Halloween in Nebelwald - Maria Winter - E-Book

Halloween in Nebelwald E-Book

Maria Winter

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Beschreibung

Dieser Wald hat etwas gegen ungebetene Besucher. Besonders an Halloween. Auf die alljährliche Halloweenparty würde Michelle am liebsten genauso gern verzichten wie auf ihre Mitschüler selbst. Noch dazu soll die Feier in einer alten, abgelegenen Fabrik im Wald stattfinden. Michelle ahnt nicht, dass an diesem Abend eine verhängnisvolle Wahl über Leben und Tod entscheiden wird. Um seine Familie vor dem finanziellen Ruin zu bewahren, nimmt Stephan ein unmoralisches Jagdangebot an. Aber der Wald rund um die kleine Ortschaft Nebelwald hält nicht nur kostbare Trophäen, sondern auch Mysterien bereit, die auf Rache sinnen. Ein schriller Vergnügungspark am Kamm des Thüringer Waldes bietet für Frank die perfekte Gelegenheit, mit der Tourismusregion Profit zu generieren. Nur das Geld im Blick, übersieht er den Nebel, der sein Meisterwerk zu verschlingen droht - und die Jagd auf ihn eröffnet ...

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel: Michelle – 2 Tage vor Halloween

Kapitel: Stephan – 2 Tage vor Halloween

Kapitel: Frank – 2 Tage vor Halloween

Kapitel: Michelle

Kapitel: Stephan

Kapitel: Frank

Kapitel: Michelle

Kapitel: Stephan

Kapitel: Michelle

Kapitel: Frank

Kapitel: Michelle

Prolog

Halloween – 31. Oktober, unweit von Nebelwald

„Überall dieser verdammte Nebel“, fluchte Andrea leise und schaltete zurück in den zweiten Gang. Geduldig kroch der Kombi an den Serpentinen entlang. Immer höher, Meter für Meter den Berg hinauf.

Was anderes als zu schleichen blieb Andrea auch gar nicht übrig. Der Nebel um sie herum bildete eine derart zähe Masse, dass sie kaum über die Motorhaube hinausschauen konnte. Und obwohl sie diese Strecke jeden Tag zur Arbeit und zurück fuhr, hatte sie stellenweise Mühe, die Straße zu erahnen. Manche Kurven kamen viel zu überraschend. Als würde der Nebel die Umgebung neu formen. Was natürlich nicht sein konnte.

Andrea lachte einen Hauch zu hysterisch und fuhr sich mit einer Hand durch ihre blonden, vollen Haare. Der Anblick zu dieser Jahreszeit, zu der abendlicher Nebel gehörte wie das sich verfärbende Laub der Bäume, machte sie immer wieder aufs Neue nervös.

Ihr war durchaus bewusst, dass hinter der weißen Wand aus feinen Wassertröpfchen noch derselbe Wald, dieselbe Straße lagen. Und dennoch hatte sie ständig das Gefühl, beobachtet zu werden. Als würde etwas hinter der Glasscheibe auf sie lauern.

Sie holte tief Luft, atmete lang aus und entspannte ihre Hände, mit denen sie das Lenkrad umkrallt hatte. Mit den Gedanken an ihren kleinen Sohn Robbie, den sie in ihre Arme schließen konnte, sobald sie in Unterwald ankam, versuchte sie ihren galoppierenden Puls zu beruhigen. Nur am Rande nahm sie wahr, dass sie die Spitze des Berges erreicht hatte. Kurz bevor die Straße auf der anderen Seite hinabführte, zweigte eine schmalere zu Andreas Rechten ab. Das dazugehörige Schild wurde von dichtem Nebel verschlungen, doch Andrea wusste, was dort stand. Sie hatte es hunderte Male bei Tageslicht gesehen: Nebelwald, 2 km.

Dann ließ sie ihr Auto bergab rollen, mit einem Fuß halb auf der Bremse, und erinnerte sich daran, wie sehr ihr kleiner Junge Robbie es liebte, an diesem Abend um die Häuser zu ziehen. Dieses Jahr begleiteten ihn einige Freunde, die er in den letzten Monaten kennengelernt hatte. Andrea schmunzelte bei dem Gedanken daran, wie ihr Zauberer mit seiner Kürbislaterne von Haus zu Haus zog und mit seinen Kumpels und Boomer Klingelstreiche machte. Schuldbewusst dachte sie daran zurück, dass Robbie letztes Halloween allein, nur begleitet von ihrem Schäferhund Boomer, auf Süßigkeitenjagd gegangen war, weil sie aus Geldgründen eine Extraschicht hatte einlegen müssen.

Doch seitdem hatte sich viel für Andrea und ihren Jungen verändert. Sie war von einem Tag auf den anderen zur stellvertretenden Restaurantleiterin ernannt worden, was nicht nur eine ordentliche Gehaltserhöhung für die knapp bei Kasse gewesene, alleinerziehende Mutter bedeutete, sondern auch geregeltere Arbeitszeiten. Heute war der erste Tag seit Langem, an dem sie nicht pünktlich Feierabend machen konnte.

Doch dank Robbies neuer Freunde war es dieses Mal nicht so schlimm, dass Andrea nicht da war. Immerhin hatte er diese an seiner Seite und Andrea konnte zumindest einen Teil des Abends mit ihm verbringen. Ohnehin kam Robbie in das Alter, in dem er seine Mutter nicht mehr überall dabeihaben wollte. Eltern konnten sich diesen Punkt in der Entwicklung eines Kindes nur schwer eingestehen. Andrea ging es da ähnlich.

Zumindest würde sie sich mit ihm über seine Ausbeute freuen können – immer ein Highlight. Er müsste bereits daheim sein und ein kurzer Blick auf die Digitaluhr hinter dem Lenkrad verriet Andrea, dass sie gut in der Zeit lag. Sie zeigte kurz nach halb zehn an.

Als sie ihren Blick zufrieden lächelnd wieder auf die Straße richtete, starrte sie ein Mann mit blutüberströmtem Gesicht am Straßenrand liegend an.

Instinktiv wich sie aus uns bremste. Schlingernd kam das Auto einige Meter weiter zum Stehen. Um ein Haar hätte sie ihn mit ihrem rechten Vorderrad erwischt.

Was … Was war das?

Andrea war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Zu schockiert war sie von dem Anblick. War das echt gewesen?

Der Mann hatte alles andere als real ausgesehen. Andrea war deutlich die tannengrüne, zerrissene Kleidung aufgefallen, die sie an einen Förster erinnerte. Sein blutüberströmtes Gesicht war nur die Spitze des ungeheuerlichen Aussehens. Doch es waren seine Augen, dieser scharfe, stierende Blick, der sie dazu brachte, unverzüglich die Türen zu verriegeln.

Lauernd …

Andrea raufte sich die Haare und begann zu hyperventilieren. Ihr Puls beschleunigte auf eine ungesunde Weise und schmetterte gegen ihre Schläfeninnenseiten. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, dass ihre Augen ihr einen Streich gespielt hätten. Aber sie war sich ganz sicher. Am Straßenrand war jemand gewesen. Jemand mit einem absolut ungeheuerlichen Aussehen.

Und hatte da nicht irgendetwas neben ihm gelegen? Oder irgendwer? Inmitten des Nebels, der grünlich leuchtete, was sich Andrea wahrscheinlich nur einbildete.

Oh Gott, vielleicht hatte der Mann einen Unfall gehabt! Kein abwegiger Gedanke auf solch einer kurvenreichen Strecke mit steilen Abhängen.

Aber irgendetwas tief in Andrea sagte ihr, dass sie auf keinen Fall zurückfahren oder gar aussteigen sollte. Auch wenn das nicht ihrer hilfsbereiten Art entsprach.

„Okay, okay“, redete Andrea mit sich selbst und versuchte die Vorahnung zu verdrängen, dass gleich jemand blutige Abdrücke auf ihrer Windschutzscheibe hinterlassen würde. In der Klaustrophobie erweckenden Enge des Autos fühlte sie sich wie in einer Falle. „Ruhig, ganz ruhig“, sprach sie sich gut zu.

Nur langsam beruhigte sich ihr Puls, obwohl die Äste der Nadelbäume am Straßenrand nach ihr zu greifen schienen.

Andrea atmete zittrig ein und wieder aus und legte vorsichtig den ersten Gang ein. Sie beschloss, auf ihr Bauchgefühl zu hören, und ließ den Wagen langsam den Berg hinabrollen, auch wenn sie diesem Ort nicht schnell genug den Rücken kehren konnte.

Es musste sich lediglich um eine Einbildung gehandelt haben.

„Es ist nur Nebel“, sprach sie und nickte heftig, um ihre Worte mit Nachdruck zu unterstreichen.

„Nur Nebel …“

1. Kapitel

Michelle – 2 Tage vor Halloween

Michelle schlug die Tür ihres Spintes zu, der trotz zig Büchern und Heftern in allen möglichen Farben erstaunlich aufgeräumt war, und erschreckte sich fast zu Tode. Was anhand ihres Quiekens vermutlich die halbe Schule mitbekommen hatte.

„Jennifer, bist du verrückt? Du kannst dich doch nicht so anschleichen!“ Außer Atem presste Michelle ein Wirtschaftsbuch schützend an ihre Brust.

Jennifer schmunzelte und vollführte einen tiefen Augenaufschlag. „Sorry, ich konnte es mir nicht verkneifen. Es ist immer wieder zu schön, dich zu überraschen.“

Michelles Atmung beruhigte sich allmählich und sie versetzte Jennifer einen leichten Stoß gegen die Schulter. Dann musste auch sie schief lächeln.

Sie wusste, dass es ihre Freundin nicht böse meinte. Es war zu einem kleinen Scherz geworden, der sie seit der Grundschulzeit verband und sich durch ihre Abiturzeit ziehen würde. Dessen war sich Michelle sicher, auch wenn sich beide ziemlich verändert hatten.

Jennifer hatte die Traummaße eines Models, sowie blonde Haare, die sich in sanften Wellen über ihre Schultern ergossen und für die jedes Mädchen am Berufsbildungszentrum Schmalkalden morden würde. Zudem modelte sie in ihrer Freizeit. Auch wenn es bisher nur kleinere Fotoshootings waren, Michelle war sich sicher, dass sie gute Chancen hatte, eines Tages groß rauszukommen.

Michelle hingegen war von kompakterer Statur. Sie war nicht dick, aber kräftiger gebaut als Jennifer. Daran änderten auch ihre Laufrunden nichts, die sie mindestens drei Mal pro Woche absolvierte, um den Kopf vom Schulstress freizukriegen.

Ja, es hat sich einiges geändert, dachte Michelle. Aber dieser Scherz war den beiden geblieben.

„Michelle“, flötete Jennifer aufgeregt und zog ihre Hand hinter ihrem Rücken hervor. In ihr befand sich eine rechteckige Karte aus cremeweißem Papier.

„Sie haben ihn endlich bekanntgegeben“, fuhr Jennifer mit dieser übertrieben aufgekratzten Stimme fort, die Michelle immer ein bisschen auf die Nerven ging.

Michelle starrte die Karte mit einem Stirnrunzeln an. „Was bekanntgegeben?“, fragte sie unschuldig.

„Ach komm, tu nicht so, als wüsstest du es nicht“, rief Jake, während er die Arme von hinten um Jennifer schlang, um ihr anschließend einen Kuss auf die Wange zu drücken.

Er war ein großer schlaksiger Kerl mit kurzen schwarzen Haaren, die zu einer Frisur zum Dahinschmelzen gestylt waren. Zudem strahlte seine goldbraune Hautfarbe in Verbindung mit den eisblauen Augen etwas Exotisches aus. Wäre er nicht wie Michelle im Leichtathletikteam der Schule, würden sie nicht nur Welten trennen. Diese Welten würden verhindern, dass sie je miteinander zu tun hätten. Dafür war Michelle zu gewöhnlich und er … Er war eben Jake.

Und er hatte sie durchschaut. Kein Wunder bei ihrer wirklich schlechten schauspielerischen Leistung.

„Na, den Ort der Halloweenparty natürlich!“, rief Jennifer ungläubig. Michelle fand es total süß, dass sie ihr ihre Show abgekauft hatte. Sie konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ein Blick auf Jakes zum Lächeln verzogene Lippen zeigte ihr, dass er das ähnlich amüsant fand.

Jennifer drehte sich ohne Vorwarnung um und boxte ihrem Freund leicht in die Seite. Michelle warf sie einen strengen Blick zu.

„Hört auf, mich zu verarschen und hinter meinem Rücken über mich zu lachen.“

Doch gerade das ließ Jake und Michelle in Lachen ausbrechen. Auch wenn sie es gern wollte, konnte es Michelle ihr kaum verübeln. Viel zu lang schon waren sie Freunde, als dass sie sich über Jennifers manchmal rüdes Verhalten noch aufregte.

Als sie sich beruhigten, fuhr Jennifer fragend fort: „Du kommst doch, oder nicht?“

Michelle biss sich auf die Unterlippe. Natürlich wusste sie genau, wovon Jennifer die ganze Zeit redete. Es ging um die berüchtigte Halloweenparty, die der Abiturjahrgang der Gestalter veranstaltete.

Michelle kannte die Partys nur vom Hörensagen. Obwohl sie seit zwei Jahren stattfanden, hatte sie sich erfolgreich davor gedrückt. Im Gegensatz zu den Schülern mit dem Schwerpunkt Gestaltung wirkte sie mit Wirtschaft stets langweiliger und mit Menschenmassen hatte sie ohnehin ein Problem.

Auch wenn das, was sie bisher von den Partys gehört hatte, sie ein wenig faszinierte. Die Mädchen aus den Gestalterklassen suchten eine besondere Location in der Umgebung und richteten diese halloweenmäßig her. Zudem gab es jede Menge Getränke, laute Musik und heiße Tänze. Verkleidung war natürlich Pflicht.

Letztes Jahr hatte die Party auf Schloss Wilhelmsburg stattgefunden und war noch Wochen danach in aller Munde gewesen.

„Michelle?“, riss Jennifers Stimme sie aus ihren Gedanken.

„Ich weiß nicht, eigentlich habe ich schon was anderes vor“, wich sie verhalten aus.

„Ein Buch lesen zählt nicht. Das ist dir klar, oder?“ Jake klang ernst, doch er lächelte sie weiterhin schelmisch an.

„Du wirst dir diese Party nicht wegen eines Stücks bedrucktem Papier durch die Finger gehen lassen“, entgegnete Jennifer entsetzt. „Du hast dich schon die letzten Jahre gedrückt. Dieses Mal lasse ich das nicht zu, Michelle Schmidt!“

Die Nachnamennummer. Michelle schluckte. Jennifer meinte es bitterernst.

„Das ist unser letztes Jahr am BBZ. Nächstes Jahr um diese Zeit werden wir unseren Abschluss längst in der Tasche haben und im ganzen Land an Unis verstreut sein. Deshalb lässt du dir dieses große Treffen nicht entgehen!“ Jennifer stemmte sogar die Hände in die Hüfte, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.

Autsch, das tat tatsächlich weh. Scham stieg in Michelle auf. Jennifer hatte sie mit ihren Worten getroffen. Wahrscheinlich verbrachte sie zu wenig Zeit mit ihren Freunden. In dieser Hinsicht schien Michelle wirklich eine miese Freundin zu sein.

Als hätte ihre beste Freundin ihre bedrückenden Überlegungen bemerkt, ließ sie die Arme sinken und zog eine Augenbraue verführerisch hoch. „Außerdem wird er auch kommen.“

„Er?“, fragte Michelle verdutzt nach.

„Mike“, säuselte Jake und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Spinte.

Neben den Schuldgefühlen trafen die beiden noch einen Punkt tief in Michelle. Sie stand bereits auf Mike, seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Er ging in die Parallelklasse und sie teilten einige Kurse. Für Michelles Geschmack viel zu wenige.

„Ein ganzer Abend mit Mister Wuschel, klingt doch perfekt“, witzelte Jake.

„Nenn ihn nicht so“, tadelte Michelle ihn und Jennifer kniff ihn zeitgleich erneut in seine Seite.

„Au!“

„Danke.“ Michelle nickte Jennifer zu.

„Nicht dafür.“ Sie winkte ab, wohlwissend, dass Michelle es hasste, wenn Jake ihn aufgrund seiner lockigen, kastanienbraunen Haare so nannte.

„Also, was ist?“ Jennifer blickte sie hoffnungsvoll an. In ihrem Blick entdeckte Michelle einen überdrehten, freudigen Funken, den sie auf keinen Fall zum Erlöschen bringen wollte. Michelle würde nicht verkraften, ihre Freundin jetzt derart zu enttäuschen. Sie konnte ihr nicht absagen.

Außerdem war da noch Mike. Bisher war sie zu schüchtern gewesen, um ihn nach einer Verabredung zu fragen, und während der Schulzeit traute sie sich unter den ganzen neugierigen Blicken ohnehin nicht, ihn anzusprechen.

Manchmal gab es einfach diese Typen, die man in der Schule nur aus der Ferne bewunderte. Aber genau die waren es, bei denen es eine reelle Chance gab, von ihnen wahrgenommen zu werden, wenn man sie außerhalb ihres Territoriums erwischte. Zumindest mit etwas Glück.

„Na schön.“ Michelle stöhnte übertrieben laut, lächelte aber. „Ich komme mit.“

„Wunderbar“, rief Jennifer, reichte ihr die Karte und klatschte kolibriartig in die Hände. Auf ihrer Vorderseite prangte eine verschmitzt grinsende Kürbislaterne in hellem Grau. Um sie herum wanden sich blassgrüne knochige Äste.

Michelle drehte die Karte herum und las die Überschrift, die in zerlaufener, blutroter Farbe als Blickfang diente.

Bist du mutig genug für unsere Halloweenparty?

Darunter fand sie eine Anfahrtsskizze sowie die wichtigsten Daten zum Standort und zur Party selbst. Laut Zeichnung lag das Ziel etwas außerhalb eines Ortes namens Nebelwald, der sich gut zwanzig Kilometer entfernt von Schmalkalden am Kamm des Thüringer Waldes befand.

„Dieses Jahr haben sie sich echt selbst übertroffen. An dieser Stelle soll ein altes, verlassenes Fabrikgelände sein. Was bedeutet, wir können fernab jeglicher Zivilisation die Musik so laut aufdrehen, wie wir wollen. Wir werden absolut ungestört sein. Das wird großartig“, rief Jennifer euphorisch aus und Michelle ließ sich von ihrer guten Laune anstecken, während sie sich bei ihrer Freundin unterhakte und sie sich auf den Weg zur nächsten Wirtschaftsstunde machten.

Großartig. Das Wort hallte in ihr nach.

Vielleicht wurde es das wirklich.

2. Kapitel

Stephan – 2 Tage vor Halloween

„Tja, das war` s dann wohl.“

Seufzend ließ Stephan Fremder das Papier in seinen Händen sinken, nachdem er die letzte Zeile gelesen hatte.

Die schwarz auf weiß gedruckten Worte hallten schmerzhaft hinter seinen Schläfen nach. Stephan legte seine Brille ab und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger den Punkt am Ende seines Nasenrückens. Ein typisches Zeichen von Stress.

Das Schriftstück gesellte sich derweil zu weiteren geöffneten Briefen, die allesamt auf dem Schreibtisch verstreut lagen. Sie enthielten ebenso unliebsame Inhalte. Es waren Mahnungen, Zahlungsaufforderungen und Informationsschreiben über Lohnkürzungen.