Heaven Lake - Michael Vukovic - E-Book

Heaven Lake E-Book

Michael Vukovic

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Isabella lebt In ihrem Traumhaus in der perfekten Vorstadt, Heaven Lake. Alles ist wie im Paradies bis sie plötzlich jede Nacht vom selben Traum verfolgt wird, der immer realer zu sein scheint. Doch als unerklärliche Dinge in ihrer perfekten Vorstadt geschehen, merkt sie, dass der Traum mehr als nur ein Zeichen ist. Auf der Suche nach Antworten gerät Isabella in ein gefährliches Netz aus Geheimnissen, das sie an die Grenzen ihrer Realität führt. Gefangen zwischen zwei Welten, muss Isabella die Grenze zwischen Realität und Täuschung überwinden. Doch wem kann sie noch trauen, wenn die Wahrheit selbst eine Lüge ist?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Wir sind die Dumonts

Der Glaspalast

Mit den Fischen schlafen

Vom Schatten ins Licht

Das ewige Leben

Orangen und Enten

Das Notizbuch

Stimme des Volkes

Einer für alle und alle...

Wolf im Schafspelz

Die Vendetta

Impressum

HEAVEN LAKE

DIE PERFEKTE VORSTADT

MICHAEL VUKOVIĆ

Impressum:

Michael Vuković

A-5020 Salzburg

Mail: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Prolog ........................................................................... 6

Der Traum .................................................................... 7

Die Oase ..................................................................... 15

Schallgeschwindigkeit! .............................................. 23

The American Dream ................................................. 30

Wir sind die Dumonts ................................................ 37

Türkis - Die Farbe der Harmonie ................................ 41

Der Glaspalast ............................................................ 50

Mit den Fischen schlafen ........................................... 58

Vom Schatten ins Licht............................................... 65

Das ewige Leben ........................................................ 72

Orangen und Enten .................................................... 79

Das Notizbuch ............................................................ 89

Die Kiste ..................................................................... 95

Die Tür zum .............................................................. 100

Nichts bleibt im Verborgenen .................................. 106

Alles kommt ans Licht .............................................. 111

Stimme des Volkes ................................................... 119 Einer für alle und alle............................................... 125

Wer tief bohrt, findet Wasser? ................................ 133

Ein unerwarteter Besucher...................................... 141

Reinkarnation .......................................................... 145

Wolf im Schafspelz ................................................... 152

Die Vendetta ............................................................ 155

Das Leben nach dem Tod ......................................... 164

"Herr, in deine Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt."

Für meine Schwester, Tanja...

Prolog

Unsere Wahrnehmung ist stets subjektiv. Das bedeutet, sie entspricht stets unseren eigenen Eindrücken sowie unserer eigenen Weltanschauung. In manchen Momenten unseres Lebens kann diese durch äußere Einflüsse oder gewisse posttraumatische Erlebnisse getrübt werden.

In einigen Fällen ist eine Tatsache, scheinbar für alle Außenstehenden offensichtlich. Außer für uns...

1

Der Traum

Schweißnass wache ich auf! „Es ist noch mitten in der Nacht“, sage ich zu mir selbst, als ich merke, dass es noch komplett dunkel ist. Wieder dieser schreckliche Alptraum! Er verfolgt mich, seit wir in unser neues Haus eingezogen sind. Ich sehe mich im Dunklen um und stelle fest, dass mein Mann nicht neben mir im Bett liegt. Stimmt! "Er fliegt heute Nacht von Europa zurück", fällt mir wieder ein. Während ich langsam wieder zu mir komme, sehe ich die Bilder meines Alptraums wieder klarer vor meinem inneren Auge. "Schon wieder dieser Autounfall", denke ich mir verzweifelt, während ich aufstehe, um mir nach dem Schock ein Glas Wasser zu holen.

Als ich in der Küche stehe, betrachte ich den überdimensionalen Wohn- und Essbereich, während ich das erfrischende Glas Wasser trinke. "Wer braucht so viel Platz, und das nur zu zweit?" Besonders, wenn der eine von beiden die meiste Zeit beruflich durch die ganze Welt reist. Könnten wir Kinder bekommen, wäre dieser viele Platz ja noch gerechtfertigt. "Aber so?" Etwas gereizt lege ich mich wieder ins Bett und versuche, meine Gedanken zur Ruhe zu bringen.

Am Morgen danach stehe ich mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Es ist ein herrlicher Tag in Heaven Lake. "Wer sich wohl diesen Namen für eine neu geschaffene Vorstadt hat einfallen lassen? Der muss bestimmt lange dafür studiert haben." Nach dem Frühstück lasse ich die ersten Sonnenstrahlen auf unserer Terrasse im Garten hinter dem Haus auf meine Haut scheinen.

Dabei genieße ich einen frisch gekochten schwarzen Kaffee. Ohne Milch.

Ohne Zucker. "Mmmh… Ich liebe den Geruch von frischem Kaffee am Morgen", sage ich zu mir selbst, während die Sonne Nevada's auf meine langen brünetten Haare scheint, die dadurch in den Sommermonaten etwas heller wirken als sonst.

Seitdem ich nicht mehr arbeiten gehe und Hausfrau bin, versuche ich, meine Zeit mit sinnvollen Tätigkeiten zu füllen. "Aber wann habe ich das letzte Mal wirklich etwas Sinnvolles gemacht?" Außer gelegentlich in unserem Pool zu plantschen oder zum See zu spazieren, fällt mir nichts ein. Während ich in Gedanken versunken bin, bemerke ich plötzlich, wie mich jemand von hinten fest anpackt und umarmt. Ich erschrecke sofort, schlage um mich und schreie laut nach Hilfe!

„Was schreist du denn so rum?“, fragt mich Alexander lachend, als sein

Versuch, mich zu überraschen, nach hinten losgeht. „Du hast mir

Todesangst eingejagt! Mach so etwas nie wieder!“, schreie ich ihn an. „Das sollte doch nur ein Witz sein“, entgegnet er, während er mich tröstend in den Arm nimmt. „Mach so etwas einfach nie wieder“, wiederhole ich mich schmollend.

Er bemerkt, dass etwas nicht in Ordnung ist. „Schon wieder dieser Alptraum?“, fragt er. „Ja, nur diesmal war er noch realer“, antworte ich und fahre fort: „Als ob ich mittendrin gewesen wäre… und..." Seitdem wir in diesen Vorort gezogen sind, habe ich ständig diese Alpträume, verkneife ich mir vor Alexander auszusprechen.

„Vielleicht solltest du bei Gelegenheit wieder Dr. Hoffmann besuchen, der kann dir bestimmt in dieser Phase helfen. Du hattest sie ja jetzt eine Zeit lang nicht mehr, als du noch regelmäßig bei ihm in Therapie warst“, rät mir Alexander mit besorgter Stimme. „Womöglich hast du recht“, antworte ich, obwohl ich das Gefühl nicht loswerde, dass mich in dieser Situation niemand wirklich versteht. Doch ich rufe trotzdem bei Dr. Hoffmann an, um den ersten freien Termin zu fixieren.

Mittlerweile ist es fast schon Mittag. Alexander hat sich etwas schlafen gelegt, da er die ganze Nacht durchgeflogen ist. Manchmal vermisse ich die Zeit, als wir noch ein Power-Duo im Flieger waren: er, der Captain und ich, seine First Stewardess. Ich genoss die Zeit, gebraucht zu werden. Die Passagiere fehlen mir manchmal sehr. Seit der Hochzeit bin ich nur noch die Ehefrau von jemandem und sonne mich den ganzen Tag im Garten, treffe mich mit Freundinnen und fahre ab und zu in die Stadt. Früher war ich jemand, der respektiert und geachtet wurde. Ich war jemand, der etwas Sinnvolles getan hat.

Während ich in meine Tagträume versinke, bemerke ich gar nicht, dass es bereits seit längerem an der Tür klingelt. Ich öffne die Haustür. „Isabella! Bist du schwerhörig?“, brüllt mir meine Freundin Tina entgegen. „Hi Tina! Sorry, ich saß im Garten und habe die Klingel nicht gehört“, antworte ich ihr etwas verlegen, während ich mir verkneife, ihr von meiner Sehnsucht nach der Concorde zu erzählen.

„Hast du Lust, mit mir in die Stadt zu kommen?“, fragt sie grinsend und fährt dann fort, ohne meine Antwort abzuwarten: „Ich hab da einen Termin und dachte, du könntest auch etwas Abwechslung gebrauchen.“ Glücklich über ihr Erscheinen antworte ich: „Klar, sehr gerne! Alex schläft sowieso gerade für ein paar Stunden, da er heute Früh gelandet ist.“ Mit einem selbstgefälligen Grinsen antwortet Tina voller Elan: „Na dann, lass uns losfahren!“

Ich hinterlasse für Alexander noch schnell einen Zettel mit folgender Nachricht:

„Amore mio, Tina und ich sind in die Stadt gefahren. Bevor du wieder aufwachst, bin ich längst zurück. Ich liebe dich.

-Isa“

Es ist ein perfekter Sommertag für einen Ausflug. Tinas nagelneues brillantrotes BMW M3 Cabrio der Baureihe „E30“, wie sie mir mehrmals erklärte, spiegelt die etwas kahle Landschaft, die uns auf dem Weg zur vermutlich aufregendsten Stadt der USA umgibt, wider.

"The Fabulous Las Vegas!" Während der Reihensechszylinder-Motor unter unseren Füßen pulsierend vibriert, denke ich darüber nach, wie diese Stadt in so kurzer Zeit aus dem Sand, der sie umgibt, entstanden ist. Ständig werden berühmte Hotels abgerissen, um Platz für neue, aufregendere zu schaffen.

Vertieft in meinen Gedanken durchfährt mich plötzlich ein Schauer, als wir auf dem Highway an einem Unfallwrack vorbeifahren. Für einen Moment sehe ich das Bild aus meinem Traum: ein Auto, das in Flammen steht. Mein Herz klopft heftig. Es fühlt sich an, als würde der Alptraum Realität werden. Ich schüttle den Gedanken ab, aber die Angst bleibt wie ein Schatten in meinem Hinterkopf.

„Isa, du grübelst doch nicht etwa schon wieder?“, holt mich Tina in die Realität zurück.

„Ich genieße diesen Moment“, antworte ich grinsend von einem Ohr zum anderen.

„Viva Las Vegas!“, erinnere ich mich an den legendären Song des King of Rock, Elvis Presley.

In der Stadt angekommen, geht es direkt von einem Store zum nächsten. Mit vollen Einkaufstaschen geht es danach noch zu einem der neueren und exklusiveren Hotels am Strip: „The Mirage“. Auf einen Kaffee. Es ist ein beeindruckendes Gebäude. Noch viel

beeindruckender ist die Außenanlage mit dem künstlich angelegten See

sowie den Kunstfelsen, die einem Vulkan gleichen sollen und den See zieren. Ab 19:00 Uhr gibt es dort zu jeder vollen Stunde eine Feuershow über dem künstlichen See. Wie ein Vulkanausbruch, der kaum zu bändigen ist, spuckt der künstliche Felsen Flammen über dem See aus. Hunderte von Menschen warten stets gebannt davor, um dieses Highlight sehen zu dürfen. Einige versuchen, dieses spektakuläre Ereignis mit ihren Polaroid-Kameras einzufangen, um bei der Ankunft zu Hause von dem spannenden Erlebnis berichten zu können.

Anschließend gehen wir auf einen Drink in eine der vielen Bars, die das Hotel bietet und danach ab ins Casino, das sich für Vegas typisch unmittelbar im Hotel befindet. „Spielst du?“, grinst mich Tina an. „Naja, ich hab immer für mein Geld gearbeitet und habe nie etwas geschenkt bekommen, bis ich Alex kennengelernt habe…“, antworte ich ihr lachend. Sie grinst.

„Hier geht es doch nicht darum, beschenkt zu werden, sondern nur um den

Spaß am Spiel“, versucht Tina mich verlockend zu überzeugen und fährt

dann fort: „Hey, ich habe eine Idee: Wir teilen uns 100 Bucks, die wir als Spielgeld verwenden.“

Zögernd hake ich nach: „Also 50:50, meinst du?“

Sie antwortet: „Ja, genau!“ Mit gemischten Gefühlen und wie in Bann gezogen, von den bunt leuchtenden Spielautomaten lasse ich mich überreden. „Also gut, warum nicht.“

„Yeah! Das wird super!“, freut sich Tina und wechselt sofort die 100 Dollar in Münzen um. Sie läuft direkt zu einem der einarmigen Banditen. Ein Spielautomat, bei dem man einen Hebel betätigt, damit das Spiel losgeht.

Ziel ist es, möglichst oft dieselben Früchte in einer Reihenfolge zu erhalten. Drei Räder, die sich drehen, sorgen für den ultimativen Nervenkitzel.

Nach einigen misslungenen Versuchen scheinen wir zum ersten Mal einen kleinen Gewinn zu erzielen. Wir erhöhen unseren Einsatz, um unsere Gewinnchancen und den möglichen Gewinnbetrag zu steigern. Nach einigen erneuten Pleiten scheint es, als ob wir unsere 100 Dollar zur Gänze verspielt hätten.

Plötzlich fängt der Automat beim letzten Versuch wild zu läuten… JACKPOT! Aus dem unteren Münzfach wird eine Lawine an Münzen angespült. Ein unaufhörlicher Regen an Geld strömt uns beiden entgegen. Tina und ich können es nicht fassen und umarmen uns, während wir die ganze Zeit kreischend auf und ab hüpfen. Nachdem der Automat zur Ruhe kommt, beginnen wir die Münzen aufzusammeln. Mitarbeiter des Hotels helfen uns mit einigen Kübeln. Am Ausgang wechseln wir die Münzen in Scheine.

11.957 US-Dollar – und das in weniger als einer Stunde. Wir können es nicht fassen.

„Da müsste ich schon ein paar Stunden länger den Menschen im Flugzeug die Wünsche von den Lippen ablesen, um so viel Geld zu verdienen“, sage ich zu Tina lachend.

„Wo möchtest du das Geld am liebsten raushauen?“, fragt mich Tina euphorisch, so als wolle sie den gesamten Gewinn sofort ausgeben. „Es ist schon spät. Alex ist bestimmt bereits aufgewacht und hat Hunger“, antworte ich besorgt.

Kopfschüttelnd tröstet sie mich: „Ach, der kommt schon zurecht. Meine ExMänner waren nicht die hellsten Kerzen, aber konnten dennoch stets den Weg zum Kühlschrank finden. Ich sage dir eins:

Sandwiches haben Amerika so groß gemacht!“

Sie versucht, mich zu motivieren und hängt ihren Arm bei mir ein, als ob sie mich mit ihrer Ekstase mitreißen wolle. „Komm! Wir gehen jetzt etwas Spaß haben“, entscheidet sie plötzlich für uns beide. Während wir bestens gelaunt den Strip von Vegas entlanglaufen, entdecke ich eine Telefonzelle und nutze die Gelegenheit, Alex kurz anzurufen. "Es ist das Mindeste, ihm Bescheid zu geben, dass alles in Ordnung ist und ich bald nach Hause komme", denke ich mir. Nachdem ich die Nummer von unserem Festnetz gewählt habe, folgt nach einigen Freizeichen die bekannte Ansage unseres Anrufbeantworters: „Hi! Hier ist die Familie Dumont, hinterlassen Sie nach dem Piepton eine Nachricht. PIEP": „Alex, ich bin’s, Isa! Ich bin mit Tina noch etwas in der Stadt und komme bald nach Hause. Im Kühlschrank findest du Sandwiches. Bis später, Amore mio!“

Als ich gerade den Hörer wieder auflegen will, höre ich ein merkwürdiges Rauschen. Für einen Augenblick verspüre ich am ganzen Körper Gänsehaut und lege dann schließlich auf.

Am nächsten Morgen wache ich in unserem Bett auf und stelle fest, dass es bereits Mittag ist. "Was ist passiert? Wie bin ich nach Hause gekommen? Und vor allem: wann?" Schwirren mir die Gedanken im Kopf, während ich langsam verkatert aufstehe. „Amore mio?!“, rufe ich in den Raum und öffne unmittelbar danach die Tür unseres Schlafzimmers. Aus der Küche kommt

Musik: 🎵 Bon Jovi - Livin’ on a Prayer: „She says we’ve got to hold on to what we’ve got. Cause it doesn’t make a difference if we make it or not. We’ve got each other and that’s a lot for love - we’ll give it a shot!“

Als der Refrain einsetzt, schallt ein Geheule aus der Küche durch das ganze Haus, das eine Art Gesang darstellen soll.

"Seitdem Alex mit dem Rauchen aufgehört hat, ist er voller Lebensfreude und Energie", denke ich mir und lausche, wie er das Lied „Livin’ on a Prayer“ mit seinem Gejaule zerstört. „Whoaaaa, we’re halfway there, whoooa livin’ on a Prayer…“

Schmunzelnd über Alex’ Gesangstalent steige ich aus dem Bett und bemerke dabei, wie mir schwindlig wird. Wie viel haben wir gestern getrunken, frage ich mich, während mir auffällt, dass ich mich an fast nichts mehr erinnern kann und trotzdem das Gefühl nicht loswerde, dass ich diesen Abend mit Tina so dringend nötig hatte – vor allem, seitdem ich arbeitslos bin und die gesamte Zeit nur noch zu Hause verbringe. Ich gehe langsam zur Küche und mache keine hastigen Bewegungen. Unten angekommen begrüßt mich Alex mit einem breiten Lächeln. Er gibt mir einen dicken Kuss.

„Guten Morgen, meine hübsche Frau! Waren wir gestern Abend doch etwas länger unterwegs als erwartet?“, fragt er mich spöttisch, obwohl er die Antwort bereits kennt.

Ich antworte: „Sorry, wir haben wirklich die Zeit übersehen“, versuche ich, die Wogen zu glätten.

Er lacht. „Ich zieh dich doch nur auf, es freut mich, dass du ein wenig

Spaß hattest. Du hast es dir verdient.“

"Wieso fühlt es sich nur nicht so an, als ob ich es verdient hätte? Warum kann ich diese unerklärlichen Schuldgefühle nicht einfach loslassen?", quälen mich meine Gedanken gleich am Morgen, während ich lächelnd antworte: „Vermutlich hast du recht.“

Er nickt selbstbewusst. „Klar habe ich recht, wie immer! Ich habe uns

Frühstück gemacht“, fährt Alex fort und möchte, dass ich mich an die

Küchenbar setze. „Es gibt dein Lieblingsfrühstück: Eier mit Gemüse und

Speck, Pfannkuchen mit Ahornsirup sowie einen frisch gepressten

Orangensaft und frisch gekochten Kaffee. Frühstück für Champions!“, fügt er noch grinsend an.

Mit vollem Munde bedanke ich mich: „Du bist der Beste.“

Während er an seinem Kaffee nippt, schlägt Alex die heutige

Tageszeitung auf, sodass die Titelseite in meine Richtung zeigt.

Das heutige Datum irritiert mich ein wenig: Dienstag, der 7. Juli 1992.

Ein seltsames Gefühl durchdringt mich, fast wie eine Art Déjà-vu. Alles dreht sich plötzlich in meinem Kopf. Ist es wegen gestern oder verliere ich langsam den Verstand? Um etwas frische Luft zu schnappen, gehe ich zum Briefkasten vor. Als ich nach der Post sehe, entdecke ich nur einen nicht adressierten Brief in unserem Postkasten. Der Umschlag ist sogar noch offen. Ein unbehagliches Gefühl durchzieht mich, als ich die Nachricht öffne. Kein Absender. Nur ein kurzer Text: “Ich weiß, was du tust.” Mein Herz setzt für einen Moment aus. Wer hat das geschickt? Was bedeutet das? Mein erster Impuls ist, Alex davon zu erzählen, aber irgendetwas hält mich zurück. Ich kann es mir nicht erklären, aber irgendetwas fühlt sich… falsch an.

2

Die Oase

Strömender Regen. Die Scheibenwischer laufen auf höchster Stufe und trotzdem ist durch das viele Wasser, das auf die Scheibe prasselt, kaum etwas zu sehen. Dichter Nebel umschlingt die Dunkelheit der Nacht. Das Fahrzeug scheint wie auf Schienen zu fahren, fast wie von selbst durch die Schwärze.

“Was hältst du davon? Isa? Isabella?! Ich rede mit dir!” Verwirrt antworte ich Alex. “Was halte ich wovon?”, frage ich, während ich langsam aus meiner Gedankenwelt zurück in die Realität kehre. “Hast du mir überhaupt zugehört?” Alexander wirkt etwas verärgert. “Ja klar. Ich meine, ja… die meiste Zeit schon. Ich hatte nur wieder… diese schrecklichen Bilder vor

Augen.” Alex merkt auf: “Du warst wieder in deinen Gedanken. Der Alptraum?” Ich antworte: “Ja, es kommt wieder öfter. Diesmal fühlte es sich so an, als ob ich am Steuer saß, während das Fahrzeug von alleine fuhr.” Ich erzähle ihm von den Bildern und bemerke dabei, wie albern das klingt. Verwirrt sieht Alex mich an. “Wie meinst du das, dass das Auto von selbst fuhr?”

Ich antworte: “Naja, ich weiß auch nicht. Es fuhr wie ein Zug auf Schienen. Immer den seitlichen Linien entlang. Ganz von selbst. Und am Ende kommt immer dasselbe Bild… das grelle Licht.”

Ich halte inne und merke, wie sich meine Kehle zuschnürt und ich kein einziges Wort mehr herausbringe. Alex beruhigt mich. “Da ist eine Parkbank. Komm, wir setzen uns ein wenig hin!” Nachdem wir fast einen Kilometer durch die Vorstadt spaziert sind, setzen wir uns hin und sehen uns die Pracht unseres vorstädtischen Parks an. “Er ist wunderschön! Wie eine friedliche Oase. Ein Stück Leben, umgeben von den Dünen der toten Wüste,” sage ich zu Alex. “Ja, da hast du recht. Es ist bemerkenswert, wie hier das Leben all den äußeren Widerständen trotzt und sich in seiner Schönheit entfaltet,” fügt Alex hinzu.

Der kleine See in der Mitte des Parks wird von prachtvollen Pflanzen umgeben. Schwäne gleiten majestätisch über das strahlend grüne Wasser des Sees. In der Mitte sprudelt eine Fontäne, die mit ihrem Wasserstrahl die Luft in der ganzen Umgebung befeuchtet. Man hört das fröhliche Lachen von Kindern, das heitere Bellen von Hunden, die Frisbees jagen, sowie das Zwitschern der Vögel.

"Fast wie ein kleines Paradies und das alles nur einen Steinwurf entfernt von Sin City.", denke ich mir und unterbreche dir Stille. “Alex? vermisst du manchmal Frankreich?” Alex lacht. “Die Frage lautet eher: Was vermisse ich an Frankreich am meisten? Eins ist schon mal klar! Die Pariser sind es mit Sicherheit nicht.” Alex lacht so heftig, dass ihm die Tränen kommen, und beruhigt sich schließlich.

“Sorry, das finden wahrscheinlich auch nur Franzosen witzig, da sie wissen, was ich meine. Zurück zu deiner Frage: An Frankreich vermisse ich am meisten die herrlich knusprigen Baguettes. Wenn sie noch schön warm und zart knusprig sind… mhm. Diese Sandwiches hier habe ich etwas satt. In den Regalen findet man 200 Sorten mit Zucker beladenem Toastbrot und jedes schmeckt exakt gleich!”, antwortet er grinsend.

“Was vermisst du am meisten an Sizilien?” Stellt er mir als Gegenfrage. “Was vermisse ich am meisten an Bella Italia?” Ich wiederhole die Frage in meinem Kopf, um sie zu vertiefen. “Hmm… mir fehlt die frisch gemachte italienische Pizza mit dem typisch italienischen Boden und locker-flockigem Rand. Noch dazu vermisse ich hausgemachte Penne al Pomodoro. Selbstverständlich mit traditionell hausgemachter Tomatensauce, wie sie meine Mama immer gemacht hat. Weißt du, was ich meine? Nicht dieses Industriezeug voller Zucker, sondern echte Sauce! Am meisten aber vermisse ich die Menschen! Ja! Ich vermisse tatsächlich die Menschen in Italien! Sie sind so emotional und temperamentvoll. Manchmal fehlt mir hier dieses Feuer, in unserer perfekten Vorstadt! Heaven Lake, der Ort, wo jeder nur vorgibt, an dir interessiert zu sein!” Alex grinst und nickt zustimmend. “Ich weiß genau, was du meinst. Aber hey! Wenigstens gibt’s dein Lieblingsessen so gut wie überall auf der Welt. Für mich bleiben nur die Sandwiches übrig.” Wir lachen beide so laut, dass sich einige Leute genervt nach uns umdrehen, während wir noch immer auf der Parkbank sitzen und unsere Oase genießen.

Am nächsten Tag hat Alex einen Flug nach Wien, Österreich und ist daher bereits früh außer Haus. Am Küchentisch erwartet mich ein Zettel mit folgenden Worten: “Ich bin in einigen Tagen wieder zu

Hause. Je t’aime… Dein Alex.” Er weiß, wie sehr ich solche kleinen Aufmerksamkeiten von ihm schätze. Während ich mir zum Frühstück ein herzhaftes Essen mache, bestehend aus Spiegeleiern mit Speck sowie frischem Gemüse. Während ich frühstücke, läuft im Fernseher eine Dokumentation über die Concorde.

Der Kommentator berichtet mit Begeisterung in seiner Stimme: “Die Concorde entstand aus einem Regierungsabkommen zwischen der

britischen und französischen Regierung, mit der Idee, das erste ultraschnelle

Passagierflugzeug für den Mainstream zu entwickeln. Mit einer

Rekordgeschwindigkeit von über 2.000 km/h schafft sie die Strecke von New York nach London in unter drei Stunden! Ein Ticket kostet zwischen 4.000 und 11.000 Dollar pro Person, je nachdem, um welche Klasse es sich handelt. Die stets bemühten Flugbegleiterinnen sind allzeit den Beschleunigungskräften von bis zu Mach 2 ausgesetzt, während sie den Passagieren den bestmöglichen Service bieten. Dieselben Kräfte wirken auf einen Piloten eines Militär-Kampfjets! Mit der Concorde wurde der europäische Kontinent dem nordamerikanischen etwas nähergebracht.”

Plötzlich wird meine Aufmerksamkeit von der Dokumentation auf das klingelnde Telefon gelenkt. “Hallo Frau Dumont, hier spricht die Assistentin von Dr. Hoffmann!

Ich wollte Sie nur kurz an unseren heutigen Termin am Nachmittag in unserer Praxis erinnern.”

"Mist, den hatte ich ganz vergessen", denke ich mir, während ich der netten Dame an der anderen Leitung versichere, dass ich pünktlich erscheinen werde.

Dort angekommen, spielt im Wartezimmer dezent im Hintergrund der Donauwalzer. Dr. Hoffmann erwartet mich wie üblich äußerst freundlich, jedoch stets mit einer kühlen, professionellen Distanz. So, als ob wir jahrelange Geschäftspartner und nicht Arzt und Patientin wären. Mit seiner ruhigen sowie besonnenen Art strahlt er unglaubliche Fürsorge und Verständnis aus. Seine grauen Haare machen ihn sympathisch und zugänglich – wie ein weiser Großvater, der stets die richtigen Worte findet und einem direkt in die Seele blickt.

“Bitte setzen Sie sich doch”, weist er mich liebevoll auf den

Patientenstuhl. “Danke”, antworte ich leise. “Wie geht es Ihnen heute?” fragt er wie gewöhnlich. “Ganz gut, schätze ich.” “Wie hoch schätzen Sie, dass es Ihnen ganz gut geht?” fragt er grinsend und entlockt mir damit ein Lächeln. Er fährt fort: “50:50, 60:40 oder doch sogar 80:20?” Ich lache verlegen und ändere meine Antwort: “Mir geht es gut!” – “Sehr schön”, freut sich Dr. Hoffmann über die endgültige Antwort. “Bevor wir anfangen, möchte ich Sie noch eine Sache fragen. Bitte verzeihen Sie, falls Ihnen diese Frage etwas skurril erscheint, aber ich muss sie einfach loswerden: Verwenden Sie dieselben Gläser, wenn

Sie einen Saft trinken, wie wenn Sie sich nur ein Glas Wasser einschenken?”

Unangenehme Stille kehrt ein, bevor ich mich traue, eine Antwort zu geben.

Ob das wieder eine von Dr. Hoffmanns berühmten Fangfragen ist? “Ähm, ich verwende für Säfte andere Gläser als für Wasser, wieso fragen Sie?” Er sieht mich musternd an, zögert ein wenig und antwortet schließlich auf meine Gegenfrage: “Puh… Dann bin ich ja beruhigt! Ich dachte, ich bin der Einzige, der die Angewohnheit hat, die schöneren Gläser für Säfte und die einfachen Gläser für Wasser zu verwenden. Wenn es Ihnen genauso geht, bin ich ja erleichtert. Außerdem trinkt man Wein auch viel lieber aus schön geformten Gläsern, da sich dadurch der feine Geruch und die Aromen besser entfalten können, finden Sie nicht?” Etwas irritiert antworte ich: “Ja, finde ich auch”, während ich an den Abend mit Tina denken muss, als wir einige Gläser Wein zu viel hatten und in keiner Sekunde die Aromen oder den feinen Geruch wahrgenommen haben.

“Wie ist es Ihnen seit unserem letzten Treffen ergangen? Erzählen Sie mir ein wenig davon!” Unterbricht Dr. Hoffmann mein gedankliches Abschweifen. “Im Großen und Ganzen fühle ich mich mittlerweile um einiges besser als beim letzten Mal. Ich gehe möglichst viel in unserem schönen Vorort spazieren. Ich versuche, mir sinnvolle Beschäftigungen zu suchen, um die viele Freizeit möglichst effektiv zu nutzen.” Dr. Hoffmann nickt. “Welche Beschäftigungen wären das zum Beispiel?”, hakt er nach. “Ich

treffe mich regelmäßig mit Freunden zum Kaffee und wir machen Spaziergänge in unserem Vorstadtpark.

---ENDE DER LESEPROBE---