Herr Heiland und der tote Pilger - Johann Simons - E-Book
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Herr Heiland und der tote Pilger E-Book

Johann Simons

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Beschreibung

Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin, dem überambitionierten Bürgermeister und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen ...

Folge 1 - Herr Heiland ist überfordert: Eben erst hat der Pastor sein neues Amt in St. Hilarius in Sonntal am See angetreten, da steht auch schon eine Gruppe von Pilgern vor seiner Tür. Sie pilgern - wie jedes Jahr - zu den Gebeinen des Schutzpatrons der Linkshänder, von dem Heiland noch nie gehört hat. Doch es kommt noch viel schlimmer: Am nächsten Morgen liegt einer der Pilger tot in seinem Hotelbett! Heiland geht dem nach und stößt auf eine Spur, die in die Geschichte Sonntals führt ...

ERSTE LESER-STIMMEN:

"Ich habe mich so gefreut, diese Krimireihe zu entdecken und diesen Krimi direkt durchgehört." (Strausimausi, Lesejury)

Herr Heiland - ein himmlischer Cosy-Krimi für alle Fans von gemütlichen Ermittlungen.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.

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Seitenzahl: 127

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Inhalt

CoverHerr Heiland – Die SerieÜber diese FolgeÜber den AutorTitelKAPITEL 1KAPITEL 2KAPITEL 3KAPITEL 4KAPITEL 5KAPITEL 6In der nächsten FolgeImpressum

Herr Heiland – Die Serie

Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin Fräulein Dimpel, dem überambitionierten Bürgermeister Moritz Mindenfeld und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen …

Über diese Folge

Herr Heiland ist überfordert: Eben erst hat der Pastor sein neues Amt in St. Hilarius in Sonntal am See angetreten, da steht auch schon eine Gruppe von Pilgern vor seiner Tür. Sie pilgern – wie jedes Jahr – zu den Gebeinen des Schutzpatrons der Linkshänder, von dem Heiland noch nie gehört hat. Doch es kommt noch viel schlimmer: Am nächsten Morgen liegt einer der Pilger tot in seinem Hotelbett! Heiland geht dem nach und stößt auf eine Spur, die in die Geschichte Sonntals führt …

Über den Autor

Johann Simons ist ein deutscher Autor, der bereits viele Romane unter vielen Namen verfasst hat. Unter diesem Pseudonym lebt er seine Vorliebe für gemütliche Krimis mit charmantem Schmunzelhumor aus.

JOHANN SIMONS

KAPITEL 1

Näher, mein Mord, zu dir

Die Leiche lag in der Bibliothek. Ein kreisrunder Blutfleck verschandelte den teuren Perserteppich vor dem Kamin – und ein gusseiserner Schürhaken verschandelte die Stirn des Toten. Lord Montgomery war gestorben, wie er gelebt hatte: mit gnadenloser Härte.

»Niemand betritt den Raum!«, befahl Chief Inspector Timothy Smart. Er hatte sich als Erster gefangen. Nun hinderte er seine Begleiter daran, sich dem Opfer zu nähern. »Sie können ihm nicht helfen. Niemand kann das. Also seien Sie vernünftig und lassen Sie mich meine Arbeit erledigen. Denn eins ist gewiss, Gentlemen: Der Täter muss sich noch unter uns befinden. Gleich hier in Ghostwood Hall!«

»Na, das wüsste ich aber!«

Klaas Heiland sah von dem Kriminalroman auf, in dem er las, und kehrte in die Wirklichkeit zurück. Fragend drehte er den Kopf in die Richtung, aus der die wütende Stimme drang. »Wie bitte?«

»Das da, meine ich!«

Ein Mann mittleren Alters kam auf ihn zu. Er hatte absolut nichts mit Inspector Smart, dem besten Mann von Scotland Yard, gemeinsam. Und das fing schon bei der Optik an: Er war schmächtig und blond. Ein viel zu dichter Vollbart und zwei viel zu dicke Brillengläser waren die hervorstechendsten Merkmale seines blassen Gesichts und nicht ansatzweise so gepflegt wie die Dienstkleidung der Deutschen Bahn, die er ebenfalls trug und die so makellos aussah, als sei sie erst vor fünf Minuten aus der Schneiderei gekommen.

»Hier wird nicht herumgelungert, verstanden?«, beschwerte sich der Fremde. »So etwas mögen wir in Sonntal nicht!«

Herumgelungert? Heiland hob eine Braue. Mit einem Mal waren Ghostwood Hall und das Rätsel um Lord Montgomerys gewaltsames Ableben vergessen. Stattdessen wanderte sein Blick zu seinen beiden schweren Koffern, die neben ihm am Boden des Bahnsteigs standen, und zu dem schwarzen Mantel, der sorgsam gefaltet auf der Rückenlehne seiner von der Sonne gewärmten Holzbank ruhte. »Ich fürchte, da liegt ein Missverständnis vor«, sagte er schmunzelnd. »Ich bin gerade angekommen und …«

Sein Gegenüber war nicht an Erklärungen interessiert. »Nicht gerade erst, sondern vor exakt achtzehn Minuten und dreiunddreißig Sekunden«, erwiderte der Blonde und zückte demonstrativ eine Taschenuhr aus seiner perfekt sitzenden Bahn-Weste. »Seitdem sitzen Sie da, gucken Löcher in die Luft und blättern in diesem Taschenbuch. Das kann ich vom Ticketschalter aus tadellos beobachten.« Es klang wie das Plädoyer eines Staatsanwalts, der die Höchststrafe forderte – mindestens.

Heiland lachte, diesmal aber innerlich. Achtzehn Minuten? Er vergaß gern die Zeit, wenn er sich irgendwo wohlfühlte. Außerdem lernte man einen Ort erst dann richtig kennen, wenn man Geduld mit ihm hatte.

»Und weil der nächste Zug erst in einundsiebzig Minuten und zwölf Sekunden hier eintrifft«, fuhr sein ungeduldiges Gegenüber fort, »werden Sie wohl kaum auf den warten. Daraus folgt: Sie lungern herum. Und wie die Sonntaler Bahnhofsregel Numero Sieben besagt, wird jeglicher Aufenthalt über fünfzehn Minuten als Herumlungern interpretiert, wenn …«

Abwehrend winkte Heiland mit dem Kriminalroman. »Sie kennen Ihren Fahrplan gut, das muss ich Ihnen lassen, Herr …«

»Winkelhuber. Severin Winkelhuber.« Der andere deutete auf sein silbrig schimmerndes Namensschild, als wäre es ein Orden. »Selbstverständlich kenne ich den Fahrplan, denn ich bin der Vorsteher dieser gesamten Anlage hier. Und als solcher muss ich Sie auffordern, unverzüglich den Bahnhof zu verlassen. Wenigstens bis zur Einfahrt des Spätzuges.«

Schmunzelnd verstaute Heiland den Roman in der Manteltasche. So ein Willkommen hatte er noch nirgends erlebt. »Dann danke ich für den freundlichen Hinweis, Herr Winkelhuber, und bitte vielmals um Entschuldigung.« Er erhob sich von der Bank, griff nach Mantel und Koffern und nickte dem eifrigen Herrn Vorsteher grüßend zu. »Einen schönen Tag noch.«

Winkelhuber sah ihm nach, bis er den Bahnsteig verlassen und das eingeschossige Gebäude mit der alten Wartehalle umrundet hatte. Selbst zwei Straßen weiter war Heiland, als spüre er seine prüfenden Blicke noch immer im Rücken. Herumlungern – man hatte ihm schon vieles vorgeworfen, insbesondere in bischöflichen Kreisen, aber das war neu.

Jedem Tierchen sein Pläsierchen, dachte er und ging weiter.

Das idyllisch gelegene Sonntal am See präsentierte sich dem Neuankömmling bei bestem Wetter. Ein noch immer strahlend blauer Himmel prangte weiß besprenkelt über den kleinen Häusern, und die Hügel ringsum leuchteten nahezu in sattem Grün. Schon vom Zug aus hatte Heiland den imposanten Stausee bewundern können, auf dessen glatter Oberfläche das Licht der Sonne tanzte und an dessen Ufer zahlreiche Touristen flanierten. Auch den ortsnahen Wald, der dem um Ghostwood Hall gewiss in nichts nachstand, hatte er aus der Ferne gesehen, groß und dunkel und wunderschön. Ein Städtchen wie auf einer Ansichtskarte, nur eben in echt. Das Bistum hatte nicht zu viel versprochen.

Wollen wir hoffen, dass das Pfarrhaus diesem Eindruck ebenfalls gerecht wird, dachte er. Besonders die Küche des Pfarrhauses. Für eine gute Tasse Kaffee könnte ich jetzt glatt morden …

Die Fahrt war lang gewesen, erst recht mit den beiden schweren Koffern, und nicht einmal seine geliebten Krimis hatten sie verschönert. Kurz nach dem Frühstück hatte Heiland der Ostsee zum Abschied gewunken. Seitdem hatte ihn ein Zug nach dem anderen gen Süden transportiert. Von Niendorf mit seiner nahen Steilküste und dem Fischerhafen bis ins beschauliche Hinterland Bayerns, das glich einer mittleren Weltreise – erst recht für jemanden wie ihn, der am liebsten mit dem Gesäß daheim blieb und den Herrgott einen guten Mann sein ließ.

Aber genau das war ja der Punkt, dachte Heiland: Er war in Sonntal daheim. Jedenfalls ab heute.

Schon von Weitem konnte er den Zwiebelturm von St. Hilarius sehen. Hoch und weiß ragte seine neue Wirkungsstätte über die Dächer und diente ihm als dringend benötigter Wegweiser.

Die alte Pastorenregel gilt sicher auch hier, dachte er. Wo ein Kirchturm ist, ist ein Pfarrhaus nie weit.

Er bog in eine hangaufwärts führende Einbahnstraße und passierte schmucke Wohnhäuser mit schmucken Fassaden. Es ging vorbei an grünen Vorgärten, parkenden Autos, an winkenden Gartenzwergen unter sorgsam gestutzten Zierhecken. In einer winzigen Schreinerei, deren Fenster offen standen und deren Einfahrt mannshohe Bretterstapel säumten, wurde trotz der feierabendlichen Uhrzeit noch fröhlich gehämmert und gesägt. Auf dem Display eines verlassenen Geldautomaten blinkte eine Fehlermeldung. Irgendwo kläffte ein Hund.

Allmählich schwitzte Heiland unter dem Gewicht seines Gepäcks. Lange würde er die Koffer nicht mehr tragen können. Zumindest nicht, ohne sich endlich mal wieder eine Pause zu gönnen.

Also gönnte er sich eine. Auf die Einbahnstraße folgte ein gepflasterter Platz, der wie dafür geschaffen schien. Die weite, kreisrunde Fläche war ein wenig unübersichtlich, da überall Bäume standen und sogar ein Brunnen. In der Mitte prangte stolz ein riesiger mit allerlei Wappen und blau-weißen Bändern verzierter Maibaum. Flankiert wurde er von mehrgeschossigen Bauten, die jedes für sich einen Blick wert waren: Es gab einen hellgelben Klotz von einem Rathaus, mit dunklen Fenstern und breiter Eingangstreppe, dessen Obergeschoss als Arztpraxis doubelte. Schräg gegenüber folgte ein rechteckiges Hotelrestaurant mit Fachwerkfassade, kunstvoll verzierten Fensterläden und Blumenkästen voller Blüten. Daneben standen ein Obst- und Gemüseladen, der vielleicht kleinste Supermarkt der Welt, ein klapprig wirkender Zeitungskiosk und sogar ein Café. Letzteres freute Heiland besonders. Ein Leben ohne Sahnetorte war, wie er seinen geliebten Chief Inspector Smart gern zitierte, zwar möglich, aber selbstredend sinnlos.

Im Schatten des Gasthofs – der laut des Schildes über dem Eingang Zur stolzen Kaiserkrone hieß und der, wie Heiland fand, leider auch genauso aussah – stellte er die Koffer ab, zog ein Stofftaschentuch aus dem Mantel und wischte sich über die schweißfeuchte Stirn. Rechts von sich konnte er nun die Kirche in all ihrer Pracht sehen, und er pfiff anerkennend. Das weiß gestrichene Gotteshaus mit dem pyramidenspitzen Dach bot sicher Raum für an die tausend Menschen. Heiland wusste zwar aus den Reiseführern, dass die Gemeinde Sonntal etwa das Vierfache an Bewohnern als seine Ostseegemeinde aufbrachte, von den vielen Touristen ganz zu schweigen, und kein von allen guten Geistern verlassenes Kuhdorf war. Trotzdem fragte er sich, wie viele regelmäßige Kirchgänger hier leben mochten.

Er würde es erfahren, das ahnte er. Spätestens am kommenden Sonntag.

Der Wetterhahn auf der Spitze des Kirchturms glänzte golden, und die vier Uhren, die dicht darunter in alle Richtungen wiesen, standen der des eifrigen Herrn Winkelhuber an Genauigkeit sicher in nichts nach. Heiland erschrak, als er die Zeiger sah. Schon kurz vor acht? War er tatsächlich seit zwölf Stunden auf den Beinen, noch dazu ohne eine richtige warme Mahlzeit? Kein Wunder, dass er sich so erschlagen fühlte wie ein schottischer Lord im elften Kapitel und …

Er kam nicht dazu, den Gedanken zu beenden, denn ein lautes Hupen erklang direkt hinter ihm. Heiland zuckte zusammen. Erst als er sich umdrehte, begriff er seinen Fehler.

»Bitte, was soll das denn?«, schimpfte der Autofahrer. Er reckte Kopf und Oberkörper aus dem Fenster seines nahezu lautlosen Elektro-BMWs, der mit laufendem Motor hinter Heiland stand. Das Haar des Mannes war so schwarz, wie es nur gefärbtes sein konnte, und auf seinen sonnenbankbraunen Zügen lag ein Hauch von Verachtung. »Bleibt der Brezelsalzer mitten auf der Straße stehen! Na, wird’s bald, Meister? Andere Leute haben Termine!«

Heiland eilte sich, den Weg frei zu machen. »Entschuldigung, ich wusste nicht …«

»Ja, ja«, brummte der Fremde und fuhr einfach weiter. Dass nicht jeder Passant den hiesigen Straßenverlauf kennen konnte, schien ihm vollkommen egal zu sein. »Du mich auch.«

Herzlich, diese Leute. Heilands Mundwinkel zuckten. Wirklich herzlich. Mit leisem Ächzen – und gefährlicher Flauheit im Magen – griff er nach seinen Koffern und ging weiter.

Das Pfarrhaus lag tatsächlich gleich neben der Kirche. Es war ein schöner Bau mit alten roten Backsteinen und einer eigenen Garage. In den Fenstern hingen weiße Gardinen, und der Schornstein qualmte. Ein gepflasterter Pfad führte vom Bürgersteig durch einen üppigen Garten bis zur Haustür.

Heiland näherte sich ihr, setzte das Gepäck ab und zog den Schlüssel aus der Tasche, den das Bistum ihm per Post geschickt hatte. Er passte.

Jenseits der Schwelle kam ein schmaler Flur zum Vorschein, der nach Kohl und Pfeifentabak roch. An den Wänden hingen Landschaftsbilder, gerahmte Fotografien und zwei hölzerne Kreuze. Auf dem PVC-Boden lag ein dicker Teppich. Rechts führte eine Treppe ins Obergeschoss, links stand »Pfarrbüro« an einer geschlossenen Zimmertür. Am hinteren Ende des Ganges fiel Licht durch das Fenster einer offen stehenden Küche.

»Gerettet«, murmelte Heiland. Erleichtert ließ er die Koffer stehen, warf den Mantel achtlos übers Treppengeländer und eilte dem Licht entgegen, so schnell seine fußlahmen Beine noch konnten.

Die Kaffeemaschine stand auf der Anrichte, und sie war an! Eine halb volle Kanne schwarzen Glücks wartete auf der Warmhalteplatte, als könne sie Gedanken lesen.

Heiland dankte seinem gnädigen Schöpfer, griff sich eine der sauberen Tassen von der Spüle und …

»Ja, Herrgottsakra, ist es denn die Möglichkeit?« Die Stimme war laut, streng und ganz schön wütend. Letzteres traf auch auf die Schläge zu, die Heilands Schulter trafen und die mit einem unangenehm spitzen Regenschirm ausgeführt wurden. »Spaziert der einfach so ins Pfarrhaus. Na, ich fasse es nicht! Raus! Raus, sag ich!«

»Au!« Nur mit Mühe gelang es Heiland, die Tasse nicht fallen zu lassen. Langsam drehte er sich um. »Wären Sie so freundlich, das zu – au! – unterlassen?«

Die resolute Dame auf der Schwelle war es nicht. Sogar ganz entschieden nicht. Abermals ließ sie den Regenschirm des Zorns niedersausen.

Heiland stoppte ihn im freien Flug und hielt ihn fest. »Bitte«, sagte er sanft.

Jetzt beruhigte sich die Dame, zumindest ansatzweise. »Bitte sagt er. Herrgottsakra, bitte. Als wär das das Normalste von der Welt. Das ist ein Pfarrhaus, verstanden? Hier darf niemand rein.«

»Sie irren«, gab er zurück und stellte den Schirm in die Ecke neben dem Kühlschrank. »Gerade hier.«

»Irren? Ich?« Sie schnaubte. »Na, bitte sehr, wenn das jemand weiß, dann ja wohl ich!«

Heiland stutzte. Fragend betrachtete er die Dame. Sie war älter als er, mindestens um zehn Jahre, und somit wohl über siebzig. Ihr aschgraues Haar war zu akkuraten Locken gewickelt, der Blick ihrer grünen Augen hellwach, und ihre stattlichen Schultern steckten in einer Kittelschürze mit grellbuntem Blumenmuster. Die Füße ragten aus abgewetzten Filzpantoffeln, die älter wirkten als der Petersdom in Rom.

»Frau Dimpel?«, fragte er.

Die Dame verschränkte die Arme vor der üppigen Brust. »Fräulein, bitte sehr! Ja? So viele Manieren müssen sein, auch bei Einbrechern und Kaffeedieben.«

Das war Elvira Dimpel? Heiland schluckte. Seine neue Haushälterin hatte er sich anders vorgestellt. Und den ersten Eindruck, den er bei ihr hinterlassen wollte, auch.

Schnell stellte er die Tasse zurück auf die Spüle. »Bitte verzeihen Sie. Mein Name ist Klaas Heiland. Ich bin mir nicht sicher, ob das Bistum Sie rechtzeitig informieren konnte, weil alles so schnell ging. Aber ich bin der neue Pastor von St. Hilarius.«

Dimpel schnaubte verächtlich. »Sie? Von unserer Kirche? Na, dann bin ich aber die Königin von Saba.« Ihr Blick ging wieder zum Regenschirm, ein stummes Versprechen.

»Nein, nein. Das ist mein völliger Ernst. Das Bistum schickt mich – dringend, wie es hieß. Schauen Sie, ich habe den Brief gleich hier und …« Erst als er in die Manteltasche greifen wollte, erinnerte er sich daran, wo der Mantel aktuell war. »Äh. Gleich draußen an der Treppe, meine ich.«

Er wollte schon los eilen und den Schrieb holen, doch Dimpel versperrte ihm den Weg wie ein besonders bulliger Türsteher. »Na, na, na. Nachher zücken Sie mir da noch eine Waffe, Sie! Wenn hier jemand Taschen durchsucht, dann bin ich das. Verstanden?«

Ohne seine Erwiderung abzuwarten, ging sie zum Treppenaufgang – die beiden Koffer auf der Schwelle des Hauses bemerkte sie offenbar erst jetzt –, durchsuchte seinen Mantel und zog prompt den falschen Text heraus.

»Schatten über Ghostwood?«, las sie den Titel des zerfledderten Taschenbuchs. Es klang so missbilligend wie ihr Blick aussah.

»Ähm.« Heiland räusperte sich verschämt. »In der anderen Tasche?«

Die Dame verstaute den Roman und griff in die andere Tasche. Im Licht der Abendsonne, das durch die offene Haustür fiel, studierte sie das Schreiben des Bistums und hielt es sogar in selbiges, als suche sie ein Wasserzeichen oder eine andere Art Beweis seiner Echtheit.

Da ist ein Stempel drauf, dachte Heiland. Und die Unterschrift Ihres Bischofs, Gnädigste. Reicht das nicht?