H. C. Hollister 26 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 26 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Banditen und Revolverschwinger bringen Unruhe nach Omaha. Ein strebsamer Marshal könnte es hier keine Woche lang mit heilen Knochen aushalten, daher will sich auch niemand den Stern an die Weste heften. Der Bürgermeister braucht einen Mann, der besonnen und friedliebend ist, einen kühlen Kopf bewahrt und nicht jede Herausforderung annimmt.
Der Satteltramp Hiob Haggerty kommt abgerissen und auf schiefgetretenen Absätzen in die Stadt und gibt ein Bild des Jammers ab. Kraftlos, ohne den winzigsten Funken Mut und mit panischer Angst vor Waffen und Prügeleien, nimmt er das Amt des Hilfsmarshals an.
Doch was verbirgt sich wirklich hinter dem harmlos-heiteren Hilfsmarshal Hiob Haggerty, der all jene Eigenschaften verkörpert, die zu dem Begriff "Wolf im Schafspelz" geführt haben?


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Inhalt

Cover

Hilfsmarshal Hiob Haggerty

Vorschau

Impressum

Hilfsmarshal Hiob Haggerty

Banditen und Revolverschwinger bringen Unruhe nach Omaha. Ein strebsamer Marshal könnte es hier keine Woche lang mit heilen Knochen aushalten, daher will sich auch niemand den Stern an die Weste heften. Der Bürgermeister braucht einen Mann, der besonnen und friedliebend ist, einen kühlen Kopf bewahrt und nicht jede Herausforderung annimmt.

Der Satteltramp Hiob Haggerty kommt abgerissen und auf schiefgetretenen Absätzen in die Stadt und gibt ein Bild des Jammers ab. Kraftlos, ohne den winzigsten Funken Mut und mit panischer Angst vor Waffen und Prügeleien, nimmt er das Amt des Hilfsmarshals an.

Doch was verbirgt sich wirklich hinter dem harmlos-heiteren Hilfsmarshal Hiob Haggerty, der all jene Eigenschaften verkörpert, die zu dem Begriff »Wolf im Schafspelz« geführt haben?

Wenn jemals ein Mann auf den ersten Blick als abgerissener und zerlumpter Satteltramp zu erkennen gewesen ist, so ist es Hiob Haggerty. Seine blaugrauen Augen blicken schläfrig aus einem lederhäutigen, verwitterten Gesicht. Seine ursprünglich graue Hirschlederjacke ist über und über mit Flicken bedeckt.

Beim linken Stiefel hat sich das Oberleder von der Sohle gelöst. Daran kann selbst ein Lederriemen nichts ändern, den er als Notbehelf um den Vorderfuß geschlungen hat.

Trotz der grinsenden Blicke von Passanten reitet Hiob unbekümmert die Straße hinab. Er ist ein Mann, dessen Alter schwer zu schätzen ist. Seine wettergegerbte Haut würde zu einem Endvierziger ebenso passen wie zu einem Mittdreißiger. Nur einem sehr aufmerksamen Beobachter würde es auffallen, dass er sich durch seine zusammengesunkene, schlappe Haltung älter macht als er ist, denn seine Augen wirken jung. Wenn er die Lider hebt, kann man erkennen, dass hinter diesem Satteltramp mehr steckt, als es der äußere Anschein vermuten lässt.

Bei einem Mietstall, der dicht an der Mündung einer Seitengasse liegt, biegt er schließlich ein und sitzt mit schwerfälligen Bewegungen ab.

»Man muss schon genau hinsehen, wenn man erkennen will, dass dieser magere Ziegenbock ein Gaul ist«, sagt der Mietstallbesitzer grinsend. Mit einem traurigen Blick schaut Hiob auf das Tier und nickt.

»Ja, viel Staat ist mit dem Wallach nicht mehr zu machen«, sagt er bitter. »Einem Schaukelpferd gegenüber hat er den Nachteil, dass er fressen muss.«

Der Mietstallbesitzer mustert den Satteltramp misstrauisch und sagt dann:

»Wenn Sie ihn bei mir unterstellen wollen, Mister, macht das einen halben Dollar pro Tag – im Voraus.«

Er streckt Hiob auffordernd die geöffnete Hand entgegen. Mutlos krempelt Hiob Haggerty seine Taschen nach außen, eine Geste, die den Stallbesitzer die Brauen runzeln lässt.

»Vielleicht könnten Sie den Sattel als Pfand betrachten, Mister«, murmelt der Satteltramp bedrückt.

»Hahaaaa!« Es ist ein höhnisches Lachen. »Hören Sie, Freund, selbst wenn Sie bezahlen können, habe ich Bedenken, Ihren Sattel hierzubehalten. Wer garantiert mir, dass Sie dieses aufgeplatzte Monstrum auch wieder abholen? Lassen Sie sich etwas Besseres einfallen.«

An Hiob Haggertys Schläfen schwellen die Adern. Schon liegt ihm eine heftige Erwiderung auf der Zunge, als hinter ihm eine helle Stimme klingt:

»Warum bist du so hart, Dad? Das arme Tier kann doch nichts dafür, dass dieser Gentleman kein Geld hat.«

Hiob hört den leichten Schritt und dreht sich rasch um. Der Anblick des Mädchens treibt ihm die Röte ins Gesicht. Er zieht den Hut und murmelt verlegen:

»Vielen Dank, Miss. Ich wollte wirklich nur ...«

»Ich verstehe immer Gentleman«, unterbricht ihn die Stimme des Stallbesitzers. »Das hier ist ein Satteltramp, Elaine, wie sie sich in letzter Zeit viel zu häufig in dieser Stadt herumtreiben. Von diesen Burschen, die ohne festen Job in der Welt herumziehen, kommen nur Kummer und Verdruss.«

»Aber das Pferd, Dad ...«, wendet das Mädchen ein.

»Zur Hölle mit diesem Schinder«, knurrt der Alte. »Wenn es diesem Kerl wirklich darauf ankäme, seinen Gaul zu versorgen, hätte er längst einen Job annehmen können. Er ist kräftig und gesund, und Arbeit gibt es für einen sattelgewohnten Mann überall.«

Obgleich er diese Worte giftig hervorstößt, um seine Handlungsweise zu rechtfertigen, fehlt ihnen die Überzeugungskraft. Als Hiob auf das Mädchen blickt, sieht er, dass ein Lächeln wie ein verlorener Sonnenstrahl über ihr Gesicht huscht.

»Dad –«, sagt sie nur mit leisem Vorwurf, und dieses eine Wort lässt den Stallbesitzer sich kräftig räuspern. Er wagt es nicht, seine Tochter anzusehen, und brummt vor sich hin:

»Nun ja, mein Stall ist zwar kein Wohltätigkeitsunternehmen. Wo käme ich hin, wenn ich jeden ...«

Diesmal ist es Hiob, der ihn unterbricht.

»Vielleicht kann ich es bei Ihnen abarbeiten, Mister. Sicher haben Sie eine Beschäftigung für mich.«

Mit einem störrischen Brummen nimmt der Alte das Pferd am Zügel und führt es in den Stall. Lächelnd blickt ihm das Mädchen nach.

»Er ist gar nicht so, wie er immer tut«, sagt sie. »Leider hat er in letzter Zeit einige schlimme Erfahrungen gemacht und ist etwas verbittert.«

Hiob dreht seinen Hut zwischen den Händen und hält damit erst inne, als sein Zeigefinger durch ein ausgefranstes Loch ins Freie dringt.

»Mein Name ist Haggerty«, grinst er etwas verlegen, als er die forschenden Blicke des Mädchens auf sich ruhen fühlt. »Ich hoffe, Sie haben keinen falschen Eindruck von mir, Miss ...«

»Ich bin Elaine Denby«, antwortet das Mädchen ruhig. »Ich fürchte, es ist kaum möglich, einen falschen Eindruck von Ihnen zu bekommen, Mister Haggerty. Ihr Äußeres ist viel zu eindeutig. Begehen Sie auch nicht den Fehler, meine Unterstützung auf sich selbst zu beziehen. Es ging mir wirklich nur um das Pferd.«

Hiob scheinen diese abweisenden Worte eher zu erheitern als zu kränken. Er nimmt sich Zeit, Elaine Denby von Kopf bis Fuß zu betrachten, so lange, bis ihre dunklen Augen vor Zorn zu sprühen beginnen. Dann erst lächelt er harmlos und sagt:

»Wir scheinen gemeinsame Interessen zu haben, Miss Denby. Mir ging es nämlich auch nur um das Pferd. Und was mein Äußeres betrifft – nun, man muss den Kern einer Sache sehen. Auch pures Gold verbirgt sich oft unter einer Kruste von Lehm.«

Das Mädchen starrt ihn sprachlos an. Weniger der Sinn seiner Bemerkung als die Art, wie er sie mit überheblichem Grinsen vorbringt, ist es, was ihren Unwillen erregt. Sie stemmt die Arme in die Seiten und sagt kopfschüttelnd:

»Sie sollten sich schämen, Mister Haggerty. Mein Vater hatte vollkommen recht: Sie sind ein kräftiger Mann, der überall Arbeit finden könnte. Leider scheinen Sie es vorzuziehen, ihr aus dem Weg zu gehen und zerlumpt wie ein Strolch herumzulaufen. Sehen Sie sich nur Ihre Stiefel an, – oder Ihren Hut, – oder Ihre Jacke!«

Mit einiger Mühe gelingt es Hiob, sein Gesicht in zerknirschte Falten zu legen. Seine Gedanken aber sind mit ganz anderen Dingen als ihrem Verweis beschäftigt. Es ist eben das Schicksal aller hübschen Frauen, dass ihren Worten weniger Bedeutung beigemessen wird als ihrem Aussehen. Und Elaine Denby ist zweifellos sehr hübsch. Sie ist hochbeinig und schlank. Ihre am Hals geöffnete Bluse gibt den Blick auf einen gebräunten Halsansatz frei, und selbst bis hierher reicht die sanfte Röte, von der ihr feingeschnittenes Gesicht übergossen ist. Mit unnachahmlichem Stolz trägt sie den Kopf. Die Bewegung mit dem entblößten Unterarm, mit der sie sich immer wieder eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht streicht, erscheint Hiob schon nach wenigen Augenblicken seltsam vertraut. Es gibt keinen Zweifel, dass ihm Elaine Denby gefällt. Das kann ihn jedoch nicht davon abhalten, auf ihre Strafpredigt zu entgegnen:

»Ich bin keiner von den Männern, die sich damit zufriedengeben, dreißig Dollar im Monat zu verdienen, in einem Bunkhouse mit vielen anderen zu schlafen und vom Boss jeden ihrer Schritte vorgeschrieben zu bekommen, Miss Elaine. Vielleicht bin ich ein Spieler, der gern alles auf eine Karte setzt ...«

»... und dabei alles verliert«, fährt sie heftig dazwischen. »Glauben Sie wirklich, dass ein Mann so sein Leben aufbauen sollte, Mister Haggerty?«

Sein trauriger Blick weist Ähnlichkeit mit dem eines gescholtenen Dackels auf.

»Es ist schwer, den richtigen Weg wiederzufinden, wenn man einmal aus dem Gleis geraten ist. Bei mir fing es schon in frühester Jugend damit an.«

Ihr Eifer scheint sich mit einem Schlag in Mitgefühl zu verwandeln.

»Ihr Vater?«, fragt sie gespannt.

»Er trank«, murmelt er theatralisch. »Besser gesagt: er soff! Kein Mensch kümmerte sich um mich. Ich schwänzte monatelang die Schule und trieb mich herum, schlief in Ställen und Schuppen und schlug mich meistens mit kleineren Diebstählen durch. Wenn ich in unsere Bretterbude zurückkam, hatte mein Vater meistens noch gar nicht bemerkt, dass ich seit acht Wochen verschwunden war. In der ganzen Zeit kann er keine Minute nüchtern gewesen sein.«

»Das ist ja entsetzlich«, stöhnt Elaine Denby. »Dass Sie überhaupt ruhig über diese bittere Jugend sprechen können, Mister Haggerty!«

»Ah nein«, wehrt Hiob mit einer Handbewegung ab. »Bitter wurde es immer erst, wenn er nichts mehr zu trinken hatte und langsam nüchtern wurde. Dann prügelte er mich so lange, bis ich ihm auf irgendeine Weise Schnaps verschaffte. Am schönsten war es immer, wenn er sich für ein paar Wochen in eine andere Gegend verzogen hatte. Dann machte ich gewissermaßen Ferien.«

»Furchtbar«, ächzt das Mädchen. »Und wovon haben Sie dann gelebt?«

»Nichts leichter als das!«, kichert Hiob. »Viele Leute haben die dumme Angewohnheit, ihr Federvieh frei herumlaufen zu lassen. Bei mir gab es jeden Tag Geflügel.«

Endlich scheint in dem Mädchen das Misstrauen zu erwachen. Sie blickt ihn argwöhnisch an und sagt mit gerunzelter Stirn:

»Aber das musste den Leuten doch auffallen. Kein Mensch lässt sich wochenlang bestehlen, ohne nach dem Dieb Ausschau zu halten.«

Hiob ist für wenige Sekunden ratlos. Denn er hat sich mit seiner hübsch ausgedachten Geschichte festgefahren. Er grinst.

»Natürlich«, bestätigt er eifrig. »Deshalb musste ich meine Streifzüge auch immer weiter ausdehnen. Sehen Sie, Miss, eine solche Jugend bleibt nicht in den Kleidern stecken. Man wird arm geboren und gewöhnt sich an den Zustand. Mir jedenfalls geht es so, dass ich mir ein anderes Leben nicht mehr vorstellen kann.«

Echtes Mitgefühl lässt die Augen Elaine Denbys dunkel erscheinen.

»Aber Sie sind doch ein Mann«, wendet sie ein, »und es ist eines Mannes unwürdig, sich einfach treiben zu lassen. Haben Sie denn gar keinen Ehrgeiz? Wollen Sie in Ihrem Leben denn nichts erreichen?«

»Wozu?«, entgegnet er unbeschwert. »Ich lebe – manchmal mit kleinen Schwierigkeiten, wenn ich auf Leute wie Ihren Vater stoße, aber immerhin, ich lebe.«

»Und wenn Sie endlich einmal neue Kleidung brauchen?«

»Wer weiß, es wird sich alles finden«, gibt er ungerührt zurück. »Sie geben sich viel Mühe mit mir, Miss Elaine, aber leider ist sie vergebens. In Arizona gab es einen Padre der Indianermission, der mich zu einem besseren Lebenswandel bekehren wollte. Ich habe mich wirklich angestrengt, aber am Ende ist es doch schiefgegangen. Da war er der Meinung, ich sei ein schwärzeres Schaf als seine heidnischen Missionskinder, die er von ihrem Manitou abbringen wollte.«

»Großer Vater«, keucht sie, jetzt restlos erschlagen. »Sie sind womöglich noch stolz darauf, in der menschlichen Gesellschaft die Rolle eines Außenseiters zu spielen? Mit Ihrem Spott wollen Sie alles von sich fernhalten, und dabei bin ich ganz sicher, dass ein guter Kern in Ihnen steckt.«

»Das habe ich Ihnen schon zu Anfang gesagt«, triumphiert er. »Ein goldener Kern in rauer Schale.«

»Dann werden Sie jetzt den Stall ausmisten, Freund«, grollt hinter Hiob die raue Stimme John Denbys, des Mietstallbesitzers. »Ich verlasse mich nämlich lieber nicht darauf, dass Sie anderswo einen Job finden. Alle nötigen Geräte finden Sie in der Ecke dort hinten. Hören Sie auf, Süßholz zu raspeln, und fangen Sie an.«

Elaine errötet bei den groben Worten ihres Vaters, und um deren Wirkung abzuschwächen, setzt sie hinzu:

»Ich werde Ihnen derweil etwas zu essen machen, damit es Ihnen nicht schlechter ergeht als Ihrem Pferd, Mister Haggerty.«

Hastig wendet sie sich um und verschwindet im Haus. Hiob starrt ihr lächelnd nach, erinnert sich aber noch rechtzeitig daran, dass er von John Denby beobachtet wird, und macht sich schuldbewusst an die Arbeit. Mit einem unverständlichen Grunzen verschwindet auch John Denby.

Der lange Stall hat fast zwanzig Boxen. Für Hiob ist es ein Glück, dass nur etwa die Hälfte davon belegt ist. Trotzdem bleibt genug Arbeit, um ihn innerhalb der nächsten anderthalb Stunden zum Schwitzen zu bringen. Ganz entgegen seinem zur Schau getragenen leichtfertigen Wesen verrichtet er seine Sache sorgfältig und ordentlich. Er versorgt die ausgefegten Boxen mit neuem Stroh, schleppt Wasser heran und schrubbt mit dem Besen die Tröge und Rinnen. Als das Tageslicht schwindet, arbeitet er noch im Schein einer Laterne.

Seinem mageren Wallach misst er verstohlen eine zusätzliche Haferration zu, klopft ihm die knochige Flanke und murmelt:

»Du hast deine Mission erfüllt, mein Alter. Ich schätze, jetzt kann ich dich und den Sattel ausruhen lassen. Du hast eine gute Vorstellung gegeben, nun hast du Ruhe.«

Er geht an sein Bündel, das in eine verschlissene Guttapercha-Plane gewickelt ist, holt sich sein Waschzeug heraus und geht zur Pumpe. Im gleichen Augenblick jedoch, da er wieder auf den Hof hinaustritt, wird seine bis dahin straffe und aufgerichtete Haltung wieder müde und lustlos. Mit einem Schlag scheint er um ein volles Jahrzehnt gealtert.

Gerade ist er mit dem Waschen fertig und kämmt mit den traurigen Überresten eines Kamms sein drahtiges, mittelblondes Haar zurück, als John Denby auftaucht. Mit Argusaugen inspiziert er im Schein der Lampe den Stall, während Hiob sein Bündel wieder zusammenschnürt. Als der Stallbesitzer auch in den hintersten Winkeln keinen Schmutz mehr entdecken kann, kommt er zurück und lässt sich zu einem anerkennenden Nicken herab.

»Nicht schlecht«, knurrt er. »Elaine hat das Essen fertig, Sie können reinkommen.«

Offenbar hat er das freudige Grinsen bemerkt, das auf diese Aufforderung hin Hiobs Gesicht überzieht. Denn er setzt dieser Freude einen Dämpfer auf:

»Kommen Sie nur nicht auf falsche Gedanken, Freund. Meine Mädels sind mir zu schade als Objekt für die Annäherungsversuche eines Satteltramps. Richten Sie sich gleich drauf ein, verstanden?«

Warum Denby von »seinen Mädels« sprach, wird Hiob klar, als er die gemütliche Stube betritt und durch den breiten Durchbruch einen Blick in die Küche werfen kann. Außer Elaine gibt es dort noch ein zweites Mädchen, schlank und mit tausend Spottteufelchen in den Augen. Während Hiob Elaine auf etwa einundzwanzig Jahre schätzt, mag dieser kleine Kobold etwa siebzehn Lenze zählen. Als sie Hiob erblickt, stößt sie ihre Schwester an und beginnt spöttisch zu kichern.

»Dein Held sieht aber ziemlich zerrupft aus«, glaubt Hiob ihr Raunen zu verstehen. Wider Willen errötet er und bemerkt den Widerschein seiner Röte auch in Elaines Gesicht, als sich diese wieder einmal die Strähne aus der Stirn streicht, aufblickt und sagt:

»Wir sind gleich fertig, Mister Haggerty. Setzen Sie sich nur schon an den Tisch.«

Elaine erscheint mit einem Tablett, auf dem dampfende Schüsseln stehen. Hiob läuft das Wasser im Mund zusammen. Er springt auf, ist dem Mädchen beim Absetzen behilflich und muss dafür einen argwöhnischen Blick John Denbys hinnehmen, der ihn unter zusammengezogenen Brauen beobachtet.

Elaine denkt während des Essens an die Geschichte von Hiobs Jugend, die er so ausführlich breitgetreten hat. Sein Äußeres passt zu dieser Erzählung, doch sein Gesicht spricht eine andere Sprache. Sie verspürt den unerklärlichen Wunsch, Hiob Haggerty als Mann zu betrachten, der im Leben eine Aufgabe erfüllt und nicht ziellos durch das Land reitet.

»Was soll es für ein Job sein, nach dem Sie sich umsehen wollen, Mister Haggerty?«, eröffnet sie die Unterhaltung, als sie mit essen fertig sind.

Hiob ist auf eine solche Frage vorbereitet. Ein Lächeln umspielt seinen Mund, als er sich erhebt.

»Das Futter für meinen Gaul habe ich abgearbeitet«, erwidert er, »und ich selbst bin ebenfalls satt. Es ist also gar nicht mehr so eilig mit einem Job, Miss Elaine. Vielen Dank für die Mahlzeit, sie war ganz ausgezeichnet. Ich glaube, ich habe Ihnen jetzt genug Mühe bereitet. Guten Abend.«

Als er den Raum verlassen hat, ist die Reaktion der Zurückgebliebenen sehr unterschiedlich. John Denby starrt finster zur Tür, lehnt sich in seinem Stuhl zurück und langt nach einer Pfeife.

»Er ist einer von den haltlosen Burschen, die ihr Leben lang ein Satteltramp bleiben werden und schließlich bettelnd von einer Ranch zur anderen ziehen«, knurrt er geringschätzig. »Schade um ihn.«

✰✰✰

Ein verrückt gescheckter Pinto steht vor der Kneipe, die sich großspurig »Golden Palace« nennt. Die Nacht ist vollends hereingebrochen. Petroleumfackeln erhellen die Hauptstraße mit ihrem dunkelrot flackernden Licht.

Hiob Haggerty stellt sehr rasch fest, dass der Golden Palace eine Mischung aus Saloon und Spielhölle ist. Der niedrige Raum ist von fast undurchdringlichen Tabakwolken erfüllt, die wie dichte Nebelschwaden unter der Decke hängen. Das Klappern von Roulettekugeln und das Schnurren der Glücksräder klingt aus dem Hintergrund. Auf einem kleinen Podium neben der Bar mühen sich ein Klavierspieler und ein Geiger, mit ihren Instrumenten den Lärm zu übertönen.

Langsam läuft Hiob durch das Lokal, mustert die Männer aus schmalen Augen und wird seinerseits von ihnen abgeschätzt. Seine Aufmachung ist mehr als eindeutig, so als trüge er ein Schild um den Hals mit der Aufschrift Satteltramp. Dementsprechend wendet sich die Aufmerksamkeit sehr rasch wieder von ihm ab.

Schließlich entdeckt er an einem Tisch eine dreiköpfige Pokerrunde: einen dunkelhaarigen, zierlichen Burschen, den seine schwarze Kleidung als Berufsspieler ausweist, einen breitgebauten, muskulösen Rotkopf mit gutmütigen Augen und einen unscheinbaren Mann mit gelbem, faltigem Gesicht.

Scheinbar ohne dieser Runde auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken, lässt sich Hiob am Nebentisch nieder, stützt die Ellbogen auf die nicht ganz saubere Platte und legt das Kinn in die Handflächen. So bietet er das Bild eines Mannes, der nur mit seinen eigenen Problemen beschäftigt ist.

Welcher Art diese Probleme sind, erweist sich, als ein hemdärmeliger, beschürzter Barkeeper an seinen Tisch tritt und sich rau nach seinen Wünschen erkundigt. Da hebt Hiob nämlich plötzlich einen Fuß, sodass der Mann wie vor einem Tritt zurückweicht, nestelt an seinem Sporn herum und legt ihn schließlich auf den Tisch.

»Das ist reines Silber«, erklärt er. »Mexikanische Arbeit. Für das Paar habe ich achtzig Dollar bezahlt. Ihnen mache ich einen Sonderpreis, Freund: dreißig Dollar für diesen prächtigen Sporn.«

Das Gesicht des Barkeepers wird finster.

»Ich reite nicht«, brummt er sarkastisch. »Und hier wird nur Bargeld in Zahlung genommen. Wenn Sie keines haben, verschwinden Sie, Mister.«

»Aber das ist doch ein fairer Preis«, wendet Hiob erbittert ein. »So ein Geschäft wird Ihnen nicht alle Tage geboten, Freund.«

Stumpfsinnig wie ein Bulle schüttelt der Barkeeper den Kopf, hebt seinen fleischigen Arm und deutet zur Tür.

»Raus!«, grunzt er nur.

Die ungewöhnliche Szene hat inzwischen eine ganze Reihe interessierter Zuschauer gefunden. Am Nebentisch haben die Spieler ihre Karten beiseitegelegt und verfolgen amüsiert die Vorgänge. Im gleichen Augenblick jedoch, da Hiob sich in Richtung Tür in Bewegung setzt, ruft der dunkelhaarige Spieler:

»Auf ein Wort, Cowboy. Zeig dein Prachtstück einmal her.«

Achselzuckend kommt Hiob dieser Aufforderung nach, geht zu dem Tisch und legt den Sporn vor den Spieler hin. Dieser betrachtet das Objekt eingehend.

»Das ist ausgezeichnet ziseliert«, sagt er anerkennend. »Außerdem ist es eine Schmiedearbeit der Zuni-Indianer und als solche schon sehr wertvoll. Wo ist der zweite Sporn?«

Hiob hebt leicht die Hände.