H. C. Hollister 27 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 27 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Für Warren Martin sind die Dunstschleier über den Hügeln der Breaks nichts weiter als ein Zeichen, dass sich das warme Spätsommerwetter noch eine Weile halten wird. Bald wird man auf allen Weiden von Süd-Dakota mit dem Roundup beginnen. Aber Warren selbst wird an dem großen Viehauftrieb nicht mehr teilnehmen dürfen, denn sein Rancher Elder Hancock hat ihn entlassen.
Warren Martin ist gerecht genug gewesen, sich auf die Seite des Kleinranchers Grey zu stellen, den drei Männer aus Warrens eigener Broken-Cross-Mannschaft wegen Viehdiebstahls bestrafen wollten. Elder Hancock aber duldet keine kleinen Rancher und betrachtet die Breaks als sein Eigentum. Niemand kann den Weidekrieg mehr aufhalten.
Warren gehört weder zu den Kleinranchern noch auf die Seite Hancocks, der ihn entlassen hat. Und doch scheint er der einzige Mann zu sein, der den Frieden in den Breaks wiederherstellen könnte ...


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Inhalt

Cover

Brennende Hügel

Vorschau

Impressum

Brennende Hügel

Für Warren Martin sind die Dunstschleier über den Hügeln der Breaks nichts weiter als ein Zeichen, dass sich das warme Spätsommerwetter noch eine Weile halten wird. Bald wird man auf allen Weiden von Süd-Dakota mit dem Roundup beginnen. Aber Warren selbst wird an dem großen Viehauftrieb nicht mehr teilnehmen dürfen, denn sein Rancher Elder Hancock hat ihn entlassen.

Warren Martin ist gerecht genug gewesen, sich auf die Seite des Kleinranchers Grey zu stellen, den drei Männer aus Warrens eigener Broken-Cross-Mannschaft wegen Viehdiebstahls bestrafen wollten. Elder Hancock aber duldet keine kleinen Rancher und betrachtet die Breaks als sein Eigentum. Niemand kann den Weidekrieg mehr aufhalten.

Warren gehört weder zu den Kleinranchern noch auf die Seite Hancocks, der ihn entlassen hat. Und doch scheint er der einzige Mann zu sein, der den Frieden in den Breaks wiederherstellen könnte ...

Die Dunstschleier, die selbst jetzt im Sommer über der weiten Hügellandschaft der Breaks in der Luft hängen, nehmen sich aus wie der blaue Rauch der Laubfeuer, die man im Herbst zu entzünden pflegt. Dieser Anblick ist es wohl auch, dem die vielen Quadratmeilen eines buschbestandenen, stellenweise zerklüfteten Lands den Namen »Burning Hills« – die brennenden Hügel – verdanken. Weit dahinter türmen sich die Felswände der Fox Ridge empor, einer Bergkette, deren verschneite Gipfel bis an die Wolken heranreichen. Hier das weite Tal des Squaw Creeks, dahinter die Burning Hills in ihrer schier grenzenlosen Weite und schließlich das große Bergmassiv. Es ist ein Anblick, der Ehrfurcht einflößen kann.

Warren Martin ist dieses großartige Panorama vertraut. Für ihn sind die Dunstschleier über den Hügeln nichts weiter als ein Zeichen dafür, dass sich das warme Spätsommerwetter noch eine Weile halten wird. Das ist gut so. Bald wird man auf allen Weiden des westlichen Süd-Dakotas mit dem Herbst-Roundup beginnen, jenem großen Viehauftrieb, der den daran beteiligten Männern das Letzte abverlangen wird. Dann wird es nicht angenehm sein, bei Regen und Wind den störrischen Durham- oder Longhorn-Rindern nachzujagen, auf feuchtem Boden zu campieren oder das Brennfeuer mühsam mit nassem Holz unterhalten zu müssen. Nein, da ist ein Roundup bei blauem Himmel schon eine andere Sache.

Obgleich die Chancen dafür günstig stehen, kann auch diese Aussicht Warren Martins verschlossenes Gesicht nicht aufheitern. Suchend wandern seine Augen an dem langen, zerrissenen Buschrand entlang, der die freie Weide des Squaw Creek Valleys von den Breaks trennt. Er erblickt Rinderrudel, die weit verstreut grasen, aber die Reiter, die er vorzufinden erwartet, sieht er nicht.

Vor sechs Stunden, am frühen Vormittag, hat er Link Brewster, Softy und Price hier mit dem Auftrag zurückgelassen, den Rand der Breaks nach streunenden Rindern durchzukämmen. Solche schon vorher erledigten Arbeiten würden die Durchführung des großen Auftriebs sehr erleichtern. Doch obwohl er schon während der letzten halben Stunde seines Ritts von Martin's Hole hierher die Augen offengehalten hat, kann er die drei Cowboys nicht entdecken. Er hat das Gefühl, dass wieder einmal eine von Link Brewsters Eigenmächtigkeiten dahinterstecken könnte.

Eine Meile noch folgt er dem Buschrand, späht in breite Weidelücken, die sich in das Hügelland hinein erstrecken, und umrundet Gebüschstreifen aus verkümmerten Steineichen, die sich in das Weideland vorschieben. Seine Gedanken bereiten ihm Unbehagen. Denn so wie die Breaks als die brennenden Hügel bezeichnet werden, könnte man auch dieses Gebiet, wo sie mit dem mächtigen Weidereich Elder Hancocks zusammenstoßen, als eine brennende Grenze bezeichnen.

Noch ist es nur ein Glimmen unter der Oberfläche, doch ein einziger Zwischenfall könnte es zur hellen Flamme entfachen. Und ausgerechnet die Burschen, die Warren hier zurückgelassen hat, gehören nicht zu der Art, die einer Provokation aus dem Weg gehen. Offensichtlich färben die Ansichten ihres Bosses Elder Hancock auf die Weidereiter ab, auch wenn der Vormann dem entgegenzuwirken versucht, so wie Warren es seit langer Zeit getan hat. Ja, er ist der Weideboss von Elder Hancocks mächtiger Broken-Cross-Ranch, aber schon seit langem hat er sich eingestanden, dass ihm diese Arbeit nicht jene innerliche Befriedigung verschafft, die er erwartet hatte.

Warren hält seine Fuchsstute an. Er ist jetzt schon ein gutes Stück über das Gelände hinaus, in dem sich die drei Männer befinden müssten. Dabei hatte er Link Brewster ausdrücklich die Anweisung gegeben, bei ihrer Suche in den Randbezirken der Breaks auf keinen Fall weiter als bis zu den ersten Kämmen in das Hügelland einzudringen. Unschlüssig schaut er noch einmal zurück.

Gerade in diesem Augenblick weht der Wind kaum vernehmbar den Klang von Schüssen zu ihm herüber. Warrens Sinne sind vom Leben unter freiem Himmel geschärft. Noch während er dem Klang nachlauscht, vermag er mit großer Sicherheit zu bestimmen, dass es sich um Revolverschüsse handelt. Sie werden in größeren Pausen abgefeuert, als sei ein anhaltendes Gefecht im Gange. Der Vormann zieht sein Pferd herum und treibt es in Galopp. Die Richtung, aus der der Wind die Detonationen herüberweht, lässt in ihm keinen Zweifel zurück, wo er den Schauplatz des Geschehens zu suchen hat.

Noch einmal hört er drei Schüsse, die jetzt zwar lauter, dafür aber seltsam dumpf klingen, als würden sie in einem geschlossenen Raum abgefeuert. Der Vormann zügelt sein Pferd, lässt es in Schritt fallen und greift zum Revolver. Als er auf dem Hof der kleinen Ranch zwei seiner Weidereiter erblickt, weiß er, dass ihn seine Vorahnung nicht getäuscht hat. Es bleibt nur abzuwarten, wie groß der Verdruss sein wird.

Der Vormann gleitet aus dem Sattel und überblickt die Situation. Dort stehen Softy und Price mit grinsenden Gesichtern und halten ihre Colts in den Händen. Ihnen gegenüber erkennt er den grauköpfigen Howard Grey mit seinem Sohn Dean, beide bleich und verkrampft. Dem Jungen stehen die Tränen in den Augen.

»Was ist hier los?« Warren Martins Stimme klingt rau und gepresst. »Wo ist Link Brewster?«

Noch bevor einer der beiden Burschen zu einer Antwort kommt, ist aus einem Stallgebäude ein schriller Schrei zu vernehmen, dem grollendes Gelächter aus einer Männerkehle folgt.

»Dieses Schwein! Dieses erbärmliche, dreckige Schwein!« Howard Grey keucht diese Worte in wilder Wut und stürmt vorwärts. Die auf ihn gerichteten Revolverläufe scheinen ihn nicht zu beeindrucken.

»Zurück, du Narr!«, schreit Softy, einer der beiden Weidereiter, giftig und reißt die Waffe empor. Mit einem raschen Hieb schlägt der Vormann sie beiseite. Zwei lange Sätze nur, dann hat er den Alten erreicht und rammt ihm die Schulter in die Seite. Howard Grey kracht gegen die Stallwand, dass die Bohlen dumpf dröhnen. Von drinnen klingen jetzt das Kreischen einer Frauenstimme und unverändert das Lachen des Mannes. Gleich darauf bricht es mit einem Fluch ab.

Warren fragt jetzt nicht länger. Nun ist er es selbst, der in den Stall stürmt. Er kommt gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sich Link Brewster mit einer Hand die Augen reibt, während er mit dem anderen Arm ein Mädchen umklammert hält, das sich in seinem rauen Griff windet und ihm zu entkommen versucht. Sofort bleibt der Vormann stehen.

»Lass sie los, Link!«, knurrt er drohend.

Brewster wirbelt herum, ohne das Mädchen loszulassen. Als er Warren erkennt, überzieht ein verlegenes Grinsen sein brutales, ungefüges Gesicht.

»Du sollst sie loslassen!«, kommt noch einmal die tödlich sanfte Stimme des Vormanns, und endlich löst sich – wenn auch widerstrebend – der Griff des Burschen.

Mit heftigem Ruck zerrt sich Valinda Grey ihre zerrissene Bluse wieder über die Schulter. Es ist eine Bewegung, die Warren mit einem Schlag erkennen lässt, dass er hier kein kleines Mädchen vor sich hat, obgleich sie Hosen trägt und das Haar mit einem Band zu einer Art zerzaustem Pferdeschwanz zusammengebunden hat. Blitzschnell holt sie aus und schlägt Brewster klatschend die Hand ins Gesicht. Ehe diesem klar wird, wie ihm geschah, ist Valinda Grey schon schluchzend an Warren vorbeigerannt und hat das Freie gewonnen.

Die grauen Augen des Vormanns scheinen plötzlich versteinert zu sein. Er hat die drei Pferde gesehen, die tot in ihren Boxen liegen. Nun weiß er auch, was die dumpfen Schüsse zu bedeuten hatten.

»Komm heraus, Link«, murmelt er in einer Tonlosigkeit, die keinen Widerspruch aufkommen lässt. Der schwergewichtige Kerl zaudert auch keine Sekunde, dem Befehl des Vormanns zu gehorchen. Als er mit hoch aufgerichtetem Kopf an Warren vorbeimarschiert, zeigt sich in seinem Gesicht jedoch keine Spur von Schuldbewusstsein, sondern eher Verbissenheit und Starrsinn. Der Vormann nimmt es mit einem freudlosen Lächeln zur Kenntnis und folgt ihm auf den Hof hinaus.

Das Mädchen hat sich inzwischen wieder gefasst. Zwar hat Howard Grey den Arm um die Schultern seiner Tochter geschlungen, aber es hat nicht den Anschein, als ob sie noch irgendwelcher Hilfe bedürfe. Ihre Augen sind dunkel vor Zorn und Kummer, ihre zusammengepressten Lippen zeugen nur von einem Wunsch: dem Verlangen nach Vergeltung.

Nach allem, was er im Stall gesehen hat, braucht Warren jetzt nur noch einen Blick auf die beiden Korrals zu werfen, um das Ausmaß des Verdrusses zu erkennen. Auch dort liegen einige getötete Pferde, Milchkühe und Rinder. Von allem Hausvieh, das sich bei der kleinen Ranch befand, ist keines mehr am Leben.

»Das war es also!«, murmelt er wie im Selbstgespräch.

»Yeah, das war es!«, keucht Howard Grey und richtet sich hoch auf. »Ich sollte mich jetzt vielleicht bei Ihnen bedanken, Martin, dass Sie mein Mädel vor den dreckigen Pfoten dieses Bastards gerettet haben, aber ich kann es nicht! Ich verfluche alles bis in die tiefste Hölle, was den Broken-Cross-Brand trägt und dazu gehören ja wohl auch Sie und dieses Rudel von Hundesöhnen.«

»Ah, hast du immer noch nicht genug, du verdammter Gernegroß? Muss ich dich erst in den Boden rammen?« Link Brewster macht zwei Schritte vorwärts. Wer seine schwergewichtige Gestalt und seine Fäuste sieht, glaubt ihm, dass er seine Drohung wahrmachen könnte. Zumindest der alte Howard Grey oder sein siebzehnjähriger Sohn hätten keine Chance gegen diesen Muskelberg.

»Link!« – Dieses eine, fast freundlich ausgesprochene Wort lässt den Burschen stocken. Langsam, mit hassverzerrtem Gesicht, dreht er sich zu Warren um. Er senkt den mächtigen Schädel und starrt den Vormann unter zusammengezogenen Brauen an.

»Solche Reden lasse ich mir von einem lausigen Fünfzig-Cent-Rancher nicht gefallen!«, stößt er scharf hervor. »Mir ist ganz gleich, was du dazu zu sagen hast. Wenn er noch einmal das Maul aufmacht, schlage ich ihn zusammen.«

Warren steht in völlig gelöster Haltung. Seine Augen wandern noch einmal zu Howard Grey und dem Jungen hinüber. Jetzt sieht er die Zeichen an ihrer Kleidung und die blutige Schramme auf dem Wangenknochen des Alten, die ihm soeben entgangen waren. In erzwungener Ruhe blickt er Brewster wieder an.

»Ab jetzt habe ich die Leitung dieser Vorstellung, Link«, murmelt er. »Du solltest bedenken, dass mir dein Ton missfallen könnte. – Worauf wartest du doch? Ich will einen Bericht, wie es gekommen ist?«

»Natürlich!« Der Bursche verzieht seinen Mund zu einem hohnvollen Grinsen. »Berichte! Reden! Soll ich es nicht lieber schriftlich machen? – Verdammt, wie lange willst du in diesem butterweichen Stil noch fortfahren, Martin? Das elende Pack von Viehdieben hier in den Breaks hat es nicht anders verdient, als dass es mit harter Faust regiert wird. Diese Kerle sollen froh sein, dass wir sie nicht einfach an den nächsten Baum gehängt haben, wie es bei Rustlern üblich ist.«

Warrens beherrschte Entgegnung bildet einen wohltuenden Gegensatz zu dem wütenden Ausbruch Brewsters.

»Solange ich der Vormann der Broken-Cross bin, werden keine Hängepartien mehr veranstaltet, Link. Du beschuldigst sie also des Viehdiebstahls. Wie steht es mit den Beweisen?«

Das Gesicht Brewsters verzieht sich zu einem selbstsicheren Grinsen. Er deutet auf seine beiden Genossen, die immer noch die Waffen in den Händen halten.

»Frag doch Softy und Price! Dann wirst du schon sehen, wie sehr du dich mit deiner Rücksichtnahme zum Narren gemacht hast!«

Warren senkt die Lider halb über die Augen, um die Funken des Zorns zu verbergen, die darin aufspringen. Er steht breitbeinig, den Oberkörper leicht vorgeneigt und die Arme schlaff herabhängend – ein großer und hagerer Mann mit den breiten Schultern, schmalen Hüften und leicht gekrümmten Beinen des Reiters. In seinem bronzefarbenen, scharfgeschnittenen Gesicht mit der kühn vorspringenden Nase ist keinerlei Regung zu erkennen, als er entgegnet:

»Ich habe aber dich gefragt, Link – und deshalb wirst du mir auch eine Erklärung liefern. Sie muss verdammt stichhaltig sein, wenn sie einen Grund dafür bieten soll.« Er deutet bei seinen Worten mit dem Daumen auf die beiden Korrals, in denen die Kadaver der getöteten Tiere liegen.

Brewster lacht gehässig auf, und auch seine Kumpane beginnen zu grinsen.

»Ich habe es ja schon gesagt«, knurrt der Schwergewichtige und zerrt sich die Hose hoch. »Unser Grund hätte ausgereicht, einen gewissen Howard Grey samt seinem Sohn aufzuknüpfen. Uns fiel eine Fährte auf – eine ziemlich frische Fährte übrigens – die von der Weide her in den Buschgürtel führte. Es waren Spuren von mindestens zwei Dutzend Rindern. Nun, dass es sich dabei nicht um ein verirrtes Rudel handelte, war uns schon klar, bevor wir auch die Hufabdrücke eines Pferds entdeckten. Es war ein Rudel, das weggetrieben wurde! Wir folgten der Fährte und entdeckten die Rinder knapp zwei Meilen von hier entfernt in einer Mulde, die durch buschbestandene Hügel vor jedem Einblick geschützt war. Ein idyllisches Plätzchen für einen Rustler, um in aller Ruhe die Tiere umzubrennen.

Der Bursche hatte sich die besten Rinder ausgesucht. Er muss sie heute Nacht dorthin getrieben haben. Da der Platz auf Howard Greys Gebiet liegt, brauche ich wohl nicht zu erwähnen, wer dieser Pilger war! Auge um Auge – wir haben ihm die Quittung gegeben. Ich schätze, der Boss wird zufrieden mit uns sein.«

»Ihr Dreckskerle!« Howard Grey will vorspringen, wird aber von seiner Tochter zurückgehalten. »Es passt euch ja nur in euer höllisches Konzept, mir diese Sache anzuhängen«, keucht er erbittert. »Ach, ich traue euch zu, dass ihr selbst die Rinder getrieben habt, um einen scheinbaren Beweis gegen mich zu schaffen! Ich habe nichts mit alledem zu tun! Nicht ein Kuhschwanz der Broken-Cross befindet sich mit meinem Wissen auf meinem Gebiet. Seit Monaten habt ihr darauf gelauert, mir etwas in die Schuhe schieben zu können. Weil ich euch keine Gelegenheit geboten habe, habt ihr eben etwas nachgeholfen. Ich sage euch, Elder Hancock wird in die Tasche greifen müssen, um mir meinen Verlust zu ersetzen.«

»Ich habe dich gewarnt, alter Mann!« Drohend stößt Brewster die Worte hervor. Mit einer für seine Gewichtsklasse ungewöhnlichen Behändigkeit stürmt er vorwärts und schmettert Grey die geballte Faust ins Gesicht. Nur ein gurgelnder Laut kommt über die Lippen des Alten, als er zurückschwankt und in die Knie geht. Zusehends schwillt seine untere Gesichtshälfte an, und aus seinem Mundwinkel rinnt ein Blutfaden.

So schnell Brewster auch gewesen sein mag, Valinda Grey reagiert ebenso schnell. Bevor der Schläger zurückweichen kann, hat sie sich schon mit gespreizten Krallen auf ihn geworfen und ihm vom Augenwinkel bis zum Kinn hinab mehrere blutige Furchen gerissen. Noch bevor er zupacken kann, hat sie sich schon seinen Griffen entwunden. Brewster setzt mit einem Wutschrei nach. Dean Grey, der Junge, wirft sich zwischen ihn und seine Schwester, wird aber von dem bulligen Angreifer mit einer einzigen Bewegung beiseite gewischt.

Dann legt sich eine schwere Hand auf Brewsters Schulter.

»Ich erkläre nicht gern etwas zweimal, Link«, knurrt Warren Martin. »Habe ich dir nicht gesagt, dass ich die Leitung dieser Vorstellung übernommen habe? Dein eigenmächtiges Handeln passt mir nicht.«

Die Augen des Bullen beginnen tückisch zu funkeln, als er sich langsam seinem Vormann zuwendet.

»Vielleicht passt es dir nur nicht, dass ich mit dem Mädchen auf Tuchfühlung gegangen bin, Martin«, knurrt er mit hohnvollem Grinsen. »Wahrscheinlich hast du selbst ein Auge auf diese Wildkatze geworfen. Ich möchte nur wissen, was Jolie Hancock dazu sagt, dass ihr Verlobter bei anderen Girls den Ritter spielt. Eigentlich halte ich sie für zu stolz, um dich mit dieser Dirne zu teilen.«

Mit einer Ruhe, die geradezu unheimlich wirkt, hebt Warren die Rechte bis an die linke Schulter. Obgleich Brewster die Bewegung sieht, ist er auf das, was jetzt kommt, nicht vorbereitet. Bretthart fetzt ihm der Handrücken des Vormanns ins Gesicht. Der Schlag kann Brewster zwar nicht aus dem Gleichgewicht bringen, aber er duckt sich tief zusammen und senkt den Kopf. Als er ihn langsam wieder hebt, zeigt sich, dass seine Oberlippe aufgeplatzt ist.

»Das war zu viel, Martin!«, zischt er. »Das nehme ich von keinem Menschen hin – auch nicht von dir!«

Warren steht hochaufgerichtet, aber dennoch in gewohnter Lässigkeit. Nur seine schmal gewordenen Lippen zeigen, dass er auf alles vorbereitet ist und sich hinter seiner lockeren Haltung eine wache Bereitschaft verbirgt.

Brewster geht los wie eine Pulverladung. Zwei Zentner Muskeln scheinen plötzlich in einem rasenden Furioso zu explodieren. Ein Wirbelsturm bricht über Warren herein.

Die Zuschauer sind von diesem Kampf wie gebannt. Howard Grey mit dem Jungen und seiner Tochter bilden eine dichte Gruppe. Sie starren auf die Kämpfenden, und unbestimmt steigt in ihnen das Gefühl auf, dass Warren Martin diese raue Sache nicht nur austrägt, um ein aufsässiges Mitglied seiner Mannschaft zurechtzustutzen, sondern dass er es aus einem unerfindlichen Grund auch für sie tut. Dieser vage Gedanke ist es, der das Mädchen aus der Erstarrung erwachen lässt. Zwar ist der Vormann keineswegs geschlagen, doch er steckt in einer bösen Klemme. Sie schießt einen schnellen Blick zu den beiden Revolverschwingern hinüber. Softy und Price sind von dem Geschehen ebenso fasziniert wie alle anderen auch. Nichts anderes scheint sie im Augenblick mehr zu interessieren.

Valinda nutzt diese Gelegenheit, um mit zwei raschen Schritten im Stall zu verschwinden. Ihr heimlicher Abgang wird nicht einmal bemerkt.

Gerade hat Warren es geschafft, sich auf die Seite zu wälzen und die Beine anzuziehen. Gespannt wie eine Stahlfeder hockt er unter seinem Gegner. Im nächsten Augenblick wird er emporschnellen und Link Brewster abschütteln.

Offenbar hat der Schläger die Absicht erkannt. Er muss sich eingestehen, dass er trotz Aufbietung all seiner Kräfte diesen gewandten Puma nicht wird bändigen können. Und wenn Warren erst wieder seine Fäuste gebrauchen kann, geht das ganze Theater wieder von vorn los. Auch die überschäumende Wut und der lange angestaute Hass auf den Mann, der ihm bisher die Befehle erteilte, können nicht verhindern, dass Brewster eine nagende Furcht vor der Fortführung dieses Kampfs empfindet.

Zum letzten Mal versucht er, Warren herumzureißen. Keuchend ringen sie miteinander. Der Vormann rammt Brewster seinen Ellenbogen in den Magen, dass dieser ein würgendes Zischen ausstößt. Noch hält seine Umklammerung, aber bestimmt nicht mehr lange.

Da löst der Bulle blitzschnell seine Rechte und greift zum Colt. So rasch Warren auch reagiert und den Kopf zur Seite reißt, dem schmetternden Schlag des Revolverlaufs wird er nicht mehr ausweichen können.

Es ist ein seltsamer Laut, der das plötzliche Ende des Kampfs bringt – wie ein Gongschlag etwa. Warren sieht nur, wie die Augen Brewsters plötzlich glasig und starr werden. Die zum mörderischen Hieb ausholende Rechte sinkt schlaff herab. Warren löst seinen Griff und springt zurück.

Zwei Schritte macht Brewster mit wankenden Knien, dann fällt sein Kopf auf die Brust, und er sinkt zusammen. Wie ein erlegtes Ungetüm liegt er vor Warrens Füßen.