Halbwahrheiten ganz neu erfunden - Jürg Ritzmann - E-Book

Halbwahrheiten ganz neu erfunden E-Book

Jürg Ritzmann

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Beschreibung

Was hat der sogenannte Wesenstest bei Hunden auf sich, warum sind Mitmenschen mit Zöliakie so furchtbar intolerant, oder weshalb gilt das Oktoberfest in Zürich nicht als kulturelle Aneignung? Jürg Ritzmann weiss es nicht, doch hat bekanntlich zu allen Sachverhalten eine garantiert unqualifizierte Meinung. Nach den Erfolgen von «Halbwissen ist ganz stark verbreitet» und «Gut behauptet ist halb bewiesen» hat Ritzmann Blut geleckt und setzt zu einem satirischen Präventivschlag an: Eine handverlesene Auswahl an humorvollen Beiträgen aus dem Humor- und Satiremagazin «Nebelspalter» zusammengefasst, - und als Supplement ein paar unveröffentlichte Texte. Hat die Welt das verdient? «Halbwahrheiten ganz neu erfunden» trumpft auf mit Mutmassungen, fundiertem Halbwissen und teils verschwurbelten Gedankenspielen, - stets mit einer Dosis Selbstironie und Humor. Ein Leckerbissen für Menschen, die sich weigern, im Alltag alles allzu ernst zu nehmen.

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2024

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für meine Eltern

Inhaltsverzeichnis

Wau, wau

Der

Schrei

Pfiff

Migros Manöver

Über Journalisten und Yakin

Top of top

Nord und Süd

Das Spiel des Jahres

Bares ist Wahres

Tarzan ruft Jane

Auf und Davos

Mein Freund, der

Menschenfresser

Steuerbeamte

Wie weiter?

Verbeamt nochmal

Früher

Für uns

«non olet»

Man müsste

Es gibt nichts, was es nicht gibt

Über Pollen und Kartoffelchips

Am Lernendsten

Heute: Die Entschuldigungs-Inflation

China und die dunkle Seite

Hanspeter und der Fortschritt

Psssst

Mit Tempo 30 ins Glück

Kampf dem Käfer

Wehret den Neidern

An einem Montagmorgen Montagmorgen

Stupidité toujours

Lauf, Forrest, lauf!

Wir sind Grill

Von gestern

Es hilft

Alles falsch, alle dumm

Feuerwasser

Jeder ein Star

So gratis wie noch nie

Die Anti-Grüsser

Heiter bis bewölkt

Trau, schau, wem

Doppelt und dreifach

Jeder hat die Wahl

Miau, miau

Na, da unten halt

Quadratisch – praktisch – gut

Der Reiz der Tierwelt

Ich fress’ einen Besen

Tanzende Synapsen

Hände hoch

Lichtblitz über Bümpliz

Achtung: Drei Halbzeiten im Eishockey

R.I.P. Nutri-Score

Lug und Trug

Schön sein

Nichts passiert

Aufruhr im Kekseland

Die eiserne Regel

Vom Umtrunk zum Apéro

Das Wort zum Abstimmtag

Über Laub und Hass

Die Welt ist schlecht

Alles flach?

Denken Sie gross

Wo ein Wille ist, ist auch ein Walter

Viva Utopia

Nicht hier

Oh, lehre mich

Sich selbst sein

Es ist ein Kreuz

Ravioli zum Glück

Viva España

In Vino Veritas

Neu: Sinnfreiheit

Hallo

Es ist weg

Scheissegal

Amen

Wer die Wahl hat …

Namaste

Recht und Unordnung

Ist so, weil ist so

Grillieren geht über studieren

Farbenblind vor Wut

Alle Tassen im Schrank?

Die Drohne droht

Das ewige Leben

Von Tell und Apfelkorn

Schlimm und schlimmer

Über Freud und Grittibänz

Wir

Böses Brot

Oans-zwoa-gsuffa

Wau, wau

E.T. for President

Der falsche Ort

Wau, wau

Wenn Sie einem Hund begegnen und zu sich selbst sagen: «oh, oh, nein», dann haben Sie schon verloren. Hunde merken das. Entgegen vieler Vermutungen denken Hunde nämlich auch. – In diesem Fall «Wade oder Unterarm?» Hunde begreifen das. Sie riechen den Angstschweiss und nehmen Rückschluss darauf, was der Postbote in den letzten drei Monaten gegessen hat (das hat Auswirkungen auf die Konsistenz des Muskelfleisches). Bitte fragen Sie nicht, warum man das so genau weiss. Sonst muss ich lügen.

Werden Hunde straffällig – also, im weitesten Sinne, Sie verstehen – dann ordnet der Richter – der zum Leidwesen des Tiers nahezu immer ein Mensch ist – einen sogenannten Wesenstest an. Ein Experte, vermutlich ein Tierpsychologe, führt sodann mit dem Hund ein Gespräch unter vier Augen. In den allermeisten Fällen sagt dieser sodann «wuff, wuff» und der Mann mit der Hornbrille guckt gescheit und notiert in seinen roten Notizblock «Wesen: Hund».

Schlimmstenfalls kommen die Experten zum Schluss, dass das Tier eingeschläfert werden muss (zum Beispiel, wenn der Wesenstest ergibt, dass es sich um einen weissen Hai handelt). Im Grunde ist es ja unfair, denn der Vierbeiner kann ja nichts dafür. Eigentlich müsste ja jemand anderer büssen, nämlich die Eltern des Hundes. Die Welt ist halt ungerecht. Nur in den seltensten Fällen gewinnt der Hund in den Gesprächen die Oberhand und der Tierpsychologe wird eingeschläfert.

Optimal ist natürlich, wenn es gar nicht erst soweit kommt, dass Rex zubeisst. In kritischen Situationen sollte man auf De-Eskalation setzen und gezielte Dialektik anwenden. Im Dialog allerdings sollte unbedingt bei der Wahrheit geblieben werden, denn – wie Eingangs geschrieben – Hunde merken alles, Wesenstest hin oder her.

2019

Der Schrei Pfiff

Ein Freund von mir hat eine Trillerpfeife auf dem Bürotisch liegen, bei sich zu Hause. Kriegt er einen Anruf eines Call Centers, so pustet er eine Ladung Pfiff in den Hörer und legt danach auf. Natürlich ist das unhöflich, denn Auflegen ohne mindestens dreimal «Auf Wiederhören, tschühüüüs, tscha-tschau» zu sagen ziemt sich nicht, hierzulande. Und es ist obendrauf strafbar. Wir können nicht einfach jemanden anpfeifen, der uns nervt, und dieser Jemand kriegt unter Umständen für den Rest seines Lebens Ohrensausen (ich glaube, das heisst Tetanus oder so). Also, bitte nicht nachmachen.

Ganz abgesehen vom Gesetzesbruch: Ergeben derlei Aktionen Sinn? Angenommen, jedes Meinungsforschungs-Institut, jedes Telefonverkaufs-Unternehmen würde ein solches Ereignis dem Internationalen Telefon-Meinungserfragungs-und-Verkaufs-Verband melden (ITMuVV) und die Nummer meines Bekannten würde sodann von einem emsigen Datenvernichtungs-Experten aus allen Karteien gelöscht, global, für immer und ewig, dann hätte der Pfiff zumindest einen Effekt, aus Sicht des Belästigten.

Doch, ehrlich gesagt, diesen Verband gibt es meines Wissens nicht, leider, und so dringt der grelle Laut nicht nur zu Hammer, Amboss und Steigbügel des armen Call Center Mitarbeitenden, nein, im Grunde verhallt der Pfiff im unendlichen Nirwana des Meinungsumfrage-Universums. Ein schwarzes Loch. Interessant wäre sicherlich die Frage, was ein Anrufer in die Datenbank einträgt beim betreffenden potentiellen Kunden – oder Meinungsgebers, meinetwegen – nachdem ihm ins Ohr gepfiffen worden ist. Vielleicht «weiss nicht». Oder «will keine unabhängige Versicherungsberatung, die so unabhängig wohl nicht sein kann. Aber will pfeifen.» Was weiss ich, irgendwas in der Art.

Darüber könnten diplomierte Telefonieexperten wohl bis tief in die Nacht philosophieren. Eine gangbare Lösung könnte sein … – oh, ich muss Schluss machen, sorry, Telefon klingelt.

2024

Migros Manöver

Planen hilft. Legen Sie frühzeitig die Route fest, die Sie im Supermarkt absolvieren möchten: Zuerst beim Gemüse vorbei – der Braten will ja gefüllt werden – dann ein Stopp beim Kühlregal mit dem Koriander, eine abrupte Linkskurve zum Champagner und … – jetzt parkieren diese Einzeller ihren Einkaufswagen wieder direkt da, wo alle anderen durchmüssen, meine Fresse! Einfach unfassbar. Da lege ich jetzt ein paar Dosen Erbsen in den fremden Wagen, als Anspielung aufs Erbsenhirn. Strafe muss sein.

Smalltalk in der Warteschlange vor der Fleischtheke? – Der Typ hat sie wohl nicht alle, ich bin doch nicht zum Spass hier. Lächelt noch so debil, Frechheit.

Vor dem Weinregal stehen wieder diese Spacken, minutenlang am gleichen Ort, und glotzen die Etiketten an. Der Tropfen wird nicht besser, Mann, kaufen oder sein lassen, aber nicht Wurzeln schlagen hier, verdammt.

Uff, endlich an der Kasse angelangt, Zeit, um sich langsam auf das Fest zu freuen, auf das feine Essen. Bin an der Reihe. Scheisse, Zitronen vergessen. – Ach ja: Frohe Festtage! Sie mir auch.

Ja, ich weiss, die Migros verkauft keinen Alkohol. Der Titel dieses Textes reimt sich einfach gut, «Coop Combat» oder etwa «Aldi Apokalypse» würde nicht halb so gut klingen.

2023

Über Journalisten und Yakin

Wenn der Yakin, also der Murat, wie wir ihn liebevoll nennen, als wäre er der nette Nachbar von nebenan, also wenn der so grinst, leicht, auf den Stockzähnen, im Interview, dann denkt sich der Journalist, der soeben eine elementar wichtige Frage gestellt hat, zum Beispiel «warum hat ihr Team nicht höher als 6 zu 0 gewonnen» oder vielleicht «wären vier Sturmspitzen nicht klüger gewesen», dann denkt sich ebendieser Fragesteller unter Umständen, dass er gerade veräppelt wird, ein bisschen. Und die Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen gleich obendrauf. Nicht für voll genommen.

Fussball ist eine ernste Sache, gnadenlos, gerade wenn es um die Schweizer Nationalelf geht. Da bleibt kaum Raum für Spass. Der eine oder andere Fan mag nun eine Lanze brechen für Nationaltrainer Yakin, mag nun sagen «na ja, manche Reporter, die stellen auch saudumme Fragen», und sie mögen sogar recht haben, denn es gibt – ganz entgegen der gemeinen Lüge, die man uns in der Schule ständig erzählt hat, es gebe keine dummen Fragen, sondern nur dumme Antworten – tatsächlich Fragen, die einem Coach das Gesicht einschlafen lassen könnten, doch: Auch die seriöse Beantwortung solcher Fragen gehört wohl zum Job eines Nationaltrainers, insbesondere zu jenem einer Schweizer Nationalmannschaft.

Sehen sich Sportjournalisten allerdings bei derart universellen Dingen wie der Europameisterschaft mit oben beschriebenem Lächeln konfrontiert, dann werden sie leicht rot im Gesicht, bei manchen steigt aus den Ohren ein kleines bisschen Rauch auf und aus den Augen zischen Blitze. Der interessierte Sportfreund weiss schlagartig: Die nächste Frage wird ketzerisch, wird die Napalmbombe aller Fragen, eine regelrechte Trainer-Vernichtungsfrage, die nur schwarz versengte Rasenflächen hinter sich duldet.

Und so kommt es, dass Yakin, also der Murat, auf hirnrissige Fragen jeweils wohlwollend den zum Scheitern verurteilte Versuch unternimmt, gezwungenermassen sozusagen, eine halbwegs vernünftige Antwort zu geben, dem Journalisten, also uns Fans, im übertragenen Sinne. Dem Frieden zuliebe. Aber eben, lieber Murat, bitte schön nicht mit einem Lächeln im Gesicht, verdammt nochmal. Wir gucken uns das ja nicht zum Spass an. – Ach ja, bevor es vergessen geht: Hopp Schwiiz!

2024

Top of top

Im Endeffekt ist es eine Frage der Kapazität, was Ihnen jeder BWL-Student im ersten Semester mit Nebenfach Tourismus bestätigen wird: Extrem beliebte Sehenswürdigkeiten sind eine logistische Herausforderung, wer «Top of Europe» – das ist Marketing-Geschwurbel für «Jungfraujoch» – besuchen möchte, kann dies mit hochmodernen Verkehrsmitteln tun, die massenweise Touristen in null Komma nix rauf und runter bringen. Rucki zucki. Gemäss meinen persönlichen Kapazitäts-Berechnungen könnte theoretisch innert 14 Tagen die gesamte Weltbevölkerung aufs Jungfraujoch (und wieder herunter, natürlich, sonst würde es eventuell etwas eng im Bergrestaurant). Excel lügt nie. Die Branche jodelt vor Glück.

Wobei, da müssen wir ehrlich sein, das Jungfraujoch tatsächlich ein kontinentales Highlight darstellt, das wird ja hoffentlich niemand bestreiten. Jeder Asiate, jeder Amerikaner, der die Tour «Prag-Wien-Paris-Venedig-Mailand-Luzern-Jungfraujoch-Bern-Bümpliz-in-5-Tagen» gebucht hat, wird dies zweifelsohne bestätigen. Ganz oben auf dem Gipfel kann der zahlungsfreudige Geldbeutel dann auch Schokolade kaufen und teure Uhren (falls ich persönlich einmal eine teure Uhr anschaffen könnte, dann würde ich das mit Sicherheit auf 3'454 Metern über Meer tun). Und man kann – das ist wunderschön – über den Gletscher spazieren, was die wenigsten tun, weil in dreiviertel Stunden der Flieger ab Zürich startet, zur nächsten Destination.

Leserinnen und Lesern, die seit Jahrzehnten in der Schweiz leben und bereits auf den Machu Picchu, zur Chinesischen Mauer, zu den Pyramiden von Gizeh, zum Grand Canyon und eigentlich überallhin gereist sind, jedoch noch niemals «Top of Europe» besucht haben, sei empfohlen: Tun Sie das. – Genau, fahren Sie auf diesen Berg, es lohnt sich. Das Gute ist so nah. Im Grunde ist es auch ein patriotischer Akt, ein bisschen. – Und ja, wenn Sie dann oben sind, kaufen Sie eine Uhr.

2024

Nord und Süd

Wenn wir die Landkarte umdrehen, gedanklich, dann liegt der grosse Kanton plötzlich im Süden. Man muss sich das einmal vorstellen: Nord- und Ostsee wären präferierte Zielorte für Badeferien, unsereins würde nicht nach Lecce sondern nach Lübeck zum Strand fahren und ässe Bockwurst mit Kraut anstelle von Pizza mit Sardellen. So wäre das. Der arschkalte Ostwind – der ja dann im Grunde der Westwind wäre, oder dann halt nicht, ist ja irgendwie auch egal – würde uns in Locarno um die Ohren pfeifen, und im August würde jeder Flensburger im Pullover regelrecht verdampfen, vor lauter Hitze. Mode im Umschwung.

Ja, wenn man die Karten neu mischt, im übertragenen Sinne, dann steht die Welt Kopf. Deutschland wäre einfach unser grosser Bruder im Süden, und auf Sizilien bestände Kettenpflicht für Autos, im Krater des Ätna könnten Kinder Schlittschuhlaufen. Man gewöhnt sich an alles. Das Ganze braucht schon eine grosse Portion Abstraktionsvermögen, zugegeben. Doch wenn man sich darauf einlässt, auf dieses Gedankenexperiment, dann wären die Deutschen auf einmal nicht mehr so kalt, wie es die Klischees gerne hätten, die Leute würden vor südländischer Lebenslust sprudeln, tanzen bis tief in die Nacht, so wie wir Schweizer es bereits heute nicht tun. Na ja, vielleicht ist es gut so, wie es ist, in der Realität. Muss jetzt eh weiter, Geographiekurs, auf Wiederlesen.

2024

Das Spiel des Jahres

Und er hob ein rohes Stück Fleisch in die Höhe. Zwischen Daumen und Zeigefinger gepresst hing das vor ausgehauchtem Leben strotzende, blutende und nach Frische duftende Muskelstück herab und liess einen Tropfen Saft hinab, der knapp neben den Sportschuhen des Trainers auf den Garderobenboden knallte. Platsch! Es war still geworden unter den vermeintlich starken Mannen. Alle sassen sie verdutzt und von der packenden Rede ihres Chefs imponiert auf den Bänken. Und zwischen den Holzplanken und den nackten Oberschenkeln bildete sich ein feiner Schweissfilm. Die Angst war verflogen, denn ihr Trainer hatte sie regelrecht heiss gemacht auf das Spiel des Jahres, das alles Entscheidende. Alle Welt – so kam es ihnen vor – schaute in dieser Stunde auf dieses eine Sportereignis. Jetzt waren sie bereit, getrimmt, auf Kampf eingeschärft bis zum Schluss.

Kurz vor dem Verlassen der Kabine sollte noch jeder ein Stück aus dem blutigen Fleisch beissen. Einerseits soll rohes Fleisch angeblich aggressiv machen. Anderseits hatte das Prozedere ein Hauch von Theatralik, von Ritual, welches die Mannschaft zusammenschweissen sollte. Gemeinsam mit der wohl besten Motivationsrede des Trainers betraten die Spieler erhobenen Hauptes den Rasen. Selbst Innenverteidiger Strobel, der sonst eher der skeptische, vorsichtige Typ war, strotzte vor Selbstvertrauen. Und auch die Frau des Vereinspräsidenten, die unter den Zuschauern weilte, flüsterte dem Vertreter des Hauptsponsoren zu, dass dieses Team vor Kraft und Siegeswille nur so strotze.

Das Spiel ging mit 3 zu 1 verloren.

2003

Bares ist Wahres

Es gibt Gäste, die bezahlen im Restaurant mit Karte und geben das Trinkgeld in bar. Sie möchten verhindern, dass der Buchhalter, der konzentriert guckend mit einer randlosen Brille und einem Bleistift hinter dem Ohr in seinem Kämmerchen sitzt, den Mehrbetrag einfach auf das Konto mit den übrigen Einnahmen bucht. Ob das tatsächlich so wäre, entzieht sich unseren Kenntnissen, – ja, es ist geradezu eine Unterstellung. Frechheit. Viele Kellner geben Trinkgeld für Essen aus. Wir leben in einer komplizierten Welt. Seit jüngster Zeit sitzen übrigens auch Gästinnen in Restaurants. Der Duden will es so.

Ich kenne Menschen, die bezahlen ausschliesslich mit Bargeld. Weil sie nur Bargeld haben. Damit verhindern sie, dass eines Tages – die Frage ist wohlgemerkt nicht, ob dieser Tag einmal kommt, sondern, wann dieser Tag kommt – also eines Tages Vater Staat auf unsere Konten zugreifen wird, auf unser Buchgeld, zu Unrecht, in schlechten Zeiten, um Haubitzen zu kaufen oder vielleicht Robotersoldaten. Oder Vanille-Eiskrem, was weiss ich. In einem solchen Fall wären diese Menschen dank ihrer enormen Weitsicht die einzigen, die verschont würden, weltweit. Sie hätten ihr Erspartes noch, in bar. Es ist clever.

Manche Restaurants und Bars ermöglichen ihren Kunden das durchaus erstrebenswerte Erlebnis, während der Bezahlung mit Karte auf diesem Display da, auf diesem Gerätchen, aktiv anzugeben, wieviel Trinkgeld sie geben möchten: 10 Prozent? 15 Prozent? – Schwierig, schwierig, insbesondere nach zwei Gläsern Rotwein. Es grenzt an Nötigung. Irgendwo lässt sich – zum guten Glück – draufklicken, wenn man kein Trinkgeld geben möchte (was dann ja etwas peinlich ist, weil einem der oder die Angestellte ja oftmals dabei zuguckt, mit Argusaugen). Klar, ewige Schlaumeier klicken natürlich auf «Kein Trinkgeld» und schieben dann einen Barbetrag über die Theke. Sie wissen schon, wegen des Buchhalters. Dieser Schuft, dieser elende.

2024

Tarzan ruft Jane

Kaum erwärmen die ersten Sonnenstrahlen das Asphalt, schlägt seine Stunde: Vornehmlich in Vierergruppen auftauchend, in seinem natürlichen Habitat, und in – meist schwarzen – Cabriolets einer dieser deutschen Nobelmarken kurvend, ist er selbst für Laien unschwer erkennbar. Neue, dunkle Sonnenbrillen an alten Kopfformen, begleitet von Musik, die jegliche verbale Kommunikation verunmöglicht. – Zwischen den Passagieren und selbst in einem beachtlichen Umkreis auf der Strasse. Was für den Neandertaler das Trommeln auf dem Brustkorb war, ist für den wahren Mann von heute der Bass aus den Boxen. – und der Tritt aufs Gaspedal, natürlich, brumm, brumm. Gas für Spass. Bei besonders guten Modellen lässt sich auf Knopfdruck die Auspuff-Klappe öffnen. Man muss sich das einmal vorstellen: Im Dschungel ist sofort zu hören, wo der Silberrücken seinen Brunftschrei ausstösst. Jane muss Tarzan bemerken können. Das ist Evolution. Aufmerksamkeit.