Hate The CEO - Katie McLane - E-Book

Hate The CEO E-Book

Katie McLane

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Beschreibung

+++ Für Fans von Dynasty +++

Sie flieht vor ihrer Vergangenheit. Er will sie dafür büßen lassen.

Der Werbedeal mit "Gracious Living" ist für Tiffany Cobb ein wichtiger Schritt für ihr Business als Luxus-Influencerin - und der spontane Sex mit dem heißen CEO das absolute Sahnehäubchen.

Als sie jedoch herausfindet, dass Cole Stanton vor Jahren beinahe ihr Leben zerstört hat, beginnt sie eine Affäre mit ihm. Um ihn dort zu treffen, wo es am meisten wehtut.

Nur wird aus Leidenschaft schnell Nähe und das Gestern verliert an Bedeutung.

Oder wird er Tiffany am Ende mit ihren eigenen Geheimnissen vernichten?

Für alle, die diese Tropes lieben:

*Haters to Lovers*

*CEO*

*Revenge*

*Secrets*

Alle Bände dieser Reihe sind abgeschlossene Einzelromane und können unabhänging voneinander gelesen werden.

Dieser Roman war 2023 unter dem Titel »Hate & Desire - Dunkle Begierde« erhältlich. Gern kannst du dich für einen "Datei-Tausch" bei der Autorin melden und die Konditionen dazu erfragen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Playlist
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Aber – Halt, stop!
Want The Millionaire
Desire The Doctor
Content Note / Triggerwarnung Achtung, Spoiler!

 

 

Hate The CEO

 

Von Katie McLane

 

 

 

 

 

Buchbeschreibung:

Sie flieht vor ihrer Vergangenheit. Er will sie dafür büßen lassen.

 

Der Werbedeal mit Gracious Living ist für Tiffany Cobb ein wichtiger Schritt für ihr Business als Luxus-Influencerin - und der spontane Sex mit dem heißen CEO das absolute Sahnehäubchen.

Als sie jedoch herausfindet, dass Cole Stanton vor Jahren beinahe ihr Leben zerstört hat, beginnt sie eine Affäre mit ihm. Um ihn dort zu treffen, wo es am meisten wehtut.

Nur wird aus Leidenschaft schnell Nähe und das Gestern verliert an Bedeutung.

Oder wird er Tiffany am Ende mit ihren eigenen Geheimnissen vernichten?

 

+++ Für Fans von Dynasty +++

 

 

 

 

Über die Autorin:

Gestatten? Katie McLane. Musik im Blut, Pfeffer im Hintern, Emotionen im Herzen, prickelnde Geschichten im Kopf.

 

Ich lebe mit meiner Familie im Herzen NRWs und schreibe Romance für alle Sinne.

Meine Liebesromane drehen sich um dominante Männer und starke Frauen, die sich auf Augenhöhe begegnen.

Sind leidenschaftlich, sinnlich. Voll prickelnder Lust, überwältigendem Verlangen und absoluter Hingabe.

Und sie treffen mit all ihren Emotionen mitten ins Herz - bis zum Happy End.

Liebe Leser:in,

vielleicht hast du schon einmal

von dem Problem der E-Book-Piraterie gehört.

Wie man es von den Songs der Lieblingsmusiker kennt, werden auch meine Bücher illegal im Internet angeboten.

Mit dem offiziellen Kauf dieses Buches unterstützt du nicht nur mich als Autorin, sondern aktiv auch den Kampf

gegen die unrechtmäßige Verbreitung von Romanen.

Vielen Dank dafür!

 

 

 

(California Heat 2)

 

 

 

 

 

 

Impressum

1. Auflage, 2025

© Katie McLane – alle Rechte vorbehalten.

Cover: Dream Design – Cover and Art, Renee Rott

Lektorat: Franziska Schenker

 

Katie McLane

c/o easy-shop

K. Mothes

Schloßstr. 20

06869 Coswig (Anhalt)

 

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Autorin zulässig. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Das Training von Künstlichen Intelligenzen jeglicher Art mit diesem und sämtlichen Werken der Autorin ist untersagt, jetzt und in Zukunft.

Außerdem behält die Autorin sich die Nutzung ihrer Inhalte für Text und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Website & Newsletter inkl. Freebie und Bonusmaterial:www.katie-mclane.de

 

TikTok / Instagram / Facebook: @katie.mclane.autorin

 

 

Hinweis Triggerwarnung

 

Liebe Leser:innen,

 

Dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr ganz am Ende eine 205 Triggerwarnung.

 

Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!

 

Und nun wünsche ich euch ein aufregendes Leseerlebnis.

 

Eure Katie

Playlist

»Fighter« - Frøder

»IDGAF (I don’t give a fuck)« - As It Is

»The Bridge« – Jody Wisternoff feat. Sian Evans

»Monsters« – Shinedown

»Queen Of Ice (Nora En Pure Remix)« – Claptone feat. Dizzy

»This Is Gonna Hurt« – Sixx:A.M.

»Sense Of Wonder« – Paradoks

»Habit« – Adelitas Way

»Wild Skies (Marsh Remix)« – Eli & Fur

»Let Me Be Your Superhero« – Smash Into Pieces

»Be Strong« – Spada & Korolova

»Wrong Side Of Heaven (Acoustic)« – Five Finger Death Punch

»Game Over« – Margø

»Let Love Live« –Bryan Milton & Natune

 

 

Oder bei Spotify hören unter »Playlist zu ‚Hate The CEO‘«:

https://open.spotify.com/playlist/6fB2enkwkUEmCAn478gPeO

 

Kapitel 1

Zehn Jahre zuvor

 

Die Tür des Hörsaals knallt zu, ich setze ein bewunderndes Lächeln auf und hebe den Blick.

Aber … wo ist denn Jeremy?

Ein fülliger Mann mit schütterem hellen Haar marschiert zum Stehpult neben der Tafel. Er stellt seine Tasche daneben ab, stemmt die Hände in die Hüften und schaut in die Runde. »Guten Morgen, Ladys und Gentlemen. Ich bin Dr. Markham und die heutige Vertretung für Mr. Bishop.«

Ich neige den Kopf zur Seite, Jeremy hat gestern mit keinem Wort erwähnt, dass er heute nicht unterrichtet.

»Wer von Ihnen ist Ms. Cobb?«

Verwirrt hebe ich die Hand. »Das bin ich.«

Zwei Sekunden lang fixiert er mich aus zusammengekniffenen Augen, bevor er nickt. »Sie sollen umgehend zu Rektor Hawgood kommen.«

Mir wird heiß und kalt. »Was? Wieso?«

»Stellen Sie keine dummen Fragen, gehen Sie.«

»Aber ich –«

»Sofort, Ms. Cobb!«

Schockiert von dem Befehlston raffe ich meine Unterlagen zusammen, werfe mir den Träger meiner Tasche über die Schulter und schiebe mich aus der Sitzreihe. Dann eile ich an dem Dozenten vorbei zur Tür und hinaus auf den Flur.

Dort atme ich erst einmal tief durch, stopfe die Sachen in meine Messenger-Bag und laufe los.

Der Weg zum Verwaltungsgebäude ist lang und mir schießen unzählige Fragen durch den Kopf. Trotzdem habe ich keinen blassen Schimmer, weswegen der Rektor für Studierendenanglegenheiten mich in sein Büro zitieren könnte. Schließlich benehme ich mich möglichst unauffällig, schon wegen Jeremy, und –

Mein Herz stolpert, mein Magen verkrampft sich und in mir breitet sich eine böse Vorahnung aus, gegen die ich bis zum Ziel ankämpfe.

Vergeblich.

Als ich vor dem Büro des Rektors eintreffe und die Hand hebe, um anzuklopfen, zittert sie.

»Herein!«

Ich schlucke, drehe den Knauf und trete ein.

Hinter einem riesigen Schreibtisch sitzt die Assistentin und schaut mich über den Bildschirm hinweg an. »Ja, bitte?«

»Guten Morgen. Mein Name ist Tiffany Cobb, Dr. Markham hat mich hergeschickt.«

»Ah, Ms. Cobb.« Sie springt auf und tritt hinter dem Möbel hervor. »Rektor Hawgood erwartet Sie bereits.«

Nach ein paar Schritten zur Seite erreicht sie eine geschlossene Tür, klopft an und öffnet sie einen Spalt. »Ms. Cobb, Sir.«

»Herein mit ihr.«

Sie tritt zur Seite und schaut mich an, nickt mir zu. »Bitte sehr.«

»Danke.« Nervös kralle ich die Finger um den Trageriemen und gehe mit durchgedrückten Knien an ihr vorbei.

Rektor Hawgood erhebt sich und weist auf die Stühle vor seinem Schreibtisch. »Setzen Sie sich, Ms.Cobb.«

Beeindruckt von der breiten Erscheinung presse ich die Lippen zusammen und nehme Platz, während die Tür hinter mir vernehmlich geschlossen wird. Drücke die Knie aneinander, lege die Tasche auf meinen Schoß und halte mich mit beiden Händen daran fest.

»Ich nehme an, Sie wissen, worum es geht?« Den Blick direkt auf meine Augen gerichtet, sinkt der Rektor zurück auf seinen Bürostuhl.

Automatisch schüttle ich den Kopf.

»Wollen Sie mir etwa weismachen, Sie sind sich keiner Schuld bewusst?«

»Bitte, Mr. Hawgood, ich …« Mir versagt die Stimme, sodass ich mich räuspern muss. »Ich habe wirklich keine Ahnung, warum ich hier bin.«

Er faltet die Hände auf dem Tisch, hebt die Brauen. »Nun, Ms. Cobb, wir wurden darüber informiert, dass Sie und Jeremy Bishop eine moralisch verwerfliche Beziehung führen. Dabei missachten Sie nicht nur allgemeine gesellschaftliche Werte, Ihr unsittliches Treiben verstößt in erster Linie gegen die Regeln und Prinzipien unserer Fakultät. Was wir in keinster Weise tolerieren.«

Meine Ahnungen werden zur Gewissheit und senken sich wie eine Last auf meine Brust.

Mir ist klar, was das bedeutet, für uns beide. Weswegen Panik in mir ausbricht und mein Mund sich selbstständig macht. »Aber, Sir, wir lieben uns doch!«

»Liebe, Ms. Cobb? Was wissen Sie in Ihrem zarten Alter schon von Liebe? Sie haben sich einem Mann hingegeben, der vierzehn Jahre älter und außerdem Ihr Lehrer ist. Einem Mann, der seine Position ausgenutzt hat, um Sie zum Geschlechtsverkehr zu verführen. Das ist Missbrauch von Schutzbefohlenen, keine Liebe. Und eine Schande für die gesamte Universität.«

Ich schlucke, ringe um Luft.

Doch die Beklemmung legt sich wie eine große Hand um meinen Hals und drückt langsam zu.

»Wie auch immer. Was Ihre Bestrafung angeht, belassen wir es lediglich bei einer Verwarnung. Was Sie einzig und allein der Tatsache zu verdanken haben, dass Ihr Vater ein treuer Unterstützer unserer Fakultät ist. Alles Weitere liegt in seiner Hand.«

»Aber … was ist mit Jeremy?«

»Mr. Bishop wurde mit sofortiger Wirkung suspendiert und des Campus verwiesen. Über weitere Schritte, eventuell auch rechtliche, beraten wir diese Woche im akademischen Senat.«

Tränen brennen mir in den Augen, doch ich dränge sie zurück.

Wenn ich jetzt anfange zu heulen, mache ich es für uns vermutlich nur noch schlimmer.

»Mr. Hawgood …«

Er hebt die Hand. »Sparen Sie sich Ihre Worte, Ms. Cobb. Danken Sie lieber Gott dafür, dass Sie Ihr Studium an der UCLA fortführen dürfen.«

Ich nicke ergeben.

Ob das ein Segen ist, wird sich zeigen.

»Die Verwarnung wird Ihnen in den nächsten Tagen per Post zugestellt, Ihre Eltern haben wir vorab bereits informiert.«

Eine Schockwelle rast durch meinen Körper, meine Fingernägel bohren sich tiefer in den festen Stoff meiner Tasche. »Bitte nicht! Was haben meine Eltern damit zu tun?«

»Sie sind noch keine einundzwanzig Jahre alt, deshalb ist es unsere Pflicht, die Sorgeberechtigten zu informieren. So steht es in unseren Richtlinien, das sollten Sie eigentlich wissen.«

Ich presse die Lider zusammen, schüttle den Kopf.

Nein, das war mir nicht bewusst. Woher auch, ich habe sie nie gelesen. Wer tut das schon?

»Umso schlimmer, Ms. Cobb. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.«

Tja, die werde ich wohl von meinen Eltern erhalten.

Ob er ahnt, was er damit angerichtet hat?

Vermutlich ist es ihm egal.

»Sie können jetzt zu Ihrem Kurs zurückkehren.«

Ohne ein Wort erhebe ich mich, schleppe mich zur Tür und durch das Vorzimmer auf den Flur.

Ich könnte nach Hause fahren, aber ich entscheide mich dagegen und nehme planmäßig an meinen Kursen teil. Zumindest physisch.

Mir ist bewusst, dass ich das Unvermeidliche damit nur hinauszögere, und das Gedankenkarussell macht es noch schlimmer.

Wie werden meine Eltern reagieren?

Womit wird mein Vater mich bestrafen?

Wird er mich ohrfeigen?

Mir das Auto wegnehmen?

Meine Kreditkarte sperren?

Bisher konnte ich es ihm nur selten recht machen, aber nie zuvor war ich an einem solchen Punkt.

Mittags schreibe ich Jeremy eine Nachricht, doch er liest sie nicht einmal.

Im Laufe der Stunden male ich mir die düstersten Szenarien aus und als ich am frühen Abend das Cabrio in der Garage neben der Villa meiner Eltern parke, bin ich fix und fertig. Das Herz hämmert mir bis zum Hals hinauf, mein Magen schmerzt und ich schwitze vor Angst am ganzen Körper.

Ich betrete das Haus über die Verbindungstür zum Wirtschaftsraum, durchquere die totenstille Küche und gelange in den Eingangsbereich.

Beim Anblick, der mich dort erwartet, zieht sich mein Magen schmerzhaft zusammen.

Neben der Tür stehen vier meiner Koffer, daneben mein Vater, schräg hinter ihm meine Mutter.

Sie hält die Augen gesenkt, ein gewohnter Anblick.

Doch die Wut, mit der Dad mich anstarrt, ist beinahe greifbar.

Aus meinem Bauch steigt ein Zittern auf, mir wird übel und ich bleibe wenige Schritte entfernt vor ihnen stehen.

»Dass du dich überhaupt noch hierher traust. Du bist eine Schande für die Familie.« Er spuckt mir die Worte regelrecht ins Gesicht.

In meinem Innern verkrampft sich alles und weil ich weiß, dass bei ihm jedes Wort vergeblich ist, presse ich die Lippen aufeinander.

»Wie konntest du uns das antun, Tiffany? Springst einfach mit deinem Lehrer ins Bett!«

»Es tut mir leid, aber wir –«

»Es tut dir leid?«, brüllt er los und ein paar Spucketröpfchen treffen mich im Gesicht. »Oh nein, es tut dir nicht leid, kein bisschen. Egal, was du tust, du denkst immer nur an dich und dein Vergnügen. Nie berücksichtigst du, welche Konsequenzen dein unüberlegtes Handeln für deine Mutter oder mich haben könnte. Aber damit ist es vorbei, von jetzt an bist du auf dich allein gestellt.«

»Was –«

»Gib mir die Autoschlüssel.«

Automatisch strecke ich den Arm aus und er reißt sie mir aus der Hand. »Und jetzt verschwinde.«

»Wie meinst du das?«

»So, wie ich es sage. Du bist hier nicht mehr willkommen, nimm deine Sachen und geh.«

»Dad, bitte!« Mit Tränen in den Augen trete ich einen Schritt vor, doch er schüttelt den Kopf.

»Ich habe keine Tochter mehr. Raus!«

»Mom!«

Sie zieht die Schultern hoch und flüstert etwas, das für mich klingt wie »Es tut mir leid«.

Im nächsten Moment packt er meinen Oberarm und schiebt mich zur Tür, öffnet sie und schubst mich hinaus. »Geh mir aus den Augen.«

Gleich darauf wirft er mir die Koffer hinterher, von denen zwei die Treppe hinabrutschen. »Wir wollen dich nie wiedersehen.«

Dann knallt er die Tür zu und ich stehe da, starre auf das dunkle Holz und schluchze.

Ich springe über meinen Schatten, hämmere an die Tür und flehe um Verzeihung. Gelobe Besserung bis zur Abstinenz.

Doch nichts hilft.

Also angle ich in meiner Tasche nach dem Handy, wähle Jeremys Nummer, immer und immer wieder.

Als er das Gespräch endlich annimmt, bin ich vollkommen aufgelöst.

»Bitte, du musst mich abholen. Mein Dad hat mich rausgeschmissen.«

»Lass mich in Ruhe, Tiffany, du hast mir genug Ärger gebracht.«

»Was? Du hast gesagt, du liebst mich. Und ich liebe dich auch.«

»Welche Art von Liebe soll das sein, wenn du mein Leben zerstörst?«

»Aber ich … mein Leben ist genauso zerstört.«

»Genauso? Nur weil Daddy dich rausschmeißt?« Er lacht abschätzig. »Oh nein, du bist nur eine kleine verwöhnte Hure, die ordentlich gefickt werden wollte. Nicht nur von mir.«

»Nein, Jeremy! Ich habe immer alles getan, was du wolltest. Jeden Typen wie Dreck behandelt und abgewimmelt, wie du es verlangt hast. War alles, was du zu mir gesagt hast, gelogen? Die Liebesschwüre, die Versprechen?«

»Das hast du dir alles nur eingebildet. Ach, fuck, ich hätte mich niemals auf dich einlassen dürfen.«

Ein neuer Schwall Tränen überschwemmt meine Augen. »Jeremy, bitte! Du hast gesagt, du bist immer für mich da. Ich brauche dich.«

»Nein, Tiffany. Mit einer solchen Schlampe will ich nichts zu tun haben. Sieh zu, wie du klarkommst.«

Im nächsten Moment ertönt das Tuten in meinem Ohr, dann ist die Leitung unterbrochen und ich falle wimmernd auf die Knie.

 

Kapitel 2

Die Präsentation auf dem riesigen Bildschirm in meinem Büro startet und vor mir öffnet sich meine Vergangenheit. Etwas, das ich ganz tief vergraben habe.

»Fangen wir direkt mit Blaze Deluxe an, sie ist perfekt für unsere Kampagne.«

Meine Marketingleiterin Hannah spult die Eckdaten ab, die auf dem Monitor erscheinen, doch sie rauschen an mir vorbei.

Weil ich nur Augen für die Frau mit dem pastellbunten Haar habe.

Die wilden Locken sind in einem Farbverlauf von Pink über Lila und Blau zu Grün und Gelb gefärbt und umrahmen ein ovales Gesicht mit hohen Wangenknochen. Die vollen, herzförmigen Lippen sind in einem passenden Lilaton geschminkt, die hellen blaugrauen Augen werden von stark getuschten Wimpern, silberblauem Lidschatten sowie schwarzem Eyeliner umrahmt und darüber wölben sich dunkelblonde, geschwungene Brauen.

Was ihrer natürlichen Haarfarbe entspricht, so viel ich weiß.

Oh ja, dieses Gesicht kenne ich.

Nur das Nasenpiercing, ein feiner silberner Ring, hatte sie damals nicht.

In mir steigt der vertraute Zorn hoch, stärker als in jenen Tagen.

Was mich nach all den Jahren verblüfft.

Ich blinzle und schaue Hannah an. »Wen haben wir sonst noch?«

Sie drückt auf den Knopf der Fernbedienung und das Bild wechselt, zeigt nun einen mir bekannten eleganten Mittvierziger.

Ich gebe mir Mühe, mich auf den Celebrity-Playboy zu konzentrieren, genauso wie auf die folgenden vier Luxus-Influencer, doch es misslingt. Mein Kopf hängt bei der Ersten fest und sämtliche Informationen gleiten daran ab.

Also ändere ich meine Strategie. »Wie genau soll die Kampagne aussehen?«

»Als Erstes laden wir alle sechs zu einem Flug mit der Brilliant Skye ein. Ein Rundflug über dem Pazifik, mit sämtlichem Luxus. Dabei werden sie von unserem Marketingteam begleitet, inklusive Filmaufnahmen für unsere Accounts. Danach darf jeder von ihnen eine unserer Dienstleistungen in Anspruch nehmen, für seine oder ihre Social-Media-Kanäle, und wir beobachten deren Beiträge. Falls Sichtbarkeit, Reichweite und Resonanz nicht das gewünschte Ergebnis bringen, passen wir unsere Strategie an, aber das sehen wir dann.«

»Gut. Schickst du mir die Präsentation per E-Mail? Ich schaue mir die Leute und ihre Daten in Ruhe an.«

»Natürlich.«

Nicholas, der Teamleiter Social Media von Stanton Services, dreht den hypermodernen schwarz-weißen Ohrensessel neben mir in meine Richtung und lehnt sich vor. »Hast du denn schon eine Meinung, Cole? Ein Bauchgefühl?«

Ich werfe ihm einen Blick zu und nicke. »Damit wären wir am Puls der Zeit.«

»Sehe ich genauso. Auf diesem Weg multiplizieren wir unsere Sichtbarkeit. Genau das, was unser neues Baby an Aufmerksamkeit braucht.«

»Okay.« Ich erhebe mich und gehe zu meinem Schreibtisch. »Ich gebe euch spätestens morgen früh Bescheid, ob wir die Kampagne genau so starten. Wie lange dauert es von da an bis zum Launch?«

»Etwa fünf bis acht Tage, der Flug könnte bereits nächste Woche Freitag stattfinden, wenn alle Zeit haben. Direkt nach der feierlichen Enthüllung.«

»Gut.« Ich setze mich auf meinen Bürostuhl und entsperre die Computerbildschirme.

Hannah schaltet den Monitor aus, nimmt ihr iPad und tippt darauf herum. »Okay, Mail mit der Präsentation ist raus. Wir sehen uns später.«

Die beiden stehen auf, verabschieden sich und verlassen mein Büro.

Ungeduldig starre ich auf den Posteingang und öffne den Anhang, sobald Hannahs E-Mail eintrudelt.

Mit Absicht übergehe ich die ersten Seiten und steige bei dem zweiten Influencer ein. Analysiere die Follower-Zahlen seiner Kanäle, deren Performance und andere Daten, die für meine Firma und mich wichtig sind.

Eines muss ich Hannah und ihrem Team lassen, sie haben eine ausgewogene Mischung gefunden.

Was mich zu Blaze Deluxe zurückführt.

Oder besser gesagt Tiffany Cobb.

Zunächst klicke ich auf die Seite mit den Informationen zu ihrer Tätigkeit. Ihre Zahlen toppen die der anderen Influencer und ihr Portfolio ist breit gefächert. Darüber hinaus folgen ihr viele prominente Größen, mit denen sie auch Kooperationen eingeht, und zu ihren Kunden gehören ein Haufen Designerlabels sowie Unternehmen anderer bekannter Luxusartikel.

Ich folge einem der Links und schaue mir ihre Bilder sowie Storys an, auch ein paar ihrer YouTube-Videos und den einen oder anderen Artikel über sie.

Diese kleine verwöhnte Bitch aus reichem Haus schwimmt im Luxus und verdient auch noch Geld damit. Vermutlich musste sie kaum dafür arbeiten.

Meine Gedanken gleiten etwa zehn Jahre in die Vergangenheit und alles ist sofort wieder präsent.

Ihr abschätziger Blick, das arrogante Lachen.

Schmerz, Schmach und Wut.

Und der Schwur auf Rache.

In meinem Innern regt sich etwas.

Sollte dieser Tag tatsächlich gekommen sein?

Ein Klopfen an meiner offenen Bürotür reißt mich in die Gegenwart zurück und ich sehe auf.

Meine Assistentin lächelt. »Barney wartet in der Tiefgarage auf dich.«

Verwirrt schaue ich auf die Uhr, ist es schon so spät?

»Danke, Tessa, ich komme.«

Schnell aktiviere ich die Bildschirmsperre, stecke mein Smartphone ein und verlasse das Büro. Lenke meine Aufmerksamkeit weg von Tiffany und hin zu den Terminen, die mich erwarten.

Was komplett misslingt.

Beim Treffen mit den CEOs einiger unserer Kooperationspartner setze ich einen konzentrierten Gesichtsausdruck auf und nicke gelegentlich, doch in Wahrheit bekomme ich kaum ein Wort mit.

Was zum Glück wenig dramatisch ist.

Beim wöchentlichen Strategiegespräch mit meinen leitenden Angestellten sieht die Sache schon anders aus.

Ich versuche wirklich, mich auf die Themen zu fokussieren, doch die Bilder von Tiffany, damals und heute, tauchen immer wieder vor meinem inneren Auge auf.

Weshalb ich am Ende die Finanzleiterin bitten muss, mir ihre Notizen zuzuschicken.

Nicht einmal beim monatlichen Treffen eines lokalen Wirtschaftsnetzwerkes schaffe ich es, den Austausch von Informationen sowie inoffizieller Details zu belauschen.

Weil sich immer mehr Erinnerungen von hinten in meinen Kopf schleichen, sich dort einnisten und an meiner Aufmerksamkeit nagen.

Fuck!

Also verabschiede ich mich ausnahmsweise als einer der Ersten und lasse mich von meinem Fahrer nach Manhattan Beach bringen, wo ich seit einem Jahr ein Haus am Strand besitze.

Ich laufe den Weg neben der Garage hoch und durch die Tür im holzverblendeten Zaun. Dahinter führt ein schmaler, von Grün umgebener Weg zur eigentlichen Haustür. Dort identifiziere ich mich durch einen Iris-Scan beim Sicherheitssystem, trete ein und gebe zusätzlich meine PIN auf dem Panel ein.

Wie jeden Abend wende ich mich nach links, lockere auf dem Weg durch das Wohnzimmer die Krawatte und ziehe sie aus dem Hemdkragen. Hänge sie zusammen mit dem Jackett über die Lehne eines Hockers vor dem marmornen Frühstückstresen auf der rechten Seite des Raumes.

Links befindet sich ein geschlossener Kamin, vor dem sich drei Ledersessel um einen niedrigen Tisch versammeln. Auf dem steht ein Tablett mit Gläsern und meinem Lieblingsdrink, einem alten kubanischen Rum.

Davon schenke ich mir großzügig ein und trete hinaus auf den Balkon. Ziehe die Glastür hinter mir zu und gehe vor bis zum Glasgeländer.

Die hölzernen Lamellentüren sind rundherum aufgeschoben und ich schaue die verkehrsberuhigte Straße hinauf und hinab, die zwischen den Häusern und dem Strand von Manhattan Beach verläuft.

Der Betonweg wird in regelmäßigen Abständen von Laternen beleuchtet, doch hinter dem anschließenden Grüngürtel wird es dunkel und man kann Fahrradweg sowie Strand in der Finsternis nur erahnen.

Ich schließe die Augen und atme die würzige Süße des Rums ein, lausche dem Rauschen der heranrollenden Wellen und dem Wind in den Palmenblättern. Nehme einen Schluck und genieße die Entfaltung der Aromen von Früchten, Honig und Schokolade. Am Ende rinnt er meine Kehle hinab und hinterlässt einen langen, cremigen Nachklang.

Mein abendliches Entspannungsritual.

Normalerweise.

Heute schieben sich diese ausdrucksvollen Augen und das bunte Haar in meinen Kopf.

Werden ersetzt von geglättetem blondem Haar, das ihr bis zur Hüfte reicht, und denselben Augen, aber extrem dunkel geschminkt. Und darin der überhebliche Ausdruck einer verzogenen Göre.

Dir helfen? Beim Entjungfern oder was? Geh und mach es dir selbst, Freak!

Wütend beiße ich die Zähne zusammen und starre hinaus zum Horizont.

Höre ihr höhnisches Gelächter und das Gespött der umstehenden Studenten.

Damals hätte ich mich am liebsten in einem tiefen Loch vergraben.

Wollte vor der negativen Aufmerksamkeit flüchten, die mir Wochen und Monate später noch nachgehangen hat. Dem miesen Gefühl, das ihre Demütigung in mir hinterlassen hat. Und vor allem vor meiner eigenen Dummheit, bei ihr die Hilfsbereitschaft der Bruins vorauszusetzen, wie die Studierenden des Campus Los Angeles nach ihrem Sportteam scherzhaft genannt werden. Schließlich hatte da ihr zweites Jahr an der University of California begonnen, mein letztes, und der Spirit sich garantiert bis zu ihr herumgesprochen.

Ich habe tatsächlich gehofft, mein Abschlussprojekt durch ihre Unterstützung pushen zu können. Die Idee dazu brodelte schon seit der Highschool in meinem Kopf. Es war meine Chance, mich vor meinem Vater zu beweisen und von der Familie loszukommen, die mich wie einen Loser behandelte. Nur, weil ich keine ausgetretenen Wege einschlagen, sondern meinem eigenen Gespür folgen wollte.

Für die Umsetzung benötigte ich Geld, musste das Interesse der passenden Investoren wecken. Und zwar auf Ebenen, die sowohl in deren Augen als auch für mein Projekt essentiell waren.

Tiffany passte perfekt in meinen Plan, schließlich stammte sie aus der High Society Kaliforniens und besaß durch ihre Tätigkeit als Vloggerin bereits einige Sichtbarkeit in den sozialen Medien.

Und jemand mit ihrem Aussehen und Freundeskreis war niemals dermaßen boshaft, wie man es überall hörte, oder?

Pah!

Wie gut, dass ich mit jenem Tag sämtliche Naivität verloren habe.

Ich atme tief durch und nippe erneut an meinem Drink.

Mein damaliger Mitbewohner und inzwischen bester Freund Hayes hat mich anschließend gecoacht. Mit diversen Aktionen und Maßnahmen mein Selbstwertgefühl gepusht. Mir so viel Selbstvertrauen antrainiert, dass ich mich veränderte. Vom Freak zum beliebten Ausnahmetalent, der sogar für die Damenwelt an Attraktivität gewann. Und am Ende des Studiums zu einer Art Start-up-Unternehmer.

Die Geburt von Stanton Services, mein ganzer Stolz. Wenn auch erst einmal nur auf dem Papier.

Ob ich ohne Tiffanys Abfuhr dennoch diesen Weg eingeschlagen hätte und genau dort wäre, wo ich heute bin?

Nun, das werde ich wohl nie erfahren. Aber eins weiß ich – ich wäre längst unabhängig.

Das mitleidige Lächeln meines Vaters taucht vor meinem inneren Auge auf, wie er mir anbietet, in mein Start-up zu investieren, und der Zorn schlägt in Wut um. Triggert mein Vergeltungsbedürfnis, verstärkt es.

Damals habe ich sie monatelang gestalkt, ohne aufzufliegen.

Und jetzt hast du das Miststück genau dort, wo du sie immer haben wolltest.

Ein kaltes, siegessicheres Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus und ich stelle mir vor, was ich alles mit ihr tun könnte. Von simplem Rufmord über existenzschädigende Maßnahmen bis hin zu …

Die Ideen nehmen immer interessantere Formen an, bieten mir eine Fülle von Möglichkeiten für meine Rache. Daraus formt sich ein vager Plan mit mehreren Stufen, dann eine Variation davon. Und noch eine.

Nein. Um dieses Thema konkret anzugehen, benötige ich weiterführende Informationen. Zu Tiffany, ihrem Job, ihren aktuellen Lebensumständen, ihrem privaten Ich. Deshalb muss ich ihr näherkommen, sie kennenlernen, und zwar möglichst unauffällig.

Was läge da näher, als sie und die anderen Influencer persönlich in unserem neuen Jet willkommen zu heißen und sie auf dem ersten Flug zu begleiten?

Innerlich reibe ich mir die Hände und eine boshafte Vorfreude steigt in mir auf.

Oh ja, Ms. Cobb. Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen eine ganz besondere Behandlung zukommen zu lassen.

 

*

 

Da ich um neun Uhr den ersten Termin habe, nutze ich die frühen Morgenstunden zum Surfen. Die Verhältnisse sind hervorragend und ich konzentriere mich nur auf mein Brett und die Wellen, was meinen Verstand gnädigerweise zur Ruhe kommen lässt.

Genau das liebe ich an diesem Sport, auch wenn ich kein großes Talent besitze. Er ist mein Ausgleich, die perfekte Ergänzung zu Joggen und Krafttraining.

Entsprechend entspannt betrete ich eine Viertelstunde vor der verabredeten Zeit die Marina Towers, direkt an der Marina del Rey gelegen, zwischen Venice Beach und dem Los Angeles International Airport. In der sechsten Etage befinden sich die Geschäftsräume von Stanton Industries, der Firma meines Vaters, in der seit fast zehn Jahren auch mein ältester Bruder Michael tätig ist.

In Ermangelung eines Wunschinvestors habe ich nach drei harten, wenig erfolgreichen Jahren die Zähne zusammengebissen und Dads Geld genommen, um meine Geschäftsidee endlich umzusetzen. Dafür musste ich neunzig Prozent der Firmenanteile abtreten. Mittlerweile bin ich CEO, habe knapp hundert Mitarbeiter und halte neunundvierzig Prozent der Anteile. Und wenn die Brilliant Skye die budgetierten Erwartungen erfüllt, kann ich meinen Vater in zwei oder drei Jahren auszahlen. Dann gehören auch die monatlichen Treffen endlich der Vergangenheit an, in denen ich ihm Rede und Antwort stehen muss.

Am Empfang mache ich Halt und lächle. »Guten Morgen, Janice.«

Die Tochter von Dads Assistentin strahlt mich an. »Morgen, Cole. Wie geht es dir?«

»Bestens. Nächste Woche wird die Brilliant Skye feierlich vorgestellt.«

»Ich bin schon total gespannt, wie dein neues Baby ankommt.«

»Und ich erst. Ist mein Vater da?«

»Natürlich.«

»Danke.«

Ich laufe den Flur hinunter, betrete den Vorraum zum Büro meines Vaters und begrüße Janices Mutter. »Guten Morgen, Patty.«

Sie sieht von einem Stapel Papiere auf und lächelt. »Hallo, Cole, guten Morgen. Geh ruhig rein.«

»Danke.«

»Möchtest du einen Kaffee?«

»Gern.«

Während ich an ihrem Schreibtisch vorbei und auf die offene Bürotür zugehe, steht sie auf und eilt in die Küche.

Ich entdecke meinen Vater am Fenster, die Hände auf dem Rücken verschränkt.

David Stanton ist ein groß gewachsener, schlanker Mann mit dunklem, grau meliertem Haar und mit fast siebzig Jahren noch immer topfit.

Beherzt klopfe ich an das dunkle Holz. »Morgen, Dad.«

Er dreht sich um, die Brauen gehoben. »Cole, guten Morgen. Komm herüber.«

Mit dem Kopf winkt er mich heran und wendet sich wieder dem Ausblick zu.

Ich trete neben ihn, schiebe die Hände in die Hosentaschen und betrachte den Freizeithafen von Marina del Rey, der im Licht der Morgensonne vor uns liegt.

Erstaunlich, was hier im Laufe der Jahrzehnte entstanden ist. Inzwischen bietet er über fünftausend Anlegeplätze und drumherum haben sich viele kleine und mittlere Unternehmen sowie Restaurants und Hotels angesiedelt. Stanton Industries war als eine der ersten Firmen mit von der Partie, damals noch als kleiner Bootsbauer, und mein Vater hat sie zu dem erfolgreichen Unternehmen ausgebaut, das es heute ist.

»Ist das nicht ein herrlicher Tag? Perfekt, um seine Erfolge zu feiern.«

Automatisch wandert mein Blick zu seiner Werft hinüber, die man von dieser Position aus ganz rechts sehen kann. Zwei große Hallen mit dazugehörigem Außengelände. Entstanden aus der kleinen Werkstatt meines Großvaters.

»Da stimme ich dir vollkommen zu.«

»Wo darf ich den Kaffee hinstellen?«

Wir drehen uns zur Tür um und Dad deutet auf den Besprechungstisch links von mir. »Wir setzen uns da rüber, Patty. Danke.«

Seine Assistentin trägt das Tablett hinüber, stellt meinem Vater und mir jeweils eine Tasse Kaffee hin sowie einen Teller mit original französischen Cannelés dazu. Sein Laster, seitdem ich denken kann.

Ich mag die Dinger nicht, zu viel Zucker und Alkohol für ein Gebäck. Außerdem sollte Rum immer in seiner ursprünglichen Form genossen werden.

Sie verlässt das Büro wieder, zieht die Tür hinter sich zu und wir nehmen einander gegenüber Platz.

»Dann erzähl mal, mein Sohn. Wie laufen die Geschäfte?«

Ich ignoriere die unliebsame Formulierung und fasse ihm die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen des vergangenen Monats zusammen. Anschließend sprechen wir über die Unternehmensentwicklung und die Marketingstrategie. Womit wir bei dem Thema landen, das mein Vater vernachlässigt.

Schließlich schüttelt er den Kopf und leert seine Tasse. »Ich kann keinen Mehrwert darin erkennen, diese sogenannten Influencer zu nutzen. Was sollen die bringen?«

»Das ist nun mal eine globale Entwicklung, Dad. In den sozialen Medien verbringt unsere Zielgruppe einen Großteil ihrer Freizeit. Und wir nutzen die Reichweite der Influencer, um unsere Sichtbarkeit zu erhöhen.«

»Die Reichen verplempern ihre Zeit bei Facebook?«

»So kann man das nicht sagen. Die Celebrities erreichen auf den Plattformen ihre eigenen Follower, knüpfen Kontakte sowie Geschäftsbeziehungen und schauen sich auch dort um. Und dann finden sie uns.«

»Also, wenn du mich fragst, sind Empfehlungen noch die beste Werbung.«

Ja, genau, und das Internet wird vollkommen überbewertet und demnächst aussterben.

Am liebsten möchte ich die Augen verdrehen. »Es kommt auf den Mix an.«

»Trotzdem konzentriert ihr euch für die Brilliant Skye ausgerechnet auf diese Leute.«

Wie so oft verhöhnt er die Mittel von modernem Marketing. Weil er null davon versteht. Manchmal möchte ich ihn anschreien, dass er das Thema Menschen überlassen soll, die es studiert haben und wissen, wie es funktioniert. Aber dann würde er mich wieder nur auslachen.

Also beiße ich die Zähne zusammen und atme tief durch. »Um potenzielle Kunden anzusprechen, ja.«

»Wie viel Zeit gebt ihr der Kampagne?«

»Wir haben kein Enddatum festgelegt.«

»Dann tue ich das hiermit.«

Mir entschlüpft ein ungläubiges Lachen. »Wie bitte?«

»Wenn die Strategie innerhalb von vier Monaten keine messbaren Ergebnisse zeigt, kehrt ihr zu Altbewährtem zurück.«

Ich schnaube. »Was meinst du? Werbeplakate? Zeitungsanzeigen? Das ist vollkommen an der Realität vorbei.«

»Deine Leute werden schon wissen, welche Instrumente funktionieren.«

»Das auf keinen Fall.«

»Ich halte nichts davon, diesen Nichtsnutzen Geld in den Rachen zu werfen. Also sorge dafür, dass sie Umsatz für euch generieren, oder ich lege mein Veto ein.«

»Dad!«

»Das ist mein letztes Wort. Wir sind fertig für heute.« Damit steht er auf und geht zu seinem Schreibtisch hinüber.

Mein Magen verkrampft sich vor Wut, doch ich verberge es. Beiße die Zähne fest aufeinander, schiebe den Stuhl nach hinten und verlasse schweigend das Büro.

Ich werde ihm schon zeigen, wer mehr Ahnung von Geschäft hat.

Und dann zahle ich ihm seine Überheblichkeit dreifach zurück.

 

Kapitel 3

Noch einmal die Haare aufschütteln, lächeln und in Pose werfen.

Auslöser drücken.

Meine Mundwinkel sacken herab und ich steige von der Sonnenliege mit den apfelgrünen Polstern. Tappe barfuß um das Stativ herum, auf dem meine Kamera befestigt ist, zum Tisch. Dort steht, im Schatten des riesigen UV-abweisenden Sonnenschirms, mein iPad. In der iCloud-Galerie überprüfe ich das letzte Bild auf Ausleuchtung und Perspektive. Die Brücke im Hintergrund ist super zu sehen, genauso wie die Luxusvillen rechts und links sowie die üppige Vegetation rundherum. Und davor komme ich in dem neuen Outfit von Cavalli perfekt zur Geltung.

Na, also, geht doch.

Ein Windhauch streift die Venice Canals und ich hebe kurz das Haar an, um meinen verschwitzten Nacken zu kühlen.

Hoffentlich hält mein Make-up, bis ich mit dem Shooting und dem Video fertig bin.

Nun kann die eigentliche Arbeit losgehen. Also kehre ich zu meiner Sonnenliege zurück, schlüpfe in High Heels und wechsle einige Male die Stellung, überfliege die Fotos und gehe noch einmal die Notizen für das Video durch. Dann werfe ich mich dafür in Pose, starte die Aufnahme und begrüße meine Follower mit dem üblichen Spruch.

»Hey, Leute. Willkommen zurück in Venice!«

Anschließend erzähle ich ihnen etwas über meinen Tag, das Outfit und seine Besonderheiten. Gebe Hinweise zu Rabatten, dem Content der nächsten zwei Tage und verabschiede mich wieder.

Keine fünf Minuten, perfekt. Zu einer längeren Aufmerksamkeitsspanne sind nur wenige meiner Follower fähig, egal ob reich oder nicht.

Ich tausche Schuhe gegen Flip-Flops, gehe zum Tisch und trinke den Rest Eiswasser. Mit dem Thermobecher in der einen und den Schuhen in der anderen Hand eile ich zur Terrassentür, betrete das klimatisierte Haus und atme erleichtert auf. Stelle das Gefäß auf die Frühstückstheke, laufe in mein Zimmer hinauf und schäle mich aus dem langärmligen, eng anliegenden schwarzen Kleid mit dem extravaganten Zebramotiv. Anschließend schlüpfe ich in pinkfarbene Shorts und ein weißes Top mit Cut-out über dem Dekolletee. Es stammt von einem weniger bekannten Designerlabel, an dessen Bekanntheitsgrad ich seit ein paar Wochen arbeite.

Schnell stecke ich mein pastellfarbenes Regenbogenhaar locker hoch, überprüfe das Make-up und laufe hinunter in die offene Küche.

Kaum produziert der Vollautomat den gewünschten doppelten Espresso, taucht mein bester Freund und Mitbewohner auf.

Als ob sein Kaffee-Radar ausgeschlagen hätte.

Er verlässt die Treppe und biegt nur in Boxershorts um die Ecke, fährt sich gähnend mit beiden Händen durch das lange braune Haar. »Morgen, Blaze.«

Wie so oft schmunzle ich über den Spitznamen, den er mir vor knapp zwei Jahren verpasst hat, passend zu meiner Haarfärbung, die auch gern mal als »Einhornhaar« bezeichnet wird. Schließlich bin ich nun ein »Falsches Einhorn«, ein Blazing Star, wie eine einzige Art einer bestimmten Pflanzengattung heißt. Ich habe seine Erklärung damals sogar gegoogelt und es hat mir so sehr gefallen, dass ich mir den Künstlernamen Blaze Deluxe zugelegt habe.

»Es ist fast Mittag, Dillon.«

»Auch gut.« Er geht zum Kühlschrank, nimmt den Orangensaft aus der Tür und trinkt direkt aus der Flasche.

Ich trete neben ihn, nehme die Milch heraus und stelle sie auf der Arbeitsfläche ab. Drücke den Thermobecher gegen den Hebel hinter dem Auslass und Eiswürfel klirren in den Edelstahlbehälter.

Dann schütte ich mir einen davon in die Hand und presse ihn schnell gegen Dillons tätowierte Brust. Er zuckt zusammen, senkt die Flasche und verschüttet beinahe etwas von dem Saft. Und ich nutze die Gelegenheit, schiebe das Eis über seine austrainierten Bauchmuskeln und unter den Bund seiner Shorts.

»Aaah!«

Sein Schrei dröhnt in meinen Ohren und ich kehre grinsend zur Arbeitsfläche zurück. Schaue dabei zu, wie er herumhüpft und gleichzeitig an den Shorts zerrt.

Als der Eiswürfel unten herausfällt, knurrt er erleichtert. »Du Luder!«

»Was denn? Ich habe gedacht, dein kleiner Freund braucht nach der letzten Nacht ein wenig Abkühlung.« Ich zucke lässig mit den Schultern und kippe den Espresso über das Eis.

»Wie aufmerksam von dir.«

»Nicht wahr?« Ich fülle den Thermobecher mit kalter Milch auf. »Bleibt sie zum Frühstück?«

»Nein, sie sitzt längst in ihrem Büro und geht einer geregelten Arbeit nach.« Grinsend stellt er den Saft zurück, nimmt von mir die Milch entgegen und schubst die Tür zu.

»Die Arme.« Ich drehe den Deckel auf den Becher.

»Finde ich auch.« Dillon holt eine Tasse aus dem Schrank, stellt sie unter den Auslauf und wählt einen Kaffee. »Waren wir sehr laut?«

»Halt ihr beim nächsten Mal einfach den Mund zu, wenn sie kommt, okay? Dann haben die Nachbarn hinten raus wenigstens keinen Grund, sich zu beschweren.«

»Falls es ein nächstes Mal gibt, werde ich das beherzigen.«

Lächelnd schüttle ich den Kopf und nippe an meinem Eiskaffee. »Was hast du heute vor?«

Er zuckt mit den Schultern, legt seine Finger um die Tasse und lehnt sich neben der Maschine an die Arbeitsfläche. »Ich habe einen neuen Auftrag, also muss ich ein bisschen komponieren. Vielleicht nehme ich auch ein Video dabei auf. Und du?« Er trinkt von dem Kaffee.

»Video und Bilder bearbeiten, Postings vorbereiten, das Übliche eben.«

»Ist Anna schon da?«

Sein Ton klingt beiläufig, doch seit ein paar Wochen ahne ich, dass dem absolut nicht so ist.

»Nein, sie arbeitet heute von zu Hause aus. Tommy hat Durchfall.«

»Lecker.« Er verzieht das Gesicht. »Aber sonst geht es ihm gut?«

»Ich denke, schon. Bei seinem schwachen Immunsystem muss sie echt vorsichtig sein, dass er sich keine weiteren Krankheitserreger oder Viren einfängt.«

»Dennoch hast du sie eingestellt, finde ich verdammt cool von dir.«

»Ach was, das ist doch selbstverständlich.« Verlegen winke ich ab.

»Für dich, ja. Also, grüß sie, wenn du mit ihr telefonierst. Und gute Besserung an den kleinen Racker.«

»Mache ich. Bis später.«

Ich nehme mir noch ein Glas Eiswasser mit nach draußen, setze mich an den Tisch und beginne mit meiner täglichen Arbeit. Vorbereitungen treffen, Social-Media-Kanäle bespielen und so weiter.

Anschließend schaue ich mir meinen Kalender der nächsten zwei Wochen an und lächle zufrieden.

Da hat Anna wieder hervorragende Arbeit geleistet.

Wenn ich sie nicht hätte, wüsste ich längst nicht mehr, wie ich alles managen soll. Sie kümmert sich um die Korrespondenz, sowohl mit meinen Followern und Fans als auch mit den Geschäftspartnern. Vereinbart jegliche Termine, organisiert Treffen und Shootings, jongliert mit Einladungen und sonstigen Verpflichtungen. Ich muss meistens nur noch schauen, was ich zu tun habe. So wie heute.

Die nächsten beiden Tage erwartet mich ein straffer Zeitplan, von dem ich nur am Freitag frei habe. Auf den Sonntag freue ich mich besonders, denn da fahre ich, wie jede Woche, ins Jenesse Center drüben in Crenshaw. Ich engagiere mich genauso wie Halle Berry in dem breit aufgestellten Frauenhaus, wenn auch aus weit persönlicheren Gründen.

Mit einem Seufzen wische ich mir den Schweiß von der Stirn und greife nach meinem Thermobecher, doch auch der ist leer.

Am besten verziehe ich mich direkt ins Haus, auf der Terrasse halte ich es keine Minute mehr aus.

Ich packe meine Sachen zusammen und steige die Treppen zur obersten Etage hinauf, in der mein Schlafzimmer liegt. Das Equipment verstaue ich in dem halbhohen offenen Regal vor dem Wandschirm im Asia-Style, hinter dem sich mein Bett befindet. Dann schalte ich den Laptop ein und recherchiere die heißesten Fashion-News. Werfe mich später mit dem Smartphone auf die Couch und surfe durch die sozialen Medien. Suche nach Modetrends von der Straße, lasse mich von Entwicklungen in Europa und Asien inspirieren.

Bis mich ein Anruf aus meiner Versunkenheit reißt.

Lächelnd wische ich den grünen Hörer zur Seite und nehme das Telefon ans Ohr.

»Anna, hey!«

»Hallo, Tiff, wie wir dein Tag?«

»Äußerst produktiv. Und deiner?«

»Danke, ich kann nicht klagen. Die Monate füllen sich.«

»Das freut mich, aber eigentlich wollte ich wissen, wie es Tommy geht.«

»Besser, morgen kann er auf jeden Fall wieder in die Schule.«

»Sehr gut. Was hältst du davon, wenn wir direkt losfahren, sobald du hier bist? Wir können das Morgenlicht und die angenehmeren Temperaturen für das Shooting ausnutzen.«

»Kein Problem, machen wir so.«

»Gut.«

»Hast du zufällig schon in deine E-Mails geschaut?«

»Nein, das wollte ich gleich machen. Warum?«

»Vor etwa einer halben Stunde ist eine kurzfristige Einladung gekommen, zu einem speziellen Event.«

»Warte, ich gehe zum Schreibtisch.« Ich stehe auf und eile hinüber, setze mich auf den Bürostuhl und wecke den Computer. Entsperre den Bildschirm, öffne das E-Mail-Programm und gehe den Posteingang durch. »Welche Mail meinst du?«

»Die von Stanton Services, Hannah Sibbel.«

»Ah, da.« Ich finde die Nachricht, klicke sie an und bemerke den umfangreichen Text im Vorschaufenster. »Kannst du mir zusammenfassen, worum es geht?«

»Das Unternehmen ist in verschiedenen Dienstleistungsbereichen tätig, aber hauptsächlich für die Reichen und Superreichen. Sagt dir Gracious Living etwas?«

»Natürlich. Die bieten alles an, was das Leben noch luxuriöser macht. Extravagante Freizeitgestaltung, spezielle Fortbewegungsmittel und solche Sachen.«

»Genau. Kennst du ihr neuestes Baby? Brilliant Skye?«

Ich runzle die Stirn. »Nein. Was soll das sein? Schlafen unterm Sternenhimmel?«

Sie lacht. »So ähnlich. Das ist ihr erster Jet der obersten Luxusklasse.«

»Das klingt interessant.«

»Mh-hm. Und sie haben unter anderem dich zu einem Präsentationsflug eingeladen.«

»Oh, wow!« Ein Kribbeln breitet sich in meinem Magen aus. Ich glaube, das ist der nächste Strich auf meiner Skala der Bekanntheit. Endlich kommt jemand außerhalb der Modewelt auf mich zu. »Wann soll das stattfinden?«

»Nächsten Freitag, 19 Uhr.«

»Und wie lange wird der Flug dauern?«

»In der Mail steht, so lange wie eine gute Party. Also im Zweifel bis in die Morgenstunden, nehme ich an.«

»Details?«

»Nein. Und auch die anhängende Präsentation ist ziemlich geheimnisvoll. Die Gäste sollen das Flugzeug kennenlernen und sämtliche Annehmlichkeiten genießen, die der Vogel zu bieten hat.«

»Wer ist sonst noch eingeladen?«

»Keine Ahnung, in der Mail ist nur die Rede von einer prominenten Runde.«

»Ich schaue mir das mal in Ruhe an.«

»Mach das. Allerdings bräuchten sie bis morgen früh um zehn deine Antwort.«

»Kein Problem.«

»Ich glaube, du wirst auch nicht lange überlegen. Das klingt megaaufregend und ist eine neue Richtung für dich. Wer weiß, vielleicht kannst du ja demnächst Urlaub auf einer ihrer Jachten testen. Oder Luxushotels in der ganzen Welt.«

Nachdenklich schürze ich die Lippen, starre auf die goldene YouTube-Trophäe auf dem Regal über mir.

Anna hat recht, das könnte mein Business auf eine neue Ebene heben.

»Gut, dann kümmere ich mich sofort darum.«

»Super.«

»Sonst noch etwas Wichtiges?«

»Nichts, was ein sofortiges Handeln erfordert.«

»Alles klar. Dann sehen wir uns morgen früh.«

»Genau. Dir einen schönen Abend.«

»Euch auch, danke.«

Ich tippe auf den roten Hörer, lege das Telefon beiseite und rufe mir die E-Mail mit einem Doppelklick auf den gesamten Bildschirm. Lese aufmerksam den Text, schaue mir die geheimnisvolle Präsentation an und recherchiere anschließend im Internet.

Verdammt, da hat die Marketingabteilung gute Arbeit geleistet. Auf ihrer Website ist noch alles verhüllt, im wahrsten Sinne des Wortes, und auch der Trailer gibt nur blitzartige Einsichten preis. Eine Strategie, von der schon mein Marketingdozent an der Universität geschwärmt hat. Erfolgsfaktor Neugier.

Darüber hinaus ist keine Spur ihres neuen Angebots im Netz zu finden. Kein Wunder, dass sie auf Geheimhaltung bis zur offiziellen Präsentation am Freitag bestehen.

Nun, mir soll es recht sein. Diese Chance lasse ich mir auf keinen Fall entgehen.

Also klicke ich auf Antworten und sage meine Teilnahme zu.

Keine zehn Minuten später erhalte ich die offizielle und ebenso geheimnisvoll gestaltete Einladung mit sämtlichen Details, die ich für Freitag benötige.

Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wie ich meine Neugier bis dahin im Zaum halte. Was das angeht, hat ihre Taktik voll ins Schwarze getroffen.

 

*

 

Begleitet von einem chilligen Track meines liebsten EDM-Musikproduzenten und DJs biege ich von der Schnellstraße ab, cruise bei offenem Verdeck hoch Richtung Crenshaw. Da mir die Sonne nun in einem unangenehmen Winkel ins Gesicht scheint, ziehe ich das Basecap tiefer ins Gesicht und schiebe die Sonnenbrille wieder höher.

Zum Höhepunkt des Songs lenke ich den dunkelgrünen BMW lediglich mit dem linken Handgelenk, meine rechte Hand und der Kopf folgen dem Flow.

Manchmal ist das Leben auf eine simple Art und Weise verdammt schön.

Beim Jenesse Center angekommen stelle ich das Cabrio auf einem der wenigen Schattenparkplätze ab, steige aus und angle nach meiner Handtasche, die hinter dem Fahrersitz auf dem Boden steht. Ich verriegele den Wagen und laufe zum Eingang. Ziehe die Tür auf und werfe dabei automatisch einen Blick in westliche Richtung.

Die Skyline von Los Angeles liegt, wie meistens, unter einer Glocke aus Dunst und Smog, weswegen ich täglich dankbar dafür bin, direkt an der Küste zu wohnen. Die Frauen jedoch, die hier Unterschlupf finden, wären über jegliche Art von Unterkunft froh, die ihnen Frieden und Sicherheit bietet. Und bis es so weit ist, trage ich dazu bei, dass sie sich von Strapazen und Gewalt erholen können.

Entschlossen durchquere ich den Eingangsbereich und biege in den Flur ab, der zu Küche und Büros führt. Nehme Kappe sowie Sonnenbrille ab, schiebe sie in meine Tasche und werfe den geflochtenen Zopf über meine Schulter zurück.

»Guten Morgen, ihr Süßen!« Lächelnd betrete ich den Besprechungsraum des Center-Teams, der meistens auch als Aufenthaltsraum für sie und sämtliche Helfer dient, kremple mir die Ärmel der dünnen Baumwollbluse hoch.

»Morgen, Tiffany! Wie geht es dir?« Pamela Tarver kommt mir entgegen und begrüßt mich mit einer herzlichen Umarmung.

»Bestens. Und dir?« Ich mustere die Psychologin aufmerksam, die für die nachgelagerte Betreuung der Frauen und oft auch Kinder zuständig ist. Das Programm, durch das die Opfer von häuslicher Gewalt sich eine neue Zukunft aufbauen können.

»Ach, ich bin echt urlaubsreif.« Sie verdreht die Augen, winkt aber ab. »Ein paar Wochen noch.«

»Dann lass uns das Gespräch wegen des neuen Trainings doch auf danach verschieben.«

»Oh, du bist ein solcher Schatz! Macht dir das wirklich nichts aus?«

Sie wirkt so erleichtert, dass ich lächeln muss. »Ach was, wieso denn?«

»Na, wegen deiner Planung.«

»Zum einen habe ich meinen Anteil schon ganz genau ausgearbeitet und zum anderen hättest du ruhig eher etwas sagen können.«

»Und was ist mit der Zeit, die du bereits geblockt hast?«

»Was Zeit angeht, bin ich total flexibel, das weißt du doch. Und für euch schaufle ich mir im Zweifel etwas frei. Also mach dir keinen Kopf, wir kriegen das hin.«

»Danke.« Sie drückt meine Hand. »Und jetzt muss ich zu Karen, wir sehen uns später.«

Ich gehe rüber und begrüße zwei weitere Mitarbeiterinnen des Frauenhauses, nehme mir einen Kaffee und setze mich zu ihnen, um mich über die aktuelle Lage zu informieren.

Zwei Frauen haben den Schritt in ein neues Leben geschafft und sind in ein eigenes Apartment gezogen. Außerdem vier Neuzugänge, davon eine gestern Abend, ziemlich zugerichtet. Des Weiteren gibt es Informationen zu allen Bewohnerinnen.

Allmählich trudeln drei weitere Freiwillige ein und wir sprechen uns ab, wie wir heute unterstützen wollen oder können. Dann schließen wir unsere persönlichen Sachen ein und schwärmen aus.

Sobald ich den Gemeinschaftsraum betrete, der an einer Seite in eine offene Küche übergeht, nehmen mich zehnjährige Zwillinge in Beschlag, die vor ein paar Wochen mit ihrer Mutter hergekommen sind.

Das Trauma jener brutalen Nacht hat Spuren hinterlassen, auf ihren Körpern, Seelen und in ihren Augen. Doch wenn sie psychisch gefordert werden, so wie beim Memory, verblassen die Schrecken vorübergehend und stattdessen blitzt ihr freches Mundwerk auf. Weswegen ich sogar gern gegen sie verliere, ihr stolzes Gewinnerlächeln ist es jedes Mal wert.

Später unterstütze ich eine Mutter bei den Geschichtshausaufgaben mit ihrem Sohn, die sie erkennbar überfordern. Ich gehe davon aus, dass sie den Stoff genauso in der Schule durchgenommen hat wie ich, aber für sie ist es noch länger her und sie schafft es kaum, seine Fragen zu beantworten. Auch für mich ist es schwierig, doch ich beiße mich durch und google heimlich Details, damit die Mutter eine Pause machen und sich bei einem Kaffee erholen kann.

Im Anschluss übernimmt sie wieder und ich bleibe ein paar Minuten sitzen, um zu sehen, wen ich als Nächstes unterstützen kann.

Da ertönt aus der Küche ein gedämpftes Scheppern, gefolgt von einem Jammern.

Ich runzle die Stirn, stehe auf und laufe hinüber, schaue um die Ecke.

Eine junge Frau steht zwischen Herd und Spüle, das Gesicht in den Händen vergraben. Schluchzer schütteln ihre knochigen Schultern, während neben ihr auf der Arbeitsfläche ein Baby in seiner Schale wild mit Armen und Beinen strampelt. Dabei stößt es unwillige Laute aus, die langsam in ein Greinen übergehen. Vermutlich hat das Kleine Hunger.

Ein mitfühlendes Lächeln auf den Lippen gehe ich auf die beiden zu. »Hey, ich bin Tiffany. Kann ich dir irgendwie helfen?«

Die Mutter schüttelt den Kopf und dreht sich weg, zieht geräuschvoll die Nase hoch und wischt sich durchs Gesicht. »Nein, danke, geht schon.«

Sie klingt verdammt jung, was eine Art Beschützerinstinkt in mir weckt.

Ich streiche ihr sanft über den Rücken. »Ach was, hier musst du nicht alles allein schaffen. Also, was ist los?«

Schnell werfe ich einen Blick zum Baby, strecke die Hand aus und reibe seinen Bauch, was es ein wenig beruhigt.

»Ich bin total unfähig, ich kriege das mit der Babymilch nicht hin.« Sie deutet mit der Hand zum Spülbecken.

Ich trete vor, um einen Blick hineinzuwerfen. Darin liegt ein Fläschchen voller Milch. »Was ist damit?«

»Es ist viel zu heiß.«

»Was hast du denn gemacht?«

»Ich habe die Flasche in den Topf gestellt und den Herd angeschaltet.«

Mit den Augen folge ich ihrer Geste zum Herd und entdecke einen kleinen Topf, aus dem Wasserdampf aufsteigt. »Wie lange hast du die Flasche drin gelassen?«

»Ein paar Minuten?«

Oh je, die Arme hat anscheinend wirklich keine Ahnung.

»Also, ich bin zwar keine Mutter, aber ich habe auch schon mal hier gelebt und komme seitdem regelmäßig her, da habe ich mir ein paar Dinge abgeguckt. Unter anderem, worauf man beim Erwärmen von Babymilch achten muss. Soll ich es dir zeigen?«

»Mh-hm.« Sie schnieft.

»Okay, dann wollen wir mal sehen …« Ich erkläre ihr, was ich weiß. Fülle in der Zwischenzeit eine kleine Schüssel mit Eis sowie kaltem Wasser und tauche das Fläschchen hinein, um die Babymilch abzukühlen. Die Temperatur kontrolliere ich als Erstes, indem ich das Fläschchen an meine und ihre Wange halte, danach mit je einem Spritzer der Milch auf meinen sowie ihren Handrücken.

Schließlich trägt sie die Babyschale zu einem freien Tisch und ich folge ihr mit der Flasche. Beobachte, wie sie ihr Kind aus der Schale nimmt und unbeholfen in ihre linke Armbeuge legt.

Ich setze mich neben sie, reiche ihr die Milch und schaue ihr dabei zu, wie sie das Baby füttert.

---ENDE DER LESEPROBE---