Abenteuer am Geierstein - Stefanie Valentin - E-Book

Abenteuer am Geierstein E-Book

Stefanie Valentin

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Beschreibung

Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! »Hast schon gesehen, wer in der Gaststube sitzt?« fragte Luise Berger, als sie die Küche des alten Berggasthofes mit einem Tablett leeren Geschirrs betrat. Die Berger-Heidi schüttelte den Kopf. »Nein, wer denn?« »Der Welter-Hansi.« »Wie bitte?« Heidi, die Wirtin der Bergerhof-Gaststätte sah ihre Schwiegermutter erschrocken an. »Der Hans soll da sein? Also, wenn ich alles glaub', das glaub' ich net.« »Dann schau halt selbst nach«, erwiderte Luise Berger. »Er sitzt in der Ecke am Fenster und schaut sich interessiert um.« Daraufhin wischte sich die Heidi ihre Hände an der Schürze ab, sah im Hinausgehen rasch in den Spiegel, ordnete mit ein paar Handgriffen ihre Haare, dann betrat sie die Gaststube. Dort sah sie sich suchend um, konnte aber denjenigen, den ihre Schwiegermutter gesehen haben wollte, nicht ausmachen. Sie ging zurück in die Küche und wollte wissen, was das solle? »Es hockt kein Welter-Hansi in der Gaststube«, sagte sie, »net einmal ein einziger Einheimischer ist da.« »Doch net in der neuen Gaststube«, erwiderte Luise Berger, »in der alten sitzt er. In der Ecke drinnen, ganz so wie früher.

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Heimat-Heidi – 1–

Abenteuer am Geierstein

Alte G'schichten und junges Glück

Stefanie Valentin

»Hast schon gesehen, wer in der Gaststube sitzt?« fragte Luise Berger, als sie die Küche des alten Berggasthofes mit einem Tablett leeren Geschirrs betrat.

Die Berger-Heidi schüttelte den Kopf. »Nein, wer denn?«

»Der Welter-Hansi.«

»Wie bitte?« Heidi, die Wirtin der Bergerhof-Gaststätte sah ihre Schwiegermutter erschrocken an. »Der Hans soll da sein? Also, wenn ich alles glaub’, das glaub’ ich net.«

»Dann schau halt selbst nach«, erwiderte Luise Berger. »Er sitzt in der Ecke am Fenster und schaut sich interessiert um.«

Daraufhin wischte sich die Heidi ihre Hände an der Schürze ab, sah im Hinausgehen rasch in den Spiegel, ordnete mit ein paar Handgriffen ihre Haare, dann betrat sie die Gaststube. Dort sah sie sich suchend um, konnte aber denjenigen, den ihre Schwiegermutter gesehen haben wollte, nicht ausmachen. Sie ging zurück in die Küche und wollte wissen, was das solle?

»Es hockt kein Welter-Hansi in der Gaststube«, sagte sie, »net einmal ein einziger Einheimischer ist da.«

»Doch net in der neuen Gaststube«, erwiderte Luise Berger, »in der alten sitzt er. In der Ecke drinnen, ganz so wie früher. Du mußt schon genau hinschauen, um ihn überhaupt zu sehen.«

Da wischte sich die Heidi noch mal ihre Hände an der Schürze ab und verließ abermals die Küche. Diesmal durchquerte sie die neue Gaststube, die, wie die Küche, im Neubau untergebracht war, und betrat dann an der Thekenanlage vorbei eine wunderschöne alte Gaststube, deren Holzwände mit alten Fotos, Kruzifixen, vor allem aber mit Rehbock- und Gamskrickln gespickt waren.

Heidi grüßte nickend und freundlich lächelnd nach allen ­Seiten und ging dann langsam aber zielstrebig in die dunkelste Ecke der eh schon dunklen Gaststube.

Als sie dort war, erschrak sie, denn dort saß augenscheinlich eben jener Hans Welter, genau wie ihre Schwiegermutter gesagt hatte. Aber der dort saß, schaute nur aus wie jener Hans, den sie vor über zwanzig Jahren sehr gut gekannt hatte.

»Hans…?« fragte sie vorsichtig. »Bist du der Sohn von Hans Welter?«

Der junge Mann nickte lächelnd. »Ja, der bin ich. Und Sie sind die Berger-Heidi.«

Die nickte und fragte, ob sie sich setzen dürfe.

»Aber sicher«, antwortete der nett aussehend junge Mann. »Um Sie kennenzulernen bin ich ja da.«

»Herrschaftseiten, Bub«, murmelte Heidi daraufhin. »Du schaust grad so aus wie dein Vater, als ich ihn damals gekannt hab’. Wie geht ’s dem Hans denn?«

»Der Vater läßt grüßen«, erwiderte der junge Bursch. »Er hat mir aufgetragen, herzugehen und Grüße auszurichten.« Dann grinste er verlegen. »Außerdem soll ich bestellen, daß Sie sich ein bisserl um mich kümmern sollen.«

»Kümmern soll ich mich um dich?«

Heidi verstand nicht, was dies zu bedeuten hatte.

»Ja, ich werd’ ein paar Monate da in Hinterjoch sein«, antwortete der junge Bursche, »und der Vater hat gesagt, ich würd’ hier gescheit unterkommen. Das heißt, daß ich ein Zimmer brauch’ und regelmäßig zum Essen komm’.«

»Mar’ und Josef«, murmelte Heidi, »das ist jetzt eine ganz schlechte Zeit.«

»Warum denn?«

»Es ist Hochsaison, wir sind vollständig ausgebucht.«

»Oje«, murmelte der junge Bursche, »was mach’ ich denn jetzt?«

»Laß mich nachdenken«, Heidi zog die Augenbrauen ein wenig zusammen, dann nickte sie. »Also du könntest ganz oben unterm Dach eine Kammer beziehen. Sie ist zwar nur klein und duschen müßtest du dich auf dem Gang oder bei uns in der Wohnung.«

»Das wär’ super. Ich hab’ meine Sachen im Auto und das steht vor der Tür. Der Vater hat recht gehabt, als er gesagt hat, ich sollt’ zur Berger-Heidi gehen, dann würd’ mir weitergeholfen.«

Die hübsche Wirtin lächelte. »Dein Vater und ich haben uns mal gut gekannt. Bis er dann damals ganz plötzlich von da weggegangen ist.« Dann stutzte sie. »Sag mal, heißt du überhaupt Hans? Ich hab’ dich eben ganz automatisch so genannt, weil du deinem Vater so ähnlich schaust.«

»Ich heiß’ Markus«, antwortete der junge Bursche.

Die Berger-Wirtin gab ihm die Hand. »Und ich bin die Heidi. Und dabei bleiben wir, wenn ’s recht ist.«

Markus Welter nickte. »Es ist mir sogar sehr recht.«

»Entschuldige, wenn ich so neugierig frag’«, sagte daraufhin die hübsche Wirtin, »aber was willst du eigentlich hier? Hast du vorhin net gesagt, daß du unter Umständen einige Monate da in Hinterjoch sein wirst?«

»So ist es«, antwortete der junge Bursche. »Ich bin Diplom-Geologe und hab’ den Auftrag, den Geierstein zu untersuchen.«

»Du willst einen Berg untersuchen?« Die Berger-Heidi lachte. »Gibt ’s denn so etwas auch?«

Markus nickte. »Wenn einer eine Seilbahn bauen will, dann ist es sogar Vorschrift.«

»Was will einer bauen?« Die Wirtin des Berggasthauses starrte den jungen Geologen erschrocken an.

»Eine Seilbahn«, antwortete der, »und einen Schlepplift auch. Da hat einer allerhand vor.«

»Das gibt ’s doch gar net«, erwiderte die Berger-Heidi, »der Gemeinderat hat doch erst vor ein paar Monaten beschlossen, daß kein neuer Lift und keine weitere Seilbahn gebaut werden sollen.«

Markus Welter zuckte mit den Schultern. »Davon weiß ich nichts. Unser Institut hat den Auftrag zu der Untersuchung bekommen, und ich bin da, um erste Vorbereitungen zu treffen.«

»Ja, Kruzitürken«, ereiferte sich die attraktive Wirtin, »das darf doch gar net wahr sein. Welcher unverschämte Kerl setzt sich denn da über einen Gemeinderatsbeschluß hinweg?«

Markus Welter hob beide Hände, um anzuzeigen, daß er das nicht wußte.

Einen Augenblick noch blieb die Bergerwirtin bei ihm sitzen, dann entschuldigte sie sich, meinte, er solle seine Sachen aus dem Wagen holen, es komme gleich jemand, um ihm sein Zimmer zu zeigen.

»Er ist der Sohn vom Welter-Hans«, sagte sie, als sie in die Küche kam, wo ihre Schwiegermutter am Herd hantierte, »und er hat ein Zimmer gesucht.«

»Oje, das sieht aber schlecht aus.«

»Ich hab’ ihm vorerst die Dachkammer gegeben«, erwiderte Heidi. »Er ist nämlich nicht auf Urlaub da.«

»Weswegen denn…?«

»Der Markus ist Diplom-Geologe und untersucht am Geierstein, ob dort ein Lift und eine Seilbahn gebaut werden können.«

»Aber das ist doch abgelehnt worden, zum Glück.«

»Trotzdem, daß der Markus hier ist, beweist, daß zumindest einen der Ratsbeschluß nicht interessiert.«

Luise Berger dachte einen Augenblick nach. »Der Vorderegger«, sagte sie dann, »ich wett’, daß der Vorderegger wieder mal den Schlaumeier spielen will.«

»Da könntest recht haben«, sagte ihre Schwiegertochter. Man sah ihr deutlich an, wie sehr die Nachricht sie getroffen hatte. »Ihm ist am ehesten zuzutrauen, daß er meint, für ihn würd ’s Recht net gelten.«

Die Seniorwirtin nickte. »Wenn das Gutachten erst mal da ist, dann wird ’s einen neuen Beschluß geben im Gemeinderat, und wie der aussehen wird, das kannst dir ausrechnen.«

»So weit sind wir noch net«, murmelte die Berger-Heidi, »so weit sind wir noch lange net.«

*

Das Berger-Gasthaus bestand seit über zweihundert Jahren und war ursprünglich nicht mehr als ein Almausschank gewesen. Vorfahren von Heidis verstorbenem Mann hatten es gegründet und vor allem bei der einheimischen Bevölkerung war es stets sehr beliebt gewesen.

Als der Berger-Peter vor neun Jahren begonnen hatte, dem Gasthaus planerisch einen Neubau anzugliedern, weil er sich auf die veränderten wirtschaftlichen Bedingungen einstellen mußte, hatte die Heidi darauf bestanden, nicht alles neu zu bauen, sondern an das alte Haus ein neues anzuhängen.

»Neu und alt unter einem Dach«, hatte sie gesagt, »das ist, als wenn mehrere Generationen zusammen wohnen würden. Jeder kann sich dann da wiederfinden, wo es ihm gefällt.«

Der Berger-Peter hatte dies eingesehen und ein paar Monate später hatte man mit dem Umbau begonnen. Die Fertigstellung hatte er nicht mehr erlebt, denn ein Unfall beim Holzschlägern hatte sein Leben jäh beendet.

Zwei Monate lang hatten die Arbeiten am Bau geruht, viel zu schockiert waren alle gewesen, um daran zu denken, daß und vor allem wie es einmal weitergehen sollte.

Dann hatte Heidi beschlossen weiterzumachen und zwei Tage später waren die Handwerker wieder da. Ein halbes Jahr später konnte die Kombination aus altem und neuem Haus eingeweiht werden.

Die Gaststätte und der Besitz lagen auf der Sonnleiten des Grottentals, dessen Bewohner sich ihre Identität weitgehend hatten bewahren können. Massentourismus hatte in dem Hochtal noch keinen Einzug gehalten, und soweit es ging, versuchte man, ihn zu vermeiden. Dazu zählte auch, daß man beschlossen hatte, keine Lifte und keine Seilbahnen im Tal zuzulassen.

Wie entfremdend solche Anlagen wirken konnten, sah man in Tälern der Umgebung, wo Appartementhäuser und Feriendörfer nur so aus dem Boden geschossen waren und wo man heute froh

gewesen wäre, wenn man sich

vor Jahren anders entschieden hätte.

Berger-Heidis Schwiegermutter Luise war eine ruhige, in vielen Dingen gar abgeklärte Frau, die immer sehr bescheiden gelebt hatte, deren Hobbys Kräuter und Heilpflanzen waren und die darüber hinaus leidenschaftlich gerne kochte.

Heidis Tochter Steffi würde bald volljährig werden, wie sie ständig betonte, und sie war ebenso fesch wie ihre Mutter früher gewesen war. Junge Burschen, die wegen ihr den Weg ins Hochtal fanden, gab es genug, und Steffi war sich ihrer Wirkung auf sie sehr wohl bewußt.

An jenem Tag, als Markus Welter im Bergerhof die Dachkammer bezogen hatte, war Steffi in Oberstdorf gewesen und kam erst spät am Abend nach Hause. Ihre Großmutter machte sich schon Sorgen, aber Heidi winkte ab.

»Das Madl ist bald erwachsen«, sagte sie, »und sie ist bisher noch immer nach Haus’ gekommen. Irgendwer wird sie schon hier abliefern.«

Während Mutter und Schwiegertochter sich unterhielten, wurde die Tür aufgestoßen und ein großer, schwergewichtiger Mann betrat die Küche. Er grinste selbstgefällig, ging ohne ein Wort zu sagen zum Herd, hob die Deckel von zwei Töpfen an und sah hinein.

»Na, ihr beiden Hübschen«, sagte er schließlich, »was habt ihr denn heut’ zu bieten? Ein Schweinsbraten mit Kraut und Semmelknödeln wär’ mir ganz recht.«

»Mir ist aber net recht, wenn einer hereinkommt und in die Töpf’ schaut.« Die Berger-Heidi ging zum Herd und schob den Schwergewichtigen beiseite. »Wie wär ’s denn, wenn du hinaus in die Gaststube gehen würdest?«

Der Schwergewichtige schüttelte grinsend den Kopf.

»Da hocken mir zu viele Feriengäst’.«

»Jetzt hört sich doch alles auf«, explodierte die Luise, »da kommt der Kerl herein, hat drüben in Balding drei Touristenzentren gebaut, daß man vor lauter Grausligkeit gar nimmer hinschauen mag und hier beschwert er sich, wenn ein paar müde Bergwanderer in der Gaststube eine Brotzeit zu sich nehmen.«

»Was meinem Geldbeutel gut tut«, erwiderte der Besucher, »das tut net unbedingt meiner Seel’ gut.«

»Meiner Seel tät ’s aber gut, wenn du jetzt aus der Küche verschwinden würdest«, sagte die Luise. Dann zögerte sie und fügte schließlich hinzu: »Dir scheint ’s ja ziemlich auf den Nägeln zu brennen, wenn du jetzt schon am Geierstein Bergbahn und Lift bauen lassen willst.«

Franz Vorderegger kniff die Augen zusammen. »Was will ich?«

»Du hast mich schon verstanden«, erwiderte Luise.

»Ja, aber ich kann ’s net glauben«, sagte Vorderegger. »Daß am Geierstein nix Touristisches gebaut werden darf, das weißt du doch, da gibt ’s einen…!«

»… Gemeinderatsbeschluß«, vollendete die Luise, »ich weiß. Aber daß der nix wert ist, wenn einer von euch Großkopferten es net will, das weiß ich auch. Und du bist derjenige, dem ich es zuerst zutrau’, Beschlüsse zu ignorieren.«

Franz Vorderegger lachte kurz auf. »Dank’ schön für die Blumen. Wenn es so einfach wär’, dann würd’ ich Beschlüsse garantiert igno­rieren. Aber leider ist es net so einfach. Jedenfalls weiß ich nix von Lift- und Seilbahnplanung am Geierstein.«

»Das würdest du auch behaupten, wenn die Bagger schon dabei wären, den ersten Aushub auszugraben«, erwiderte die alte Wirtin.

Der Vorderegger lachte noch einmal.

»Du hast keine besonders gute Meinung von mir, oder?«

»Sagen wir mal, ich kenn’ meine Pappenheimer«, antwortete die Luise.

Dann wurde der Vorderegger-Franz unversehens ernst und er wollte wissen, ob es wirklich stimme, daß man am Geierstein Lift und Seilbahn plane?

Die Heidi nickte. »So ist es.«

»Und woher wißt ihr das?«

Als die Luise antworten wollte, kam ihr ihre Schwiegertochter zuvor und sagte: »Das ist unser kleines Geheimnis. Aber daß in Gasthäusern viel erzählt wird und man dementsprechend viel hört, das weißt du ja selbst.«

Darauf nickte der schwergewichtige Talwirt und murmelte: »Das ist allerdings wahr.«

»Und du behauptest, nix mit dem Geierstein-Projekt zu tun zu haben?« Die Berger-Heidi sah den Franz mißtrauisch an.

Der schüttelte den Kopf. »Nix hab’ ich. Net einmal den Hauch einer Ahnung hab’ ich gehabt, daß sich da was tut. Wer könnt’ denn dahinterstecken?«

Im gleichen Moment wurde die Tür zum Flur geöffnet und Heidis Tochter Steffi kam herein, im Schlepptau hatte sie einen jungen Burschen bei sich.

»Der Toni hat mich heimgefahren«, sagte sie, »ganz zufällig sind wir uns in Oberstdorf begegnet und…!« Da sah sie Franz Vorder­egger und verstummte.

»Soso«, sagte der zu dem jungen Burschen, »in Oberstdorf bist also gewesen. Da schau her. Ich hab’ dich doch nach Immenstadt geschickt, daß du Gäste holst. Dabei fährt mein Herr Sohn in der Weltgeschicht’ herum und chauffiert junge Madeln nach Haus’.«

Toni Vorderegger stand da und grinste. Er war ein netter und aufgeweckter Bursche, den so rasch nichts aus der Ruhe brachte.

»Du hast aber auch net herauf zur Bergwirtin gewollt«, sagte er. »Wenn du getan hättest, was du vorhattest, dann würden wir uns net hier getroffen haben.«

»Ja ist es denn die Möglichkeit«, erwiderte der Franz, »net nur daß er net tut, was angesagt ist, jetzt wird er auch noch frech. Schau ja zu, daß du nach Haus’ kommst und…!«

»Jetzt mach mal halblang«, mischte sich Luise in den kleinen Disput zwischen Vater und Sohn. »Die Heidi und ich sind froh, daß der Toni die Steffi nach Haus’ gebracht hat, deswegen wird net herumgemosert. Jetzt hockt ihr euch in die Gaststube und wartet, bis ich euch was zu essen bring’.« Dann sah sie Toni an. »Du hast doch auch noch nix gegessen, oder?«

Der schüttelte den Kopf. »Wenn man die Steffi nach Haus’ bringt, dann bleibt einem keine Zeit zu essen.«

*

Die Dörfer Hinterjoch, Balding, Schönbach und Vorderstein hatten sich im Rahmen der kommunalen Gemeindereform zu einer Groß­gemeinde zusammengeschlossen und wurden seitdem von einer Gemeindeverwaltung verwaltet. Es gab nur mehr einen Bürgermeister und eine Gemeindevertretung, die die Belange aller Ortsteile zu berücksichtigen hatte, was nicht immer ganz einfach war.