Heiratspläne - Cathy Gillen Thacker - E-Book

Heiratspläne E-Book

Cathy Gillen Thacker

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Beschreibung

Warum versucht Chase mit allen Mitteln, seine beste Freundin Bridgett von ihren Heiratsplänen abzubringen? Ist er womöglich eifersüchtig? Es hat fast den Anschein, als würde der überzeugte Junggeselle am liebsten selbst mit der schönen Rothaarigen vor den Traualtar treten …

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IMPRESSUM

Heiratspläne erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2002 by Cathy Gillen Thacker Originaltitel: „Her Bachelor Challenge“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 2013 - 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Ingrid Bulka

Umschlagsmotive: GettyImages_silverkblack

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733759117

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Chase Deveraux hatte es bereits geahnt, als er die Einladung seines Vaters zu einem offiziellen Familientreffen in der Villa der Deveraux’ in den Händen hielt – er würde Mühe haben, nicht die Nerven zu verlieren. Und er hatte recht gehabt mit seiner Befürchtung. In dem Augenblick, als er das Wohnzimmer betrat und seinen jüngsten Bruder Gabe, den berühmt-berüchtigten Herzensbrecher, vor dem Kamin stehen sah, stieg die kalte Wut in ihm hoch.

„Ich kann dir alles erklären.“ Gabes Unschuldsmiene grenzte fast an Unverschämtheit.

„Darauf wette ich“, erwiderte Chase sarkastisch. Es gab Zeiten, in denen er froh war, dass er und seine drei jüngeren Geschwister beschlossen hatten, sich in Charleston, South Carolina niederzulassen. Sie wollten in der Nähe ihres Vaters bleiben – ganz besonders nach dessen Scheidung. Doch in diesem Moment wünschte Chase sich weit weg von hier.

Er sah seinen jüngeren Bruder warnend an. „Das Problem ist nur“, stieß er ärgerlich zwischen den Zähnen hervor, „ich will nichts davon hören. Was ich heute Mittag mit eigenen Augen gesehen habe, hat mir gereicht.“

Gabe ignorierte den Einwand. „Maggie hat mich angerufen. Es war ein medizinischer Notfall.“

Chase zog ungläubig die Augenbrauen hoch. „Sicher, und du musstest gleich Mund-zu-Mund-Beatmung praktizieren, ja?“ Er ging auf seinen Bruder zu.

„Ich hätte dir etwas mehr Verstand zugetraut“, schaltete sich Mitch, der zweitälteste der Deveraux-Brüder ein. Er zog die Jacke seines grauen Geschäftsanzuges aus, legte sie locker über einen Sessel und löste die silberne Krawatte. „Dich mit Maggie Callaway zu treffen, ist schon schlimm genug nach dem, was sie unserer Familie vor zwei Jahren angetan hat. Musstest du sie da auch noch küssen, Gabe? Und noch dazu vor Chases Augen? Das ist mehr als peinlich.“

Amy, die Friedensstifterin unter den Geschwistern, versuchte zu vermitteln. Sie nahm ihren jüngeren Bruder in Schutz. „Kann es nicht sein, dass du da irgendetwas völlig missverstanden hast, Chase?“, fragte sie, während sie an den zarten Blütenblättern eines Rosenstraußes zupfte, der in einer wertvollen Kristallvase steckte. „Immerhin hat es sich doch um einen medizinischen Notfall gehandelt. Vielleicht war Maggie ja kurz davor, in Ohnmacht zu fallen. Als Arzt weiß Gabe schließlich am besten, was in einem solchen Fall zu tun ist.“

„War es so?“, wandte Chase sich erneut an seinen Bruder, dem das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben stand. Auch wenn Chase krampfhaft versuchte, das Bild von Gabe und Maggie, wie sie sich küssten, zu verdrängen, so saß doch der Ärger darüber, dass sein eigener Bruder sich an seine Exbraut heranmachte, tief. Zwischen Geschwistern sollte es so etwas wie Loyalität geben. „Hat Maggie dich zu sich in ihr Haus am Meer eingeladen, weil sie Angst hatte, ohnmächtig zu werden?“

Gabe schwieg.

Chase wurde noch wütender. „Lass mich raten, was als Nächstes geschah. Du bist zu ihr geeilt. Sie hat dir die Tür geöffnet – und bei deinem Anblick wurden ihr die Knie weich. Da hast du sie in deine Arme gerissen und sie geküsst. Natürlich nur aus rein medizinischen Gründen.“

„Sie ist nicht in Ohnmacht gefallen.“ Jetzt war Gabe derjenige, der die Wörter zwischen den Zähnen hervorstieß, während er auf eine der Glastüren zuging, die auf die Veranda führten.

„Sondern?“ Mitch sank auf einen der gepolsterten Stühle, die farblich haargenau auf den dicken blauen Teppich abgestimmt waren, der von goldenen sternförmigen Mustern durchzogen war. „Was ist dann passiert?“

„Ich weiß es nicht so genau.“ Gabe zuckte widerstrebend die Achseln. „Ich weiß nur noch, dass Maggie mich angerufen hat und mich bat, sofort zu ihr zu kommen. Mehr nicht.“

„Und wozu, wenn man fragen darf?“ Amy sah Gabe erwartungsvoll an.

„Das ist vertraulich“, erwiderte er steif und stellte sich unter das imposante Gemälde des legendären Kriegshelden General Marschall Deveraux.

„Das kann ich mir sehr gut vorstellen.“ Chase fand, dass er lange genug die Ruhe bewahrt hatte. Entschlossen griff er nach dem Whiskey seines Vaters und bediente sich.

Gabe gesellte sich zu ihm an die Bar und nahm sich ein Soda mit Eis. „Wenn du es genau wissen willst, sie hatte tatsächlich einige medizinische Fragen.“

Chase kannte seinen jüngsten Bruder gut genug, um zu wissen, dass er seinen Ruf als Frauenheld sehr wohl verdiente und dass er ein Weltmeister im Vertuschen seiner Affären war. Aber das war nun wirklich zu lächerlich. „Willst du damit sagen, dass du all deine Patientinnen erst einmal leidenschaftlich küsst, bevor du deinen Job erledigst?“

„Sie ist nicht meine Patientin“, entgegnete Gabe aufgebracht. „Ich habe ihr lediglich zugehört und sie beraten.“

Chase wünschte, er hätte Gabe glauben können. Doch er bezweifelte, dass die Beziehung zwischen Maggie und seinem Bruder rein platonisch war. Er erinnerte sich noch sehr gut an den Tag, als die beiden sich zum ersten Mal begegnet waren. Von jener Sekunde an gehörte seine Verlobung mit Maggie sozusagen der Vergangenheit an. Nicht, dass seine Gefühle für Maggie besonders tief gingen, doch die Demütigung in aller Öffentlichkeit war unerträglich gewesen.

„Und wie kannst du mir dann die Mund-zu-Mund-Beatmung erklären?“ Chase ließ nicht locker.

„Es ist einfach über uns gekommen. Der Kuss, bei dem du uns überrascht hast, war nicht geplant. Du hast ja auch nicht geplant, ausgerechnet in dem Moment aufzutauchen, als ich mich von Maggie verabschiedete.“

„Ich verstehe. Es war ein unglücklicher Zufall. Zwei Tage vor unserer Hochzeit spannst du mir meine Verlobte aus und lässt sie dann auch noch sitzen, nachdem wir publik gemacht hatten, dass die Hochzeit geplatzt ist. Nennst du das wirklich Zufall?“

Gabe sah seinen Bruder frustriert an. „Nach allem, was sich in der Zwischenzeit in unserer Familie zugetragen hat, konnte ich mich unmöglich auf eine Beziehung mit ihr einlassen.“

Chase schnaubte verächtlich. „Schade, dass dir das nicht eingefallen ist, bevor du meine Hochzeitspläne durchkreuzt hast.“

„Wenn irgendjemand deine Hochzeitspläne durchkreuzt hat, dann warst du das ganz allein, Chase.“

Chase stellte sein Whiskeyglas unsanft auf das Sideboard zu seiner Rechten. „Was sagst du da?“

„Du hast mich sehr wohl verstanden.“ Gabes Augen funkelten vor Wut. „Wenn du Maggie nur ein Zehntel des Interesses entgegengebracht hättest, das du in deine Zeitschrift investierst, dann …“

Chase wurde rot. War es vielleicht seine Schuld, dass Maggie immer so getan hatte, als wäre sie eine pflegeleichte Partnerin? In Wirklichkeit war das Gegenteil der Fall. „Hätte sie mir auch nur ein Wort gesagt, dann hätte ich mich ja zu ihr gesetzt und ihr stundenlang zugehört.“ Zumindest hätte er es versucht. Denn jeder im Raum wusste, dass Chase es nicht ertragen konnte, seine Zeit mit unwichtigem Gerede zu verplempern.

„Das hättest du selbst merken müssen.“ Gabe hatte allmählich die Nase voll von Chases selbstgefälligem Getue.

Doch Chases Erfahrungen mit Frauen waren bislang ganz anderer Natur gewesen. Die Frauen, mit denen er sich verabredet hatte, wollten Sex und Leidenschaft und keine gefühlvollen Unterhaltungen. Er hatte die Gedanken der Frauen noch nie nachvollziehen können. Das war eher Gabes Metier.

„Jetzt hört endlich auf zu streiten“, mischte Amy sich ein. „Chases und Maggies Verlobung war wahrscheinlich sowieso zum Scheitern verurteilt. Habt ihr denn den Fluch vergessen, der auf unserer Familie liegt?“

Chase und Gabe stöhnten. „Fang bloß nicht wieder damit an.“ Chase warf seiner Schwester einen verzweifelten Blick zu.

„Vielleicht hat Amy ja recht“, wandte Mitch ernst ein. „Wenn du und Maggie tatsächlich geheiratet und eine glückliche Ehe geführt hättet, wärt ihr seit drei Generationen die ersten Deveraux’ gewesen, die sich dem Fluch entzogen hätten.“

„Unsere gescheiterte Hochzeit hat nichts mit einem Fluch zu tun, der unserer Großtante Eleanor gilt.“

„Erzähl das mal all denen in unserer Familie, deren Beziehung in den letzten sechzig Jahren grundlos gescheitert ist. Und dann behaupte noch einmal guten Gewissens, dass sich der Fluch nicht auf die nächste Generation übertragen hat.“

„Blödsinn.“ Gabe trank den Rest Soda mit einem einzigen Schluck aus. „Großtante Eleanors Vermächtnis hat nicht das Geringste mit dieser Angelegenheit zu tun. Und wenn es Chase und Maggie vorherbestimmt gewesen wäre, zu heiraten, dann hätten sie es auch getan. Fluch hin, Fluch her. Und auch ich hätte die Heirat nicht verhindern können, ganz gleich, was ich gesagt oder getan hätte.“

„Zumindest redest du dir das ein“, sagte Chase wütend. Er hatte schon einige Niederlagen einstecken müssen. Aber die Demütigung, die Maggie ihm zugefügt hatte, als sie die Hochzeit absagte, war der Gipfel gewesen. An diesem Tag war ihm zum ersten Mal wirklich bewusst geworden, dass es nicht nur die Scheidung seiner Eltern und seines Bruders Mitch gab. Auch er selbst schien nicht für die Ehe geschaffen zu sein. Und das war eine traurige Erkenntnis. Doch wenn man den Statistiken glaubte, waren die Menschen heutzutage sowieso nicht mehr dazu in der Lage, in einer beständigen Beziehung glücklich zu werden.

Offensichtlich war es schon schwierig genug, es überhaupt bis zum Altar zu schaffen – ganz zu schweigen von den glücklichen Jahren des Beisammenseins, die diesem bedeutungsträchtigen ‚Ja‘ folgen sollten. Chase würde eine Lehre daraus ziehen. Er würde sich ab sofort darauf beschränken, das Glück des Augenblicks zu genießen. Seinen Glauben an eine glückliche Zukunft zu zweit hatte er spätestens jetzt verloren.

„Außerdem finde ich, dass Chase das Beste aus der Situation machen sollte.“ Amy steckte die Hände in die Taschen ihres pastellfarbenen Overalls, auf dem sich eine kunstvolle Stickerei des Namens ihres Dekorationsgeschäftes befand. „Anstatt Rachepläne gegenüber der restlichen weiblichen Welt zu schmieden, solltest du froh sein, dass dir eine Ehe erspart geblieben ist, die sowieso mit einer Scheidung geendet hätte.“

„Was willst du damit sagen?“, fragte Chase aufgebracht. Sonst gelang es Amy immer, das angeknackste Ego ihrer Brüder wieder aufzubauen. Wieso griff sie ihn plötzlich an? Schließlich versprach er den Frauen niemals mehr, als er letztendlich zu geben bereit war – und das war der Zauber des Augenblicks.

Amy sah ihn seltsam an. „In deiner Zeitschrift machst du die Frauen zu Objekten. Und du bist hinter jeder Frau in Charleston her.“

„Meine Models werden gut bezahlt, und sie haben sich noch nie darüber beschwert, dass sie in Der Moderne Mann besonders toll aussehen. Und was deinen anderen Vorwurf betrifft, ich beschränke mich schon längst nicht mehr auf die Frauen von Charleston. Ich habe mein Jagdrevier auf die gesamte Ostküste ausgedehnt.“

„Das ist nicht witzig, Chase“, entgegnete Amy stirnrunzelnd.

„Es war auch nicht witzig gemeint.“ Chase nahm kein Blatt vor den Mund. „Frauen sind nur aus einem Grund auf der Welt: Um Männer glücklich zu machen.“ Insgeheim ging er sogar noch einen Schritt weiter. Er war fest davon überzeugt, dass die Männer umgekehrt dazu geschaffen waren, Frauen glücklich zu machen. Und wer behauptete, dass das anders war, der war an seinem Unglück selber schuld.

„Und das gilt auch für die gute alte Maggie“, fuhr Chase fort. Dabei übersah er absichtlich Gabes drohenden Blick. „Und genau aus diesem Grund ist unser lieber Gabe auch zu ihr geeilt.“ Chase wusste ganz genau, dass er seinem Bruder mit dieser Äußerung einen Schlag versetzte. Denn wenn Gabe auch Einiges einstecken konnte – wenn jemand sein Pflichtbewusstsein infrage stellte, reagierte er empfindlich. „Maggie war einsam, sie war verzweifelt. Sie brauchte dringend jemanden, der sie trösten konnte. Also rief sie unseren guten Samariter an und klagte ihm ihr Leid. Und in seiner unendlichen Güte ließ der alles stehen und liegen und eilte zu ihr, um …“

Gabes Faust hinderte Chase daran, den Satz zu vollenden. Voll grimmiger Genugtuung gestand er sich ein, dass er das von vornherein geplant hatte.

Bridgett Owens parkte ihr Mercedes-Cabrio direkt am Hintereingang der Deveraux-Villa und ging zielstrebig auf den Dienstboteneingang zu. „Was gibt es denn für einen Notfall?“ Sie begrüßte ihre Mutter mit einem flüchtigen Kuss.

Theresa Owens nahm eine geblümte Schürze aus der Schublade und band sie um die Taille, um ihre dunkelblaue Uniform mit dem steif gestärkten weißen Kragen zu schützen. Dann stürzte sie in die Küche zurück und nahm eine Packung Krabben und einen Becher Crème fraîche aus dem Kühlschrank. „Grace kommt nach Hause“, entgegnete sie mit vor Aufregung geröteten Wangen. Sie warf noch einen letzten Blick auf ihr Kochrezept und stellte einige weitere Zutaten bereit. „Tom ist zum Flughafen gefahren, um sie abzuholen. Die Kinder warten alle im Wohnzimmer, und ich habe niemanden, der mir hilft.“

„Wo sind denn die anderen?“, fragte Bridgett. Tom Deveraux hatte außer ihrer Mutter, die einen Fulltime-Job als Köchin und Haushälterin hatte, noch einen Chauffeur und einen Gärtner beschäftigt.

Theresa strich sich eine Strähne ihrer rotbraunen Haare aus der Stirn. „Die haben frei.“

„Findest du nicht, dass dir auch hin und wieder ein freier Tag zustehen würde, Mom?“ Bridgett hatte ihre Mutter schon mehr als ein Mal gebeten, doch endlich ihren Job als Haushälterin an den Nagel zu hängen. Sie, Bridgett, verdiente genug Geld für sie beide. Theresa konnte mit ihren fünfzig Jahren getrost in Frührente gehen.

„Und wer kocht dann für Tom?“, fragte sie die Tochter beinahe vorwurfsvoll, während sie den Dip für die Krabben anrührte.

„Er kann sich Essen bringen lassen oder hin und wieder ins Restaurant gehen.“

Theresa wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. „Ich kann mir jederzeit freinehmen.“

Bridgett seufzte. Es war zwecklos, mit ihrer Mutter darüber zu diskutieren. Sie hatte sich ja noch nicht einmal von Tom und Grace davon abbringen lassen, doch endlich die unbequeme Uniform abzulegen. „Aber du tust es nicht.“

„Schatz, ich habe jetzt wirklich keine Zeit, mit dir zu streiten.“ Nachdem sie die Krabben zum Überbacken in den Ofen geschoben hatte, wandte sie sich den Zutaten für den Salat zu. „In einer halben Stunde steigt hier eine Dinnerparty für sechs Personen. Und Tom hat gesagt, dass alles perfekt sein soll.“

Bridgett gab sich geschlagen. Sie tat, was sie jahrelang als Tochter einer Hausangestellten getan hatte: Sie krempelte die Ärmel hoch und ging ihrer Mutter zur Hand. „Ist etwas passiert?“

„Keine Ahnung.“ Theresa war sichtlich besorgt. „Grace scheint unangenehme Neuigkeiten zu haben. Tom meinte, es wäre besser, sie den Kindern gemeinsam zu überbringen.“

Das hörte sich nicht gut an. Bridgett hatte Grace zwar nicht mehr gesehen, seitdem diese vor fünfzehn Jahren nach New York City gezogen war, um dort die morgendliche Nachrichtensendung „Good Morning, Amerika“ zu moderieren, dennoch machte sie sich Sorgen um sie. Sie mochte die Deveraux’ – genau wie ihre Mutter. Und wenn einer von ihnen Probleme hatte, nahm sie daran Anteil. „Grace ist doch wohl nicht krank, oder?“

Theresa zuckte die Achseln. „Ich bin nicht einmal sicher, dass Tom weiß, was da vor sich geht. Du weißt ja, wie es seit der Scheidung zwischen den beiden läuft.“

„Sie können es kaum ertragen, sich in einem Zimmer aufzuhalten.“

„Also, wenn Grace Tom tatsächlich darum gebeten hat, sie am Flughafen abzuholen und sie ausgerechnet hierher zu bringen …“

„Dann muss es ziemlich übel aussehen“, erriet Bridgett die Gedanken ihrer Mutter.

Theresa nickte.

Mit einem Mal wusste Bridgett, wieso ihre Mutter sie gebeten hatte herzukommen. Nicht etwa, weil sie sich mit der Zubereitung des Dinners überfordert fühlte. Nein, sie hatte einfach Angst vor dem, was sich da zusammenbraute. Deshalb wollte sie Bridgett in ihrer Nähe haben. Sie brauchte die moralische Unterstützung der Tochter.

„Wie nehmen Chase und die anderen die Sache auf?“ Bridgett wusste, dass Chase derjenige gewesen war, den die Scheidung seiner Eltern am meisten getroffen hatte. Vielleicht hatte es ja daran gelegen, dass er der Älteste war.

„Keine Ahnung“, entgegnete Theresa und zuckte kurz darauf zusammen, als aus dem Wohnzimmer ein lauter Knall und das Geräusch von zersplitterndem Glas zu ihnen herüberdrang.

„Anscheinend nicht allzu gut“, beantwortete Bridgett ihre Frage selbst.

Ein weiterer Knall, laute Stimmen und ein Aufschrei Amys folgten.

„Du lieber Himmel.“ Theresa legte voller Panik die Hand auf die Brust.

„Hört sich nach einer kleinen Schlägerei an“, bemerkte Bridgett trocken. Schließlich war es nicht die erste. Sowohl vor als auch nach der Scheidung hatten solche Raufereien unter den Geschwistern stattgefunden. Als Theresa die Küche verlassen wollte, um nach dem Rechten zu sehen, hielt Bridgett ihre Mutter zurück. „Ich kümmere mich schon darum.“ Sie war Expertin darin, Streitigkeiten unter den Deveraux-Kindern zu schlichten. Wieso also nicht auch diesmal?

„Verflucht, Gabe, ich will dich nicht verletzen.“ Chase ignorierte den stechenden Schmerz in der Schulter, den er sich bei seinem Sturz gegen den Kaminsims zugezogen hatte. Noch immer ein wenig benommen kam er auf die Füße zurück. Eine Hand presste er gegen den Mundwinkel, der zu bluten begonnen hatte, während er mit der anderen Hand versuchte, Gabe abzuwehren. „Hör auf.“

Gabe schüttelte den Kopf. Immer noch wütend ballte er erneut die Fäuste. „Nicht, bevor du nicht zurückgenommen hast, was du über Maggie gesagt hast.“

„Kein Problem.“ Chase betrachtete das selbstgefällige Gesicht des jüngeren Bruders. „Wenn du deine leidenschaftliche Herumknutscherei ungeschehen machst.“

„Jetzt reicht es aber!“ Gabe sprang über die Rückenlehne des Sofas und packte Chase am Kragen. Dann holte er wieder aus und zielte auf das Kinn des Bruders. Gerade noch rechtzeitig wich Chase aus und setzte Gabe mit einem gewaltigen Schlag in den Magen kurzfristig außer Gefecht. Danach riss er ihn mit sich zu Boden und verhinderte weitere Attacken.

Wieso war Gabe nur so unvernünftig? Er verteidigte die Frau, die seinen eigenen Bruder verletzt und gedemütigt hatte. Nach allem, was geschehen war, konnte er doch nicht mehr ernsthaft an Maggie interessiert sein, oder? Inzwischen war ihr Ruf ja mindestens genauso ruiniert wie der Gabes. War das vielleicht eine Basis für eine echte Beziehung? „Gibst du jetzt endlich auf?“, fragte Chase frustriert. Er wollte nicht, dass diese unerfreuliche Episode seiner Familie noch mehr Schaden zufügte.

„Träum weiter“, knurrte Gabe schon wieder angriffslustig.

Doch bevor er sich aufrappeln konnte, passierte es. Ein schriller Pfiff zerriss die Ruhe vor dem erneuten Sturm, und zwei bemerkenswert lange, wohlgeformte Beine in einem superkurzen Minirock lenkten die Aufmerksamkeit der Kampfhähne auf sich. Chase erkannte diese Beine sofort. Sie gehörten einer der gefragtesten Anlageberaterinnen in Charleston, South Carolina.

„Wenn du noch einmal zuschlägst, Chase Deveraux“, sagte Bridgett Owens zuckersüß, „dann kriegst du es mit mir zu tun.“

Das erste, was Chase auffiel, war, dass Bridgett Owens sich nicht verändert hatte, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Oder vielleicht doch? Möglicherweise sah sie noch besser aus, als sie ihm in Erinnerung war. Als sie vor drei Monaten auf ihre erfolgreiche Buchtournee durch Amerika ging, hatte sie noch einen anderen Haarschnitt gehabt. Ihr schulterlanges rotbraunes Haar schien ihr ebenmäßiges Gesicht heute viel sanfter zu umrahmen. Mit ihren Augen hatte sie auch etwas angestellt. Er konnte nicht genau sagen, was es war – wahrscheinlich lag es an dem neuen Augen-Make-up, dass sie dunkler und geheimnisvoller wirkten als sonst. Der dezente Lippenstift ließ ihre Lippen noch sinnlicher erscheinen.

Aber das war noch nicht alles. Die strengen Hosenanzüge hatte sie gegen einen kurzen, eng anliegenden Rock vertauscht. Endlich. Er hatte schon immer gemeint, dass sie sich viel zu geschäftsmäßig präsentierte. In dem kurzen Rock und dem figurbetonten Top, über dem sie eine dünne Kostümjacke trug, wirkte sie viel weiblicher und so sexy, dass Chase anfing, sich unbehaglich zu fühlen.

„Sagt mal ehrlich, findet ihr nicht, dass ihr ein bisschen zu alt für solche Späße seid?“ Auch wenn Bridgett beide Brüder angesprochen hatte, so schien sich ihr Vorwurf doch in erster Linie gegen Chase zu richten.

Chase sah sie finster an. Wenn er eines nicht leiden konnte, dann war es Besserwisserei. Kein Mensch wusste, wie er am besten mit dieser Situation fertig wurde. Schließlich war es sein Stolz, der mit Füßen getreten worden war. „Das hier geht dich nichts an“, sagte er wütend und ließ Gabes Kragen nicht los.

„Gott sei Dank nicht!“ Bridgett trat näher, und Chase nahm den betörenden Duft ihres Parfums wahr. „Ich möchte nicht erleben, wie meine Mutter euren Eltern erklärt, wieso die wertvolle Einrichtung zu Bruch gegangen ist.“

„Die Erklärung ist geschenkt“, drang eine tiefe Stimme von der Wohnzimmertür zu ihnen herüber.

Alle drehten sich um. Tom Deveraux hatte unbemerkt das Zimmer betreten. Wie meistens trug er einen dunklen Anzug, ein hellblaues Hemd und eine konservative Krawatte. Direkt hinter ihm tauchte Chases Mutter Grace auf. Beide blickten ungläubig auf das Bild, das sich ihnen bot.

„Ich nehme an, dass ihr nicht die Absicht habt, uns den Grund für eure Prügelei mitzuteilen?“ Der Anblick ihrer Söhne versetzte sie schlagartig fünfzehn Jahre zurück. Zurück in die Zeit, als sie noch eine Familie waren, auch wenn sie und Tom damals schon beschlossen hatten, sich zu trennen. Wieso, hatte keiner wirklich begriffen. Denn trotz ihrer Differenzen hatten sie nie aufgehört, sich zu lieben. Grace fuhr sich mit der Hand durch ihr kurzes weißblondes Haar.

Chase hatte sofort den angespannten Zug um den Mund der Mutter und die dunklen Schatten unter ihren blauen Augen bemerkt. Und schlagartig waren ihm seine eigenen Probleme unwichtig. Es war etwas geschehen. Und das war so schwerwiegend, dass sie Dads Unterstützung brauchte.

„Wenn ihr beide kämpft, kann es sich nur um Maggie Callaway handeln“, folgerte Tom. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er von seinen Söhnen enttäuscht war.

Gabe und Chase schwiegen betreten.

Bridgett reichte Chase die Hand, um ihm aufzuhelfen. Obwohl Chase noch längst nicht mit seinem Bruder fertig war, ergriff er sie. Er stellte fest, dass die ausgesprochen hübsch manikürten Finger seiner alten Spielgefährtin genauso fest zupacken konnten und genauso zart und weich waren, wie er es erwartet hatte. Erneut fühlte er dieses seltsame Unbehagen.

Kopfschüttelnd wandte Tom sich an Amy und Mitch. „Und ihr konntet nicht einschreiten, bevor hier sämtliche Vasen zu Bruch gingen?“

„Das ist eine lange Geschichte, Dad“, erwiderte Amy und strich ihr langes dunkles Haar zurück, das die gleiche Farbe wie Toms hatte.

Mitch zuckte die Achseln. „Amy und ich dachten, dass es früher oder später sowieso zu einer Schlägerei kommen würde, und dass es besser wäre, wenn sie hier stattfindet.“

Tom sah die beiden Streithähne missbilligend an. „Und was habt ihr zu eurer Verteidigung vorzubringen?“

„Nichts“, brummte Chase.

Gabe verzog das Gesicht. Im Augenblick wirkte er nicht die Spur wie der heilige Samariter, als der er sich vorhin noch präsentiert hatte. „Ich auch nicht.“

Tom wandte sich an Bridgett. „Du hast wenigstens versucht, sie zu stoppen.“

Bridgett lächelte ihn respektvoll an. „Einer musste es ja tun. Aber jetzt will ich nicht länger stören. Ich war eigentlich gekommen, um Mom …“