist der schale Geruch von gescheiterten Existenzen? Die neue Architektur hat alles fortgewischt. Die Halle, in der die Leute warten, ist so sauber und langweilig wie das Büro eines Buchhalters. Ich gehe zur Anmeldung und behaupte frech, ich hätte einen Termin mit Detective Langford. Dass er da ist, weiß ich, soll er sehen, wie er sich davor drücken kann, mit mir zu sprechen.

Nach einer Weile, in der er, wie ich mir vorstelle, mit seinem Gewissen ringt, geht schließlich die Tür seines Büros auf. Morrie hat die Ärmel hochgekrempelt und macht einen äußerst beschäftigten Eindruck.

In einer entwaffnenden Geste hebe ich die Hände. »Ich weiß, du hast keine Zeit. Ich habe nur eine einzige simple Frage: Wo ist dein Vater?«

Er führt mich nach draußen. Gegenüber steht die neue Bibliothek, die sich den Parkplatz mit der Polizeiwache teilt. Ich bevorzuge meine alte Bücherei, wo ich mich inmitten der alten Regale und meiner alten Freunde heimisch fühle. Diese hier ist ultramodern; in einem riesigen Raum stehen Reihen von Computern, an denen die Kids in ihre Computerspiele vertieft sind, anstatt ihre Hausaufgaben zu machen. Nichts für mich.

»Gladdy, nimm mich nicht in die Mangel«, sagt Morrie.

»Aber ich muss dich in die Mangel nehmen. Du weißt, wo er ist, und ich will, dass du es mir sagst.«

Morrie scheint überrascht. Diesen Frontalangriff hat er nicht erwartet. Wahrscheinlich hat er gedacht, ich würde verzagen, wenn er sich verschlossen zeigt.

»Ich kann nicht«, beharrt er.

»Weil du es nicht weißt – oder hat er dir verboten, mir etwas zu erzählen?«

»Bitte, Gladdy, lass das. Ich muss jetzt wieder reingehen, um einen Mann zu verhören, der wahrscheinlich seine Frau mit der Gartenaxt zerstückelt hat. Das scheint mir eine leichtere Aufgabe als das hier.«

»Feigling.«

»Ja, meinetwegen. Aber es steht mir nicht zu, dir etwas zu sagen, und das ist mein letztes Wort.«

»Na schön.« Ich ändere meine Taktik. »Warum will Jack nicht, dass ich es erfahre?«

»Meine Lippen sind versiegelt.«

»Ist er mit einer anderen Frau durchgebrannt?«

»Er würde doch nie ...«, platzt es aus Morrie heraus.

Ich verberge mein Lächeln. Immerhin, ein Etappensieg. »Nun, dann ist das zumindest geklärt. Kannst du mir sagen, wann er wieder zurückkommt?«

»Ich weiß es nicht.«

An seinen Augen kann ich sehen, dass das keine Lüge ist. Morrie weiß, wo sein Vater ist, aber er weiß nicht, wann er wiederkommt.

»Würdest du ihm etwas von mir ausrichten?« Ich spüre, wie mir die Tränen in den Augen brennen. Meine Kehle schnürt sich zu. »Bitte sag ihm, dass ich ihn dringend sprechen muss.«

Man sieht Morrie an, wie furchtbar unangenehm ihm das Ganze ist, und er bringt nur ein Schulterzucken zustande. Bevor ich mich umdrehe und zu meinem Wagen gehe, schleudere ich ihm eine Bosheit an den Kopf. »Kein Wunder, dass du nicht verheiratet bist. Du hast vielleicht keine Angst vor Axtmördern, aber ganz sicher hast du Angst vor Frauen.«

Ich meine es nicht so, aber es tut gut, an seinem Käfig zu rütteln. Obwohl es ein höchst einseitiges Gespräch war, fühle ich mich jetzt besser. Immerhin weiß ich nun, dass mein Jack nicht mit einer anderen unterwegs ist. Er liebt mich noch immer. Hoffe ich.

Als ich vor meinem Wagen stehe, fühle ich noch immer Morries Blick im Rücken.

Manchmal muss eine Frau ein Biest sein, wie Ida einmal zu mir sagte.

4Ein neuer Fall

»Ruhe bitte!« Ida klopft mit dem Teelöffel gegen ihre Tasse und schlägt ihren Ordner auf.

Mit diesen Worten beginnt die wöchentliche Sitzung von Gladdy Gold & Partner. Unser Geschäftsslogan lautet: »Senioren-Detektei für Senioren«, unser Motto: »Traue keinem unter fünfundsiebzig«. Natürlich darf bei unseren Sitzungen das Essen nicht fehlen. Wir befinden uns in Evvies Apartment, also ist es an ihr, für unser leibliches Wohl zu sorgen. Gerade trägt sie den Lunch aus der Küche herein. Sie ist dunkel gekleidet, was ganz und gar untypisch für meine Evvie ist. Bis vor kurzem trug sie meistens bunte Farben und wilde Muster, ein Spiegelbild ihrer guten Laune. Aber das war einmal.

Und als gute Gastgeberin erweist sie sich heute auch nicht. Das Essen hat sie von dem Feinkostladen in der Nähe kommen lassen. Unerhört. Wir nutzen unsere Sitzungen auch als Gelegenheit, mit unseren Kochkünsten anzugeben. Evvies Spezialität ist ein köstliches Hühnchenfrikassee mit Hähnchenflügeln und Hackfleischbällchen, wobei sie ihm mit süßem Paprika aus Ungarn Pep verleiht. Aber ich schweife ab.

In letzter Zeit ist es Ida, die alles zusammenhält.

Während Sophie und Bella Kaffee und Strudel auftragen, geht Ida die Liste mit potenziellen Aufträgen durch. Im Grunde bleibt nur einer übrig. Ida hat auf der Liste bereits alles ausgestrichen, was uninteressant für uns ist. Derweil ist Evvie noch immer in der Küche und tut so, als wäre sie mit dem Abwasch beschäftigt. Auch wenn sie gesagt hat, sie könne dort alles mithören, wissen wir, dass sie sich vor der Wirklichkeit verschließt und nur eines will – sich verstecken.

»Wir haben einen Anruf aus Naples erhalten, von einem Dr. Harvard Silverstone und seiner Frau«, sagt Ida.

Bella, unsere Sekretärin, holt ihr Notizbuch hervor. »Wo ist das?«

»An der Westküste Floridas, genau auf der anderen Seite von uns«, antwortet Ida. »Das Ehepaar ist in den Neunzigern, ihre Tochter wohnt in Fort Lauderdale. Es steht wohl ein großes Jubiläum an – der siebzigste Hochzeitstag! –, und sie möchten, dass ihre Tochter daran teilnimmt.«

Sophie kreist mit dem Finger über dem Teller mit dem Apfelstrudel, um sich ein ordentliches Stück herauszupicken. »Ja, und?«

»Genau«, meldet sich Bella zu Wort. »Das soll ein Fall sein?«

»Geduld«, mahnt Ida. »Ich bringe euch auf den neuesten Stand. In ihren E-Mails schreibt ihre Tochter Linda ihnen, dass sie nicht kommen kann, mit der Begründung, sie sei zu beschäftigt. Wenn sie bei ihr anrufen, erreichen sie nur den Anrufbeantworter. Sie haben sie seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen.«

»Das ist nicht sehr nett von ihr«, sagt Bella.

»Und was erwarten sie von uns?«, fragt Sophie.

Eigentlich müsste ich mich jetzt ebenfalls einbringen, aber ich kann einfach nicht. Ich sehe, wie Evvie mit ihren Töpfen hantiert und wie traurig sie dabei wirkt. Wenn ich nur wüsste, wie ich ihr helfen kann.

»Glad?«, sagt Ida und reißt mich aus meinen Gedanken. »Was meinst du?«

»Es scheint nicht so schwierig zu sein. Man sucht die Tochter auf, fragt sie geradeheraus, warum sie nicht kommen will. Könnt ihr drei das nicht übernehmen?«

Es dauert eine Weile, bis sie begriffen haben, dass ich nicht mitmachen will.

»Aber du bist unser Chauffeur!«, protestiert Sophie.

»Denny wird euch bestimmt gern fahren.« Als gutmütiges Faktotum der Anlage hilft Denny den Senioren, wo er nur kann.

Eine Weile schweigen die Girls und überlegen.

Auch wenn Ida die ganze Zeit über Verständnis und Mitgefühl zeigte, hat ihre Geduld für unser Problem Grenzen. Sie schiebt ihren Stuhl zurück. »Nun, das wäre geklärt«, sagt sie schroff. »Kommt, Girls, wir haben einen Auftrag.« Ihre Stimme klingt ziemlich eisig, und ich kann es ihr nicht verübeln. Mein Selbstmitleid ist mir ebenfalls zuwider.

Sophie wirft einen gierigen Blick auf das letzte Stück Strudel und nimmt es sich für unterwegs mit.

Ich zucke die Achseln. »Tut mir leid«, sage ich.

»Danke für den Lunch!«, ruft Bella auf dem Weg nach draußen zu Evvie in die Küche. »Aber könnten wir beim nächsten Mal wieder das Frikassee kriegen?«

Evvie murmelt etwas Unverständliches.

Die Girls schwirren hinaus. Ich begebe mich in die Küche und setze mich auf einen der beiden Stühle an den winzigen Esstisch. Evvie hat mir den Rücken zugedreht.

»Wir müssen damit aufhören, Ev.«

Evvie dreht sich um. Sie weint. »Ich kann nicht, ich kann einfach nicht. Ich fühle mich so elend.« Sie sinkt auf den anderen Stuhl und lehnt den Kopf an meine Schulter. »Ich vermisse ihn, in jeder Sekunde.«

Sie sieht mich flehentlich an. »Wenn ich ihn nur ein einziges Mal wiedersehen könnte ...«

Ich streichele ihr über den Arm. »Schatz, du weißt, dass du das nicht darfst. Es ist vorbei. Du musst aufhören, dich selbst zu quälen.«

Es klingelt an der Tür.

»Geh du«, sagt Evvie. »Wahrscheinlich hat eins der Girls was vergessen. Ich will mit niemandem reden.«

Zu meiner großen Überraschung steht ein alter Bekannter vor der Wohnungstür. Joe Markowitz, Evvies Ex-Mann. Ich habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. Die Zeit ist nicht gnädig mit ihm umgegangen. Früher von stattlicher Größe, scheint er jetzt geschrumpft zu sein, und mit seinen hängenden Schultern wirkt er, als leide er an Osteoporose. Von seinem lockigen schwarzen Haar sind nur noch ein paar graue Strähnen übriggeblieben. Seine dunklen Augen, die einst so groß schienen und funkelten, sind wie ausgewaschen. Er sieht mich traurig an und ringt sich ein kurzes Lächeln ab. »Hallo, Gladdy. Lange nicht gesehen.«

Ich kann nicht verhindern, dass ich ihn anstarre. »Evvie, du glaubst nicht, wer hier ist.«