Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2017 - Janice Maynard - E-Book

Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2017 E-Book

Janice Maynard

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Beschreibung

WIE WIDERSTEHT MAN EINEM MILLIARDÄR?

Eine Verwechslung in der Klinik sorgt für schreckliches Chaos in Claires Leben: Der Vater ihrer kleinen Tochter ist nicht ihr verstorbener Ehemann. Sondern der arrogante Milliardär Luca Moretti - dessen Rechtsanwalt knallhart verhandelt: Einen Monat lang muss Claire mit Luca ein Strandhaus teilen, damit er seine Tochter kennenlernt. Und dabei lässt Luca keine Gelegenheit aus, heiß mit Claire zu flirten! Weil auch er von einer Familie träumt? Oder setzt er auf seine männliche Anziehungskraft als Teil eines intriganten Plans?

EINE UNVERGESSLICHE AFFÄRE

Byron Beaumont ist zurück in Denver - Leona ist alarmiert! Denn einerseits machen seine blauen Augen sie immer noch verhängnisvoll sentimental, lassen sie an ihre unglaublich erotischen Nächte denken … Aber anderseits muss Leona in seiner Nähe um jeden Preis kühl bleiben. Bloß wie, bei seinem verführerischen Vorschlag? Sie soll sein neues Restaurant ausstatten. Eine tolle Chance - solange sie ihm verschweigen kann, dass sie inzwischen einen kleinen Sohn hat, der ihm verhängnisvoll ähnlich sieht …

ZU EINEM MILLIARDÄR SAGT MAN NICHT NEIN

So etwas passiert nur in Las Vegas: Nachdem er sie vor einem zudringlichen Kerl gerettet hat, erlebt Gavin mit der schönen Cassidy eine unvergessliche Nacht voller Leidenschaft und Ekstase. Als er am nächsten Morgen aufwacht, ist das Bett neben ihm leer. Cassidy ist verschwunden. Umso besser, redet sich Gavin ein, dann kann ich meinen Flieger nehmen und mich wieder voll und ganz auf die Arbeit konzentrieren. Doch sechs Wochen später steht Cass überraschend vor seiner Tür - und behauptet Unglaubliches …

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Seitenzahl: 611

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Janice Maynard, Andrea Laurence, Sarah M. Anderson

Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2017

IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by Janice Maynard Originaltitel: „Twins on the Way“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1965 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Ute Augstein

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733723613

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Gavin Kavanagh brauchte dringend eine Frau. Und zwar sofort. Allerdings waren Beziehungen nicht gerade seine Stärke – dafür war er viel zu gerne Einzelgänger und hatte darüber hinaus auch noch Bindungsängste. One-Night-Stands waren jedoch auch nicht nach seinem Geschmack. Deswegen ertrug er sein selbst auferlegtes Zölibat, bis der sexuelle Frust irgendwann seine guten Vorsätze zunichtemachte.

Zurzeit befand er sich in Vegas. Stellvertretend für einen kranken Freund hatte er spontan einen Vortrag vor einer großen Gruppe von Computer-Sicherheitsexperten gehalten. Obwohl es ihm nichts ausmachte, in der Öffentlichkeit zu sprechen, wäre er viel lieber in North Carolina geblieben.

Eilig bahnte er sich seinen Weg an gut besuchten Spieltischen und lärmenden Spielautomaten vorbei, um draußen frische Luft zu schnappen. Seit dem Mittag befand er sich in dem teuren Luxushotel, und inzwischen war es beinahe zweiundzwanzig Uhr.

Erleichtert blieb er kurz darauf auf dem Bürgersteig vor dem Gebäude stehen und betrachtete die grellen Leuchtreklamen und die Lichter der vorbeifahrenden Autos. Las Vegas – die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten und verlorenen Träume. Ort wilder Junggesellenabschiede und immerwährender Hoffnungen darauf, doch noch das große Los zu ziehen.

Die außergewöhnliche Stadt pulsierte förmlich vor Leben und hatte zweifellos eine Menge zu bieten. Las Vegas stand New York in nichts nach. Wer genügend Geld und Zeit besaß, konnte sich hier grenzenlos amüsieren.

Gavin Kavanagh hingegen konnte es kaum erwarten, endlich wieder nach Hause zu kommen. Obwohl er den Gedanken nicht unterdrücken konnte, dass er hier für ein paar hundert Dollar ganz leicht seiner drängenden Begierde nachgeben könnte, um endlich wieder für ein paar Monate Ruhe zu haben.

Doch so tief wollte er auf keinen Fall sinken, dass er für Sex bezahlte. Allerdings brachte er es auch nicht fertig, einer Frau einfach ein paar nette Komplimente zu machen, um sie so ins Bett zu bekommen. Was wiederum bedeutete, dass er eben ohne Sex auskommen musste. Verzweifelt presste er die Fingerspitzen an die Schläfen, um den stechenden Schmerz zu vertreiben, der ihn plagte. Heute Morgen war er um drei Uhr aufgestanden, um noch rechtzeitig seinen Flug zu bekommen. Vermutlich würde er in diesem Zustand sogar beim Sex einschlafen.

Ergeben seufzte er und ging ein Stück die Straße entlang, wobei er vermied, die freizügig gekleideten Damen vor den Nachtklubs näher zu betrachten. Er kam sich vor wie ein abstinenter Alkoholiker bei einer Weinverkostung.

Gavin bewegte sich zügig, in der Hoffnung, seine Libido in den Griff und mithilfe der frischen Luft wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Zu Hause in Silver Glen war es schon fast ein Uhr nachts. Obwohl er furchtbar erschöpft war, wusste er, dass er keinen Schlaf finden würde, bis er vor Müdigkeit einfach umfiel und somit das körperliche Verlangen zum Schweigen brachte – vorerst jedenfalls.

Als mittlerer von sieben Brüdern war Gavin schon immer ein einsamer Wolf gewesen. Seine jüngeren Geschwister waren ihm wie Babys vorgekommen, doch seine älteren waren viel zu cool gewesen, um sich mit ihm abzugeben. Es war beinahe so, als wäre er unsichtbar gewesen, denn im Gegensatz zu seinen Brüdern hatte er nie für großen Wirbel gesorgt.

Auch in der Schule fiel er nicht negativ auf. Er war immer gerne dorthin gegangen und kaum in nennenswerte Schwierigkeiten geraten. Obwohl er bereits in der elften Klasse groß, muskulös und sportlich gebaut gewesen war, hatte er viel lieber über den Büchern gesessen. Wenn es darauf ankam, verstand er es allerdings, sich zu behaupten. Daher hatte er auch keinen Sinn darin gesehen, sich mit anderen zu messen, denn dafür war ihm die Zeit zu kostbar.

Er bog in eine Nebenstraße ein, der er mehrere Blocks lang folgte, bevor er sich wieder auf den Rückweg zum Hotel machte. Hier gab es weniger Lärm, Licht und Versuchungen in Form von sinnlich gekleideten Damen. Er war jedoch nicht der Einzige, der sich um diese Zeit in der ruhigen Gegend aufhielt.

Als er nämlich an einer abgelegenen Seitenstraße vorbeikam, in der einige Lieferwagen geparkt hatten, wurde er unfreiwillig Zeuge eines hitzigen Streitgesprächs. Gavin blieb alarmiert im Sichtschutz eines Hauses stehen, denn er hatte eine Frauenstimme herausgehört.

„Lass mich endlich in Ruhe“, rief sie. „Es geht nicht immer alles nach deiner Nase.“

Vorsichtig spähte Gavin um die Hausecke und sah, wie ein Mann die Schultern einer Frau umfasste und sie heftig schüttelte. Der Typ war wenigstens zwei Mal so groß wie seine Kontrahentin. „Halt dich einfach da raus, Cass“, sagte er. „Oder du wirst es bereuen.“

Gavin hatte genug gesehen. „Hey, lassen Sie sie sofort los!“, rief er und ging auf den grobschlächtigen Kerl zu, der die Handgelenke einer zierlichen Brünetten umfasst hielt. Gavins Ruf lenkte den Mann einen winzigen Augenblick ab, den die Frau ausnutzte, um nach ihrem Gegner zu treten.

„Autsch, verdammt!“

Diese Gelegenheit ließ Gavin sich nicht entgehen und verpasste dem muskulösen Mann kurzerhand einen gezielten Kinnhaken, der ihn rückwärts straucheln und auf dem Kies ausrutschen ließ. Daraufhin schlug der Kerl mit dem Rücken auf dem Boden auf und rührte sich nicht mehr.

„Schnell“, sagte Gavin und zog die fremde Frau am Arm hinter sich her. „Wir wollen bestimmt nicht mehr hier sein, wenn er wieder aufwacht.“

„Aber wenn er verletzt ist?“

Ungläubig sah er die Frau einen Moment lang an. „Darum machen Sie sich wirklich Sorgen?“, fragte er.

„Nein, wie kommen Sie darauf?“, erwiderte sie hastig, sah jedoch unschlüssig zu ihrem Angreifer zurück.

Trotz langer, dichter Wimpern und sinnlich geformter Lippen war die junge Frau nach ihrem Erlebnis ganz sicher nicht dazu geeignet, Gavins brennende Begierde zu stillen. Ihm stand der Sinn nach schnörkellosem Sex, hart und schnell. Mit so einem Vorschlag würde er die Kleine, die völlig unschuldig aussah, vermutlich zu Tode erschrecken.

Trotzdem konnte er der Versuchung nicht widerstehen, sie zu berühren. Er strich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und streichelte mit dem Daumen über ihre Wange. „Keine Sorge“, sagte er. „Ich lasse nicht zu, dass Ihnen etwas geschieht. Das schwöre ich.“

„Sie sind sehr freundlich“, erwiderte sie und sah ihm in die Augen.

Plötzlich hatte er das Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben. „Nein, bin ich nicht“, widersprach er. „Aber ich kann Männer nicht ausstehen, die Frauen in die Enge treiben.“ Eigentlich hätte er die ganze Nacht hier stehen bleiben und sie ansehen können. Unvermittelt empfand er Gefühle, die ihn verwirrten und gleichzeitig erregten.

Mühsam konzentrierte er sich wieder auf ihre Situation. „Wir sollten jetzt gehen“, schlug er vor und berührte ihren Arm, um sie sacht nach vorne zu schieben. Obwohl sie Schuhe mit hohen Absätzen trug, konnte sie mühelos mit ihm Schritt halten. Fest hielt sie die kleine Handtasche umklammert, die sie über der Schulter trug. „Mein Auto steht am Hotel“, sagte Gavin. „Ich kann Sie nach Hause fahren.“

„Nein“, entgegnete sie heftig. „Er weiß, wo ich wohne.“

Ach, du lieber Himmel, dachte Gavin. „Okay. Aber wir verständigen die Polizei. Sie müssen unbedingt Anzeige erstatten“, stieß er hervor. Es war etwas schwierig, sich zu unterhalten, während sie nahezu rannten. Vermutlich war ihre Eile völlig unbegründet, denn es sah nicht danach aus, dass der Typ ihnen folgte.

„Ich habe Seitenstiche“, beschwerte seine Begleiterin sich. „Und ich möchte nicht, dass die Polizei eingeschaltet wird.“ Erschöpft blieb sie stehen und lehnte sich gegen einen Briefkasten.

Fasziniert beobachtete Gavin ihre Brust, die sich unter ihren raschen Atemzügen hob und senkte. Beschämt versuchte er, seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu richten.

„Wie weit ist es denn noch?“, fragte sie.

„Es ist gleich der nächste Block“, antwortete Gavin. „Hat er Ihnen wehgetan?“ Der Kerl hatte sie seinem Wissen nach zwar nur geschüttelt, aber das reichte eigentlich schon aus. Wer wusste schon, wie der Streit eskaliert wäre, wenn Gavin sich nicht eingemischt hätte?

„Es geht mir gut“, behauptete die Frau, richtete sich wieder auf und musterte ihn ungeniert von Kopf bis Fuß. „Sie könnten mich ja mit auf Ihr Hotelzimmer nehmen“, schlug sie vor. „Dort könnte ich mich ein bisschen erholen.“

„Ich … ich weiß nicht, ob das besonders schlau wäre“, stieß er hervor und hörte beinahe den Klang von Höhlentrommeln in seinem Kopf. Wollte sie vielleicht auf diese Weise überprüfen, ob sie ihm vertrauen konnte?

„Keine Sorge. Ich mache Ihnen keine Umstände. Es sei denn, Sie möchten das gerne“, entgegnete sie verschmitzt. „Aber ich möchte jetzt nicht allein sein. Bitte.“

Grundgütiger! Wenn er sich nicht täuschte, erkannte er sexuelles Interesse in ihrem Blick. Er räusperte sich. „Wenn Sie wollen. Kommen Sie.“

Als er dieses Mal das belebte Foyer mit den Spielautomaten und Tischen durchquerte, nahm er die anderen Menschen kaum wahr. Seine Aufmerksamkeit galt einzig und allein der Frau, die er soeben gerettet hatte. Er hielt ihr Handgelenk umfasst, während er sie durch die Menschenmenge zog und dabei ihren Pulsschlag spürte. Erst im Fahrstuhl hatte er Gelegenheit, die geheimnisvolle Fremde genauer zu betrachten, während sie verlegen auf den Boden sah.

Das kinnlange dunkle, lockige Haar umrahmte ein herzförmiges Gesicht, und obwohl sie bestimmt nur einen Meter und sechzig groß war, wirkte sie dank ihrer bemerkenswerten Schuhe annähernd so groß wie Gavin mit seinen einhundertachtzig Zentimetern.

Himmel, wie sehr er solche Schuhe liebte! Er stellte sich vor, wie sie nichts als diese sündhaft sinnlichen Pumps trug, wenn er sie in sein Bett legte und …

Ruhig Blut, Junge, ermahnte er sich in Gedanken. Er hatte sich doch vorgenommen, die Lage dieser hilflosen Frau nicht schamlos auszunutzen, oder etwa nicht?

Dummerweise war sie genau an den richtigen Stellen wunderbar weiblich gerundet, und ihr Dekolleté, das sich in dem tief ausgeschnittenen, silberfarbenen Abendkleid zeigte, war einfach atemberaubend. Genau wie das glänzende Material des Kleides, das sich wie eine zweite Haut an diesen sexy Körper schmiegte.

Gavin erschrak ein wenig vor der Intensität der Begierde, die von ihm Besitz ergriff. Aber das lag vermutlich nur daran, dass er schon so lange nicht mehr mit einer Frau geschlafen hatte, beruhigte er sich selbst. Eigentlich war sie wirklich nichts Besonderes. „Wie heißen Sie?“, fragte er.

Als sie ihn lächelnd ansah, hatte er das Gefühl, vor Erregung gleich in Flammen stehen zu müssen.

„Cassidy. Cassidy Corelli. Meine Freunde nennen mich Cass. Und wer sind Sie?“

„Gavin Kavanagh.“

Ein „Ping“ kündigte an, dass sie zwischenzeitlich die gewählte Etage erreicht hatten. Gemeinsam verließen sie den Fahrstuhl und gingen den Flur entlang bis zu Gavins Zimmer. Nachdem er die Schlüsselkarte durch das Schloss gezogen und die Tür geöffnet hatte, trat er ein Stück beiseite, um seinem Gast den Vortritt zu lassen.

Interessiert betrachtete Cassidy die geschmackvoll eingerichtete Luxussuite. „Entweder haben Sie viel Glück im Spiel, oder Sie sind ziemlich wichtig.“

„Kann man nicht unbedingt behaupten.“ Er setzte sich in einen Sessel und bemühte sich darum, entspannt auszusehen. Womöglich würde er seine Besucherin schnell in die Flucht schlagen, wenn er ihr offenbarte, wie sehr er innerlich vor Lust brannte. „Ich spiele nicht. Ein Freund von mir sollte hier eigentlich einen Vortrag halten, er ist aber krank geworden. Ich habe ihn vertreten.“

Als ob es das Normalste auf der Welt wäre, schlüpfte Cassidy aus ihren Schuhen und ging zur Minibar. Ohne eine Aufforderung abzuwarten, holte sie einen Softdrink und eine Dose Nüsse heraus. „Sie haben doch nichts dagegen, oder? Ich habe das Abendessen verpasst und sterbe fast vor Hunger.“

„Bitte, tun Sie sich keinen Zwang an“, entgegnete er und verschluckte sich fast, als sie sich kurz darauf in den gegenüberliegenden Sessel setzte und der Saum ihres Kleides so weit über ihre Schenkel nach oben rutschte, dass Gavin äußerst tiefe Einblicke erhielt.

Verlegen räusperte er sich. „Haben Sie ein Telefon, oder wollen Sie meins benutzen?“

Sie trank einen Schluck Wasser und vollbrachte das Kunststück, gleichzeitig völlig entspannt und trotzdem ladylike zu wirken. „Wozu brauche ich ein Telefon?“

„Um die Polizei zu verständigen?“ Ihre stoische Gelassenheit zerrte an seinen Nerven. Machte es ihr etwa Spaß, ihn derart auf die Folter zu spannen?

Cassidy rümpfte die zierliche, perfekt geformte Nase. „Ich glaube nicht, dass das besonders schlau wäre. Würde nur für Ärger in der Familie sorgen.“

„Das klingt ja fast nach Mafia.“

„Grundgütiger, nein“, rief sie.

„Sind Sie dann mit dem Typen verheiratet?“, erkundigte er sich. Es musste ja schließlich nichts zu bedeuten haben, dass sie keinen Ring trug.

Verdutzt sah sie ihn an, und erst jetzt fiel Gavin auf, dass ihre Lippen farblich mit dem Lack auf ihren Zehennägeln harmonierten. „Ich bin nicht verheiratet“, entgegnete sie. „Und auch nicht anderweitig vergeben.“

„Wie alt sind Sie eigentlich?“ Unter anderen Umständen hätte er nie so früh etwas Persönliches gefragt, aber er wollte sich auf keinen Fall hinterher wegen Verführung Minderjähriger verantworten müssen.

„Dreiundzwanzig“, erwiderte sie zu seiner großen Erleichterung.

„Gut.“

„Warum ist das gut?“, erkundigte sie sich neugierig.

„Weil ich keine Lust habe, im Gefängnis zu landen, wenn ich Ihrer Einladung folge“, entgegnete er lächelnd.

„Welcher Einladung?“, fragte sie unschuldig, doch er sah ihrem Blick an, dass sie sehr wohl wusste, was er meinte, und die Situation durchaus anregend fand.

Es wäre besser, die Dinge langsamer anzugehen, dachte Gavin, denn er kannte diese Frau ja gar nicht. Doch Cassidy war warmherzig, spontan und humorvoll – alles Eigenschaften, die in seinem Leben so gut wie gar nicht vorkamen. Es schien, als hätte sie einen Zauber um ihn gewoben, der ihn magisch anzog. Doch er hatte sich schon einmal böse die Finger verbrannt, weswegen er Frauen gegenüber jetzt immer misstrauisch war.

„Sie brauchen gar nicht so schüchtern zu tun. Bestimmt haben Sie mir nicht ohne Grund erzählt, dass Sie zurzeit in keiner festen Beziehung sind“, erwiderte er.

„Aha.“ Genüsslich aß sie ein paar Nüsse und trank anschließend einen Schluck Wasser. „Warum spielen Sie eigentlich nicht?“

Ihre Frage traf ihn völlig unvorbereitet. „Ich bin ziemlich gut in Mathe. Daher weiß ich, dass das Haus immer gewinnt“, erwiderte er schulterzuckend. „Ich ziehe es jedoch vor, das Ergebnis selbst festzulegen.“

„Oh, Sie wissen, was Sie wollen. Das mag ich an einem Mann.“

„Haben Sie sich deswegen auf diesen Schlägertypen eingelassen?“, fragte er.

„Glauben Sie mir“, antwortete sie. „Das war wirklich nicht geplant.“

„Worüber haben Sie sich denn gestritten?“

„Darüber möchte ich lieber nicht sprechen.“

„Sie würden mit einem völlig Fremden schlafen, aber keine einfache Frage beantworten?“

Sie errötete und stand auf. „Wer sagt denn, dass ich mit Ihnen schlafen will?“

Unverhohlen blickte er sie an und machte keinen Hehl mehr aus seiner Absicht. „Keine Spielchen, Cass. Sie haben mir das ziemlich eindeutig gezeigt. Bleiben Sie oder gehen Sie. Es liegt ganz bei Ihnen.“

Cassidy erschauerte wohlig. Gavin Kavanagh war ein richtiger Mann und kein Junge. Er hatte sie aus einer seiner Meinung nach gefährlichen Situation gerettet, ohne sich um seine eigene Sicherheit zu kümmern. Obwohl sie durchaus in der Lage war, auf sich selbst achtzugeben, fand sie seine männliche Ausstrahlung sehr anziehend.

Er war ein äußerst attraktiver Mann mit dunkelblondem, kurz geschnittenem Haar und graublauen Augen. Ein Mann, der anscheinend genau wusste, was er wollte. Er war groß, breitschultrig und unverschämt selbstsicher – besonders Letzteres fand Cassidy über die Maßen erregend. Sie spürte, wie ein heißes Sehnen in ihrem Körper erwachte.

„Also? Wie lautet Ihre Antwort?“, fragte er ungeduldig.

„Na, sind wir ein wenig mürrisch?“, erkundigte sie sich und hoffte, dadurch Zeit gewinnen zu können, um ihre Entscheidung zu überdenken. Wenn sie jetzt nicht zugriff, würde sie diesen Mann nie wiedersehen. Sie war es allmählich leid, immer nur Daddys gutes Mädchen zu spielen. Jeder schien von ihr zu erwarten, dass sie wie eine Nonne lebte. Wäre ihre Mutter noch am Leben, dann hätte Cassidy mit ihr über ihren Plan reden können, auf Mr. Right zu warten. Inzwischen kam sie sich jedoch wie die älteste Jungfrau auf Erden vor. Aber bisher war sie noch niemandem begegnet, der sie auch nur annähernd in Versuchung geführt hätte.

Doch vielleicht hing sie ja auch nur einer romantischen Wunschvorstellung nach, die sich niemals erfüllte und die es nur in Büchern und Filmen gab.

Sie holte tief Luft. Zum Teufel mit ihrem Status als Erstgeborene, die immer nur das Richtige tat. Zwar hatte sie sich bisher für einen weißen Ritter in glänzender Rüstung aufgespart, doch das Schicksal hatte ihr ausgerechnet diesen schroffen und leicht abweisend wirkenden Typen über den Weg laufen lassen, zu dem sie sich aus unerklärlichen Gründen hingezogen fühlte.

Also nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, ging zu ihm hinüber, setzte sich auf seinen Schoß und schlang den Arm um seinen Nacken. „Vielleicht küsst du mich mal, dann fällt es mir leichter, mich zu entschieden.“

Kurz darauf spürte sie seine warme, kräftige Hand auf ihrer Hüfte und atmete den betörend männlichen Duft seines Eau de Cologne ein, das ihre Sinne berauschte. Plötzlich wurde ihr klar, wie sehr sie sich nach wildem, hemmungslosem Sex mit diesem Mann sehnte.

„Eigentlich sollte ich dich vor die Tür setzen“, sagte er leise. „Du bist eine Bedrohung für alle Männer auf dieser Welt.“

„Wirklich?“ Meinte er das tatsächlich?

„Du spielst ein gefährliches Spiel.“

In seinem Blick erkannte sie, dass er ihr immer noch nicht traute. „Komm schon“, sagte sie lächelnd und legte eine Hand auf seine Wange. „Wenn du willst, gehe ich natürlich. Aber ich würde viel lieber bleiben.“

Ziemlich lange ließ er sie auf eine Antwort warten – dreißig Sekunden oder vielleicht noch länger. Doch dann spürte sie deutlich, dass sie den stummen Zweikampf gewonnen hatte. Mit der freien Hand fasste er in ihr Haar und zog sie so dicht an sich heran, dass ihre Lippen sich beinahe berührten.

„Gavin …“ Sie hatte keine Ahnung, was sie eigentlich hatte sagen wollen, denn als ihre Lippen sich berührten, kam es ihr so vor, als hätte ihr Gehirn einen Kurzschluss erlitten. Er verstand es wirklich, fantastisch zu küssen. Auf einer Skala von null bis zehn würde sie ihm eine Dreizehn geben. Unglücklicherweise waren sie beide immer noch vollständig angezogen.

Er nahm sich Zeit, bis sich schließlich ihre Zungen zu einem höchst erregenden Tanz trafen, dem Cassidy sich wohlig erschauernd hingab. Dieser Kuss schien wie ein Versprechen auf das vor ihnen liegende erotische Spiel zu sein.

Als sie kurz nach Luft schnappte, unterbrach Gavin den heißen Kuss und sah sie an, den Blick dunkel vor Lust. „Mir ist immer noch nicht klar, warum du hier bist“, stieß er heiser und etwas anklagend hervor.

„Ich kann ja gehen.“ Wahrscheinlich wäre es wirklich das Beste für sie. Das hier schien wesentlich mehr zu werden als nur eine persönliche Bestätigung ihrer Unabhängigkeit – wesentlich gefährlicher.

„Machst du so etwas oft?“

„Nein“, entgegnete sie verärgert. „Du etwa?“

„Nein, nie.“ Er lächelte. „Vielleicht sind wir vom Vegasfieber befallen. Ich habe davon gehört.“

„Das würde ich merken“, erklärte sie. „Ich bin schließlich hier geboren.“

„Und ich nur ein unschuldiger Tourist.“

„Wie wäre es dann, wenn ich dir ein paar Sehenswürdigkeiten zeige?“, fragte sie.

„Ich fliege aber schon morgen wieder nach Hause.“

„Dann haben wir immer noch diese Nacht.“ Sie wollte endlich wissen, wie es war, sich als Frau zu fühlen.

Spielerisch berührte er den Ausschnitt ihres Kleides. Allein das Gefühl seiner warmen Finger auf ihrer Haut ließ ihre Brustwarzen vor Erregung steif werden.

„Die einzige Sehenswürdigkeit, für die ich mich im Moment interessiere, befindet sich in diesem Zimmer“, sagte er geradeheraus. Keine Komplimente, kein Geschwafel. Doch die Sehnsucht, die sich in seinen Augen widerspiegelte, entschädigte Cassidy für seinen mangelnden Charme. Außerdem hatte er ihr eben da draußen beigestanden. Das würde doch nur ein Mann mit hohen moralischen Ansprüchen tun, oder etwa nicht?

Schon immer hatte sie Menschen gut einschätzen können. Diese Fähigkeit war unentbehrlich, wenn man in Vegas aufwuchs und darüber hinaus noch aus einer reichen Familie stammte. Ihr Instinkt verriet ihr, dass Gavin Kavanagh ein guter Mann war. Und er würde morgen früh wieder abreisen. Bisher hatte sie immer getan, was man von ihr erwartete, aber heute Nacht bot sich ihr endlich eine einmalige Gelegenheit, ihre wilde Seite zu erkunden. Sie musste sich nur trauen.

„Ich würde gerne kurz duschen“, sagte sie schließlich.

„Darf ich dir Gesellschaft leisten?“

So höflich! Trotzdem schien es nicht wirklich als Frage gemeint gewesen zu sein. Sie schluckte. „Ich schätze, ja.“

Er hob sie von seinem Schoß, sodass ihre Füße wieder den Boden berührten. Doch ihre Beine schienen auf einmal weich wie Spaghetti zu sein, und ihr Herz trommelte wie wild in ihrer Brust.

„Dein Haar gefällt mir“, erklärte er und zerzauste es, womit die Frisur unwiederbringlich dahin war.

Jedes Mal, wenn sie dachte, dass er jetzt langsam zur Sache käme, überraschte er sie erneut. Die Männer, die sie bisher kennengelernt hatte, verfügten in der Regel nicht über so viel Geduld, wenn es um Sex ging. Gavin hingegen schien einen unerschöpflichen Vorrat davon zu besitzen.

„Danke schön“, entgegnete sie.

„Kein Grund, schüchtern zu werden“, erwiderte er lachend, bevor er ihre Hand ergriff, um mit ihr gemeinsam über den dicken Teppich zum luxuriös eingerichteten Badezimmer zu gehen.

Fragend sah Cassidy zu der großen Wanne hinüber, doch Gavin schüttelte den Kopf. „Später“, erklärte er und betätigte den Wasserregler der Duschkabine. „Letzte Chance.“

Sie waren beide barfuß, ansonsten jedoch noch vollständig angezogen. Cassidy konnte also immer noch ihr Heil in der Flucht suchen. Plötzlich geriet ihr Selbstvertrauen ins Wanken. Wollte sie sich wirklich ausziehen, um mit einem völlig Fremden zu duschen?

Flüchtig sah sie in den Spiegel und erkannte die Frau kaum wieder, die sie dort erblickte. „Hast du vielleicht etwas Wein?“

„Musst du dir erst ein bisschen Mut antrinken?“

„Mach dich nicht lustig über mich“, sagte sie. „Du bist eben ein einschüchternder Mann.“

„Und genau aus diesem Grund hast du darauf bestanden, mit auf mein Zimmer zu kommen und dich mir an den Hals zu werfen.“

Beschämt musste sie sich eingestehen, dass das aus seiner Sicht wirklich so wirken musste. Wie sollte sie ihm erklären, dass sie sich unerklärlicherweise zu ihm hingezogen fühlte? „Ich bin kein Profi in solchen Dingen, also sei bitte nicht enttäuscht.“

„Ich hätte dich auch nicht für eine Professionelle gehalten.“

„Du weißt schon, was ich meine. Ich habe so etwas noch nie getan.“

„Sex? Oder jemanden verführt?“

„Ich habe dich nicht verführt“, widersprach sie, obwohl sie sich insgeheim darüber freute, dass er ihr das zutraute.

Lächelnd nickte er. „Ich gestehe, dass ich auf dich stehe. Du bist wirklich eine sehr attraktive Frau.“

Das gab den letzten Ausschlag, und ihre Entscheidung zu bleiben war gefallen. „Wie wäre es dann, wenn du uns etwas Wein holst, während ich mich ausziehe?“

2. KAPITEL

Gavins Hände zitterten leicht, als er die Flasche Zinfandel entkorkte. Trotzdem gelang es ihm, zwei Gläser zu befüllen, ohne etwas zu verschütten. In seinem Bad befand sich eine nackte, junge Frau … und zwar die schönste Frau, die er je in seinem Leben gesehen hatte. Cassidy Corelli war in jeder Beziehung ein wahr gewordener Männertraum.

Ihr fröhliches, mediterranes Temperament und ihr attraktives Äußeres waren einfach unwiderstehlich. Allerdings glaubte er nicht an schicksalhafte Begegnungen, dafür war er viel zu sehr ein Kontrollfreak. Trotzdem hatte eine unsichtbare Macht ihn und Cassidy im richtigen Moment aufeinandertreffen lassen. Es lag jetzt ganz bei ihm, was er aus dieser Gelegenheit machte.

Er trug die Weingläser ins Bad und blieb wie angewurzelt stehen, als er sah, dass Cassidy sich bereits ausgezogen und einen der Hotelbademäntel übergestreift hatte, der viel zu groß für sie war. Vermutlich versuchte sie damit, ihre Unsicherheit zu überspielen. Sie sah entzückend unschuldig aus, wie sie barfuß mit vor Aufregung geröteten Wangen vor ihm stand.

„Die meisten Leute ziehen sich erst nach dem Duschen einen Bademantel an“, kommentierte er trocken.

„Mir war kalt“, sagte sie.

Gavin beschloss, darüber hinwegzusehen, dass im Bad behagliche Wärme herrschte. Dabei hatte er das Wasser in der Dusche bereits wieder abgedreht, nachdem ihm klar geworden war, dass sie nicht gleich zur Sache kommen würden.

„Trink einen Schluck“, forderte er Cassidy auf und reichte ihr ein Glas. „Das beruhigt die Nerven.“

Misstrauisch betrachtete sie ihn über den Rand ihres Weinglases hinweg. „Wer sagt denn, dass ich nervös bin?“

Lässig lehnte er sich gegen den Waschtisch und leerte mit einem Zug sein Glas zur Hälfte. „Bist du das denn nicht? Solltest du es nicht sein?“

„Eigentlich nicht. Es sei denn, du bist ein durchgeknallter Psychopath.“

„Findest du nicht auch, dass es jetzt ein bisschen spät ist, um sich darüber Sorgen zu machen?“

Sie stellte das Weinglas ab, von dem sie bisher kaum getrunken hatte, steckte die Hände in die Taschen des Morgenmantels und sah Gavin herausfordernd an. „Ich kann Menschen lesen wie ein Buch.“

„Aha. Da bin ich ja mal gespannt.“

„Du bist früher bei den Pfadfindern gewesen. Ich würde sagen, bei den Eagles.“

„Ich bin schwer beeindruckt“, erwiderte er überrascht.

„Dann habe ich recht?“, fragte sie selbstzufrieden.

„Das ist ein Glückstreffer gewesen und hat noch gar nichts zu bedeuten.“

„Du bist völlig durchschaubar.“

Er leerte sein Glas und setzte es mit einem leisen Klingen auf dem Waschtisch ab. „Und was denke ich jetzt?“, fragte er, löste die Schnalle seines Gürtels und ließ ihn kurz darauf auf den Boden fallen. Er hätte schwören können, dass Cassidy schwer schluckte.

„Hör auf damit“, sagte sie schließlich.

„Ich dusche aber selten angezogen“, scherzte er, woraufhin sie nicht mehr ganz so panisch aussah, ihn aber immer noch misstrauisch musterte.

„Vielleicht sollten wir uns erst ein bisschen besser kennenlernen.“

„Hatte ich schon erwähnt, dass ich morgen früh wieder zurückfliege? Wenn du gehen willst, Cassidy, dann geh. Aber dann bitte sofort. Ich möchte auf keinen Fall weitermachen, wenn du dir nicht ganz sicher bist.“

Verunsichert sah sie ihn an. „Ich würde ja gerne sicher sein.“

„Doch du bist es nicht“, stellte er ernüchtert fest.

„Ich habe gedacht, dass ich ganz spontan und abenteuerlustig sein kann. Scheint wohl, als wäre ich doch nicht so ein Mädchen.“

Er schluckte seine Enttäuschung herunter. „Ich verstehe. Dann zieh dich mal an, und ich fahre dich hin, wohin du willst.“

Sie trat einen Schritt näher an ihn heran und legte eine zierliche Hand auf seinen Unterarm. „Wie wäre es denn mit einem Kompromiss?“

Schmerzhaft wurde ihm bewusst, dass Cassidy Corelli tatsächlich nichts über Männer wusste. Da stand sie vor ihm: verführerisch und nahezu nackt und erwartete von ihm, dass er gute Miene zum bösen Spiel machte. Selbst die sachte Berührung ihrer Finger auf seiner Haut genügte, um sein Verlangen noch drängender werden zu lassen, als es ohnehin schon war.

Rasch trat er einen Schritt zurück und strich sich durchs Haar. „Was für einen Kompromiss denn?“ Er brachte es irgendwie nicht fertig, sie einfach vor die Tür zu setzen.

„Du bist doch zum ersten Mal in Vegas, stimmt’s?“

„Ja.“

„Ich könnte dir ein paar von unseren Attraktionen zeigen.“

„Und danach?“

„Können wir machen, wonach uns ist.“

Ihr Lächeln kam ihm aufrichtig vor, aber er fragte sich, ob sie ihn zum Narren halten oder wirklich gerne mit ihm ins Bett wollte, aber nur nicht wusste, ob das klug war.

Er für seinen Teil war mehr als bereit, Sex mit ihr zu haben. Bestimmt würde es ihm auch ohne Weiteres gelingen, sie an Ort und Stelle zu verführen. Es gab nur ein Problem. Man hatte ihn dazu erzogen, sich Frauen gegenüber stets wie ein Gentleman zu verhalten. Was wiederum bedeutete, dass er Cassidys Zögern akzeptieren musste – gleichgültig, ob er dabei das Gefühl hatte, jeden Moment vor ungestillter Begierde in Flammen aufzugehen.

Sicher wäre es das Schlaueste, sich einfach von ihr zu verabschieden, denn er würde ihr ohnehin nicht mehr als diese eine Nacht bieten können und Cassidy schien keineswegs nur auf einen One-Night-Stand aus zu sein.

Doch gleichzeitig war er hoffnungslos fasziniert von ihr und wusste nicht, wann er sich das letzte Mal so sehr danach gesehnt hatte, mit einer Frau zu schlafen. Allerdings war er schon einmal auf diese Masche einer vermeintlich Unschuldigen hereingefallen und hatte sich eine schmerzliche Abfuhr eingefangen. Trotzdem wollte er nicht recht glauben, dass Cassidy ihm etwas vorspielte.

Vielleicht lag es tatsächlich an dem Einfluss von Vegas, dass er dem Zauber dieser Frau einfach nichts entgegenzusetzen hatte – oder an seinem übermächtigen sexuellen Hunger.

„Okay“, erwiderte er angespannt. „Dann zieh dir was an, und wir gehen auf Sightseeingtour.“ Er war zwar schon seit vierundzwanzig Stunden auf den Beinen, aber was machte das schon? Schließlich hieß es ja immer, man sollte den Augenblick genießen … Der Himmel mochte ihm beistehen.

Als sie Gavins Mietwagen erreicht hatten, freute Cassidy sich unbändig darüber, dass es sich um ein Cabrio handelte. „Soll ich vielleicht fahren?“, schlug sie vor. „Dann kannst du dir die Gegend besser ansehen.“

Gähnend nickte Gavin. „Vermutlich keine schlechte Idee. Ich bin völlig übermüdet.“ Er ging zur Beifahrerseite. „Bitte. Du hast das Kommando.“

Obwohl seine Bemerkung sicherlich nicht so gemeint war, musste Cassidy plötzlich daran denken, wie erregend es wäre, Gavin nackt unter sich liegen und das Sagen zu haben … Unruhig rutschte sie hinter dem Steuer hin und her. Plötzlich fühlte sich ihr Mund völlig trocken an, und ihre Wangen schienen zu glühen.

Nachdem sie das Verdeck geöffnet und die Garage verlassen hatten, lehnte Gavin sich zurück an die Kopfstütze, während Cassidy kreuz und quer durch Vegas fuhr und ihn auf die Sehenswürdigkeiten aufmerksam machte.

„Du liebst diese Stadt, oder?“, fragte Gavin, als sie eine Weile darauf vor einer roten Verkehrsampel hielten.

„Ja“, erwiderte sie überrascht. „Ich glaube schon. Auf der ganzen Welt gibt es nichts Vergleichbares.“

„Bevor du mir das alles gezeigt hast, hat Vegas mich ehrlich gesagt nicht besonders beeindruckt. Aber jetzt hast du mich von den Vorzügen dieser Stadt überzeugt.“

Als sie flüchtig zur Seite sah und die Lust in seinem Blick bemerkte, erschauerte sie wohlig. Es gab keinen Zweifel daran, dass er sie wollte und plante, sie auch zu bekommen.

Grundgütiger! Ohne ihn zu fragen, wendete sie den Wagen und fuhr aus der Stadt hinaus. Im Augenblick hätte sie vermutlich noch nicht einmal ihren Namen gewusst, weil heiße Begierde rauschend durch ihren Körper zu strömen schien. Es kam ihr so vor, als würde sie fliegen.

Glücklicherweise verlor sie nicht die Bodenhaftung. Es war ein ganz besonderes Vergnügen, nachts in der Wüste mit dem Auto unterwegs zu sein. Die Straße war überschaubar und wenig befahren, und die Frühlingsluft wirkte ungemein belebend.

Da sie eine gute Fahrerin war, kannte sie auch ihre Grenzen. Selbstsicher trat sie das Gaspedal durch und betrachtete zufrieden, wie die Nadel des Tachometers immer weiter nach oben stieg. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Gavin sich versteifte. „Ich zahle aber nicht, wenn du ein Knöllchen bekommst“, sagte er.

Laut lachend genoss sie das Gefühl des Windes in ihrem Haar. „Mach dir keine Sorgen. Ich kenne hier jeden Police Officer im Umkreis von fünfzig Meilen.“ Sie musste sehr laut sprechen, um den Fahrtwind zu übertönen. Mit den Händen hielt Cassidy das Lenkrad fest im Griff, und sie vibrierte förmlich vor freudiger Erwartung dessen, was ihr diese Nacht noch bieten würde. Es kam ihr so vor, als läge ihr plötzlich die ganze Welt zu Füßen, und mit einem Mal wusste sie ganz sicher, das sie Gavin Kavanagh wollte. Auf keinen Fall würde sie sich von ihrer Unerfahrenheit einen Strich durch die Rechnung machen lassen.

Nach einer Weile ging sie wieder vom Gas, bis sie schließlich in einer Parkbucht am rechten Seitenstreifen anhielt und den Motor ausschaltete. Die Stille war beinahe ohrenbetäubend, und über ihnen erstreckte sich ein prachtvoll funkelnder Sternenhimmel.

Gavin nahm sie in den Arm, bevor sie Gelegenheit hatte, die Hand vom Lenkrad zu nehmen. Sein Kuss war atemberaubend leidenschaftlich und einfach perfekt. Dabei hatte sie schon gedacht, dass er zwischenzeitlich eingeschlafen sei – was wieder einmal bewies, wie sehr eine Frau sich irren konnte. Ganz deutlich spürte sie, wie sehr seine Begierde seit ihrem ersten Kuss im Hotel angestiegen war.

Ihr Körper erschauerte unter sinnlichen Wogen der Lust, die mit jedem Moment, der verging, immer mehr von ihr Besitz ergriffen. Während des leidenschaftlichen Kusses hielt Gavin ihren Kopf umfasst, sodass ihr kaum Gelegenheit blieb, Luft zu holen.

Was für eine überwältigende Erfahrung! Bisher war sie davon ausgegangen, dass das Vorspiel grundsätzlich überbewertet wurde, und jetzt zeigte ihr ausgerechnet Gavin, wie sehr sie sich geirrt hatte. Fieberhaft überlegte sie, wie sie es anstellen könnten, sich auf der Stelle die Kleider vom Leib zu reißen. Dennoch schreckte sie der Gedanke ab, in flagranti auf dem Rücksitz eines Autos ertappt zu werden. Das war etwas ganz anderes, als gegen Geschwindigkeitsbeschränkungen zu verstoßen. Ihr Vater würde einen Herzinfarkt bekommen, wenn er davon erführe, und jetzt war ganz bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt, seine Missgunst auf sich zu ziehen.

Offenbar verfügte Gavin über mehr Selbstkontrolle als sie. Schwer atmend unterbrach er nach einer langen Weile schließlich den Kuss. „Du bringst mich völlig um den Verstand, Cassidy Corelli.“

Wieder fühlte sie sich geschmeichelt, so ein Kompliment aus dem Mund eines Mannes wie Gavin Kavanagh zu hören. „Das beruht ganz auf Gegenseitigkeit.“

„Das klingt ja wie Small Talk auf einem Debütantinnenball“, erwiderte er lachend. „Mal im Ernst, warum bist du mit mir hier im Auto?“

„Das weiß ich nicht, ehrlich gesagt“, gestand sie. „Ich glaube, ich hatte gar keine andere Wahl. Ich konnte dir einfach nicht widerstehen.“ Sie stockte. „Du bist anders als die anderen Männer hier in Vegas, Gavin Kavanagh. Du bist einfach richtig – frag mich nicht, woher ich das weiß. Ich weiß es einfach …“

Seufzend lehnte er sich zurück und ergriff ihre Hand. „Das ist das erste Mal heute, dass ich mich wirklich wohlfühle. Die Sterne hier sind genauso hell wie in North Carolina.“ Zärtlich strich er mit dem Daumen über die empfindliche Innenseite ihres Handgelenks.

Unwillkürlich erschauerte Cassidy wohlig. „Wohnst du am Meer?“, fragte sie.

„Nein, in einem Ort namens Silver Glen. Das liegt im Westen, in den Bergen. Nach der großen Weltwirtschaftskrise in den Zwanzigerjahren haben meine Vorfahren dort eine Silbermine entdeckt.“ Er deutete auf die Sterne. „Kennst du dich mit Astronomie aus? Das dort sind die Plejaden … die sieben Schwestern. Und da drüben ist Orion. Der verschwommene Fleck dort hinten ist ein Nebel.“

„Du weißt ja eine ganze Menge darüber.“

„Ach“, erwiderte er und lachte leise. „Das ist doch wirklich nichts Besonderes.“

Sie drehte sich ein Stück zur Seite und entzog ihm die Hand. „Ich muss noch einen kurzen Besuch machen, und dann würde ich gerne mit dir ins Hotel zurückfahren. Du weißt schon, um zu …“

Doch er legte ihr rasch die Finger auf die Lippen. „Pssst. Sprich nicht weiter. Ich bin sowieso schon völlig heiß auf dich. Aber ich versuche, mich zu benehmen.“

Ein kühler Windhauch streifte sie, und Cassidy begann zu zittern. Nachts wurde es in der Wüste ziemlich kalt, und am liebsten hätte sie sich in eine wärmende Umarmung mit Gavin geflüchtet. Wenn sie das jedoch tat, würden sie es vermutlich doch nicht mehr bis ins Hotel schaffen. Falls sie aber heute Nacht ihre Unschuld verlieren sollte, dann wollte sie das in einem angemessenen Rahmen tun.

Also knabberte sie nur ein wenig an Gavins Fingerspitzen, woraufhin er leise fluchte und ihre Schultern umfasste. „Du spielst mit dem Feuer, Cass“, warnte er. „Wenn du nicht aufpasst, nehme ich dich gleich hier auf der Motorhaube. Willst du das?“

Die Aussicht darauf ließ sie vor Erregung erzittern. Unwillkürlich musste sie sich vorstellen, wie Gavin ihren Rock hochschob und sie von hinten liebte. Lustvolle Schauer durchströmten sie bei diesem sinnlichen Bild, und ihr Mund fühlte sich mit einem Mal staubtrocken an. Sie kam sich vor wie eine Verdurstende in der Wüste. „Nein.“ Ja. Ja. Ja.

Er ließ sie los und lehnte sich wieder in den Sitz zurück. „Dann lass uns von hier verschwinden.“

Ob Cassidy ihm vielleicht etwas in seinen Wein getan hatte? Gavin war erregter als je zuvor, und jeder Muskel in seinem Körper war bis aufs Äußerste angespannt. Er konnte es kaum erwarten, sich endlich mit dieser Frau im sinnlichen Rausch der Leidenschaft zu vereinen. Vielleicht lag es ja an der Magie dieser perfekten Nacht oder aber an ihrer überirdischen Schönheit. Möglicherweise aber auch an dem Lachen, das sie immer wieder teilten.

Nachdem sie die Wüste hinter sich gelassen hatten und die ersten Leuchtreklamen wieder vor sich sahen, fiel Gavin auf, dass er noch gar nicht gefragt hatte, wohin sie überhaupt fuhren. Kurzerhand holte er das nach, und Cassidy lächelte vielsagend.

„Man hat Vegas erst dann richtig kennengelernt, wenn man in einem dieser Hochzeitstempel gewesen ist. Du weißt schon, diese Wedding Chapels, in denen du Tag und Nacht spontan heiraten kannst. Mein Cousin ist Elvis-Double und arbeitet in so einer Chapel. Ich würde euch gerne miteinander bekannt machen. Außerdem habe ich ihm versprochen, ihn heute Nacht zu besuchen, damit er sich nicht so langweilt.“

„Um diese Zeit?“, fragte er fassungslos, denn es war schon beinahe wieder Morgen.

„Ja, Robbie muss als Strafe ein paar Wochen lang die Nachtschicht übernehmen. Er hat nämlich vergessen, seine Lizenz zu verlängern und ein paar Trauungen durchgeführt, die im Nachhinein für ungültig erklärt werden mussten. Beinahe wäre er deswegen gefeuert worden, aber sein Boss schätzt ihn, weil Robbie wirklich gut singen kann. Während er also auf seine neue Lizenz wartet, ist er dazu verdonnert worden, in der Anlage staubzusaugen und den Papierkram zu erledigen.“

„Und was passiert, wenn jemand kommt und heiraten will?“

„Dann ruft Robbie seinen Boss an, der dann rüberkommt.“ Sie parkte den Wagen vor einem Gebäude in einem unglaublich grellen Rosa, das mit weißen Tauben verziert war und Gavin an eine verunglückte Hochzeitstorte denken ließ.

„Du liebe Güte. Machen die Leute so was wirklich?“

„Du wärst echt überrascht, wenn du wüsstest, wie viele“, erwiderte Cassidy, während sie ausstieg.

Kurz darauf hatten sie das Innere des Hochzeitstempels betreten, und Robbie, der Gavins Schätzung nach ungefähr so alt wie Cassidy sein mochte, schien sich aufrichtig über den Besuch zu freuen. „Wie geht’s dir, Cass? Seit Onkel Bobos Geburtstagsparty habe ich dich nicht mehr gesehen.“

„Mir geht’s gut, danke“, entgegnete sie. „Das ist mein Freund Gavin.“

Robbie trug einen weißen Showanzug, hatte kohlrabenschwarzes Haar und die für den Rock-’n’-Roll-Star typische Tolle. „Freut mich, Sir“, erwiderte er.

Innerlich zuckte Gavin zusammen. Sir? Sah er wirklich schon so alt aus? „Cassidy zeigt mir gerade Vegas und hat gesagt, dass man das hier unbedingt gesehen haben muss.“

Cass sah Gavin an, und er merkte, dass sie wie er daran dachte, dass sie beide unbedingt noch etwas anderes erkunden mussten, bevor der Morgen dämmerte. Plötzlich wurde Gavin schrecklich heiß. Wie lange konnte ein Mann es wohl aushalten, auf eine Frau wie Cassidy zu warten?

„Kommt“, sagte Robbie. „Ich zeige euch die Chapel of Love.“

Als Gavin daraufhin leise vor sich hin murmelte, wie lange das wohl dauern mochte, drückte seine Begleiterin besänftigend seine Hand. „Sei nett zu ihm“, wisperte sie ihm zu. „Das ist der erste Job, der Robbie wirklich gefällt. Wir versuchen, ihn darin zu bestärken.“

Also versuchte Gavin, seine Ungeduld zu zügeln, während Cassidys Cousin ihnen die große Tour lieferte. Als sie den Altar erreicht hatten, streifte Robbie eine weiße Robe über und trat dahinter. „Nimm ihre Hände“, ordnete er feierlich an.

„Ist das eine Zwangsehe?“, scherzte Gavin, befolgte jedoch brav die Anweisung und sah Cassidy dabei in die Augen.

Seine Scheinbraut lachte. „Mach dir keine Sorgen, das ist nicht gültig, weil wir ja den Papierkram nicht ausgefüllt haben. Aber ich bin sicher, dass Robbie etwas Übung nicht schaden kann, wenn du nichts dagegen hast.“

„Ich habe sogar schon was vergessen“, beklagte Robbie sich und holte rasch aus einer Nische eine Flasche Champagner hervor. Erstaunlich geschickt entkorkte er diese, um zwei Kristallkelche zu befüllen, die er dem vermeintlichen Brautpaar reichte.

Cassidy trank einen Schluck. „Moment mal, dafür muss ich doch nichts bezahlen, oder?“

„Geht aufs Haus“, erwiderte ihr Cousin lächelnd.

In einem Zug leerte Gavin sein Glas, wild entschlossen, alles zu tun, um endlich mit Cassidy in sein Hotelzimmer zurückkehren zu können. „Was kommt als Nächstes, Robbie?“

„Ähm …“ Suchend überflog der junge Mann seine Notizen. „Willst du, Cassidy Lavinia Corelli, diesen Mann zu deinem dir rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen?“

„Lavinia?“, fragte Gavin amüsiert und erntete einen bösen Blick von seiner „Braut“.

„Oh, sei bloß still“, sagte sie und wandte sich an Robbie. „Du machst das gut“, erklärte sie. „Und ja, das will ich.“

„Und willst du, Gavin …“ Verwirrt stockte der Prediger und sah ihn fragend an.

„Gavin Michael Kavanagh“, half Gavin dem jungen Mann aus der misslichen Lage.

„Und nimmst du, Gavin Michael Kavanagh, diese Frau zu deiner rechtmäßig angetrauten Ehefrau?“

Für den Bruchteil einer Sekunde hatte Gavin das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Er war müde und benommen wegen des Schlafmangels und sicher auch wegen des Alkohols, aber eines wusste er mit einem Mal ganz sicher. Falls er jemals von seiner Hochzeit geträumt haben sollte – was ein Mann wie er natürlich niemals tun würde –, dann wäre seine Braut ein Klon von Cassidy Corelli gewesen.

Er räusperte sich, versuchte zu vergessen, wie spät es war, dass vor ihm ein etwas unbeholfener Elvis-Imitator stand und er Las Vegas eigentlich nicht leiden konnte. Stattdessen konzentrierte er sich voll und ganz auf Cassidys bezaubernde, unschuldige Augen, mit denen sie ihn unter den langen dichten Wimpern hervor ansah. Ihr Haar war leicht vom Wind zerzaust, was Gavin unwillkürlich daran denken ließ, wie sie wohl nach einer leidenschaftlichen Liebesnacht aussehen mochte.

Erneut begann Robbie, seine Frage zu stellen. „Willst du, Gavin …“

Hastig hob Gavin die freie Hand, um ihn zu unterbrechen. Dabei hielt er fest Cassidys Finger umklammert und fragte sich insgeheim, wie es sich wohl anfühlte, wenn sie endlich nackt bei ihm im Bett lag. „Ja, ich will“, stieß er heiser hervor. „Auf jeden Fall. Und jetzt küsse ich meine Braut.“

3. KAPITEL

Obwohl Cassidy schon davon gehört hatte, dass manche Menschen vor Glück am liebsten schreien wollten, hatte sie diese Erfahrung noch nie gemacht. Als Gavin sie nun einfach hochhob und in den Armen hielt, hatte sie das Gefühl, körperlich und seelisch vor lauter Glückseligkeit einfach zerfließen zu müssen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und in ihrem Bauch schienen sich mit einem Mal wahre Schmetterlingsschwärme zu tummeln.

Dabei war es natürlich lächerlich, sich von der Stärke eines Mannes so beeindrucken zu lassen, aber verdammt … Gavin war einfach unwiderstehlich männlich. Seitdem Rhett Butler seine geliebte Scarlett O’Hara derart romantisch getragen hatte, träumten Millionen von Frauen insgeheim davon, von ihrem Traumprinzen ebenfalls so mühelos emporgehoben zu werden.

Obwohl Cassidy eine sehr weibliche Figur hatte, hob Gavin sie hoch, als wöge sie nicht mehr als ein Kind. Erregt spürte sie seinen festen Brustkorb an ihrer Brust, und wie berauscht erwiderte sie Gavins verlockenden Kuss. Dabei vergaß sie die ganze Welt um sich herum – und außerdem die Tatsache, dass sie nicht alleine waren.

Unbehaglich trat Robbie von einem Fuß auf den anderen, wie Cassidy schließlich bemerkte, als sie flüchtig zu ihm hinübersah. „Ich muss jetzt ins Büro zurück“, stammelte er verlegen. „Ihr wisst ja, wo es rausgeht.“

Cassidy zappelte hin und her, bis Gavin sie wieder absetzte. Der Ausdruck wilden Verlangens in seinem Blick ließ sie ganz kribbelig werden vor erwartungsvoller Vorfreude, doch es gelang ihr, sich zum Abschied auf ihren Cousin zu konzentrieren. „Danke für die Tour, Robbie.“

„Danke, dass ihr mich besucht habt.“ Er hob eine Hand. „Ich erkläre euch hiermit zu Mann und Frau.“

Sie umarmte Robbie und küsste ihn auf die Wange. „Du machst das schon. Bleib einfach am Ball.“

Kurz darauf waren sie allein im Trauraum. Gavin verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete Cassidy mit einem Gesichtsausdruck, der alles Mögliche bedeuten konnte.

Aus einer Laune heraus streckte sie ihm die Hand entgegen. „Leihst du mir mal dein Telefon? Ich würde gern ein Foto machen, als Andenken.“

Amüsiert stellte sie fest, dass er nichts dagegen zu haben schien. Also kuschelte sie sich ganz dicht an ihn, während sie mit ausgestrecktem Arm ein Bild von ihnen beiden machte. Doch leider waren ihre Arme zu kurz und Gavin zu groß, weswegen es ihr nicht gelang, die Kamera ausreichend weit von sich zu strecken.

„Gib mal her“, sagte Gavin und nahm ihr das Handy ab, bevor er einen Arm um ihre Taille schlang. „Sag schön Cheese“, forderte er sie auf und drückte auf den Auslöser.

In diesem Moment küsste Cassidy ihn aufs Kinn und stellte sich anschließend auf die Zehenspitzen, um das Ergebnis zu betrachten. „Lass mich mal sehen!“

Es war ein überaus gelungener Schnappschuss, und Gavin wirkte genauso männlich und attraktiv wie in echt. Ein wenig kam er ihr wie ein harter Cowboy aus der Vergangenheit vor, der in der Gegenwart gestrandet war. „Das gefällt mir“, sagte sie. „Du bist sehr fotogen.“

„Nein, bin ich nicht“, widersprach er stirnrunzelnd. „Und jetzt lass uns endlich von hier verschwinden.“

Gehorsam folgte sie ihm und versuchte, ihr Lächeln zu verbergen. Offenbar fasste Gavin das Kompliment einer Frau als Beleidigung seiner Männlichkeit auf. Um seinen verletzten Stolz wieder zu beschwichtigen, hielt sie ihm draußen die Autoschlüssel hin. „Hier. Ich muss nicht unbedingt zurückfahren.“

Doch er schüttelte nur den Kopf und nahm wieder auf der Beifahrerseite Platz. „Doch, das musst du“, entgegnete er schläfrig. „Ich mache in der Zwischenzeit ein kleines Schläfchen, damit ich gleich im Hotel dafür sorgen kann, dass du diese Nacht nicht so schnell wieder vergessen wirst.“

Lachend startete sie den Motor und stellte kurz darauf fest, dass Gavin tatsächlich eingeschlafen war. Erst als sie in der Tiefgarage des Hotels einparkte, setzte er sich auf und strich sich durchs Haar. „Wie spät ist es denn?“

„Fast vier Uhr morgens“, entgegnete Cassidy nach einem Blick aufs Armaturenbrett.

„Irgendwie ist das nicht normal, dass diese Stadt nie schläft“, beschwerte er sich.

„Das stimmt gar nicht“, widersprach sie. „Man schläft hier schon. Aber nicht unbedingt in der Zeit von Mitternacht bis zum Morgen.“ Sie betrachtete ihren Beifahrer, der ziemlich erschöpft aussah. „Ich sollte besser nach Hause fahren“, schlug sie vor und versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. „Du brauchst unbedingt etwas Ruhe vor deinem Rückflug.“

„Schlafen kann ich auch noch, wenn ich tot bin“, widersprach er und sah sie voller Leidenschaft an. Wieder spürte Cassidy dieses erregende Prickeln, das ihren ganzen Körper zu erfassen schien. „Du fährst nirgendwohin“, fügte er hinzu.

„Soll das eine Drohung sein?“

Er umfasste ihre Wange und zog sie zu sich heran. „Nenn es, wie du willst, Cassidy Corelli. Aber wenn ich schon deinem Cousin zuliebe so tue, als wäre ich dein Bräutigam, dann habe ich auch ein Recht auf die Hochzeitsnacht.“ Er beugte sich vor und verwöhnte sie mit einem weiteren dieser Küsse, die Cassidy fast verrückt machten. „Jetzt mach schon, Cass. Ich brauche ein Bett. Und zwar sofort.“

„Weil du so müde bist?“

Bevor er antwortete, stieg er aus, ging um den Wagen herum und half ihr heraus. „Nein. Weil ich dich begehre und brauche. Und zwar jetzt.“

Nie war es Gavin ernster damit gewesen, eine Frau in sein Bett zu bekommen. Zugegeben, es waren schon einige Monate seit dem letzten Mal vergangen. Nicht, dass ihm das zwischenzeitlich viel ausgemacht hätte. Obwohl er Gesellschaft mochte, liebte er auch die Einsamkeit. Sie wirkte belebend und motivierend auf ihn und verhalf ihm zu kreativen Einfällen.

Im Fall Cassidy schien sein Gehirn sich allerdings abgemeldet zu haben. Er war wie besessen von dem Gedanken, sie endlich in den Armen zu halten. Nackt. All seine üblichen Bedenken hatten sich offenbar in Luft aufgelöst. Vermutlich waren Schlafmangel, Sexentzug und Champagner nicht ganz unschuldig daran, dass er sich so sehr danach verzehrte, leidenschaftliche Liebesspiele mit dieser Frau zu erleben.

Wie im Traum gelangte er von der Garage schließlich bis zu seinem Hotelzimmer, den Arm um Cassidys Schulter gelegt. Kichernd sah seine Begleiterin ihm dabei zu, wie er sich mit unsicheren Händen abmühte, die Schlüsselkarte durch den Scanner am Türschloss zu ziehen.

„Bist du sicher, dass das hier wirklich dein Zimmer ist?“, erkundigte sie sich leise.

Endlich gelang es ihm, die Tür zu öffnen. „Weißt du das denn nicht mehr? Du bist vorhin doch auch hier gewesen.“

„Diese Flure sehen doch alle gleich aus“, erwiderte sie und ging an ihm vorbei.

Wie gebannt starrte Gavin ihr hinterher und bewunderte ihren sinnlichen Hüftschwung, der ihn beinahe um den Verstand brachte.

Mit einem gedämpften Laut fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss, und mit einem Mal wirkte seine eben noch so selbstbewusste Begleitung wieder nervös und wich seinem Blick aus.

„Gibt es ein Problem, Cass?“, erkundigte er sich und widerstand der Versuchung, sie einfach in die Arme zu schließen.

Sie benetzte ihre Lippen. „Nein“, erwiderte sie wenig überzeugend.

„Was ist los?“, hakte er nach.

„Nichts.“ Wie vorhin streifte sie die Schuhe ab, sah ihm jedoch immer noch nicht in die Augen. „Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich kurz dusche? Allein?“

„Falls du glaubst, mich dadurch noch mehr auf die Folter spannen zu können …“ Er runzelte die Stirn. „Ich muss dich warnen. Ich könnte gar nicht verrückter nach dir sein. Das ist kein Scherz.“

„Ich habe eben noch nie mit einem Mann zusammen geduscht“, entgegnete sie und streckte das Kinn vor. „Auch wenn es nicht so aussieht, aber ich bin einfach manchmal schüchtern. Ich werde auch nicht rumtrödeln, versprochen. Ich will das genauso sehr wie du.“

Irgendetwas an ihrem Geständnis verriet ihm, dass sie die Wahrheit sagte. „Dann geh“, entgegnete er angespannt.

Als sie ins Bad gegangen war, holte er tief Luft. War Cassidy Corelli vielleicht doch eine Trickbetrügerin? Würde sein Portemonnaie fort sein, wenn er am Morgen die Augen aufschlug? Oder war sie wirklich, was sie vorgab zu sein: eine junge, unschuldige Frau, die einfach nur gern flirtete?

Auf jeden Fall brauchte er sich keine Sorgen darüber zu machen, dass ihrer Beziehung im Laufe der Zeit die Luft ausgehen würde – wie es bei seiner letzten der Fall gewesen war. Cassidy würde – auch wenn er normalerweise nicht dafür zu haben war – ein One-Night-Stand bleiben. Mehr nicht. Aber er konnte auch gar nichts dagegen tun, denn er brannte förmlich vor verzehrender Lust nach dieser Frau. Ein Gefühl, das ihm bisher völlig unbekannt war und das sein wohlgeordnetes Weltbild aus den Angeln hob.

Glücklicherweise hielt Cassidy Wort und kehrte schon bald darauf zu ihm ins Zimmer zurück. Wieder einmal trug sie den Hotelbademantel und starrte ihn nur wortlos an.

Gavin räusperte sich. „Alles in Ordnung?“

Sie nickte lediglich.

„Dann gib mir drei Minuten“, sagte er und ging ebenfalls ins Bad, um hastig zu duschen. Seine Erregung war zwischenzeitlich so angestiegen, dass er bei jeder Berührung unwillkürlich zusammenzuckte und leise aufstöhnte, als er sich vorstellte, wie Cassidy ihn dort streichelte.

Als er aus der Duschkabine kam, warf er einen kurzen Blick in den Spiegel. Der Mann, der ihm dort entgegensah, hatte vor Verlangen glänzende Augen und gerötete Wangen und war mehr als bereit, der Frau in seiner Höhle zu zeigen, wie sehr er sie begehrte. Erschauernd schloss er die Augen. Wie es sich wohl anfühlen würde, wenn er sich endlich mit ihr vereinigte?

Ihre ansteckende Warmherzigkeit hatte ihn in den Bann geschlagen, und er sehnte sich danach, etwas von dieser Wärme mit in sein Alltagsleben nehmen zu können. Obwohl er normalerweise ein Problem damit hatte, Frauen nah an sich heranzulassen, erging es ihm mit Cassidy völlig anders. Er würde erst zufrieden sein, wenn sie sich eng umschlungen ihrer Sehnsucht hingaben.

Sein Haar war immer noch feucht, nachdem er sich ein Handtuch um die Hüfte geschlungen hatte und ins Wohnzimmer zurückgekehrt war. Mit zusammengepressten Knien saß Cassidy stocksteif auf einem Sessel, die Füße fest auf den Boden gestellt, und sah dabei ziemlich unentspannt aus.

„Bist du bereit?“, fragte er.

Erschreckt zuckte sie zusammen. „Ja, klar“, erwiderte sie aufgeregt und stand so hastig auf, dass sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Gerade noch im letzten Moment fand sie Halt an einer Sessellehne.

Zu gerne hätte Gavin ihre Hand genommen, aber er befürchtete, sie dadurch noch mehr zu verängstigen. Stattdessen lächelte er beruhigend und deutete auf das Schlafzimmer. „Nach dir, Cass.“

Als sie an ihm vorbeiging, nahm er ihren zarten, unwiderstehlichen Duft wahr und ahnte, dass er ihn von nun an immer mit diesem Moment in Verbindung bringen würde.

Zögernd blieb sie vor dem großen Doppelbett stehen. „Hast du Kondome?“

„Natürlich.“ Obwohl er sie in seiner Kulturtasche im Bad gelassen hatte. Rasch ging er zurück und kam nach wenigen Augenblicken mit ein paar Päckchen wieder zurück. Als er sie auf den Nachtschrank warf, sah er kurz zur Uhr. Schon bald würde die Sonne aufgehen.

Zärtlich berührte er Cassidys schmale Schulter und drehte sie behutsam herum. Ohne ihre Pumps reichte sie ihm knapp bis zum Schlüsselbein und wirkte auf rührende weise zart und verletzlich – im Gegensatz zu ihm. Sacht legte er einen Finger unter ihr Kinn, damit sie ihn ansah.

Aus ihrem Blick wurde er nicht schlau. Obwohl sie die Hände auf seine Hüfte gelegt hatte, brachte ihre Körpersprache Abwehr zum Ausdruck. Vielleicht fühlte sie sich von seiner körperlichen Erscheinung überwältigt und hatte es mit der Angst zu tun bekommen.

„Ich würde dir niemals wehtun, weißt du das?“, fragte er, um sie zu beruhigen. „Ich bin zwar völlig verrückt nach dir, aber ich bin bestimmt kein Tier. Du kannst jederzeit einfach sagen, dass ich aufhören soll. Glaubst du mir das?“

Nachdenklich sah sie ihn an. „Ja“, erwiderte sie schließlich. Dieses eine Wort genügte ihm vollkommen.

Der Gürtel des Morgenrocks war sorgfältig um ihre Taille geschlungen. Falls sie gehofft hatte, dass der Knoten Gavin aufhalten würde, dann wusste sie nicht viel über Männer. Innerhalb weniger Sekunden hatte er das Problem gelöst und streifte den Mantel über ihre Arme herab. Als das Kleidungsstück auf den Boden fiel, atmete Cassidy tief ein. Oder war es sein eigener Atem gewesen?

Den ganzen Abend schon hatte er sich danach verzehrt, sie endlich ohne Barrieren in den Armen zu halten. Doch jetzt, als der lang ersehnte Moment endlich gekommen war, musste er einen Augenblick innehalten. „Du bist wunderschön“, stieß er schließlich hervor und wusste selbst, dass dieses Kompliment auch nicht annähernd der Wahrheit gerecht wurde.

Eine weiblichere Frau hatte er noch nie zuvor gesehen. Ihr Teint schimmerte zart golden und erinnerte ihn unwillkürlich an italienische Olivenhaine im warmen Sonnenschein. Ihr dunkles Haar glänzte verführerisch und kringelte sich zu sinnlichen Locken.

Obwohl er daraufhin seine Aufmerksamkeit auf ihren schlanken Hals richten wollte, gelang es ihm nicht, die darunterliegende Region zu ignorieren. Volle, herrlich gerundete Brüste und Hüften sowie ein Po, der keinen Männertraum unerfüllt ließ. Ohne zu überlegen, hob er Cassidy auf den Arm, um sich an der Zartheit ihrer Haut zu erfreuen. Die nackte Cassidy Corelli so dicht bei sich zu spüren, kam ihm wie ein wahr gewordener Traum vor.

Sie schlang die Arme um seinen Nacken. „Und wann darf ich dich ausziehen?“

„Ich habe nur ein Handtuch um. Ich schätze, das bekommen wir hin.“

„Mir ist aufgefallen, dass es vorne ziemlich ausgebeult ist.“

„Willst du damit etwa andeuten, ich wäre fett?“, fragte er lachend.

„Nein, nur diese Stelle da vorne ist auffällig“, scherzte sie weiter.

Rasch schlug er die Bettdecken zurück und legte seine süße Last auf die weichen Laken. Ihre Brüste wippten dabei anbetungswürdig und verführerisch. „Bitte, tu dir keinen Zwang an und sieh doch nach“, schlug er vor, bevor er sich neben sie auf den Rücken legte.

Das kostete ihn ziemlich viel Selbstbeherrschung, denn wäre es nach ihm gegangen, hätte er sofort seinem Verlangen nachgegeben. Andererseits sagte man ja, dass Vorfreude die schönste Freude war, also gab er sich alle Mühe, möglichst entspannt zu wirken.

Cassidy stützte sich auf einem Ellenbogen ab und betrachtete ihn fasziniert. „Du gehst bestimmt oft trainieren“, mutmaßte sie und legte eine Hand auf seinen Bauch. Unwillkürlich zuckte er unter ihrer zarten Berührung zusammen.

„Ich halte nicht viel von Fitnessstudios“, erklärte er. „Aber dort, wo ich lebe, verbringe ich sehr viel Zeit in der Natur.“ Schon von Kindesbeinen an waren er und seine Brüder daran gewöhnt, sich draußen aufzuhalten und in den Wäldern zu spielen, bis die Essensglocke sie wieder nach Hause gerufen hatte.

Neugierig betastete sie eine Narbe unter seinen Rippen. „Was ist das denn?“

„Als wir in der Grundschule waren, hat mein Bruder Dylan mit Pfeil und Bogen auf mich geschossen.“

„Das ist ja furchtbar“, rief sie aus und berührte ein weiteres Mal die längst verheilte Wunde.

Gavin wand sich unter ihren verheißungsvollen Berührungen. „War nicht weiter schlimm“, erklärte er heiser. „War ja keine Absicht. Eigentlich hatte er auf ein Eichhörnchen gezielt, und ich bin im falschen Moment in die Schusslinie gelaufen.“ Er hatte das Gefühl, jeden Moment müsste ihm die Stimme versagen, und er konnte es kaum noch erwarten, dass Cassidy endlich das Handtuch von seinen Hüften streifte.

Als er meinte, es keinen Moment länger aushalten zu können, fasste Cassidy endlich unter den Rand des leicht feuchten Handtuchs und zog daran. Bereitwillig hob Gavin die Hüfte ein Stück an, damit sie ihr Werk vollenden konnte.

„Grundgütiger.“ Fassungslos starrte sie ihn an. „Hast du eine Lizenz für dieses Ding?“

Dabei war er seiner Meinung nach gar nicht mal außergewöhnlich groß. Doch Cassidy betrachtete ihn so ehrfürchtig wie einen kostbaren Schatz. Das wiederum erregte Gavin noch mehr.

„Keine Sorge, Cassidy. Wir passen perfekt zueinander.“

Ohne etwas darauf zu erwidern, umfasste sie ihn mit ihrer zierlichen Hand und übte einen unendlich sanften Druck aus. Gavin schloss die Augen und hielt den Atem an. Es kam ihm vor, als müsste er jeden Moment explodieren. Lange würde er nicht mehr durchhalten, das war schon mal klar.

Fasziniert berührte Cassidy ihn, bevor sie eine Fingerspitze in den Mund steckte und ableckte. Es schien ihr außerordentlich gut zu gefallen, was sie da schmeckte, doch um Gavins Geduld war es ein für alle Mal geschehen.

„Genug“, stieß er heiser hervor und rollte Cassidy auf den Rücken, bevor er ihre Beine auseinanderschob. Wie berauscht atmete er ihren stimulierenden Duft nach Limonen und Erregung ein, bevor er hingebungsvoll die Lippen zwischen ihre Schenkel presste und sich an Cassidys unwiderstehlichem Geschmack berauschte.

Überrascht schrie sie laut auf, und Gavin war sicher, dass alle Hotelgäste nun mitbekommen hatten, was hier vorging. „Hör auf damit. Das kitzelt!“

Zwar hatte er ihr versprochen, jederzeit aufzuhören, wenn sie das wünschte, doch musste das schon jetzt sein? Frustriert lehnte er die Stirn gegen die seidenweiche Innenseite ihrer Schenkel und seufzte. „Was ist denn? Du hast es doch bestimmt schon mal so gemacht bekommen, oder?“

„Natürlich. Du hast mich nur überrascht, das ist alles.“

„Darf ich dann weitermachen? Bitte?“

Ihr Schweigen schien eine Ewigkeit zu dauern. „Cass?“, fragte er schließlich gequält nach.

„Ja …“ Ihre Antwort war atemlos und kaum hörbar.

Zufrieden wandte Gavin sich wieder seiner Aufgabe zu, wild entschlossen, sie genauso verrückt vor Lust zu machen, wie sie es mit ihm getan hatte. Dabei musste er unaufhörlich an den vergangenen Abend denken. Wie sie mit höllischer Geschwindigkeit die Wüstenstraße entlanggefahren waren und sich mitten im Nirgendwo leidenschaftlich geküsst hatten. Auch sah er wieder ihren zauberhaften Körper in diesem atemberaubend eng anliegenden silbernen Kleid vor sich, als sie sich vor dem Elvis-Double zum Spaß das Jawort gegeben hatten.

Genau in diesem Moment kam ihm das alles höchst nachvollziehbar vor.

Er spürte genau, wie sie sich dem Gipfel näherte, denn ungeduldig vor Verlangen wölbte sie sich ihm entgegen. Immer wilder wurden ihre Bewegungen, immer rascher ihre Atemzüge, bis Gavin sie zärtlich dort biss und reizte, wo sie es am meisten ersehnte.

Als er Cassidy Corelli während ihres Höhepunktes mit den Armen umschlang, lösten sich all seine Vorbehalte gegen Las Vegas schlagartig in Nichts auf.

Das hier mochte zwar Cassidys Stadt sein, doch er hatte soeben Anspruch auf einen gewissen Teil von Vegas erhoben.

4. KAPITEL