Glückskekse im Advent - Silke Wolfrum - E-Book

Glückskekse im Advent E-Book

Silke Wolfrum

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Beschreibung

Finja muss man einfach ins Herz schließen! Eine etwas andere Weihnachts- und Adventskalendergeschichte von Silke Wolfrum, zum Vorlesen und ersten Selberlesen

Das ist wirklich der schlimmste 1. Advent, den Finja je erlebt hat! Kein Kranz und keine Plätzchen, außer den doofen Glückskeksen, die überall herumliegen, seit Papa diesen Auftrag angenommen hat: Er soll die Sprüche für Glückskekse schreiben, steht aber seit Tagen auf der Leitung. Und er bekommt nichts auf die Reihe, jetzt, wo Mama nach ihrer OP in der Reha ist. Es gibt nicht mal einen Adventskalender! Da erfindet Finja einfach die tollsten Geschenke, die darin sein könnten, um vor ihren Mitschülern das Gesicht zu wahren. Blöd nur, dass die irgendwann Beweise sehen wollen. Wie soll Finja da bloß wieder rauskommen? Eine verrückte Weihnachtsgeschichte voll liebenswerter Charaktere, herrlich schräg illustriert von Nele Palmtag.

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Finja hat die tollsten Geschenke in ihrem Adventskalender: Eine Zaubernuss zum Beispiel, die es schneien lässt, oder einen sprechenden Glückskeks. Zumindest erzählt sie das in der Schule. In Wirklichkeit hat Finja nicht einmal einen Adventskalender bekommen, weil Mama in der Reha ist und Papa vergessen hat, einen zu machen. Blöd nur, dass Finjas Mitschüler irgendwann Beweise sehen wollen. Wie soll sie da bloß wieder rauskommen?

Eine etwas andere Adventsgeschichte für die ganze Familie – zum Vor- und ersten Selberlesen.

 

Silke Wolfrum

 

Glückskekse im Advent

 

Eine Geschichte in 24 Kapiteln

 

Mit Illustrationen von Nele Palmtag

 

 

Carl Hanser Verlag

 

 

1

 

Liebe Mama,

es ist blöd, dass du weg bist. Gestern war der 1. Advent, und Papa hat an nichts gedacht, es gab keinen Adventskranz und keine Plätzchen. Er hat sogar vergessen, den Adventskalender aufzuhängen, die Söckchen! Er ist immer noch blockiert, und kochen kann er auch nicht. Zu Weihnachten gehört doch auch die Zeit davor, aber Papa kümmert sich gar nicht darum. Ich habe schon in den Gang geschaut. Da ist immer noch nichts. Jetzt muss ich gleich in die Schule, aber ich wette, draußen regnet es.

 

Finja geht zum Fenster und drückt ihre Nase gegen die Fensterscheibe. Im Scheinwerferlicht eines vorbeidröhnenden Autos sieht sie es ganz genau: Regen. Nass glänzender Asphalt, nasser Gehweg, alles nass. Finjas Nase wird kalt, aber sie starrt trotzdem weiter nach draußen. Obenrum trägt sie noch ihren Schlafanzug, untenrum ist sie schon angezogen. Ihre braunen Locken stehen in alle Richtungen. Bald wird ein Vogel darin nisten. Kein Wunder, wenn keine Mama da ist, die einen kämmt! Für ein richtiges Frühstück ist es auch schon zu spät. Nichts passt an diesem Montagmorgen, und deshalb tut Finja das, was sie am besten kann: Sie finjatisiert.

 

 

 

Erst sieht sie es nur ein bisschen, aber nach und nach werden aus den Regentropfen immer mehr Schneeflocken. Tanzende Schneeflocken, die das Garagendach gegenüber, die Dächer, die Bäume, die Straße, den Gehweg zudecken. Der Himmel ist nicht mehr grau, sondern strahlend blau, und es schneit und schneit. Hunderttausend, ach was, Millionen kleine weiße Schneekristalle fallen und fallen vom Himmel und wirbeln in der Luft. Ganz Rüdlingen verschwindet unter einer weißen Schneedecke. Finja und Mo müssen ihre Skier aus dem Keller holen, um zur Schule zu kommen. Dort schaufelt ihnen der dicke Draschke das Schultor frei. Alle Kinder helfen mit und graben einen Tunnel durch die Schneeberge, damit sie ins Schulhaus können. Aber es schneit weiter und weiter, so sehr, dass alle Zeitungen und Fernsehsender vom »Jahrhundertschnee in Rüdlingen« berichten, und auch Mama hört davon, und da löst sich der Knoten in ihrem Hals von ganz alleine – einfach so, ohne OP, weil Mama so gerne Ski fährt. Und was soll sie da auf einer Insel? Mama packt alles wieder ein, was sie gerade ausgepackt hat, und kommt nach Hause. Und bevor sie alle zusammen Ski fahren gehen, kocht sie Chili con Carne, Finjas Lieblingsessen. Natürlich hängt Mama auch schnell noch den Adventskalender in den Gang und füllt alle alten Babysöckchen von Finja mit kleinen Geschenken und Süßigkeiten. Die ganze Zeit schneit es, und Finja und Mama stellen zusammen in der Wohnung Tannenzweige auf und schmücken sie, und sie backen Plätzchen zusammen, so viele, dass die ganze Wohnung duftet. Der Duft lockt Papa aus seinem Arbeitszimmer. Erst sieht er noch aus wie ein Zombie, blass und rotäugig, aber dann kommt wieder Leben in ihn. Es macht »bling«, und plötzlich hat er ganz viele Ideen für seine verfluchten Glückskekse, und dann machen sie alle zusammen …

»Fiiiiiiinjaa!«, sagt Mo in diesem Genervter-Bruder-Ton. »Du bist ja noch nicht einmal angezogen! In zwei Minuten geh ich!«

Schlagartig hört Finja wieder den Regen, und ihre Nase ist jetzt so kalt, dass sie Angst hat, sie könnte an der Scheibe festgefroren sein. Sie bekommt die Nase dann aber doch ganz leicht los und starrt mürrisch auf ihren Bruder, der gleich wieder verschwindet.

 

Mama! Ich wünschte, ich könnte dir diesen Brief schicken, aber du wirst ja jetzt operiert und brauchst keine zusätzlichen Sorgen, hat Papa gesagt. Viel Glück für deine OP!

 

Ratsch, ratsch, zerreißt Finja ihren Brief und wirft ihn in den Papierkorb.

»Was ist jetzt?«, schreit Mo. Er ist schon im Anorak.

Hinter ihm taucht Papa auf. Im Schlafanzug, mit zerzausten Haaren und ganz tiefen dunklen Augenringen.

»Kaffee!«, murmelt er und wankt zur Küche.

Während Finja ihr Schlafanzugoberteil gegen einen Pulli tauscht, denkt sie daran, wie Papa ausgesehen hat, als er ihnen von seinem »großen Auftrag« erzählt hat. Nämlich ganz anders. Wie ein glücklicher Buddha. Er drückte ihnen allen einen Glückskeks in die Hand, Mo, Mama und Finja. Seine Augen leuchteten. Dann packte er sich den Suppenschöpflöffel und tat, als wäre das ein Mikrofon.

»Meine geliebten Kinder, meine bewundernswerte Ehefrau, ich habe EINEN AUFTRAG!«, rief er in das Suppen-Mikro. »Und zwar nicht irgend so einen Popelauftrag, für den es nur ein paar Cent gibt, neiheeeeiiiin, ich habe einen Auftrag, bei dem richtig viel Kohle rausspringt. Und wenn es funktioniert, dann werden weitere Aufträge folgen. Ihr haltet quasi gerade unser Glück in Händen!«

Sie haben die Glückskekse angeschaut und gelacht, weil Papa mit dem Hintern wackelte. Verstanden haben sie da noch nichts.

Aber dann hielt Papa den Suppenlöffel in die Höhe, sodass er aussah wie die Freiheitsstatue von Amerika, und rief: »Tatata taaaaaaaa! Ich werde Glückskekse-Texter!« Papa machte einen Luftsprung, bei dem er an den Tisch rumpelte, sodass der Tee aus allen Tassen schwappte. Aber das war gerade alles egal.

»Künstler sind nun mal Kindsköpfe«, sagt Mama immer.

Bisher hat Papa Bücher geschrieben, die keiner kaufen wollte. Jetzt sollte er Sprüche für Glückskekse schreiben, und zwar 111 Stück für die Reihe »Hochzeitsgesellschaft«.

Sie sollten vor allem »originell« sein, das heißt nicht so langweilig wie normale Glückskekssprüche, erklärte Papa. »Eine echte künstlerische Herausforderung«, prahlte er.

Dann öffneten alle ihre Glückskekse und holten den kleinen weißen Papierstreifen heraus, der darin eingebacken war. Auf Mamas Zettel stand: »Das Leben ist ein Auf und Ab.«

»Wie öde!«, kommentierte Papa.

Auf Mos Zettel stand: »Wer liebt, wird gegengeliebt werden.« Finja musste kichern, Mo wurde rot, und Papa sagte wieder nur: »Öde, öde, öde!«

 

 

 

Auf Finjas Zettel stand: »Suche nicht nach Fehlern, suche nach Lösungen.« Papa machte nur »Pf!« dazu. Dann las er seinen Zettel vor: »Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag!« Er knüllte den Zettel zusammen und warf ihn hinter sich. »MEINE Sprüche werden besser!« Wie ein Gorilla klopfte er sich auf die Brust.

Da hatte er noch keine Ringe unter den Augen. Und noch keine »Schreibblockade«.

 

Heute fehlen ihm noch 13 Sprüche, der Abgabetermin ist kurz vor Weihnachten. Komisch, denkt Finja, erst war der Auftrag so ein Glück, und jetzt hat er Papa zum Zombie gemacht. Diese Glückskekse sind in Wirklichkeit Unglückskekse. Papa schlurft nur noch durch die Wohnung, er ist gar nicht mehr lustig, und wenn man was von ihm will, sagt er nur: »Sorry, Mäuschen, aber ich hab ʼne Blockade.«

Finja stellt sich diese Blockade wie ein fieses Wesen vor, mit großen Ohren und einem Rüssel. Es grinst frech, rollt mit den Augen, und wenn Papa nach einem neuen Spruch sucht, dann streckt es ihm die Zunge raus und sagt immer nur »Bäh!«.

Finja schnappt sich ihre Schultasche, und Mo hetzt hinterher. Aus dem Augenwinkel sieht sie Papa in der Küche hocken. Er starrt in seine Kaffeetasse.

Als die Wohnungstür zufällt, schreckt er kurz auf und murmelt: »Müsst ihr nicht schon längst los?«

 

 

 

 

2

 

Als Finja hinter Mo Richtung Schule läuft, fällt ihr ein, dass sie vergessen hat, Felix zu füttern. Wie gern würde sie jetzt eine Runde mit ihm kuscheln. Manchmal schnurrt Felix dann, fast wie eine Katze, obwohl er nur ein Meerschweinchen ist. Finja bekommt ein schlechtes Gewissen, weil sie seinen Käfig schon so lange nicht mehr gereinigt hat. Aber da Mama sie nicht mehr daran erinnert, vergisst sie es dauernd.

Was Mama jetzt wohl macht? Sie ist so unendlich weit weg, ganz oben in Deutschland, am Meer. Hätte Frau Iggenpol nicht wann anders Hals über Kopf heiraten und in Flitterwochen fahren können? Dann hätte Mamas Chorleiter Zeit gehabt, für das große Weihnachtsoratorium einen anderen Ersatz für sie zu finden, nicht Mama. Dann hätte Mama nicht die ganze Zeit in einer falschen Stimmlage singen müssen (nämlich in der von Frau Iggenpol), und dann hätte sie jetzt keinen Knoten im Hals und müsste nicht operiert werden. Einen Knoten im Hals bekommt man, wenn man die Stimme »falsch einsetzt« und »überstrapaziert«, erklärte Mama, oder besser: Sie flüsterte es. Denn da war es schon zu spät und der Knoten schon drin. Finja dachte erst, so schlimm könne es nicht sein, weil sie ja gar keinen Knoten in Mamas Hals sah, aber dann flüsterte Mama, es seien eigentlich zwei Knoten oder besser zwei Hügelchen auf ihren Stimmlippen, und die könne man von außen gar nicht sehen. Aber man müsse sie wegoperieren, und hoffentlich würde dann ihre Stimme wieder so wie früher. Das hat sie ganz leise geflüstert, Finja konnte es kaum verstehen. Aber so traurig, wie Mama aussah, war ihr schon klar, dass es mit dieser OP nicht so einfach war. Wenn Mamas Stimme nicht mehr wie früher wird, kann sie nicht mehr im Chor singen und auch sonst keine Auftritte mehr geben. Vielleicht kann sie dann nicht einmal mehr Gesangsunterricht geben. Was soll sie dann bloß machen?

OP heißt übrigens Operation, das hatte Mama auch noch erklärt. Wenn sie wenigstens hier in der Nähe hätte operiert werden können. Das wäre dann so was wie »Glück im Unglück« gewesen, aber so war es »Unglück im Unglück«. Denn dieser Spezialist für Stimmbandoperationen bei Sängern musste ja unbedingt in Hamburg leben, am Ende der Welt. Und nicht nur das, es war ja alles noch viel schlimmer. Nach dieser OP, vor der Mama so Angst hatte, durfte sie vierzehn Tage lang nicht sprechen. Kein einziges Wort, nicht einmal flüstern. Vierzehn Tage lang, fast die ganze Vorweihnachtszeit! Singen durfte sie natürlich auch nicht. Wie sollte das überhaupt sein, Weihnachten ohne Mamas Gesang?

Finjas Gedanken sind so düster, dass es ein Wunder ist, dass dabei die Sonne aufgehen kann. Das macht sie jetzt aber und taucht Rüdlingen, wenn auch etwas zaghaft, in morgendliches Licht. Hätte Finja nicht permanent auf den nassen Asphalt gestarrt, vielleicht hätte sie Rüdi gesehen oder die Frau mit den roten Haaren und den großen Ohrringen neben ihm, und vielleicht hätte einer der beiden ihr ein klein wenig zugeblinzelt.

 

 

 

Rüdi oder »unser Rüdi«, wie ihn die Rüdlinger liebevoll nennen, steht schon seit über 250 Jahren auf einem Sockel vor der Rathausmauer. Seit wann die Rüdlinger im Vorbeigehen über seine Schnauze streichen, ist nicht bekannt. Aber es muss schon lange so sein. Denn Rüdis Schnauze ist blitzblank und glänzt. Auf seinem restlichen Körper sieht man hier und da grünliche Altersflecken, aber in der Schnauze könnte man sich spiegeln. Sehr zu Rüdis Zufriedenheit, denn jeder braucht schließlich Streicheleinheiten und ein Glücksschwein ganz besonders.

 

Finja aber beachtet Rüdi nicht und Mo übrigens auch nicht. Er denkt an einen Brief, den er geschrieben hat und der nun in viele kleine Fetzchen zerrissen in seiner Hosentasche steckt. Es ist kein Brief an seine Mama, nein, der Brief ist an eine andere weibliche Person gerichtet. Mos Hose wird noch Schlimmes widerfahren und daraufhin in die Waschmaschine wandern, um dort viele kleine weiße Papierkügelchen zu hinterlassen. Aber von diesem Schicksal wissen weder Mo noch seine Hose im Moment.

 

Finja und Mo sind schon fast am Schultor, als Sina angedüst kommt.

»Hallihallo, hallihallo!«, ruft sie und reibt Finjas Arm zur Begrüßung. Sina muss ihre Freundinnen immer umarmen, abrubbeln, anfassen. »Was hast du bekommen?«, fragt sie atemlos und schiebt ihre Mütze ein Stückchen nach hinten. Die Mütze ist grün und hat Glitzersterne drauf. »Ich gestern eine Brausekugel und heute einen Herzchen-Radiergummi, schau mal!« In Sinas flauschigem Handschuh liegt ein roter Radiergummi in Herzform. »Total süüüüüüß, oder?«

Finja hätte auch gern so einen Radiergummi. Finja ahnt schon, woher Sina diesen Radiergummi hat, aber sie macht auf ahnungslos: »Von wem hast du den?«

»Er war im zweiten Säckchen, meine Mama hängt immer lauter kleine bunte Säckchen in den Gang, wenn ich schon schlafe. Das finde ich immer sooooo toll. Und was hast du für einen Adventskalender?«

Finja erstarrt. Sie tut so, als hätte sie die Frage nicht gehört. Zum Glück sind sie jetzt von so vielen Kindern umgeben, die alle am dicken Draschke vorbei durchs Schultor drängen, dass Sina nicht noch einmal nachfragt. Aber damit ist es nicht getan. Das merkt sie, kurz nachdem sie das Klassenzimmer betritt. Alle reden dort von ihren Kalendern. In Larsʼ Adventskalender war ein kleines Auto, in Monas eine Playmobil-Figur, und Anastasia hat natürlich wieder das Allerbeste bekommen: einen wundervollen roten Glitzerball. Wenn man ihn auf den Boden wirft, blinkt er. Es ist schon schlimm genug, wenn man keinen Adventskalender bekommt, noch schlimmer ist es, wenn man die Einzige ist, die keinen bekommen hat.

Alle wollen jetzt Anastasias Ball auf den Boden werfen, sie ist mal wieder der Star. Wer darf ihren Ball werfen? Die Auserwählten glühen vor Stolz. Wie eine Königin thront Anastasia auf ihrer Bank und bestimmt gnädig, wer den Ball einmal auf den Boden knallen darf. Sie trägt heute wieder ihre Pailletten-Jeans und den Eisbär-Pulli. Draußen im Gang stehen ihre Reiterstiefel. Anastasia ist die Einzige in der Klasse, die ein eigenes Pferd hat, und alle beneiden sie darum, außer vielleicht Lars – der würde nie ein Pferd gegen seinen Hockeyschläger tauschen.

Finja schleicht zu ihrem Platz und beobachtet Anastasia aus den Augenwinkeln. Wie gern würde sie auch mal diesen Glitzerball in den Händen halten.

»Lass mich mal!«, »Nein mich!«, schreien die anderen.

Tanni setzt sich neben Finja. »Bei mir war ein Schokobär drin«, sagt sie und verfolgt mit den Augen, wie der rote Ball durchs Klassenzimmer hüpft. »Und bei dir?«

Was soll Finja jetzt sagen? Dass sie überhaupt nichts bekommen hat, weil ihre Mama in Hamburg ist und ihr Papa nur an seine Blockade denkt anstatt an Weihnachten?

»Genau, jetzt sag schon!«, ruft Sina von hinten. »Du hast mir immer noch nicht gesagt, was bei dir drin war!«

 

 

 

In dem Moment landet der Glitzerball auf Finjas Kopf. Au. Alle lachen, auch Finja. Sie tut jedenfalls so, als würde sie lachen. In Wirklichkeit passiert in ihrem Kopf aber etwas ganz anderes. Vielleicht hat der Aufprall des Glitzerballs in Finjas Kopf einen Schalter umgelegt, einen Hebel in Gang gesetzt, eine Schraube gelockert?

Denn als Sina fragt: »Oder hast du gar nichts bekommen?«, antwortet Finja: »Natürlich hab ich was bekommen.«

»Und was?«

»Einen Glückskeks.«

»Die kriegst du doch dauernd«, sagt Lars, der neben Sina sitzt.

Das stimmt. Seit Papa seinen »großen Auftrag« bekommen hat, liegen bei Finja zu Hause die Glückskekse säckeweise herum. Finja nimmt sich für fast jede Pause welche mit, auch wenn die Dinger nur nach süßem Löschpapier schmecken. Aber momentan bekommt sie ja sowieso keine richtige Brotzeit, weil Papa – na ja.

»Es ist ein besonderer Glückskeks«, sagt Finja jetzt, »eine Spezialanfertigung, eigentlich geheim.«

Später weiß Finja nicht mehr, wie sie darauf gekommen ist. Sie ist sich nicht einmal sicher, ob SIE das gesagt hat oder vielleicht irgendeine andere Finja. Bisher hat sie nur in ihrem Kopf finjatisiert, aber jetzt müssen diese Kopf-Gedanken irgendwie raus, und vielleicht ist daran wirklich dieser verfluchte Glitzerball schuld.

»Erzähl!«, haucht Sina, und auch Tanni und Lars schauen jetzt gar nicht mehr dem roten Ball hinterher, sondern nur auf Finja.

»Also, es ist ein sprechender Glückskeks.«

»Waaaaas???«

»Ihr dürft es aber nicht weitersagen«, flüstert Finja, »wenn man den Glückskeks öffnet, hört man einen Spruch, man muss ihn nicht mehr selbst lesen.«

»Cool, lesen ist eh doof«, sagt Lars.