Heart Beat - Eliza Jones - E-Book

Heart Beat E-Book

Eliza Jones

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Contemporary Romance" Die junge Geschichtsprofessorin Erin Parker ist in jeder Lebenslage organisiert. Was Männer wollen, darüber weiß sie allerdings nicht das Geringste. Ein großes Manko, wenn man sich den heißesten Typen der gesamten Lehrerschaft angeln möchte. Veränderungen müssen her, und zwar grundlegende. Aus der Not heraus nimmt sie die Hilfe ihres besten Freundes an, ohne zu ahnen, ihren Mr. Right bereits ein Leben lang zu kennen … Cole Stewart weiß, wie Männer ticken, immerhin gehört er derselben Spezies an. Als er von Erins Liebesproblem erfährt, bietet er an, ihr als Berater zur Seite zu stehen, und muss schon bald herausfinden, welch bezaubernde Frau in den biederen Outfits steckt …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 262

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



ELIZA JONES

Heart Beat

in New York

Contemporary Romance

HEART BEAT

ELIZA JONES

Originalausgabe Januar 2014©2014 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH8712 Niklasdorf, Austria

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk, ganz oder Auszüge daraus, dürfennur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Covergestaltung: © jdesign.atTitelabbildung: © Artem MerzlenkoKorrektorat: Gaby Hoffmann, www.profi-lektorat.de

ISBN-Taschenbuch: 9783902972002ISBN-E-Book-Epub: 9783902972057

www.romance-edition.com

Inhalt

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

Danksagung der Autorin

Die Autorin

1. Kapitel

Erin Parker war viel zu spät dran. Schuld war ein verrückter Radfahrer, wegen dem sie sich zu einem riskanten Ausweichmanöver hatte hinreißen lassen, sodass ihre Corvette C1 Coupé nach einem Schlenker nach links einen Hydranten küsste.

Frontal und ungebremst.

Vermutlich hätte der Radfahrer bei ihrem geringen Tempo weniger Schaden davon getragen, als das schwarze Blech ihres geliebten Oldtimers. Aber das würde auf ewig eine Vermutung bleiben. Was auch gut war. Ihr Erste-Hilfe-Kurs lag schon einige Jahre zurück. Sie war außerdem nicht sicher, ob der Kerl mit der komisch karierten Mütze ihre Bemühungen, ihn wieder auf die Beine zu bekommen, sonderlich zu schätzen gewusst hätte. Bestimmt nicht. Er hatte, auch ohne einen Kratzer abbekommen zu haben, bereits genug Flüche in ihre Richtung geschleudert. Ausdrücke, die sie noch nie gehört hatte und die bestimmt jedem Droschkenkutscher die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätten.

Was für ein Griesgram! Und das um halb acht Uhr morgens!

Einen Berg Prüfungsvorbereitungen unter ihren Arm geklemmt, lief sie durch die leeren Gänge der NYU, um zu ihrem Unterrichtssaal zu gelangen. Seit sie vor einem Jahr von Boston nach New York gezogen war, um ihre neue Stelle als Geschichtsprofessorin an der privaten Universität zu beziehen, war sie kein einziges Mal zu spät gekommen, und es fuchste sie, beinahe in der gesamten ersten Stunde durch Abwesenheit zu glänzen.

»Erin!«, hallte eine bekannte Männerstimme durch die Gänge und ließ ihr Herz noch einen Takt schneller schlagen. Sie war von ihrem kleinen Sprint völlig außer Atem und fast schon dankbar, ihr Tempo zu verringern, damit Robert zu ihr aufholte. Doktor Robert Peterson, Professor für Strafrecht und der mit Abstand attraktivste Mann der gesamten Lehrerschaft an der NYU. Mit seinen kurzen blonden Haaren, den hellblauen Augen und dem schlanken Körper machte er selbst den jüngsten Athleten des Sportteams Konkurrenz. Dass Robert bereits auf die Vierzig zusteuerte, tat seiner Attraktivität in keinster Weise einen Abbruch. Im Gegenteil. Das Älterwerden stand ihm ausgesprochen gut.

»Meine Güte, wie geht es dir?«, fragte er und musterte sie aus diesen unglaublich blauen Augen, die ihr im letzten Jahr mehr als einmal in ihren Träumen begegnet waren. »Die Sekretärin sagte mir, du würdest wegen eines Unfalls zu spät kommen. Was ist passiert? Wurde jemand verletzt?«

Erin wischte seine Sorge, die sie insgeheim ziemlich rührte, mit einer Handbewegung zur Seite. »Ich bin einem Radfahrer ausgewichen und in einen Hydranten gefahren. Verletzt wurde niemand, ich habe mich nur erschrocken, das ist alles.«

»Gut, sehr gut«, sagte er und schien aufrichtig erleichtert. Sie erreichten die nächste Abzweigung, doch anstatt auf das Besprechungszimmer zuzugehen, wie sie erwartete, bog Robert mit ihr nach rechts ab. Die Hände in die Taschen seiner dunklen Cordhose geschoben, blickte er vor sich auf den glänzenden Linoleumboden.

»Kann ich etwas für dich tun, Robert?«, fragte sie, um die unangenehme Stille zu vertreiben und ihre Nervosität zu überspielen. Robert hatte diese Wirkung auf sie, seit sie ihm das erste Mal begegnet war. Er war einer dieser Männer, die nur in ihre Reichweite gelangen mussten, schon führten sämtliche Hormone einen Freudentanz auf.

Der Rest der weiblichen Belegschaft machte da keine Ausnahme. Jede einzelne hatte Probleme, sich auf ihre Unterhaltung zu konzentrieren, sobald der smarte Professor den Raum betrat.

Er antwortete nicht, und Erin machte den Fehler, ihn von der Seite anzusehen. Himmel, er sah einfach umwerfend aus! Noch umwerfender allerdings war sein Blick, der auf ihrem erhitzten Gesicht ruhte und in dem sie so etwas wie Unsicherheit erkannte.

»In drei Wochen endet das Frühjahrsemester«, sagte er schließlich und strich sich über den Nacken. »Du hast doch sicher von der internen Abschlussfeier gehört, die am Wochenende davor stattfinden wird, nicht wahr?«

Oh. Mein. Gott. Dr. Robert Peterson war nervös, weil er sie um ein Date bitten wollte? Nur mühevoll wiederstand sie der Versuchung, ihn vor Aufregung dümmlich anzugrinsen, während ihr Magen einen Salto vollführte. Sie hatte fast ein Jahr auf diesen Augenblick gewartet. Gehofft, er würde sie genauso anziehend finden, wie sie ihn. Gewünscht, er würde erkennen, wie viel sie gemeinsam hatten. Auch er liebte klassische Musik, wusste gutes Essen zu schätzen, dazu ein Glas köstlichen Rotweins und war ein ebenso begeisterter Fan der New York Giants. Die vielen Gespräche, die sie nach den wöchentlichen Besprechungen führten, hatten immer mehr Details zutage gefördert, die Erin bestätigten, dass sie ein ziemlich nettes Paar abgeben würden. Leider hatte Robert bisher nie einen Schritt auf sie zugemacht, wie sie anfangs gehofft hatte. Er war ihr gegenüber immer höflich, charmant und aufmerksam gewesen, aber mehr als einige nette Unterhaltungen, dazu ein paar flüchtige Aufeinandertreffen auf den Gängen, wenn sie die Lehrsäle wechselten, war zwischen ihnen nie drin gewesen. Dass er sie nun um ein Date bitten wollte, warf ein ganz neues Licht auf all die zufälligen Begegnungen.

Aufgeregt, wie lange nicht mehr, wischte sich Erin die klammen Hände an ihren Jeans ab und zwang ihre Lippen zu einem, wie sie hoffte, verführerischen Lächeln. »Klar habe ich von der Feier gehört. Caitlin wollte mit mir hingehen.«

Caitlin war Musiklehrerin und ein ziemlich ausgeflippter Typ Frau, mit der man jede Menge Spaß haben konnte. Sie war witzig, einfallsreich und clever, und obwohl Erin es etwas weniger schrill bevorzugte, hatte sie sich auf Anhieb mit der kleinen Blondine verstanden.

»Ah, gut, dass du Caitlin erwähnst«, sagte Robert. »Ihr seid so etwas wie beste Freundinnen, nicht wahr?«

Nun ja, als beste Freundin würde sie Caitlin nicht bezeichnen. Sie hatten vom ersten Tag einen Draht zueinander, trafen sich mehrmals die Woche zum Mittagessen in der Cafeteria und sahen sich ab und an gemeinsam einen Film im Kino an. Die Themen, über die sie sich unterhielten, waren jedoch nie über Uni-Aktivitäten hinausgegangen. Erin mochte Caitlin, das bedeutete jedoch nicht, ihr Privatleben vor ihr auszubreiten. In dieser Hinsicht hatte sie ihre Lektion bereits gelernt.

»Worauf willst du hinaus, Robert?«

Als würde er plötzlich zu wenig Luft bekommen, öffnete er die letzten zwei Knöpfe seines Hemdes, was Erins Aufmerksamkeit empfindlich ablenkte. Fasziniert von dem kleinen Stück gebräunter Haut, leckte sie sich über die trockenen Lippen.

»Ich dachte, du könntest bei Caitlin ein gutes Wort für mich einlegen.«

Was? Entsetzt blickte sie wieder zu ihm hoch und hoffte inständig, sich verhört zu haben. »Wie bitte?«

»Ich möchte Caitlin bitten, mich auf die Abschlussfeier zu begleiten«, sagte Robert und besaß den Anstand, zerknirscht dreinzusehen.

Etwas Substantielles in Erins Brust schrumpfte auf die Größe eines Kieselsteins zusammen, und sie musste mehrmals blinzeln, bis sie sich wieder halbwegs gefangen hatte. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder wütend sein sollte. Offenbar sah Robert – wie auch der Rest der Männer, die sie in ihren neunundzwanzig Lebensjahren kennengelernt hatte – nicht mehr in ihr, als einen netten weiblichen Kumpel. Einen Kumpel, der für jeden den richtigen Ratschlag parat hatte. Einen Kumpel, der einsprang, wenn es brenzlig wurde und der niemals nein sagen konnte, auch wenn es bedeutete, sich selbst in die unmöglichsten Situationen zu manövrieren. Oder sich das Herz brechen zu lassen.

Oh ja. Sie tendierte eher dazu, lauthals zu lachen. Über sich selbst. War sie wirklich dämlich genug gewesen, anzunehmen, für Dr. Robert Peterson eine gute Partie zu sein?

Dummes, dummes Mädchen!

Um zu verbergen, wie sehr seine Bitte sie verletzte, straffte sie ihre Schultern und sah ihm fest in die Augen. »Kein Problem, Robert. Wir sind morgen ohnehin zum Mittagessen verabredet, da werde ich Caitlin auf die Feier ansprechen und ihr erzählen, dass du gern mit ihr hingehen würdest.«

Erleichterung schlich sich in seine Züge. »Gott, Erin, wirklich? Du bist ein Schatz.«

Aber klar doch.

Als wüsste er nichts mit seinen Händen anzufangen, strich Robert sein Hemd glatt. »Du hast was gut bei mir.«

»Werde ich mir merken«, entgegnete sie und hoffte, ihr Lächeln würde dabei nicht zu sehr in Schieflage geraten. Ihr Puls klopfte bis in ihre Schläfen, und ihre Hände zitterten vor Enttäuschung und Verdruss. Um ihre Gefühle zu verbergen, drückte sie ihre Unterlagen noch ein wenig fester gegen ihre Brust.

»Sonst noch etwas?« Sie schielte auf ihre Armbanduhr. »Meine Klasse erwartet mich.«

Robert forschte in ihrem Gesicht und fand offenbar, was sie zu verbergen suchte. »Hör mal, Erin, wenn du möchtest, können wir nach der letzten Stunde …«

»Ich bin bereits verplant, Robert, tut mir leid.«

»Ah«, machte er und zog beinah schon amüsiert eine blonde Braue nach oben. »Eine Verabredung?«

»So ähnlich.« Wenn man den Termin mit ihrem Versicherungsagenten so bezeichnen wollte. Gott, wie erniedrigend. Konnte es eigentlich noch schlimmer kommen? Konnte es.

Robert tätschelte ihren Arm, als wäre sie ein kleines Kind, das sich überaus artig benommen hatte. »Hoffentlich weiß der Kerl zu schätzen, was er an dir hat.« Damit machte er auf dem Absatz kehrt und schritt von dannen.

»Klar, weiß er das«, murmelte sie. Schließlich bezahlte sie pünktlich ihre Vorschreibungen, und bis auf den Unfall heute Morgen hatte sie die Leistungen der Versicherung noch nie in Anspruch nehmen müssen. Ganz bestimmt wusste Cole Stewart zu schätzen, was er an ihr als Kundin hatte.

Tief ein und ausatmend, ließ sie sich mit dem Rücken gegen die kühle Mauer neben der Tür zum Lehrsaal sinken. Dabei schloss sie die Augen, um die Frusttränen zurückzuhalten, die unerbittlich nach außen drängten. Mieser konnte ein Tag wohl kaum beginnen.

2. Kapitel

Es war kurz nach sechs, als Erin das Irish Pub in der Nähe des Washington Square betrat, wo sie mit Cole verabredet war. Die in warmen Brauntönen gehaltene Studentenkneipe war brechend voll. Bekannte Klassiker tönten aus der Jukebox und erhellten wie die vielen bunten Deckenspots die geschäftige Atmosphäre. Erin schob sich an den jungen Leuten an der Bar vorbei, grüßte einige bekannte Gesichter und hielt gleichzeitig Ausschau nach einem großgewachsenen dunkelhaarigen Mann – da entdeckte sie ihn bereits.

Cole hatte es sich auf einem der roten Ledersofas im hinteren Teil des Lokals gemütlich gemacht. Sein Jackett hing über der Lehne des nebenstehenden Stuhls, die graue Krawatte war gelockert, und das dazu passende Hemd hatte er bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt. Ein amüsiertes Lächeln erhellte seine tiefgrünen Augen, während sie sich zu ihm durchkämpfte.

»Hey, Fremder«, begrüßte sie ihn und ließ sich auf einen der Lounge-Stühle fallen, die ihm gegenüberstanden. Die mit Unterlagen beladene Tasche warf sie achtlos neben sich zu Boden. Ihr fehlte schlicht die Energie, um das schwere Ding auf den kniehohen Tisch zwischen ihnen zu hieven.

»Anstrengenden Tag gehabt?« Coles unverwechselbar tiefe und vertraute Stimme nahm ihr augenblicklich etwas von der Unruhe, die sie seit Stunden innerlich aufkratzte. Nicht genug jedoch, um sich wieder wie ein ganzer Mensch zu fühlen. Ihr Stolz lag noch immer als Scherbenhaufen zu ihren Füßen.

»So schlimm?«

Schlimmer. Doch Erin winkte ab. »Die Abschlussprüfungen stehen in den nächsten drei Wochen an, das hält mich einigermaßen auf Trapp. Das ist alles.«

Cole schien nicht sonderlich überzeugt, bohrte jedoch nicht nach.

Um ihre Hände zu beschäftigen, griff sie zur Menükarte, die sie aufmerksam studierte. »Habe ich dir schon von meinem neuen Nachbarn erzählt, der über mir eingezogen ist? Wenn der Kerl Nacht für Nacht so weitermacht, landet er samt Bett und Gespielin irgendwann in meinem Wohnzimmer«, witzelte sie halbherzig. »Eins muss man dem Mann lassen, er besitzt Ausdauer.«

Oder eine ausgeprägte Sexsucht, die er sieben Tage die Woche auslebte. Auf Kosten von Erins Nachtruhe. Nicht, dass sie dem Unbekannten ein erfülltes Sexleben nicht gönnte, es machte ihr dennoch auf bittere Weise deutlich, wie lange es her war, selbst auf Tuchfühlung gegangen zu sein.

Eine halbe Ewigkeit. Es war frustrierend.

Sie seufzte, da begegnete sie Coles aufmerksamen Blick, der noch immer auf ihr ruhte. »Das Sexleben deines Nachbarn und die Abschlussprüfungen sind aber nicht dein eigentliches Problem, hm?«

»Okay, erwischt«, gab sie zu. »Der Schaden an meinem Wagen macht mir auch zu schaffen.« Das war nicht mal gelogen. Sie hatte vier Jahre gespart, um sich dieses Auto leisten zu können und zwei weitere gebraucht, um ihn zu restaurieren und fahrtüchtig zu bekommen. Sie hatte Zeit und Herzblut investiert und liebte ihren kleinen schwarzen Flitzer. Es war eine Schande, ihn nun reparieren lassen zu müssen. Er würde nie wieder derselbe sein.

»Meine Versicherung kommt für den Schaden auf, Erin, das habe ich dir heute Morgen bereits gesagt, als wir telefonierten. Woran hakt es wirklich?«

Zerstreut kaute sie auf ihrer Unterlippe. Das war das Problem mit langjährigen Freunden. Man konnte nur schwerlich etwas vor ihnen verbergen. Cole kannte sie einfach zu gut. Sie waren in derselben Straße in einer netten Wohngegend in Boston aufgewachsen. Cole war drei Jahre älter und hatte oft mit ihr gespielt, als sie noch Kinder waren. Als Mädchen wahrgenommen hatte er sie allerdings erst, als sie zu einem Teenager heranwuchs. Damals verguckte er sich in ihre beste Freundin, und Erin war gut genug, um die beiden zu …

Ups. Déjà-vu.

Eine Welle altbekannten Schmerzes durchfuhr sie, so heftig, dass es sie wütend machte. Energisch wischte sie die Erinnerung beiseite. »Es geht mir gut, Cole. Danke der Nachfrage.«

Endlich kam die Bedienung und sorgte für Ablenkung. Die junge Brünette, mit einem Augenaufschlag wie Bambi, strahlte ihr männliches Gegenüber an, während sie die Bestellung aufnahm und dabei immer wieder mit dem Stift auf ihren Notizblock tippte.

Cole, charmant wie eh und je, erwiderte das kokettierende Lächeln und bestellte zwei Gläser Scotch. Nicht unbedingt Erins erste Wahl, jedoch bestimmt stark genug, um all die unerwünschten Gedanken für einen Moment zum Schweigen zu bringen.

Keine zwei Minuten später war die Brünette zurück und brachte ihre Getränke. Cole bezahlte und antwortete auf etwas, das die junge Frau fragte.

Erin blendete die beiden aus, nahm ihr Glas und führte es an ihre Lippen. Ihre Lider senkten sich von ganz allein, während der Alkohol warm und beruhigend durch ihren Körper floss. Gott ja, das war genau, was sie gebraucht hatte. Sie fühlte sich sofort besser. Viel besser. Als hätte man ihr eine Riesenlast abgenommen, stieß sie einen wohligen Seufzer aus und sackte tiefer in das warme Leder ihres Stuhls.

Es dauerte, bis sie bereit war, wieder in die Realität zurückzukehren, da war die Bedienung verschwunden.

Cole hatte sich nach vorne gelehnt, die kräftigen Unterarme auf seinen Oberschenkeln abgestützt und studierte ihr Gesicht, das wie auf Kommando heiß wurde.

Sie kannte diesen unergründlichen Blick. Er machte sie nervös, wie er auch die Brünette nervös gemacht hatte. Cole zählte zu jenen Männern, die sich absolut wohlfühlten in ihrer eigenen Haut und die sehr genau wussten, wie sie auf andere wirkten. Obwohl er den Eindruck eines kultivierten Geschäftsmannes erweckte, hatte er etwas Wildes, Leidenschaftliches und unerreichbar Erscheinendes an sich – wie ein Rockstar, den die Mädchen aus den hintersten Reihen anschmachteten, wohlwissend, nie bis zur Bühne zu gelangen. Er war einer dieser Kerle, vor denen Mütter ihre Töchter warnten und für den dennoch jede Frau auf der Stelle alle Hüllen samt Hemmungen fallen ließe.

Oh ja, mit seinen dunkel zerzausten Haaren, der Andeutung eines Bartschattens und den tiefgrünen Augen war Cole schon immer ein Hingucker gewesen. Schon damals auf der Highschool waren ihm die Mädchen wie tollwütige Hunde hinterhergerannt, um ein bisschen Aufmerksamkeit von ihm zu bekommen. Er war der Quarterback der Sportmannschaft, und wenn sie sich ihn heute so ansah, erkannte sie unter dem Hemd und der Anzughose noch immer einen durchtrainierten Körper, der es wert war, sich ein Ticket für eine ausgiebige Erkundungstour zu lösen.

Im Gegensatz zu den hübschen Mädchen auf ihrer Schule war Erin nie in Coles Beuteschema gefallen. Sie war immer schon viel zu dünn und unmädchenhaft gewesen. Mit ihren ein Meter fünfundsiebzig und den viel zu langen Beinen hatte sie als Teenager wie eine Bohnenstange ausgesehen. Bis heute waren, außer einem etwas größeren Busen, nicht wesentlich mehr Rundungen hinzugekommen. Gott, wie sehr beneidete sie damals all die Mädchen, die Hüften und einen ordentlichen Hintern besaßen. Inzwischen hatte sie sich mit ihrem Aussehen abgefunden. Sie würde wohl immer zu den Frauen zählen, die man lieber bekochte, anstatt sie zu vögeln, aus Angst, sie könnte bis zum Morgengrauen verhungern.

Schluss jetzt.

»Wie läuft die Firma?«

»Gut, wie immer.« Cole stellte sein Glas zurück auf den Tisch, und ihr Blick folgte seinen Händen. Große, kräftige Hände. Elegant und dennoch maskulin. »Wir reden hier aber nicht über mich, Erin. Ich will wissen, was los ist und sollte sich herausstellen, ein Kerl ist dafür verantwortlich, dass du wie drei Tage Regenwetter aussiehst, dann will ich seinen Namen wissen, um ihm den Arsch aufzureißen.«

Das brachte sie zum Lächeln. Das erste ehrliche Lächeln des Tages. Und Gott, es tat gut. Langsam atmete sie aus. Cole war nicht ihr Feind. Er war ein Freund. Wenn sie ihr Herz vor jemanden ausschütten konnte, ohne befürchten zu müssen, sich als Idiotin hinzustellen, dann wohl vor ihm. »Sein Name ist Dr. Robert Peterson. Er unterrichtet ebenfalls an der NYU – Strafrecht.«

Cole schien nicht sonderlich beeindruckt. »Und er hat was getan, um dir die Laune zu verderben?«

Sie nahm noch einen Schluck Scotch, dann erzählte sie die Kurzversion und berichtete von ihrem Gespräch von heute Morgen, ohne auf ihre Gefühle für Robert einzugehen. Das musste sie auch nicht.

»Du stehst auf diesen Mistkerl?«

Aus Coles Mund klang das wie ein Kapitalverbrechen.

»Er ist eigentlich ein ganz netter Mann.«

»Nette Männer tun nette Dinge, Erin. Dich darum zu bitten, ein gutes Wort bei deiner Freundin für ihn einzulegen, war ganz bestimmt nicht nett.«

Seltsamerweise hatte sie das Bedürfnis, Robert zu verteidigen. »Er hat keine Ahnung, wie ich für ihn empfinde.« Oder zumindest hoffte sie das. Nachdem er heute sehr deutlich gemacht hatte, nicht an ihr interessiert zu sein, wollte sie sich weitere Peinlichkeiten ersparen, und sei es vor sich selbst.

»Du bist seit einem Jahr in ihn verknallt und hast ihn nie gebeten, mit dir auszugehen?« Er klang verblüfft, was Erin ehrlich verwirrte.

»Was genau ist daran so seltsam, Cole?«

»Wie dachtest du, würde er erkennen, wie du für ihn empfindest?«

Zumindest nicht, indem sie sich ihm im Blindflug vor die Füße warf. »Das hätte er bemerkt, nachdem er herausgefunden hat, wie gut wir zusammenpassen.«

»Und das hätte er, weil …«

»Weil wir uns für dieselben Dinge interessieren«, erklärte sie das ihrer Meinung nach Offensichtliche. »Klassische Musik, das Theater, die New York Giants, vorchristliche Geschichte.«

»Erin«, unterbrach Cole sie mit ernster Miene. »Männer stehen nicht auf Frauen, die sich für vorchristliche Geschichte interessieren. Männer stehen auf Frauen mit großen Titten und einem netten Arsch in kurzen Röcken.«

»Cole!« Seine Worte brannten auf ihrem Gesicht. Hastig sah sie sich um, um sicherzugehen, dass keiner der Gäste ihr Gespräch belauschte, dabei verschränkte sie die Arme vor ihrem Busen. Was unnötig war. Sie trug ohnehin ein hochgeschlossenes T-Shirt, um ihre C-Körbchen zu verstecken.

Cole schien belustigt. »Beschreib mir diese Caitlin. Wie sieht sie aus?«

Da musste sie nicht lange nachdenken. »Sie ist hübsch. Klein, kurvig, schlank. Blonde Locken.« Umwerfend blonde Locken, fügte sie im Geiste hinzu, während sie eine ihrer glatten braunen Haarsträhnen um den Finger wickelte, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte. Ihr Haar war ebenso nichtssagend wie ihre dunkelbraunen Augen, die eher an einen Cockerspaniel erinnerten als an eine Femme fatale.

»Lass mich raten«, warf Cole ein. »Caitlins Arbeitskleidung besteht hauptsächlich aus durchsichtigen Blusen, kurzen Röcken dazu hohe Stilettos?«

Erin nickte, verwundert über die treffende Beschreibung. Fast schon beschämt, blickte sie an ihren Beinen hinab, die in schwarzen Jeans steckten, bis ihr Blick an ihren orange lackierten Zehen hängenblieb, die aus braunen bequemen Sandalen lugten.

»Ich bin zu einer langweiligen Spießerin geworden«, sagte sie mehr zu sich selbst, als hätte sie die Erleuchtung des Jahrhunderts erfahren.

Jesus, warum war ihr das nicht früher aufgefallen? Sie war nie eines dieser Mädchen gewesen, das sich aufdonnerte, um den Jungs zu gefallen, aber das hier …? War ernüchternd. Und deprimierend. Sie erfüllte jedes Klischee einer verstaubten Geschichtsprofessorin mit Ansichten aus dem 12. Jahrhundert – wobei das mit den Ansichten nicht ganz stimmte. Sie hatte nichts gegen Caitlins Lifestyle einzuwenden. Musste sie ihr aber unbedingt nacheifern, um männliche Beachtung zu finden?

»Männer denken mit ihren Schwänzen«, sagte Cole, als wäre er ihren Überlegungen gefolgt. »Und ja, das Auge isst mit.«

»Ich bin dann wohl eher ein verschrumpelter Pfirsich als ein saftiger Apfel, was?«

Cole zog eine Grimasse. »So war das nicht gemeint, Erin.«

»Ach nein?« Sie fühlte sich gekränkt. Nicht, weil Cole es auf den Punkt gebracht hatte, sondern wegen all den Menschen da draußen, die stets alles auf das Äußere reduzierten. Zählten innere Werte denn überhaupt nicht? Suchte man nicht nach einem Partner, mit dem man Pferde stehlen konnte und auf den Verlass war? Musste immer alles funkeln und glitzern, damit man es lieben konnte?

»Erin, sieh mich an.«

Als sie tat, was er verlangte, erkannte sie ein Funkeln in seinen Augen, das nichts mit Mitleid gemein hatte. Es glich eher … einer Kampfansage. »Wann sagtest du, findet diese Abschlussfeier statt, die du mit Robert besuchen möchtest?«

»In drei Wochen.«

Um Coles Mundwinkel zuckte es. »Was hältst du von einem kleinen Experiment?«

Erins Apartment lag im vierten Stock eines um die Jahrhundertwende erbauten Altbaukomplexes in Greenwich Village – dem Künstlerviertel in der Nähe der New Yorker Universität. Das Ziegelsteingebäude wirkte bereits von außen einladend und gepflegt wie auch der Rest der umstehenden Stadthäuser.

Cole hatte Erin die schwere Tasche abgenommen und folgte ihr über eine schmale Treppe zu ihrer Wohnung. Dabei genoss er den Anblick ihrer schlanken Kehrseite, jede der dezenten Kurven und ihre unendlich langen Beine, die selbst in Jeans zur Geltung kamen. Erin war schon immer ein hübsches Mädchen gewesen, auf feenhafte Weise bezaubernd und attraktiv. Er konnte nicht behaupten, jemals immun gegen ihre Reize gewesen zu sein, doch das Bedürfnis, sie vor all den Mistkerlen da draußen – einschließlich vor sich selbst – zu beschützen, war meist einen Tick stärker, als die Versuchung.

Schon als Kind war Erin schüchtern und zurückhaltend. Ein süßes Ding, das die Welt durch einen Filter wahrzunehmen schien, ohne an die wirklich bösen Dinge zu glauben oder an sich selbst. Letzteres war offenbar zu einem großen Problem herangewachsen, wofür Erins Vater nicht unwesentlich verantwortlich war. Harry hatte seine Tochter in Watte gepackt und behütet, wie einen besonders kostbaren Schatz. Doch irgendwann war das unschuldige kleine Mädchen erwachsen geworden, ohne Munition jedoch, um sich gegen das Übel dieser Welt zu behaupten.

Cole fand nicht, dass sein Vater in Erziehungsangelegenheiten alles richtig gemacht hatte, aber er gab ihm den nötigen Freiraum, um seine Grenzen auszuloten und eigene Entscheidungen zu treffen. Er hatte Cole bestärkt, nicht zurückgehalten und gehemmt, wie Erins Dad es tat. Es glich einem Wunder, dass sie es mit fast dreißig Jahren zu einer angesehenen Position an der NYU gebracht hatte. Nicht, weil sie nicht klug und gewieft gewesen wäre, sondern weil sie es zuvor hatte schaffen müssen, sich aus der Obhut ihres Dads zu befreien. Nach dem Krebstod ihrer Mutter war er zu einer Glucke mutiert. Damals war seine Tochter fünfzehn.

Als Erin vor einem Jahr von Boston nach New York gezogen war, nahm Cole sich vor, sie im Auge zu behalten. Doch seine Firma hatte zu diesem Zeitpunkt expandiert, und mehr als zu einem gemeinsamen Abendessen reichte es nicht. Als er sie heute in deprimiertem Zustand antraf, bekam sein schlechtes Gewissen neuen Zunder. Er spürte außerdem den heftigen Drang, diesem Dr. Robert Peterson die Zähne in den Hals zu schieben. Was für ein Trottel!

Erin öffnete die Tür zu ihrem Apartment und ließ ihn eintreten.

Er folgte ihr durch einen schmalen Flur, der in einen weitläufigen Wohn- und Essbereich führte, und schon der erste Eindruck passte perfekt zu Erins Wesen. Offen, warmherzig und ein bisschen chaotisch.

Ein Teil des großen Raumes war durch ein gigantisches Bücherregal abgetrennt, das von geschichtlicher Literatur fast überquoll. Dahinter stand ein alter Schreibtisch, auf dem verstreut weitere Bücher und Lehrmaterial lagen. Der Rest der Einrichtung war ebenfalls willkürlich zusammengewürfelt: ein dunkelbraunes Sofa samt unzähligen bunten Kissen, ein schmales modernes Sideboard, auf dem ein alter Plattenspieler sowie ein Stapel Schallplatten mit Countrymusik aus den Siebzigern thronte, und ein gewaltiger Esstisch aus dunklem Nussholz, der seinen Platz direkt vor der breiten Fensterfront einnahm, die eine phantastische Aussicht auf die westliche Skyline Manhattans bot.

Ein Rundbogen führte zu einer kleinen Kochnische, die ebenso exzentrisch eingerichtet war. Mehrere Gewürzregale, unzählige Kochbücher und bunte Blumentöpfe dekorierten den kleinen Raum, der wie das Wohnzimmer in erdigen Creme- und Beigetönen gehalten war. Eine liebevoll chaotische Wohlfühloase.

»Sehr hübsch hast du es hier«, bemerkte Cole und lehnte sich gegen den Rundbogen der Küche, wo Erin die mitgebrachten Tüten vom Chinesen auspackte. Während er sich umgesehen hatte, hatte sie ihre Jeans gegen bequeme Yogahosen und ihr T-Shirt gegen ein zwei Nummern zu großes Sweatshirt getauscht. Ihr Haar war zu einem nachlässigen Knoten hochgesteckt.

Ihn diesem Outfit hatte sie nichts mehr gemein mit der unscheinbaren, von Selbstzweifeln geplagten Geschichtsprofessorin. Sie wirkte wie das sexy Mädchen von nebenan. Unbemüht sinnlich und verdammt reizend.

»Danke. Es war nicht einfach, ein passendes Apartment in Uni-Nähe zu finden. Vor allem eines, das ich mir leisten kann.«

Das konnte er sich vorstellen. In diesen Gegenden kosteten fünfzig Quadratmeter gut und gern achthundert Dollar kalt, von den Betriebskosten, die im Winter astronomische Ausmaße annehmen konnten, ganz zu schweigen.

»Wenn du mir früher von deinem Umzug nach New York erzählt hättest, hätte ich dir bei der Wohnungssuche geholfen«, sagte er und sah ihr dabei zu, wie sie sich auf Zehenspitzen stellte, um zwei Weingläser aus einem der Oberschränke zu nehmen. Dabei rutschte ihr Sweatshirt über ihre linke Schulter und lenkte seinen Blick auf samtig weiche, sonnengeküsste Haut.

»Moment, lass mich das machen.« Cole trat hinter Erin und nahm ihr den Flaschenöffner ab. Wie unbeabsichtigt, strich er über ihre Schulter und musste schmunzeln, als er sie scharf einatmen hörte.

»Ich wollte es allein schaffen. Eine Wohnung finden, meine ich«, sagte sie und versteifte sich etwas in seiner Umarmung, während er die Flasche Rotwein öffnete.

Ohne näher darüber nachzudenken, woher der Antrieb kam, beugte er sich näher und atmete ihren Geruch ein.

Wildblumen und Sonne. Viel unschuldiger als jedes Parfum der Frauen, mit denen er sich für gewöhnlich traf, und dennoch stieg ihm ihr Duft unerwartet zu Kopf. Nur schwerlich wiederstand er dem Drang, noch einmal einzuatmen und ihren entblößten Nacken zu küssen, der einladend nur wenige Zentimeter von seinen Lippen entfernt war. Um sich nicht doch noch hinreißen zu lassen, rief er sich ins Gedächtnis, weshalb er hier war. »Robert Peterson.«

»Was ist mit ihm?« Über ihre Schulter sah Erin ihn aus großen haselnussbraunen Augen an.

»Du hast mir noch immer nicht gesagt, was du so toll an ihm findest?«

Erin zögerte kurz. »Robert ist intelligent, erfolgreich und kann überaus charmant sein. Wir unterrichten an derselben Universität, wissen, welche Tücken dieser Job mit sich bringt und teilen außerdem dieselben Interessen. Genügt das nicht?«

Durchaus nicht. Keine dieser Eigenschaften beschrieb einen Mann, den er für sie ausgewählt hätte. Fürsorglich, liebevoll, aufmerksam, treu, zuverlässig – solche Dinge kamen ihm in den Sinn. Ein Kerl, der sie zum Lachen brachte, sie nach einem anstrengenden Tag in den Arm nahm und ihr zuhörte, wenn sie jemandem ihr Herz ausschütten wollte.

Er bemerkte erst, dass er mit dem Daumen die Linie ihres Nackens nachfuhr, als Erin erschauerte. »Ich bin mir nicht sicher, ob der Professor dich wirklich verdient, Süße.«

»Das ist nicht deine Entscheidung, Cole«, klärte sie ihn auf, es fehlte jedoch der nötige Nachdruck, der ihn in die Schranken verwiesen hätte.

»Kannst du dir eine gemeinsame Zukunft mit ihm vorstellen? Vorstellen, eine Wohnung mit ihm zu teilen? Ihn zu heiraten? Vielleicht sogar Kinder mit ihm zu bekommen?« Er kannte Peterson nicht, doch er hatte den untrüglichen Eindruck, dass er nicht annähernd gut genug für eine Frau wie Erin war. Bevor Cole ihr beibrachte, diesen Mann um den Finger zu wickeln, musste er sichergehen, dass der Aufwand es wert war. Wenn schon nicht, weil Peterson der Traummann schlechthin war, sondern weil Erin ihn wollte und sich ein Leben mit ihm vorstellen konnte. Aus dem Alter, einfach mal ins Blaue zu schießen, waren sie längst hinaus.

»Ich … Ja, ich kann mir vorstellen, mit Robert zusammen zu leben«, erwiderte Erin und trat aus seiner Reichweite. Dann nahm sie die Servierplatte, auf der sie die kleinen Schalen mit chinesischem Essen angeordnet hatte und trug sie zum Esstisch. »Alles Weitere wird sich zeigen müssen. Oder möchtest du, dass ich jetzt darüber nachdenke, wie es wäre, Kinder mit ihm zu bekommen?«

Besser nicht, dachte er, nahm die Flasche Wein und folgte ihr. »Was ist eigentlich aus deiner Vorstellung von der einzig wahren Liebe geworden?«

Erin verdrehte die Augen. »Damals war ich dumm und naiv. Die Dinge ändern sich.«

»Mir hat die Vorstellung ganz gut gefallen«, gab er zu und reichte ihr eines der Weingläser, das er inzwischen gefüllt hatte. Sie nahm es entgegen und bedachte ihn mit einem verschmitzten Lächeln, während sie sich an den Esstisch setzten. »Ach ja?«

»Ja. Es ist doch schön, zu denken, dass da draußen für jeden eine zweite Hälfte existiert, die perfekt zu einem passt.«

»Alles nur Spinnereien kleiner Mädchen. Die Realität sieht leider anders aus.«

Ach ja? Irgendwie hatte er den Eindruck, nun die richtigen Fragen zu stellen, um zu erfahren, weshalb sie einen Mann wie Robert wollte. »Wie sieht die Realität denn deiner Meinung nach aus?«

»Realität ist, dass uns unsere Hormone regelmäßig einen Streich spielen«, sagte Erin und gestikulierte dabei mit ihren Essstäbchen. »Wir fühlen uns zu jemandem hingezogen, denken, das wäre Liebe und lassen der Leidenschaft freien Lauf, nur um Monate oder im schlimmsten Fall Jahre später festzustellen, doch den falschen Partner gewählt zu haben. Einen, mit dem man nichts gemein hat, außer zu wissen, wie sich der Körper des anderen anfühlt.«

Cole musste lachen. »Und was ist so schlimm daran, Jahre an jemanden zu verschwenden, mit dem man eine gute Zeit hat?«

»Warum sollte man das tun, wenn man sich den Ärger von vorne herein ersparen kann?«

»Den Ärger?«, fragte er, ehrlich überrascht über ihre Wortwahl, da erkannte er das kurze Aufflackern von Schmerz in ihren wunderschönen Augen, und er wurde wieder ernst. »Du denkst, wenn du vorsorglich planst und einen Mann aussuchst, der deinen Kriterien entspricht, würdest du dir sämtliche Scherereien ersparen?«

»Ja.«

»Und was ist mit One-Night-Stands? Planst du die auch akribisch durch?«

»Natürlich.«

»Wo bleibt da der Spaß?«, fragte er ungläubig.

»Spaß, Liebe …, das wird alles überbewertet«, sagte Erin und senkte ihre Stimme. »Am Ende zählen all die Versprechungen nicht, die man sich im Rausch der Gefühle zugeflüstert hat.«

Darum ging es ihr also. Nicht verletzt zu werden. Sich zu schützen. Es spielte gar keine Rolle, Jahre an jemanden zu verschwenden, Hauptsache, ihr wurde nicht das Herz gebrochen. Rational und vernünftig, das stand auf dem Plan.

»Welcher Mistkerl hat dir so sehr wehgetan, Erin, dass du zu so drastischen Mitteln greifen musst?«

Sie senkte den Blick auf das gebratene Hühnchen, das zwischen ihren Stäbchen steckte. »Das ist lange her und nicht mehr der Rede wert.«

»Woah«, sagte Cole, legte sein Besteck zur Seite und hob ihr Kinn. »Wo ist die Erin geblieben, mit der man spontanen Blödsinn anstellen kann? Mit der man über den Gartenzaun des Nachbarn steigt, um nackt in dessen Pool zu baden?«