Herr Lehmann entdeckt verborgene Schätze in Thüringen - Jutta Maas - E-Book

Herr Lehmann entdeckt verborgene Schätze in Thüringen E-Book

Jutta Maas

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Beschreibung

Was so ein richtiger sprechender Gartenzwerg ist, der lässt sich auch nicht von einer Pandemie aufhalten. Und so reist Zwerg Lehmann, der ja sonst zusammen mit seinem Freund, Herrn Reisegern, weltweit unterwegs ist, in diesem Band durch Deutschland – genauer - durch Thüringen. Hier ist er auf die Welt gekommen, in dem kleinen thüringischen Dorf Gräfenroda. Natürlich interessiert es die beiden Freunde da sehr, wie ein Gartenzwerg entsteht. Aber auch in Lauscha erwartet sie Spannendes: hier führen sie Elfen in das Wunderland des Glases und der Weihnachtskugeln. Jede Menge Schätze hat Thüringen zu bieten und die entdecken Herr Lehmann und Herr Reisegern. Da sind das Spielzeugmuseum, der größte Teddy der Welt, Papiermachèfiguren, der Pfeifen- und der Stockmacher, der Buckelapotheker, der Thüringer Kloß zum Essen und zum Kuscheln und natürlich die Thüringer Rostbratwurst. Und einen ganz echten Schatz gibt es in Erfurt noch obendrauf. Also, viel Spaß beim Lesen!

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Seitenzahl: 169

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Jutta Maas

Herr Lehmann entdeckt verborgene Schätze in Thüringen

Mit Illustrationen von Saskia Gaymann

Originalausgabe 2022Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk darf - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

© 2022 NEPA Verlag, Bad SalzungenUmschlagbild: © Saskia GaymannIllustrationen im Buch: © Saskia Gaymann

Fotos im Buch: © Tobias Westen – www.tobiaswestenphoto.com,

© Herkunftsverband Thüringer & Eichsfelder Wurst & Fleisch e.V.,

© Jutta Maas, Michael Geyer

ISBN: 978-3-946814-87-0

Inhalt

Inhalt

Auf nach Thüringen

In der Zwergenmanufaktur

Im Spielzeugmuseum

Die Weihnachtskugeln von Lauscha

In der Farbglashütte von Lauscha

Beim größten Teddy der Welt

Der Kloß, die Rostbratwurst und der Kuschelkloß

Der Pfeifen- und der Stockmacher

In der Pappmachémanufaktur Marolin

Im Fröbelhaus und beim Buckelapotheker

Ein wirklicher Schatz in Erfurt

Bildnachweise

Auf nach Thüringen

»Weißt du was, Herr Lehmann? Du stellst dich auf ein Bein und hüpfst auf die Landkarte, die ich jetzt vor dich lege. Da, wo dein Fuß landet, starten wir unsere Reise!« Herr Reisegern breitet eine Karte von Deutschland vor seinem Freund, dem kleinen Gartenzwerg, Herrn Lehmann, aus. Und der springt! Mit einem gewaltigen Satz für so einen kleinen Mann, hüpft er auf die Karte.

»Thüringen! Es wird Thüringen! Ehrlich gesagt, hatte ich mir das gewünscht! Aber jetzt hat dein Sprung entschieden!« Herr Reisegern ist hocherfreut.

»Warum wolltest du denn gerne in Thüringen die Reise beginnen?«, möchte Herr Lehmann wissen.

Der Gartenzwerg steht eigentlich im Garten von Frau Sauertopf, der alten Dame, die die Besitzerin des Zwerges ist. Sie hatte ihn nämlich zum Geburtstag von ihrer Schwester geschenkt bekommen. Aber das ist eine andere Geschichte. Nun reist er schon seit vielen Jahren immer wieder mit seinem Freund, Herrn Reisegern, dem Nachbarn von Frau Sauertopf, durch die Welt.

Seit diesem Jahr liegen die Ziele nicht mehr in der Ferne, sondern innerhalb Deutschlands. Ein Virus, das Coronavirus, hat dafür gesorgt, dass aus Sicherheitsgründen keine weiten Reisen gemacht werden dürfen.

»Na gut, dann bleiben wir in Deutschland. Da ist es auch schön«, hatte Herr Reisegern gesagt. Und Herr Lehmann war sehr einverstanden, denn lange ließ er seine Blumen im Garten und seine Frau Sauertopf nicht gerne alleine.

»Warum Thüringen, möchtest du wissen? Na, immerhin ist es das Bundesland, in dem du entstanden bist. Und da wäre es doch schön, wenn wir deinen Ursprung kennenlernen würden. Was meinst du?« Herr Reisegern faltet die Karte schon wieder zusammen.

»Natüüüürlich! Wann geht es los? Jaaa! Unbedingt möchte ich sehen, wo ich auf die Welt gekommen bin. Ob ich wohl Geschwister habe? Ob es außer mir noch weitere sprechende Gartenzwerge gibt? Und ob ich den Ort wiederkenne?« Herr Lehmann ist sofort begeistert.

»Habt ihr euer Reiseziel gefunden? Es ist ja so laut. Das kann nur bedeuten, ihr wisst, wohin ihr wollt!« Frau Sauertopf kommt mit einem frisch gebackenen Kuchen aus der Küche. »Herr Reisegern, wollen wir das mit einem leckeren Stück Kuchen und einer ordentlichen Tasse Kaffee feiern? Du, Herr Lehmann, isst ja nichts! Für dich muss ich den Kuchen ja nicht hinstellen. Ihr werdet mir fehlen, aber ich freue mich schon auf all eure Geschichten.«

Geschichten! Ja, die wollte Herr Lehmann sammeln, und die gab es in Deutschland natürlich genauso wie in den fernen Ländern auf dem Globus.

»Stell dir vor, Frau Sauertopf, wir fahren dahin, wo ich auf die Welt gekommen bin. Nach Tübingen!« Herr Lehmann springt vor Freude auf dem Tisch, auf dem der leckerduftende Kuchen steht, hoch in die Luft.

»Aber was wollt ihr denn in Tübingen? Du bist doch nicht in Tübingen auf die Welt gekommen!« Verwundert sieht Frau Sauertopf ihren Gartenzwerg an.

»Nicht Tübingen«, lacht Herr Reisegern. »THÜRINGEN! Wir fahren nach Thüringen!«

»Oh, wie schön! Ja, da kommst du her, Herr Lehmann! Ihr müsst mir alles berichten, was ihr erlebt in THÜRINGEN! Und jetzt Herr Reisegern, lass es dir schmecken!«

Mit großem Appetit genießen die drei Freunde die gemütliche Runde.

Ein paar Tage später ist es dann soweit.

»Meine Tasche ist gepackt, Herr Lehmann. Der Wagen steht vor der Tür. Kann es losgehen?« Herrn Reisegern kann man die Vorfreude auf die Fahrt nach Thüringen schon ansehen.

»Unbedingt!«, ruft der Zwerg, läuft noch einmal von Blume zu Blume, um sich zu verabschieden, drückt Frau Sauertopf kräftig, die sich vor Rührung die Nase schnäuzt und stürmt zum Auto des Herrn Reisegern: »Los geht’s! Worauf warten wir noch?«

Frau Sauertopf steht in der Tür und schwenkt ein Taschentuch, während die beiden Freunde aus dem Fenster winken. »Bis bald!«, rufen sie laut.

»Ja! Und kommt heil wieder!« Die letzten Worte der Frau Sauertopf können Herr Lehmann und Herr Reisegern schon nicht mehr hören. Viel zu weit hat sich das Auto von ihr entfernt.

»Wohin fahren wir zuerst?«, möchte Herr Lehmann wissen. Er macht es sich im Auto bequem und schaut Herrn Reisegern neugierig an.

»Ich habe mir gedacht, dass wir den ersten Besuch in der Zwergenmanufaktur machen. Dahin, wo du entstanden bist.«

»Juchhu! Darauf freue ich mich ganz besonders!« Der Zwerg klatscht in die Hände. »Fahr schneller, Herr Reisegern! Ich kann es gar nicht abwarten!«

Und tatsächlich drückt Herr Reisegern etwas mehr auf das Gaspedal, sodass Herr Lehmann weit nach hinten in den Sitz gedrückt wird.

In der Zwergenmanufaktur

»Wach werden, Herr Lehmann! Wir sind da! Wir sind bei der Zwergenmanufaktur angekommen!« Sanft rüttelt Herr Reisegern seinen Freund, der trotz der Vorfreude auf seinen Geburtsort eingeschlafen war.

Verschlafen sieht der kleine Mann um sich. »Hier komme ich her? So richtig kann ich mich gar nicht erinnern.« Er reckt und streckt sich und reibt sich noch einmal die Augen. »Herr Reisegern, warum sagst du eigentlich immer Zwergenmanufaktur. Was bedeutet MANUFAKTUR?«

Diese Neugierde liebt Herr Reisegern an seinem kleinen Freund. Alles möchte er wissen, und sobald er etwas nicht versteht, fragt er nach. Nur so kann man lernen, hatte Herr Reisegern dem Zwerg erklärt. Und der hat die größte Freude daran, Neues zu erfahren.

»Was bedeutet MANUFAKTUR?«, möchte Herr Lehmann noch immer wissen.

»Eine Manufaktur ist ein Betrieb, in dem mit viel Handarbeit etwas hergestellt wird, was von guter Qualität ist oder sein sollte!«

»IST! IST! Nicht SEIN SOLLTE!« ruft Herr Lehmann dazwischen. »Bei mir ist doch wohl deutlich zu erkennen, dass ich von bester Qualität bin!« Dabei dehnt er sich, soweit es geht, und wird direkt zwei Zentimeter größer. Er poliert seine Schuhe schnell mit seiner Hose, denn da hat er einen kleinen Fleck entdeckt, und er möchte doch ganz perfekt dastehen.

»Was meinst du, Herr Reisegern, ob man sich hier noch an mich erinnert?« Herr Lehmann blickt suchend um sich, ob nicht irgendjemand aus dem Haus kommt, um die beiden Freunde zu begrüßen.

»Wie sollte man dich vergessen? Aber nun komm, Herr Lehmann. Wir …«

Da wird Herr Reisegern schon unterbrochen, denn aus dem Haus kommt ein freundlich aussehender Herr gelaufen, der vor Freude einen ganz roten Kopf hat. »Herr Lehmann! Herr Lehmann, bist du es? Sag nur, du bist zurückgekommen, um mich zu besuchen? Na, das ist aber eine Freude!« Dabei greift der nette Herr dem Zwerg unter die Arme, dreht sich im Kreis mit ihm und drückt ihn ganz fest an sich. »Das ist eine riesengroße Freude, dass ich dich wiedersehe!«

Der Gartenzwerg bekommt kaum Luft, so fest hat Herr Griebel, der Besitzer der Zwergenmanufaktur, ihn vor Freude an sich gedrückt.

»Mpfff, darf ich vorstellen, mpfff? Das, mpfff ist mein Freund, Herr Reisegern, mpfff! Aber, mpfff, nun drück mich nicht so doll, mpfff, ich kann ja gar nicht richtig sprechen!«

»Aber ich freue mich doch nur, dass ich dich wiedersehe, mein Kleiner. Lass dich erst einmal ansehen! Gewachsen bist du nicht, das ist gut!«

»Na, du bist aber auch nicht gewachsen«, kichert Herr Lehmann und so nach und nach erinnert er sich an Herrn Griebel, der ihn damals hergestellt hatte.

»Ich weiß noch genau, wie ich die Gussform geöffnet habe und du mich daraus angeschaut hast. Sofort hast du gelächelt. Ich wusste gleich, du bist ein ganz besonderer Zwerg!«

»Siehst du, Herr Reisegern, ich bin ein ganz besonderer Zwerg!«

»Das war mir doch klar, Herr Lehmann!«, Herr Reisegern klopft seinem Freund wohlwollend auf die Schulter. »Es ist schön, an dem Ort zu sein, an dem mein Freund hier zur Welt gekommen ist, lieber Herr Griebel.« Dabei reicht er dem freundlichen Herrn die Hand.

»Kommt doch rein! Ich hatte mir schon einen Kaffee aufgesetzt. Du, Herr Lehmann, wirst ja nach wie vor nichts essen oder trinken, aber Herr Reisegern?«

»Da sag ich nicht nein.« Gerne nimmt Herr Reisegern das Angebot an, und Herr Lehmann brennt darauf, in die Fabrik zu gehen, um sich zu erinnern. Wie war das, als die Form geöffnet wurde, in der die Gussmasse war, die ihm seine Gestalt gab? Den Augenblick, als das freundliche Gesicht des Herrn Griebel zum ersten Mal auftauchte, den hat er deutlich vor sich. Aber was bis dahin mit ihm passierte, das weiß er gar nicht mehr.

Neugierig läuft Herr Lehmann dem Herrn Griebel hinterher. »Habe ich Geschwister? Hast du die Form noch, in der ich entstanden bin? Hast du mich vermisst?« Fragen über Fragen, die der Zwerg dem freundlichen Herrn stellt, und Herr Reisegern kann die Neugierde seines Freundes nur zu gut verstehen. »Mich würde auch interessieren, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass an diesem Ort Gartenzwerge entstehen.«

Inzwischen sind die drei im Werkraum der Manufaktur angekommen, in dem viele verschiedene Zwerge gelagert sind. Manche sind bemalt, manche sind in einem rotbraunen Farbton, aber sie sind alle stumm und starr.

»Wenn es euch wirklich interessiert, dann erzähle ich euch die Geschichte der Zwergenmanufaktur von Gräfenroda, die auch gleichzeitig meine Familiengeschichte ist. Schon seit 1874 ist dieser Betrieb im Besitz meiner Familie. Von Anfang an haben sich Mitglieder meiner Familie um die Herstellung von Tonfiguren gekümmert.«

»Seit 150 Jahren stellen sich die Menschen also Zwerge in den Garten? Wie ist es denn dazu gekommen?«, möchte Herr Reisegern wissen.

»Das weiß ich, das weiß ich!«, mischt sich Herr Lehman ein. »Neben dem freundlichen Lächeln von Herrn Griebel habe ich als erstes nämlich ein Hirschgeweih gesehen, das an der Wand hing und …«

»Genau!«, unterbricht ihn nun Herr Griebel. »Als Schmuck im Haus - vor allem in Jagdschlössern - dienten damals wie auch manchmal heute Geweihe und Abwurfstangen der Hirsche. Und damit man die möglichst prachtvoll präsentieren konnte, sollten sie am Kopf der Hirsche gezeigt werden. Natürlich wollte man keine echten Hirschköpfe im Wohnzimmer aufhängen, also brauchte man Köpfe aus Ton, auf denen die Geweihe befestigt wurden. Und glaubt mir, die Tonköpfe sahen echt aus!« Dabei zeigt er mit einer Hand nach oben auf die Wand, an der ein solcher Tonkopf hängt - mit einem prachtvollen Geweih. Und tatsächlich, der Kopf sieht aus, als ob der Hirsch jeden Moment sein Maul aufreißen und ein lautes Brüllen von sich geben würde.

»Oh ja«, staunt Herr Reisegern, »der sieht ja wirklich lebendig aus.«

»Was du wohl denkst«, Herr Lehmann zwinkert Herrn Griebel ein Auge zu. »Hier arbeitet ein Meister seines Faches. Wo, frage ich, findest du heute noch eine Zwergenmanufaktur, Herr Reisegern?«

»Das stimmt!« Herr Griebel nickt entschieden. »Heutzutage werden die Zwerge in China hergestellt, maschinell, damit es schneller geht. Und billiger ist es auch. Es ist schade, dass die gute Handarbeit immer mehr den Maschinen weichen musste. Jeden Zwerg, der meine Manufaktur verlassen hat, habe ich mehrfach in der Hand gehabt.«

»Kannst du uns zeigen, wie du einen Zwerg herstellst - von Anfang an? Eigentlich müsste ich das ja wissen. Immerhin war ich bei jedem Arbeitsschritt dabei, aber ich habe es vergessen, ganz und gar vergessen.« Herr Lehmann schüttelt den Kopf, als ob er die Erinnerungen damit wieder zurückholen könnte.

»Und wie gerne«, lacht Herr Griebel. »Ich freue mich immer, wenn jemand zu mir kommt und sich für unser altes Familienhandwerk interessiert. Und wenn du das sogar bist, mein Herr Lehmann, dann freue ich mich doppelt.«

»Seit wann …«, möchte Herr Reisegern aber doch noch einmal genauer wissen, »seit wann gibt es denn die Gartenzwerge, so wie unseren Herrn Lehmann hier?«

»Ja«, Herr Griebel nimmt einen tiefen Schluck Kaffee aus der Tasse, »begonnen hat alles mit den Tierköpfen. Danach widmete sich mein Urahne der Herstellung von ‚Gnomen‘. Der Name ‚Zwerg‘ wurde damals noch nicht benutzt.«

»Ich habe mal gehört«, schaltet sich Herr Reisegern wieder ein, »dass die Zwerge eigentlich Bergmänner darstellen.«

»Was sind Bergmänner?« Herr Lehmann fragt interessiert nach, obwohl er auch langsam ungeduldig wird. Zu gerne möchte er doch sehen, wie ein Zwerg hergestellt wird.

»Bergmänner arbeiten tief unter der Erde in einem Berg und graben nach Rohstoffen. Und bevor du weiterfragst, was Rohstoffe sind, hier die Antwort: Rohstoffe sind Silber, Kupfer, Eisen-, Blei- und Zinnerze und noch so viel mehr«, erklärt ihm Herr Reisegern.

Herr Griebel stuppst Herrn Lehmann freundschaftlich an: »Ich sehe schon, Herr Lehmann, du bist damals schon sehr neugierig gewesen und das scheinst du immer noch zu sein.«

»Oh ja!«, ein kräftiges Kopfnicken durch Herrn Reisegern bestätigt das.

»Jaaaa! Und was ist so falsch daran?«, fragt der Zwerg vorwitzig in die Runde.

»Gar nichts!«, wie aus einem Mund antworten Herr Griebel und Herr Reisegern. »Es gibt nichts Besseres, als immer nachzufragen. Nur so kannst du etwas lernen!«

»Aber nun zurück zu den Bergmännern«, Herr Griebel möchte erklären, wie es zu den Gartenzwergen gekommen ist. »Die Darstellung der kleinen Männer - damals nannte man sie, wie ich schon sagte, noch ‚Gnome‘ - war die Darstellung der Bergmänner und die standen für Fleiß. Die Bergmänner waren oft kleine Menschen, denn sie passten gut in die niedrigen Stollen, die man in den Berg gehauen hatte, um von dort die Erze aus der Erde zu befördern. Oft wurden auch Kinder für die Arbeit eingesetzt, denn die waren klein genug für die engen Gänge.«

»Oh je, die armen Kinder!« Herr Lehmann schaut entsetzt von Herrn Griebel zu Herrn Reisegern. »Da konnten sie nicht draußen spielen wie unser Nachbarsjunge, der Moritz. Der ist nur draußen. Entweder fährt er Fahrrad oder er spielt Fußball oder er sitzt einfach auf der Wiese und zählt Gänseblümchen. Der Moritz …«

»Jajaja, der Moritz!« Herr Reisegern möchte viel lieber den Erzählungen des Herrn Griebel zuhören, anstatt die Geschichten von Moritz zu erfahren.

»Du hast ja Recht, Herr Lehmann, die Zeiten waren schlimm damals. Aber Gott sei Dank dürfen Kinder wie Moritz ja heutzutage draußen spielen und müssen sich nicht um das tägliche Brot sorgen, zumindest in unserem Teil der Welt!« Ganz in Gedanken dreht Herr Griebel seine Tasse in der Hand.

»Moment mal!«, der Gartenzwerg hat eine strenge Falte auf der Stirn. Herr Reisegern kennt das schon. So sieht er immer aus, wenn er anfängt wütend zu werden. Und dann kann er sich sehr aufregen. »Aber Herr Lehmann«, schreitet er schnell ein. »Das ist ein ganz anderes Thema. Wir sind doch hier, weil wir etwas über die Herstellung der Gartenzwerge erfahren wollen, oder nicht?«

»Ja!« zornig stampft der Zwerg mit seinem Fuß auf den Boden. »Aber es geht doch nicht, dass die Kinder …! Aber gut, vielleicht können wir darüber ein anderes Mal sprechen?«

»Das müssen wir sogar, mein lieber Freund«, beruhigt ihn Herr Reisegern. »Jetzt lass uns die Zeit nutzen und etwas darüber erfahren, wie du entstanden bist.«

»Na gut, dann verschieben wir das Thema auf später.« Er nickt kräftig zu seinen Worten und springt auf. »Also, Herr Griebel, wo geht’s los? Wo ist der erste Schritt auf dem Weg zum Zwergendasein?«

»Das ist eine spannende Reise. Kommt mit!« Herr Griebel räumt die Kaffeetassen zur Seite und zeigt den beiden Freunden eine Gipsform. »Hier geht es los. Zunächst mal brauchen wir eine solche Form. Das ist die sogenannte ‚Mutterform‘. Sie wird in einem besonderen Verfahren sehr haltbar gemacht. Von dieser Form können wir immer wieder Kopien herstellen. Denn im Laufe der Zeit werden die Formen immer schlechter oder gehen auch schon mal zu Bruch und müssen ersetzt werden. Für jeden einzelnen Gartenzwerg gibt es eine spezielle Gipsform. Und jetzt hast du sicher sofort eine Frage, Herr Lehmann!«

»Natürlich!« Herr Lehmann tippt sich an die Stirn. »Wie bekommt man die Mutterform?« Lächelnd zwinkert der Zwerg dem Herrn Griebel ein Auge zu.

»Nehmen wir als Beispiel dich. Ein Künstler hat dich bis ins Detail aus Ton geformt. Dann haben wir von dir einen Gipsabdruck gemacht«, erklärt Herr Griebel.

»Und das ist dann die Mutterform, klarer Fall!« Der Zwerg nickt verständnisvoll erst zu Herrn Griebel, dann schaut er fragend seinen Freund an: »Hast du das verstanden, Herr Reisegern?«

»Nun, so schwer, dass ich das nicht verstehen könnte, war es ja wohl eher nicht«, kichert dieser.

»Nun aber weiter!« Herr Griebel hält die Gipsform nach wie vor in den Händen. Von außen kann man keinen Zwerg erkennen. Er wird sichtbar, wenn man in das Innere der Form sieht. »Die Mutterform kann immer wieder kopiert werden. Eine solche Kopie ist dann die Form, die ich benutze, um weitere Zwerge zu gießen.«

»Moment mal!«, nun schaut Herr Lehmann merklich irritiert den Herrn Griebel an. »Ich gieße meine Blumen im Garten, aber du gießt Zwerge? Wachsen die denn auch?«

»Aber nein«, lacht Herr Griebel. »Ich zeige euch am besten, wie ich die Zwerge gieße, dann versteht ihr es sofort.«

Er nimmt eine Gipsform, die aus 2 Teilen besteht und bindet sie mit einem Gurt zusammen. Oben befindet sich ein Loch. »Seht mal, in dieses Loch gieße ich nun flüssigen Ton. Dann bleibt die so gefüllte Form einige Zeit zum Trocknen stehen. Wenn der Rand so weit getrocknet ist, dass 2 oder 3 mm fest sind, schütte ich den Rest des flüssigen Tons wieder zurück in den Toneimer.«

Herr Lehmann läuft einmal um die Form, um sicher zu gehen, dass kein Ton durch die Ritzen der Form ausläuft. »Alles dicht! Super, Herr Griebel! Nun öffne doch endlich die Form! Ich möchte sehen, ob der Zwerg so aussieht, wie ich.«

»Geduld! Jetzt muss die Masse doch erst trocknen. Aber wir können uns schon mal einige Zwerge ansehen, die schon lange genug zum Trocknen gestanden haben.«

Und schon führt Herr Griebel die beiden Freunde zu einem Regal, in dem lauter getrocknete Zwerge auf die Weiterverarbeitung warten.

»Hey, Freunde!« Herr Lehmann stürmt auf die tönerne Zwergenmannschaft zu.

»Halt!« ruft da Herr Reisegern und auch Herr Griebel kann sich gar nicht schnell genug schützend vor die unfertigen Zwerge stellen. »Die sind doch noch ganz empfindlich und weich!«

»Aber was denn …?«, Herr Lehmann klopft sich ungläubig gegen die Stirn. »Bin ich etwa empfindlich und weich?«

»Na ja«, schmunzelt Herr Griebel, »du bist ja auch schon im Ofen gewesen.«

»Im Ofen?« Herr Lehmann blickt entsetzt in die Runde. »Und war der Ofen etwa heiß?«

»Oh ja! Das musste er auch sein. 6 Stunden im Ofen bei über 1.000 Grad werden die Zwerge erhitzt, damit sie härter werden und unempfindlicher. Und genau das werden wir jetzt tun!«

Dabei greift sich Herr Griebel einen Zwerg vom Regal. »Herr Reisegern, vielleicht nimmst du dir auch einen von den bärtigen Kameraden. Und du, Herr Lehmann, trägst einen der ganz kleinen Zwerge.«

Und so werden die Zwerge einer nach dem anderen in den Ofen befördert und für 6 Stunden bei großer Hitze erhärtet.

»Ich war im heißen Ofen, ich wurde gegossen, ich wurde getrocknet … Was denn noch? Und bei all dem habe ich gelächelt?« Herr Lehmann geht grübelnd ein paar Schritte hin und her. Und dann schiebt er seine Mütze nach hinten, stemmt die Hände in die Seiten und sieht Herrn Reisegern und Herrn Griebel stolz an: »Kein Wunder, dass ich so ein harter Kerl geworden bin!«

»Das ist wohl wahr«, lacht Herr Reisegern und legt seine Hand auf die Schulter von Herrn Griebel. »Da ist Ihnen ein echtes Meisterstück gelungen!«

»Auf das ich mächtig stolz bin«, nickt Herr Griebel.

»Aber wann bekommen wir Zwerge denn unsere Farbe? Die roten Mützen? Die weißen Bärte und die blauen Hosen? So ganz fertig sind wir nach der Hitzebehandlung im Ofen ja immer noch nicht.«

»Nachdem die Zwerge im Ofen waren, müssen sie erst noch eine Weile auskühlen«, erklärt Herr Griebel.

»Jaja«, Herr Lehmann nickt, »sonst würde man sich ja die Finger an den heißen Zwergen verbrennen. Ich verstehe schon!«, Dabei schaut er neugierig zu den bereits ausgekühlten Zwergen auf dem Regal. »Aber dann! Wenn man sie wieder anfassen kann, wie geht es dann weiter?« dabei berührt Herr Lehmann zunächst vorsichtig mit einem Finger einen Zwerg auf dem Regal und legt dann mutig seinen Arm um den kleinen Mann aus Ton. »Nicht wahr, kleiner Freund, du möchtest doch sicher auch so schön aussehen wie ich!«