Hilfe, mein Papa ist ein Starr - Yvonne Bolten - E-Book

Hilfe, mein Papa ist ein Starr E-Book

Yvonne Bolten

5,0

Beschreibung

Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Buchstäblich ein Qualitätssiegel der besonderen Art, denn diese wirklich einzigartige Romanreihe ist generell der Maßstab und einer der wichtigsten Wegbereiter für den modernen Familienroman geworden. Weit über 2.600 erschienene Mami-Romane zeugen von der Popularität dieser Reihe. Es war drei Uhr nachmittags. Die Sonne schien so warm wie noch nie in diesem Frühjahr. Krikri beschloß, in den Garten zu gehen und zu schaukeln. Die Schaukel war neu. Es verging kein Tag, an dem Krikri sie nicht benutzte. Manchmal ließ sie sich sanft von ihr wiegen. Krikris Füße berührten dann fast den Boden. Dabei träumte sie vor sich hin oder dachte sich Geschichten aus. An anderen Tagen schwang sich Krikri so hoch in die Luft, daß sie in den Garten des Nachbarn gucken konnte. Nach dieser Art zu schaukeln war Krikri an diesem Nachmittag zumute. Vorher mußte sie ihrer Erzieherin Bescheid geben. Miß Hobbins bestand darauf, unterrichtet zu sein, wo sie sich aufhielt. Krikri lief zu ihr. Miß Martha Hobbins war eine hagere Engländerin von gut dreißig Jahren. Sie saß in ihrem Zimmer und nähte. Das aschblonde Haar war im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden. Auf der Nase saß eine randlose Lesebrille. »Miß Hobbins, ich gehe in den Garten«, rief Krikri ihr zu. »Aber Isolde, so wirst du doch nicht das Haus verlassen wollen«

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 120

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
5,0 (1 Bewertung)
1
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mami Classic – 21 –

Hilfe, mein Papa ist ein Starr

Yvonne Bolten

Es war drei Uhr nachmittags. Die Sonne schien so warm wie noch nie in diesem Frühjahr. Krikri beschloß, in den Garten zu gehen und zu schaukeln.

Die Schaukel war neu. Es verging kein Tag, an dem Krikri sie nicht benutzte. Manchmal ließ sie sich sanft von ihr wiegen. Krikris Füße berührten dann fast den Boden. Dabei träumte sie vor sich hin oder dachte sich Geschichten aus.

An anderen Tagen schwang sich Krikri so hoch in die Luft, daß sie in den Garten des Nachbarn gucken konnte. Nach dieser Art zu schaukeln war Krikri an diesem Nachmittag zumute.

Vorher mußte sie ihrer Erzieherin Bescheid geben. Miß Hobbins bestand darauf, unterrichtet zu sein, wo sie sich aufhielt. Krikri lief zu ihr.

Miß Martha Hobbins war eine hagere Engländerin von gut dreißig Jahren. Sie saß in ihrem Zimmer und nähte. Das aschblonde Haar war im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden. Auf der Nase saß eine randlose Lesebrille.

»Miß Hobbins, ich gehe in den Garten«, rief Krikri ihr zu.

»Aber Isolde, so wirst du doch nicht das Haus verlassen wollen«, meinte Miß Hobbins. »Wie unordentlich dein Haar schon wieder ist. Dabei habe ich dich doch vorhin gerade erst gekämmt.«

Krikri konnte es absolut nicht leiden, wenn man sie Isolde nannte. Das war zwar ihr Name, aber alle netten Menschen sagten jedoch Krikri zu ihr. Diesen Namen hatte sie sich selbst gegeben, als sie noch sehr klein gewesen war.

Aber Miß Hobbins war nicht nett. Krikri hatte sie noch niemals richtig lachen sehen. Wenn etwas ganz Komisches passierte, verzog sie höchstens die dünnen Lippen.

Nach Krikris Meinung gab es auf der ganzen Welt überhaupt keine einzige Erzieherin, die wirklich nett war.

Krikri hatte damit Erfahrungen. Im Laufe ihrer acht Lebensjahre hatte sie nicht weniger als fünf Erzieherinnen gehabt. Alle hatten an ihr rumgenörgelt und rumerzogen. Keine war lustig und fröhlich gewesen.

Miß Hobbins nahm ihren Beruf ganz besonders ernst. Sie war fest entschlossen, aus Krikri das zu machen, was sie ein wohlerzogenes kleines Mädchen nannte. Dieser Aufgabe widmete sie ihre ganze Kraft.

Daneben hatte Miß Hobbins nur noch eine Leidenschaft: Sie nähte. Der große Schrank in ihrem Zimmer quoll über von selbstgenähten Kleidungsstücken. Aber immer noch kamen neue Blusen, Röcke, Kleider und Mäntel dazu.

»Komm her, setz dich auf den Stuhl, damit ich dich kämmen kann, Isolde«, forderte Miß Hobbins Krikri auf.

Krikri nahm widerstrebend Platz. »Miß Hobbins, könnte ich mir die Haare nicht abschneiden lassen? Dann müßten Sie nicht so oft kämmen«, meinte sie.

»Abschneiden! Die Haare abschneiden! Was würde wohl dein Vater dazu sagen?« entgegnete Miß Hobbins, während sie mit kräftigen Bürstenstrichen über Krikris Haare fuhr. Es war lockig und ungewöhnlich dick.

»Könnten Sie nicht wenigstens das dumme Seidenband weglassen, Miß Hobbins?« fuhr Krikri fort.

»Das kann ich leider nicht, Isolde«, erwiderte die Erzieherin mit würdiger Gelassenheit.

Krikri sprang vom Stuhl, als Miß Hobbins endlich mit dem Bürsten aufhörte. Sie wäre jetzt gern in den Garten und zur Schaukel gelaufen.

Miß Hobbins hielt sie erst einmal fest. »Schau mal, Isolde. Wie gefällt dir die Bluse? Sie ist fast fertig. Es fehlen nur noch die Knopflöcher«, sagte sie.

»Sie ist ziemlich hübsch, aber ein bißchen dunkel. Warum nähen Sie sich nie etwas Helles, Miß Hobbins?« fragte Krikri.

»Dunkel ist vornehm, Isolde. Nur Neureiche und Leute mit sehr fragwürdigem Geschmack kleiden sich in grellen Farben. Außerdem paßt die Bluse zu dem neuen Hut, den ich mir gekauft habe«, gab die Erzieherin zur Antwort.

Während sie sprach, nahm sie einen Hut von einem Bord und setzte ihn sich auf das Haar.

»Er ist ziemlich klein, der Hut«, meinte Krikri.

»Natürlich ist er klein. Große Hüte passen nur zu Frauen mit großen Köpfen«, wies Miß Hobbins sie zurecht.

Krikri mußte lachen. »Pferde haben aber auch große Köpfe. Und die tragen keine Hüte«, sagte sie.

Miß Hobbins sah sie strafend an. »Es ist unglaublich, wie vorlaut du manchmal bist, Isolde. Geh jetzt bitte«, sagte sie.

Krikri lief aus dem Zimmer. Es war nicht ihre Absicht gewesen, Miß Hobbins zu verletzen. Aber irgendwie passierte ihr das immer wieder.

Als Krikri in den großen Garten kam, der die elterliche Villa umgab, sah sie ihre Schwester Claudia mit einem Jungen in der Laube sitzen.

Krikri hatte zwei ältere Schwestern. Die zweiundzwanzigjährige Marleen und die achtzehnjährige Claudia. Marleen studierte an der Universität von Frankfurt Pädagogik. Claudia stand ein Jahr vor dem Abitur und wollte Tierärztin werden.

Die Laube, in der Claudia und der Junge saßen, war eine Hecke aus wilden Rosen. Sie blühten noch nicht, aber die Knospen waren schon zu sehen. An drei Seiten war die Hecke zugewachsen. Eine Längsseite stand offen. Es gab darin eine weißgestrichene Gartenbank aus Holz, drei ebenfalls weißgestrichene Stühle und einen runden Tisch, den Claudia giftgrün angemalt hatte.

»Hallo«, rief Krikri.

Ihre Schwester fuhr herum. »Hallo, Krikri«, sagte sie. »Das ist meine kleine Schwester. Und das ist Udo«, stellte sie den Jungen vor. Er hatte die Haare so kurzgeschnitten, daß sie hochstanden wie die Stacheln eines Igels.

»Heißt sie wirklich Krikri?« erkundigte sich Udo bei Claudia.

»Ihr richtiger Name ist Isolde«, berichtete Claudia.

»Isolde. Dann schon lieber Krikri«, meinte der Junge und lachte.

»Sie heißt Isolde, weil sie auf die Welt kam, als mein Vater die Oper ›Tristan und Isolde‹ dirigierte. Von Richard Wagner, du weißt schon«, fuhr Claudia fort.

»Opern interessieren aber mich nicht«, erklärte der Junge.

»Mich auch nicht«, antwortete Claudia. Sie war zwar die Tochter eines Dirigenten und Komponisten, hatte aber nicht das geringste Interesse für Musik. »Komm jetzt, laß uns weitermachen«, sagte sie zu Udo.

Krikri ging noch ein paar Schritte näher heran. Sie sah, daß auf dem Tisch ein Buch lag, auf dem eine Frau ohne Kopf und ohne Beine abgebildet war.

»Die arme Frau«, stieß Krikri hervor.

»Wieso die arme Frau?« fragte Claudia irritiert.

»Weil sie keinen Kopf und keine Beine hat«, meinte Krikri.

»So etwas nennt man einen Torso. Außerdem ist es eine Göttin und keine Frau«, erklärte Claudia.

»Ist eine Göttin denn keine Frau?« wollte Krikri wissen.

»Klar ist sie eine Frau. Aber eben eine ohne Kopf. Es ist eine griechische Statue aus Marmor. Sie ist schon sehr alt. Mehr als fünftausend Jahre. Der Kopf ist irgendwann verlorengegangen«, gab Claudia zur Antwort. Sie wurde immer ungeduldiger.

»Dann muß man sich den Kopf und die Beine also dazudenken«, fiel es Krikri ein. Sie hätte gern mehr über die Göttin aus Marmor erfahren.

»Genau«, sagte Claudia. »Aber jetzt laß uns bitte endlich in Ruhe lernen. Wir schreiben morgen eine Arbeit in Kunstgeschichte. Stör uns also nicht, Krikri.«

Krikri lief zur Schaukel, die einige Meter vor der Laube entfernt vom Ast eines alten Kirschbaumes hing. Sie schwang sich hoch in die Luft. Dabei versuchte sie, mit den Spitzen der Lackschuhe die zweige des Apfelbaumes zu berühren. Er wuchs neben dem Zaun, der den Garten ihres Elternhauses vom Nachbargrundstück trennte.

*

Nach einer Weile wurde es Krikri langweilig. Sie sehnte sich nach einer Freundin oder einem Freund zum Spielen. Ihr fiel Fritz Theobald ein, der am Morgen neu in ihre Klasse gekommen war.

Krikri hatte zwar noch kein einziges Wort mit ihm gesprochen. Sie fand aber, daß er sehr nett aussah. Ihr gefielen auch seine roten Haare und die vielen Sommersprossen auf dem Gesicht. Sie erinnerten sie an Pipi Langstrumpf.

Aber Krikri wußte nicht, wo Fritz wohnte. Außerdem hätte Miß Hobbins ihr nicht erlaubt, zu ihm zu gehen und mit ihm zu spielen. Ohne die Erzieherin durfte Krikri das Grundstück nicht verlassen.

Krikri seufzte tief. Sie beschloß, in die Laube zu gehen und zuzuhören, was Claudia und der Junge über die Göttin ohne Kopf und Beine lernten. Ganz still wollte sie sein. Kein Sterbenswörtchen würde sie sagen, um Claudia und Udo nicht zu stören.

Der weiche Rasen dämpfte Krikris Schritte. Claudia und Udo saßen so, daß sie ihr die Rücken zuwandten. Als Krikri bis auf wenige Meter herangekommen war, sah sie, wie Udo ihre Schwester auf die Wange küßte.

Krikri blieb unwillkürlich stehen.

»Du darfst mich streicheln und auf die Wange küssen, aber mehr nicht«, hörte Krikri Claudia sagen.

Krikri war es peinlich, so dazustehen und mit anhören zu müssen, was nicht für sie bestimmt war. Sie räusperte sich.

Claudia und der Junge fuhren herum.

Krikri sah, wie das Gesicht ihrer Schwester rot anlief und sie sich mit beiden Händen das blonde Haar aus dem Gesicht strich. Ihre braunen Augen blitzten Krikri an.

»Mußt du mich denn immer belauschen?« rief sie.

»Ich habe dich noch nie belauscht«, wehrte sich Krikri.

»Eben hast du es aber. Du hättest rufen können, damit wir merken, daß du da bist«, fuhr Claudia fort.

Krikri schob die Unterlippe vor. Sie sah auf Udo. Er blätterte im Buch und tat so, als sei sie nicht vorhanden.

»Komm, Claudia, laß uns weitermachen«, sagte er zu Claudia, ohne vom Buch aufzusehen.

»Wollt ihr euch wieder küssen?« erkundigte sich Krikri.

Claudia stöhnte auf. »Wenn du wüßtest, wie du mir manchmal auf die Nerven gehst«, rief sie.

Krikri schniefte. Früher, fand sie, war Claudia viel netter zu ihr gewesen. In letzter Zeit hatte sie ihr aber immer öfter und auch ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, daß sie sie störte.

»Was hast du dennn schon wieder? Ich habe dir doch nichts getan«, erklärte Krikri.

»Du störst uns. Merkst du denn das nicht?« fragte Claudia. Sie war noch immer ein bißchen rot.

»Ich will mich nur zu euch setzen und zuhören. Ich sage auch kein Wort«, versprach Krikri.

»Krikri, wir können dich hier nicht gebrauchen. Echt nicht. Geh zu Miß Hobbins. Oder guck mal, was Marleen macht«, schlug Claudia vor.

Krikri schluckte. Dann drehte sie sich um und lief in die Villa zurück. Ihre große Schwester Marleen würde sie nicht wegschicken.

Marleens Zimmer lagen im zweiten Stockwerk der Villa. Krikri stürmte die Treppe hinauf. Marleen war gerade dabei, ihre Sachen zusammenzupacken, um zur Uni zu gehen.

Sie hatte das gleiche blonde und leicht gelockte Haar wie ihre Schwester. Im Gegensatz zu Krikri und Claudia, deren Haare bis weit über die Schultern reichten, trug sie es kurz geschnitten. Ihre Augen waren nicht hellblau wie die ihrer Schwestern, sondern braun.

Besonders reizvoll war auch Marleens Gesicht. Es hatte die Form eines Herzens und ein hübsches rundes Kinn. Die Figur war zierlich, die langen Beine steckten in schwarzen Jeans. Dazu trug Marleen einen ausgeleierten hellgrauen Pullover aus Baumwolle und Turnschuhe.

Während die dunkle Kleidung an Miß Hobbins trostlos und nur fade aussah, unterstrich sie bei Marleen die Helligkeit des Haares und der Haut.

»Hallo, Krikri«, sagte Marleen, als Krikri zur Tür hereinstürmte.

»Gehst du weg?« stieß Krikri hervor, als sie sah, wie Marleen die Mappe mit den Büchern und Heften schloß.

»Ja. In einer halben Stunde beginnt meine Vorlesung.«

»Laß doch die dumme Vorlesung. Lies mir lieber etwas vor«, schlug Krikri vor.

Marleen lachte. Sie war oft ernst. Aber wenn sie lachte, sah es aus, als würde die Sonne scheinen. »Das würde ich gern tun, Krikri. Aber es geht nicht.«

»Warum nicht?« Schimpft der Professor mit dir, wenn du nicht in die Vorlesung gehst?«

Marleen nahm sie lachend in die Arme. »Aber nein. Ich lasse nicht mit mir schimpfen. Und das darfst du auch nicht, Krikri. Du darfst dir niemals etwas von einem Mann gefallen lassen. Wenn ein Mann mit dir schimpfen oder dir Vorschriften machen will, dann wirfst du deinen Kopf in den Nacken und erklärst ihm, daß du selbst weißt, was du zu tun hast«, erklärte Marleen.

Krikri sah mit großen Augen zu ihrer großen Schwester auf. »Soll ich denn meinen Kopf auch in den Nacken werfen, wenn Papa mir etwas sagt?« fragte sie.

»Bei Papa ist das eine andere Sache«, wandte Marleen ein.

»Marleen?«

»Was ist denn noch, Krikri?«

»Wie viele Tage sind es noch, bis Papa nach Hause kommt?«

»Ich weiß es nicht.«

»Aber Papa hat doch am Telefon gesagt, daß er Pfingsten zu uns nach Hause kommt«, fuhr Krikri fort.

»Darauf kann man nicht viel geben«, erwiderte Marleen.

Krikri schluckte. Ihr Vater, der berühmte Dirigent und Komponist Nikolai von Walden, verbrachte nur wenige Wochen des Jahres bei seinen drei Töchtern. Seine Frau war wenige Wochen nach Krikris Geburt gestorben. Seitdem trieb es ihn von einem Land zum anderen, von Kontinent zu Kontinent.

Nikolai von Walden war einer der großen Stars der internationalen Musikszene und zugleich der verhätschelte Liebling schöner Frauen.

Auch von seinen Töchtern wurde er über alles geliebt. Nur Marleen hatte sich im Laufe der Jahre von ihm abgewandt. Der Vater hatte sie zu oft enttäuscht. Zu oft hatte er sein Kommen angesagt und war dann doch nicht erschienen.

»Marleen, sag mir doch bitte, wie viele Tage dauert es noch bis Pfingsten? Wie oft muß ich noch schlafen, bis Papa kommt?« drängte Krikri.

»Krikri, du weißt doch, daß Papa schon oft gesagt hat, er kommt nach Hause und dann doch nicht gekommen ist«, erklärte sie.

Krikri spürte einen Kloß im Hals. »Aber dieses Mal kommt er bestimmt«, versicherte sie.

»Hoffentlich.«

»Warum glaubst du nicht daran, Marleen?«

»Weil ich Papa kenne«, kam es kurz und knapp zurück.

»Du sagst das, als ob du Papa gar nicht lieb hast«, erklärte Krikri.

»Natürlich habe ich Papa auch lieb. Aber ich mache mir keine Illusionen mehr über ihn. Dafür kenne ich seine Schwächen nur zu gut. Ich mache mir, was ihn betrifft, nichts mehr vor. Er ist ein großartiger Musiker und in gewisser Weise ein wunderbarer Mensch. Er hat die Seele eines Künstlers, aber leider die Zuverlässigkeit eines Feuerschluckers«, erklärte Marleen.

Krikri starrte sie an. Sie hatte einmal auf dem Marktplatz der Stadt einen Feuerschlucker gesehen, einen jungen Mann, aus dessen Mund eine Flamme geschossen war. Sie hatte furchtbare Angst gehabt, daß er verbrennen könnte.

»Das ist nicht wahr. Papa ist kein Feuerschlucker. So etwas würde er nie tun«, rief Krikri.

Marleen gab ihr einen Kuß. Die kleine Schwester tat ihr leid, wenn sie daran dachte, welche Enttäuschung ihr wieder bevorstand. Es machte sie auch zornig auf den Vater.

Er ist und bleibt ein Egoist, ging es Marleen durch den Kopf. Alle Männer sind Egoisten. Deshalb will ich auch nichts mit ihnen zu tun haben. Die sollen mir vom Halse bleiben. Allesamt.

Aber das konnte sie ihrer kleinen Schwester nicht erklären. Dafür war Krikri noch zu klein. Später würde sie Krikri die Augen über die Männer öffnen.

»Krikri, ich muß jetzt leider wirklich gehen«, sagte Marleen. Als sie Krikris trauriges Gesicht sah, fügte sie hinzu: »Auf dem Bord liegt eine halbe Tafel Schokolade. Wenn du magst, darfst du sie gern essen.«

»Wann kommst du denn wieder, Marleen?« fragte Krikri.