H. C. Hollister 36 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 36 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Lance Carrigan, Jay Connors und Yale Lockhart sind Freunde. Es ist eine Kriegsfreundschaft, aber sie haben immer geglaubt, dass sie sich auch im Frieden niemals trennen würden. Nun ist der Friede da, und die drei Kriegskameraden haben keinen Dollar mehr in ihren Taschen. Endlich finden Lance und Jay in Wichita einen Job. Yale Lockhart allerdings geht seine eigenen Wege. Er ist ein Mann, der mit seinem Revolver umzugehen versteht, und man bietet ihm nicht ohne Grund eine Menge harter Dollars für seine schnellen Hände.
Es kommt der Tag, an dem sich die einstigen Freunde als Feinde gegenüberstehen. Denn Lance kämpft verzweifelt gegen ein raues und mächtiges Rudel, an dessen Spitze sein einstiger Freund Yale Lockhart steht. Es scheint ein aussichtsloser und verzweifelter Kampf zu sein, ein Kampf des guten Rechts gegen die Macht ...


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Inhalt

Cover

Trail der Verdammten

Vorschau

Impressum

Trail der Verdammten

Lance Carrigan, Jay Connors und Yale Lockhart sind Freunde. Es ist eine Kriegsfreundschaft, aber sie haben immer geglaubt, dass sie sich auch im Frieden niemals trennen würden. Nun ist der Friede da, und die drei Kriegskameraden haben keinen Dollar mehr in ihren Taschen. Endlich finden Lance und Jay in Wichita einen Job. Yale Lockhart allerdings geht seine eigenen Wege. Er ist ein Mann, der mit seinem Revolver umzugehen versteht, und man bietet ihm nicht ohne Grund eine Menge harter Dollars für seine schnellen Hände.

Es kommt der Tag, an dem sich die einstigen Freunde als Feinde gegenüberstehen. Denn Lance kämpft verzweifelt gegen ein raues und mächtiges Rudel, an dessen Spitze sein einstiger Freund Yale Lockhart steht. Es scheint ein aussichtsloser und verzweifelter Kampf zu sein, ein Kampf des guten Rechts gegen die Macht ...

Morgennebel liegen in der Niederung und lassen das Buschland gespensterhaft erscheinen. Erste Vogelstimmen lassen sich vernehmen, und am östlichen Horizont scheint sich ein Brand auszubreiten.

Zu diesem Zeitpunkt kommt Leben in eines der drei Bündel, die sich um die längst erloschene Glut des Campfeuers gruppiert haben. Schauernd richtet sich ein Mann auf, streift die taunassen Decken zurück und reckt die erstarrten Schultern.

Er trägt graue Hosen, an deren Seitennähten sich gelbe Flecken zeigen – offenkundig die Stellen, an denen die gelben Streifen der Südstaaten-Kavallerie abgetrennt wurden. In den Stiefeln mag er bis zu einer Höhe von etwas mehr als sechs Fuß emporragen.

Das ist Lance Carrigan.

Während er sich daranmacht, zwischen den Büschen halbwegs trockenes Reisig zusammenzusuchen, erwachen auch die beiden anderen Bündel zum Leben. Ächzend kommt einer der beiden Männer, Jay Connors, auf die Beine, während der andere, Yale Lockhart, sich sitzend die altersschwachen Stiefel an die Füße zerrt.

»Verdammt, warum stehen wir eigentlich auf?«, grunzt der Sitzende und legt sein lederhäutiges Gesicht in melancholische Falten. »Mir wird jetzt schon schlecht, wenn ich an das Frühstück denke. Kaninchenbraten und Kaffee! Das hält kein Mensch drei Wochen lang aus!«

»Fang nicht schon wieder damit an, Yale!«, entgegnet Lance finster. »Irgendwo gibt es auch für uns einen Platz. Noch liegt er hinter dem Horizont, aber wir werden schon eines Tages auf ihn stoßen, wenn wir nicht vorzeitig die Geduld verlieren.«

»Ich sage euch, ich habe jetzt genug! Ich lasse mich nicht länger hinhalten!«, knurrt der Piratengesichtige verachtungsvoll, macht eine wegwerfende Handbewegung und geht zum Bach, um sich zu rasieren.

Lance Carrigan und Jay Connors wechseln einen Blick, woraufhin der lederhäutige und angegraute Jay schließlich mit einem entschuldigenden Grinsen bemerkt:

»Du kennst ihn doch, Lance. Manchmal kann er nicht anders – dann muss er einfach verrücktspielen. Er wird sich schon wieder beruhigen.«

Eine halbe Stunde später hocken die drei Männer vor dem kleinen Campfeuer.

»Dann werden wir uns also heute nach einem Job umsehen«, murmelt Lance, als sie ihr nicht sonderlich reichhaltiges Frühstück beendet haben und die Zigaretten glimmen. »Es wird wirklich höchste Zeit, einen ernsthaften Versuch zu unternehmen.«

»So – und was haben wir bisher getan?«, erkundigt sich Yale sarkastisch. »Wir sind mindestens schon ein Dutzend Mal zum Teufel gejagt worden, weil es in diesem verdammten Land keine Arbeit für Satteltramps gibt, die einen texanischen Zungenschlag haben; und in ebenso vielen Städten hat man uns zu verstehen gegeben, dass Rebellen hierzulande unerwünscht sind. Ich glaube, dieses ganze verdammte Kansas soll nur von Yankees besiedelt werden.«

Lance Carrigan beobachtet schweigend, wie der etwas krummbeinige Jay Connors mit dem Geschirr zum Bach hinübergeht, wendet sich dann an Yale Lockhart, schiebt den Hut in den Nacken und sagt:

»Das wäre schon möglich, Yale. Aber der Westen ist groß – und weiter nordwärts wird bestimmt nicht mehr danach gefragt, ob man für die Union oder die Konföderierten im Sattel saß. Im Moment geht es uns nicht gerade besonders gut, das gebe ich zu, doch das ist kein Grund, den höllischen Trail einzuschlagen. – Es gibt genügend Burschen, die mit einem schnellen Revolver ihr Geld verdienen. Vielleicht sind sogar einige darunter, die reich werden, eines Tages die Vergangenheit abschütteln können und irgendwo als geachtete Bürger weiterleben. Ich möchte nicht einmal mit diesen wenigen tauschen, Yale; ich will nicht jedes Mal beim Rasieren im Spiegel ein Gesicht sehen, das ich anspucken muss.«

Yale Lockhart grinst auf eine spöttische und verwegene Art.

»Moralische Hemmungen, Lance?«, fragt er sarkastisch. »Die sollten wir uns eigentlich im Krieg abgewöhnt haben, meine ich. Wir haben lange genug versucht, uns auf die ehrbare Art durchzuschlagen und haben nichts dabei erreicht. Wenn wir so weitermachen, werden wir immer arme Schweine bleiben. – Nein, Freund, ich habe lange genug den Gürtel eng geschnallt und meine Haut für das Vaterland zu Markte getragen. Warum sollte ich es nicht einmal auf eigene Rechnung versuchen? Ich wette, das ist bedeutend erträglicher.«

Lance senkt die Augen und lässt sie eine Weile auf dem tiefgeschnallten Doppelhalfter seines Partners ruhen. Seine Stimme klingt gepresst und gewollt optimistisch, als er sagt:

»Was dir fehlt, ist wahrscheinlich nur wieder einmal eine anständige Mahlzeit und eine Nacht in einem richtigen Bett, Mister. Wir kommen heute in die Gegend von Wichita. Es gibt dort Ranches und Farmen, wo wir uns nach einem Job umsehen können. Was hältst du davon?«

Die Lippen des anderen zucken spöttisch.

»Wenn du dich unbedingt zum Narren machen willst ...«, bemerkt er lässig, schnippt den Stummel seiner Zigarette ins Feuer und erhebt sich. »Die anderen werden schon noch dafür sorgen, dass du zur Einsicht kommst.«

Eine halbe Stunde später sind sie zwei Meilen von ihrem Lagerplatz entfernt und traben nach Norden – ein sattelhartes Dreigespann, durch gemeinsame Kämpfe und Erlebnisse zusammengeschmiedet und doch von innerer Spannung erfüllt. Drei Männer, die nach einem verlorenen Krieg und langen Hungerjahren nach einer Chance suchen, die ihnen niemand geben will. Ein langer Trail liegt hinter ihnen – vom Trinity River in Texas quer durch das Indianerland des Oklahoma Territoriums bis nach Kansas. Was noch vor ihnen liegt, wagt keiner von ihnen vorauszusagen. Selbst Lance Carrigan, der längst in die Rolle des Leitbosses dieser kleinen Mannschaft hineingewachsen ist, ohne sich deshalb jedoch irgendwelche Befehlsgewalt anzumaßen, hat nach ihren bisher bitteren Erfahrungen sein Urteil revidieren müssen.

Mehr als vier Stunden reiten sie nach Norden. Die Sonne hat fast ihren höchsten Stand erreicht, als Lance Carrigan entschlossen sagt:

»Wir reiten nach Wichita. In zwei bis drei Stunden können wir das geschafft haben. Unsere Gäule brauchen wieder einmal einen Stall und Körnerfutter.«

»Und womit willst du das bezahlen?«, erkundigt sich Yale spöttisch. »Ich habe noch achtzig Cent in der Tasche.«

»Und ich genau einen Dollar«, gesteht Jay Connors wehmütig.

»Ich noch etwas mehr als drei Dollar«, räumt Lance widerwillig ein. »Das reicht gerade, um die Pferde für zwei Tage in einem Mietstall unterzubringen.«

Mit kummervollen Falten im Gesicht seufzt Jay ergeben.

»Tierliebe ist eine lobenswerte Eigenschaft, aber wer denkt an mich?! Unsere Böcke haben wenigstens noch immer Gras.«

»Wir werden die fünf Dollar nicht ausgeben, damit du dir den Magen vollschlagen kannst, Mister. Die Pferde sind im Augenblick wichtiger«, erwidert Lance unerbittlich.

Jay schnallt daraufhin seinen Gürtel noch ein Loch enger und fügt sich murrend in sein Schicksal. Yale hingegen zeigt ein schmales Grinsen, das eine Menge Siegesgewissheit verrät. Seiner Meinung nach kann es nicht mehr lange dauern, bis auch die Freunde ernsthaft nach dem Sinn ihres Reitens fragen müssen. Und wenn sie sich trotz allem nicht davon überzeugen lassen, dass es nur einen Trail gibt, der auf einfache und bequeme Art zu Reichtum und einem angenehmen Leben führt? – Nun, dann wird es Yale Lockhart ihnen vorexerzieren.

✰✰✰

Die ausgefahrenen Straßen von Wichita sehen nicht gerade einladend aus, als sie die Stadt erreichen. Sie haben den Regenschauer bemerkt, der hier niederging, und waren froh, ihm entgangen zu sein.

Das Fell ihrer Pferde ist noch nass vom Durchfurten des Arkansas River, als sie schließlich vor dem Mietstall anlangen. Vom anderen Ende der Stadt klingt der schrille Pfiff einer Lokomotive herüber und lässt Yale aufhorchen.

»He, ich wusste noch gar nicht, dass Wichita eine Bahnlinie hat«, murmelt er verwundert.

»Eine Nebenlinie der Union Pacific«, erklärt Lance. »Ich habe einmal davon gehört, wusste aber auch nicht, dass sie schon fertiggestellt wurde. Es heißt, dass die ersten Herden den Weg von Texas hier heraufgefunden haben. Wahrscheinlich sollen hier Rinder verfrachtet werden.«

»Dann wollen diese verdammten Yankees also auf ihre Hochnäsigkeit verzichten, wenn sie mit Rindern auch in Texas Geschäfte machen können?«, grollt Jay und reibt sich heftig die Nase.

»Wenn es um das große Geschäft geht, vergisst jeder seine Hochnäsigkeit«, erwidert Lance trocken.

»Yeah – Geschäft«, grinst Yale und streckt die Hand aus. »Wie wäre es, wenn ihr mir eure Barschaft anvertrauen würdet? Ich glaube, ich verstehe mich am besten darauf, einen anständigen Preis im Mietstall auszuhandeln.«

Zögernd greift Lance in die Tasche und reicht ihm die Münzen hinüber, und Jay folgt wehmütig seinem Beispiel.

»Dafür hätte es sicherlich noch irgendwo eine anständige Mahlzeit gegeben«, murmelt er trübsinnig.

Ungerührt steckt Yale das Geld ein und klimpert mit den Münzen in der Tasche.

»Dann werde ich also zusehen, dass ich für uns auch noch ein Nachtlager im Stroh herausschlage«, versetzt er grinsend. »Derweil kümmert ihr Helden euch wohl um einen Job, der uns noch heute Abend eine anständige Mahlzeit einbringt.«

»Das übernehme ich«, fällt Lance Carrigan ein. »Jay kann hierbleiben. Die Pferde müssen noch trockengerieben werden.«

Er sitzt ab und geht steifbeinig davon, während Jay nach den Zügeln seines Pferdes greift und es in den Hof des Mietstalls führt.

Vom Hof aus kann man erkennen, dass es sich bei dem zweiten Stockwerk des zur Straße gelegenen Wohnhauses um eine falsche Fassade handelt. Hufeisenförmig umschließen die Stallgebäude den Innenraum und lassen nur einen schmalen Durchgang zur Rückseite frei, der vermutlich zu Laufkorrals hinter den Stallungen führt. Seitlich befindet sich unter einem Vordach eine kleine Schmiede. Die Esse jedoch ist kalt, der Blasebalg verstaubt, und die herumliegenden Werkzeuge deuten darauf hin, dass hier schon seit langer Zeit nicht mehr gearbeitet wurde.

»He, sieh mal!«, knurrt Jay erfreut. »Unsere Gäule könnten einen neuen Beschlag gebrauchen. Vielleicht kann ich das hier selbst erledigen.«

Yale lächelt mitleidig bei dem Gedanken, wie man sich nur nach einer solchen Schufterei sehnen kann. Dann schwingt er sich aus dem Sattel und geht zur Hoftür des Wohnhauses hinüber. Plötzlich wird diese vor ihm geöffnet und eine nicht mehr ganz junge und nicht mehr ganz schlanke Frau tritt ihm entgegen.

Yale Lockhart reagiert blitzschnell, reißt den Hut vom Kopf und macht eine schwungvolle Verbeugung.

»Die Sonne geht auf«, murmelt er bewundernd. »Verzeihen Sie die Belästigung, Mylady – könnten wir vielleicht den Boss sprechen?«

Die Brauen der Frau ziehen sich bedrohlich zusammen. Kampflustig stemmt sie die Hände in die mollig gerundeten Hüften, schießt einen verächtlichen Blick auf Yale und erwidert:

»Sparen Sie sich Ihre seichten Redensarten, Mister. Vor zehn Jahren hätte ich vielleicht noch an ehrliche Absichten geglaubt, wenn ein Mann so zu mir gesprochen hätte, aber inzwischen habe ich zu oft in den Spiegel gesehen. – Also, rücken Sie schon damit heraus, was Sie für Ihre närrischen Komplimente einhandeln wollen. Ich bin der Boss, den Sie suchen.«

Der piratengesichtige Texaner ist im Allgemeinen nicht so leicht aus der Fassung zu bringen, doch jetzt entgegnet er nur verblüfft: »Oh ...« Dann fehlen ihm die Worte.

»Soeben hatten Sie doch noch einen sehr raschen Zungenschlag, junger Mann«, meint die Lady trocken. »Haben Sie inzwischen Ihre Zunge verschluckt?«

Da grinst Yale verlegen und deutet mit dem Daumen über die Schulter zurück.

»Die Pferde, Madam – wir wollen sie bei Ihnen unterstellen.« Offenbar hat er den Schock bereits überwunden, denn er setzt gerissen hinzu: »Wir schleppen nicht besonders schwer an unseren Brieftaschen, Madam, und deshalb würden wir die Gäule gerne selbst versorgen und irgendwo im Stroh schlafen. – Sie werden uns doch einen anständigen Preis machen, nicht wahr?«

»Den Teufel werde ich tun!«, poltert die Lady. »Ha, das fehlte mir noch, dass ich herumstrolchenden Satteltramps einen Unterschlupf bieten müsste! Fünfzig Cents kostet es pro Tag und Gaul, wenn Sie die Pflege selbst übernehmen, Mister. Aber aus dem Schlafen im Stroh wird nichts.«

Trübsinnig starrt Yale Lockhart auf den Boden. Es lässt sich nicht länger bestreiten, dass er mit seiner Mission trotz seines vermeintlichen Charmes – oder vielleicht gerade deswegen? – gescheitert ist.

Jay ist zwischenzeitlich einem magischen Zwang gefolgt, der ihn zu der kleinen Schmiede zieht. Mit einem versonnenen Lächeln nimmt er eine Zange zur Hand, streicht über den Griff des Blasebalgs und lehnt sich gegen den Amboss, der in einen mächtigen Holzklotz eingelassen ist. Er scheint die Umwelt völlig vergessen zu haben, bis ihn eine befehlsgewohnte Stimme in die Wirklichkeit zurückruft:

»Was machen Sie denn da, Mister? Sind Sie vielleicht Zahnarzt, dass Sie so gern mit Zangen hantieren?«

Verdattert blickt Jay auf und sieht sich der streitgewaltigen Lady gegenüber, während ihm aus dem Hintergrund Yale aufgeregte Zeichen gibt.

»Nein, Madam – das heißt, mit Zangen habe ich schon hantiert – als Schmied. Es ist nur schon so verdammt lange her.«

»Aah, nennt mich nicht immer Madam«, grollt die Lady. »Ich bin Rosalind Ballinger, und kein Mensch in Wichita nennt mich anders als Rosa.«

Jay lächelt auf eine unbeholfene und verlegene Art, deutet steif einen Kratzfuß an und zerknautscht seinen Hut zwischen den Händen.

»Ich heiße Jay Connors, Mrs. Rosa«, murmelt er würdig, und komischerweise lässt sein unbeholfenes Benehmen im strengen Gesicht Rosalind Ballingers den Widerschein eines weichen Lächelns aufflackern.

»Sie sind also Schmied, Jay Connors? Und wenn ich diesen feixenden Casanova dort drüben richtig verstanden habe, suchen Sie nach einem Job?«

Jay beginnt heftig zu nicken.

»Gewissermaßen – ja, natürlich«, stößt er heiser hervor. »Aber nicht nur ich allein. Meine beiden Partner kann ich nicht im Stich lassen. Wir sind gemeinsam auf der Suche nach einer Arbeit.«

Die Lady blickt zuerst ihn und dann Yale abschätzend an, schüttelt verwundert den Kopf und sagt tadelnd:

»Wie kann ein seriöser Gentleman nur einen so jungen Springinsfeld als seinen Partner bezeichnen! Für Sie hätte ich schon einen Job, aber ...«

»Wir waren im ganzen Krieg zusammen«, wendet Jay schüchtern ein.

»Rebellen, wie?«, erkundigt sich die Frau stirnrunzelnd.

»Konföderierte, Madam«, stellt Yale kühl richtig, doch sein Einwand wird von einer Handbewegung beiseite gewischt.

»Bei mir braucht sich deswegen niemand zu entschuldigen. Mein Mann – Gott hab ihn selig – sympathisierte mit der Sache des Südens, und ich habe es nicht fertiggebracht, ihm diese Vorliebe auszutreiben.«

Mrs. Ballinger holt tief Luft, wendet sich wieder zu Jay und sagt bedauernd: »Nun, Mr. Connors, es tut mir leid, dass Sie auf Ihre Partner Rücksicht nehmen müssen. Für Sie hätte ich Verwendung gehabt, aber Sie werden verstehen, dass ich deshalb nicht gleich zwei andere ...«

»Oh, Sie haben ihn missverstanden, Madam«, springt Yale eilfertig in die Bresche, tritt neben seinen Partner und schlingt den Arm um seine Schulter. »Jay ist ganz scharf darauf, den Job anzunehmen, und wir zwei anderen werden seinem Glück gewiss nicht im Weg stehen. – Nicht wahr, Jay –«, er versetzt dem Genannten verstohlen einen heftigen Rippenstoß.

»Dddoch – natürlich«, stimmt Jay verdutzt zu und wirft einen fragenden Blick auf seinen leichtsinnig grinsenden Partner.

In diesem Moment ist Mrs. Rosalind Ballinger wie umgewandelt. Ihr rundliches Gesicht unter dem glattgescheitelten Haar strahlt in eitler Wonne.

»Nun, Jay, das ändert die Sache natürlich. Unter diesen Umständen könnte man vielleicht überlegen, ob es für Ihre Freunde nicht doch irgendwo einen Schlafplatz gibt, bis auch sie einen Job gefunden haben.« Noch einmal flackert der Argwohn in ihren Augen, als sie fragt: »Ist Ihr anderer Partner auch so ein Windhund wie dieser Mister Yale Lockhart?«

Yale bleibt die Sprache weg, und so bleibt Jay nichts anderes übrig, als hastig zu erwidern:

»Aber nein, Mrs. Rosa! Lance Carrigan ist das genaue Gegenteil. Er war Lieutenant unserer Einheit. Yale und ich waren seine Sergeants. Nein, ich glaube wirklich nicht, dass jemand auf die Idee kommen könnte, Lance Carrigan als Windhund zu bezeichnen.«

»Das beruhigt mich«, versetzt die Frau. »Einer von dieser Sorte genügt wohl auch, nicht wahr?« Sie dreht sich zur Seite, überblickt mit Argusaugen den Hof und ruft schließlich: »Buck! Buck! Zum Donnerwetter, wo steckt dieser Faulpelz wieder? Immer wenn Arbeit in Sicht ist, wird er unsichtbar.«

Die Frage klärt sich von selbst, als hinter einem Haufen von Strohballen, die in der Remise liegen, ein struppiger Haarschopf von undefinierbarer Farbe zum Vorschein kommt. Dann schlurft ein Mann heran, den Kopf eingezogen und die Augen, die in einem Gewirr von Falten fast verschwinden, ängstlich auf Mrs. Ballinger gerichtet. Obgleich dieser dürre und schiefrückige Bursche kaum älter als dreißig Jahre sein dürfte, lassen ihn seine herabhängenden Schultern und sein missmutiges, zerknittertes Gesicht wie einen Greis erscheinen. Sein Mund ist zu einem schiefen Grinsen verzogen und gibt zwei lückenhafte Reihen brauner Stummelzähne frei. Buck wechselt zunächst seinen Kautabak von einer Backe in die andere, ehe er entschuldigend sagt:

»Ich h-h-hatte n-n-noch das Z-z-zaumzeug zu f-f-flicken, B-b-boss.«

»Und das machst du ausgerechnet im Stroh?«, erkundigt sich Mrs. Ballinger ärgerlich.

Buck grinst.

»Ich habe mir g-g-gedacht, es wäre doch g-g-ganz egal, w-w-wo ich arbeite.«

Anklagend verdreht Mrs. Rosa die Augen gen Himmel.

»Musstest du denn dazu so tief ins Stroh hineinkriechen?«

»Die N-n-nadel ...« murmelt Buck bedrückt und hält ihr als Beweis eine starke Nadel mit Pechdraht entgegen, wie sie Sattler für Lederarbeiten zu gebrauchen pflegen. »Sie ist m-m-mir ins Stroh g-g-gefallen, und d-d-da musste ich h-h-hinterherkriechen, um sie zu s-s-suchen.«

»Du hast aber lange gebraucht, um sie zu finden.«

»Ich w-w-wollte Ihre U-u-u ...«

»... Unterhaltung nicht stören«, hilft Yale Lockhart nach.

Erlöst deutet Buck mit dem Finger auf ihn, nickt eifrig und sagt:

»G-g-genau!«

Der rotblonde Texaner grinst ihn an und knurrt:

»Ja, wenn man sein Handwerkszeug verliert, das ist v-v-verdammt ä-ä-ärgerlich.«

Mit einem Schlag ist die Freundlichkeit aus Bucks Gesicht verschwunden und er schaut bitterböse drein. Wahrscheinlich wäre es noch zu einem weiteren Wortwechsel gekommen, wenn nicht Mrs. Ballinger eingegriffen hätte:

»Schluss jetzt mit dem Gerede! Buck, diese drei Pferde sind zu versorgen. Mr. Connors wird dir dabei behilflich sein. Und dann wird die Sattelkammer ausgeräumt und etwas Stroh hineingeschafft, verstanden? – Jay, wenn Sie damit fertig sind, habe ich noch mit Ihnen zu reden.«

»Er wird zur Stelle sein, Madam«, versichert Yale grinsend, aber Mrs. Ballinger wendet sich bereits mit einem geringschätzigen Lippenschürzen ab.

✰✰✰

Die Dunkelheit ist bereits hereingebrochen, als Lance Carrigan den Hof wieder betritt. Er ist sehr erstaunt, Jay Connors bei eifriger Tätigkeit vorzufinden. Dieser hat nämlich unter dem Vordach der kleinen Schmiede eine Laterne befestigt, das Feuer in Gang gebracht und ist gerade dabei, mit kräftigen Hammerschlägen ein rotglühendes Eisen zu formen. Als er Lance erblickt, schiebt er es mit der Zange rasch wieder in die Glut der Esse, wischt sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn und murmelt mit verlegenem Lächeln:

»Unsere Gäule brauchen dringend neue Eisen. Ich bereite schon alles vor, damit ich sie ihnen morgen gleich anpassen kann.«

Lance zeigt nur ein schwaches Grinsen.