Historical Lords & Ladies Band 53 - Elizabeth Beacon - E-Book

Historical Lords & Ladies Band 53 E-Book

Elizabeth Beacon

0,0
5,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

GÖTTIN MEINES HERZENS von BEACON, ELIZABETH
Miranda erschauert, als Christopher Alstone sie leidenschaftlich liebkost. Nichts ersehnt sie sich mehr als seine Liebe und Zärtlichkeit! Dass der Earl of Carnwood sie seit ihrer ersten Begegnung tief im Herzen trägt, ahnt sie nicht. Auch nicht, dass er schon damals geschworen hat, sie zur Frau zu nehmen. Doch Mirandas Vergangenheit lässt eine Ehe unmöglich erscheinen - und ruft einen gefährlichen Feind auf den Plan …

GENTLEMAN MIT KLEINEN FEHLERN von MARSHALL, PAULA
Brandon Tolliver, der neue Besitzer von Gilliflower Hall, beflügelt die Neugier der Einwohner von Broomsbury - denn der attraktive und wohlhabende Gentleman ist auf Brautschau! Bald weiß man auch, dass Jane Fielding seine Auserwählte ist. Doch in diesem Punkt irren die Leute von Broomsbury: Denn seit Brandon Janes hinreißender Schwester Nan einen verbotenen Kuss geraubt hat, geht sie ihm nicht mehr aus dem Sinn …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 534

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Elizabeth Beacon, Paula Marshall

HISTORICAL LORDS & LADIES BAND 53

IMPRESSUM

HISTORICAL LORDS & LADIES erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL LORDS & LADIESBand 53 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2008 by Elizabeth Beacon Originaltitel: „A Less Than Perfect Lady“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: HISTORICAL ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Corinna Wieja Deutsche Erstausgabe 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg, in der Reihe HISTORICAL MYLADY, Band 513

© 1995 by Paula Marshall Originaltitel: „Not Quite A Gentleman“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: LEGACY OF LOVE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Vera Möbius Deutsche Erstausgabe 1996 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg, in der Reihe HISTORICAL MYLADY, Band 218

Abbildungen: Harlequin Books S.A., Malgorzata Maryniak, Gregor Buir / Thinkstock , alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733761349

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag: BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, TIFFANY

Göttin meines Herzens

1. KAPITEL

Mit dem Auge des Besuchers betrachtet wirkte Wychwood Court auf Mrs Miranda Braxton noch imposanter, als sie es in Erinnerung hatte. Nach ihrem fünf Jahre währenden Exil kamen ihr die goldgelben Steine des prächtigen Tudorherrenhauses hinter dem feinen Dunstschleier geradezu einladend vor, und sie lehnte sich in ihrem Sitz zur Seite, um das Haus noch eingehender zu betrachten. Unwillkürlich dachte sie dabei an ihren jugendlichen Leichtsinn, denn all dies hier gab sie damals unbekümmert für Nevin Braxton auf, nur um festzustellen, wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatte.

In der Woche, in der es ihr erlaubt war, sich auf dem Anwesen aufzuhalten, musste es ihr lediglich gelingen, die Fassung zu bewahren, weshalb sie Tante Clarissa und Cousine Celia wohl besser aus dem Weg ging. Sie fragte sich, warum ihr Großvater auf ihrer Anwesenheit bei der Verlesung seines Testaments bestand, da er ihr doch unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, ihr nie wieder Zutritt zu seinem Haus gewähren zu wollen. Allerdings ist es nun auch nicht mehr sein Haus, also ist es ihm wohl auf recht schlaue Weise gelungen, Wort zu halten, dachte Miranda. Da sein Erbe indes der Sohn eines Mannes war, den er zutiefst verabscheute, musste sich ihr Großvater ob der Anwesenheit so vieler Kuckuckseier in seinem wertvollen Nest indes wohl im Grabe umdrehen.

Selbst im Norden Wales sprach man davon, welch tüchtiger Geschäftsmann der Erbe Lord Carnwoods sei. Insgeheim musste Miranda darüber lachen, da sie wusste, wie unwillkommen diese Nachricht in Wychwood aufgenommen worden sein musste. Selbst wenn er, wie man sagte, mit seinem Geschäftssinn zu großem Vermögen gekommen war, musste es Tante Clarissa wahrhaft verhasst sein, dass er den noblen Namen Alstone mit der Anrüchigkeit profaner Geschäfte beschmutzte. Miranda sinnierte eine Weile über die abstruse scheinheilige Heuchelei der aristokratischen Gesellschaft und fragte sich, auf welche Weise wohl nach Meinung ihrer Tante die Familie zu ihrem Vermögen gekommen war.

„Das sieht Seiner Lordschaft ähnlich, sein Testament erst Monate nach seinem Tod verlesen zu lassen. Er ist immer ein eigensinniger alter Brummbär gewesen“, bemerkte Leah, Mirandas Zofe und Gesellschafterin, als die Kutsche ihr Tempo verlangsamte. „Sieht aus wie immer, nicht wahr?“, fuhr sie danach schroff fort, was Miranda erkennen ließ, dass Leah diesen wunderbaren Ort ebenso sehr vermisst hatte wie sie.

„Ja, das tut es.“

„Innen wird es anders sein, will ich meinen, wegen dem neuen Earl und allem. Lady Clarissa muss sich darüber wohl ganz grün und blau ärgern, wo sie sich doch Ihren Großvater nach ihren Wünschen erzogen hat, möchte ich sagen.“

„Ich hoffe, das tust du nicht, Leah.“

„Was soll ich nicht tun?“, fragte diese mit Unschuldsmiene. Seit Kindertagen verband die beiden eine enge Freundschaft. Eine Kluft zwischen Herrin und Zofe bestand für Miranda nicht, denn wo wäre sie jetzt bloß ohne Leah?

„Offen deine Meinung äußern.“

„Und warum nicht?“

Vor langer Zeit schon hatte Leah beschlossen, nicht die Art Zofe zu sein, die man zwar sieht, aber nicht hört. Zudem hatten sie die letzten fünf Jahre in einem recht ungewöhnlichen Haushalt verbracht, weshalb es Miranda unwahrscheinlich erschien, ihre Freundin davon überzeugen zu können, ihr Verhalten nun zu ändern. „Es könnte vielleicht helfen, den Haussegen zu bewahren“, antwortete sie deshalb matt.

„Ha! Manche Dinge sind es nicht wert, dass man sie bewahrt.“

„Gleich, ob dem so ist oder nicht, in diesem Haushalt bin ich zu Gast. Ich wäre dir dankbar, wenn du dies im Kopf behieltest“, beharrte sie.

„Es ist Ihr Zuhause, Miss Miranda.“

„Nein, es ist einmal mein Zuhause gewesen“, erwiderte sie ruhig. Zwar mochte sie sich verzweifelt nach Wychwood gesehnt haben, als dessen Pforte ihr für immer verschlossen bleiben sollte, doch ihre liebenswerte Taufpatin hatte ihr ein neues Heim gegeben, eines, das sie liebte und schätzte. In Nightingale House hatte sie vieles gelernt, Dinge, die sie als verwöhnte Enkelin eines Earls wahrscheinlich nie erfahren hätte, obwohl sie zugeben musste, dass sie in Wychwood Court wohl immer mehr sehen würde als ein prächtiges Herrenhaus. Tief in ihrem Herzen nannte sie es ihr wahres Heim. In ihrer Fantasie versetzte sie sich gelegentlich immer noch hierher, dennoch war sie in diesen Räumen immer noch ebenso unwillkommen wie vor fünf Jahren.

„Seine Lordschaft hätte Sie nie wegschicken dürfen“, murrte Leah.

„Nein, er tat recht daran. Er musste sich um wichtigere Dinge kümmern, als um eine widerspenstige junge Närrin mit mehr Haar als Verstand.“

„Nichts hätte wichtiger für ihn sein dürfen als sein eigen Fleisch und Blut.“

„Ganz genau“, erwiderte Miranda schlagfertig. Im gleichen Augenblick hielt die Mietdroschke vor den Stufen zu ihrem ehemaligen Zuhause, und sie stiegen aus.

Während sie den knirschenden Kies der Auffahrt betraten, hoffte Miranda, dass sich die beiden guten Gründe für ihr fünfjähriges Exil immer noch sicher in ihrer exklusiven Schule in Bath befanden und man ihnen nicht zumutete, bei einer solch traurigen, ernsten Angelegenheit zugegen zu sein.

„Es wäre nicht schicklich für mich gewesen, nach Hause zu kommen, Leah“, sagte sie ruhig. „Ich habe zwei kleine Schwestern, deren Ehre durch meinen Ruf befleckt werden würde. Außerdem weißt du sehr gut, wie glücklich ich bei Lady Rhys bin.“

„Glücklich sind Sie nicht mehr gewesen, seit Sie all das hier verlassen haben“, erwiderte Leah aufmüpfig. Miranda wusste, es wäre unnütz, mit ihr darüber zu streiten, obwohl sie mehr denn je davon überzeugt war, dass ihr Großvater recht daran getan hatte, sie nicht mehr nach Hause kommen zu lassen, um ein Exempel zu statuieren.

Dennoch fühlte sie beim Anblick des Hauses Tränen aufsteigen, die sie nicht hatte weinen wollen und die auch gleich darauf versiegten, da sie sich unvermittelt dem kältesten, zynischsten Augenpaar gegenübersah, in das sie je das Pech hatte, blicken zu müssen. Das neueste Mitglied im Kreise der Menschen, die schlecht von ihr dachten, stand reglos vor dem Eingangsportal und bedachte sie mit steinerner Miene, die seine ganze Verachtung für sie offenbarte. Sie wunderte sich, womit sie sein Zartgefühl verletzt haben konnte. Er sieht aus wie jene Sorte Feind, um die man am liebsten einen weiten Bogen machte, dachte sie erschauernd und hoffte, sie stand weit genug von ihm entfernt, damit er ihren Schauder nicht bemerkte.

Das allerdings schien Wunschdenken zu sein, denn sein eindringlicher Blick durchbohrte sie förmlich. Wohlwissend, dass auch sie ihn anstarrte, fiel es ihr dennoch schwer, sich ganz wie die Dame zu benehmen, die sie war, und ihre Augen abzuwenden. Unnütz sich darüber Sorgen zu machen, denn alle guten Manieren außer Acht lassend, fing er ihren Blick auf und schaute sie unverwandt feindselig an. Seltsamerweise schien ihr ganzer Körper darob unvermittelt in Flammen zu stehen.

Von blendendem Aussehen, war er der Traum eines jeden Mädchens und der schlimmste Albtraum jeder Anstandsdame. Selbst der blaue Gehrock, die rehbraunen Kniehosen und die Schaftstiefel eines Landedelmannes trugen nicht dazu bei, von der gefährlichen Anziehungskraft abzulenken, die der süffisant-spöttische Zug seines Mundes und die unergründlichen dunklen Augen ausstrahlten. Nimmt man dazu noch das rabenschwarze lockige Haar, dann ist es kein Wunder, wenn mich sein Anblick einen Augenblick lang betäubte, rechtfertigte Miranda sich stumm vor sich selbst.

Sie konnte ihn sich gut auf dem Achterdeck eines Piratenschiffes vorstellen, aber gezähmt durch Samt und Seide im House of Lords sitzend? Ein solch zeremonieller Pomp muss ihm verhasst sein, sagte ihr eine innere Stimme. Das Lächeln, das ihr dieser Gedanke ins Gesicht zauberte, lag immer noch auf ihren Lippen, als sie sich von ihren Tagträumen losriss, um den jetzigen Earl of Carnwood zu begrüßen.

„Die verlorene Tochter ist also zurückgekehrt“, bemerkte er mit einem flüchtigen Lächeln, das seine unerbittliche Miene kaum sanfter erscheinen ließ.

Mit einer Eleganz, die Miranda an ein siegessicheres Raubtier erinnerte, das sich der Macht über seine Beute sehr genau bewusst ist, kam er die Stufen hinunter, und sie musste sich zwingen, sich nicht von der Stelle zu rühren. Seine langen Beine und die schlanke, muskulöse Gestalt waren eines Athleten würdig, sein Auftreten zeugte von ungezügeltem, unbeugsamem Temperament. Jede Frau, die ihre fünf Sinne beisammen hatte, würde versuchen, ihn für sich zu erobern. Und du bist im Vollbesitz deiner Sinne, flüsterte in ihr die tot geglaubte Stimme der rebellischen, eigensinnigen, unbesonnenen Miranda Alstone, die sie früher einmal gewesen war.

„Sir?“, grüßte sie steif, verärgert darüber, dass sie sich seinetwegen nicht länger vormachen konnte, sie habe inzwischen die Oberhand über ihren Verstand und ihre Gefühle gewonnen.

„Madam?“, erwiderte er kühl. Ohne Entschuldigung wanderte sein Blick forschend über ihr Gesicht und ihre Figur, als wäre sie ein weiterer Happen seiner Mittagsmahlzeit und er sich nicht sicher, ob er sie nun verschlingen sollte oder nicht.

Miranda unterdrückte einen Schauder, der Abscheu hätte sein sollen, der dem aber in nichts gleichkam, und sagte sich, dass sie mit allem Recht der Welt verlangen konnte, vom neuen Oberhaupt der Familie besser behandelt zu werden. Sie musterte ihn ihrerseits aufmerksam, befand es danach indes als wenig vielversprechend, ihn durch einen Hinweis auf seine mangelnden Manieren zu beschämen, damit er sich ihr gegenüber höflicher zeigte. Schenkte man der Mischung aus Verlangen und Wut in seinen dunklen Augen Glauben, hegte er wohl kaum die Absicht, den großzügigen Gastgeber für sie zu spielen. Besser, sie machte sich schon einmal auf eine recht unbehagliche Woche gefasst.

„Wir wurden einander noch nicht vorgestellt“, sagte sie, während sie, ungewohnt verwirrt, ungewollt einen Schritt zurückwich.

Offenbar ungehalten über diese Belanglosigkeit, furchte er die Stirn. Als der neue Earl war er zugleich Vormund ihrer jüngeren Schwestern und hatte daher natürlich allen Grund, ihr mit Argwohn zu begegnen. Durch Klatsch und Tratsch wusste er gewiss bereits viel zu viel über den ungebärdigen Sturmvogel, der gekommen war, um das Familiennest zu beschmutzen, sodass sie sich in seiner Gegenwart kaum wohlfühlen konnte. Womöglich ist es sogar seine Pflicht, über meinen Besuch nicht erfreut zu sein, nahm sie an. Schließlich hatte ihr Großvater sich geweigert, sie zu empfangen, obwohl er seine Enkelin einst sehr liebte.

„Da Sie keine Anstalten machen, sich vorzustellen, nehme ich an, Sie sind der siebte Earl of Carnwood?“, sagte Miranda in ruhigem Ton, während sie einander gegenüberstanden und sich wie Gegner vor einer Schlacht abmaßen.

„In der Tat, und es ist immer ein Vergnügen, über eine solch schöne Verwandte zu verfügen, Mrs Braxton“, antwortete er mit zynischem Grinsen.

„Tatsächlich? Welch Freude einen solchen Schmeichler in der Familie willkommen heißen zu können, Mylord“, erwiderte sie, entschlossen in keiner Hinsicht über sich „verfügen“ zu lassen.

Mittlerweile sollte sie sich an die anstößigen Ansichten gewöhnt haben, die sogenannte Gentlemen über ihre Moraleinstellung zu haben schienen. Dennoch stellte seine Unfähigkeit, hinter ihre äußere Fassade blicken zu können, seltsamerweise einen größeren Verrat für sie dar als alle anderen zusammengenommen. Ein wahrlich absurdes Gefühl. Immerhin hatte sie ihn soeben erst kennengelernt, und wenn ihr das Glück hold war, würde sie ihm nach dieser Woche niemals wieder begegnen. Ihm und ihres zwielichtigen Rufs zum Trotz straffte sie die Schultern, hob das Kinn und schaute ihm direkt in die unverschämt und zornig blickenden Augen, um seinen dummen Vorurteilen die Stirn zu bieten.

„Ich nehme mir die Freiheit, unter gegebenen Umständen die Wahrheit zu sagen, Madam“, teilte er ihr derweil glattzüngig mit. Der spöttische Funke in seinen dunklen Augen sagte ihr, dass er glaubte, sie würde Ehrlichkeit nicht einmal dann erkennen, wenn man sie mit der Nase darauf stieß.

In der Absicht, jedwedes Urteil, das er über sie aus verächtlichem Gerede geformt haben mochte, auf ihn zurückfallen zu lassen, verzog sie die Lippen zu einem leicht höhnischen Lächeln und bedachte ihn mit einem ihrer besten vernichtenden Blicke, von denen sie sich in den letzten Jahren ein wahres Repertoire angeeignet hatte. Böse Zungen verfolgten sie bis in das abgelegene walisische Tal, in dem ihre Patin lebte. Deren unbarmherziges Geschwätz hatte weit zu viele augenscheinliche Gentlemen dazu veranlasst, ihr Glück bei einer Frau mit solch befleckter Vergangenheit zu versuchen. Diese Herren in unmissverständlicher Weise bestimmt zurückzuweisen indes war ein Kinderspiel gewesen, verglichen damit, diesen Wolf im Wolfspelz mit Blicken zum Schweigen zu bringen.

„Sie müssen eine wahre Armee von Feinden haben, Lord Carnwood“, parierte sie in ruhigem Ton. „Nur wenige Menschen erfreut es, die ungeschminkte Wahrheit über sich selbst zu hören. Schließlich geraten wir doch alle einmal auf Abwege. Aber bitte verraten Sie mir doch, woran Sie erkennen, ob man Ihnen die Wahrheit oder eine Lüge erzählt?“, fuhr sie mit aufgesetzter Unschuldsmiene fort.

„Mithilfe sorgfältiger Nachforschungen“, entgegnete er, ohne mit der Wimper zu zucken.

Sie runzelte die Stirn. Wollte er damit etwa andeuten, er wisse mehr über sie, als die üblichen gehässigen Gerüchte berichteten, die man gewöhnlich als Wahrheit deklarierte? Die Unruhe nagte an ihrer schwer errungenen Selbstsicherheit, während sie sich der Geschehnisse in ihrer Vergangenheit zu erinnern versuchte, derer selbst sie sich nicht völlig entsinnen konnte. Nur Nevin Braxton wusste über all die schmutzigen Einzelheiten ihres Zusammenlebens Bescheid. Er konnte sie indes nun niemandem mehr mitteilen.

„Dies ist manchmal ein beinahe unmögliches Unterfangen“, suchte sie seine Prahlerei zu erschüttern.

„Gewöhnlich finde ich immer einen Weg“, teilte er ihr in einem Tonfall mit, der seine Worte ebenso sehr nach einer Drohung wie einem Versprechen klingen ließ.

„Wenn ich die Notwendigkeit verspüre, meine Vorurteile bestätigt zu sehen, werde ich Sie vertrauensvoll um Rat ersuchen, Mylord. Allerdings hat der Wind inzwischen beträchtlich aufgefrischt, und wir haben eine lange Reise hinter uns. Ich fürchte, Leah und ich werden uns verkühlen, womöglich gar an Fieber erkranken, wenn wir hier draußen noch länger herumstehen wie die Ausstellungsstücke in einem Museum.“

„Wie nachlässig von mir, bitte entschuldigen Sie meine fehlenden Kenntnisse der Umgangsformen in der feinen Gesellschaft.“

„Um mich dazu in der Lage zu sehen, müsste ich zunächst einmal glauben, dass es fehlende Kenntnisse sind, und nicht etwa vorsätzliche Missachtung, Mylord.“

„Ach tatsächlich, Mrs Braxton? Eine höchst eigenartige Vermutung, die Sie da anstellen“, parierte er geschickt.

Wenn sie auch nur im Mindesten dazu geneigt gewesen wäre, ihren Feind zu unterschätzen, hätte sie ein solch müheloser Gegenangriff sofort eines Besseren belehrt. Dennoch versuchte sie, die Sonne hinter der sehr großen, sehr dunklen Gewitterwolke zu sehen, die er für sie darstellte. Obwohl sie seine Manieren missbilligte und ihn aufgrund seiner Vorurteile verachtete, befand sie, dass er einen fürwahr grimmigen Beschützer für jede glückliche Seele abgab, die er für schützenswert erachtete. Hoffentlich zählten ihre kleinen Schwestern zu diesen glücklichen Seelen, damit niemand die Möglichkeit bekam, die beiden zu einer ebensolch horrenden Narretei zu verleiten, wie sie selbst sie unbesonnenerweise begangen hatte.

Ein junger, dummer Teil von ihr sehnte sich danach, selbst zu der auserwählten Schar zu gehören, der Lord Carnwood echtes Interesse galt, bis sie aufsah und seinem hartherzigen, eindringlich forschenden Blick erneut begegnete. Mühsam die Beherrschung wahrend, straffte sie den Rücken und zwang sich, wie beiläufig wegzusehen, als ob sein grimmiger Blick ihr überhaupt nichts anhaben konnte.

Auf der obersten Stufe anzugelangen, ohne dabei vorher auf die Nase zu fallen, muss zu meiner Verteidigung für den Moment genügen, beschloss sie. Ausgeruht und vom Schmutz der Reise gesäubert, würde sie ihn schon noch mit einem solch heftigen Gegenangriff bedenken, dass er sie für die restliche Zeit ihres Aufenthalts in Ruhe lassen würde. Sei’s drum, fügte sie in Gedanken hinzu, als sie durch das breite Eingangsportal schritten, da ich Gast unter seinem Dach bin, lässt ihn mein kühles Benehmen hoffentlich darauf schließen, dass ich an Männern, gleich welchen Schlages, kein Interesse hege. Ob sie nun schwach und tyrannisch waren wie Nevin oder stark und arrogant wie der neue Earl of Carnwood, nie wieder wollte sie sich mit einem Mann einlassen. Ihre Erfahrungen aus Jugendtagen reichten wahrlich für ein ganzes Leben.

„Miranda! Dünn bist du geworden, du siehst recht ausgemergelt aus. Beinahe hätte ich dich gar nicht erkannt.“ Die helle Stimme zerschnitt das angespannte Schweigen zwischen dem Herrn des Hauses und seinem widerwilligen Gast.

Mit Entsetzen stellte Miranda fest, dass sie eine leise Enttäuschung ob der Unterbrechung ihres feindseligen Tête-à-Têtes verspürte. Seit fünf Jahren hatte sie sich nicht mehr so lebendig gefühlt wie bei diesem Wortgeplänkel mit Seiner Lordschaft. Womöglich konnte er ihr weit gefährlicher werden als gedacht, weshalb sie sich vornahm, sich in den nächsten Tagen so unsichtbar wie möglich zu machen. Obwohl stark versucht, ihren neu gewonnenen Feind forschend zu mustern, wagte sie es nicht, die Augen von ihrer alten Feindin zu nehmen, denn sie wusste, über welch scharfen Blick Mrs Cecilia Grant verfügte. Ihre sechs Jahre ältere Cousine ließ die prunkvolle Marmorhalle von Wychwood noch prächtiger und eleganter wirken, doch Miranda erschauerte ob der Kälte in ihren Augen.

Offensichtlich wird nur noch ein Herzog oder ein gut platzierter Kanonenschlag Celia dazu bewegen können, Wychwood zu verlassen, dachte Miranda. Sie hatte den Besitz ergreifenden Schimmer in den eisgrauen Augen ihrer Cousine bemerkt, deren Blick bedeutungsvoll auf der breitschultrigen Figur Seiner Lordschaft ruhte, dann zu Miranda schweifte. Ja ja, ich habe verstanden, sagte sie sich stumm.

Nur zu gut wusste Miranda, dass das herzliche Lächeln ihrer Cousine allein Lord Carnwood galt. Für ihr gegenüber hegte Celia keinerlei Sympathien, da brauchte sie sich keine falschen Vorstellungen zu machen. Wie dem auch sei, Celia und der neue Herr von Wychwood passten offenbar ausgezeichnet zueinander, sofern sie das beurteilen konnte. Eine Ehe der beiden hätte zumindest den Vorteil, dass sie keinen anderen Menschen, der Besseres verdient hatte, für den Rest seines Lebens an sich fesseln und unglücklich machen könnten.

„Guten Tag, Cousine Cecilia.“

„Miranda“, erwiderte diese kühl, als hätten sie sich erst gestern gesehen und diese Begegnung nicht genossen.

„Wie geht es dir?“

„So wie immer“, erwiderte Celia.

„Das sehe ich“, bestätigte Miranda, nicht im Geringsten darüber überrascht, dass man ihr nicht ebenfalls die Liebenswürdigkeit erwies und nach ihrem Befinden fragte. „Meine Tante ist wie gewöhnlich bei bester Gesundheit, nehme ich an?“

„Mama scheint sich endlich von ihrem schweren Verlust erholt zu haben. Lord Carnwood hat uns eine Unmenge von Sorgen abgenommen.“

Sie schenkte ihm einen schmelzenden Blick, wie Miranda zynisch beobachtete. Da Celia sich auf der Suche nach einem zweiten Ehemann befand, der sich wundersamerweise bislang noch nicht gefunden hatte, musste die Ankunft des neuen Earls ihr wie ein Geschenk des Himmels erschienen sein.

„Den Haushalt allein zu führen hat uns beide sehr belastet“, fuhr Celia mit diesem ersterbenden Ton in der Stimme fort, der Miranda immer schon hatte innerlich aufseufzen lassen.

„Dessen bin ich mir sicher“, entgegnete sie höflich, beeindruckt von ihrer eigenen Beherrschtheit. Es gelang ihr sogar, sich das Schmunzeln über Leahs vernehmliches Schnauben ob Celias schamloser Lüge zu verkneifen. Jeder, der sie kannte, wusste, dass Celia und ihre Mutter es genossen, Hof zu halten und über alles zu bestimmen, während sie dabei der eigentlichen Arbeit sorgfältig aus dem Weg gingen. Möglicherweise hatten sich ihre Gedanken trotz aller Zurückhaltung in ihrem Gesicht gespiegelt, denn Celia musterte sie mit steinernem Blick. Zu sehr Dame, um die Nase zu rümpfen, ließ die Cousine Lord Carnwood durch ihr Mienenspiel von ihrer vornehm unterdrückten Empörung wissen, die er zweifellos teilte. In trauter Zweisamkeit konnten die beiden sich gegenseitig ob ihres verrufenen Hausgastes bedauern.

„Mama ist zum Tee im Großen Salon“, verkündete Celia mit schadenfrohem Funkeln in den grauen Augen, das zeigte, sie wusste genau, welch meisterhafter Schachzug ihr damit gelungen war. Früher hatte Miranda das Herz immer vor Angst bis zum Halse geschlagen, wenn sie in Tante Clarissas Lieblingszimmer bestellt wurde. Wenn Tante Clarissa und Celia aber dachten, sie sei noch immer das unsichere Mädchen, das Wychwood vor fünf Jahren verlassen hatte, mussten sie sich auf eine Überraschung gefasst machen. Sie hätte die Ehe mit Nevin Braxton nie mit gesundem Verstand überstehen können, wenn ihr Seelenfrieden immer noch davon abhängen würde, Anerkennung von anderen zu erhalten.

Dem kühlen Blick ihrer Cousine standhaltend nickte Miranda nur kurz, worauf sich Celias Lippen zu dem schmalsten Strich zusammenpressten, den sie sich in männlicher Gesellschaft erlaubte.

„Eine Erfrischung nach der langen, anstrengenden Reise wäre höchst willkommen“, teilte Miranda ihrem widerwilligen Empfangskomitee gelassen mit.

„Wie nachlässig von uns, diese nicht schon eher anzubieten“, erwiderte der Earl mit schneidender Ironie, bevor er mit all der, noch zuvor von ihm abgestrittenen gesellschaftlichen Eleganz formvollendet zur Seite trat, um den Damen den Vortritt zu lassen.

Sich einen unverblümt abschätzenden Blick verkneifend schwebte Miranda mit absichtlich übertriebener Grazie vor den beiden die breiten, polierten Marmorstufen hinauf. Sie konnte beinahe fühlen, wie der Blick Seiner Arroganten Lordschaft auf ihren Hüften ruhte. Sollte er doch denken, was er wollte. Der Rest der Welt schien sowieso dazu entschlossen, und sie weigerte sich, ihm zu erlauben, sich vom Rest der Welt zu unterscheiden.

„Ich muss meine Tante begrüßen, ehe ich mich meines Reiseschmutzes entledige“, sagte sie betont munter.

Celia blickte ob der Aussicht, sich auf diese Weise der Gesellschaft ihrer Cousine zu entledigen, recht erfreut drein, woraufhin Seine Lordschaft die Stirn runzelte, geradewegs auf die Bibliothek zusteuerte und die Tür nachdrücklich hinter sich schloss. Nur mühsam konnte sich Miranda das Lachen über die bestürzte Miene ihrer Cousine verbeißen, stellte seine offenkundige Ablehnung eines Tête-à-Tête mit Celia, während man den unwillkommenen Neuankömmling Lady Clarissa überließ, sie mit ihrer Cousine doch seit Langem endlich einmal auf dieselbe Stufe.

2. KAPITEL

Cousin Christopher hat immer viel zu erledigen, wenn er wegen geschäftlicher Angelegenheiten in London weilte“, bemerkte Celia distanziert.

Vor nicht allzu langer Zeit hätte die Cousine bei der Erwähnung des Wortes „Geschäft“ ihr aristokratisches Näschen voller Abscheu gerümpft. Nun aber schien es, dass ein kurz angebundener Earl, obendrein das Familienoberhaupt der Alstones, selbst dann noch Gnade vor ihren Augen fand, wenn er sich seine Hände mit Arbeit beschmutzte.

„Wie lange gedenkst du zu bleiben?“, fuhr Celia fort.

„Nicht lange, im Frühling gibt es in Wales immer viel zu tun.“

„Ich hoffe, Lady Rhys erwartet nicht, dass du ihren Schäfern beim Hüten hilfst?“

„Meine Patin würde es am liebsten sehen, wenn ich mich, ganz Dame, nur dem Müßiggang widme. Ich würde mich jedoch zu Tode langweilen, wenn ich ihrem Wunsch Folge leistete“, erwiderte Miranda liebenswürdig.

„Sie hat sich schon immer törichterweise zu sehr ihren wohltätigen Aufgaben verschrieben“, sagte Celia, in der Hoffnung, Mirandas Wut zu entfachen, wie es ihr früher immer so mühelos gelungen war.

Zum Glück, so dachte Miranda mit kühlem ironischen Lächeln, habe ich seitdem gelernt, mich selbst zu beherrschen. „Deshalb nutzt auch keiner von uns ihre Großzügigkeit aus, ebenso wenig wie es uns gefällt, wenn man schlecht von ihr spricht“, erwiderte sie.

„Die Meinung von Galgenvögeln, Kerkerabschaum, Gossenbälgern und gefallenen Frauen wird einen Menschen von Stand wohl kaum beeinflussen. Auch ist eine erbärmliche Witwe, die man auf einem abgelegenen Anwesen versteckt, das nicht einmal über die segensreichen Einrichtungen der Zivilisation verfügt, kaum von Interesse für Ihresgleichen“, fuhr Celia unbeeindruckt fort.

„Meine Patin wird zweifellos entzückt sein, dies zu hören“, erwiderte Miranda verbindlich und bemerkte erfreut die leichte Röte der Wut, die sich auf den Wangen ihrer Cousine abzeichnete.

„Wenn du ihrem abgelegenen kleinen Tal lange genug fern bleibst, wirst du selbstverständlich nicht ganz so unbedeutend bleiben“, meinte sie bissig.

„Welch Unglück für mich“, antwortete Miranda gelassen, mit der festen Absicht, Celia nicht anzuvertrauen, dass sie in eben diesem Moment beschlossen hatte, so schnell wie möglich zu ihrem neuen Leben zurückzukehren.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!