Heimat-Roman Treueband 21 - Sissi Merz - E-Book
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Heimat-Roman Treueband 21 E-Book

Sissi Merz

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Beschreibung

Lesen, was glücklich macht. Und das zum Sparpreis!

Seit Jahrzehnten erfreut sich das Genre des Heimat-Bergromans sehr großer Beliebtheit. Je hektischer unser Alltag ist, umso größer wird unsere Sehnsucht nach dem einfachen Leben, wo nur das Plätschern des Brunnens und der Gesang der Amsel die Feierabendstille unterbrechen.

Zwischenmenschliche Konflikte sind ebenso Thema wie Tradition, Bauernstolz und romantische heimliche Abenteuer. Ob es die schöne Magd ist oder der erfolgreiche Großbauer - die Liebe dieser Menschen wird von unseren beliebtesten und erfolgreichsten Autoren mit Gefühl und viel dramatischem Empfinden in Szene gesetzt.

Alle Geschichten werden mit solcher Intensität erzählt, dass sie niemanden unberührt lassen. Reisen Sie mit unseren Helden und Heldinnen in eine herrliche Bergwelt, die sich ihren Zauber bewahrt hat.

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Alpengold 179: Hochmut kommt vor dem Fall
Bergkristall 260: Sie trafen sich heimlich am Wegekreuz
Der Bergdoktor 1715: Ein Zeichen des Himmels
Der Bergdoktor 1716: Bittgang im Morgengrauen
Das Berghotel 116: Nein, mein Herz verschenk ich nicht!

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 719

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2014/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © von Sarosdy/Bastei Verlag ISBN 978-3-7325-9252-4 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

Sissi Merz, Christina Heiden, Andreas Kufsteiner, Verena Kufsteiner

Heimat-Roman Treueband 21 - Sammelband

Inhalt

Sissi MerzAlpengold - Folge 179Nachdenklich betrachtet der junge Brühl-Florian die hübsche Hoftochter Katja. Selten hat er ein so schönes Madel wie sie gesehen - und selten ein so stolzes! Keinen einzigen Blick gönnt sie ihm, dem Knecht auf dem väterlichen Hof, denn sie hält sich für etwas Besseres - für eine Prinzessin aus den Bergen, der die Welt zu Füßen liegt ... Doch alles verändert sich, als ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen: Katja steht vor den Trümmern ihres Lebens. Unfähig, den großen Schindler-Hof allein zu bewirtschaften, ist sie auf Florians Unterstützung angewiesen. Doch wieder ist es ihr Stolz, der sie daran hindert, seine Hilfe anzunehmen! Brüsk weist sie Florian, der sie seit Langem heimlich liebt, von sich - um den scheinheiligen Versprechungen eines Lügners zu vertrauen ...Jetzt lesen
Christina HeidenBergkristall - Folge 260"Du heiratest den Feiersinger, und damit basta!" Hochrot ist Erwin Ortlieb im Gesicht, als er seiner einzigen Tochter diese Worte an den Kopf schleudert. "Der Feiersinger ist reich, und wir brauchen das Geld, wenn wir unsere Existenz net verlieren wollen! Es liegt allein an dir!" Für Steffi bricht in diesem Moment eine Welt zusammen. Der Vater "verkauft" sie tatsächlich an einen Mann, den sie nicht liebt. An einen Mann, der doppelt so alt ist wie sie! Schluchzend schlägt das Madel die Hände vors Gesicht. Kann der Vater dieses Opfer wirklich von ihr verlangen? Muss sie ihr Herz, das längst einem anderen gehört, für immer verleugnen?Jetzt lesen
Andreas KufsteinerDer Bergdoktor - Folge 1715Der Glaube kann Berge versetzen - aber manchmal kann er auch Mauern errichten. Diese leidvolle Erfahrung muss die junge Katharina machen, als sie sich in Rainer Peters verliebt. Der attraktive Mann mit den ernsten Augen verbringt die Sommermonate in St. Christoph, um eine schwere Atemwegserkrankung auszukurieren. Katharina zeigt ihm die schönsten Plätze in den Bergen, die nur die Einheimischen kennen, und genießt in seinen Armen die einmaligen Sonnenuntergänge. Insgeheim träumt sie schon von einer gemeinsamen Zukunft und wartet nur darauf, dass Rainer sie fragt, ob sie für immer an seiner Seite bleiben will. Warum zögert er bloß? Da entdeckt sie eines Tages in seinem Schrank ein schwarzes Priesterhemd...Jetzt lesen
Der Bergdoktor - Folge 1716Noch ist die Sonne nicht über den Bergen aufgegangen und der Tau glitzert auf den Wiesen, als Burgl ganz leise aufsteht, ihr dunkles Trachtenkleid anzieht und den schwarzen Spitzenschal umlegt. So etwas trägt man, wenn man einen Bittgang macht. Niemand merkt, als sie den Hof verlässt und zum kleinen Marienkircherl eilt. Dort sinkt sie auf die Knie und spricht unter heißen Tränen ihr Bittgebet: "Maria, hilf mir aus meiner Not! Ich trage ein schreckliches Geheimnis im Herzen -"Jetzt lesen
Verena KufsteinerDas Berghotel - Folge 116Nach der schmerzhaften Trennung von ihrem Freund möchte sich Eva erst einmal nicht mehr verlieben. Viel lieber will die Studentin ihr Leben ungebunden und frei genießen, damit ihr niemand mehr weh tun kann. Während der Ferien jobbt sie als Kellnerin im Berghotel. Die Arbeit und der Umgang mit den vielen Gästen und Kollegen machen ihr viel Spaß, doch schon bald wird Evas Freude getrübt: Unheimliche Dinge geschehen. Mehrfach findet sie in ihrem Zimmer verstörende Botschaften. Dann wird auch noch ihr Auto in Brand gesetzt, und immer wieder hat das verängstigte Madel das Gefühl, beobachtet zu werden. Wer ist dieser schreckliche Stalker, der ihr nachstellt? Wie kann es sein, dass ihn niemand bei seinen Taten erwischt? Was macht ihn so unauffällig? Handelt es sich bei dem Täter etwa um einen Angestellten des Hotels? Automatisch wandern Evas Gedanken zu Jannes. Der verschlossene Aushilfsgärtner ist wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraft, und sowohl der Hotelbesitzer Andi Kastler als auch der Gendarm misstrauen ihm. Dabei wecken die tiefen Blicke des attraktiven Burschen doch ein namenloses Sehnen in Evas Herz ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Hochmut kommt vor dem Fall

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-0334-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Hochmut kommt vor dem Fall

Katja war stolz und eitel, bis sie alles verlor

Von Sissi Merz

Nachdenklich betrachtet der junge Brühl-Florian die hübsche Hoftochter Katja. Selten hat er ein so schönes Madel wie sie gesehen – und selten ein so stolzes! Keinen einzigen Blick gönnt sie ihm, dem Knecht auf dem väterlichen Hof, denn sie hält sich für etwas Besseres – für eine Prinzessin aus den Bergen, der die Welt zu Füßen liegt …

Doch alles verändert sich, als ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen: Katja steht vor den Trümmern ihres Lebens. Unfähig, den großen Schindler-Hof allein zu bewirtschaften, ist sie auf Florians Unterstützung angewiesen. Doch wieder ist es ihr Stolz, der sie daran hindert, seine Hilfe anzunehmen! Brüsk weist sie Florian, der sie seit Langem heimlich liebt, von sich – um den scheinheiligen Versprechungen eines Lügners zu vertrauen …

Golden stieg die milde Oktobersonne über den Gipfel des Hohensteins östlich von Spitzingsee. Der Himmel war klar und von jenem blassen Blau, das so typisch für die dritte Jahreszeit ist. Ringsum auf den Bauernhöfen regten sich bereits fleißige Hände, der Tanklaster der Molkerei war längst auf seiner Runde.

Der Schindler-Hof, auf halber Strecke zwischen dem See und dem Nachbardorf Abwinkl gelegen, war ein imposanter Besitz. In seiner Nachbarschaft fanden sich weitere Gehöfte. Früher als Aussiedlerhöfe bezeichnet, waren sie nun längst eingemeindet. Zu jedem Anwesen gehörten großzügig bemessenes Land sowie ausgedehnte Ackerflächen.

Bernd Schindler bewirtschaftete den Erbhof in der dritten Generation. Das imposante Haupthaus mit dem breiten, tief gezogenen Dach, den umlaufenden Holzbalkonen und den kunstvoll beschnitzten Balken wurde zu beiden Seiten von Stall, Remise und Gesindehaus eingerahmt. Auf dem stilvoll gepflasterten Wirtschaftshof bildete eine alte Kastanie den Mittelpunkt. Sie wurde von einer Bank umschlossen und bot so an heißen Sommertagen einen begehrten Sitzplatz. Zumal daneben in einer ehemaligen Viehtränke aus Sandstein ein kleiner Brunnen sprudelte.

An diesem sonnigen, aber empfindlich kühlen Morgen Ende Oktober war der Brunnen bereits für die ersten Frostnächte entleert worden. Das gewaltige Blätterdach der Kastanie hatte sich goldgelb verfärbt und leuchtete in der Morgensonne.

Der Bauer hielt sich zu dieser frühen Stunde im Kuhstall auf. Zusammen mit Florian Brühl, dem Großknecht, und dem Viehdoktor war er bemüht, einer Kuh das Kalben zu erleichtern. Das arme Tier quälte sich bereits die ganze Nacht, Florian hatte bei ihr gewacht. Zum Glück hatte sich der Verdacht auf eine Steißlage des Kalbes nicht bestätigt. Doch die Kuh kalbte zum ersten Mal und tat sich dabei schwer.

Bernd Schindler war Bauer mit Leib und Seele. Schon als kleiner Bub hatte er seinen Vater in den Stall und auf die Felder begleitet und begierig alles gelernt, was wichtig war. Er hatte die Landwirtschaftsschule als Jahrgangsbester abgeschlossen und wirtschaftete nun schon weit über zwanzig Jahre erfolgreich. Noch immer hatte er Spaß an der Arbeit, noch immer stand er am Morgen mit Schwung auf, weil er wusste, dass er eine Aufgabe hatte. Seine Felder, das Vieh, der Jahreslauf in der Natur, das war es, was sein Leben bestimmte. Er ging ganz darin auf und war stets damit zufrieden gewesen.

Als junger Bursch war Bernd, der heuer im fünfzigsten Jahr stand, den Madeln gegenüber eher schüchtern gewesen. Eine hatte es gegeben, Christa Stocker war ihr Name, die hatte er gern gehabt. Christa war die Tochter des Apothekers und ein sehr kluges Madel. Sie hatte nach der Matura studiert und war nur noch sporadisch heimgekommen. Aber sie hatten sich dann jedes Mal gesehen und sich sehr gut verstanden.

Bernd hatte ihr einen Antrag machen wollen, doch seine etwas schwerfällige Art war ihm immer wieder dazwischengekommen. Irgendwann hatte er den rechten Zeitpunkt verpasst, und dann war ihm ein anderer zuvorgekommen. Christa lebte nun in Garmisch und hatte wohl ihr Glück gefunden.

Auch Bernd Schindler hatte eine eigene Familie. Seine Frau Sophie stammte nicht aus der Gegend. Und Katja war nicht seine leibliche Tochter. Das hatte sich so gefügt, als Sophie vor siebzehn Jahren auf den Erbhof gekommen war, um die Stelle als Hauserin anzutreten. Bernd hatte die Altmagd Rosa, die bislang den Haushalt geführt hatte, in den Austrag schicken müssen, weil sie unter starkem Rheuma litt.

Er hatte eine Anzeige aufgegeben und unter mehreren Bewerberinnen Sophie Gruber aus München ausgewählt. Sie war die Hübscheste, wie ihr Foto bewiesen hatte. Aber das allein war nicht der Grund für seine Wahl gewesen. Ihre Offenheit hatte ihn sofort positiv berührt.

Sophie hatte in ihrer Bewerbung unumwunden zugegeben, dass sie zwar eine gute Köchin sei und auch haushalten könne, dies aber nicht gelernt habe. Eigentlich war sie Fotomodell gewesen, doch eine ungewollte Schwangerschaft hatte ihre Karriere beendet. Der Kindsvater hatte sie sitzen lassen, und ihre Familie wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben.

So hatte sie sich entschlossen, sich selbst und ihre inzwischen fünfjährige Tochter mit ehrlicher Arbeit allein durchzubringen. Bernd hatte das imponiert. Und als er die bildschöne blonde Frau zum ersten Mal gesehen hatte, war es um ihn geschehen gewesen. Sophie mit dem blond gelockten kleinen Engel an der Hand sollte denn auch sein ganzes Leben verändern.

Die junge Frau hatte schnell bemerkt, wie sehr sie dem Bauern gefiel. Sie hatte seine Zuneigung zu ihren Gunsten genutzt und es innerhalb eines Jahres geschafft, von der Hauserin zur Bäuerin aufzusteigen.

Der Bauer wusste, dass es für seine Frau keine Liebesheirat gewesen war – im Gegensatz zu ihm, denn er hatte sie auch heute noch immer lieb. Doch in der Zwischenzeit wusste er, dass mit Liebe allein nicht alle Probleme zu lösen waren. Bernd Schindler war in seiner Ehe nicht wirklich glücklich geworden. Nüchtern, wie es seine Art war, sagte er sich aber, dass er durchaus auch unglücklicher hätte sein können …

»So, das wär’s. Endlich!« Der Tierarzt trennte die Nabelschnur durch, während Florian das neugeborene Kalb abrubbelte und die Mutterkuh daran schnüffeln ließ. Alle waren erschöpft, aber auch zufrieden. Bernd füllte drei Stamperln mit Enzian, die auf den neuen Erdenbürger geleert wurden. Dann verabschiedete der Viehdoktor sich.

Der Bauer begleitete ihn noch zum Wagen und kehrte danach kurz in den Stall zurück. Florian lächelte zufrieden.

»Da, schau, Bauer. Es säuft schon. Ich glaub, das wird mal ein ganz helles Köpferl«, scherzte er.

»Hauptsache, es wird eine gute Milchkuh wie seine Mutter«, sinnierte der Bauer. »Komm, das Frühstück wird gleich fertig sein. Und wir müssen uns erst noch menschlich machen, sonst schmeißt die Bäuerin uns gleich wieder achtkantig hinaus.«

Florian maß den Bauern mit einem kurzen, abwägenden Blick. Mit dem leicht ergrauten Haar und den Sorgenfalten um den Mund schaute er älter aus, als er war. Der Großknecht wusste, dass dies nichts mit der Hofarbeit zu tun hatte, denn die liebte der Bauer. Es lag wohl eher am Privaten. Glücklich schaute er jedenfalls schon lange nicht mehr aus.

»Nachher fahr ich in den Forst wegen des Holzeinschlags«, ließ Bernd seinen Großknecht wissen, während sie zusammen über den Wirtschaftshof gingen. »Magst du mitkommen, Florian?«

»Gern. Der Förster wollte noch was besprechen. Ich glaub, es geht um den Wirtschaftsweg unterhalb der Brecherspitz.«

»Im letzten Jahr ist da einiges falsch gelaufen«, wusste der Bauer. »Leider gibt es immer Leut, die denken nur an ihren Profit und net daran, ein bisserl Rücksicht zu nehmen. Der Weg war teilweise so aufgerissen, dass er nimmer zu befahren war.«

»Der Freisinger setzt immer Saisonkräfte als Holzknechte ein. Und die arbeiten wie im Akkord«, sinnierte Florian.

»Der Forst ist kein Selbstbedienungsladen. Da muss man schon mit ein bisserl Gefühl zu Werke gehen«, erwiderte der Bauer.

Florian wunderte sich nicht darüber, dass Bernd Schindler nicht direkt auf seine Bemerkung einging. Georg Freisinger war der Nachbar, sein Sohn Matthias stand mit Katja, der Tochter des Bauern, im Wort. Da hieß es eben, Rücksicht nehmen.

Doch Florian kannte sich bestens aus. Sein Brotherr behandelte ihn seit jeher eher wie einen Sohn, nicht nur wie einen Angestellten. Und der Bursch war auf diese familiär angehauchte Beziehung sehr stolz. Er fühlte sich ganz einfach wohl auf dem Erbhof.

Wenig später saß man in großer Runde im Esszimmer am Tisch. Auf dem Erbhof wurden die Traditionen noch hochgehalten, und dazu gehörte es eben auch, dass Bauersleute und Gesinde die Mahlzeiten gemeinsam einnahmen.

Am Kopf der Tafel saß der Bauer, zu seiner Rechten seine Frau, gegenüber Florian. Eigentlich hätte Katja dieser Platz ja zugestanden, doch das verwöhnte Madel stand nie vor zehn Uhr am Morgen auf und frühstückte dann meist in der Küche. Sophie bediente sie und ließ sich das nicht nehmen. Der Bauer hatte schon oft versucht, wenigstens dieses Privileg abzuschaffen, bei seiner Frau damit allerdings auf Granit gebissen.

Sophie Schindler war noch immer eine sehr schöne Erscheinung. Schlank und von tadelloser Haltung, das glänzende Blondhaar stets schick frisiert, faszinierte sie mit ihrem strahlenden Lächeln und ihren klaren Augen jedes männliche Wesen, das in ihre Nähe kam. Im Laufe der Jahre hatte sie sich aber auch zu einer fleißigen und erfahrenen Bäuerin entwickelt.

Bernd hatte nichts an ihr auszusetzen, sah er davon ab, dass sie ihm nie die große Leidenschaft entgegengebracht hatte. Katja allerdings war für den Bauern eine einzige große Enttäuschung. Das Madel war nun zweiundzwanzig, hatte die Schule abgebrochen und dachte nicht daran, einen Beruf zu ergreifen. Katja war verwöhnt und faul. Sie konnte sich das leisten, denn ihre Mutter hielt stets ihre schützende Hand über sie.

Katja sollte Sophies Traum von einer großen Modelkarriere erfüllen. Darauf war sie von Kindesbeinen vorbereitet worden und deshalb hielt Sophie alles von der Tochter fern, was ihr nicht behagte.

Wegen Katja hatte es in der sonst eher harmonischen Ehe viele Kräche gegeben. Und immer hatte Sophie sich durchgesetzt. Katja war ihr Augapfel, nichts und niemand durfte daran rütteln.

»Das Kalb ist übrigens gesund«, sagte Bernd nun zu seiner Frau. »Der Doktor ist damit zufrieden.«

Sophie nickte nur, sie wirkte nicht sonderlich interessiert.

Nach dem Frühstück ließ sie ihren Mann wissen, dass sie am Wochenende mit Katja nach München fahren würde. Jetzt funkelten ihre Augen, und ihre Stimme klang lebhaft, als sie erzählte: »Sie hat ein Fotoshooting bei Bubi Henning. Probeaufnahmen für einen großen Modeversender.«

»Schön.« Obwohl Bernd sich Mühe gab, positiv zu klingen, bemängelte seine Frau: »Das scheint dich net besonders zu interessieren. Ist es dir denn einerlei, ob die Katja nun Karriere als Model macht, oder net?«

»Sophie, bitte, net schon wieder das Thema«, seufzte er.

»Wieso denn net? Müssen wir den ganzen Tag bloß über Kälber und Dünger reden? Es gibt auch noch anderes auf der Welt!«

»Gewiss, das ist schon so«, gestand der Bauer seiner Frau zu. »Aber du weißt, wie ich zu dieser Fotosache steh.«

»Wenn es den Matthias net stört, solltest du auch einverstanden sein«, warf Sophie spitz ein.

»Die Katja wird nie ein Model, dazu ist sie viel zu faul«, wagte er einzuwenden. »Sie führt sich da auf wie ein Star und hat noch net das Geringste …« Er verstummte, denn seine Frau hatte einfach die Stube verlassen und die Tür vernehmlich hinter sich geschlossen.

Bernd Schindler machte ein betroffenes Gesicht. Wieso hatte er sich nur wieder dazu hinreißen lassen, Kritik an Katja zu üben? Er wusste doch zu gut, wohin das führte. Mit einem resignierten Seufzer verließ er wenig später das Haus und machte sich auf den Weg in den Forst. Seine Freude über das neue Kalb und seine eben noch gute Laune waren ihm gründlich verdorben.

***

An diesem Morgen erschien Katja erst gegen halb elf in der Küche. Ihre Mutter war bereits damit beschäftigt, das Mittagsessen zu kochen, zwei Küchenmägde gingen ihr dabei zur Hand. Ihre eben noch angespannte Miene hellte sich auf, als das große, schlanke Madel erschien.

Katja hatte ihre langen, dunkelblonden Haare einfach locker zusammengebunden und trug noch einen Morgenmantel. Sie sah abgespannt aus. Der Blick ihrer klaren blauen Augen war verschattet.

»Schatzerl, du siehst noch müd aus. Geht’s dir gut?«, fragte die Bäuerin, während sie ihrer Tochter das Frühstück brachte.

»Ich bin gestern zu spät schlafen gegangen«, gab Katja zu. Sie stocherte nur in ihrem Essen herum. »Es gab eine interessante Doku über einen Modefotografen in den USA. Da hab ich halt die Zeit vergessen.«

»Macht nix. War’s recht spannend?« Sophie überließ die Töpfe den Mägden und setzte sich zu ihrer Tochter.

»Ja, schon. Aber dort ist das Business noch viel stressiger als bei uns. Also für mich wär das nix.« Sie trank einen Schluck Kaffee. »Hier ist es schon schwer genug, sich einen Namen zu machen. Ich weiß gar net, was ich da ohne dich tät, Mama. Du mit deinen tollen Verbindungen …«

Sophie lächelte geschmeichelt. »Das ist doch ganz selbstverständlich, Schatzerl. Und deine Agentur tut auch viel für dich. Freilich muss man allerweil schauen, welchen Auftrag man annimmt und welchen net. Man darf sich nicht zuschaufeln mit Arbeit, aber man muss auch präsent bleiben.«

Katja gähnte. »Da verlass ich mich auf dich, Mama. Du weißt das besser als ich.« Sie seufzte und schaute missmutig drein.

»Was hast, Liebes? Stimmt was net?«

»Ich überlege, was ich alles mitnehmen muss nach München. Das wird gewiss eine ziemliche Packerei, gelt?«

»Damit musst du dich net belasten. Das mache ich schon. Wir gehen nachher den Kleiderschrank durch, dann kannst du entscheiden, was eingepackt werden soll, einverstanden?«

»Du bist ein Schatz, Mama!« Katja drückte der Mutter ein Busserl auf die Wange. »Jetzt brauch ich erst mal ein ausgiebiges Bad, um munter zu werden. Bis später!«

»Gehst du heut Abend mit dem Matthias aus?«

»Ja, er holt mich gegen acht ab. Wir wollen uns mal den neuen Klub in Schliersee anschauen.«

»Aber bleibt net zu lang weg! Du weißt, wir müssen am Samstag zeitig nach München aufbrechen.«

Das Madel winkte ab. »Mit dem Matthias ist nach zwölfe eh nix mehr los. Du kennst doch die Bauernburschen. Da besteht keine Gefahr, dass wir die Nacht zum Tag machen.«

»Zwischen euch stimmt es doch noch?«

»Freilich, warum denn net? Du weißt ja, Mama, der Matthias ist ganz narrisch auf mich. Ist ja auch kein Wunder, gelt?«

Sophie schaute ihrer Tochter, die nun die Küche verließ, nachdenklich hinterher. Manchmal fragte sie sich, ob Bernd nicht doch recht hatte. Konnte Katja es schaffen, Karriere als Model zu machen? Die Mutter wünschte sich dies von Herzen. Katja war ein außergewöhnlich hübsches Madel, daran lag es nicht.

Wenn Sophie an Katjas leiblichen Vater dachte, stieg noch immer die Wut in ihr auf. Er war ein Hallodri der üblen Sorte gewesen und hatte ihre Unerfahrenheit schamlos ausgenutzt.

Damals hatte Sophie am Anfang einer Modelkarriere gestanden. Mit viel Fleiß und Disziplin hatte sie es so weit gebracht. Die Schwangerschaft hatte alles geändert. Doch Sophie hatte nicht aufgegeben, sie hatte sich mit der gleichen Disziplin, die sie einst in die Fotostudios gebracht hatte, eine neue Existenz aufgebaut. Ganz hatte sie den Traum von der Modelkarriere aber nie aufgeben können. Und der Gedanke, dass Katja diesen Traum erfüllen sollte, hatte nahe gelegen.

Leider hatte das Madel aber nicht das gleiche Durchhaltevermögen wie seine Mutter. Sophie fragte sich nun, ob sie Katja vielleicht zu sehr verwöhnt und beschützt hatte. Das Madel war eingebildet und so sehr von sich selbst überzeugt, dass es manchmal ernste Probleme mit den Fotografen gab. Bislang hatte Sophie die aber immer bereinigen können. Und sie wollte dafür sorgen, dass es auch so blieb.

Die Bäuerin schob die Zweifel beiseite. Sie wollte und durfte sich nicht von der Skepsis ihres Mannes anstecken lassen. Katja würde es schaffen, dafür wollte sie sorgen.

Wenn das schöne Madel erst auf den Titelseiten der großen Modeblätter zu bewundern war, dann erfüllte sich auch Sophies Traum. Und Bernd musste einsehen, dass er sich geirrt hatte.

Ein Poltern riss die Bäuerin aus ihren Überlegungen.

Eine der Küchenmägde hatte einen Topfdeckel fallen lassen. Sie hob ihn rasch auf und kicherte albern. Die Bäuerin tuschte sie streng nieder und ging wieder an ihre Arbeit. Keine Sekunde konnte man diese dummen Dinger unbeaufsichtigt lassen!

Sophie konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt. Fürs Träumen war schließlich das Wochenende da, wenn sie ihrer alten Heimat München einen Besuch abstatten und sich für zwei Tage der Illusion hingeben konnte, dass ihr Leben ganz anders hätte verlaufen können, als dies in Wirklichkeit der Fall war …

***

»Mei, Vroni, ich muss jetzt wirklich gehen. Sei mir net bös!« Matthias Freisinger drückte dem dunkelhaarigen Madel ein dickes Busserl auf die Lippen, doch so leicht kam er seinem heimlichen Schatz nicht davon. Vroni Waldmüller legte die Arme um seinen Nacken und zahlte ihm das Busserl mit Zinsen zurück. Sie saßen auf einer Bank am Seeufer, die recht versteckt lag und als Treffpunkt für Liebespaare sehr beliebt war.

Der Jungbauer seufzte gequält. Zu gern hielt er Vroni im Arm, denn er hatte sie von Herzen lieb. Ging es aber nach seinem Vater, dann war diese Liebe tabu. Nicht nur, weil Vroni keine Mitgift zu bieten hatte; die Waldmüllers besaßen auch zu wenig Land.

Der alte Freisinger spitzte auf den Schindler-Besitz. Und zu diesem Zweck eignete sich noch immer das Einheiraten am besten. Denn Bande, die vor dem Traualtar geknüpft wurden, waren die stabilsten. Dass sein Sohn bereits einem anderen Madel sein Herz geschenkt hatte, war dem Großbauern dabei einerlei. Das Schindler-Land grenzte an den Freisinger-Hof. Und mit dieser Tatsache erschöpfte sich jeder Widerspruch.

»Was hast du denn, Bärli?«, fragte Vroni ihren Liebsten nun. »Denkst du vielleicht an die Katja? Hast du Sehnsucht, und es treibt dich zu der anderen?«

»Red keinen Schmarren, du weißt genau, nach wem ich Sehnsucht hab!«, flüsterte er in ihr Ohr und packte sie fester. Vergessen war die Hofarbeit, die auf ihn wartete. Vroni brachte sein Blut in Wallung. Und in seiner Leidenschaft war Matthias nicht zu bremsen. Das Madel schob ihn nun aber von sich.

»Lass gut sein!«, murmelte sie beleidigt. »Auf deine Liebesbeweise verzichte ich, wenn’s nur in aller Heimlichkeit geschieht und keiner was wissen soll. Wie komm ich mir denn da vor? Das ist kein schönes Gefühl!«

»Mei, Schatzerl, du weißt doch, es liegt net an mir. Hätte ich zu bestimmen, dann ging’s für uns schon morgen zum Traualtar.« Er schaute ihr tief in die Augen. »Ich hab dich lieb, Vroni.« Das sagte er so ernst und aufrichtig, dass sie ihm gleich noch einmal um den Hals fiel und sich an ihn schmiegte.

»Ich hab dich auch lieb«, gestand sie ihm verhalten.

»Du machst mich glücklich. Aber, schau, wir müssen halt auch vernünftig sein und Geduld haben.«

»Und wozu soll das gut sein?« Sie sah ihn bekümmert an. »Dein Vater will, dass du die Katja heiratest.«

»Das tu ich ganz bestimmt net«, knurrte Matthias. Er senkte den Blick und starrte trübsinnig vor sich hin. »Dieses dumme, eingebildete, dürre …«

Vroni musste kichern. »Wie kannst du nur? Sie ist doch ein Model. Und gewiss bald so berühmt wie die Klum«, spottete sie.

»Das wünsch ich ihr sogar. Wenn sie dann auch nach Amerika geht und uns mit ihrer Anwesenheit verschont …« Matthias griff automatisch nach seinem Handy, das sich nun meldete. Kaum hatte er seinen Namen genannt, brüllte am anderen Ende einer: »Kannst du mir mal erklären, wo du so lange bleibst? Seit wann dauert es zwei Stunden, ein Ersatzteil für den Traktor abzuholen?«

Der Bursch brachte etwas Abstand zwischen sein Ohr und das kleine Telefon und schnitt eine Grimasse. Als sein Vater verstummt war, sagte er: »Es hat ein bisserl gedauert, in fünf Minuten bin ich da, bis dann.« Rasch beendete er das Gespräch, denn es war ihm peinlich, vor Vroni so heruntergeputzt zu werden. Das Madel schien dies allerdings anders zu sehen.

»Dein Vater behandelt dich recht mies. Das solltest du dir net gefallen lassen. Was würde er denn machen, wenn er plötzlich keinen Jungbauern mehr hätte?«

Einen Moment lang stutzte Matthias, dann aber lächelte er schmal und murmelte: »Gegen den Alten komm ich net an. Hab’s schon früher versucht, vergeblich. Also, mach’s gut, Schatzerl, wir sehen uns morgen. Ich denk an dich.«

»Ja, wenn du die dumme, eingebildete Dürre ausführst, gelt?«, versetzte sie spitz.

»Sei net so, Vroni. Ein bisserl Verständnis kann ich von dir doch verlangen, oder?«

Sie schaute ihn unsicher an. »Versprich mir, dass du die Katja net heiraten wirst. Dann will ich nimmer maulen.«

»Ich versprech’s.« Er schenkte ihr noch ein Busserl und machte sich dann schnellstens auf den Weg. Eigentlich hatte er nur etwas in der Werkstatt vom Loderer-Edi abholen sollen. Das hätte im Normalfall eine Viertelstunde gedauert. Doch er hatte der Versuchung nicht widerstehen können, seinen Schatz zu treffen. Und nun konnte Matthias sich wieder einmal auf ein rechtes Donnerwetter gefasst machen. Während der Bursch heimfuhr, dachte er ernsthaft über seine Situation nach.

Matthias Freisinger war nun sechsundzwanzig und Jungbauer auf dem größten Hof in der Umgebung. Nach außen hin bedeutete dies Ansehen und einen gewissen gesellschaftlichen Status. In Wirklichkeit aber musste er sich von seinem Vater wie der letzte Knecht herumschubsen und befehlen lassen. Was der Alte ihm auftrug, das hatte er umgehend zu erledigen.

Und das ging nun schon so, seit seine Mutter vor gut zehn Jahren gestorben war. Bis dahin hatte der Vater sich noch halbwegs zusammengerissen.

Die Mutter war eine herzensgute, ausgleichende Person gewesen, die keinen Streit und Unfrieden geduldet hatte. Unter ihrer liebevollen Fürsorge war Matthias herangewachsen. Sie hatte ihn gegen das grobe, herrschsüchtige Wesen des Vaters in Schutz genommen. Doch seit einem Jahrzehnt war Matthias diesem nun voll ausgesetzt.

Der Großbauer hatte sich durch den Verlust seiner Frau sehr zu seinem Nachteil verändert. Seine Herrschsucht war ebenso ins Unermessliche gewachsen wie seine Gewinnsucht. Überall hatte er seine Finger drin, überall witterte er gute Geschäfte und Profit. Nichts war ihm mehr heilig, vor nichts schreckte er noch zurück, wenn es ihm zum Vorteil gereichte.

Seit Matthias erwachsen war, hatte er versucht, dem Alten Paroli zu bieten. Vergeblich. Unzählige Kämpfe bis aufs Messer hatte er dem Vater geliefert, der aber immer die Oberhand behalten hatte.

Schließlich hatte Matthias resigniert und sich in seine Rolle als reiner Erfüllungsgehilfe des Alten gefügt. Er hatte sich widerwillig mit Katja Schindler liiert, obwohl er das Madel nicht mochte und nichts für es empfand.

Doch seit er sein Herz an Vroni Waldmüller verloren hatte, da war erneut so etwas wie Widerspruchsgeist in ihm erwacht. Bislang leider ohne Erfolg. Machte er auch nur eine Andeutung, dass Katja wohl nicht die Richtige für ihn wäre, kam sogleich ein Donnerwetter über ihn, das sich gewaschen hatte.

Obwohl Matthias ahnte, dass der Alte auf der Verbindung bestehen würde, war er doch fest entschlossen, seine Liebe zu Vroni gegen den Tyrannen zu verteidigen. Er wollte das Madel heimführen, für das sein Herz schlug. Wie er das allerdings anstellen sollte, das war ihm nach wie vor ein Rätsel.

Georg Freisinger erwartete seinen Sohn mit ungnädiger Miene. Seine massige Gestalt im teuren Loden thronte hinter dem wuchtigen Schreibtisch aus poliertem Wurzelholz wie ein kleiner Imperator. Die geschwollene Zornesader an der Schläfe und die schmal zusammengezogenen Augen warnten Matthias davor, jetzt in die Offensive zu gehen.

»So, du kommst also auch mal wieder heim. Wie schön!« Die Stimme des Großbauern troff vor Ironie. »Ich geh net davon aus, dass du der Katja einen Besuch abgestattet hast, oder?«

»Freilich net. Ich seh sie ja heut Abend. Mir ging’s nur um das Ersatzteil …«, setzte Matthias an, wurde allerdings von seinem Vater sogleich unterbrochen.

»Du solltest mich net für so dumm halten, wie du offenbar bist, Burschi!«, tuschte er seinen Sohn nieder. »Triffst du dich etwa immer noch heimlich mit dem Waldmüller-Madel? Raus mit der Sprach, ich verlange eine ehrliche Antwort!«

»Und wenn? Wen geht das was an? Wir sind beide erwachsen.«

Der Großbauer lachte abschätzig. Er griff in eine Lade des Schreibtischs, holte eine Flasche Enzian und zwei Gläser heraus und schenkte ein. »Da, nimm dir ein Stamperl!«, forderte er dann jovial. »Ich hab nix dagegen, wenn du dich vor der Hochzeit noch ein bisserl austobst. Aber mach das gefälligst net während der Arbeitszeit! Und wenn ich bitten darf, dann sei so dezent, dass keiner was spannen kann! Auf öffentlichen Bänken ist das wohl kaum der Fall, net wahr?«

Dem Jungbauern verschlug es die Sprache. Woher wusste der Alte denn das schon wieder? Er kippte den Schnaps und schwieg betreten.

»Dazu fällt dir wohl nix ein, was? Bist du bei dem Waldmüller-Madel auch so schüchtern? Oder führst du da das große Wort?«

»Also, Vater, manchmal bist du mir direkt unheimlich«, murmelte der Bursch und stellte das leere Stamperl zurück. »Ich geh am besten wieder an meine Arbeit.«

»Einen Moment mal! Zuerst will ich eine Antwort, so viel Zeit muss sein. Also, was versprichst du dir von diesem Gspusi? Du wirst ja wohl net so dumm sein und dir einbilden, dass du so eine heiraten kannst. Hinten nix und vorne nix und auf dem erbärmlichen Stückerl Land noch Schulden. Das ist wirklich eine feine Partie, ich muss schon sagen.«

Matthias ballte die Hände zu Fäusten. »Net ein jeder denkt immer nur ans Geld«, begehrte er kurz und heftig auf. »Es soll auch vorkommen, dass man seinem Herzen folgt.«

Der Großbauer lachte dreckig. »Wohl eher den unteren Körperregionen, net wahr?«

»Man kann auch alles in den Dreck ziehen.« Der Jungbauer starrte seinen Vater böse an. »Ich hab die Vroni lieb, dass du es nur weißt. Aber das scheint dir völlig egal zu sein. Ich nehm an, dieses Wort kommt in deinem Wortschatz längst nimmer vor, denn es bringt ja keinen Profit!«

Georg Freisinger wurde plötzlich ernst. Matthias erwartete schon wieder einen Wutausbruch, doch sein Vater sagte mit ruhiger Stimme: »Ich weiß sehr gut, was Liebe ist, Bub. Deine Mama hab ich lieb gehabt, von Herzen. Bei ihr hab ich net nach der Mitgift oder dem Erbe gefragt. Aber das war was anderes, kein Gspusi für ein paar Wochen. Weil es nämlich ein Unterschied ist, ob einer seinem Herzen folgt oder nur tut, wozu er Lust hat.«

»Ich hab die Vroni aber wirklich lieb, Vater«, versicherte Matthias da mit Nachdruck. »Ich …«

»Schluss jetzt!« Der Moment der Besinnung war bereits wieder vorbei. Georg Freisinger schien zu befürchten, vor seinem Sohn zu menschlich zu erscheinen. Und das wollte er unter allen Umständen vermeiden. Schließlich sollte Matthias ihn ebenso respektieren wie fürchten. Er meinte, sich nur so behaupten zu können. »Du wirst die Katja Schindler heiraten, das bestimme ich. Und wehe, du widersprichst mir noch einmal. Dann kannst du mich aber mal kennenlernen!«

Einen Moment lang stand Matthias noch wütend auf dem Fleck, dann machte er auf dem Absatz kehrt und rannte aus der Stube.

Sein Vater nickte zufrieden, denn er hatte sein Ziel ja wieder einmal erreicht. Gab es erst verwandtschaftliche Bindungen zwischen den Freisingers und den Schindlers, dann gehörte dem Großbauern bald das meiste Land im Tal. Und nur das allein zählte für ihn!

***

»Der Förster scheint ja nun zufrieden zu sein.« Florian warf seinem Brotherrn einen vielsagenden Blick zu. »Schließlich hat er einen gefunden, der ihm die Wege für lau herrichtet, falls die Holzknechte vom Freisinger wieder hausen.«

»Du meinst, er hat einen Dummen gefunden«, frotzelte der Bauer, der sich auch selbst auf die Schippe nehmen konnte.

»Das käme mir nie in den Sinn«, versicherte der Großknecht und fügte noch schmunzelnd hinzu: »Weil es am End gewiss an mir hängen bleibt, mit dem Unimog in den Forst zu fahren.«

Bernd Schindler lachte. »Net schlecht geraten, Florian.« Er bog auf die Landstraße ab und steuerte seinen Jeep heimwärts. »Sag mal, hast du dich eigentlich schon entschieden wegen des Erbes? Ich mein, wenn mein Onkel mir so einen schönen Batzen Geld hinterlassen würde, dann tät ich net lang zögern. Du hast das Zeug zum Bauern, das steht für mich fest. Freilich wäre es mein Verlust, wenn du gehst. Aber ich kenn ja deinen Traum vom eigenen Hof und will dir net im Weg stehen.«

»Das ist noch net entschieden«, wiegelte Florian ab. »Ich bin auf dem Schindler-Hof daheim. Mittlerweile kann ich es mir gar nimmer anders denken.« Er ließ seinen Blick über die Gipfel der Umgebung gleiten, die im Licht der tief stehenden Sonne noch imposanter wirkten.

Im Norden erhoben sich der Stolzenberg und der Schinder, im Süden die charakteristische Brecherspitz mit ihrem schrundigen Gipfel. Im Osten ragte der Hohenstein in den klaren Abendhimmel und weit im Westen schließlich hinter dem Spitzingsee und der charakteristischen Silhouette der Seilbahn das Sonnwendjoch mit seinen fast zweitausend Metern. Das war ein großartiger Anblick, der für den Burschen Heimat hieß.

»Aber du bist net hier geboren«, hielt der Bauer ihm nun entgegen. »Freilich gewöhnt man sich an den Platz, an dem man jahrelang lebt. Doch was Eigenes, das ist net von der Hand zu weisen. Dafür lohnt es sich auch, mal ins Risiko zu gehen.«

»Du willst mich wohl loswerden, Bauer«, scherzte Florian.

»Ganz gewiss net.« Bernd Schindler ging nicht mehr auf den lockeren Ton ein. Mit ernster Miene versicherte er: »Ich halte große Stücke auf dich, Florian, das weißt du. Wenn ich einen Sohn hätt, der müsste so sein wie du. Leider geht es im Leben net immer so, wie man es sich wünscht. Aber ich weiß durchaus zu schätzen, was ich an dir hab.«

»Ich dank dir, Bauer«, murmelte der Bursch ergriffen.

Der Bauer bog auf den Wirtschaftshof ab und klopfte seinem Großknecht väterlich die Schulter.

»Schon recht. Aber du musst net denken, dass ich dich mit meiner Sonntagsrede hab beeinflussen wollen. Wenn du dich selbstständig machen willst, dann tu es! Ich leg dir keine Steine in den Weg. Einen Großknecht find ich wieder, wenn auch keinen so guten. Aber das eigene Leben so zu gestalten, wie man sich das immer gewünscht hat, das muss an erster Stelle stehen.«

Florian nickte nur und stieg aus. Im Grunde seines Herzens wusste er, dass er den Erbhof nie verlassen würde. Er hing am Bauern, an der Umgebung, und nicht zuletzt auch an der Hoftochter. Dass Florian Katja heimlich lieb hatte, wusste allerdings keiner. Und so sollte es auch bleiben. Denn der kluge, patente Bursch hatte nicht vor, sich in die lange Schlange ihrer Bewunderer einzureihen.

Katja war bildschön, sie faszinierte ihn, wenn er nur in ihre Nähe kam. Aber sie war kein Madel zum Heiraten. Sie würde niemals eine anständige Bäuerin abgeben, solange ihr Kopf voller spinnerter Ideen war, die von ihrer Mutter stammten.

Florian traute sich durchaus zu, unter der dicken Schicht von Make-up und Selbstvertrauen einen guten, ehrlichen Kern herauszuschälen. Und er war überzeugt, dass Katja nur durch die falsche Behandlung so faul und egozentrisch geworden war. Man müsste sie wachrütteln, sie auf den Boden der Tatsachen befördern, um aus ihr einen vernünftigen Menschen zu machen.

Der Bursch wusste, dass der Bauer dies öfter als nur einmal versucht hatte, aber stets am Widerstand seiner Frau gescheitert war. Florian hätte es ebenfalls gerne versucht. Doch er ahnte, dass es wohl nie dazu kommen würde.

Katja würde Matthias Freisinger heiraten und ihr Leben mit falschen Idealen und oberflächlichen Vergnügungen zubringen. Das war schade, aber wohl nicht zu ändern. Denn einen Knecht wie ihn schaute das schöne Madel nicht einmal an.

Nach dem Abendessen wollte Florian hinüber ins Gesindehaus, als ihm Katja in der Diele über den Weg lief. Er hatte noch die Arbeiten des nächsten Tages mit dem Bauern besprochen, während sie sich für ihre Verabredung umgezogen hatte.

Ein süßer Duft nach frischen Veilchen wehte ihn an, als sie die Stiege herunterstolzierte. Wie ein Traum schaute sie aus, das musste Florian zugeben. Bei ihrem Anblick beschleunigte sich sein Puls.

Katja trug ihr langes, glattes Haar offen. Wie ein seidiger Vorhang umschmeichelte es ihre schlanke Erscheinung. Sie hatte einen schmalen Hosenanzug aus nachtblauer Seide gewählt, dazu ein Shirt, das mit Pailletten bestickt war und verwirrende Lichtreflexe durch die schmale Diele schickte. Dass sie auf den himmelhohen Hacken gehen konnte wie auf Turnschuhen, bewunderte er. Mit den hohen Absätzen war Katja fast so groß wie Florian. Ihr ebenmäßiges Gesicht war nur leicht geschminkt, die Lippen aber schimmerten erdbeerrot und verführerisch.

»Kannst du mir net aus dem Weg gehen?«, fuhr sie ihn unfreundlich an. »Deine Manieren hast du wohl im Stall gelassen.« Sie drängte sich ärgerlich an ihm vorbei.

Ohne lange nachzudenken, nahm er sie an den Schultern und spöttelte: »Wohin geht’s denn, Disco-Queen?«

»Das geht dich einen Schmarren an. Lass deine Pratzen gefälligst von mir, oder ich sag dem Vater Bescheid! Was bildest du dir überhaupt ein?«

»Nix.« Er gab sie frei und vergrub die Hände in den Hosentaschen. »Hübsch schaust du aus.«

Sie musterte ihn verächtlich und schnaubte leise. »Auf dein fachmännisches Urteil kann ich mir wohl was einbilden.«

In diesem Moment wurde vor dem Haus gehupt. Katja seufzte erleichtert. »Gott sei Dank, der Matthias ist da und befreit mich von deiner unpassenden Gesellschaft! Was tust du um die Zeit eigentlich noch hier? Geh lieber ins Gesindehaus, wo du hingehörst, Knechterl.«

Kurz blitzte es heftig in seinen sonst so ruhigen, grauen Augen auf. Katja bemerkte es und lachte amüsiert auf. Dann eilte sie davon, ohne sich weiter um Florian zu kümmern.

Matthias drückte ihr ein pflichtschuldiges Busserl auf die Wange und hielt ihr den Wagenschlag auf.

»Was hat denn da noch so lang gedauert?«, fragte er ungehalten.

»Ich hatte einen kleinen Disput mit einem Knecht«, meinte sie wegwerfend. »Net der Rede wert. Na, hör ich kein Kompliment? Oder gefalle ich dir heut etwa net?«

»Freilich. Du siehst umwerfend aus wie immer.« Er schoss mit einem Kavalierstart vom Hof, hätte dabei beinahe noch ein frei laufendes Huhn umgemäht und schrammte fast am Hoftor entlang.

Katja schien das sehr amüsant zu finden, sie lachte perlend. Der Jungbauer hingegen hatte eine grimmige Miene aufgesetzt, die er den ganzen Abend beibehielt.

Der Streit mit seinem Vater steckte ihm noch in den Knochen. Und die Vorstellung, ein Leben lang an dieses oberflächliche Huhn gebunden zu sein, stieß ihm mehr als sauer auf. Am liebsten hätte er Katja die Wahrheit gesagt und Schluss gemacht. Doch er war nicht mal überzeugt, dass sie ihn überhaupt verstanden hätte. Schließlich war sie dermaßen von sich selbst überzeugt, dass es ihr niemals in den Sinn gekommen wäre, an seiner grenzenlosen Bewunderung auch nur eine Sekunde lang zu zweifeln.

***

Sophie verabschiedete sich am Samstagmorgen halbherzig von ihrem Mann und konnte es kaum erwarten, den Erbhof endlich hinter sich zu lassen. Bernd ging nachdenklich ins Haus zurück. Er wusste, dass seine Frau ihn nicht liebte. Zumindest nicht auf die Weise, wie er es sich gewünscht hätte. Aber wie wenig er ihr wirklich bedeutete, das ahnte er in solchen Momenten. Es war schmerzlich, nur als Versorger herhalten zu müssen. Und doch gab es wenig, was er tun konnte, um dies zu ändern.

Eine Idee hatte der Bauer aber schon seit einer Weile. Und die nahm nun langsam konkrete Formen an. Er wollte seine Frau in absehbarer Zeit mit einer Wochenendreise in den Süden überraschen. Zwei Tage ganz allein, vielleicht würde sie das einander wieder näherbringen. Und er konnte so beweisen, dass er durchaus Rücksicht auf Sophies Wünsche nahm.

Diese ahnte nicht, was ihrem Mann durch den Kopf ging. Und selbst wenn sie es gewusst hätte, so wäre es ihr egal gewesen. Die Reise nach München, dem heimlichen Ziel ihrer Sehnsucht, nahm all ihr Fühlen und Denken in Beschlag.

Und als sie dann im Fotostudio waren, lief Sophie zu großer Form auf. Sie brachte kleine Geschenke mit für alte und neue Freunde, gab sich charmant und so aufgeräumt, wie sie daheim auf dem Erbhof keiner kannte. Dabei achtete sie darauf, ihrer Tochter nicht die Schau zu stehlen. Katja im besten Licht dastehen zu lassen, das war für Sophie eine Herzensangelegenheit und das Wichtigste überhaupt. Während das Madel nur gelangweilt herumsaß, rührte Sophie fleißig die Werbetrommel.

»Du, Sophie, ich muss mal mit dir reden«, sagte Bubi Henning nach der Arbeit an den neuen Fotos. Sie betrachteten sich die Aufnahmen auf seinem Notebook, Sophie war wie immer begeistert, doch der Fotograf zeigte sich eher zurückhaltend.

»Was hast du denn auf dem Herzen, Bubi?«, fragte sie unbefangen. »An den Fotos ist wirklich nix auszusetzen, die Katja kommt wunderbar rüber. Du musst sie für den Auftrag einfach nehmen!«

»Das hatte ich auch vor«, gestand er ihr zu. »Aber nachdem sie sich wieder mal aufgespielt hat wie ein Filmstar …«

»Die paar Allüren? Geh, das ist doch lächerlich. Die Katja hat’s einfach drauf, das kannst du net abstreiten. Jeder Mensch mit einem besonderen Talent hat auch ein paar Launen. So ist das nun mal. Aber letztendlich kommt es darauf an, Erfolg zu haben. Und mit dem Madel liegst du goldrichtig.«

»Mei, Sophie, du besitzt ein echtes Verkaufstalent, das kann ich dir net absprechen«, seufzte er.

»Also, dann sind wir uns einig?«

»Ich denk schon. Aber die Katja muss diesmal für die gesamte Zeit präsent sein. Wir wollen die Modestrecke innerhalb einer Woche in Marokko aufnehmen. Zeit ist Geld, das weißt du ja. Keine Verzögerungen, keine Spleens. Sonst ist sie raus.«

»Ich verspreche dir, es wird reibungslos laufen.« Sie streckte dem Fotografen die Rechte hin, die dieser kurz drückte.

Nachdem Sophie und Katja das Fotostudio verlassen hatten, meinte Bubi Henning allerdings entnervt: »Das wird nie was, Leska, das sag ich dir. Dieses Madel ist die Pest. Ich hätte mich einfach net darauf einlassen sollen.«

Seine Assistentin hob die Schultern. »Nimm sie halt als Lückenbüßer mit. Die Sophie muss das ja net erfahren.«

»Sie wird sicher mitkommen wollen. Du kennst sie doch, die Glucke. Die lässt ihr Küken net allein verreisen.«

»Das geht net. Ich mach ihr das schon klar.«

Der Fotograf lächelte schmal. »Wenn du das fertigbringst, ist eine Gehaltserhöhung fällig, versprochen.« Er warf seiner Assistentin einen verschwörerischen Blick zu. »Im Vertrauen, nach diesem Auftritt heute wird die Katja auf die schwarze Liste wandern. Ich kann das Madel nimmer sehen. Solche Allüren leistet sich kein angesagtes Model, geschweige denn ein Landei ohne richtige Ausstrahlung.«

»Wenn Sophie das rausfindet, gibt sie dir gewiss Zunder.«

»Sie wird es net erfahren. Wenn keiner mehr ihr Küken buchen will, wird ihr schon noch ein Lichterl aufgehen. Und wenn net – wen juckt’s? Hauptsache, wir sind dieses dumme Huhn los …«

***

Als Sophie und Katja am Sonntagabend heimkamen, war die Bäuerin bester Dinge. In der festen Überzeugung, die Karriere ihrer Tochter ein gutes Stück vorangebracht zu haben, malte sie Katja eine schillernde Zukunft aus. Das Madel heuchelte nur halbherzig Begeisterung, denn im Grunde war Katja das alles viel zu anstrengend.

Nachdem sie auf der Autobahn stundenlang im Stau gestanden hatten, kamen sie viel später heim als vorgesehen. Bernd Schindler hatte bereits seit geraumer Zeit ungeduldig und voller Sorge am Fenster gestanden. Als Frau und Tochter dann endlich da waren, begrüßte er sie mit den Worten: »Ihr habt ja Nerven! Ich hätt fast den Gendarmen alarmiert.«

Sophie winkte lässig ab. Während Katja sich gleich in ihr Zimmer verzog, meinte ihre Mutter: »Was kann ich für das hohe Verkehrsaufkommen um München herum? So ist das Leben!«

»Ist das alles, was dir dazu einfällt?«, erkundigte er sich enttäuscht und gereizt.

»Bring das Gepäck ins Haus, ich bin müd!«, erwiderte sie knapp und ließ ihren Mann einfach stehen. Da platzte ihm der Kragen.

»Sag mal, wofür hältst du mich eigentlich? Ich bin doch net dein Depp!«, beschwerte er sich. »Das ganze Wochenende bist du net daheim, lässt mich stundenlang warten, und dann hast du nur einen dummen Spruch für mich übrig? Hol doch dein Graffel selbst ins Haus!«

Sophie bekam schmale Augen. »Daran, dass die Katja das ganze Wochenende gearbeitet hat, denkst du net, typisch! Und dass unsere Tochter Karriere macht, ist dir auch einerlei. Was bist du nur für ein kleinkarierter Hinterwäldler!«

»Das hat dich net gestört, als du hier als Hauserin eingestanden bist!«, rief er erbost.

Sophie sagte nichts. Hoch erhobenen Hauptes verschwand sie in der guten Stube und knallte ihrem Mann die Tür vor der Nase zu.

Bernd Schindler biss sich auf die Lippen. Nun ärgerte er sich über sich selbst. Wieso war ihm nur wieder der Kragen geplatzt? Er hatte sich doch vorgenommen, ihre Ehe aufzupolieren, denn er hatte seine Frau schließlich lieb. Auf diese Art und Weise würde er sein Ziel kaum erreichen.

Ergeben trug er das Gepäck ins Haus und ging dann in die gute Stube. Sophie saß auf dem Sofa und schmollte.

»Sei wieder gut«, bat er, setzte sich zu ihr und drückte ihr ein Busserl auf die Wange, weil sie ihr Gesicht abwandte. »Bitte, Sophie, lass uns nimmer streiten. Das hat doch keinen Sinn. Was die Katja angeht, da sind wir nun mal verschiedener Meinung, aber ist denn das so wichtig? Das Madel ist erwachsen, wird bald heiraten. Auf uns beide kommt es an, wir müssen mehr an unserer Ehe arbeiten, damit sie net ganz den Bach runtergeht. Und das will ich auf keinen Fall.«

»Es liegt wohl daran, dass die Katja net deine leibliche Tochter ist«, warf sie ihm ablehnend vor. »Sie stört dich nur, weil sie net so ist, wie du dir das vorstellst.«

»Das stimmt net, und du weißt es. Aber die Katja ist erwachsen. Sie muss selbst entscheiden, was sie mit ihrem Leben anfängt.«

»Wenn ihre Karriere so richtig in Schwung gekommen ist, wird sie dieses öde Kaff eh verlassen. Du glaubst doch net im Ernst, dass sie dann noch die Freisinger-Bäuerin werden will?«

»Ist der Matthias nur ein Notbehelf, falls es net klappt?«

»Keine Ahnung. Sie sagt, dass sie ihn gern hat. Aber ich weiß, die Karriere kommt für Katja immer an erster Stelle.«

»Und wenn net? Sie ist net so diszipliniert wie du.«

Sophie ging nicht auf seine Worte ein. »Nächsten Monat fliegen wir für eine Wochen nach Marokko. Sie hat die Fotostrecke für den Modeversender, falls es dich interessiert.«

»Meinen Glückwunsch.« Der Bauer seufzte leise.

»Klingt, als wäre dir das auch zuwider.«

»Gewiss net. Ich gönn dem Madel alles, was es will. Aber ich hab eigentlich gedacht, dass wir zwei mal wieder zusammen verreisen. Nächstes Wochenende zum Beispiel.« Er reichte ihr einen schmalen Prospekt. »Das Hotel Minerva in Meran?«

Sophie lächelte ein wenig. »Da waren wir auf Hochzeitsreise. Dass du das noch weißt …«

»Wie hätte ich es vergessen können? Wollen wir uns net mal wieder ein romantisches Wochenende zu zweit gönnen?« Er nahm ihre Hände in seine und suchte ihren Blick. »Ich hab dich noch ebenso lieb wie damals, Sophie. Du musst mir nur die Chance geben, es dir zu beweisen.«

»Ach, Bernd, alter Romantiker … Na schön, von mir aus fahren wir hin. Schaden kann es vermutlich net.«

***

»Wirst du dich auch net langweilen? Und dass du mir was Gescheites isst. Ich kenn dich, Katja, das Essen vergisst du gern mal.« Sophie drückte ihre Tochter herzlich. »Sag der Milli nur, was du magst. Sie kocht dir alles nach Wunsch.«

»Mei, Mama, das ist doch net nötig. Ich komm schon zurecht, bin ja schließlich kein Baby mehr.« Katja atmete auf, als ihre Mutter ins Auto stieg. Sie winkte ein paar Mal, dann wandte sie sich ab und kehrte ins Haus zurück.

Florian saß im Arbeitszimmer hinter dem Schreibtisch und erledigte, was unter der Woche liegen geblieben war. Der Bauer war ihm dafür dankbar, denn er hasste die schriftlichen Arbeiten. Lieber schuftete er den ganzen Tag im Stall, als eine Stunde hinter dem Schreibtisch zu sitzen.

»Du spielst wohl Bauer«, stichelte Katja. Sie lehnte sich in den Türrahmen, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte den Großknecht abfällig. »Bild dir nur nix ein! Übermorgen ist der Chef wieder da.«

Florian reagierte nicht auf ihre Worte. Er arbeitete ruhig weiter.

Das Madel lachte amüsiert auf. »Da hockt er nun und macht sich unentbehrlich. Was versprichst du dir denn davon? Warum legst du dich net auf die faule Haut? Das ist doch die ideale Gelegenheit, geschenkte Zeit. Keiner passt auf. Bist du ein Streber, oder traust du dich net?«

Der Bursch blickte auf und erwiderte Katjas provozierenden Blick mit scheinbarer Gelassenheit. Sie ahnte nicht, was es ihn kostete, so kühl zu tun, obwohl er ganz anders empfand.

»Ich mach meine Arbeit, dafür werde ich bezahlt. Es wird dich überraschen, aber für mich ist es einerlei, ob der Bauer mir dabei über die Schulter schaut oder net. Das ist ganz einfach eine Frage der Selbstachtung.«

»Ach, ja? Und was meinst du damit?«

»Kann ich mir denken, dass dir das fremd ist. Aber es tut mir leid, Katja, ich hab jetzt keine Zeit, dir das zu erklären. Und ganz davon abgesehen glaube ich net, dass du es verstehen würdest. Also geh bitte und lass mich in Ruh!«

»Du spinnst wohl!« Sie kam zum Schreibtisch, stützte die Hände darauf und starrte Florian überheblich an. »Das ist mein Daheim, du arbeitest nur hier. Und du hast mir gar nix zu sagen, verstanden? Wenn du was Schriftliches zu tun hast, nimm es gefälligst mit in deine Kammer im Gesindehaus!«

»Nimm dich in Acht, Madel! Langsam verlier ich den Humor.«

»Was?« Sie kniff die Augen zusammen und lächelte schmal. »Bist du immer noch da? Hab ich dir net gesagt, du sollst dich schleichen?«

»Jetzt reicht es mir!« Florian erhob sich, fasste Katja bei den Oberarmen und bugsierte sie unsanft vor die Tür. Sie war einen Moment lang zu perplex, um zu reagieren. Als er sie aber losließ, verpasste sie ihm eine Watschen und rief: »Das wirst du bereuen! Ich sorg dafür, dass du fliegst!«

»Dann wünsch ich dir viel Erfolg. Der Bauer wird deiner Meinung sein, dass einer, der seine Arbeit macht, auf der Stelle die Kündigung verdient.« Damit schloss er die Tür zum Arbeitszimmer vernehmlich.

Katja stand einen Moment lang wie erstarrt da. Sie war kreidebleich vor Wut und hatte das unbändige Verlangen, etwas gegen die Wand zu werfen. Allerdings traute sie sich nicht, denn sie wollte Florian nicht provozieren. So rabiat wie gerade eben hatte sie ihn noch nie erlebt.

Schließlich stieß sie zischend die Luft aus und rannte die Stiege hinauf in ihre Kammer. Zumindest die Tür knallte sie herzhaft zu. Das konnte ja heiter werden!

Während auf dem Erbhof dicke Luft herrschte, verlief die Reise der Bauersleute nach Meran auch nicht eben harmonisch.

Sophie machte sie sich die ganze Zeit Gedanken um Katja und redete von nichts anderem als der Fotostrecke in Afrika und den vielen Dingen, die dafür noch vorbereitet werden mussten.

Bernds Bemühungen, eine romantische Stimmung zu schaffen, prallten an seiner Frau gleichsam ab. Sie erschien völlig unempfänglich für die melancholische Nebelstimmung in der Stadt, für die Plätze, mit denen sich eigentlich sentimentale Erinnerungen für sie beide verbanden, und für das romantische Abendessen bei Kerzenschein. Als sie beim Nachtisch anfing, eine Liste von Dingen anzufertigen, die sie in Marokko unbedingt brauchen würde, platzte dem Bauern der Kragen.

»Ich frag mich allmählich, wieso wir net daheim geblieben sind«, murrte er. »Hier bin ich für dich ebenso unsichtbar wie dort. Den Aufwand hätten wir uns schenken können.«

»Aber du wolltest doch unbedingt hierher«, hielt sie ihm verdutzt entgegen. »Kein Grund, sich jetzt zu beschweren.«

»Ich hab mir eben eingebildet, unsere Ehe wäre noch zu retten. Aber ich scheine mich geirrt zu haben.«

Sophie bedachte ihren Mann mit einem verständnislosen Blick. »Was soll denn das? Gibst du mir vielleicht die Schuld daran?«

Der verdrehte genervt die Augen. »Ganz gewiss net. Denn die Schuld an allem trage ja allerweil ich. Das ist nix Neues.«

»Ich mein fast, du legst es darauf an, zu streiten. Dafür hätten wir wirklich net verreisen müssen.«

So gab ein Wort das andere, und schließlich zankten Sophie und Bernd sich zwei ganze Tage lang. Beide atmeten auf, als sie sich auf den Heimweg machen konnten.

Während die Bäuerin aber in Gedanken schon wieder bei Katja und der anstehenden Reise war, fühlte ihr Mann sich deprimiert und völlig entmutigt. Er hatte sich viel von dieser Reise versprochen, und nun blieb ihm nichts anderes übrig, als den Tatsachen ins Auge zu sehen.

»Unsere Ehe ist gescheitert«, sprach er aus, was ihm durch den Kopf ging. »Es wäre wohl das Beste, wenn wir uns trennen.«

»Soll das ein Witz sein?«

»Sehe ich aus, als ob ich Witze mache?«, knurrte er grimmig.

»Jetzt hör mir mal gut zu, Bernd! Wir zwei sind seit sechzehn Jahren verheiratet. Das ist eine lange Zeit. Da kann man net erwarten, noch frisch verliebt zu sein. Und wenn es dir in den Sinn kommt, so ein Romantikwochenende aus dem Boden zu stampfen, kannst du nicht von mir verlangen, auf Knopfdruck romantisch zu sein. So was funktioniert net.«

»Das ist mir auch aufgefallen.«

»Warum lässt du net alles so, wie es ist? Wir haben uns doch immer gut verstanden. Ich finde, nur darauf kommt es an.«

»Du meinst, wir haben nebeneinander hergelebt.«

»Nein, das meine ich nicht.« Sie griff sich an die Stirn. »Fahr doch net so schnell! Es ist neblig geworden.«

»Was du nicht sagst. Das wäre mir gar nicht aufgefallen.« Er trat weiter aufs Gas und starrte grimmig nach draußen. Tatsächlich wurde die graue Suppe immer dichter. Es war dunkel geworden, was die Sicht noch weiter einschränkte. Bernd Schindler war das einerlei. Er empfand plötzlich nichts mehr außer einem starken Widerwillen gegen alles um sich herum. Am liebsten hätte er nie wieder ein Wort gesprochen oder gehört. Er wollte seine Ruhe, wollte keine Lügen und Halbheiten mehr hören.

Wie eine dunkle Wolke schlugen Enttäuschung und Freudlosigkeit über ihm zusammen und nahmen jede positive Regung fort. Das Leben erschien ihm sinnlos und quälend, nur noch eine Last.

»Gut, wenn es vorbei wäre«, murmelte er verbissen.

Sophie schaute ihn schweigend von der Seite an. Nach wenigen Minuten ging er vom Gas und bat sie: »Sei mir net bös, ich hätte das nicht sagen sollen. Es ist nur … ich hab mir so viel von diesem Wochenende versprochen. Und jetzt fühle ich mich wie ein kompletter Volltrottel.«

»Du hast schon immer Dinge erzwingen wollen. Manchmal muss man sich aber mit etwas abfinden. Im Leben gibt’s nix Perfektes.«

»Ich hab mir nur gewünscht, dass du mich lieb hast, Sophie. Das war das Einzige, was mir wichtig war.«

»Net alle Wünsche erfüllen sich, Bernd.« Sie lächelte ihm ein wenig zu. »Aber wenn es dich glücklich macht, dann sag ich dir, dass ich dich lieb hab. Gelogen ist es gewiss net.«

»Aber auch nicht die Wahrheit.« Er bedachte sie mit einem unbeschreiblichen Blick. »Oder doch?«

Für nur wenige Augenblicke schauten sie einander an, und es war fast wie damals, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Ein Funke schien überzuspringen, ein Glimmen, ganz schwach nur, fast erstickt von der Last des Alltags, den ewig gleichen Schuldzuweisungen und unerfüllten Erwartungen. Aber er war da, dieser Funke, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde.

Dann erfüllte unvermittelt grelles Licht das Wageninnere. Sophie schrie auf, Bernd war so perplex, dass er, ohne nachzudenken, das Steuer verriss. Der Wagen begann zu schlittern, schoss scharf nach rechts und touchierte mit der vorderen Stoßstange noch den entgegenkommenden Lastwagen. Ein harter Schlag versetzte ihrem Fahrzeug einen Drall, der nicht mehr auszugleichen war.

Kaum zehn Sekunden nach dem Aufprall durchbrach der Wagen der Schindlers die Leitplanken, flog ein ganzes Stück durch die Luft und landete dann auf dem Dach, gut zwanzig Meter unterhalb der Straße auf halber Höhe einer Böschung.

Stille senkte sich über den Unfallort. Weiter oben floss der Verkehr gleichmäßig weiter. Und der dichter werdende Nebel deckte alles wie schützend zu.

***

Florian saß noch am Schreibtisch, als draußen einer am Klingelstrang zog. Der Großknecht warf einen fragenden Blick auf die Uhr: halb neun am Abend. Wer mochte da wohl kommen?

Vermutlich hatte Katja Matthias herbestellt. Wenn dem so war, dann konnte sie ihm auch die Tür öffnen. Florian widmete sich wieder seiner Arbeit, die ihn das ganze Wochenende beschäftigt hatte, nun aber fast erledigt war. Der Bauer würde sich gewiss darüber freuen, dass Buchführung und Korrespondenz wieder auf dem neuesten Stand waren. Nun hatte Florian noch einen Antrag auf Subventionen vor sich liegen, den er nicht vollständig ausfüllen konnte. Dabei musste ihm der Bauer helfen.

Er runzelte die Stirn bei all den komplexen Fragen. Wieder klingelte es.

Florian erhob sich mit einem Seufzer. Er war froh, wenn die Bauersleute wieder daheim waren. Katjas Allüren zu ertragen war alles andere als angenehm. Er fragte sich, wie ihre Mutter das ständig aushielt.

Der Bursch schaltete in der Diele Licht an und drückte auch auf den Schalter für die Außenlampe. Durch das kleine Fenster in Augenhöhe sah er eine grüne Uniformmütze. Der Gendarm? Was wollte der denn um diese Zeit auf dem Erbhof?

Florian öffnete die Tür und sah sich gleich zwei Polizisten gegenüber. Den Dorfgendarmen Holler kannte er, den anderen hatte er noch nie zuvor gesehen. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn.

»Grüß dich, Florian«, sagte Xaver Holler. »Wir müssten mal mit dir reden. Das ist der Kollege Wedel von der Autobahnpolizei. Hast du kurz Zeit?«

»Ja, schon. Aber die Schindlers sind net da und …«

»Deshalb kommen wir ja«, unterbrach der Gendarm ihn mit ernster Miene. »Was wir zu bereden haben, das geht allerdings net hier an der Haustür.«

»Ja, freilich, kommen Sie nur herein.« Florian folgte den beiden Besuchern in die gute Stube und bot ihnen dort Platz an. »Möchten Sie vielleicht einen Kaffee oder was anderes?«

»Nein, dank schön.« Xaver Holler setzte sich und schaute den Großknecht mit ernster Miene an. »Die Bauersleute sind übers Wochenende weggefahren, net wahr? Ich nehme an, sie haben den Kombi genommen.«

»Ja, sie sind nach Meran«, antwortete Florian automatisch.

»Auf der Rückfahrt ist was passiert.« Xaver Holler warf seinem Kollegen einen knappen Blick zu, und der erklärte: »Bernd Schindler ist auf einer Gefallestrecke, vermutlich infolge von Unachtsamkeit und wegen des schlechten Wetters, auf die Gegenspur geraten. Er wollte einen Zusammenstoß mit einem LKW vermeiden. Der entgegenkommende Fahrer hat gesehen, wie der Schindler das Steuer verriss und den Laster noch an der Stoßstange erwischt hat. Dann hat sein Wagen die Leitplanke durchbrochen und ist auf ein Feld gestürzt. Die Insassen waren beide nicht angeschnallt.«

Xaver Holler schaute Florian mitfühlend an. »Ich weiß, wie du am Bauern gehangen hast, Bub. Er war wie ein Vater für dich, net wahr?«

»War?« Der Bursch starrte den Gendarmen ungläubig an. »Soll das heißen … Und die Bäuerin?« Ihm war zumute, als hätte jemand ihn mitten im Januar in einen eisigen See gestoßen. Der Schock bahnte sich nur langsam seinen Weg durch lähmenden Unglauben.

»Es tut mir leid, sie waren beide sofort tot«, hörte er Xaver Holler leise sagen. »Jetzt verstehst du vielleicht, warum wir zuerst mit dir reden wollten. Du musst der Katja das schonend beibringen. Es wird eh ein schlimmer Schock für sie sein. Aber wir wollen net …«

»NEIN!« Der Schrei gellte so unerwartet und durchdringend auf, dass die drei Mannsbilder heftig zusammenzuckten.

Florian hob den Blick und sah Katja, die kreidebleich in der offenen Tür zur guten Stube stand. Ihre Augen waren unnatürlich geweitet, ihr Mund stand offen, doch kein Ton kam mehr heraus.

Der Bursch erhob sich und bat: »Beruhige dich, Katja, es wird alles wieder gut, ich …«

»Geh weg!« Sie versetzte ihm zwei schallende Watschen, dann schlug sie die Hände vors Gesicht und fing an, hemmungslos zu weinen. Schluchzend ging sie in die Knie. Florian packte sie beherzt und trug sie zum Sofa. Sie wehrte sich nicht, schluchzte nur noch heftiger.

»Ruf den Doktor, sie hat einen Schock!«, riet der Gendarm ihm. »Wir bleiben so lange bei ihr.« Er nickte seinem Kollegen zu, der nach einer Wolldecke griff, um das Madel zuzudecken. Katja schien sich tatsächlich in einem Schockzustand zu befinden. Ihr lautes Weinen und Schluchzen war nun in ein leises Greinen übergegangen, das wie Babyweinen klang. Sie zitterte heftig und atmete viel zu schnell und flach.

Florian hatte den Hausarzt angerufen und gleich auch den Notarzt alarmiert. Als er wieder in die gute Stube kam, verabschiedeten sich die Polizisten. Der Bursch setzte sich zu Katja, legte eine Hand auf ihr Haar und strich beruhigend darüber. Er fühlte sich hilflos, litt selbst noch unter der schrecklichen Nachricht und wusste nicht, was er tun sollte.

Der Bauer tot? Seine Frau auch? Das war kaum vorstellbar.

Als zwei Mägde neugierig in die Stube lugten, scheuchte er sie fort. »Gebt draußen acht, wenn der Doktor kommt, und lasst ihn ein!«, wies er sie knapp an.