H. C. Hollister 29 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 29 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Jeff Rainbow hat sich fest vorgenommen, sich nicht noch einmal die Finger an der heißen Suppe zu verbrennen, die andere Leute gekocht haben. Er bleibt auch bei diesem Vorsatz, als er einige unerfahrene Aussiedler in einem langen und gefahrvollen Trail nach Twin Falls gebracht hat. Doch Jeff muss erkennen, welche Männer sich dieser Stadt bemächtigt haben. Chess Silvernail hat das Amt des Marshals inne, und Chimo Carradine besitzt die größten Hotels und Saloons in Twin Falls. Das sind zwei Namen, die Jeff Rainbow nur allzu gut kennt.
Überraschenderweise macht Carradine ihm den Vorschlag, den Posten des Nachtmarshals von Twin Falls zu übernehmen. Plötzlich ist Jeff wieder mittendrin in dem Spiel, das in dieser jungen Stadt gespielt wird. Dann aber durchschaut er Carradines und Silvernails Spiel und nimmt den Kampf um Gesetz und Recht in Twin Falls auf ...


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Inhalt

Cover

Jeff Rainbows Partner

Vorschau

Impressum

Jeff Rainbows Partner

Jeff Rainbow hat sich fest vorgenommen, sich nicht noch einmal die Finger an der heißen Suppe zu verbrennen, die andere Leute gekocht haben. Er bleibt auch bei diesem Vorsatz, als er einige unerfahrene Aussiedler in einem langen und gefahrvollen Trail nach Twin Falls gebracht hat. Doch Jeff muss erkennen, welche Männer sich dieser Stadt bemächtigt haben. Chess Silvernail hat das Amt des Marshals inne, und Chimo Carradine besitzt die größten Hotels und Saloons in Twin Falls. Das sind zwei Namen, die Jeff Rainbow nur allzu gut kennt.

Überraschenderweise macht Carradine ihm den Vorschlag, den Posten des Nachtmarshals von Twin Falls zu übernehmen. Plötzlich ist Jeff wieder mittendrin in dem Spiel, das in dieser jungen Stadt gespielt wird. Dann aber durchschaut er Carradines und Silvernails Spiel und nimmt den Kampf um Gesetz und Recht in Twin Falls auf ...

Der Weg vom Wagencamp des Siedlertrecks bis zur Stadt beträgt nur etwa eine halbe Meile.

Der Mietstall in Twin Falls neben dem Silver-Dollar-Hotel ist dem Trailboss Jeff Rainbow von früheren Aufenthalten her ebenso bekannt wie Joshie, der vierschrötige, gutmütige Schwarze, der den Stalldienst verrichtet. Verändert erscheint ihm nur das Verhalten Joshies, der ihn üblicherweise vergnügt und mit vertraulichem Grinsen empfängt.

Als Jeff diesmal absitzt und seine Pferde in den Stall führt, tritt Joshie nur zögernd aus seinem Verschlag hervor. Er wirkt verschüchtert, und sein Lächeln ist gekünstelt.

»Hallo, Joshie«, begrüßt ihn Jeff, »hat dir jemand Disteln in die Hose gesteckt?«

»Ach, Master Rainbow«, erwidert Joshie. »Nicht Disteln – sind andere Sachen, was machen Joshie traurig.«

»Los, spuck es schon aus, bevor du daran erstickst!«, muntert Jeff ihn auf.

»Jetzt müssen wir zahlen immer vorher, Master Rainbow. Neuer Boss will sehen die Dollars jeden Abend.«

»Dein neuer Boss scheint ein Gemütsmensch zu sein, Joshie. Habt ihr schlechte Erfahrungen gemacht? Also, was soll's denn kosten?«

»Einen Dollar ...«

Die Stimme des Schwarzen ist so unsicher, dass Jeff erstaunt aufblickt.

»Früher machte es nur fünfundzwanzig Cents pro Tag«, knurrt er unwillig, »und jetzt soll es einen halben Dollar kosten! Kann er nicht schnell genug reich werden?«

»Es macht einen Dollar pro Tag für jedes Pferd«, murmelt Joshie. »Der Boss das so sagen, nicht ich.«

»Wie heißt denn dieser gastfreundliche Mensch?«, erkundigt sich Jeff.

»Chimo Carradine ist neuer Boss von Mietstall und Hotel.«

»Sieh mal einer an – Chimo Carradine ...«, murmelt Jeff. »Ich zahle später, Joshie, wenn ich mit ihm gesprochen habe.«

Der Schwarze öffnet den Mund zu einer angstvollen Erwiderung, der Anblick von Jeff Rainbows hartem Lächeln lässt ihn jedoch verstummen, ehe er ein Wort hervorgebracht hat.

Mit weichen Schritten geht Jeff über den Hof und schwenkt in die Hauptstraße ein. Während Joshie sich bedrückt wieder an die Arbeit macht und nach kurzer Zeit das Gepäck zum Hintereingang des Silver-Dollar-Hotels hinüberträgt, schlendert der Trailboss in den »Golden Star«. Er findet ein für westliche Verhältnisse geradezu prunkvoll ausgestattetes Lokal, eine annähernd sechzig Fuß lange Mahagonitheke, Spiegel, Stuckverzierungen und all jenen Protz, der für den Stil der Zeit so typisch ist.

Ein großer Nebenraum ist als Spielsaal eingerichtet. Glücksräder schnurren, Roulette-Kugeln klappern, und die öligen Stimmen der Croupiers fordern neue Einsätze. Der Hauptteil des Lokals ist jedoch als Tanzhalle eingerichtet. Im Hintergrund befindet sich eine Bühne und daneben ein Podium für die Kapelle.

Jeff sucht sich seinen Weg durch das Gedränge und lässt sich im Spielsaal an einem grünbezogenen Ecktisch nieder. Es dauert nur kurze Zeit, dann setzt die Kapelle mit einem schmissigen Lied ein, das ihn durchfährt wie die Wärme eines starken Drinks. »Saddle, Old Speake«, ist ein schon seit Jahren bekannter Song. Für Jeff Rainbow verknüpfen sich damit Erinnerungen besonderer Art. Jedes Interesse für andere Dinge ist mit einem Schlag in ihm erloschen. Aus schmalen Augen fixiert er den roten Vorhang der Bühne.

✰✰✰

Wie eine Welle durchläuft ein Murmeln der Bewunderung den Raum und lässt die ersten Worte von Florence Nortons Darbietung unbeachtet bleiben. Es gibt eine ganze Reihe dekolletierter Tanzmädchen im »Golden Star«, aber im Vergleich zu Florence Norton wirken sie farblos und unbedeutend. Sie ist eine wirkliche Schönheit.

Mit einer leichten Bewegung des Kopfs schüttelt sie die Fülle ihres Haars zurück und schmettert mit dunkler Stimme den frechen Song von Old Speake, der keinem Mädchen treu bleiben kann und deshalb immer wieder sein Pferd satteln muss, um weiterzuziehen.

Obgleich auf der Bühne eine Truppe von Tanzgirls die Beine schwingt, sind alle Blicke nur auf Florence gerichtet. Wie ein Irrwisch tanzt sie durch den Raum.

Jeff stößt die Luft durch die Nase aus, und seine Haltung entspannt sich. Immer noch beobachtet er die Frau, die jetzt den Männern, die sich am Fuße der kleinen Bühne drängen, ausgiebig Kusshände zuwirft. In Gedanken beginnt Jeff Vergleiche zu ziehen. Es ist ihm nicht entgangen, dass ihre Gesichtszüge schärfer und härter geworden sind, seitdem er sie zum letzten Mal gesehen hat. Vielleicht sollte er Befriedigung darüber empfinden, dass seine Voraussagen einzutreffen scheinen, aber tatsächlich erfüllt es ihn höchstens mit Bitterkeit und Mitleid. Denn obgleich es schon einige Jahre zurückliegt und er sicherlich allen Grund dazu hätte, Florence Norton zu verachten, kann er nicht vergessen, dass sie einmal – seine Braut war.

Nachdem Florence geendet hat, setzt das Klappern der Würfel und Roulette-Kugeln wieder ein. Die Spieler nehmen ihre Karten zur Hand und beginnen zu steigern.

»Wie ein besonders feuriger Liebhaber siehst du nicht gerade aus, Jeff«, kichert neben Jeff Rainbow plötzlich eine spöttische Stimme. Es ist Chimo Carradine, der Besitzer des »Golden Star«. »Hat dich die Erinnerung mit magischer Gewalt hierhergelockt? Verflucht schade, dass du den Weg umsonst gemacht hast.«

Jeff lauscht dem Klang dieser beißenden Stimme nach, ohne den Kopf zu wenden. Diese Haltung behält er auch noch bei, als er murmelt:

»Ah, dann bist du also inzwischen mit Florence verheiratet, Chimo? Meinen Glückwunsch! Es scheint dir gut zu bekommen.«

Jeffs bezeichnender Blick auf die leichte Wölbung an der Vorderseite seines Gesprächspartners lässt diesen kalt. Er spielt mit dem Anhänger seiner Uhrkette und entgegnet:

»Ein kleiner Bauchansatz hebt die Kreditwürdigkeit eines Geschäftsmanns, womit ich aber nicht gesagt haben will, dass ich einen Kredit benötige. Trotzdem wäre es natürlich besser, wenn du nicht so offen darüber sprechen würdest, dass Florence und ich eines Tages heiraten wollen. Mit Rücksicht auf das Geschäft haben wir damit nämlich noch gewartet. Eine verheiratete Barsängerin ist wie kalter Kaffee. Sie kann die Gemüter nicht mehr erwärmen.«

Mit einem schleimigen Grinsen nickt er Jeff zu und schlendert zwischen den Tischen hindurch zur Bar hinüber. Jeff sieht, wie er einem der Barkeeper eine Anweisung erteilt, zu ihm herüberdeutet und schließlich durch eine schmale Seitentür vor der Bühne verschwindet.

Während des kurzen Gesprächs hat das Spiel ungestört seinen Fortgang genommen. Jeff bemerkt, dass es sich immer noch um die gleiche Runde handelt, die bereits vor Florence Nortons Auftritt begonnen hatte und lediglich unterbrochen wurde.

In dieser Runde scheint ein Mann mit einem Bocksbart zu einem großen Schlag auszuholen. Er steigert in wilder Verbissenheit, setzt seinen gesamten Bargeldbestand und nimmt schließlich noch eine Anleihe bei seinem Partner auf.

Der Kartenhai begegnet diesem Eifer mit einem undurchdringlichen Pokergesicht. Sein Blatt liegt zusammengeschoben und verdeckt vor ihm auf dem Tisch. Bei jedem neuen Steigern seines Gegners zieht er mit stoischem Gleichmut nach und erhöht dann seinerseits.

Dann endlich bringt der Bocksbart den letzten Einsatz und frohlockt:

»Diesmal läuft es andersherum, Mister! Jetzt nehme ich Ihnen den Zaster ab! Vorwärts, runter mit der Hose!«

Er selbst deckt im gleichen Moment sein Blatt auf. Es besteht aus drei Assen und zwei Damen.

»Na, bleibt Ihnen die Spucke weg, Freund?«, spottet er. »Jetzt habe ich mir meinen Verlust zurückgeholt – und noch einiges dazu! Sie scheinen heute für einen Berufsspieler mächtig viel Pech zu haben.«

Ohne den geringsten Zweifel darüber, dass er gewonnen hat, streckt er die Hände aus und will gerade den Haufen von Geldscheinen und Goldmünzen zu sich heranziehen, als der Spieler ebenfalls seine feiste Hand auf das Geld legt.

»Wollen wir nicht erst noch nachsehen, wie mein Blatt zusammengesetzt ist?«, knurrt er höhnisch.

»Was soll das heißen?« Der Bocksbärtige erbleicht. Er lässt weder seine Hände von dem Geld, noch seine Augen von dem spöttischen Gegner.

»Das heißt, dass Sie verloren haben, Mister!«, versetzt der Kartenhai mit hartem Grinsen. Stück für Stück blättert er mit der Linken seine Karten um. Eine Acht, einen König, noch einen König, zum Schluss schiebt er dann die Acht beiseite. Vier Könige bleiben liegen.

»Du Hund!« Der Bocksbart droht, vor Grimm zu ersticken und gurgelt diese Worte hervor. »Das ist ein ganz verdammter Trick! Falschspiel ist das!«

Als verschaffe sich die in ihm aufgespeicherte Wut plötzlich Luft, fegt der Bocksbart mit erstaunlicher Kraft den Spieltisch beiseite. Geldscheine flattern durch den Saal. Gläser zerklirren, und Münzen kollern über den Boden. Auf wenige Schritte Entfernung stehen sich die beiden Kampfhähne gegenüber.

Die Hand des Kartenhais sticht unter den Rockschoß und reißt einen kurzläufigen Revolver hervor. Aber im gleichen Moment lässt Jeff sein linkes Bein hochschnellen. Hart kracht seine Fußspitze unter die Hand des Burschen, die daraufhin in die Höhe fliegt. Die Waffe segelt durch die Luft und landet polternd irgendwo auf einem Tisch.

Eine Sekunde lang steht der Spieler wie angewurzelt und starrt auf seine leere Hand. In die eintretende Stille hinein bemerkt Jeff kühl:

»Er hat auch keinen Revolver, Mister Kartenkünstler. Lassen Sie ihm also das Vergnügen, es mit den Fäusten auszutragen. Das ist nicht so gesundheitsschädlich und wird den anwesenden Gents bestimmt viel mehr Spaß machen.«

Ein hasserfüllter Blick des Spielers streift Jeff.

Der Bocksbart, dessen Statur ausgesprochen schmächtig wirkt, pflastert dem viel größeren Spieler eine Faust aufs Auge, springt ihn an und bringt ihn mit einem Wirbel von Schlägen ins Wanken. Doch nach kurzer Zeit geht ihm die Luft aus.

Sofort ergreift der Kartenhai seine Chance. Obgleich im Gesicht schon ziemlich stark gezeichnet, wuchtet er seine Fäuste in die Rippen seines Gegners. Pausenlos kommen seine Schläge, zermürben den kleineren und zweifellos auch wesentlich älteren Mann und lassen ihm keine Chance.

Noch einmal scheint sich das Geschick zu wenden, als der Spieler von einem Konter seines Gegners erwischt wird und mit diesem zusammen zu Boden geht. Unter Ächzen und Schnaufen wälzen sie sich am Boden, stoßen, treten und keilen aufeinander ein. Aber auch hier gibt das größere Gewicht und die Ausdauer des Spielers den Ausschlag. Zuletzt hockt er auf seinem Gegner und drischt erbarmungslos auf dessen Kopf ein.

Der kleine Giftpilz ist längst hoffnungslos zusammengeschlagen, dennoch hält der Kartenhai in seiner gnadenlosen Prügelei nicht inne. Es zuckt Jeff in allen Gliedern, aber er denkt an seinen Vorsatz, sich aus allem herauszuhalten.

»Ende der Vorstellung! Verdammt, jetzt ist es genug!«, sagt er dennoch.

Noch atemlos von der Anstrengung, kommt der Spieler auf die Beine. Blitzschnell wirft er einen Blick in die Runde. Er erkennt zwei schwergewichtige Gestalten, die sich inzwischen bis in die erste Reihe vorgedrängt haben. Es sind die Wächter der Hausordnung, die keinen Grund mehr zum Eingreifen fanden, da sie ihren Mann gewinnen sahen. Der Anblick der beiden Kerle lässt den Spieler förmlich anschwellen. Er glaubt zu wissen, dass ihm jetzt nichts mehr passieren kann, und der Rausch seines billigen Sieges lässt ihn die Grenze der Vorsicht überschreiten.

Dicht vor Jeff Rainbow stellt er sich in Positur.

»Diese Sache geht dich einen Dreck an, du lausiger Satteltramp!«

»Mehr als du ahnst, mein Junge! Ich habe nämlich einen König abgelegt.«

»Du verdammter Hundesohn!«, keucht der Spieler. Blitzschnell holt er aus. Aber da ist plötzlich Jeffs Unterarm im Weg und fängt den Hieb auf.

»Narr!« Nur dieses eine Wort kommt von Jeff Rainbows Lippen, dann wuchtet seine Faust empor. Und diesmal kommt nichts dazwischen.

Der Spieler wächst plötzlich um einige Zoll in die Höhe, sein Kopf fliegt in den Nacken, dann wird er zurückgeschleudert, kracht auf den Rücken und mit dem Hinterkopf gegen die Platte des umgestürzten Tischs.

Diese Entwicklung kam so rasch, dass der größte Teil der Zuschauer noch gar nicht erfasst hat, was sich da ereignete. Aber zwei Burschen sind da, die an derartige Situationen gewöhnt sind und deshalb nur eine Sekunde brauchen, um sich mit einem Blick zu verständigen und auf Jeff loszustürzen.

Noch steht Jeff Rainbow mit hängenden Armen und begutachtet sein Werk. Da nimmt er die Bewegung wahr und wirbelt herum. Nur um Haaresbreite entgeht er dem harten Haken eines der beiden Schläger und feuert instinktiv einen Konter ab, der in der Magengrube des überraschten Burschen landet.

Im gleichen Augenblick jedoch muss er selbst einen Schwinger seines zweiten Gegners hinnehmen, der einen weniger harten Mann auf die Bretter geschickt hätte. Offenbar entspricht das auch der Erwartung des zweiten Rausschmeißers, denn er wartet geduckt darauf, dass sein Opfer zu Boden geht.

Für Jeff bedeutet das einen wertvollen Zeitgewinn. Die wenigen Sekunden genügen schon, um ihn seine fünf Sinne wieder zusammennehmen zu lassen. Dann ist die Überraschung auf seiner Seite, als er den zweiten Bullen anspringt und ihn mit Haken eindeckt, die ihn nicht mehr zur Besinnung kommen lassen.

Das hätte das Ende bedeuten können, wenn nicht in diesem Moment der andere Schläger die Gewalt über seinen Körper zurückgewonnen hätte.

Während Jeff zur Seite steppt, herumwirbelt und sich seines neuen Angreifers erwehrt, fährt der Angeschlagene entsetzt wieder hoch, als seine Knie auf eine weiche Masse sinken und ein markerschütternder Schrei ertönt. Von Seiten des Bockbarts ist das allerdings verständlich, denn er erwacht gerade in dem Augenblick, als sich die Knie des schwergewichtigen Burschen in seinen Magen bohren. Von panischer Furcht geschüttelt, schlägt der Bocksbart wild um sich. Aber da wird er von der Faust des Schlägers hochgerissen und zur Seite geschleudert. Als er zwischen den Beinen des umgekippten Tischs landet und neben sich den Kartenhai bemerkt, der immer noch nicht wieder zu sich gekommen ist, da versteht er gar nichts mehr. In seinem bedauernswerten Zustand ist es daher verständlich, dass er sich dazu entschließt, sang- und klanglos aus diesem Rennen auszuscheiden.

Das bedeutet, dass sich Jeff Rainbow erneut mit zwei Gegnern herumzuschlagen hat. Seine Haken und Schwinger kommen mit einer Wucht, die in den stupiden Schädeln der Rausschmeißer aufdämmern lässt, dass sie sich in diesem Fall selbst zu zweit zu viel vorgenommen haben könnten.

Doch die beiden Kerle sind nicht gerade von Pappe, und Jeff muss mehr hinnehmen, als er verdauen kann. Immer noch ist er mit dem einen dieser ungefügen Klötze beschäftigt, als ihm der andere schon wieder in den Rücken fällt.

In diesem Moment schiebt sich ein kleiner stoppelbärtiger Bursche mit brandrotem Haarschopf nach vorn und greift zur Hüfte, wo in einem unförmigen Futteral eine ebenso unförmige Waffe sitzt. Er reißt sie hervor und stößt sie einem der beiden Burschen unsanft in die Rippen.

»Wollt ihr jetzt aufhören, ihr verdammten Gorillas?«

Die Stimme ist so heiser und krächzend, dass einige der Zuschauer unwillkürlich zu grinsen beginnen. Wutentbrannt fährt der Bulle herum, während sein Partner gerade noch von einem Konter Jeffs erwischt wird und ebenfalls vom Kampf ablässt.

Er will nach dem Kleinen greifen, erstarrt aber mitten in der Bewegung.

»Verdammt, das ist ein schlechter Spaß, Mister! Nehmen Sie das Ding da weg. Es sieht so aus, als ob es auch von selbst losgehen könnte.«

»Das müsste verboten werden, mit einem solchen Monstrum auf Menschen zu zielen!«, schimpft nun der andere.

Inzwischen ist auch Jeff wieder zu Atem gekommen. Keuchend hebt er seinen zertrampelten Hut vom Boden auf, geht zur Seite und murmelt:

»Vielen Dank, Freund. Es sieht so aus, als ob ich es allein wohl doch nicht ganz geschafft hätte.«

Misstrauisch ruhen seine Augen auf der unförmigen Waffe, die solches Entsetzen bei den beiden Schlägern hervorgerufen hat. Und da lacht der Rotschopf.

»Vor meiner Riddle-Anny ist schon ganz anderen Burschen die Luft ausgegangen als diesen beiden Pilgern.« Er macht eine schroffe Bewegung mit dem Monstrum und knurrt giftig: »Los, verschwindet, Jungs!«

Die Bezeichnung »Riddle-Anny«, bringt Jeff endlich die Erleuchtung. »Riddle« ist nämlich die Bezeichnung für ein großes Sieb. Es ist nichts weiter als der bis auf zehn Zoll verkürzte Lauf einer Doppelflinte. Der Kolben ist abgesägt und der Rest so zurechtgeschnitzt, dass er eine gewisse Ähnlichkeit mit einem normalen Revolverkolben aufweist.

In diesem Moment fliegt die Pendeltür auf. Ein Mann stürmt herein, der einen anderen bei der Schulter gepackt hält. Jeff erkennt den letzten Mitspieler der Pokerrunde, den Partner des Bocksbarts. Nun ist klar, dass er sich eilig davongemacht hatte, um den Marshal zu holen.

Mehr jedoch als der Stern auf der Weste des Marshals interessiert Jeff dessen Gesicht. Es ist breit und pockennarbig und zeigt ein leichtsinniges, verwegenes Grinsen.

»Was gibt es hier für einen Zirkus? Runter die Waffen! Wenn jemand schießt, dann bin ich das!«, poltert der Marshal. »Auf jeden Fall werde ich mir zuerst einmal diese beiden Vögel hier näher ansehen. Kommt mit!«, er deutet dabei auf Jeff und den Rothaarigen.

»Den Teufel werden wir, Marshal! Wir lassen uns nicht...«, kräht der Rothaarige.

Jeffs Hand legt sich mit festem Druck auf den Arm seines erbosten Partners.

»Doch – wir lassen uns!«, sagt er ruhig, und sein Blick taucht zwingend in die Augen des Rothaarigen. Einen kurzen Moment lang sieht es noch so aus, als ob er sich der Bevormundung widersetzen wolle. Aber schließlich scheint auch ihm Jeffs Besonnenheit die bessere Wahl zu sein.

»Also lassen wir uns doch«, krächzt er ergeben. »Worauf warten wir, Marshal? Aah, das wird bestimmt eine lustige Unterhaltung werden!«

✰✰✰

Der Marshal führt seine beiden Gefangenen ins Office.

Jeff schließt hinter sich die Tür, wartet ab, bis der Marshal eine Lampe entzündet hat, geht ungeniert zum Schreibtischsessel und lässt sich hineinsinken. Als er dann noch die Beine anhebt und die Füße auf die Schreibtischplatte legt, wendet sich der Marshal ihm zu.