Heimat-Roman Treueband 5 - Rosi Wallner - E-Book

Heimat-Roman Treueband 5 E-Book

Rosi Wallner

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Beschreibung

Lesen, was glücklich macht. Und das zum Sparpreis!

Seit Jahrzehnten erfreut sich das Genre des Heimat-Bergromans sehr großer Beliebtheit. Je hektischer unser Alltag ist, umso größer wird unsere Sehnsucht nach dem einfachen Leben, wo nur das Plätschern des Brunnens und der Gesang der Amsel die Feierabendstille unterbrechen.

Zwischenmenschliche Konflikte sind ebenso Thema wie Tradition, Bauernstolz und romantische heimliche Abenteuer. Ob es die schöne Magd ist oder der erfolgreiche Großbauer - die Liebe dieser Menschen wird von unseren beliebtesten und erfolgreichsten Autoren mit Gefühl und viel dramatischem Empfinden in Szene gesetzt.

Alle Geschichten werden mit solcher Intensität erzählt, dass sie niemanden unberührt lassen. Reisen Sie mit unseren Helden und Heldinnen in eine herrliche Bergwelt, die sich ihren Zauber bewahrt hat.

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Alpengold 163: Die falsche Braut
Bergkristall 244: Wovon ihr Herz nichts wissen will
Der Bergdoktor 1683: Die heimliche Herrin vom Alpenhof
Der Bergdoktor 1684: Dr. Burger und eine traurige Liebe
Das Berghotel 100: Warten auf den Märchenprinzen

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 608

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © Michael Wolf / Bastei Verlag ISBN 978-3-7325-8229-7

Rosi Wallner, Margit Hellberg, Andreas Kufsteiner, Verena Kufsteiner

Heimat-Roman Treueband 5 - Sammelband

Inhalt

Rosi WallnerAlpengold - Folge 163Um einen schweren Schicksalsschlag zu überwinden, begibt sich die schöne Valerie Orth auf Wanderschaft durch die Berge. Manchmal nächtigt sie in einer Scheune, manchmal auf einer Alm - ein schattenhafter Gast, der keine Spuren hinterlässt. Doch im schönen Niederried nimmt sie im Gasthaus "Zur Post" eine Stelle als Kellnerin an - und verliebt sich unsterblich in Mattis Althofer, den feschen Sohn des Hauses. Sie wagt sogar, davon zu träumen, in diesem malerischen Ort wieder eine Heimat zu finden... Auch der temperamentvolle Mattis verliert sich mit Haut und Haaren an die rätselhafte Fremde mit den Bernsteinaugen - obwohl er kurz vor der Hochzeit mit der hübschen Landegger-Evi steht! Als er Evi gesteht, wie's um sein Herz bestellt ist und die Verlobung löst, bricht für das Madl eine Welt zusammen! Gemeinsam mit ihren Freundinnen, den berüchtigten "Rathaus-Ratschen", beginnt Evi eine gemeine Hetzkampagne, die Valerie aus dem Ort und aus Mattis' Herz vertreiben soll...Jetzt lesen
Margit HellbergBergkristall - Folge 244Ihr Geburtstag - welch ein aufregender, schöner Tag für Regine! Die ganze Familie ist versammelt, um mit ihr zu feiern. Wenn nur ihr Bruder nicht wieder mit seinem üblichen Gestichel anfangen würde! "Ich würde dir ja gerne einen braven Ehemann und ein paar süße Kinder wünschen, aber du hast ja noch nicht einmal einen Freund!" Sein Grinsen provoziert, und prompt fällt Regine darauf herein. "Ich will ja gar keinen", zischt sie. "Die Kerle sehen sowieso immer nur unseren reichen Vater im Hintergrund. Da bleib ich doch lieber allein!" Trotz spricht aus ihren Worten - und heimliche Enttäuschung. Die gesteht Regine aber nicht einmal sich selbst ein. Sie will keinen Mann, sie braucht keinen Mann, und über die Liebe, da lacht sie bloß! Das Lachen vergeht ihr allerdings ein paar Tage später ...Jetzt lesen
Andreas KufsteinerDer Bergdoktor - Folge 1683Seit einem Jahr arbeitet Eva Kofler als Magd auf dem Alpenhof und ist von früh bis spät auf den Beinen, um alle Pflichten, die man ihr auferlegt, zu erfüllen. Dennoch hat sie keinen leichten Stand auf dem Hof. Vor allem Barbara Eibinger, der stolzen Bäuerin, kann sie einfach nichts recht machen. Je mehr Mühe Eva sich gibt, umso gemeiner behandelt die Chefin sie. So manches Mal flüchtet sich Eva in ihre Kammer, damit niemand ihre Tränen sieht. Sie ahnt nicht, dass jemand nur darauf lauert, ihr heimlich zu folgen und sie auf besondere Weise zu trösten...Jetzt lesen
Der Bergdoktor - Folge 1684Roman um bittere Tränen am ersten Hochzeitstag. Erst ein Jahr ist es her, dass Eva neben dem feschen Hofbesitzer Luis als strahlende Braut vor dem Altar gestanden hat. Damals hat sie geglaubt, dass ihre Ehe ein nie endendes Fest sein würde. Heute, an ihrem ersten Hochzeitstag, sitzt sie allein in der Wohnstube und zieht eine bittere Bilanz. Sie hat den falschen Mann geheiratet! Die Süße, die Leichtigkeit und der Zauber ihrer Liebe sind Vergangenheit. Luis ist ein Egoist und Heimlichtuer, der immer öfter unbekannte Wege geht. Da - die Haustür wird aufgeschlossen, Schritte poltern in der Diele - Luis kommt nach Hause! Evas Hände beginnen zu zittern, sie ringt nach Luft und kramt hastig ihr Tablettendöschen hervor. Nur so kann sie die Nähe ihres Mannes noch ertragen!Jetzt lesen
Verena KufsteinerDas Berghotel - Folge 100Liane kann es kaum erwarten, ins Zillertal zurückzukehren, wo ihre Eltern ein Gestüt betreiben. Drei Jahre hat sie in Wien verbracht, doch nun kann sie endlich nach Hause zurück. Die Heimkehr der schönen Liane löst große Aufregung unter den Burschen in St. Christoph aus. Schon zu Schulzeiten hatte sie viele Verehrer, und nun machen sich viele der Burschen Hoffnungen. Doch Liane hat kein Interesse daran, sich auf eine Liebelei mit dem Nächstbesten einzulassen. Sie wartet auf den Richtigen, den Traumprinzen. Ihre Ruhe wird gestört, als ein Gast auf dem Gestüt auftaucht: Der bekannte Springreiter Julian Berger will einige der kostbaren Pferde kaufen. Aus diesem Grund wird er eine Woche auf dem Hof verbringen, um sich ein genaues Bild von den Tieren zu machen. Julian, der es gewohnt ist, dass ihm alle Madeln zu Füßen liegen, stellt überrascht fest, dass Liane seinem Charme nicht erliegt. Das weckt seinen Ehrgeiz: Mit allen Mitteln versucht er, sie für sich zu gewinnen. Liane ist umso genervter, je mehr er sich ins Zeug legt. Nein, ihr Traumprinz wird bestimmt ganz anders sein als dieser überhebliche Macho, davon ist sie fest überzeugt. Nur die Schmetterlinge in ihrem Bauch scheinen eine andere Meinung zu haben ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Die falsche Braut

Vorschau

Die falsche Braut

Im Dorf blieb sie eine Außenseiterin

Von Rosi Wallner

Um einen schweren Schicksalsschlag zu überwinden, begibt sich die schöne Valerie Orth auf Wanderschaft durch die Berge. Manchmal nächtigt sie in einer Scheune, manchmal auf einer Alm – ein schattenhafter Gast, der keine Spuren hinterlässt. Doch im schönen Niederried nimmt sie im Gasthaus »Zur Post« eine Stelle als Kellnerin an – und verliebt sich unsterblich in Mattis Althofer, den feschen Sohn des Hauses. Sie wagt sogar, davon zu träumen, in diesem malerischen Ort wieder eine Heimat zu finden …

Auch der temperamentvolle Mattis verliert sich mit Haut und Haaren an die rätselhafte Fremde mit den Bernsteinaugen – obwohl er kurz vor der Hochzeit mit der hübschen Landegger-Evi steht! Als er Evi gesteht, wie’s um sein Herz bestellt ist, und die Verlobung löst, bricht für das Madl eine Welt zusammen! Gemeinsam mit ihren Freundinnen, den berüchtigten »Rathaus-Ratschen«, beginnt Evi eine gemeine Hetzkampagne, die Valerie aus dem Ort und aus Mattis’ Herz vertreiben soll …

»Evi, ich kann’s immer noch kaum glauben!«, stieß Kathi Rottinger hervor. »Als wir uns gestern Abend getroffen haben, der Korbinian und ich, hat er mich aus heiterem Himmel so ganz nebenbei gefragt, ob wir net endlich das Aufgebot bestellen sollten. Schließlich täten wir uns schon lang genug kennen. Und einen Ring hat er mir auch geschenkt. Schau, ist der net schön?«

Kathi hielt ihrer Freundin die mollige Hand hin, und Evi Landegger bewunderte das kostbare Schmuckstück gebührend.

»Aber ihr seid doch erst seit Kurzem zusammen, du und der Korbinian«, kam es dann unwillkürlich von Evis Lippen.

Kathi lachte unbekümmert.

»Weißt du, schon als wir uns das erste Mal getroffen haben, auf der Kirmes drüben in Hohenried, hat er gewusst, dass ich die Richtige bin. Und mir ist es genauso gegangen. Und wenn es die rechte Lieb ist, dann fackelt man nicht lange. Die muss man festhalten für das ganze Leben, meinst net auch?«

Auch wenn jedes Wort sie wie ein Dolchstoß traf, nickte Evi zustimmend.

»Wann genau wollt ihr denn heiraten?«

»Nach der Ernte, wie es halt so üblich ist. Und natürlich wirst du meine Brautjungfer, darin hast ja schließlich Erfahrung …«

Evi zuckte zusammen. Inzwischen war sie schon auf drei Hochzeiten Brautjungfer gewesen, und manchmal hatte sie das Empfinden, dass man schon über sie zu tuscheln begann.

»Immer nur die Brautjungfer, aber niemals die Braut«, hieß es bestimmt längst. Dabei galt sie nicht nur als die reichste Erbin, sondern auch als das schönste Mädchen im Tal, und doch waren es die Freundinnen, die vor den Altar traten, nicht sie.

Kathi hatte ein reizendes Gesicht mit Grübchen, aber sie war von so üppiger Gestalt, dass viele Männer sie deshalb wohl reizlos fanden. Dennoch hatte sich Korbinian sofort in sie verliebt und wollte sein Leben mit ihr teilen.

Evi gönnte ihrer Freundin das Glück von Herzen, aber gleichzeitig empfand sie, wie so oft in der letzten Zeit, eine Art Bitterkeit, die nicht im Einklang mit ihrer Jugend stand.

»Aber ich will net in einem Trachtengewand heiraten, sondern in einem weißen Kleid. Vielleicht mit einem Blütenkranz im Haar«, malte sich Kathi ihr Hochzeitsfest weiter aus.

»Das wär schön«, murmelte Evi tonlos.

»Wo sind eigentlich die anderen?«, fragte Kathi unvermittelt.

»Die müssten gleich da sein. Die Brigitte wollt auch noch kurz hereinschauen«, gab Evi zur Antwort.

Mit Leni Kalterer und Ursula Burger waren es vier Frauen, die sich jede Woche in der Mittagspause in einem der Dienstzimmer trafen. Alle arbeiteten im Rathaus, auch Brigitte Ottinger, die den Bauleiter geheiratet hatte, war früher dort beschäftigt gewesen. Nun widmete sie sich hauptsächlich ihren Kindern.

Die Leut in Niederried nannten sie die »Rathaus-Ratschen«, eine wenig schmeichelhafte Bezeichnung, die von den Frauen aber inzwischen zu einer Art Ehrentitel erhoben worden war. Obwohl sie sich sehr voneinander unterschieden, waren sie eine eingeschworene Gemeinschaft. Ursula, bereits verwitwet, war die Älteste von ihnen, während die gewitzte Leni erst seit Kurzem die Probezeit hinter sich gebracht hatte.

Von draußen erklangen lebhafte Stimmen, die Tür wurde aufgestoßen, und drei Frauen drängten in den Raum.

»Wir haben etwas vom Bäcker mitgebracht«, rief Leni frohgemut, und während die anderen die Tassen mit frisch gebrühtem Kaffee füllten, packte Leni die Gebäckstücke aus und legte sie auf einen Teller.

»Schön, dass du auch kommen konntest, Brigitte«, sagte Kathi zu der jungen Mutter, die sich erschöpft auf einen Bürostuhl fallen ließ.

»Heut Nacht hab ich wieder kaum ein Auge zugetan. Der Ferdl bekommt Zähne, und die beiden Älteren müssen etwas Falsches gegessen haben. Manchmal ist es reinweg zu viel, so sehr ich mir Kinder gewünscht hab.«

»Der Kaffee wird deine Lebensgeister schon wieder wecken. Und eine Neuigkeit gibt es auch, wirst staunen«, versprach ihr Kathi, und Brigitte nahm dankbar die Tasse mit dem dampfenden Kaffee entgegen.

Als Kathi dann verkündete, dass sie ihren Korbinian bald heiraten würde, gratulierten ihr die anderen, und sie sprachen alle aufgeregt durcheinander, wollten Einzelheiten wissen oder machten Vorschläge. Nur Evi beteiligte sich kaum am Gespräch, hatte sogar Mühe, nicht in Missmut zu versinken.

Weit vor dem Ende der Mittagspause sah sie auf ihre Uhr und gab an, noch etwas aufarbeiten zu müssen, ehe sie sich überstürzt verabschiedete.

»Was hat sie denn, die Evi? Sonst ist sie doch auch immer so gesellig«, meinte Brigitte, die schon wieder etwas lebhafter wirkte, erstaunt.

»Ihr wisst doch alle, dass die Evi net ewig Brautjungfer sein will. Was sie sich am allermeisten wünscht, ist, dass der Mattis sich endlich besinnt und sie heiratet. So lang ist sie schon mit ihm zusammen, und inzwischen sind fast alle ihre Freundinnen verheiratet oder fest verbandelt. Nur der Mattis lässt sich Zeit«, meinte Kathi, und ihre Freude über ihre baldige Heirat schien plötzlich etwas gedämpft.

»Warum hat sie sich aber auch in so einen Weiberer wie den Althofer-Mattis verlieben müssen?«, seufzte Ursula kopfschüttelnd.

Mattis Althofer, der älteste Sohn des Postwirts, war als Frauenheld bekannt, ungeachtet der Tatsache, dass er und Evi Landegger schon seit Jahren ein Paar waren.

»Jedes Mal hat sie ihm wieder verziehen und ihn zurückgenommen. Aber er hat es ihr nur wenig gedankt und bald wieder einer anderen den Kopf verdreht«, meinte Brigitte missbilligend und nahm das zweite Stück Obstkuchen in Angriff.

»Wo die Liebe halt hinfällt«, sagte Kathi düster.

»Das liegt nur daran, dass sich die Frauen viel zu viel gefallen lassen. Deshalb werden die Mannsleut so frech, weil sie ganz genau wissen, dass sie mit allem durchkommen«, erklärte Leni, die fortschrittliche Ideen vertrat.

Sie saß auf dem Schreibtisch und schlenkerte ihre langen, gebräunten Beine, die in hochhackigen Schuhen steckten, während sie diese Erkenntnis von sich gab.

»So wirst du keinen Mann abbekommen«, meinte Ursula.

»Das ist noch immer besser, als auf einen wie den Mattis hereinzufallen, auch wenn er noch so gut ausschaut«, erwiderte Leni.

»Aber das hast schon bemerkt, dass er gut ausschaut«, stichelte Ursula.

»In der letzten Zeit ist er ja ein bisserl ruhiger geworden, der Mattis«, wandte Kathi beschwichtigend ein.

»Das glaubst ja selber net! Der hat nur gelernt, seine Gspusis besser zu verheimlichen, um sich Ärger zu ersparen«, fand Leni und lachte spöttisch.

»Manch einer hat sich in der Jugend die Hörner ordentlich abgestoßen und ist dann ein guter Ehemann und Vater geworden«, gab Brigitte zu bedenken.

»Das sagt man so. Aber ich denk, der Kater lässt das Mausen net, und ich tät der Evi wünschen, dass sie dem Mattis Althofer endlich den Laufpass gibt und sich nach einem umschaut, der es ehrlich mit ihr meint«, erwiderte Leni vehement und ließ sich anmutig von dem Schreibtisch gleiten.

»Jesses, die Zeit ist ja wieder wie im Flug vergangen!«, seufzte Kathi, als die Mittagspause schon fast überschritten war und Leni und Ursula eiligst zu ihren eigenen Dienstzimmern zurückkehrten.

Nur Brigitte verweilte noch ein wenig bei Kathi, denn die Schwiegermutter passte auf die Kinder auf. Wehmütig erinnerte sich die junge Mutter an ihre eigene Hochzeit und die Flitterwochen, was so wenig mit dem Leben gemein hatte, das sie jetzt führte. Dennoch musste sie sich eingestehen, dass sie ihren Peter noch immer so liebte wie am ersten Tag und die Heirat noch nie bereut hatte.

Schließlich erhob sie sich widerwillig, umarmte Kathi und machte sich gestärkt auf den Nachhauseweg.

Evi Landegger verbrachte den Rest ihrer Arbeitszeit mit zwiespältigen Gefühlen. Einerseits gönnte sie der Freundin ihr Glück, denn lange hatte es so ausgesehen, als würde Kathi nie den Richtigen finden. Aber gleichzeitig hatte es ihr wieder vor Augen geführt, wie schwierig ihre eigene Lebenssituation war.

Mit sechzehn hatte sie sich unsterblich in Mattis Althofer verliebt, eigentlich hatte sie schon von Kind an für ihn geschwärmt. Mattis, mit seinen dunklen Augen und den üppigen rotbraunen Locken! Selbst nach all den Jahren löste es immer noch Herzklopfen in ihr aus, wenn er sie strahlend anlächelte.

Sie wusste sehr wohl, dass er ihr nicht treu war. Aber er stellte es immer so hin, dass sie am Ende in dem Glauben bestärkt wurde, dass sie der wichtigste Mensch in seinem Leben war und keine andere Frau sie auf die Dauer einander entfremden konnte. Und Mattis besaß nicht nur Überzeugungskraft, sondern auch einen überwältigenden Charme, dem sie nichts entgegenzusetzen hatte. Und sie liebte ihn so, dass ihr das die nötige Kraft raubte, sich von ihm zu lösen.

Sie war für immer an ihn gebunden.

In der letzten Zeit hatte sie allerdings neue Hoffnung geschöpft. Mattis war nicht mehr so umtriebig wie früher, brachte sich hauptsächlich im Gasthof seiner Eltern ein und schien nicht mehr von dem Drang beseelt zu sein, mit anderen Frauen anzubandeln, wenn sich die Gelegenheit ergab.

Vielleicht wurde er nun endlich erwachsen und verspürte sogar den Wunsch, eine Familie zu gründen. Denn im Grunde genommen war Mattis nicht weniger traditionsgebunden als seine Eltern, und es wäre für ihn unvorstellbar gewesen, das Familienerbe fremden Händen zu überlassen.

Bei diesen Überlegungen schöpfte Evi immer wieder neue Hoffnung, denn ihr Stolz verbot es ihr, Mattis zur Heirat zu drängen oder ihn vor vollendete Tatsachen zu stellen. Mattis sollte sie aus freien Stücken vor den Altar führen, denn er gehörte zu den Menschen, die jeglichen Zwang verabscheuten.

Heute Abend würden sie sich im Gasthaus seiner Eltern zu einer Familienfeier treffen, denn der Postwirt Sixtus Althofer feierte einen runden Geburtstag. Mattis’ Eltern behandelten sie schon lange als zukünftige Schwiegertochter, für sie war es ausgemacht, dass ihr Ältester und Evi in absehbarer Zeit heiraten würden.

Evi seufzte, und ließ ihren Blick abwesend über die Unterlagen gleiten, die sich auf ihrem Schreibtisch stapelten. Wieder hatte sie nicht das zuwege gebracht, was sie sich vorgenommen hatte. Sie seufzte noch einmal, dann schaltete sie den Computer aus. Heute ging sie etwas früher als gewöhnlich, denn sie brauchte Zeit, um sich auf den Abend vorzubereiten. Evi wollte besonders reizvoll erscheinen und hatte sich zu diesem besonderen Anlass in der Stadt sogar ein neues Dirndlkleid gekauft.

Und sie hoffte, dass Mattis’ Augen bei ihrem Anblick aufleuchten würden.

***

Mattis Althofer stand vor dem Spiegel und mühte sich mit der Krawatte ab, die zu dem Festtagsanzug gehörte, den er zu Ehren seines Vaters heute angelegt hatte. Endlich war der Knoten geglückt. Mattis trat einen Schritt zurück und musterte sich kritisch im Spiegel.

Er konnte mit seinem Äußeren mehr als zufrieden sein. Mattis war schlank, im Gegensatz zu vielen Jungbauern seines Alters, die vom Bier aufgeschwemmt waren und dadurch wesentlich älter als er wirkten. Dichte rotbraune Locken fielen ihm in die gebräunte Stirn, seine Augen hatten einen dunklen Honigton, den die meisten Frauen als berückend und verführerisch empfanden.

Die strenge schwarze Tracht der Gebirgler, die nur durch einen grünen Spenzer aufgelockert wurde, stand ihm ausgezeichnet. Die knielange Hose aus Hirschleder, die kunstvoll bestickt war, umspannte seine muskulösen Beine, seine breiten Schultern kamen in dem Janker besonders gut zur Geltung.

Mattis wirkte jünger als seine fast dreißig Jahre, weder Schlafmangel noch Alkoholgenuss hatten Spuren auf seinen regelmäßigen Zügen hinterlassen. Allerdings hatte er es im letzten Jahr etwas ruhiger angehen lassen, es hatte keine durchzechten Nächte mehr gegeben, und er war der Evi nicht untreu gewesen.

Aber irgendwie erfüllte diese Entwicklung ihn auch mit Unbehagen. Konnte es sein, dass seine Jugend schon jetzt dahinschwand und er nur noch ein Leben wie das seiner Eltern vor sich hatte, ein Leben, das einzig aus Arbeit und Pflichterfüllung bestand?

Er war stolz auf sein Erbe, Wohlstand und Status waren ihm wichtig. Und das bedeutete aber auch, dass er Verpflichtungen hatte, von denen eine der wichtigsten die Fortführung der Familientradition war.

Und wie immer, wenn er diesen Überlegungen nachhing, schweiften seine Gedanken zu Evi Landegger. Er konnte sich keine andere vorstellen, die besser zu ihm gepasst hätte, und dennoch sträubte sich etwas in ihm dagegen, das Aufgebot zu bestellen und sie zu seiner Frau zu machen. Er wusste, dass sein Zögern sie unglücklich machte, aber sein Verlangen nach Freiheit war ungebrochen.

Schließlich trennte er sich von seinem Spiegelbild und verließ die kleine Dachwohnung, die er in dem Gasthof bewohnte. Er stieg die Treppe hinunter und bewunderte die Dekoration in dem Festsaal, wo die Familienfeier stattfinden sollte.

Seine Mutter hatte sich an diesem Tag große Mühe gegeben; zarte Frühlingsblumen, die Sixtus Althofer ganz besonders liebte, schmückten den Tisch, der mit edlem Leinen und dem schweren Silberbesteck aus dem Familienbesitz eingedeckt war.

Viele Gäste wurden erwartet, denn die Althofers waren weithin bekannt und hatten selbst in München Freunde. Das Gasthaus »Zur Post« war nicht irgendeine Dorfkneipe, sondern eine Institution. Jede Ratsversammlung endete mit dem Ausruf: »Jetzt gehen wir zum Postwirt!« Und sämtliche Treffen des Alpenvereins, des Bauernverbands und der Gebirgsschützen fanden dort statt.

Die Althofers hatten zwar mittlerweile umfassend saniert, es war ihnen aber gelungen, den ursprünglichen Charakter des Gasthofs zu bewahren. Das im Verein mit den Kochkünsten des Ehepaars hatte auch Gäste aus der Stadt angelockt, die gern in den behaglichen Zimmern im Obergeschoss übernachteten.

Es war geplant, das Gasthaus zu erweitern, um noch mehr Übernachtungsmöglichkeiten zu schaffen, vor allem in Hinblick auf das Skigebiet, das ganz in der Nähe entstanden war.

Die Nachbarin, die sich bis ins hohe Alter hartnäckig an ihren Besitz geklammert hatte, war mittlerweile verstorben, und die Althofers konnten ihr Haus, vor allem aber das weitläufige Grundstück dahinter erwerben. Dort sollte nicht nur ein Gästehaus, sondern auch ein Wintergarten angebaut werden, außerdem ergab sich so die Vergrößerung des dahinter liegenden Biergartens.

Mattis schrak aus seinen Überlegungen auf, als er Schritte hinter sich hörte. Sixtus Althofer trat an seine Seite und legte kurz die Hand auf den Rücken seines Sohnes, eine fast zärtliche Geste, die er sich kaum je abrang.

»Schön hat die Mutter alles hergerichtet«, sagte Sixtus.

Auch er trug inzwischen das Festtagsgewand, und gerade dadurch fiel auf, wie sehr Vater und Sohn sich ähnelten. Beide waren hochgewachsen, doch Sixtus war mit den Jahren massiger geworden und die rotbraunen Haare waren nicht mehr so üppig.

Im Wesen jedoch unterschieden sie sich. Sixtus Althofer war befehlsgewohnt und dominant und neigte zu Zornesausbrüchen, die allgemein gefürchtet waren. In Niederried hieß es, dass der Postwirt nur vor einem Menschen Respekt habe, und das sei seine Frau.

»Es ist schließlich dein Ehrentag«, gab Mattis zur Antwort.

Er warf seinem Vater einen misstrauischen Seitenblick zu, denn er kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass Sixtus nicht ohne Grund die Nähe seines Sohnes gesucht hatte. Und darin sollte er sich nicht getäuscht haben, wie die nächsten Worte verrieten.

»Von dir tät ich mir heut ein ganz besonderes Geschenk wünschen«, sagte Sixtus bedeutungsvoll.

»Ach so«, murmelte Mattis und heuchelte Unverständnis, obwohl er genau wusste, um was es ging.

»Wie wär es, wenn wir heut noch deinen Verspruch mit der Evi feiern täten? Das wär doch der richtige Rahmen.«

»Meinst du net auch, dass wir das selber entscheiden sollten, die Evi und ich?«, fuhr Mattis gereizt auf.

»Ja, wenn du dich nur zu etwas entschließen könntest, das ist es halt. In deinem Alter waren die Mutter und ich schon verheiratet, und du warst auf der Welt. Auch wenn du es anscheinend net glauben willst, du wirst net jünger und die Evi schon gar net.«

»Ich bin noch net mal dreißig und die Evi erst Mitte zwanzig. Es hat, weiß Gott, noch Zeit mit der Familiengründung, glücklicherweise kann man hier ja net die Zwangsehe einführen«, schloss Mattis sarkastisch.

»Eigentlich tät’s dir ganz recht geschehen, wenn dir das Madl wegläuft …«, setzte Sixtus ergrimmt an, doch seine Tirade wurde von dem Eintritt seiner Frau unterbrochen.

Regula Althofer war eine stattliche Frau, der man noch die frühere Schönheit ansah, im Augenblick jedoch wirkte sie etwas gehetzt. Sie hatte sich noch nicht umgekleidet, und ihre aschblonden Haare hatten sich aus dem Knoten gelöst, der sonst fest am Nacken zusammengesteckt war.

»Habt’s euch ausgerechnet heut wieder mal in den Haaren«, sagte sie mit scheltender Stimme und warf Mann und Sohn einen strengen Blick zu.

»Du tätst es schließlich auch gern sehen, wenn der Mattis und die Evi endlich heiraten würden«, erwiderte Sixtus in gemäßigterem Tonfall.

»Da muss ich dem Vater recht geben. Es ist reinweg eine Schand, dass du die Evi so hinhältst, obwohl du genau weißt, dass sie nichts lieber tät, als endlich mit dir vor dem Traualtar zu stehen. Wenn der Vater so mit mir umgesprungen wär, hätt ich mir doch einen anderen gesucht …«

Sixtus stieß einen knurrenden Laut aus.

»Ist schon gut. Aber am End will die Evi wirklich nichts mehr von dir wissen, Mattis, und eine Bessere findest du net im ganzen Tal. Wir wollen auch noch unsere Enkelkinder aufwachsen sehen, doch daran denkst net, egoistisch, wie die Mannsbilder halt sind. Und Gerede gibt’s auch schon im Dorf über deine ewige Verlobte …«

»Wir kennen uns halt schon von Kind an«, unterbrach Mattis unwillig den Redeschwall seiner Mutter.

»Du weißt ganz genau, was ich mein, du Schluri. Und die Landeggers sind natürlich auch eingeladen, sie gehören ja zur Familie, gewissermaßen, auch wenn die Tochter immer noch keinen Ring am Finger hat. Reinweg peinlich ist uns das dem Vater und mir«, fuhr Regula unbeirrbar fort und strahlte dabei im Gegensatz zu sonst wenig mütterliche Zuneigung aus.

»Ich werde die Evi schon heiraten, wenn die Zeit dafür gekommen ist«, erwiderte Mattis und richtete seine Krawatte.

»Und wann ist die Zeit gekommen? Die Evi hat eine Engelsgeduld mit dir und die Landeggers auch. Ich tät mir an ihrer Stell einen anderen Schwiegersohn wünschen.«

»Ich weiß, dass ich keine andere nehmen kann als die Evi, weil sie die Einzige ist, die dich als Schwiegermutter erträgt«, herrschte Mattis seine Mutter nicht minder scharfzüngig an und stürmte aus dem Raum.

»Hast das gehört, Sixtus? Bin ich wirklich so arg?« Der gestrengen Regula waren Tränen in die Augen gestiegen.

»Du bist genau richtig, Regerl. Eine Postwirtin muss streng und handfest sein, es muss ja niemand wissen, wie du zu mir bist.«

Er versetzte ihr einen zärtlichen kleinen Klaps, und Regula errötete. Niemand, der die Althofers kannte, noch nicht einmal ihre beiden Söhne, hätten ahnen können, wie das Paar miteinander umging, wenn es allein und unbeobachtet war.

Regula strich sich über das Haar und sah an sich herab.

»Jesses, wie ich ausschau! Ich muss mich umziehen.«

Auch sie eilte überhastet aus dem Festsaal und überließ Sixtus seinen Gedanken.

Die Heiratsscheu seines ältesten Sohnes war nur eine leichte Trübung dieses Tages, denn wenn er auf sein bisheriges Leben zurückblickte, konnte er wahrlich zufrieden sein. Er hatte den ererbten Wohlstand vermehrt, seine Ehe war glücklich, und er hatte zwei wohlgeratene Söhne. Firmin, der etwas jüngere, schloss bald sein Studium ab, worauf Sixtus sehr stolz war. Auch er sollte als Betriebswirt im Familienunternehmen mitarbeiten, sobald der Neubau erst einmal abgeschlossen war.

Zum Geburtstagsfest wollte Firmin aus München kommen, sehr zur Freude seines Vaters.

Sixtus wandte sich nach einem letzten Blick ab und schritt durch die Gaststube, die – sehr zum Verdruss der Dörfler – heute geschlossen war. In der Küche durfte er nicht nach dem Rechten schauen, denn Regula hatte heute etwas ganz Besonderes für ihn zubereitet, als kulinarische Geburtstagsüberraschung sozusagen.

Aber bald würden die ersten Gäste eintreffen, und er ging nach hinten und musterte sich noch einmal im Flurspiegel. Es gab nichts an seinem Äußeren auszusetzen, der Anzug passte immer noch, und er fand, dass er sich sehr gut gehalten hatte. Auch das trug zu der Hochstimmung bei, die ihn am heutigen Tag erfüllte.

Er hörte, wie ein Wagen in den Innenhof fuhr, und eilte zur Seitentür. Firmin Althofer stieg aus und umarmte seinen Vater und beglückwünschte ihn.

»Hab es grad noch so geschafft. Diese Baustellen!«, sagte er und holte sein Gepäck aus dem Kofferraum.

Firmin sah seinem Bruder sehr ähnlich, in Kindheitstagen waren sie sogar von Gästen oft für Zwillinge gehalten worden. Auch er hatte rotbraune Locken, aber in einem etwas gedämpfteren Ton, und seine freundlichen goldbraunen Augen waren heller. Er war mittelgroß und schlanker als sein Bruder, eher drahtig, und bewegte sich geschmeidig.

Auch seine Mutter kam herunter, schon im Festgewand, nur die Haare waren immer noch etwas wirr. Aber ihre Augen strahlten beim Anblick ihres jüngsten Sohnes, und Regula strich ihm über die Wange.

»Gut schaut ihr aus! Wenn ich euch beide so anseh, kann ich gar net verstehen, dass manche Leut so Angst haben, ein bisserl älter zu werden. Euch jedenfalls kann das Alter nichts anhaben, ganz im Gegenteil«, sagte Firmin, nachdem er seine Eltern kurz gemustert hatte.

»Ach geh!«, meinte Regula, aber sie fühlte sich doch geschmeichelt.

Firmin war immer der Stillere, Zurückhaltendere der beiden Brüder gewesen. In der Schule flog ihm alles zu, und doch war er nicht streberhaft. Er raufte sich nicht, und er hatte auch keine Gspusis, jedenfalls keine, von denen die Eltern erfahren hätten. Aber er wusste immer das Rechte zu sagen, und das war wahrscheinlich der Grund, dass die Althofers ganz besonders an ihrem Jüngsten hingen, auch wenn sie es sich nie eingestanden hätten.

Mattis gesellte sich zu ihnen und umarmte Firmin herzlich, es war unübersehbar, dass die beiden Brüder einander sehr zugetan waren.

Wenig später begrüßten die Althofers die ersten Gäste und boten ein Bild familiärer Einigkeit. Regula hatte sich die Haare gerichtet und den ererbten Schmuck von der Großmutter angelegt, und wenn auch manche sie für eine Giftwurzen hielten, so musste man doch zugeben, dass der Postwirt eine schöne Frau hatte.

Die Landeggers trafen ein, ebenfalls im Festtagsgewand, und wie Regula zu spüren schien, verhielten sie sich etwas kühler als sonst, auch wenn sie Sixtus herzlich begrüßten und ihm ein sorgfältig eingepacktes Geschenk überreichten.

Evi sah reizend aus in ihrem neuen Dirndlkleid, und Mattis umarmte sie. Doch seine Lippen streiften nur flüchtig ihre Wange, und sie fühlte, dass er mit den Gedanken ganz woanders war. Alle Freude auf das Fest erlosch in ihr, sie trat zurück und folgte mit gesenktem Kopf schweigend ihren Eltern.

»Magst mich net begrüßen, Evi?«, erklang plötzlich neben ihr die Stimme Firmins.

Evi wandte sich ihm errötend zu, denn sie war so enttäuscht über Mattis Gleichgültigkeit, dass sie nicht auf seinen Bruder geachtet hatte.

»Firmin! Es tut mir leid«, stammelte sie.

»Schön schaust aus, Evi. Jedes Mal, wenn ich nach Haus komm, bist du noch schöner geworden«, sagte er leise.

Seine Augen leuchteten, und er lächelte sie an – warum war es Firmin, der sie auf diese Weise wahrnahm, und nicht der Mann, den sie liebte?

»Freut mich, dass du kommen konntest«, murmelte sie, weil sie einfach nicht wusste, was sie zu ihm sagen sollte.

»Wo bist du, Evi?«, rief da Mattis, und erleichtert eilte sie in den Festsaal, um den Platz neben ihm einzunehmen.

Sie sah nicht mehr, wie sich Firmins Augen vor Enttäuschung verdunkelten.

Wenigstens herrschen nach außen hin geordnete Verhältnisse, ging es ihr bitter durch den Sinn. Die Sitzordnung zeigte an, dass sie auch ohne Trauschein an Mattis Althofers Seite gehörte, auch wenn es manche missbilligen mochten.

Doch Evis Unmut verflog rasch, denn das Fest nahm seinen Verlauf und wurde von allen Gästen als sehr gelungen bezeichnet. Regula hatte in der Küche wahre Wunder gewirkt und ihren Mann mit einem Nachtisch überrascht, den es auf ihrer Hochzeitsreise in ihrem Hotel gegeben hatte.

»Wunderbar«, seufzte Sixtus genießerisch auf, als er den ersten Löffel von der sahnigen Süßspeise gekostet hatte, und Regula schilderte ausführlich, wie es ihr endlich gelungen war, an das Rezept zu kommen.

Mattis war bester Stimmung, sprach dem Tischwein reichlich zu, was ihn übermütig werden ließ. Er zupfte neckisch am Spitzenbesatz von Evis Mieder, sodass das Mädchen verlegen errötete, zog sie besitzergreifend an sich und lachte über ihr Widerstreben.

»Hör auf!«, flüsterte sie ihm zu.

»Was hast du denn? Sei doch net so spröd!«

»Ich bin net deine Angetraute.«

Mattis ließ augenblicklich von ihr ab und strafte sie mit Nichtbeachtung. Auch als endlich die Musikanten zum Tanz aufspielten, worauf die jüngeren Leute schon sehnlichst gewartet hatten, machte er keine Anstalten, Evi zum Tanz zu bitten. Stattdessen erhob sich Firmin und trat vor sie hin.

»Magst du mit mir tanzen, Evi?«

Mattis sah auf, Verwirrung spiegelte sich in seinen Augen.

»Es ist net an dir, mit der Evi zu tanzen«, sagte er, und eine scharfe Falte kerbte sich in seine Stirn.

»Weißt du, Mattis, das ist allein meine Sach, mit wem ich tanzen will. Komm, Firmin!«, sagte Evi entschieden und stand auf.

Als Nächstes war eine lebhafte bayrische Polka angesagt, die ihnen keine Gelegenheit gab, sich zu unterhalten. Evi war es nur recht. Sie konzentrierte sich ganz auf die Schritte und verschwendete keinen Blick auf Mattis. Firmin war ein überraschend guter Tänzer, und was sie aus Trotz und Gekränktheit begonnen hatte, bereitete ihr zunehmend Spaß.

»Du kannst aber gut tanzen, Firmin«, brachte Evi, die ganz außer Atem war, mühsam hervor. »Weißt du, wir versuchen’s noch einmal miteinand’.«

»Nur zu gern.«

Während Mattis sich wieder beruhigte und sich dazu entschlossen hatte, sich über Evis Eskapade, so nannte er es bei sich, zu amüsieren, umwölkte sich Regula Althofers Stirn. Denn sie war immer darauf bedacht gewesen, den Familienfrieden zu wahren, und was da vor sich ging, war nicht dazu angetan. Nicht vorzustellen, wenn der Firmin und die Evi …

Sie beugte sich zu ihrem älteren Sohn hinüber und zischte ihm zu: »Das hast du davon, Mattis! Was sollen denn die Leut denken, wenn die Evi mit deinem Bruder tanzt und net mit dir?«

»Und wenn schon! Die Evi will mich halt ein bisserl eifersüchtig machen, aber sie kommt schon zu mir zurück.«

Mattis lachte selbstgefällig, aber seine Mutter funkelte ihn auf eine Weise an, dass er seit Kindertagen wusste, dass mit ihr nicht mehr zu spaßen war.

»Du tanzt jetzt auf der Stell mit der Evi!«

Wortlos erhob sich.

Langsam schlenderte er zu den Tanzenden, wartete aber, bis der Walzer zu Ende war, ehe er Evi abklatschte. Sein Bruder trat sofort zurück und bedankte sich bei Evi, doch das Mädchen schien eher geneigt, mit Firmin weiterzutanzen. Ohne Umschweife zog Mattis sie in seine Arme, so eng, dass sie die Wärme seines kräftigen Körpers spürte und wieder dahinschmolz.

»Der Firmin tanzt sehr gut, das hätt ich ihm gar net zugetraut«, sagte sie dennoch, aber Mattis lachte nur.

»Hast mich ein bisserl eifersüchtig machen wollen, Tschapperl«, sagte er in zärtlichem Tonfall, und in Evi brandete die altvertraute Leidenschaft zu Mattis Althofer auf, der sie immer wieder erlag.

»Kann ich dich denn überhaupt eifersüchtig machen?«, flüsterte sie.

»Ich war aber gleich zur Stell, oder?«

Und so verlief für Evi dieser Abend so, wie sie es sich ausgemalt hatte. Sie war verliebter in Mattis denn je, und auch er zeigte sich aufmerksamer als gewöhnlich. Er genoss es, dass man ihn um seine schöne zukünftige Frau beneidete, und nahm sich wieder einmal vor, Evi zum Traualtar zu führen. In ihr würde er eine Frau finden, die ihm seine Wünsche erfüllen und sich niemals auflehnen würde.

Firmin aber beobachtete sie, und tiefe Trauer spiegelte sich in seinen Augen.

***

Valerie Orth stieg mit steten, gleichmäßigen Schritten bergan. Die Mühelosigkeit, mit der sie sich bewegte, verriet, dass sie es gewohnt war, lange Strecken zu Fuß zurückzulegen. Auch die Frühlingssonne, die für Anfang Mai schon kräftig herabbrannte, konnte Valerie nichts anhaben, sie ließ kein Zeichen der Erschöpfung erkennen.

Erst als sie eine Anhöhe erreicht hatte, hielt sie inne und schirmte ihre Augen gegen die Sonne ab. Ein weiter Wiesengrund, umgeben von schroffen Bergwänden, die in dem hellen Licht wie silbriger Schiefer leuchteten, eröffnete sich vor ihr. Inmitten fruchtbarer Felder und Streuobstwiesen drängten sich die Häuser einer kleinen Ortschaft eng aneinander. Die Kirche hatte einen Zwiebelturm, wie man es in dieser Gegend so oft antraf.

Valerie ließ den ausladenden Rucksack von den Schultern gleiten und setzte sich auf eine Bank, die neben einem blumengeschmückten Marterl stand. Sie löschte ihren Durst, aber sie aß nichts von ihren Vorräten, sie hatte trotz der mehrstündigen Wanderung, die hinter ihr lag, keinen rechten Hunger.

Lange Wege war sie gegangen. Teils, um zu vergessen, was hinter ihr lag, teils, um einen Ort zu finden, an dem sie wieder heimisch werden konnte. Ihren Sehnsuchtsort, wie sie es bei sich mit leichtem Spott nannte.

Seit letztem Jahr, seitdem das Unglück ihre Familie ausgelöscht hatte, war sie unterwegs. So kämpfte sie gegen den Schmerz der Erinnerung an, auch wenn sie sich zunehmend entwurzelt fühlte. Im Winter war sie in einem Landgasthof untergekommen, wo sie hart gearbeitet und sich das Geld erspart hatte, um im Frühjahr wieder auf Wanderschaft gehen zu können.

Wenn es zu kalt und regnerisch war, übernachtete sie auf einer Almhütte oder in einem Fremdenzimmer, meistens aber fand sie eine Scheune oder ein Heustadel, um dort die Nacht zu verbringen. Bevor es tagte, brach sie schon wieder auf, ein schattenhafter Gast, der keine Spuren hinterließ.

Die Bergwelt zog sie immer mehr in ihren Bann. Für Valerie war sie fremd und geheimnisvoll, denn sie kam aus dem Norden. Die Schönheit dieser Naturlandschaft verzauberte sie, oft verweilte sie tagelang an einem Ort, von dem sie sich nicht losreißen konnte. Doch dann trieb es sie wieder voran, und neue Eindrücke hielten sie gefangen.

Das Mittagsläuten klang aus dem Tal empor, ein Klang, den Valerie erstmals wie eine Verlockung empfand. Sie lächelte und stand auf, um sich auf den Weg in das Dorf zu machen.

Als sie durch die Hauptstraße schritt, stellte sie fest, dass der Ort wesentlich größer war, als es der Blick von dem Aussichtspunkt hatte vermuten lassen. Und die Bewohner waren offensichtlich wohlhabend, denn die Häuser waren bestens instand gehalten, häufig mit Lüftlmalerei und reichem Schnitzwerk verziert. Bald würden in den Blumenkästen die Geranien prangen und die Kübelpflanzen, die vor den Eingängen standen, erblühen.

Sie kam an einem weiträumigen Marktplatz vorbei, inmitten stand ein steinerner Brunnen, und Valerie stellte sich vor, wie ihn die Landfrauen an hohen kirchlichen Feiertagen schmückten würden. Aus Gewohnheit steuerte sie auf die Aushängetafel an dem altertümlichen Rathaus zu. Neben dem Aufgebot und einer Todesanzeige fand sie auch ein Stellenangebot vor – der Gasthof »Zur Post« suchte eine Bedienung.

Valerie überschlug im Geiste ihre Barschaft und kam zu dem Ergebnis, dass es wieder angebracht war, eine Zeit lang zu arbeiten, ehe sie weiterzog. Vielleicht konnte sie den Sommer aber auch auf einer Alm verbringen …

Sie musste sich nicht nach dem Gasthaus erkundigen, denn es befand sich nur wenige Schritte von der Kirche entfernt, also im Mittelpunkt des Dorfes. Bewundernd sah Valerie an dem gut erhaltenen zweistöckigen Gebäude empor, dessen Vorderfront kunstvoll mit Blumenmotiven bemalt war. Die massive Eingangstür und die Fensterläden waren aus dunklem Holz, was sich gegen den hellen Anstrich abhob, ein geschmiedetes Schild mit Schnörkeln zeigte den Namen des Wirtshauses an.

Valerie öffnete die schwere Tür und trat in die Wirtsstube ein, in der sich die Mittagsgäste eingefunden hatten. Sie entdeckte jedoch noch einen kleinen Ecktisch, an dem sie sich niederließ. Neugierig ließ sie ihre Blicke durch den Raum schweifen. Auch hier hatte man darauf geachtet, die ursprüngliche Ausstattung beizubehalten. Die Wände waren getäfelt, auch die ausladende Theke war aus dunklem Holz, genauso wie die Dielenbretter.

Dennoch wirkte der Raum durch weiße Zwischenwände keinesfalls düster. Außerdem waren die Tische mit hellen Leinendecken versehen, anmutig gebundene Frühlingssträuße in der Mitte erfreuten das Auge. Es gab ausladende Stammtische, aber auch kleine Tische in geschickter Anordnung, sodass den jeweiligen Bedürfnissen Rechnung getragen wurde.

Valerie verspürte plötzlich heftigen Hunger und begann, in der Karte zu blättern, immer mehr beeindruckt von dem reichhaltigen Angebot traditioneller Speisen.

Von dem Tisch gegenüber, hauptsächlich mit Männern mittleren Alters besetzt, trafen sie neugierige Blicke, aber daran war sie gewohnt. Wo immer sie auftauchte, empfand man sie als fremd, ja fast exotisch mit ihren schwarzen Haaren und den leicht schräg stehenden Augen, deren Farbe an Bernstein erinnerte.

»Wie lang soll ich denn noch auf mein Weißes warten, Regula?«, erklang eine ungeduldige Männerstimme vom Stammtisch her.

»Ich kann auch net hexen, Obermayr«, kam es von der kräftigen Frau, die einen abgehetzten Eindruck machte.

»Da bist selber dran schuld, Postwirtin. Jetzt hast auch noch die Ilse herausgebissen, und die war wahrhaftig flink auf den Beinen. Zwei Jahr hat sie’s mit dir ausgehalten, am längsten von allen, aber dann hat sie auch genug gehabt von deinem bösen Mundwerk«, gab Obermayr ergrimmt zurück.

»Dann trink doch dein Bier anderswo, wenn dir hier die Bedienung nimmer passt«, gab die Wirtin bissig zurück.

»Dann geht aber der ganze Stammtisch …«

Obermayr machte Anstalten, sich zu erheben, aber da eilte schon der Postwirt herbei und legte ihm begütigend die Hand auf die Schulter. »Das hat die Regula net so gemeint, ihr wisst ja, wie sie ist. Eine Runde auf das Haus«, sagte er schnell.

Obermayr ließ sich wieder zurücksinken. »Ja, wir wissen, wie die Regula ist, kannst einem nur leidtun. Aber dennoch vielen Dank für das Freibier.«

Regula Althofer war mit hochrotem Gesicht und verkniffenen Lippen in die Küche geeilt. Sollten doch die Mannsleut heut allein mit der Arbeit fertig werden!

»Mattis«, schrie sie.

Ihr Sohn trat von der Seitentür missmutig in den Flur. »Was gibt’s denn?«

»Wo steckst denn wieder? Hier gibt es Arbeit genug.«

»Auf dem Hof auch. Ich muss die Bierkisten zusammenstellen, sonst werden sie net abgeholt«, gab er unfreundlich zurück, und gleich darauf schlug wieder die Tür hinter ihm zu.

Der Nachhall des harmonischen Geburtstagsfestes war nur kurz gewesen, inzwischen hing der Haussegen bei den Althofers mehr als schief. Regula hatte mit ihrem Sohn eine heftige Auseinandersetzung gehabt, weil sie sich einbildete, dass man sie im Dorf überall schief ansah und dass Mattis die Familie in Verruf brachte.

Doch Mattis hatte sich seiner Mutter erneut widersetzt, und als sein Vater sich einmischte und versuchte, die Wogen zu glätten, gerieten auch seine Eltern miteinander in Streit, was so gut wie nie vorkam. Regula ließ dann ihren ganzen Zorn an der armen Ilse aus, die nun wirklich sehr zuverlässig und bei allen beliebt war, und nannte sie eine lahme Ente mit verfettetem Bürzel.

Ilse ließ das Tablett fallen und rannte laut weinend aus der Gaststube. Trotz aller Bemühungen des Postwirts war sie nicht mehr dazu zu bewegen, weiterhin in dem Gasthof zu arbeiten. Sie nannte Regula sogar eine bösartige Hexe, mit der sie nichts mehr zu tun haben wollte. Dies führte zu einem erneuten Streit zwischen den Eheleuten, denn Sixtus wusste nur zu gut, dass kein weibliches Wesen aus der Umgebung eine Stelle in der Wirtschaft annehmen würde.

Sixtus beeilte sich, die Wünsche seiner Gäste zu erfüllen, später kam sein Sohn dazu und half ihm. Mattis’ Blick fiel auf die Fremde in der Ecke, und er sagte leise zu seinem Vater: »Was ist denn das für eine?«

»Frag sie doch«, erwiderte sein Vater schlecht gelaunt.

Dann aber riss sich der Vater zusammen und ging zu der jungen Frau hinüber, die einen Kaiserschmarren mit Zimt bestellte. Sein geübter Blick flog über die äußere Erscheinung der Fremden. Sie war sehr schlicht und zweckmäßig gekleidet, eine leichte Sommerhose und eine weite Bluse, um die Schultern hatte sie eine grob gestrickte Weste geschlungen. An den Füßen trug sie derbe Wanderschuhe, denen man ansah, dass schon weite Wege in ihnen zurückgelegt worden waren.

Aber die Schönheit des Mädchens traf ihn wie ein Schlag. Ein schmales, fein gezeichnetes Gesicht mit großen Augen von einem eigenartigen Braun und vollen Lippen. Üppige Haare fielen ihr auf die Schultern, seidige Locken, die ein Eigenleben zu führen schienen.

Sie bedankte sich mit einem Lächeln, als er den Schmarren brachte, und er hätte gern ihre Stimme gehört, aber dazu kam es nicht. So nickte er ihr nur zu und kehrte schnell hinter die Theke zurück.

»Schon eine ganz Besondere da drüben. Welcher Wind wohl die hergeweht hat?«, hörte er einen der Stammgäste sagen.

Sixtus schenkte der Fremden keine Beachtung mehr, denn er wollte sich keine Blöße geben. Er verachtete ältere Männer, die jungen Frauen nachstiegen, in der vergeblichen Hoffnung, auf diese Weise etwas von ihrer Jugend zurückzuerlangen.

Er kümmerte sich nicht mehr um die junge Frau, die immer noch dasaß, als sich die Gaststube schon geleert hatte. Schließlich ging er zu ihr hin, und sie bezahlte das Essen, machte aber keine Anstalten aufzustehen.

»Ich hab gelesen, dass hier eine Bedienung gesucht wird«, sagte sie zögernd.

Er erkannte, dass sie aus dem Norden kommen musste, und er überlegte, ehe er antwortete.

»Das stimmt. Hast denn Erfahrung?«

»Ja«, gab sie knapp zur Antwort, und er glaubte ihr, denn es war etwas Tüchtiges und Entschlossenes an ihr.

»Dann kannst anfangen bei uns, so schnell wie möglich.«

»Kann ich auch eine Kammer hier im Gasthaus bekommen? Natürlich gegen Lohnabzug«, wollte sie wissen.

»Ja, das ist uns sogar recht. Wo sind denn deine Sachen?«

Sie wies auf den Rucksack, der neben ihr auf einem Stuhl lag.

»Ich reise mit leichtem Gepäck. Mein Name ist Valerie Orth. Wollen Sie meine Papiere sehen?«, setzte sie hinzu.

Sixtus Althofer winkte ab. »Schon recht, Valerie. Hier im Gebirge duzt man sich.«

»Das ist ungewohnt für mich. Aber es hat auch etwas – Anheimelndes an sich«, gab Valerie zur Antwort.

Sixtus nickte und rief seinen Sohn herbei.

»Der Mattis soll dir deine Kammer zeigen. Heut Abend kannst gleich anfangen, wir haben eine Vereinsversammlung, da geht es immer hoch her.«

Mattis ergriff ohne Umschweife Valeries Rucksack und stieg vor ihr die steile Treppe hoch.

»So, da wären wir. Überschaubar halt, das Kammerl«, meinte er und legte den Rucksack auf dem Stuhl ab.

Der Raum war klein, aber sehr ordentlich, Valerie hatte in letzter Zeit schon schlimmer gehaust.

»Das genügt mir«, sagte sie gleichmütig, und Mattis wandte sich ihr zu, sodass sie sich gegenüberstanden.

Licht fiel auf ihr Gesicht, und Mattis erfasste mit einem Mal, von welch seltsamer Schönheit das Mädchen vor ihm war. Die gleichmäßigen Züge, die helle Haut zu den dunklen Haaren und die großen Augen. Vor allem die Augen – Bernsteinaugen, ging es ihm durch den Sinn, und er spürte, wie ihn etwas durchströmte, das er nicht benennen konnte.

Auch Valerie verharrte stumm und bewegungslos. Mattis Althofer war ein schöner Mann, der gleichzeitig eine fast urtümliche Kraft ausstrahlte. Sie glaubte, seine Wärme, seinen Geruch wahrzunehmen, wie ein Sog zog es sie zu ihm hin.

Doch dann befreite sich Valerie aus dem Bann, der sie gefangen hielt, und sie trat zurück. Mattis ließ den Blick nicht von ihr, in seinen Augen war ein Funkeln, das sie erschauern ließ. Aber er sagte kein Wort.

»Ich soll heut Abend gleich anfangen«, sagte sie schließlich, und ihm blieb nichts anderes übrig, als sich von ihr loszureißen.

Behutsam schloss sie die Tür hinter ihm.

Als Regula Althofer später der neuen Bedienung ansichtig wurde, verfinsterte sich schlagartig ihr Gesicht.

»Du kannst doch net in Hosen bedienen, wie schaut denn das aus?«, fuhr sie Valerie aufgebracht an.

Valerie sah an sich herunter. An ihrem Aufzug gab es ihrer Meinung nach nichts auszusetzen. Sie trug jetzt auch leichte Sandalen und nicht mehr die plumpen Wanderschuhe.

»Bei uns herinnen trägt man ein Dirndl, wie es der Brauch ist. Das ist schließlich ein Landgasthof.«

»Ich hab kein Dirndl, ich bin ja net von hier«, wandte Valerie ein.

»Das sieht man. Hast wenigstens einen Sommerrock und eine Bluse?«

Valerie nickte und ging auf das Geheiß der Wirtin in ihre Kammer zurück, um sich umzuziehen.

»Das geht schon besser. Und dann staffierst dich halt aus, wenn du überhaupt hierbleiben willst«, sagte die Wirtin dann.

Valerie trug jetzt einen bunten Sommerrock und eine einfache weiße Bluse, was sie fast jungmädchenhaft erscheinen ließ. Sie machte sich sofort daran, die Tische für den Abend einzudecken, so wie Regula sie angewiesen hatte.

Regula aber zog die Küchentür hinter sich zu und sah ihren Mann, der gerade mit dem Lammbraten beschäftigt war, erbost an. »Was hast dir denn dabei gedacht, so eine bei uns einzustellen?«, fuhr sie ihn an.

»Was meinst denn mit ›so eine‹? Sie macht doch keinen schlechten Eindruck«, setzte er sich zur Wehr.

Regula stieß ein gekünsteltes Lachen aus.

»Wie die schon ausschaut! Ich sag dir, Sixtus, das gibt nichts als Ärger. Und wer muss es wieder ausbaden …«

»Hör zu, Regula. Aus dem Dorf bekommst niemanden mehr, und wir sind auf Hilfe angewiesen. Also mach ihr net das Leben schwer, sondern sei froh, dass der Zufall sie hierhergeführt hat!«, fiel er ihr ins Wort.

»Wenn die überhaupt das Arbeiten gewöhnt ist!«, murmelte Regula abschätzig vor sich hin und rührte missmutig in einem der Töpfe.

Doch es zeigte sich schon am selben Abend, dass Valerie mit der Arbeit in einem Gasthaus sehr wohl vertraut war. Sie wusste genau, worauf es ankam, bewegte sich flink und anmutig zwischen den Tischen hindurch, vergaß weder eine Bestellung, noch verrechnete sie sich. Außerdem war sie von unerschütterlicher Freundlichkeit, gleichzeitig aber verstand sie es, die männlichen Gäste auf Abstand zu halten.

Der Postwirt sah es mit Genugtuung, seine Frau aber bekam schmale Lippen, denn Regula neigte zur Eifersucht. Als der letzte Besucher gegangen war, räumte Valerie klaglos den Gastraum auf, ehe sie zu ihrer Kammer hochstieg.

Dort ließ sich die junge Frau erschöpft auf das Bett fallen. Fast wäre sie eingeschlafen, aber dann raffte sie sich wieder auf, um sich für die Nacht fertigzumachen und den kleinen Wecker zu stellen. Bevor sie einschlief, tauchte Mattis Althofers markantes Gesicht vor ihrem geistigen Auge auf, und sie seufzte.

Am nächsten Tag befolgte sie die Anweisung der Wirtin und fuhr mit dem Bus frühmorgens in die Kreisstadt, um sich »ländlich einzukleiden«, wie sie es bei sich nannte. Sie erstand zwei einfache, preisgünstige Dirndlkleider, die ihr wie angegossen passten, und kehrte nach kurzem Aufenthalt wieder zurück, um Regula bei den Vorbereitungen für die Mittagsgäste zur Hand zu gehen.

»Jesses«, kam es von Mattis Althofers Lippen, als er Valerie in einem der neuen Dirndlkleider sah.

Das dunkelgrüne Baumwolldirndl mit weiß-grün gestreifter Schürze brachte Valeries Figur erst richtig zur Geltung. Das anliegende Mieder betonte ihre vollen weiblichen Formen und gleichzeitig ihre schmale Taille, und der weit schwingende Rock gab ihre schönen Beine mit den schlanken Fesseln frei.

Sie hatte sich die üppigen dunklen Haare aufgesteckt, sodass der anmutig geschwungene weiße Nacken sichtbar wurde. Und obwohl an dem Dirndlkleid nichts Besonderes war und sie kein einziges Schmuckstück trug, haftete Valeries Erscheinung etwas an, das alle in ihren Bann zog. So, als wäre sie durch die Willkür des Schicksals an diesen abgelegenen Ort verschlagen worden.

Regula sagte gar nichts bei ihrem Anblick. Sie gab nur kurze Befehle, und obwohl Valerie alles wunschgemäß ausführte, verlor sie kein Wort der Anerkennung darüber. Valerie war ihr wirklich eine große Hilfe, doch Regula wollte es nicht wahrhaben.

Einer der Stammtischbrüder, der Valerie eingehend begutachtete hatte, rief spöttisch zu Regula hinüber: »Dass du mir das Madl net auch vergraulst, Postwirtin! Das ist doch mal eine echte Augenweide.«

Das hatte man auch von ihr gesagt, als sie in jungen Jahren mit ihrem Sixtus das Gasthaus übernommen hatte, und sie verspürte einen bitteren Geschmack im Mund. So waren sie halt, die Mannsleut, wenn man älter wurde, galt man nichts mehr. Auch wenn man sich früh und spät abgerackert hatte.

Doch Regula verbarg ihre Verbitterung und lächelte. Sie bemühte sich sogar, etwas liebenswürdiger zu sein, setzte sich später an den Stammtisch und plauderte mit dem Bürgermeister und dem Apotheker.

Aber in ihrem Herzen wuchs der Zorn.

Mattis, der sonst eher ein Draufgänger war, was Frauen betraf, hielt sich neuerdings völlig zurück. Er richtete nur das Wort an Valerie, wenn es unbedingt notwendig war, und ging hauptsächlich Verpflichtungen außerhalb der Wirtschaft nach.

Doch wenn sich die Gelegenheit ergab, beobachtete er Valerie heimlich.

Langsam kehrte wieder Ruhe beim Postwirt ein: Regula musste im Insgeheimen zugeben, dass Valerie eine große Entlastung für sie war, denn keine Arbeit war ihr zu viel. Sie war außerdem gleichbleibend freundlich und gab keine Widerworte, und wenn Regula einen scharfen Tonfall anschlug, so schien sie das einfach zu überhören.

Nur ein Mal kam es zu einem Zwischenfall. Xaver Kreindl, der leicht ausfällig wurde, wenn er zu viel getrunken hatte, versuchte schon seit Längerem, Valeries Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er war ein stiernackiger, ungeschlachter Jungbauer, eigentlich gutmütig, aber er vertrug eben keinen Alkohol.

Nachdem Valerie seinem Liebeswerben keine Beachtung geschenkt hatte, betrank er sich sinnlos und lauerte ihr auf dem Flur auf. Valerie schrie auf, als er sie heftig ergriff und an die Wand drängte. Mattis, der Xaver im Auge behalten hatte, eilte nach hinten, und zog den Betrunkenen wütend von Valerie weg.

»Lass deine Pratzen von dem Madl!«, schrie er und versetzte Kreindl einen so heftigen Faustschlag, dass er zu Boden ging, obwohl er wesentlich stärker als Mattis war. Valerie war eher wütend als beschämt über diesen Angriff. Es sah aus, als züngelten die schwarzen Haare ihr um das Gesicht, und Mattis starrte sie hingerissen an. Dann wandte er sich wieder Xaver zu, der sich stöhnend zu rühren begann.

»Da hast mich ja sauber erwischt«, murmelte er undeutlich und betastete mit schmerzverzerrter Miene sein Kinn.

»Und du kannst noch etwas ganz anderes erleben, wenn du dich noch mal so aufführst, hast gehört?«

Kreindl, jäh ernüchtert, richtete sich mühsam auf. »Ist ja schon gut. Gefällt dir wohl selber, das Madl? Ja, die hat was, auch wenn sie so spröd tut«, nuschelte er.

»Du fängst dir gleich noch eine ein«, fauchte Valerie mit sprühenden Augen, und Mattis fand sie einfach unwiderstehlich, wenn sie wütend war.

Xaver Kreindl wankte durch den Wirtssaal, gefolgt von den hämischen Bemerkungen seiner Stammtischbrüder.

»Und lass dich nimmer so schnell hier blicken!«, rief Mattis ihm nach. Dass die Knöchel seiner Rechten heftig zu schmerzen begannen, nahm er gar nicht erst wahr.

Valerie strich sich die Haare zurück, ordnete ihre Kleidung und nahm die nächste Bestellung auf. Sie wirkte so ungerührt, als wäre nichts vorgefallen. Und Mattis Althofer bewunderte sie dafür umso mehr.

Natürlich sprach es sich im Dorf herum, was sich im Gasthaus ereignet hatte, und alles wurde wie gewöhnlich so aufgebauscht, als hätte dort eine Massenschlägerei stattgefunden. Nicht wenige waren der Meinung, dass die neue Bedienung eine sei, die nur Unruhe ins Dorf brachte, und gaben ihr eine Mitschuld an dem Geschehen.

***

»Habt ihr schon gehört, was im Wirtshaus los war?«, fragte Ursula Burger, als sich die Rathaus-Ratschen wieder – dieses Mal bei Evi – trafen.

»Der Mattis soll einen niedergeschlagen haben wegen der neuen Bedienung«, gab Kathi Rottinger zur Antwort und lehnte das angebotene Gebäckstück mit leidender Miene ab, denn sie musste darben, um in ihr Hochzeitskleid zu passen.

»Eine neue Bedienung?«, echote Evi verwundert.

»Ja, die Althofers haben doch so ein eigenartiges Madl eingestellt, das plötzlich im Dorf aufgetaucht ist. Du und der Mattis scheint euch ja net viel zu unterhalten«, fügte Leni Kalterer etwas boshaft hinzu.

Evi zuckte mit gespielter Gleichgültigkeit mit den Schultern. »Davon hat er mir nichts erzählt. Aber das hat wohl auch keine Bedeutung, es hält eh keine lang aus mit der Regula.«

»Da hast schon recht. Aber diese Valerie, so heißt sie, soll etwas ganz Besonderes sein, eine richtige Schönheit. Und als der Kreindl-Xaver sich Mut angetrunken hat und sie angegangen ist, soll ihm der Mattis eine ganz schöne Abreibung verpasst haben. Das ist sonst doch gar net seine Art«, meinte Kathi nachdenklich.

»Die Althofers mögen es net, wenn sich jemand im Gasthof danebenbenimmt. Das tät den Ruf schädigen, sagt die Regula immer, und damit hat sie wohl recht«, meinte Evi. »Ich war schon länger nimmer beim Postwirt, weil ich jeden Tag bei meinen Eltern bei der Heumahd hab mithelfen müssen.«

Brigitte Ottinger kam wie üblich zu spät hereingestürmt, auf ihrem Rock waren Flecken, die die Händchen ihrer Kinder hinterlassen hatten.

»So, die Rasselbande ist untergebracht, jetzt hab ich mal ein Stünderl Zeit für mich«, erklärte sie befriedigt. Sie erspähte den Teller mit dem Schmalzgebackenen, den dieses Mal Ursula bereitgestellt hatte, und machte sich darüber her, dass sich in Evi der Verdacht regte, dass die Freundin schon wieder ein Kind erwartete.

Brigittes Eintritt hatte den Gesprächsfaden abgerissen, worüber Evi ganz froh war, und die Unterhaltung wandte sich Kathis bevorstehender Hochzeit zu.

Die junge Frau wuchtete einen ganzen Packen mit Katalogen auf die Schreibtischplatte, und die Rathaus-Ratschen beugten sich über die Abbildungen, die allesamt Brautkleider in den verschiedensten Variationen zeigten.

Kathi wies auf eines mit enger Taille und ausladend gestuften Volants, eine lange Schleppe vervollständigte das Bild. »Das tät mir halt gut gefallen, aber ich tät da drin aussehen wie eine Hochzeitstorte. Und reinpassen würd ich eh net, da kann ich hungern, wie ich will«, schloss sie und blätterte betrübt weiter.

»Net, dass du uns vom Fleisch fällst!«, lästerte die unverbesserliche Leni. »Aber du hast schon ordentlich abgenommen, alles was recht ist.«

Kathis reizendes Gesicht erstrahlte. »Meinst?«

»Ja, das fällt sogar schon auf«, stimmte Ursula zu. »Ich finde, dass ein einfacher Schnitt bei einem weißen Kleid immer raffinierter ist. Lieber ein edleres Material, vielleicht Spitze …«

»So etwas Feines passt net zu mir, ich bin halt ein richtiges bayrisches Gewächs«, wandte Kathi sofort ein.

»Wie wär’s damit?«, schlug Leni vor.

Sie wies auf ein Kleid, dessen Oberteil so gearbeitet war, dass es entfernt an ein Dirndlmieder erinnerte.

Kathi stieß einen spitzen Schrei aus, dass alle zusammenzuckten, und verkündete entzückt: »Genau so was tät mir passen. Ich dank dir, Leni!«

Sie umarmte die überraschte Leni stürmisch, und gemeinsam begutachteten die Freundinnen das Kleid und fanden übereinstimmend, dass es trotz aller Aufwendigkeit nicht zu pompös wirkte.

»Darin wirst einfach wunderbar aussehen, Kathi«, meinte auch Evi, was Kathi vollends zufriedenstellte.

Später, als Evi sich wieder allein in ihrem Dienstzimmer befand, ging ihr nicht mehr aus dem Kopf, dass Mattis nichts von der neuen Bedienung erzählt hatte. Er hatte sich auch sehr rar gemacht, was ihr bis heute allerdings nicht aufgefallen war, da sie vermehrt Zeit auf dem elterlichen Hof verbracht hatte.

Sie nahm sich vor, sich demnächst beim Postwirt blicken zu lassen, vielleicht auch, um Mattis zu überraschen.

***

Zwischen Mattis Althofer und Valerie Orth begann sich etwas abzuspielen, das den anderen verborgen blieb.

Mattis suchte weder ihre Nähe, noch sprachen sie viel miteinander, dennoch hatte jeder Blick, den sie sich verstohlen sandten, eine tiefe Bedeutung. Er bemerkte mit Entzücken, wie sie dann errötend den Kopf senkte, und er hatte das Empfinden, als verfolgten ihn ihre Bernsteinaugen bis in seine Träume.

Mattis schlief unruhig, manchmal stand er auf und ging rastlos durch das Haus. Sie war ihm so nah, und doch trennte sie so vieles. Er fragte sich, ob sie die Kraft seines sehnsüchtigen Verlangens spürte und ob sie es sogar teilte.

Tagsüber war er wortkarg und verschlossen, da er jedoch seine Pflichten zuverlässig verrichtete, fiel seinen Eltern diese Veränderung nicht auf. Er traf sich nicht mehr mit seinen Spezln, deren Vergnügungen ihm plötzlich unreif vorkamen, und trank kaum noch.

Auch seine Einstellung gegenüber Frauen veränderte sich. Hatte er früher versucht, mit jeder halbwegs hübschen Frau anzubandeln, um sich triumphierend darüber auszulassen, schämte er sich jetzt dieses Verhaltens. Er spürte, dass sich eine Wandlung mit ihm vollzog, seitdem er Valerie zum ersten Mal gesehen hatte.

Evi hatte er völlig aus seinen Gedanken verdrängt.

Doch er wurde sehr unsanft an sie erinnert, als sie eines Abends in die Gaststube gestürmt kam und Regula, die gerade einen Tisch abräumte, um den Hals fiel.

»Jesses, Madl! Wo warst denn die ganze Zeit …«

»Hat dir der Mattis net erzählt, dass ich zu Haus beim Heumachen helfen musst? Aber jetzt ist alles unter Dach und Fach, ein Glück bei dem launischen Wetter«, erklärte Evi und ließ sich an dem Tisch nieder, wo sie immer mit ihren Freundinnen zusammensaß.

»Bist halt eine ganz Tüchtige«, sagte Regula laut vernehmbar, denn das war besonders für Mattis’ Ohren bestimmt.

Ihr Sohn näherte sich ihnen halbherzig, doch er beugte sich nicht vor, um Evi zu küssen, wie diese angenommen hatte, sondern versetzte ihr nur einen freundschaftlichen Schlag auf die Schulter.

»Du hast mich wohl net vermisst«, sagte sie lächelnd, aber ihre Stimme hatte einen Unterton, den er nicht mochte.

»Jetzt bist ja da«, sagte er knapp.

»Ich bring dir von dem Apfelstrudel, den ich heut frisch gebacken hab. Willst auch noch ein Stückerl?«, fügte Regula hinzu, an ihren Sohn gewandt.

»Dein Apfelstrudel ist ein Gedicht, aber wenn ich so viel essen tät, wie du das gern hättest, würd ich keiner Frau mehr gefallen«, gab er zur Antwort.

Regula drehte sich um und murmelte etwas wie »davon hast eh schon genug gehabt«, ehe sie in der Küche verschwand. Doch Mattis setzte sich zu Evi, wie es seine Mutter von ihm erwartete, sodass ihre Miene wieder milder wurde, als sie mit einem großen Teller mit Apfelstrudel, auf dem sie großzügig Vanillecreme verteilt hatte, zurückkehrte.

»Dank dir schön, da brauch ich kein Abendessen mehr«, sagte Evi, und nach dem ersten Bissen seufzte sie glücklich auf.

»Und?«

»Einfach köstlich, Regula.«

Die Postwirtin strahlte und ging zu einem anderen Tisch, um dort eine Bestellung aufzunehmen. Mattis hatte inzwischen eine lässige Haltung angenommen, aber sie spürte, dass er innerlich angespannt war, was sie beunruhigte.

»Man hört ja schlimme Sachen von hier, eine Schlägerei hätt es gegeben mit dem Kreindl Xaver«, begann Evi und ließ die Gabel sinken.

»Deine Rathaus-Ratschen haben dir ja sicher alles mitgeteilt und wie immer übertrieben«, sagte er abfällig.

Evis Brauen zogen sich zusammen. »Red net so über meine Freundinnen! Etwas gegeben hat es jedenfalls«, gab sie unmutig zur Antwort.

»Net der Rede wert.«

Evi aß weiter, aber der herrlich lockere Apfelstrudel schien ihr plötzlich nicht mehr richtig zu schmecken. »Um was ging’s denn eigentlich?«

»Der Kreindl hat mal wieder zu viel getrunken und ist übergriffig geworden. Du kennst ihn doch«, sagte Mattis in gelangweiltem Ton.

»Und da hast du den Retter der Bedrängten gespielt«, erwiderte Evi spöttisch. »Sonst ist doch immer dein Vater dafür zuständig.«

»Das hat sich halt so ergeben. Willst noch Einzelheiten über die Verletzungen wissen?«, sagte Mattis gereizt.

»Ich ess grad.«

In diesem Auenblick kam Valerie aus einem der Hinterzimmer, wo sie eine geschlossene Gesellschaft bedient hatte, was ein langwieriger Vorgang gewesen war. Als Evi sie erblickte, erstarrte sie.

»Das ist also eure neue Bedienung! Kein Wunder, dass du bei der den edlen Ritter gespielt hast!«, kam es aus ihrem Mund, ehe sie ihre Worte zurückhalten konnte.

Evi hatte sich immer gehütet, sich vor Mattis eifersüchtig zu zeigen, doch jetzt fiel all die Selbstbeherrschung, die sie sich so mühsam anerzogen hatte, weg. Evi Landegger war völlig außer sich.

Mattis lag eine heftige Entgegnung auf der Zunge, aber Valeries Näherkommen verhinderte, dass er sie aussprach. Die junge Frau grüßte Evi freundlich und bat Mattis, sich um den Wein zu kümmern.

»Einer der Gäste hat nämlich nach einem Grünen Veltliner verlangt«, sagte sie an Mattis gewandt.

»Ich geh nachher in den Keller. Und Traminer bring ich auch gleich mit, der wird auch gern getrunken.«

Evi stellte fest, dass die junge Frau von der Nähe betrachtet noch mehr gewann, und sie fühlte sich mit einem Mal unbedarft und reizlos. Kein Wunder, dass Mattis sie nicht begehrte und es mit der Heirat nicht eilig hatte …