H. C. Hollister 34 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 34 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Unbekümmert zieht der revolvergewandte Cliff McMurray als Satteltramp durch das Land und ist felsenfest davon überzeugt, dass irgendwann und irgendwo das große Glück auf ihn wartet. Dass der Ruf eines harten und gefährlichen Burschen jedoch auch seine Schattenseiten haben kann, muss er in Hobson erfahren, einer kleinen Rinderstadt in Montana. Hier wird er in den Strudel wilder Ereignisse gesogen, doch er steht die Kämpfe durch - um dann plötzlich festzustellen, dass er auf der falschen Seite gestanden hat.
Mit Pamela Gordon, einem tapferen Mädchen aus dem Osten, kommt der Umschwung. Obgleich scheinbar auf verlorenem Posten, steht Cliff den großen Weidekrieg durch, doch dann muss er erkennen, dass es in Wirklichkeit um ganz andere Dinge ging, um Dinge nämlich, die auf dem großen amerikanischen Kontinent einmalig sind ...


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Inhalt

Cover

Das Glück des Cliff McMurray

Vorschau

Impressum

Das Glück des Cliff McMurray

Unbekümmert zieht der revolvergewandte Cliff McMurray als Satteltramp durch das Land und ist felsenfest davon überzeugt, dass irgendwann und irgendwo das große Glück auf ihn wartet. Dass der Ruf eines harten und gefährlichen Burschen jedoch auch seine Schattenseiten haben kann, muss er in Hobson erfahren, einer kleinen Rinderstadt in Montana. Hier wird er in den Strudel wilder Ereignisse gesogen, doch er steht die Kämpfe durch – um dann plötzlich festzustellen, dass er auf der falschen Seite gestanden hat.

Mit Pamela Gordon, einem tapferen Mädchen aus dem Osten, kommt der Umschwung. Obgleich scheinbar auf verlorenem Posten, steht Cliff den großen Weidekrieg durch, doch dann muss er erkennen, dass es in Wirklichkeit um ganz andere Dinge ging, um Dinge nämlich, die auf dem großen amerikanischen Kontinent einmalig sind ...

Die Crazy Mountains hat Cliff McMurray bereits hinter sich gelassen auf seinem Weg nach Norden. Die Schatten der Dämmerung senken sich über das Land, als er plötzlich einen Reiter vor sich entdeckt.

Als dieser Mann den Hufschlag hinter sich vernimmt, fährt er herum und reißt unter der dunklen Jacke einen Colt hervor.

»Sie sind aber nervös, Mister!«, schnauft Cliff McMurray.

Langsam tastet ihn der andere mit den Blicken ab. Er sieht einen hochgewachsenen, hageren Mann vor sich, der nicht besonders kräftig wirkt. Er hat den verbeulten Hut in den Nacken geschoben und lässt die eingehende Musterung gelassen über sich ergehen.

»Na, zufrieden?«, fragt er grinsend, als der andere langsam den Lauf der Waffe senkt.

»Was wollen Sie hier?«, krächzt der andere erbittert. Er ist ein mittelgroßer, dürrer Mann, dunkel gekleidet und mit hohlwangigem Gesicht, in dem die Augen unruhig und angstvoll umherflitzen.

Cliff McMurray hebt nur leicht die Augenbrauen.

»Sie sind ein böser Spötter, Mister«, murmelt er. »Fragen Sie jeden Mann, der Ihnen auf der Straße begegnet, was er da will?«

»Jeden nicht, aber Sie«, keucht der andere. »Und ich habe meine Gründe dafür.«

Cliff hebt leicht die Hand. Selbst diese Bewegung lässt seinen seltsamen Gesprächspartner zusammenzucken und sofort wieder den Lauf seiner Waffe auf ihn richten.

»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich eigentlich zusehen, dass ich noch vor dem Regen ein Dach über den Kopf bekomme, Mister«, sagt er erheitert. »Und jetzt stecken Sie endlich Ihr verdammtes Eisen weg! Sie sehen ohnehin nicht so aus, als ob Sie besonders gut damit umgehen könnten. Versuchen Sie doch einmal, ob Sie abdrücken können!«

»Das werden Sie sofort sehen, Freund«, knurrt der Dunkelgekleidete, senkt den Lauf der Waffe zu Boden und krümmt den Zeigefinger. »Au!«, stößt er dann hervor. Kein Schuss hat sich gelöst. Verblüfft starrt er auf Cliff.

»Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: fassen Sie Ihre Kanone in Zukunft weiter unten am Kolben«, murmelt dieser grinsend. »Haben Sie etwas dagegen, dass wir jetzt weiterreiten?«

Die Verblüffung des Mannes ist zu groß, als dass er jetzt noch einen Einwand erheben könnte. Auch er kann nicht mehr übersehen, dass er diesem falkengesichtigen Burschen trotz seines drohend erhobenen Colts im Grunde ausgeliefert war, wenn dieser zum Revolver gegriffen hätte. Entgegen seiner ursprünglichen Befürchtung wird ihm jedoch bewusst, dass ihm keine Gefahr von diesem Fremden droht.

»Draeger ist mein Name – ich bin Landagent in Livingston. Aah, Sie brauchen nicht über mich zu schmunzeln, Mister! Ich bin nicht ohne Grund so vorsichtig. Was hier in der Umgebung an Landgeschäften abgewickelt wird, geht durch meine Hände. Es ist nicht gerade ein ruhiger Job. Zweimal schon bin ich durch anonyme Briefe gewarnt worden, ich solle mich hier nicht mehr blicken lassen, weil ich sonst mit einem Stück Blei zwischen den Rippen enden würde.«

»Und was haben diese liebenswürdigen Zeitgenossen gegen Sie, Draeger?«, antwortet Cliff ruhig mit einer Gegenfrage.

Der Grundstücksmakler stößt einen Seufzer aus und hebt die Schultern.

»Wenn ich das nur wüsste«, stöhnt er. »Ich bin ein friedfertiger Mensch und kümmere mich nie um Dinge, die nicht unmittelbar mit meinen Geschäften zusammenhängen. Glauben Sie mir, Mister, ich habe keine Ahnung, warum irgendwelche Burschen es auf mich abgesehen haben könnten.«

Cliff McMurray empfindet Mitleid für diesen dürren Kerl, der so ungelenk im Sattel sitzt und grimmig das Gesicht verzieht, während seine Augen voller Furcht und Unsicherheit flackern.

»Take it easy – nehmen Sie's nicht so schwer«, entgegnet Cliff mit einem leichtsinnigen Grinsen. »Mir ist es schon oft ebenso wie Ihnen ergangen. Man muss eben auf sein Glück vertrauen.«

Der Makler starrt ihn an, als ob er an seinem Verstand zweifelte.

»Sie scheinen aber verdammt viel von Ihrem Glück zu erwarten«, grunzt er schließlich.

»Natürlich«, knurrt Cliff McMurray.

Über so viel Anmaßung schüttelt Draeger verwundert den Kopf.

»Und was genau erwarten Sie von Ihrem Glück?«

Cliffs Lippen kräuseln sich in einem versonnenen Lächeln.

»Ich weiß es noch nicht so genau«, murmelt er schließlich. »Aber ich werde es mir bestimmt noch überlegen.«

Die Verwunderung des Maklers nimmt kein Ende. Immer mehr gelangt er zu der Auffassung, es hier mit einem harmlosen Irren zu tun zu haben. In seinen Augen flackert erneut die Unruhe. Aber diesmal ist sie von anderer Art. Sie äußert sich nämlich darin, dass er sein Pferd unwillkürlich ein wenig zur Seite lenkt und einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sich und Cliff McMurray bringt.

In Ermangelung von Widerspruch verliert auch Cliff bald den Faden und versinkt in Schweigen. Abwechselnd im Trab und Schritt reiten sie weiter.

Nach kurzer Zeit ist die Dunkelheit vollends hereingebrochen. Nur für wenige Augenblicke flimmern am Himmel ein paar Sterne, um gleich darauf von den drohend heranziehenden Wolken verschluckt zu werden.

»Wir schaffen es doch noch«, knurrt Cliff, als vor ihnen die Lichter der Stadt auftauchen.

»Hoffentlich können wir auch noch im Hotel unterkommen«, meint der Makler besorgt und schlägt bereits seinen Rockkragen hoch. »Dieses klapprige Ding in Hobson hat nur wenige Zimmer.«

»Halten Sie sich nur an mich, Draeger! Ich bekomme bestimmt noch etwas«, versichert Cliff in ungebrochener Zuversicht.

Wenig später zeichnen sich dann die ersten Gebäude der kleinen Stadt vor ihnen ab.

»Aah, Gott sei Dank, jetzt haben wir es geschafft«, atmet der Makler erleichtert auf und wirft einen scheuen Blick in die Dunkelheit zurück. Im gleichen Augenblick krachen dann die Schüsse. Mit schrillem, angstvollem Wiehern bäumt sich das Pferd Draegers hoch empor. Der dürre Mann kippt vornüber und fällt aus dem Sattel.

Schon beim ersten Schuss ist auch Cliff McMurray vom Rücken seines Grauen verschwunden, doch er hängt nur an der Flanke des Pferdes, und hinter der Kuppe tauchen nur sein Kopf und seine Rechte mit dem Revolver auf. Sekundenlang nimmt ihm das scheuende Tier des Maklers das Schussfeld, doch dann beginnt seine Waffe zu bellen. Er glaubt in der Dunkelheit ein unterdrücktes Ächzen zu vernehmen.

Sein Grauschimmel ist ruhig weitergetrabt. Nach wenigen Sprüngen lässt sich Cliff von der Flanke des Tiers herabgleiten, kommt auf die Beine und hetzt in langen Sätzen zurück.

Ein Schuss zwingt ihn in Deckung. Das Getrappel zweier Pferde ist zu hören und geht sofort in ein trommelndes Stakkato über.

In der Stadt werden Türen aufgerissen, erregte Rufe werden laut. Breite Lichtbalken fallen über die Straße. Cliff McMurray kümmert das alles nicht. Mit einem schrillen Pfiff ruft er seinen Grauschimmel zurück und wirft sich in den Sattel. Ein Schenkeldruck lässt das Pferd aus dem Stand in vollen Galopp springen. Durch die Gasse zwischen der Schuppenwand und einem Korralzaun geht die halsbrecherische Jagd.

Wenige Augenblicke später bringt Cliff ihn schon wieder zum Stehen. Er hat erkannt, dass er zu spät gekommen ist. Erste Windböen heulen heran und zerren an der Mähne des Pferdes. Der Hufschlag der fliehenden Heckenschützen ist unterdes verklungen.

In schnellem Trab gelangt Cliff an den Schauplatz des Geschehens zurück und lässt sich aus den Sattel gleiten. Wetterleuchten erhellt für wenige Augenblicke die Dunkelheit. Selbst dieses unsichere Licht genügt, um Cliff erkennen zu lassen, dass für den Makler jede Hilfe zu spät kommt.

Er kniet noch neben dem Toten, als eine barsche Stimme ihn schroff auffordert:

»Streck sie hoch, Bursche! Aah, so was kann man in Hobson nicht machen. Steh auf, und dann vorwärts mit dir!«

Mit ruhigen Bewegungen kommt Cliff der Aufforderung nach, ohne allerdings die Hände hochzunehmen. Einige Männer mit Laternen kommen heran. In ihrem Lichtschein erkennt Cliff einen schnauzbärtigen, etwas zu fetten Mann mit melancholischen Hängebäckchen, auf dessen Jacke ein goldener Stern blitzt.

»Hören Sie, Marshal«, knurrt Cliff mit erzwungener Ruhe, »hier liegt ein Irrtum vor. Ich lasse mich nicht gern für eine Sache einsperren, die nicht auf meine Rechnung geht. Die beiden Burschen, die das hier fertiggebracht haben, sind auf und davon. Sie steckten drüben in dem Schuppen und hatten ihre Gäule bereitstehen. Ich glaube, ich habe einen von ihnen angekratzt. Von dem Tränketrog dort aus habe ich geschossen. Sie müssten die Kugeleinschläge der Kerle daran finden. Meine Geschosse sitzen in der Rückwand des Schuppens. Ich habe in das Tor gefeuert.«

»Und das soll ich Ihnen glauben, Mister?«, fragt der Schnauzbärtige misstrauisch.

»Überzeugen Sie sich doch selbst!«, erwidert Cliff herausfordernd.

»Okay – dann haben Sie ja nichts zu befürchten«, knurrt der Marshal sarkastisch, während sich immer mehr Männer einfinden. »Aber ich werde nicht im Regen herumlaufen, sondern es mir bei Tageslicht ansehen. Bis dahin sperre ich Sie ein, Freund. Sicher ist sicher.«

Obgleich die Situation nicht dazu angetan ist, spürt Cliff McMurray eine Art Galgenhumor in sich aufsteigen. Einen Moment noch blickt er auf den Toten. Jetzt hat er keine Sorgen mehr um ein Hotelzimmer, fährt es ihm ungewollt durch den Kopf, dann richtet er die Augen wieder auf den Marshal und sagt:

»Haben Sie denn auch einen anständigen Stall bei Ihrem Palast, Mister?«

Der Marshal ist sichtlich verdutzt, und beinahe ungewollt fährt es ihm heraus:

»Natürlich – was haben Sie denn gedacht?«

»Okay, dann machen wir das Geschäft miteinander«, knurrt Cliff.

Mit einem schmalen Grinsen hebt Cliff die Hände und lässt sich willig den Revolver aus dem Halfter ziehen. Der Marshal unterzieht sich dieser Aufgabe mit mürrischem Gesicht. Nicht völlig zu Unrecht scheint er der Auffassung zu sein, dass ihm hier die Show gestohlen wurde. Grimmig erteilt er einigen Männern die Anweisung, den Toten von der Straße zu schaffen, dann wendet er sich wieder seinem Gefangenen zu.

Es trägt nicht gerade zur Hebung seiner Laune bei, als er feststellen muss, dass Cliff inzwischen die Zügel seines Pferdes ergriffen hat und gemächlich die Straße hinabgeht. Schnaufend hastet der Marshal ihm nach und kommt gerade hinzu, als sein »Gefangener« einen Passanten anspricht:

»Hallo, Mister, wo geht es hier zum Office des Townmarshals?«

»Das werde ich Ihnen schon zeigen«, keucht der Marshal giftig. »Hier entlang!«

Cliff denkt gar nicht daran, das Office aufzusuchen, sondern geht spornstreichs zu der seitlichen Einfahrt, die offenbar zum Stall führt.

»Stopp!«, knurrt der Schnauzbärtige in grenzenloser Erbitterung. »Für Ihren Gaul wird schon noch gesorgt. Sie verfügen sich jetzt gefälligst in den Käfig.«

Cliff misst ihn mit kühlen Blicken.

»Ich bin es aber gewohnt, mein Pferd selbst zu versorgen«, erwidert er freundlich.

»Das ist mir egal. Los jetzt, damit ich Sie endlich hinter Gitter bekomme!«

Cliff zeigt ein freundliches Lächeln. Er hat bemerkt, dass der Marshal seinen eigenen Revolver wieder ins Halfter gesteckt hat und stattdessen die Waffe seines Gefangenen in der Hand hält.

»Yeah, wir haben wirklich nicht mehr allzu lange Zeit«, murmelt Cliff sanft, wendet sich um und – geht durch die Einfahrt zum Stall.

»Stehenbleiben – oder ich schieße!« Die Stimme des Marshals schnappt vor Wut über.

Cliff geht ruhig weiter, als ob er die Worte gar nicht gehört habe.

Diese impertinente Nichtachtung treibt den Schnauzbart zum Wahnsinn. Er bewahrt gerade noch so viel Beherrschung, dass er den Lauf des Colts schräg nach oben richtet, ehe er abdrückt. Ein Warnschuss wird diesen verstockten Burschen schon zur Besinnung bringen.

Klick! – Das ist alles.

»Ich hätte mich auch sehr gewundert, wenn Sie noch einen Schuss herausbekommen hätten, Mister«, sagt Cliff grinsend über die Schulter. »Ich hatte ihn nämlich leergeschossen und noch nicht wieder aufgeladen.«

Ehe der Schnauzbart den Mund wieder zubekommt, ist Cliff samt seinem knochigen Gaul in der Einfahrt verschwunden.

Zornbebend sieht der Marshal zu, wie Cliff absattelt, den Grauen mit Futter versorgt und schließlich noch abreibt.

Cliff wird klar, dass er den Bogen nicht überspannen darf. So schultert er denn seine Deckenrolle und sagt:

»Laufen Sie vor und machen Sie die Tür auf, damit wir nicht so lange draußen im Regen stehen!«

Diese Anweisung bringt er in einem so selbstverständlichen Ton hervor, dass der Marshal bereits zum Start ansetzt, ehe ihm die Unverfrorenheit bewusstwird. Er stößt einen unwilligen Grunzlaut aus und macht eine Bewegung mit dem Colt – diesmal seinem eigenen –, die deutlich zeigt, dass er seinen Zorn nicht länger beherrschen kann.

Demzufolge zieht Cliff es vor, ihn nicht noch weiter zu reizen. Er hetzt voraus, was allerdings für den Marshal wiederum den Nachteil hat, dass er die Schlammspritzer von den Füßen seines Gefangenen direkt ins Gesicht bekommt.

Dafür, dass es sich bei der »Stadt« Hobson eigentlich nur um eine kleine Ansiedlung handelt, ist das Marshal's Office verblüffend geräumig und gut eingerichtet. Im Hintergrund des Raums befinden sich drei Gitterzellen. Der Schnauzbart öffnet eine davon und fordert Cliff mit einem Wink zum Eintreten auf.

Mit den Fingerspitzen überprüft dieser die Seegrasmatratze, die auf der Pritsche liegt.

»Okay – ich nehme das Zimmer«, murmelt er befriedigt. »Im Hotel wäre wohl ohnehin nichts mehr frei gewesen.«

Da knallt der Schnauzbart die Tür so heftig ins Schloss, dass die Gitterstäbe zittern.

✰✰✰

Die Einrichtung der Zelle besteht aus der Pritsche, einem Waschständer samt Wasserkanne, einem Schemel und einem winzigen Tisch. Cliff McMurray macht sich daran, sich in aller Seelenruhe häuslich einzurichten. Besonders sein unbekümmertes Pfeifen scheint an den Nerven des Marshals zu zerren.

Nur einmal schweigt Cliff für einen Augenblick – da nämlich, als er seine Satteltasche öffnet, um ein Handtuch hervorzukramen, und ihm dabei sein gut geölter Reservecolt in die Finger gerät. Er grinst verschmitzt, schließt die Tasche wieder und entblößt den Oberkörper, um sich zunächst einmal zu waschen. Dabei pfeift er fröhlich weiter.

»Verdammt, was sind Sie nur für ein kaltschnäuziger Bursche«, knurrt der Marshal verachtungsvoll. »Vor ein paar Minuten ist ein Mensch erschossen worden. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Sie es nicht selbst getan haben. Zumindest aber wurde er dicht neben Ihnen erschossen. Und Sie pfeifen hier ...«

»Moment mal, Mister!« Cliff McMurrays Gesicht ist plötzlich ernst geworden, und seine Stimme klingt völlig verändert – hart und unerbittlich. »Eins können Sie mir glauben: wenn ich nur die geringste Chance gehabt hätte, die beiden Kerle noch zu erwischen, dann wäre ich jetzt nicht hier. Ich hasse nichts so sehr wie einen hinterlistigen Mord, wenn man mir das auch vielleicht nicht zutraut. Wenn ich die Burschen erwischt hätte, wären sie jetzt auf dem Weg zur Hölle. Aber ich bin kein Polizeibüttel, Marshal. Jetzt ist es Ihre Sache. – Und was mein Pfeifen betrifft: Durch Miesepetrigkeit ist dem armen Teufel auch nicht mehr zu helfen. Ich habe Draeger erst eine knappe Stunde zuvor kennengelernt, aber ich glaube fast, dass es ihm jetzt besser geht als zuvor. Er war von Angst und Besorgnis erfüllt. Besondere Freude hat ihm das Leben offensichtlich nicht mehr bereitet. Jetzt ist er alle Furcht und Sorgen los. Gönnen Sie ihm seine Ruhe, Marshal. Wenn er mein Pfeifen hören könnte, würde er sicherlich nichts dagegen einzuwenden haben.«

Ohne eine Erwiderung abzuwarten, wendet sich Cliff der Schüssel zu und beginnt mit seinem Waschfest. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: vermutlich hätte der Marshal auch keine Antwort gewusst. Er kaut auf seiner Unterlippe, lässt sich in den Holzsessel vor seinem Schreibtisch fallen und wühlt eine Weile in Papieren herum. Erst als Cliff mit bloßem Oberkörper an das Gitter tritt und sich die Ohren abtrocknet, hat der Schnauzbart das Passende gefunden, greift nach dem Federhalter und grunzt:

»Also – wie heißen Sie?«

Cliff hat inzwischen sein inneres Gleichgewicht zurückgewonnen. Es hat ganz den Anschein, als ob er den Kern seines Wesens hinter einer grinsenden Fassade verstecke.

»Wie heißen Sie denn?«, fragt er spöttisch.

Wieder fällt der Marshal auf die Harmlosigkeit der Frage herein.

»Ich bin Wyatt Brady«, murmelt er verblüfft, ehe er den Trick erkennt. Da schießt ihm jedoch die zornige Röte ins Gesicht, und er brüllt heiser:

»Verdammt, was geht Sie das überhaupt an? Ich brauche Ihren Namen, verstanden?«

»Sicher, Brady«, versetzt Cliff erheitert. »Aber deshalb brauchen Sie doch nicht so zu schreien. Ich schreie ja auch nicht, obwohl ich eine viel hübschere Stimme habe.«

Wutentbrannt schnellt der Marshal vom Stuhl empor, aber da macht sein Gefangener schon eine beschwichtigende Handbewegung:

»Nur keine Aufregung, Brady! Ich heiße McMurray ... Aah, Sie sollten wirklich etwas höflicher zu Ihren Gästen sein!«

»Na also«, schnaubt der Schnauzbart, lässt sich zurücksinken und trägt den Namen in ein Formular ein. »Vorname?«

»Clifford.«

Wyatt Brady hat auch das längst niedergeschrieben, als er plötzlich den Mund aufreißt und fassungslos herüberstarrt. Offenbar hat es erst ziemlich spät bei ihm gezündet.

»Cliff McMurray?«, ächzt er fragend. »Ich habe wahrhaftig Cliff McMurray in meinem Käfig?«

»Wenn es Ihnen nicht passt, können Sie mich ja rauslassen«, grunzt dieser, während Marshal Wyatt Brady in rückhaltloser Selbstbewunderung versunken ist.

»Ich habe Cliff McMurray einsperren können«, murmelt er fassungslos.

»Aah, das macht mir so leicht keiner nach.«

Cliff bemerkt ein Kullern in seinem Bauch und hat plötzlich die Vision eines saftigen Steaks.

»Wenn Sie mit der Selbstbeweihräucherung fertig sind, können Sie mir vielleicht sagen, wann es in Ihrem Etablissement etwas zu essen gibt«, knurrt er zugleich mit seinem Magen. »Sonst werden Sie nämlich nicht mehr lange behaupten können, mich in Ihrem Käfig zu haben.«