Herr Heiland und der Tote im Kuhstall - Johann Simons - E-Book

Herr Heiland und der Tote im Kuhstall E-Book

Johann Simons

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Folge 6 - Herr Heiland feiert ein Fest: Zum ersten Mal wird er der Gemeinde in Sonntal am See beim Pfarrfest vorstehen. Doch die lokalen Sitten verwundern den Zugezogenen noch immer: Braucht es wirklich einen frisch geschlachteten Ochsen auf dem Kirchplatz? Zumal seit Tagen Unbekannte mit Flugzetteln gegen die Schlachtung protestieren - etwa militante Tierschützer? Da sorgt ein nächtlicher Überfall für den Schock: Kasimir, das Opfertier, wird aus seinem Stall bei Bauer Billen entführt. Schlimmer noch, Billens Knecht Max liegt dort - erschlagen! Pfarrer Heiland muss den Fall lösen, wenn er das Pfarrfest retten will ...

Über die Serie: Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin, dem überambitionierten Bürgermeister und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen ...

Herr Heiland - ein himmlischer Cosy-Krimi für alle Fans von gemütlichen Ermittlungen.

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsHerr Heiland – Die SerieÜber diese FolgeTitelKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6In der nächsten FolgeÜber den AutorImpressum

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Herr Heiland – Die Serie

Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin Fräulein Dimpel, dem überambitionierten Bürgermeister Moritz Mindenfeld und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen …

Über diese Folge

Herr Heiland feiert ein Fest: Zum ersten Mal wird er der Gemeinde in Sonntal am See beim Pfarrfest vorstehen. Doch die lokalen Sitten verwundern den Zugezogenen noch immer: Braucht es wirklich einen frisch geschlachteten Ochsen auf dem Kirchplatz? Zumal seit Tagen Unbekannte mit Flugzetteln gegen die Schlachtung protestieren – etwa militante Tierschützer? Da sorgt ein nächtlicher Überfall für den Schock: Kasimir, das Opfertier, wird aus seinem Stall bei Bauer Billen entführt. Schlimmer noch, Billens Knecht Max liegt dort – erschlagen! Pfarrer Heiland muss den Fall lösen, wenn er das Pfarrfest retten will …

JOHANN SIMONS

Kapitel 1

Am Anfang war das Blut

»… daher sei der Herr immer mit euch«, wünschte Klaas Heiland. Die Worte kamen von Herzen. Dennoch ließ der Pastor, kaum dass sie verklungen waren, seine weit ausgebreiteten Arme wieder sinken. »Bitte, nehmen Sie noch einmal kurz Platz.«

Seine versammelte Gemeinde tat es. Die Heilige Messe war nicht sonderlich gut besucht. Nur ein paar Dutzend Gläubige hatten sich an diesem Freitagabend im Sonntaler Gotteshaus versammelt, dessen weißer Kirchturm aus dem verschlafenen kleinen Ort herausragte wie ein Leuchtfeuer. Heiland kannte seine Gemeindeschäfchen als ausgesprochen engagiert und fromm, verstand aber, warum ein Teil der sonstigen Stammgäste diesen Werktagtermin ausnahmsweise übersprang: Die Sonntaler sparten sich ihren nächsten Kirchgang schlicht für das bevorstehende Fest auf. Damit dieses noch feierlicher wurde als ohnehin.

Auch Heiland wollte nun von diesem Fest sprechen. »Wie Sie vermutlich alle wissen«, begann er und sah von der Kanzel aus über die Sitzreihen, »begehen wir übermorgen unser alljährliches Pfarrfest. Oder unsere Kirchweih, wie Sie es wohl nennen würden.«

Leises, zustimmendes Gelächter drang an seine Ohren.

»Der ›Geburtstag‹ des Gotteshauses zählt zu den höchsten Feiertagen einer jeden Gemeinde«, fuhr er fort, »und auch diesmal werden wir ihm einen würdigen und besinnlichen Rahmen geben. Wie Sie vermutlich ebenfalls wissen, ist der kommende Sonntag für mich das erste Pfarrfest hier in Ihrer Mitte. Ich bin nun schon einige Monate lang Ihr neuer Seelsorger. Wenn Sie gestatten, würde ich diese Gelegenheit gerne nutzen, um Ihnen zu erklären, was das Konzept Pfarrfest für mich bedeutet. Schauen Sie, die heilige katholische Kirche steht seit jeher für …«

Eine Bewegung im Augenwinkel ließ ihn verstummen, just als er sich warmgeredet hatte. Fragend drehte Heiland den Kopf und sah, dass ein Mann in Reihe sieben des Mittelschiffs allen Ernstes aufzeigte wie in der Schule.

»… steht seit jeher für …«, wiederholte Heiland perplex. Aufzeigen in der Kirche? Während der Priester sprach? Das brachte ihn vollkommen aus dem Konzept. »… äh, für …«

Der Mann schnippte mit den erhobenen Fingern. Dazu nickte er. Er wirkte nicht ungeduldig, eher übereifrig.

Heiland gab auf. »Ja, Herr Winkelhuber?«, wandte er sich an den Störenden. »Gibt es ein Problem?«

Severin Winkelhuber stand auf. Der schmächtige Blondschopf mit dem Vollbart und der dicken Brille arbeitete als Bahnhofsvorsteher in Sonntal. Obwohl das vielleicht eine etwas zu großspurige Berufsbezeichnung für eine Station mitten im ländlichen Nirgendwo war, die gerade einmal zwei Bahnsteige besaß und deren Fahrplan nicht mehr als einen Zughalt pro Stunde vorsah. In dieser Aufgabe ging Winkelhuber allerdings voll auf, passte sie doch zu seiner peniblen Natur. Am Sonntaler Bahnhof wuchs vermutlich kein Grashalm ohne die ausdrückliche Genehmigung des passionierten Beamten. Auch an diesem Abend trug er seine geliebte Dienstkleidung.

»Verzeihen Sie die Unterbrechung, Herr Pfarrer«, sagte er freundlich. »Aber wissen Sie zufällig, ob Bauer Billen den Kasi für Sonntag freigeben wird? Wie ich hörte, gibt es da Zweifel.«

Heiland runzelte die Stirn. »Kasi? Ich fürchte, ich verstehe nicht, was Sie meinen, mein Lieber. Was soll Herr Billen tun?«

»Und ob es da Zweifel gibt!«, erklang eine zweite, merklich schroffere Stimme. Sie gehörte Erich Bender, dem Betreiber des kleinen Kinos in Sonntal. Auch er erhob sich nun von seinem Platz am linken Rand des Innenraums. Er schüttelte die geballte Faust in Winkelhubers Richtung. »Jakob soll den Kasi gefälligst im Stall lassen, das habe ich ihm auch schon selbst gesagt. Dieses Prachttier wäre auf unserem Dorfplatz absolut verschwendet, klar? Das gehört in die Zucht, nicht übers Feuer!«

»Bitte.« Heiland sah von einem zum anderen. »Meine Herren. Nur die Ruhe. Nehmen Sie doch einfach wieder Platz, und wir besprechen dies in aller Ausführlichkeit. Vielleicht können wir ja damit anfangen, dass Sie mir erklären, worüber wir überhaupt sprechen. Wer in aller Welt ist dieser Kas…?«

Eine dritte Person erhob sich. Es handelte sich um Magdalena Schönbach, die Leiterin des Frauenvereins Amalie e.V. »Na, selbstverständlich gehört der übers Feuer!«, widersprach sie dem Kinobetreiber laut und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr langer Mantel war schwarz wie die Nacht. »Es ist Kirchweih, Sie Traumtänzer. Glauben Sie etwa, das feiern wir ohne einen festlichen Braten?«

»Ich glaube nur, dass es nicht gleich Jakobs bester Ochse sein muss«, rechtfertigte Bender sich prompt. Zwischen Schönbach und ihm klaffte schon länger ein stattlicher Graben, und auch heute pflegten die beiden Streithähne ihn mit Gusto. »Denkt doch mal nach, Mensch! Jakob muss doch auch sehen, wo er bleibt.«

»Machen Sie sich um Herrn Billen mal keine Sorgen, Bender«, blaffte Schönbach zurück. Der Blick, den sie ihm dabei schenkte, war vermutlich waffenscheinpflichtig. »Der weiß genau, worum es geht. Anders als Sie, ganz offensichtlich.«

Heiland breitete die Arme aus. Er wollte die Wogen schnellstens wieder glätten, wusste aber nach wie vor nicht, warum das Meer überhaupt so unruhig geworden war. Verstand er das richtig? Jemand wollte einen Ochsen aus dem Stall des Sonntaler Bauern grillen? Auf dem Pfarrfest?

»Jetzt lasst den Herrn Schmitzbauer ausredn«, klagte eine dritte Stimme. Sie war dunkler als die anderen, rau wie das Innere eines alten Ofenrohres. Und sie kam von oben!

Heiland hob den Blick. Küster Hufnagl stand an der Umfassung der Empore, dicht neben der Kirchenorgel. Der kleine Glatzkopf trug auch an diesem Abend einen fleckigen Blaumann, aus dessen vielen Taschen mehrere Werkzeuge ragten.

»Der kommt noch zu dem Thema«, versprach Hufnagl. »Ganz sicher.« Dann sah er zur Kanzel und nickte freundlich.

Heiland öffnete den Mund und wusste mit einem Mal nichts zu sagen. »Äh … Verzeihen Sie, aber verstehe ich das richtig? Sie wollen einen Ochsen …?«

»In Ordnung«, erklang es plötzlich aus einer weiteren Ecke des Kirchenschiffs. Diese Stimme erkannte Heiland sofort, schließlich nutzte ihr Besitzer jede sich bietende Gelegenheit – und ein paar mehr –, um sie zu Gehör zu bringen. »Ich übernehme an dieser Stelle mal, das kürzt das elende Schauspiel hoffentlich ab.«

Moritz Mindenfeld klang streng. Streng war auch der Blick, mit dem der Sonntaler Bürgermeister seine Mitmenschen strafte, als er sich seufzend von seinem Platz erhob. Mindenfeld trug Anzug und Krawatte. Sein schwarz gefärbtes Haar saß tadellos. Die Sonnenbankbräune auf seinen Wangen war selbst im spärlichen Licht des Kircheninneren gut zu erkennen.

»Die Schlachtung des Ochsen«, fuhr er fort, geübt als erfahrener Redner, »gehört seit jeher zu den Grundpfeilern unserer geliebten Kirchweih. Daran hat sich nie etwas geändert. Und, meine Damen und Herren, daran wird sich auch in diesem Jahr selbstverständlich nichts ändern. Andere Orte mögen andere Traditionen pflegen, wir in Sonntal haben uns aber noch nie um die Meinungen anderer Orte geschert. Sie kennen ja meine Devise: Wir sind wir …«

»… und die anderen sind die anderen«, stimmte die Gemeinde ein.

Mindenfeld nickte zufrieden. »Ganz genau. Es ist unser Fest … und es ist unser Ochse.«

»Dann findet das Ochsenfeuer also auch in diesem Jahr statt?«, fragte Severin Winkelhuber. Er schien überrascht, zu welchem Chaos seine simple Zwischenfrage geführt hatte. »Trotz aller gegenteiligen Gerüchte?«

»Hören Sie nicht auf Gerüchte, Severin«, sagte Mindenfeld und schenkte ihm sein gefürchtetes Zahnpastalächeln. »Hören Sie auf Ihren Ortsvorstand. Ich habe persönlich mit Jakob Billen gesprochen, erst vor wenigen Stunden. Kasimir ist bereit für den großen Tag, und das war auch nie anders geplant. Von Jakob nicht, und vom Rathaus auch nicht.«

Das genügte. Winkelhuber nickte zufrieden, während Frau Schönbach sogar kurz applaudierte. Erich Bender setzte sich wieder und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.

Heiland wollte gerade das Wort ergreifen, da griff Hufnagl in die Tasten der alten Orgel. »Großer Gott, wir loben dich« hallte plötzlich durch das Innere von St. Hilarius, das besprochene Lied zum Ausmarsch der Gemeinde. Der Küster hielt den Gottesdienst allem Anschein nach für beendet und war zum finalen Punkt auf dem Ablaufplan übergegangen, den Heiland ihm vor der Messe gegeben hatte.

Die Gemeinde erhob sich wie aufs Stichwort. Die Männer und Frauen strömten zum Ausgang, lächelten freundlich und nickten Heiland zum Abschied zu. Auch Bender, Schönbach und Winkelhuber betrachteten die Veranstaltung offensichtlich als beendet, es lief ja das letzte Lied.

Heiland sah ihnen nach – ungläubig, aber auch amüsiert. Dann packte er seine Unterlagen, die auf dem Pult der Kanzel lagen, sprach in Gedanken einen schnellen Schlusssegen über die Gemeinde, und trat den Rückweg in die Sakristei an. Manchmal, das wusste er inzwischen sehr genau, musste man in Sonntal einfach mit der Strömung schwimmen. Zumindest dann, wenn man nicht ertrinken wollte.

»Aber in einer Sache sind wir uns doch hoffentlich einig«, meinte Heiland. Der Geistliche stand am wuchtigen Kleiderschrank im hinteren Zimmer der Sakristei und hängte gerade den soeben benutzten Talar zurück auf einen hölzernen Kleiderbügel. »Ein Pfarrfest ist kein Schlachtfest. Diese Sache mit Ihrem Ochsen bedeutet doch wohl hoffentlich nicht, dass da ein armes Tier vor aller Augen …«

»Na, selbstverständlich.« Moritz Mindenfeld lachte leise. Er stand neben Heiland, die Hände noch immer gefaltet. Sein Blick war offen und freundlich. »Der Ochse gehört bei uns in Sonntal so sicher zur Kirchweih wie das Amen in die heilige Messe. Es gab noch jedes Jahr eine feierliche Schlachtung, Herr Heiland. Das Dorf freut sich darauf als wäre Weihnachten. Es erwartet seinen Kasimir am Sonntagabend auf dem Festplatz – kross und frisch gebraten und natürlich mit ordentlich Kraut.«

»Ich fürchte«, hielt Heiland dagegen, »meine Vorstellungen eines gelungenen Gemeindefestes weichen von den Ihren ab. Und von denen Sonntals.«

Er hängte den Kleiderbügel mit dem Talar zurück in den Schrank und ging in den schlauchförmigen kleinen Nebenraum, in dem die übrigen Utensilien der Gottesdienste lagerten – vom Messwein über die Klingelbeutel bis hin zu den kostbaren Evangelien. Mindenfeld folgte ihm.

»Das leibliche Wohl ist natürlich wichtig«, fuhr Heiland fort. »Verstehen Sie mich nicht falsch. Aber da tut es gewiss auch eine kräftige Erbsensuppe oder ein Stück Torte. Oder bereits verzehrfertiges Fleisch. Nein, unser eigentliches Augenmerk sollte viel eher darauf liegen, am Sonntag der Kirche als solcher und unserem Zusammenhalt als Gemeinde eine Bühne zu schaffen. Finden Sie nicht auch?«

»Oh, keine Sorge.« Der Bürgermeister winkte ab. »Den Zusammenhalt werden wir am Sonntag schon feiern, so gut und so lange wir nur können. Das ist immer so: Wenn die Sonntaler erst wieder alle zusammen am Ochsenfeuer sitzen und zuschauen, wie das frisch zerlegte Fleisch gar wird, sind sogar die Schönbach und der miesepetrige Bender im Handumdrehen wieder die besten Freunde. Warten Sie nur ab.«

»Aber eine blutige Schlachtung, live vor den Toren meiner Kirche? Im Rahmen unseres Gemeindetages?«

Heiland schüttelte den Kopf. Er war beileibe kein Kostverächter, auch nicht bei fleischlichen Gerichten. Und selbstverständlich wusste er, dass Steaks nicht auf Bäumen wuchsen. Aber musste man sie gleich vor den Toren seiner Kirche herstellen?

»Bedaure, mein lieber Mindenfeld. Das mag vor Generationen vielleicht ein gefeiertes Element des Festes gewesen sein, aber wir schreiben das einundzwanzigste Jahrhundert, und nicht das dritte Jahr nach dem Kartoffelkrieg von Anno Tobak. Außerdem ist Pfarrfest und nicht Oktoberfest, ja? Ich nehme seit Monaten – und das zumeist auch gerne – Rücksicht auf die mitunter doch sehr eigenen Sitten und Gebräuche dieses schönen Fleckchens Erde, aber in diesem einen Fall muss ich ein entschiedenes Veto …«

»Ich muss Ihnen den guten Herrn Hufnagl übrigens gleich entführen«, unterbrach Mindenfeld ihn ebenso sanft wie gedankenlos. Der Küster war nämlich gerade in die Sakristei gekommen. Mindenfeld, nun merklich abgelenkt, nickte diesem zu. »Die Bühne ist noch nicht fertig, und die Zeit drängt.«

»Mhm«, brummte Hufnagl bestätigend. »Is die Kapelle denn jetz’ da?«

»Die Band«, betonte der Bürgermeister so stark, als wäre das andere Wort ihm ein Gräuel, »muss jeden Augenblick hier eintreffen, ganz genau.« Er sah wieder zu Heiland. »Ich habe mich dieses Jahr nicht lumpen lassen, das sage ich Ihnen. Moritz, dachte ich mir, deine bayerische Riviera entsteht nicht von allein. Die baust du nicht, wenn du einmal mehr den ollen Kirchenchor – nichts für ungut, Herr Hufnagl – und den fußlahmen Musikverein auf der Kirchweih spielen lässt. Nein, da braucht es schon größeres Kaliber. Würdigere Klänge. Und dann habe ich sie einfach angefragt, Herr Heiland. Ehrlich gesagt, war ich schon ein bisschen stolz, als tatsächlich eine Zusage kam.«

»Eine Zusage?«, wunderte sich der Pastor.

Was war denn falsch am Kirchenchor? Und wer in aller Welt war diese Band, auf die Mindenfeld sich so freute?

Der Bürgermeister nickte wissend. Er zückte sein Mobiltelefon, rief eine Website auf und zeigte Heiland einige PR-Fotos. Auf ihnen sah man eine Frau und einen Mann, beide Mitte zwanzig, in ebenso knapper wie markenbewusster Kleidung. Die jungen Menschen hatten Frisuren, die Heiland eher an Außerirdischen vermutet hätte, und posierten vor mit allerlei Graffiti besprühten Backsteinmauern. Auf einem der Fotos sah man im Hintergrund sogar die Spitze des Berliner Fernsehturms aus dem Häusermeer ragen.

»WINDspiel«, sagte Mindenfeld.

»Bitte?«, sagte Heiland.

»Na, WINDspiel«, sagte Mindenfeld erneut. »Sagen Sie bloß, die kennen Sie nicht.«

»Bedaure«, sagte Heiland. »Nochmals, mein Lieber: Was diesen Ochsen namens Kasimir betrifft …«

»San die erfolgreichste Kapelle in der Hitparade«, warf Hufnagl ein. Er hatte die Opferkörbchen der vergangenen Messe auf dem Tisch ausgeleert und zählte Kleingeld. »Sagt der Sohn von meim Nachbarn. Die Kinder san wohl ganz verrückt nach WINDspiel, Herr Schmitzbauer.«

Mindenfeld legte Heiland einen Arm um die Schultern und sah schwärmerisch ins Leere. »Stellen Sie sich das nur mal vor, Herr Heiland: Die aktuell erfolgreichste Formation im deutschen Popradio hier bei uns in Sonntal. Live und in Farbe für die Besucher der Kirchweih. Ist das nicht toll?«

»Doch, doch.« Heiland nickte uninteressiert. »Wenn Sie das sagen, mein lieber Mindenfeld. Aber wegen dieses armen Geschöpfs aus Bauer Billens Stall …«