Hitlers Griff nach Asien 2 - Horst H. Geerken - E-Book

Hitlers Griff nach Asien 2 E-Book

Horst H. Geerken

4,8

Beschreibung

Horst H. Geerken lebte zwischen 1963 und 1981 in der noch jungen Republik Indonesien, die sich nach Beendigung der fast 350jährigen Kolonialzeit und Ausbeutung durch die Niederlande im Aufbruch befand. Neben seiner beruflichen Tätigkeit für einen deutschen Konzern bereiste er intensiv große Teile des indonesischen Archipels und wurde so zum Kenner von Land, Kultur und Menschen. Immer wieder stieß er sowohl bei seinen beruflichen als auch privaten Aktivitäten auf deutsche, japanische und indonesische Zeitzeugen, die die Zeit der japanischen Besetzung und die Präsenz der Deutschen Kriegsmarine in Indonesien noch erlebt hatten. Das weckte sein Interesse dauerhaft und später recherchierte er ausgiebig in deutschen und indonesischen Archiven und gewann erstaunliche Erkenntnisse. Die Beziehungen des Deutschen Reichs zum damaligen Niederländisch-Indien waren offenkundig viel intensiver und vielfältiger als bisher angenommen. Kaum jemandem ist bekannt, dass Hitlers Interesse an dem so weit entfernten Archipel von Niederländisch-Indien außergewöhnlich stark war und dass tausende deutscher Offiziere und Marinesoldaten in Ost- und Südostasien im Einsatz waren. Wer weiß schon, dass deutsche U-Boote und Hilfskreuzer während des Zweiten Weltkriegs bis weit in den Pazifik vordrangen, oder dass Hitler die Unabhängigkeitsbewegungen in Indonesien und Indien massiv unterstützte. Viele der deutschen Marinesoldaten schlossen sich nach Kriegsende den indonesischen Freiheitskämpfern an und fanden in Indonesien eine neue Wahlheimat. Der Zweite Weltkrieg hat das Ende der Kolonialzeit in Asien und vornehmlich in Südost-Asien eingeläutet. Die Rolle, die das Dritte Reich dabei gespielt hat, ist nicht zu unterschätzen. Auch die Zusammenarbeit der Dreimächte-Achse, besonders zwischen dem Japanischen Kaiserreich und dem Dritten Reich mit all seinen Problemen wird beleuchtet. Es fand ein reger Austausch der neuesten Waffentechnologien statt. Der Autor hat seine durch langjährige Recherchen gewonnenen Erkenntnisse in den zwei Bänden ‚Hitlers Griff nach Asien’ verarbeitet. Es ist eine faszinierende Dokumentation über einen Kriegsschauplatz der Deutschen Kriegsmarine in einer Region, die bisher von Historikern vernachlässigt worden ist. Die Dokumentation ‚Hitlers Griff nach Asien‘ in zwei Bänden ist eine spannende Lektüre, in der viele historische Fotos und Dokumente erstmals veröffentlicht werden. (A.B.)

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In Erinnerung an meine vielen indonesischen Freunde, die als Freiheitskämpfer ihr Leben für die Unabhängigkeit ihres Vaterlandes Indonesien riskierten, und

Abb. 1 Übersichtskarte ‚Südraum‘ (Niederländisch-Indien und Malaya) Die Niederlande im Größenvergleich

Inhalt

27. Rückblende auf Band 1 des Buches

28. Stützpunkt Sabang auf der Insel Weh und die italienischen U-Boote

29. Die Telefunken-Radaranlage Würzburg im fernen Asien

30. Subhas Chandra Bose und andere Unterstützer Hitlers

31. Der Bengalische Holocaust

32. Die Deutsche Botschaft in Tokyo und der Spionagefall Dr. Sorge

33. Kommunikation

34. Proviant für die deutschen U-Boote

35. Freizeitgestaltung der deutschen Soldaten

36. Deutsche Marineflieger im ‚Südraum‘

37. Operationen vor Australien und Neuseeland

38. Frühe Freiheitskämpfer und Gründung der PETA, Pembela Tanah Air

39. Kriegsverbrechen auf See

40. Sarangan: Eine deutsche Schule auf Java

41. Operation ‚Transom‘ und die letzten deutschen U-Boote vor Kriegsende im ‚Südraum‘

42. Kapitulation Deutschlands

43. Kapitulation Japans

44. Die deutsche Unterstützung für die indonesischen Freiheitskämpfer

45. Indonesiens Kampf um die Unabhängigkeit

46. Sarangan nach Kriegsende

47. Die Niederländer nach Kriegsende

48. Die Verwicklung von Portugiesisch-Timor in den Zweiten Weltkrieg, und daraus resultierende weitreichende Folgen

49. Hitlers Tod

50. Hitlers Wunderwaffen

51. Ein deutscher Soldatenfriedhof auf Java

52. Herausragende Deutsche beim Aufbau der freien Republik Indonesien

Kapitän August Friedrich Herrmann Rosenow

Dr. Hjalmar Schacht

Deutsche Ärzte in Indonesien

Carl Friedrich Wilhelm Borgward

53. Anmerkungen zu Präsident Soekarno

54. Zeugen des Zweiten Weltkriegs

55. Ausklang

Anlage 1: Inhaltsverzeichnis, Übersetzung aus dem Buch

Vorhaben Würzburg

Anlage 2: Soekarnos Reden 1956 in Berlin, Hamburg und Heidelberg

Anlage 3: Auszüge aus dem Bericht vom 9.10.1951, den Schacht der indonesischen Regierung übergab

Personenregister

Sachregister

Verwendete Archive und Bibliotheken

Literatur zu den Quellenangaben

Quellenangaben der Abbildungen

27. Rückblende auf Band 1 des Buches

In Band 1 wurde gezeigt, dass im Dritten Reich eine Euphorie für Niederländisch-Indien herrschte, die sich besonders in den unzähligen literarischen Neuerscheinungen über diesen Raum sowie bei Filmproduktionen offenbarte. Durch regelmäßig erscheinende Groschenromane für die deutsche Jugend, deren Handlungen mehrheitlich auf den Inseln und in den Gewässern Niederländisch-Indiens stattfanden, wurde die Jugend in den 1930er und 1940er Jahren stark für das heute Indonesien genannte Land sensibilisiert.

Es wurde auch gezeigt, welch wichtige Rolle der Verbindungsmann zwischen Außenminister Ribbentrop und Hitler, Walther Hewel, in Verbindung mit Niederländisch-Indien spielte. Durch sehr persönliche Eintragungen in dem Tagebuch Hewels konnte man seine Nähe zu Hitler direkt spüren. Besonders nach dem Einmarsch deutscher Truppen in die Niederlande und der Internierung aller Deutschen in Niederländisch-Indien war Hewel der zentrale Anlaufpunkt für alle Berichte aus diesem Raum.

Die Handelsbeziehungen des Dritten Reichs mit Niederländisch-Indien spielten in dem Buch eine wichtige Rolle. Auch wurden die Hintergründe, die zum Zweiten Weltkrieg und dem U-Boot-Krieg im Atlantik führten, dargelegt.

Ebenso wurde die Okkupation Südost-Asiens durch die Japaner ausgiebig behandelt. Dabei wurden schreckliche Ereignisse, die im Zuge der Eroberung geschahen, wie das Massaker von Nanking, oder der Eisenbahnbau von Siam nach Birma und die Transsumatra-Eisenbahn, nicht ausgespart.

Die Situation der Juden in Deutschland und in Niederländisch-Indien wurde beschrieben und gezeigt, dass die Ausreisewilligkeit der Juden aus Deutschland durch die späteren Alliierten stark behindert wurde. Selbst nach Kriegsende gingen Holocaust-Überlebende auf dem Weg nach Palästina nochmals durch eine zweite Hölle.

Nach der japanischen Besetzung Südost-Asiens wurden in Niederländisch-Indien und Malaya Stützpunkte der deutschen Kriegsmarine aufgebaut. Viele deutsche Unterseeboote erreichten diesen ‚Südraum‘, aber es gingen auch viele verloren. Die Hintergründe, weshalb deutsche U-Boote in einem so weit von Deutschland entfernten Gebiet operierten, wurden eingehend beleuchtet.

Horst H. Geerken

Im Winter 2014/15

28. Stützpunkt Sabang auf der Insel Weh und die italienischen U-Boote

An der Nordspitze Sumatras liegt eine Stadt mit rund 300.000 Einwohnern, die in der Zeit des Zweiten Weltkriegs noch Kota Radja hieß. Heute heißt die Stadt Banda Aceh. Kota Radja spielte schon in dem 1901 erschienenen Roman Und Friede auf Erden von Karl May eine zentrale Rolle.

Die Kota Radja vorgelagerte Insel Weh (Pulau Weh) mit der Ortschaft Sabang ist der nordwestlichste Punkt Indonesiens, man kann sagen: der nördlichste Vorposten der Insel Sumatra. Etwas nordwestlich davon liegen die zu Indien gehörenden Inselgruppen der Andamanen und Nikobaren. Von den Einheimischen wird die Insel Weh nach ihrer Hauptstadt auch nur Sabang genannt. Pulau Weh ist eine wunderschöne, ruhige und friedliche Insel vulkanischen Ursprungs am Ende der Welt. Bewachsen mit Kokospalmen und versehen mit vielen weißen Sandstränden und Korallenbänken ist sie ein Südseeparadies wie aus dem Bilderbuch. Es regnet viel, und so sind im Landesinnern die über 600 Meter hohen Berge mit einem undurchdringlichen Dschungel bedeckt. Hier, ganz im Westen, begann das niederländische Kolonialreich mit der kleinen Insel Weh und der Ortschaft Sabang. Die Touristeninsel Bali ist zum Beispiel rund 36 Mal größer. Aber wer weiß schon, dass diese kleine Insel, auf der zur Zeit des Zweiten Weltkriegs nur wenige tausend Menschen lebten, ein ziemlich geschichtsträchtiger Ort ist?

Heute leben auf der Insel rund 25.000 Menschen. Der einzige größere Ort dieser Insel, Sabang, ist ein kleiner bedeutungsloser und vergessener Ort, aber früher, Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, spielte Sabang dank seiner strategischen Position eine herausragende Rolle und war besonders im Zweiten Weltkrieg sogar Schauplatz heftiger Kämpfe.

Sabang machte schon nach dem Ersten Weltkrieg Schlagzeilen in der deutschen Presse. Als Japan das deutsche ‚Mandatsgebiet Tsingtao‘ erobert hatte, wurden etwa 800 Deutsche nach Japan gebracht und dort interniert. Diese Deutschen wurden erst 1920 in Sabang, das damals noch ein Teil Niederländisch-Indiens war, an Land gesetzt. Da die wirtschaftliche Situation in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg ausgesprochen schlecht war, blieben die meisten in Niederländisch-Indien und fanden eine Anstellung in der niederländischen Kolonialverwaltung.1

Sabang hat – nach indonesischen Angaben – den größten Naturhafen der Welt. Wie man auf der Karte sieht, ist der große Naturhafen durch die im Westen der Insel hervorragende Landzunge vor den Monsunwinden gut geschützt. Schiffe mit dem größten Tiefgang konnten und können hier anlegen.

Abb. 2 Pulau Weh (Insel Weh) mit Sabang

Schon 1895 war der Hafen Bunkerstation für Kohle und Wasser auf halbem Wege zwischen dem Suezkanal und dem weiteren Osten. Während des russisch-japanischen Krieges Anfang des 20. Jahrhunderts, bei dem erstmals ein asiatisches Land eine europäische Macht besiegte, wurde man sich der hervorragenden strategischen Lage dieser kleinen Insel bewusst. Der Hafen von Sabang lag gegenüber der Insel Penang in Malaya. Hier war die nördliche Eingangspforte der Straße von Malakka. Von hier aus konnte man diese wichtige Wasserstraße überwachen und beherrschen. Dies weckte Begehrlichkeiten europäischer Großmächte. Die Niederlande verstärkten ihre Aktivitäten und gründeten dort die ‚Aktiengesellschaft Seehafen und Kohlestation Sabang‘, einen privaten Freihafen. Wo bisher nur Urwald wucherte, entstanden nun Landungsbrücken und die modernsten Kohletransportmaschinen jener Zeit. Riesengroße Kräne ragten in den blauen Tropenhimmel. Ein Trockendock war vorhanden, in dem nicht nur Schiffe repariert, sondern auch kleinere Schiffe gebaut wurden. Für die Arbeiter wurden eigene Siedlungen gebaut. Die junge Hafenstadt gewann, besonders während des Ersten Weltkriegs, rasch an Bedeutung. Für die niederländischen und internationalen Schifffahrtslinien war Sabang damals noch wichtiger als Singapur.

Alle großen Passagierschiffe, die von West nach Ost und von Ost nach West fuhren, legten hier an, um Wasser und Kohle zu bunkern. Wie mir von älteren Zeitzeugen in Sabang erzählt wurde, richteten es die Schifffahrtsgesellschaften nach Möglichkeit so ein, dass sich immer mindestens zwei Passagierschiffe in Sabang trafen. Während des Lade- und Bunkervorganges wurden dann von Schiff zu Schiff rauschende Bordfeste veranstaltet, um den Passagieren die Wartezeit zu verkürzen.

Als Sabang diesen Aufschwung erlebte, fanden auch viele deutsche Ingenieure, Fachleute und Techniker für die großen Maschinen der Kohleverladungsanlagen, Beamte und Kaufleute dort eine Arbeit. Zum Beispiel beschreibt Robert Genin, der dort Ende der 1920er Jahre mit einem deutschen Passagierschiff anlegte, seinen Landausflug in dem 1929 erschienenen Buch Die ferne Insel: Aufzeichnungen von meiner Fahrt nach Bali wie folgt: In der Straße von Malakka liegen zwei immergrüne paradiesische Inseln: Pulo Bras (heute: Pulau Bras)2 und Pulo Weh (heute: Pulau Weh). Auf Bras befindet sich ein großer Leuchtturm, da das Fahrwasser hier nicht ungefährlich ist. Sein warnendes Licht ist weithin im Indischen Ozean sichtbar. Es mag kein Vergnügen sein, auf diesem Turm Dienst zu leisten, in tiefer Einsamkeit, in der Nähe der Atchinesen (heute: Acinesen, Einwohner von Aceh/Nordsumatra), jenes berüchtigten Volksstammes der Insel Sumatra. Viermal sind die Wärter von Piraten ermordet worden. Hoffnung auf Raub war die Veranlassung – aber nicht dies allein, sondern auch Rache![…]

Auf Pulo Weh liegt Sabang. Dort waren wir schon in Holländisch-Indien. Sabang! Ewiger Sommer! Hochgewölbte, ewig grüne Hügel, mit Bananenbäumen und Palmen bedeckt, umrahmen eine natürliche Bucht, einen sicheren Hafen, wie man ihn selten findet. Das Meer ist bis dicht an die Küste heran tief. Die Schiffe legen direkt am Kai an. Ein holländischer Polizist erscheint, ein Malaie mit nackten Beinen und krummem Säbel, sonst keine Behörde, keine Formalitäten – ein Freihafen, eine neutrale Kohlenstation, eine Konkurrenz für das mächtige Singapore, das glaubt, kein Schiff dürfe an ihm vorbeifahren. In den letzten Jahren hat sich das geändert: Viele Dampfer nehmen in Sabang ihre Kohle und fahren an Singapore vorüber. […]

Ein zweirädriger Karren, von einem lustigen Pferdchen unter dauerndem Glockengebimmel gezogen, nimmt dich in Empfang. Der Kutscher fragt nicht, wohin du willst. Schnurgerade fährt er zum Süßwasserbad. Ja, dies Bassin mit süßem Wasser unter Palmen ist der Anziehungspunkt aller Reisenden. Hier kommen sie in einem großen Bad zusammen. Am Eingang wird einem eine Kokosnuss eingehauen, und man trinkt mit Vergnügen den Saft aus der schmalen Öffnung. […] Doch man muss auch in das Hotel, das einem Japaner gehört, und in den Deutschen Klub. […]

(Man) hört sich Heimatklänge im Deutschen Klub an, wo ein Klavier stand und vorjährige deutsche Zeitungen auslagen.

In Sabang, diesem kleinen aber mächtig aufblühenden Ort, findet ein besonders gemischtes Volk zusammen, das an der Kohlenstation seine Arbeit findet. Das Hafenarbeiterviertel ist fast ausschließlich chinesisch. Die Häuser stehen auf Pfählen. […] Das große Geschäftshaus gehört einem Griechen. Er spricht Deutsch und erzählt mir, wie er vor zwanzig Jahren sich hier in vollster Einsamkeit ansiedelte. […]

Unter lustigem Glockengebimmel, von munter springenden Pferdchen willig gezogen, durchquerte ich die Insel. Mein erster starker, tief nachwirkender Eindruck: hier schwebst du unter Palmen, durch Bananenhaine glückselig dahin. Hier ist tiefer, ungeahnter Friede, ewiger Sommer, ewiges Grün. […]3

Von all dem Glanz war zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nicht mehr viel zu sehen. Es war wohl noch ewiger Sommer und auch noch ewiges Grün, aber Singapur hatte Sabang den Rang abgelaufen. Sabang wurde wieder ein kleiner bedeutungsloser vergessener Ort, aber der ‚tiefe, ungeahnte Friede‘ war schon bald dahin.

Als der Zweite Weltkrieg begann, musste auf Anordnung der niederländischen Kolonialherren die Hakenkreuzfahne am Deutschen Club eingeholt werden. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in die Niederlande wurde das Gebäude des Deutschen Clubs konfisziert. Alle auf der Insel Weh lebenden Deutschen wurden zunächst in Sumatra interniert und später in die Lager von Britisch-Indien verfrachtet. Einigen Deutschen ist jedoch die Flucht in den tiefen Dschungel der Insel Weh gelungen, wo sie sich mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung bis zum Eintreffen der mit Deutschland verbündeten Japaner viele Monate lang versteckt halten konnten.

Die Insel Weh mit dem Hauptort Sabang war der erste Brückenkopf in Niederländisch-Indien, den Japan von Penang aus erobert hatte. Über den von den Japanern aufgebauten Marinestützpunkt Sabang war bisher so gut wie nichts bekannt, vielleicht auch daher, weil Sabang ein japanischer Stützpunkt war, der als letzter im damals sogenannten ‚Südraum‘ mit deutschem Personal besetzt wurde. Selbst der U-Boot-Fahrer und Autor vieler Bücher über den U-Boot-Krieg der Deutschen, Jochen Brennecke, hat über diesen Stützpunkt nur einmal ganz kurz am Rande berichtet. Auf seinen Übersichtskarten erscheint nicht einmal dieser Standort. Dabei spielte Sabang – wie wir sehen werden – als erster Anlaufpunkt für U-Boote nach der langen Seereise, bei der Überwachung der Straße von Malakka und als Versteck für vorwiegend deutsche Fremdenlegionäre eine herausragende Rolle, ganz abgesehen von Sabangs historischer Bedeutung.

Die französischen Truppentransporter, die bis zur Besetzung Frankreichs durch die deutschen Streitkräfte in Juni 1940 zwischen ihrem Heimathafen Marseille und ihren Besitzungen in Französisch-Indochina fuhren, mussten bei jeder Reise die ‚Straße von Malakka‘ zwischen der Insel Sumatra und der Malaiischen Halbinsel passieren. Französisch-Indochina war eine riesige Kolonie, die die heutigen Staaten Vietnam, Kambodscha und Laos umfasste. Militärische Konflikte waren an der Tagesordnung, und große Verluste gegen einem Feind, der aus dem Untergrund kämpfte und nicht zu fassen war, musste Frankreich durch einen regelmäßigen Nachschub an Fremdenlegionären wieder ausgleichen. Der weitaus größte Anteil an Fremdenlegionären kam aus Deutschland.

In Marseille wurden die Fremdenlegionäre mit dem Marschbefehl verabschiedet: ‚Vous êtes légionnaires pour mourir! Vive la Légion! (Ihr seid Legionäre geworden, um zu sterben! Es lebe die Legion!). Es waren Söldner – Verurteilte, Gescheiterte, Entwurzelte, Verzweifelte –, aber keiner von ihnen wollte sterben. So war es kein Wunder, dass viele Legionäre jede Möglichkeit nutzten, um zu desertieren.

Die ‚Straße von Malakka‘ ist zwischen 3 und 300 Kilometer breit. Für Fremdenlegionäre war die Position zwischen Penang und Sabang der beliebteste Augenblick, um über Bord zu springen. Auf der Schiffsroute nach Norden kamen die Truppentransporter immer wieder in die Nähe der Küste Sumatras. Obwohl die französischen Truppen an Bord den Transport in dieser Wasserstraße besonders aufmerksam überwachten, gelang Tausenden die Flucht. Allerdings war die Freiheit für viele nur von kurzer Dauer, denn das Meer ist in dieser Region mit Haifischen und giftigen Wasserschlangen verseucht. Diejenigen, die es bis zur Küste schafften, waren noch längst nicht in Sicherheit, denn die flache sumpfige Küste Ost-Sumatras war durchgehend mit fast undurchdringlichen Mangroven bewachsen.

Diejenigen, die endlich eine Ansiedlung erreicht hatten, traten gerne in die Dienste der Niederländer in Niederländisch-Indien ein. Hier waren die Bedingungen wesentlich humaner als in der französischen Fremdenlegion. Aber viele lebten auch im Verborgenen in den Dschungelgebieten in Nordsumatra und Sabang. Von der einheimischen Bevölkerung wurden sie meist geduldet und erhielten Schutz.

1963 traf ich in Jakarta einen ehemaligen deutschen Fremdenlegionär, dem – kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs – auf der Schiffsreise nach Französisch-Indochina die Flucht nach Sabang gelungen war. Nach seiner Aussage bedeutete zu jener Zeit ein Einsatz in Indochina fast den sicheren Tod. Er erzählte, dass sich teilweise bis zu 100 geflüchtete Fremdenlegionäre im Dschungel der Insel Weh versteckt hielten und nur darauf warteten, dass zufällig ein Schiff ihres Heimatlandes den Hafen von Sabang anlief, um zurück in die Heimat zu kommen.

Der genannte deutsche Fremdenlegionär schaffte es nicht mehr zurück nach Deutschland. Er wurde vom Zweiten Weltkrieg überrascht. Er versteckte sich zunächst bei Einheimischen in Sabang vor den Niederländern, da ihm – als deutschem Staatsbürger – die Internierung gewiss gewesen wäre. Nachdem die Japaner Sabang okkupiert hatten, arbeitete er dort zunächst auf dem japanischen Marinestützpunkt. Als ab 1943 auch die Deutsche Marine in Sabang präsent war, stellte er dieser seine Arbeitskraft zur Verfügung. Er war für den Betrieb eines Dieselkraftwerks verantwortlich. Nach der Kapitulation Japans schloss er sich den Freiheitskämpfern unter Soekarno an und kämpfte in Sumatra gegen die Niederländer, die ihre ehemalige Kolonie, das nun unabhängig gewordene Indonesien, wieder zurückerobern wollten. Nach 1950 wurde er indonesischer Staatsbürger und förderte nebenberuflich den Boxsport. Er hat seine deutsche Heimat nie mehr gesehen. Sie war nicht mehr seine Heimat. Mitte der 1970er Jahre ist er in Indonesien verstorben.

Nachdem bei dem rasanten Vorstoß der Kaiserlichen Japanischen Armee nach Süden Malaya unterworfen worden war, besetzten die Japaner sofort die strategisch wichtige Insel Weh. Der Hafen von Sabang bot sich für einen Marinestützpunkt an. Er war der ideale Ort, um den Schiffsverkehr in der Straße von Malakka zu observieren. Nun war es mit der friedlichen Ruhe auf der verschlafenen einsamen Insel vorbei.

Nachdem die Japaner ihren Marinestützpunkt eingerichtet hatten, baute auch Deutschland eine Basis für Personal der Kriegsmarine auf. Der Marinestützpunkt in Sabang war primär ein japanischer, durfte aber von den Deutschen mitbenutzt werden. Hier wurden die deutschen Boote nicht gewartet oder verproviantiert. Der Stützpunkt Sabang diente lediglich als erster Anlaufpunkt der Boote aus Europa. Von hier aus wurden sie mit Begleitschutz von Schiffen und aus der Luft nach Penang geleitet. Gegen Kriegsende wurde diese nördliche Strecke der Straße von Malakka immer mehr durch feindliche U-Boote gefährdet.

Das deutsche Marinepersonal führte hier sicherlich anfangs ein ruhiges und unbeschwertes Leben auf der tropischen Insel. Mit Kokospalmen, weißen, unberührten Sandstränden und Korallenbänken haben sie sich vermutlich so sicher wie im Paradies gefühlt – und das mitten im Krieg.

Schon vor dem Ersten Weltkrieg hatten die Niederländer ein Militärhospital in Sabang errichtet, das auch als medizinischer Stützpunkt für das deutsche Kaiserliche-Ostasien-Geschwader Verwendung fand. Das Krankenhauspersonal bestand aus niederländischen Ärzten und katholischen Schwestern. Viele deutsche Kriegsschiffe wie die Kreuzer Scharnhorst und Gneisenau oder die Emden kreuzten in diesen Gewässern.4 Bis 1902 hatte das deutsche Kaiserliche-Ostasien-Geschwader ein eigenes Marine-Hospital in Yokohama in Japan, danach in der deutschen Besitzung Tsingtao in China.

Das Militärhospital in Sabang zählte während des Ersten und Zweiten Weltkriegs zu den besten Hospitälern in ganz Südost-Asien, zumal es während der japanischen Besatzung von 1942 bis 1945 von deutschem medizinischem Personal grundlegend renoviert und modernisiert wurde.

Deutsche kommerzielle Reedereien, wie der Norddeutsche Lloyd oder die Hamburg-Amerika Linie, ließen schon immer, wenn sie diese Gewässer passierten, kranke Seeleute und Passagiere im Krankenhaus von Sabang gesund pflegen. Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde hier auch der kranke Seemann Siegfried Meyrich von dem Lloyd-Schiff Crefeld behandelt. Bei Kriegsbeginn wurde er von den Niederländern direkt vom Krankenhausbett weg interniert. Später war er einer der wenigen, der den Untergang der Van Imhoff überlebte.5

Das niederländische Personal des Krankenhauses war entweder vor der japanischen Armee geflohen oder wurde von den japanischen Truppen liquidiert. Mit Hilfe der mit den deutschen U-Booten angekommenen Bordärzte nahm das Krankenhaus seinen Betrieb erneut auf. Es ist anzunehmen, dass schwere Erkrankungen der deutscher Seeleute und des deutschen Personals aller Marinestützpunkte im ‚Südraum‘ in Sabang behandelt wurden.

Wann das erste japanische U-Boot in den Hafen von Sabang einlief, konnte nicht eindeutig geklärt werden. Das erste Boot, das von Europa aus den ‚Südraum‘ erreichte, war das italienische Boot Commandante Cappellini, das als Fracht-U-Boot unter deutscher Befehlsgewalt stand. Es legte von Bordeaux kommend am 10. Juli 1943 in Sabang an.

Am 20. Juli 1943 erreichte U 511 unter Kapitänleutnant Schneewind, von Lorient kommend, als erstes deutsches U-Boot den Hafen von Penang. Ob U 511 zuvor in Sabang anlegte oder direkt nach Penang fuhr, ist nicht dokumentiert. U 178 unter Korvettenkapitän Dommes und das italienische Boot Luigi Torelli legten am 26. August 1943 gemeinsam in Sabang an. Kurz danach fuhr U 178 nach Penang weiter.

Das erste deutsche U-Boot, dessen Einfahrt in den Hafen von Sabang überliefert wurde, ist U 168 vom Typ IX C unter dem Kommando von Kapitänleutnant Helmuth Pich. U 168 lief am 3. Juli 1943 mit sieben weiteren Booten aus Lorient in West-Frankreich aus. Bei Operationen an der Westküste Indiens wurde das Boot durch Wasserbomben beschädigt. Der Schaden konnte nicht mit Bordmitteln behoben werden. Kommandant Pich bekam von der Seekriegsleitung in Deutschland den Befehl, zur Reparatur den Hafen von Penang anzulaufen. Nördlich von Sumatra wurde U 168 von einem japanischen Geleitboot aufgenommen und zunächst in den Hafen von Sabang gebracht. Nach 132 Tagen auf See hatten die Männer von U 168 endlich wieder festen Boden unter den Füßen.

Kommandant Pich beschreibt die Einfahrt nach Sabang in seinem Tagebuch wie folgt:

Man hat bei diesen bergigen Inseln, die steil aus der kristallklaren, blauen See herauswachsen, immer das Gefühl, dass man gleich anstößt. Nichts dergleichen. Man hat immer noch zehn Meilen zu fahren. Der Hafen entsprach dem, was man sich von einer Tropeninsel in seinen Träumen vorzustellen pflegt. Er war kreisrund, ein Kraterhafen, hinter dem blütenweißen Strand Hütten, unter sich wiegenden Palmen. Nach 152 Tagen6 Einsatz endlich wieder der Befehl Maschinen aus!‘7

Ein japanischer Offizier informierte Kommandant Pich, dass ein japanischer Admiral die ganze Mannschaft von U 168 zum Empfang bitte, aber alle Mann sollten doch bitte zuvor das neu errichtete japanische Badehaus aufsuchen. Anstelle von Blumenkränzen und Girlanden zum Empfang wird man in Japan in der Regel zum Bade geladen. Die 55 Mann starke Besatzung wurde einer nach dem anderen von drei japanischen Soldaten mit siedend heißem Wasser abgebrüht und abgebürstet, bevor sie in frischen Khakiuniformen beim Empfang des japanischen Admirals erschienen. Kapitänleutnant Pich schreibt weiter:

Er [Anm. d. Verf.: der japanische Admiral] macht uns und wir ihm Komplimente. Wir waren ja so froh, dass wir endlich einen Tag Ruhe hatten und sahen uns nach dem Empfang die Eingeborenen-Hütten am Strand und die Affen an. Im Übrigen wussten wir nicht, wie es weitergehen würde. Der Admiral hatte lächelnd gebeten, wir möchten uns gedulden. Geduld, ein Wort, das in Asien ganz groß geschrieben wird, das aber in uns nagt wie Sand in einem Getriebe.8

Doch schon am nächsten Tag ging es weiter. Zusammen mit dem Geleitboot und einem aus Penang eingetroffenen Wasserflugzeug Arado 196 zur Sichtung feindlicher U-Boote, erreichte U 168 sicher den Hafen von Penang. Kommandant Pich und seine Mannschaft wurden vom Stützpunktleiter Kapitänleutnant Konrad Hoppe, einem japanischen Militär-Musikzug und einer japanischen Band aus Tokyo, die abwechselnd deutsche und japanische Märsche intonierten, begrüßt. Was nach der ersten Begrüßungszeremonie folgte, beschreibt Pich so:

Das Baden kannten wir ja schon. Dann, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass es meiner Besatzung an nichts fehlt, gingen diese Besuche los. Bei zwölf höchsten und höheren japanischen Offizieren. Angefangen beim Admiral, beendet bei einem Kapitän. Erst war es immer ein wenig steif. Aber bei jedem wurde ein kleines Gläschen gereicht. […] Ich habe an diesem Vormittag 68 Stück verputzen müssen. Zum letzten Antrittsbesuch kamen wir daher schon sehr fröhlich an. Man war nicht indigniert, nein, man freute sich sehr darüber.[…]

Abends war zu unseren Ehren in dem Club der japanischen Marine ein großer Empfang arrangiert. Erst wurden kernige Worte des Dankes gewechselt, und schließlich, ich traute meinen Augen nicht, zogen die Herren Gastgeber, alles höhere und höchste Offiziere, ihre Jacken aus. So begann das Mahl. In Hemdsärmeln. Mich redeten sie mit ‚Pitschi-San‘ an. Wie froh war ich, dass ich nur ein kleiner Kapitänleutnant war. Den Korvettenkapitän Ehrhardt, der von Singapur zur Begrüßung herübergekommen war, nannten sie ‚Ehrhardt-Kakker‘.9

Der japanische U-Kreuzer I-29 legte am 6. März 1943 in Sabang an, um den indischen Freiheitskämpfer Subhas Chandra Bose, den I-29 im Indischen Ozean von dem deutschen Boot U 180 übernommen hatte, an Land zu setzen. Laut einem Zeitzeugen10 legte zum gleichen Zeitpunkt auch U 180 unter Kommandant Musenberg in Sabang an. Die beiden Boote waren gemeinsam von dem Treffpunkt im Indischen Ozean – von dem ich später noch detailliert berichten werde – nach Sabang gefahren.

Die U-Boot-Besatzungen und das Stammpersonal der Marinestützpunkte in Malaya und Niederländisch-Indien mussten schwerste Arbeit in den feucht-heißen Tropen leisten, an die sie nicht gewöhnt waren. Auch aus Sicherheitsgründen wurden Wartungsarbeiten im Boot durch die Mannschaft durchgeführt. Trotzdem war der allgemeine Gesundheitszustand der Leute zufriedenstellend. Anfangs wurde durch einen Irrtum eine sehr hohe Anzahl von Malariaerkrankungen – bis zu 25 Prozent der Mannschaften – gemeldet. Die in der Tropenmedizin noch unerfahrenen deutschen Sanitätsoffiziere hatten ein harmloses heftiges Tropenfieber mit Malaria verwechselt. Erst als der erfahrene Tropenarzt Dr. Schlenkermann für den ganzen ‚Südraum‘ zuständig war und der Oberassistenzarzt Dr. Buchholz nach Singapur kam, wurde dieser Irrtum bemerkt. Malaria wurde nun sogar so selten diagnostiziert, dass auf eine Prophylaxe verzichtet werden konnte.

Trotzdem wurden viele tausende Ampullen des deutschen Arzneimittels Atebrin gegen Malaria und hunderttausende Atebrin-Tabletten mit den U-Booten nach Südost-Asien gebracht. Vermutlich wurden diese für die im Dschungel Malaysias kämpfenden Japaner und für die Zwangsarbeiter beim Bau der Trans-Sumatra- und der Siam-Birma-Eisenbahn benötigt.11

Dysenterie, Hautverletzungen und Geschwüre mussten regelmäßig behandelt werden, denn die Anfälligkeit für Krankheiten war in den Tropen um einiges höher als in Deutschland. Allerdings war die Versorgung mit Medikamenten im ‚Südraum‘ sehr viel besser als zu Hause in Deutschland oder an der Ostfront.

Das ehemalige Militärhospital in Sabang ist heute das allgemeine Krankenhaus ‚Rumah Sakit Umum Sabang‘. Bis heute hat sich der gute Ruf des Hospitals gehalten. Als deutsche Ingenieure und Monteure der Firma AEG-Telefunken für ein neues Projekt ‚Freihafen‘ in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre für viele Monate in Sabang tätig waren um Telekommunikationseinrichtungen aufzubauen, wurden sie von dem damaligen Chefarzt Dr. Kamaruzzaman bestens betreut.

Italien war noch Partner der Deutschen im Dreimächtepackt und führte im Auftrag der Deutschen Kriegsmarine Transportfahrten nach Südost-Asien durch. Das italienische U-Boot Luigi Torelli wurde – wie weitere italienische U-Boote – zu einem Transport-U-Boot umgebaut. Alle acht Torpedorohre wurden in Laderaum oder zu Treibstofftanks umgebaut, und die Batterien für Unterwasserfahrt wurden teilweise entfernt, um weiteren Laderaum zu schaffen. Nach dem Umbau wurde die Luigi Torelli auch Aquila IV genannt. Am 16. Juni 1943 ist die Luigi Torelli mit Kommandant Enrico Gropalli aus Brest nach Südost-Asien ausgelaufen. Es war die 11. Feindfahrt der Luigi Torelli. Erstes Ziel des Bootes war der Hafen von Sabang in Nord-Sumatra, danach Singapur.

Die Luigi Torelli hatte über 150 Tonnen Fracht geladen: Spezialstahl für die Kugellagerfertigung, Quecksilber, eine 2cm-Lafette, mehrere hundert Mauser Flugzeug-Abwehrkanonen vom Typ MG 151/20, U-Boot-Optiken, eine neu entwickelte 500 Kilogramm SC 500-Minenbombe und weitere Munition als Muster für die japanische Kriegsindustrie. Außerdem waren einige Ersatz-Torpedos für Penang an Bord.

Als wichtigstes Frachtgut waren auch zwei Funkmessgeräte FuMG der Firma Telefunken geladen, die allgemein unter dem Namen Würzburg-Radargeräte bekannt waren. Mit dieser Radaranlage konnte man Flugzeuge und Schiffe bis zu einer Entfernung von 60 bis 80 Kilometern orten, und damit die Straße von Malakka überwachen. Angriffe der Alliierten auf die Erdgas- und Erdölfelder Sumatras sollten rechtzeitig erkannt und dadurch leichter verhindert werden.

Nach der Kapitulation Italiens und dem Seitenwechsel zu den Alliierten lief die Luigi Torelli unter deutschem Kommando als UIT 25 (Unterwasser-Italien-Transportboot) weiter. Die Mehrheit der italienischen Marineleute blieb nach der Kapitulation und dem Seitenwechsel Italiens weiterhin in den Diensten der Deutschen Kriegsmarine auf den U-Booten. Die restlichen, die nicht auf deutscher Seite weiterkämpfen wollten, wurden von den Japanern in einem Gefängnis in Singapur interniert. Wie mir der bereits erwähnte deutsche Fremdenlegionär erzählte, sollen die Italiener als Freiwillige sehr zuverlässig für die Deutschen auf den Stützpunkten und den italienischen U-Booten weitergearbeitet haben.

Entweder war die Würzburg-Radaranlage in Sabang noch nicht in Betrieb, oder das Personal der Marinebasis in Sabang fühlte sich auf der einsamen tropischen Insel Weh so sicher, dass sie den Luftraum und die See bei Nacht nicht überwachten. Die Mannschaft aus Japanern und Deutschen, die bis dahin eine unbeschwerte Zeit auf der fernen Insel erlebt hatten, wurden völlig unvorbereitet im Schlaf erwischt. Jedenfalls war niemand auf einen Angriff der Alliierten vorbereitet.

Plötzlich wurde das tropische Paradies, gut fünf Grad nördlich des Äquators, zur Hölle. Am frühen Morgen des 19. April 1944 näherten sich der britische Flugzeugträger HMS Illustrious und der amerikanische Flugzeugträger USS Saratoga dem Hafen von Sabang. Unterstützt wurden die beiden Flugzeugträger von 20 weiteren Kriegsschiffen, wie den Kreuzern HMS Ceylon und Gambia und den Zerstörern HMS Quillian, Quadrant und Dunlop. Das britische Schlachtschiff HMS Queen Elisabeth war das Flaggschiff von Admiral James Sommerville, dem Oberbefehlshaber der Eastern Fleet, der auch diese Operation leitete. Es war eine Flotte aus Marineeinheiten der gemeinsam operierenden ‚US Navy‘, der ‚Britischen Royal Navy‘, der ‚Royal Australien Navy‘, der niederländischen ‚Koninklijke Marine‘ und der ‚Royal New Zealand Navy‘. Vor dem Angriff auf Sabang versorgte sich die Flotte am 6. April in Exmouth in West-Australien noch mit Treibstoff und Proviant.

Dabei war auch das französische Schwere Schlachtschiff Richelieu mit 40.000 Bruttoregistertonnen, das sich bei der Kapitulation Frankreichs in West-Afrika befand. Der Kommandant schloss sich nicht der deutschfreundlichen Vichy-Regierung an und operierte innerhalb der britischen Eastern Fleet.

Die USA ordnete Angriffe auf die japanisch-deutschen Marinestützpunkte in Südost-Asien an, um ihre eigenen Operationen östlich von Neuguinea und weiteren Inseln im Pazifik zu entlasten. Der strategisch wichtige Hafen Sabang wurde als erstes und wichtigstes Ziel ausgewählt, da hier wieder neue ausgedehnte Hafenanlagen mit Treibstofftanks und Docks sowie umfangreiche Telekommunikations-Anlagen aufgebaut waren. Hier war auch die erste Überwachungs-Radaranlage Würzburg installiert.

In Sabang gab es den Flughafen Lho Nga (heute: Maimun Saleh), von dem aus die Japaner ihre Truppen in Birma versorgten, die dort gegen die 14. Britische Armee kämpften. Der Angriff der Alliierten auf Sabang wurde unter dem Codenamen ‚Operation Cockpit‘ geplant und durchgeführt.

Am frühen Morgen um 5:30 Uhr des 19. Aprils 1944 griffen 46 Bomben- und 37 Jagdflugzeuge den Hafen und die im Hafen liegenden Schiffe an. Auch der Flugplatz, die Radaranlage, die Telekommunikationseinrichtungen, die großen Öltanks und das Kraftwerk waren Ziele der Operation und wurden bombardiert. Der Hauptort Sabang auf dem tropischen Eiland stand plötzlich in Flammen! Die japanische Mannschaft wurde im Schlaf überrascht. Bis sie ihre Flugzeugabwehrgeschütze in Stellung bringen konnten, war schon alles zerstört. Es gelang ihnen nur noch, ein Flugzeug der Alliierten abzuschießen.

Als der Angriff beendet war, lag der Hafen mit seinen Docks in Trümmern, zwei japanische Zerstörer, zwei Handelsschiffe und ein Begleitschiff waren zerstört. Vermutlich war zu der Zeit kein deutsches U-Boot im Hafen, ansonsten wäre es sicherlich in der überlieferten Dokumentation der Briten erwähnt worden. Die Dieselgeneratoren für die Stromversorgung, Telekommunikationseinrichtungen und die Radarstation lagen in Trümmern, die Öltanks standen in Flammen und auf dem Flughafen Lho Nga waren 30 japanische Flugzeuge vernichtet.

Für die Alliierten war ‚Operation Cockpit‘ ein voller Erfolg. Nach der Attacke erwähnte der Oberbefehlshaber der Eastern Fleet, Admiral Sommerville: We caught the Japs with their kimonos up and their heads down and gave Sabang a good bang.12

Am 27. April 1944 wurden in Exmouth in West-Australien die Tanks der alliierten Flotte wieder gefüllt und neue Munition geladen. Anschließend wurde Sabang erneut attackiert. Von nun an kamen Sabang auf der kleinen Insel Weh und viele andere Städte in Sumatra nicht mehr zur Ruhe. Gleichzeitig mit der US-Offensive auf den Marianen- und Palau-Inseln im Pazifik wurde die paradiesische Insel Sabang am 10. Juni und 21. Juni 1944 erneut aus der Luft angegriffen.

Nur vier Tage später griffen die Alliierten den Hafen Port Blair auf den Andaman-Inseln, nördlich von Sabang, an. Die Andaman- und Nikobar-Inseln waren die einzigen Territorien Britisch-Indiens, die von Japan besetzt wurden. Sie wurden pro forma an die Exilregierung von Subhas Chandra Bose und der ‚Indian National Army‘ übergeben. Auf den beiden Inselgruppen wehte nun die Flagge von ‚Azad Hind‘, die Fahne des von der Kolonialmacht Großbritannien befreiten freien Indiens. Die Flughäfen der beiden Inselgruppen waren jedoch durch alliierte Bombenangriffe zerstört, da sie dem japanischen Nachschub für Birma dienten.

Am 25. Juli 1944 wurde von den britischen Flugzeugträgern HMS Victorious und HMS Illustrious ein erneuter Luftangriff auf Sabang durchgeführt. Hier war wieder der Flughafen Lho Nga das Ziel. Danach folgten Luftangriffe der Alliierten auf die Hafenstadt Padang in West-Sumatra und die wenige Kilometer westlich im Landesinneren gelegene kleine Stadt Indaroeng. Padang und andere Städte Sumatras wurden erneut ab dem 24. August 1944 bombardiert. Die Flugzeugträger operierten unter dem Schutz des britischen Schlachtschiffes HMS Howe und anderer Kriegsschiffe der Eastern Fleet. Am 17. November 1944 wurde die kleine Hafenstadt Pangkalan Brandan an der Straße von Malakka, etwa 70 Kilometer nördlich von Medan, bombardiert. Am 20. November galt ein neuer Angriff Sabang. Am 17. Dezember 1944 wurde Belawan, der Hafen von Medan, zerstört. Die Lage im ‚Südraum‘ wurde immer unsicherer.

Nach den Angriffen war der Marinestützpunkt Sabang ab der zweiten Hälfte des Jahres 1944 operativ praktisch ausgeschaltet. Nach meinen Informationen liefen von da an auch keine deutschen U-Boote mehr diesen Hafen an. Die Straße von Malakka war durch Minen der Alliierten gefährlich geworden. Der sicherste Korridor für die Einfahrt in den ‚Südraum‘ wurde nun die Sundastraße mit dem ersten Anlaufhafen Batavia.

Ab März 1945 wurde das französische Schlachtschiff Richelieu mit der Zerstörung von Hafenanlagen und Küstenschutz-Batterien der japanischen Stützpunkte beauftragt. Obwohl die Richelieu als französisches Kriegsschiff im Konvoi der Alliierten operierte, wird sie in britischen Berichten und Dokumenten in Diensten der britischen Königin als HMS Riselieu geführt. Kurz nach der Kapitulation Japans fuhr die Riselieu durch die Straße von Malakka nach Singapur. Am 9. September lief sie auf eine britische magnetische Seemine und wurde leck geschlagen. Sie konnte sich aber mit letzter Kraft noch nach Singapur retten.

Zwischen 1964 und 1975 war ich im Zusammenhang mit dem Freihafen-Projekt regelmäßig auf der Insel Weh und suchte – wenn es meine Zeit erlaubte – nach übriggebliebenen Fragmenten des japanisch-deutschen Marinestützpunktes aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Außer einigen Ruinen im Hafengebiet konnte ich nichts mehr entdecken. Die Alliierten hatten bei ihren Angriffen ganze Arbeit geleistet!

Allerdings war immer wieder ein Schnellboot der indonesischen Marine ALRI im Hafen zu sehen. Wie sich herausstellte, war es ein Schnellboot aus deutscher Kriegsproduktion. Zu welcher Schnellboot-Klasse dieses Boot gehörte und wie es nach Sabang kam – vermutlich mit einem Blockadebrecher oder einem Versorgungsschiff – konnte nicht geklärt werden.

Im Jahre 1969 konnte mein Freund Jürgen Graaff, der als Leiter der Baustelle für den Aufbau von neuen Telekommunikationseinrichtungen in Sabang stationiert war, dieses Schnellboot besichtigen. Wie er sich heute erinnert, war das Schnellboot in einem Topzustand, gepflegt wie ein Juwel. Im Maschinenraum waren – 24 Jahre nach Kriegsende – immer noch die Original-Motoren in Betrieb: 3 Daimler-Benz Ottomotoren und 1 Maybach Diesel-Marschmotor. Vermutlich war es eines der ‚Leichten Schnellboote‘, die die deutschen Hilfskreuzer wie die Kormoran bei sich führten.

Im selben Jahr suchte Jürgen Graaff in einem Lagerschuppen der indonesischen Zollbehörde in Sabang nach einem bestimmten, von Deutschland gelieferten, Teil, das nicht auf die Baustelle geliefert worden war. Das fehlende Teil fand er nicht, aber er entdeckte einen noch gut erhaltenen 5 Kilowatt sogenannten ‚Tönenden Löschfunkensender‘ der Firma Telefunken, der aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg stammen musste. Es war ein wertvolles historisches Gerät, das aus den Anfängen der drahtlosen Telegrafie stammte. Nachforschungen von Jürgen Graaff in seiner historischen Sendeliste ergaben, dass der Sender im Jahre 1911 an das Niederländische Kolonialministerium geliefert wurde. Die Wellenlänge lag zwischen 600 und 2.500 Metern. Selbst der Telefunken-Ingenieur Herr Nicolas, der damals die Montage der Anlage in Sabang leitete, ist noch vermerkt. Vielleicht war es damals, vor über 100 Jahren, auf dieser abgelegenen Insel noch nicht so einsam wie zu Jürgen Graaffs Zeiten. Damals liefen noch alle Passagierschiffe aus Ost und West diesen wunderschönen Naturhafen an um zu bunkern und rauschende Bordfeste zu feiern.

Diese historische Nachrichten-Sendeanlage war vermutlich für den Telegrafie-Verkehr mit diesen Passagierdampfern geplant, wurde aber nie in Betrieb genommen. Liegt dieses einmalige historische Stück immer noch in einem Lagerschuppen auf der Insel ‚am Ende der Welt‘? Oder wurde es in der Zwischenzeit entsorgt? Das wäre ein großer Verlust!

Bei meinen Nachforschungen in Sabang wurde ich eines Tages von einem indonesischen Lehrer, der den Zweiten Weltkrieg dort erlebt hatte, auf ein Grab im alten Friedhof am Rande der kleinen Stadt Sabang aufmerksam gemacht. Hier waren vorwiegend niederländische Kolonialbeamte beerdigt worden. Er vermutete, das von ihm erwähnte Grab wäre das Grab eines deutschen Soldaten. Es war ein ziemlich heruntergekommenes Grab. Ein Kreuz war verschwunden, aber auf der Grabplatte konnte man noch einige verwischte französische Worte entziffern:

‚ICI REPOSE…CARISSAN…MORT GLORIEUSEMENT…COMBAT… CROISEUR ALLEM…’ und ein Datum ‘LE 28 OCTOBRE…’

Es war also kein deutscher Soldat sondern ein Franzose, der bei einer glorreichen Schlacht mit einem deutschen Kreuzer an einem 28. Oktober umgekommen war. Wie kam es, dass ein französischer Seemann bei einer Seeschlacht mit einem deutschen Kreuzer in diesen fernen Gewässern umkam und in Sabang auf der Insel Weh beerdigt wurde? Mein Interesse war geweckt und die Geschichte, die ich bei den Nachforschungen erfuhr, ist ziemlich spannend. Allerdings müssen wir dazu einen Zeitsprung zurück bis zum Ersten Weltkrieg machen:

Der Kleine Kreuzer SMS Emden der Deutschen Kaiserlichen Marine kam unter dem Kommando von Fregattenkapitän Karl von Müller aus Deutschland über Südamerika in den Pazifik, um sich dem Ostasien-Geschwader anzuschließen. Im Juli 1910 traf die Emden an der Insel Apia in Deutsch-Samoa mit dem Flaggschiff des Ostasien-Geschwaders, dem Großen Kreuzer SMS Scharnhorst und dem Befehlshaber des Ostasien-Geschwaders, Vizeadmiral Graf Spee, zusammen. Die SMS Emden war der kleinste Kreuzer der Kaiserlichen Flotte in dieser Region. Der Kommandant der Emden, Fregattenkapitän von Müller, erhielt den Auftrag, zunächst in die Marinebasis des damaligen deutschen Mandatsgebiets Tsingtao in China zu fahren und anschließend im Pazifik und in den Gewässern von Niederländisch-Indien zu kreuzen. In Niederländisch-Indien wurde die Emden vom Ersten Weltkrieg überrascht. Sie sollte nun hier und im Indischen Ozean britische und französische Handelsschiffe aufbringen.

An Bord der Emden war auch der Kapitänleutnant der Reserve Julius Lauterbach. Er sollte auf der Emden nur einige Wochen lang Offiziersaufgaben übernehmen. Lauterbach war schon seit vielen Jahren als Kapitän auf Handels- und Passagierschiffen der Hamburg-Amerika-Linie in Ost- und Südost-Asien unterwegs gewesen. Hier kannte er alle Routen und fast alle kommerziellen Schiffe der dort operierenden Nationen.

Am 28. Oktober 1914 griff der Kreuzer Emden den Hafen von Penang in der damaligen britischen Kronkolonie Malaya an. Die Emden konnte in der Dunkelheit der frühen Morgenstunden – getarnt als britisches Kriegsschiff – bis in den inneren Hafen von Penang eindringen. Aus nächster Nähe schoss sie zwei Torpedos auf den russischen Kreuzer Schemtschug (auch Jemtchug) ab, der sofort versank. Im Hafen lagen noch drei französische Kriegsschiffe, zwei Zerstörer und das Torpedoboot D’Iberville, die aber alle nicht einsatzbereit waren und vertäut am Pier lagen.

Der Angriff im Hafen von Penang hatte schwerwiegende Folgen für die deutsche Kaufmannschaft. Schon zu Beginn des Krieges wurden die meisten Deutschen in Malaya und Singapur von den Briten interniert. Aber dieser Vorfall brachte das Fass zum überlaufen, zumal in der Presse Singapurs behauptet wurde, dass August Diehn, der Leiter der deutschen Firma Behn, Meyer & Co., Spionage betrieben und die Emden geleitet hätte. Alle deutschen Firmen in Britisch-Malaya und Singapur wurden enteignet und der gesamte Besitz an die Bevölkerung versteigert. Der Erlös floss in die Taschen der britischen Krone. Nicht nur die letzten verbliebenen Deutschen wurden nun mit ihren Familienangehörigen in australischen Camps interniert, auch deutschstämmige Briten.

Obwohl die Emden schon seit Monaten von 20 feindlichen Schiffen im Indischen Ozean verfolgt wurde – Briten, Franzosen, Russen und Japanern –, gelang ihr mit ihrer ausgezeichneten Besatzung ein legendärer Erfolg: in nur zwei Monaten hat der Kreuzer Emden über 30 feindliche Handelsschiffe und zwei Kriegsschiffe versenkt oder aufgebracht. Die Briten beobachteten die anfänglichen Erfolge der kaiserlichen Marine mit argwöhnischen Augen. Sie sahen die britische Weltherrschaft über die Meere – besonders im Pazifik und im Indischen Ozean – schwinden. Aber Winston Churchill, im Ersten Weltkrieg noch ‚The First Lord‘ der britischen Admiralität, schwor Rache und holte zum Gegenschlag aus.

Als Kapitän von Müller den Hafen von Penang wieder verlassen hatte, tauchte plötzlich in der Bucht vor dem Hafen der französische Torpedoboot-Zerstörer Mousquet auf, der von einer Patrouille in der Straße von Malakka zurückkam. Die Mousquet war der Emden hoffnungslos unterlegen. Nach einem kurzen Seegefecht kenterte das Boot und versank in wenigen Minuten im Meer. Von der 80 Mann starken Besatzung der Mousquet starben 44 Mann den Tod auf See. Die Emden konnte 36 Mann aufnehmen, darunter 16 Verwundete. Auch der Kommandant der Mousquet, Leutnant Théroinne, überlebte schwer verletzt. Drei der verwundeten Seeleute verstarben kurz nach ihrer Rettung und erhielten ein Seemannsgrab.

Als die Emden in der Straße von Malakka weiter nach Süden dampfte, traf sie am 30. Oktober 1914 auf den britischen Frachter Newburn, der mit Salz und Korn beladen war. Dem Kapitän der Newburn wurde Immunität versprochen, wenn er die französischen Gefangenen unverzüglich nach Sabang bringen würde. Der Kapitän willigte ein und brachte vereinbarungsgemäß die noch überlebenden Gefangenen in Sabang an Land. Die Insel Weh mit der Hauptstadt Sabang und dem hervorragenden Krankenhaus lag im damals neutralen Niederländisch-Indien.

Die Verletzten wurden ins Marinehospital der Insel gebracht und von dem niederländischen Militärarzt Dr. Blankenberg und zwei zivilen Ärzten behandelt. Zwei der Verletzten, Jacques Carissan und Joseph Hamon, erlagen dort ihren Verletzungen. Für die beiden gab es ein einfaches Begräbnis in zwei nahe beisammen liegenden Gräbern. Kapitän Visser, der Kommandant der niederländischen Garnison in Sabang und Baron Frederic Mari van Asbeck, damals Leiter der verfassungsrechtlichen und politischen Abteilung des niederländisch-indischen Generalsekretariats, gaben den Toten die letzte Ehre.

Nach vier Wochen waren alle verwundeten Seeleute der Mousquet bis auf drei wieder soweit geheilt, dass sie am 14. November 1914 zusammen mit den andern Überlebenden der Mousquet auf dem Torpedoboot D’Iberville eingeschifft werden konnten. Sechs Tage später gingen sie im Hafen von Saigon an Land.

Aber was ist mit den beiden Gräbern in der Zwischenzeit geschehen? Acht Jahre nach dem Begräbnis, am 6. Juni 1922 legten zwei französische Kriegsschiffe, die Moqueuse und die Malicieuse in Sabang an, um auf dem Platz der Bestattung einen Grabstein zu errichten. Danach, besonders während des Zweiten Weltkriegs und dem anschließenden Freiheitskampf Indonesiens bis Ende 1949 wurden die Gräber den Umständen entsprechend vernachlässigt. Als 1960 die französische Fregatte Béarnais Sabang anlief, konnte der Kommandant nur noch ein Grab, das des Seemanns Jacques Carissan, finden. Das Grab des zweiten Seemanns wurde vermutlich während der Kriegswirren zerstört.

Im Jahr 1977 wurde das Wrack der Mousquet gehoben, da dieses die Einfahrt in den Hafen von Penang stark behinderte. Dabei wurden auch die Überreste der mit dem Schiff untergegangenen Seeleute geborgen und von der malaiischen Regierung an Frankreich übergeben. Ein Denkmal mit diesen Überresten wurde im August 1971 in Noumea in Neukaledonien eingeweiht. An das vergessene und vernachlässigte Soldatengrab in Sabang dachte bei dieser Gelegenheit niemand.

Als der französische Verteidigungsminister im April 1985 eine Liste aller französischen Soldatenfriedhöfe im Ausland verlangte, erinnerte man sich wieder an das Grab in Sabang. Am 9. März 1989 wurde das restaurierte und erneuerte Grab an seinem alten Platz eingeweiht. Dies ist das einzige – leider schon wieder sehr verwitterte – offizielle französische Soldatengrab in ganz Indonesien.13

Grabstätten von deutschen Marinesoldaten des Stützpunktes Sabang konnte ich nicht finden. Wie mir der bereits erwähnte ehemalige Fremdenlegionär – der während der japanischen Besetzung der Insel dort beschäftigt war – erzählte, seien bei den massiven Angriffen der Alliierten auf Sabang auch deutsche Marinesoldaten umgekommen. Während der chaotischen Zustände dieser Zeit hätten diese, wie auch viele Japaner, der Einfachheit halber ein Seemannsgrab erhalten müssen.

Die Mousquet war das letzte Schiff, das der Kreuzer Emden versenkte. Daher will ich auch noch kurz auf das Ende der Emden und die dramatische Flucht eines Teils der Besatzung eingehen, obwohl dies nicht direkt in den Kontext dieses Buches gehört: Nachdem die Emden die gefangenen und verletzten Seeleute der versenkten Mousquet an den britischen Frachter Newburn übergeben hatte, nahm der Kreuzer Kurs auf die australischen Cocosinseln (auch: Cocos-Keeling Islands), südwestlich der Insel Java. Der Auftrag an Kapitän von Müller war, einen Knotenpunkt von britischen Seekabeln auf Direction Island und die dortige große Kurzwellen-Funkstation zu zerstören. Am 26. Oktober 1914 übernahm die Emden Kohle von dem neuen britischen Kohlefrachter SS Buresk, der schon zuvor auf der Route nach Hongkong gekapert worden war und nun unter dem Kommando von Kapitän Klöpper als Versorgungsschiff für die Emden diente. Als zweites Kohle-Versorgungsschiff begleitete der ebenfalls gekaperte britische Kohlefrachter Exford die Emden.

Die SMS Emden fuhr, mit der Attrappe eines vierten Schornsteins, als britisches Kriegsschiff getarnt in die Einfahrt von Port Refuge auf Direction Island. Die Insel gehört zu der Gruppe der Cocos-Inseln. In zwei von einer Dampfbarkasse gezogenen Kuttern wurde Kapitänleutnant Hellmuth von Mücke mit 47 Mann an das Pier gebracht. Zu ihrer Überraschung erfuhren sie keinen Widerstand durch die australische und britische Wachmannschaft – im Gegenteil, sie wurden von einer Willkommensparty höflich begrüßt.

Die Seekabel wurden von dem deutschen Kommando gekappt, die Seekabel-Relaisstation und die Kurzwellen-Funkstation wurden zerstört. Was die Deutschen nicht wussten, war, dass es dem britischen Funker gelungen war, noch eine Meldung über das Auftauchen der Emden abzusetzen. Der in der Nähe operierende australische Kreuzer HMAS Sydney unter dem Kommando von Kapitän John Glossep erhielt einen Funkspruch mit der Position der Emden und steuerte mit voller Kraft auf Direction Island zu.

Nur zwei Stunden nachdem Kapitänleutnant von Mücke an Land gegangen war, wurde die Emden von der HMAS Sydney überrascht und am 9. November 1914 in ein Seegefecht verwickelt. Die Emden war von Anfang an unterlegen, wurde schwer beschädigt und musste sich geschlagen auf ein Korallenriff vor North Keeling Island retten. Kapitän von Müller und seine Mannschaft wurden gefangen genommen. Nach einer langen Odyssee über die Meere landeten sie in einem Gefangenenlager auf der Insel Malta. Bis heute ragen auf Direction Island noch Teile des einst so stolzen und erfolgreichen deutschen Kreuzers aus der blauen See.

Aber wie kam der Notruf des Funkers auf Direction Island zur HMAS Sydney? Dies ist ein Kuriosum der Kriegsgeschichte und zeigt, wie aus Deutschland nach West-Australien gelieferte Empfangs- und Sendeanlagen mithalfen, den Kleinen Kreuzer SMS Emden der Kaiserlichen Kriegsmarine zu versenken: Die Regierung Australiens wollte das noch junge und abgelegene West-Australien durch Telekommunikation mit dem weiter entwickelten Osten verbinden und plante entsprechende Funkstationen und Empfangsanlagen in Perth und Sydney einzurichten. 1910 gewann die deutsche Firma Telefunken eine internationale Ausschreibung. Wenn man bedenkt, dass für die Fertigung der Anlagen und deren Verschiffung nach Australien nur zwölf Monate vergingen, war dies eine Meisterleistung. Die Montage und Inbetriebnahme der Anlage unter Leitung des Telefunken-Ingenieurs Moens ging genau so zügig voran. Bereits im August und September 1912 nahmen die beiden Stationen mit den Rufzeichen POP (Post Office Perth) und POS (Post Office Sydney) für die australische Postverwaltung ihren Betrieb auf.

Südlich von Perth war auf dem bis heute Wireless Hill genannten Hügel die Station POP aufgebaut. Der Sender war ein ‚Tönender Löschfunkensender‘ mit einer Antennenleistung von 25 Kilowatt und einer Wellenlänge von 600 bis 3.500 Metern für Morse-Telegrafie. Eine ‚Schirmantenne‘ war auf einem 120 Meter hohen Gittermast montiert. Für die damalige Zeit entsprach die Anlage den modernsten technischen Ansprüchen.

Der Funkbetrieb zwischen der West- und Ostküste Australiens lief reibungslos. Als die Rufzeichen von der ‚International Wireless Convention‘ weltweit vergeben wurden, erhielt die Perth Wireless Station das Rufzeichen VIP. Weitere Aufträge an Telefunken folgten für Melbourne und Macquarie Island, südlich von Tasmanien. Die Station auf der abgelegenen Macquarie-Insel im Arktischen Meer wurde als Verbindungsstelle für damals beginnende britische und australische Antarktis-Expeditionen benötigt. Auch für Neuseeland wurden Telefunken-Anlagen für Wellington, Auckland, Bluff Harbour und Doubtless Bay geliefert.

Die Telefunken-Anlagen übertrafen alle Erwartungen in Zuverlässigkeit und Reichweite. Da gleichzeitig mit den stationären Anlagen für Perth und Sydney auch mehrere Telefunken-Funkanlagen für die Ausrüstung von Schiffen geliefert wurden, war nun auch der Radiotelegrafie-Betrieb mit Schiffen auf hoher See möglich. So schrieb die Tageszeitung ‚Daily Telegraph‘ aus Sydney am 8. April 1913, dass der Dampfer Australia auf dem Weg nach Europa mit der Station POS (Sydney) noch in Verbindung stand, obwohl er sich bereits 1.970 Seemeilen westlich von Fremantle in West-Australien befand. Die Entfernung betrug etwa 6.000 Kilometer. Weiter schrieb der ‚Daily Telegraph‘, dass die neuseeländischen Stationen sogar noch von Schiffen, die zwischen Yokohama und Honolulu fuhren, Signale laut und deutlich empfangen konnten. Mit 8.000 durch Telegrafie überbrückten Kilometern, war dies für die damalige Zeit ein Reichweiten-Rekord.14

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde die Station in Perth von der australischen Marine (Royal Australian Navy) übernommen. Unter Anderem wurden von nun an alle Frequenzen überwacht, um deutsche Schiffe vor Australien und im Indischen Ozean aufzuspüren. Die Perth Wireless Station empfing den Notruf, den der Funker auf Direction Island noch vor der Zerstörung der Anlage absetzen konnte, mit der deutschen, von Telefunken gelieferten, Empfangsanlage. Er leitete die Nachricht mit der Position der ‚SMS Emden‘ über den deutschen Sender an die HMAS Sydney weiter. So haben deutsche Geräte den Untergang des deutschen Schiffes eingeläutet und das Schicksal nahm seinen Lauf.

Wo auf dem Wireless Hill einst die Funkstation POP/VIP stand, steht heute das ‚Wireless Hill Telecommunications Museum‘. Es ist am ‚Telefunken Drive‘ in einer herrlichen Parkanlage mit Blick auf Perth und den Swan River gelegen. Nur der Straßenname ‚Telefunken Drive‘ erinnert noch an die Pioniertat deutscher Ingenieure vor über 100 Jahren.

Abb. 3 Das ‚Wireless Telecommunications Museum‘ am ‘Telefunken Drive’ in Perth, West-Australien

Der hier beschriebene australische Kreuzer HMAS Sydney aus dem Ersten Weltkrieg wurde 1928 verschrottet und darf nicht verwechselt werden mit dem neuen australischen Kreuzer HMAS Sydney aus dem Zweiten Weltkrieg, der 1935 von der australischen Marine in Dienst gestellt wurde.15

Auch im Zweiten Weltkrieg spielte die Funkstation Wireless Hill bei Perth eine entscheidende Rolle bei der Versenkung des deutschen Hilfskreuzers Kormoran. Bei dem Seegefecht zwischen dem deutschen Hilfskreuzer Kormoran und dem australischen Kreuzer HMS Sydney wurde der australische Kreuzer am 19. November 1941 vor der Küste West-Australiens versenkt.

Nachdem der Kleine Kreuzer SMS Emden vernichtet war und auf dem Korallenriff von North Keeling Island lag, machte die HMAS Sydney nun Jagd auf den ehemaligen britischen Kohlefrachter SS Buresk. Das Schiff lief seit seiner Kaperung unter deutscher Flagge und hatte als Begleitschiff die Emden mit Kohle versorgt. Die unbewaffnete Buresk hatte natürlich keine Chance gegen den Kreuzer Sydney, und wurde von der Mannschaft versenkt.

Mit dem zweiten Kohle-Versorgungsschiff der Emden, dem Frachter Exford, war Kapitänleutnant der Reserve Lauterbach bereits geflüchtet. Lauterbach erhielt den Auftrag, als Kommandant der Exford das langsame Kohleschiff mit einigen Matrosen der Emden in dem neutralen niederländischen Hafen von Padang an der Westküste Sumatras in Sicherheit zu bringen. Kapitänleutnant Lauterbach hatte nur wenige Tage das Kommando über den Frachter Exford. Das Schiff wurde in neutralen Gewässern von dem britischen Hilfskreuzers Empress of Japan aufgebracht.

Einen Tag nach der Versenkung der Emden kam die HMAS Sydney nach Direction Island zurück, um Kapitänleutnant von Mücke mit seiner Truppe gefangen zu nehmen. In der Zwischenzeit hatte von Mücke jedoch das einzige im Hafen liegende Schiff, den schrottreifen und eigentlich seeuntüchtigen Schoner Ayesha, beschlagnahmt und so gut es ging ausgerüstet. Den vorhandenen Proviant hatten sie mit den kooperativen Briten und Australiern geteilt. Der Schoner war für eine Besatzung von sieben Mann vorgesehen, nun gingen die 49 deutschen Seeleute an Bord. Kapitän Partridge, der britische Kommandant auf Direction Island, warnte noch von Mücke: In diesem verrotteten Boot sei eine Flucht reiner Selbstmord. Aber die Deutschen ließen sich nicht von ihrem Plan abbringen.

Ihnen gelang eine abenteuerliche Flucht über das Meer an die Westküste von Sumatra und bis in den heutigen Jemen. Von Hodeida am Roten Meer ging es auf Kamelrücken durch die Wüste weiter bis zur Endstation der von den Deutschen gebauten Bagdad-Bahn. Bei den Arabern ist diese abenteuerliche Reise immer noch als ‚die Karawane der Matrosen‘ im Gedächtnis. In Konstantinopel wurde Kapitänleutnant von Mücke und seinen Mannen ein grandioser Empfang bereitet. Nach einer mehr als siebenmonatigen Flucht brachte von Mücke im Juni 1915 den Rest seiner Mannschaft sicher nach Deutschland zurück. Sechs der Kameraden gingen durch Krankheit und durch Kämpfe mit aufständischen Araberstämmen verloren. Die Überlebenden des Kreuzers Emden erhielten vom Deutschen Kaiser das Recht zugesprochen, den vererbbaren Namenszusatz ‚-Emden‘ anzunehmen.16

1944 hätte sich die Geschichte fast wiederholt. Kapitänleutnant Oskar Herwartz, Kommandant von U 943, legte den Kurs für den Rückmarsch nach Deutschland so fest, dass er nahe an der Gruppe der Cocos-Keeling-Inseln vorbeifuhr. Er wollte – wie im Ersten Weltkrieg – wieder die Großfunkstelle und die Seekabel zerstören. Für den Überfall erbat er sich von Graf Maeda Maschinengewehre, Schnellfeuergewehre, Handfeuerwaffen, Handgranaten und Sprengmittel. An Bord eines U-Bootes gehörten diese für den Überfall benötigten Waffen nicht zur Ausrüstung. Graf Maeda lehnte den Wunsch des deutschen Kommandanten mit der Begründung ab, Japan hätte kein Interesse an der Insel, und wenn schon, dann könne Japan die Insel jederzeit erobern.17

Auf dem deutschen Stützpunkt in Batavia waren die benötigten Handfeuerwaffen wohl vorhanden, konnten aber – da sie zum Bestand der Dienststelle gehörten – nicht an Herwartz abgegeben werden. Herwartz, seine Offiziere und die Mannschaft waren enttäuscht. Zu gerne hätten sie den Handstreich von Kapitänleutnant von Mücke der Bremen wiederholt. Nun musste U 843 ohne einen Ausflug zu den Cocos-Keeling-Inseln, vollbeladen mit Rohstoffen, den Rückmarsch nach Deutschland antreten. Am 2. April 1945 kam das Boot wohlbehalten in Bergen in Norwegen an. Am 9. April, 100 Seemeilen vor Kiel und nur wenige Tage vor Kriegsende, wird das Boot von alliierten Flugzeugen angegriffen und versenkt. Von den 58 Männern an Bord überlebten nur 12, darunter auch Kommandant Herwartz.

Aber nun zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs, um die Geschichte des italienischen U-Boots Commandante Cappellini zu Ende zu bringen. Die Commandante Cappellini fuhr nur noch eine Woche mit einem italienischen Kapitän. Als sie am 3. September 1943 in Singapur einlief, verkündete Italien die Kapitulation. Das führte zum sofortigen Bruch zwischen dem Deutschen Reich und Italien. Wenige Tage später, am 13. Oktober 1943, erklärte Italien dem Deutschen Reich den Krieg und trat an der Seite der Alliierten wieder in die Kampfhandlungen ein. Italien hatte die Seiten gewechselt.

Nach der Kapitulation Italiens wurden die italienischen Boote zunächst von Japan beschlagnahmt. Am 13.10.1943 wurden die Boote Commandante Cappellini und Emilio Tortelli in Sabang unter Beisein des deutschen Militärattachés, der zu diesem Anlass aus Tokyo angeflogen kam, an die Deutsche Kriegsmarine übergeben und in UIT 24 (Commandante Cappellini) und UIT 25 (Emilio Tortelli) umgetauft. UIT 25 fuhr nun unter dem Kommando von Fregattenkapitän Werner Striegler weiter. Striegler kam als Erster Wachoffizier (damals Oberleutnant zur See) mit U 511nach Penang.

Auch UIT 24 stach unter deutschem Kommando mit einer Mannschaft aus Deutschen und Italienern wieder in See. Es folgten verschiedene Verlegungsfahrten: 08.02.1944 aus Shonan (Singapur) ausgelaufen.

10.02.1044 in Penang (Malaya) eingelaufen.

07.03.1944 aus Penang (Malaya) ausgelaufen und über Shonan (Singapur) am 11.03.1944 in Surabaya (Java) eingelaufen.

Der fünfmonatige Aufenthalt in Singapur von Oktober 1943 bis Februar 1944 ist sicher damit zu erklären, dass sich nun eine deutsche Mannschaft mit der italienischen Technik vertraut machen musste. Die unzähligen Beschriftungen der Hebel, Ventile und Bedienungsknöpfe mussten von Italienisch ins Deutsche abgeändert werden.

Dem baugleichen italienischen U-Boot UIT 23 (Reginaldo Giuliani) widerfuhr dasselbe Schicksal. Bei der Kapitulation Italiens lag das Boot noch in Singapur und wurde sofort von der Japanischen Marine konfisziert. Am 23.10.1943 erfolgte die Übergabe von den Japanern an die Deutsche Kriegsmarine. Die Mehrheit der italienischen Offizieren und der italienischen Mannschaften schlossen sich dem Deutsche Reich an und stellten einen Teil der Mannschaft. Die anderen wurden als Kriegsgefangene von den Japanern interniert.

UIT 24 machte nun unter deutschem Kommando Transport- und Feindfahrten für Deutschland in der Javasee. Das Boot führte auch noch zwei Transportfahrten nach Japan durch. Am 25. Mai 1944 legte UIT 24 mit 34 Tonnen Zinn und Wolfram, die zuvor in Penang/Malaya geladen wurden, in Singapur ab und kam am 8. Juni 1944 in der Mitsui Werft in Tama/Japan an. Danach erfolgte die Weiterfahrt nach Kobe/Japan, wo Nachschubgüter für die U-Boote im ‚Südraum‘ geladen wurden. Am 5. September 1944 trat UIT 24 die Rückreise nach Singapur an, wo es 14 Tage später eintraf. Nach verschiedenen Feindfahrten in der Javasee und im Pazifischen Ozean trat UIT 24 eine weitere Fahrt von Singapur nach Kobe/Japan an, wo es am 18. Februar 1945 eintraf. Hier blieb UIT 24 bis zur Kapitulation Deutschlands und wurde dann von der japanischen Marine in Dienst gestellt.

Bis heute spielt eine große Rolle, wer die Kontrolle über die Straße von Malakka besitzt, da Piraten aus Malaysia und Indonesien immer noch diesen Seeweg unsicher machen. Während der Präsidentschaft von Soekarno, des ersten Präsidenten Indonesiens, übte Indonesien diese Kontrolle aus. Dies erweckte immer wieder das Missfallen und den Ärger der Vereinigten Staaten von Amerika, da Soekarno und Admiral Martadinata, der damalige Befehlshaber der indonesischen Marine ALRI, den Schiffen der US-Marine auf dieser Seestraße keine unbehinderte und unangekündigte Passage zwischen dem Indischen Ozean und dem Pazifik gewähren wollten.

Nach dem Sturz von Präsident Soekarno im Jahre 1965 durch den USfreundlichen General Soeharto, der mit Hilfe der CIA an die Macht kam, fielen Admiral Martadinata und weitere leitende Marineoffiziere der ALRI in Ungnade. Martadinata kam 1966 bei einem mysteriösen Hubschrauberabsturz am Punjak-Pass in West-Java ums Leben.

Nach einer Vereinbarung mit einem internationalen Konsortium von 2006 soll der Hafen Sabang zu einem der größten Containerhäfen Asiens ausgebaut werden. Ob die verschlafene Insel Weh mit Sabang wohl wieder einen friedlichen Aufschwung erleben wird? Der einheimischen Bevölkerung wäre dies zu gönnen.

1 PNRI, Deutsche Wacht, 1922, Ausgabe Nr. 5

2 Pulo Bras liegt wenige Seemeilen westlich von Pulo Weh, heute Pulau Weh. Pulau Bras war während der niederländischen Kolonialzeit auch unter den Namen ‚Pulau Breueh‘ oder ‚Willemstoren‘ bekannt. Auf einer Bergspitze liegt der Leuchtturm, der mit seinem weit strahlenden Licht bis heute den nordwestlichen Eingang zur Straße von Malakka markiert. Pulau Bras ist kaum bewohnt.

3 Robert Genin, Die ferne Insel, S. 65ff)

4 Geerken, Der Ruf des Geckos, S. 407ff

5 Band 1 des Buches

6 Nach meinen Berechnungen waren es ‚nur‘ 132 Tage! Vielleicht schloss Kommandant Pich die Anreise nach Lorient in seine Berechnung mit ein.

7 Brennecke, Haie im Paradies, S. 49ff

8 Ibid.

9 Ibid.

10 Dr. Madan

11 Departement of the Navy – Naval Historical Center, Washington DC, Report SRH-19, S. 8

12 Water, The Royal New Zealand Navy, S. 359

13 Destins croisés entre l’Insulinde et la France, Archipel 54/1997, Jean Rocher: Mort à Sabang Henri Moreau: Le Port de Sabang, Paris 1926 www.ww2db.com/battle_spec.php?battle_id=196www.wikipedia.org/operation_cockpit

14 TELEFUNKEN-Zeitung, 2. Jahrgang, Nr. 12 und Privatarchiv Jürgen Graaff

15 siehe Kapitel 38, Operationen vor Australien und Neuseeland

16 TV Phoenix 05.06.2012, 20.15h, Unter kaiserlicher Flagge, Hellmuth von Mücke: Emden und Ayesha, Berlin 1915 Julius Lauterbach: 1000 Pfund Kopfpreis tot oder lebendig. Fluchtabenteuer des ehemaligen Prisenoffiziers S. M. S. „Emden“, Berlin 1917

17 Thomer, Unter Nippons Sonne, S. 185

29. Die Telefunken-Radaranlage Würzburg im fernen Asien

Das Interesse an der Funkmesstechnik war in Deutschland Anfang der 1930er Jahre noch gering. Erst 1934 begann die Entwicklung der ersten Geräte. Bei der Firma Telefunken begann die Entwicklung 1936, und das erste Mustergerät der Serie FuMG 65, allgemein als ‚Würzburg‘ bekannt, wurde im Sommer 1939 den deutschen Militärs vorgeführt. Nur gut ein Jahr später kam das Gerät zum Einsatz. Das von Telefunken eingesetzte MIT-Verfahren (Moving Target Indicator) brachte Deutschland eine deutliche Überlegenheit gegenüber den Geräten der Alliierten. Dieses von Professor Dr. Wilhelm T. Runge, dem Leiter der Radar-Entwicklung bei Telefunken, entwickelte MIT-Verfahren wird bis heute bei allen modernen Radargeräten eingesetzt.

Das Radargerät Würzburg war ein bodengestütztes Feuerleitradar, das seit 1940 bei der deutschen Luftwaffe und der Wehrmacht mit großem Erfolg verwendet wurde. Es war das erste Gerät, das nach dem Baukasten-Prinzip konstruiert war. Die einzelnen elektronischen Einheiten waren in getrennten Einschüben untergebracht, die bei einem Defekt auch von Laien ausgetauscht werden konnten.

Abb. 4 Erhaltene Radaranlage Würzburg in Douvres-la-Délirande, Frankreich

Mit dieser Radaranlage konnte man Schiffe bis zu einer Entfernung von 60 bis 80 Kilometern, Flugzeuge sogar bis zu 250 Kilometern weit orten. In Deutschland wurde es hauptsächlich eingesetzt, um mit einem Leitstrahl feindliche Flugzeuge zu erfassen und mit Hilfe der gewonnenen Daten die Flugabwehrkanonen zu steuern. Die Treffsicherheit wurde durch den Einsatz des Würzburg-Geräts einschneidend verbessert. Bis Kriegsende wurden rund 1.500 Würzburg-Geräte produziert. Es war das erste Impulsradargerät im Dezimeterwellen-Bereich und das modernste und leistungsstärkste Gerät jener Zeit. Eine Radaranlage wog knapp 20 Tonnen und der Durchmesser der Parabolspiegel-Antenne war bis zu 7,5 Metern. Dies zeigt, welche Gewichte und welche Dimensionen – selbst wenn der Parabolspiegel zerlegt war – in den Fracht-Unterseebooten transportiert werden konnten.

Japan war höchst interessiert, dieses effektive Gerät auch in Japan und im ‚Südraum‘ einzusetzen. Auf dem Radarsektor hatte Japan noch keine vergleichbaren Geräte. Ein Versuch, Ende 1942 eine Würzburg-Radaranlage mit dem ersten nach Europa gekommenen japanischen U-Boot I-30 nach Japan zu bringen, war aus Platzgründen gescheitert.

I-30 lief am 22. August 1942 mit Kapitän Endo von Lorient an der Westküste Frankreichs nach Japan aus. Zuvor musste das japanische Boot durch deutsche Techniker umgerüstet werden, um die großen Teile einer Würzburg-Anlage aufnehmen zu können. Gleichzeitig wurde der Rumpf des Bootes verstärkt und die extrem lauten Maschinengeräusche gedämmt. I-30, das als schwarzes Boot nach Lorient kam, wurde neu gestrichen und verließ Lorient nun in weiß.18

An Bord von I-30 waren auch der japanische Leiter des Nachbau-Projektes Würzburg, General Susuki und ein japanischer Radartechniker. Beide erhielten bei Telefunken eine Ausbildung für den Einsatz und Betrieb der Geräte.

Das Boot erreichte mit seiner Fracht auch sicher Singapur. Von hier aus sollte die Fahrt nach Japan weitergehen. Beim Auslaufen von I-30 aus dem Hafen von Singapur lief das Boot am 13. Oktober 1942 auf eine britische Mine und sank. 96 Personen überlebten, 16 wurden getötet. Ob die beiden Radarspezialisten überlebten, konnte nicht geklärt werden. Die Radaranlage war jedoch zerstört.

Nach diesem Verlust wurde der Beschluss gefasst, die Würzburg-Anlage in Japan nachzubauen. Teile, die in Japan nicht verfügbar waren, sollten aus Deutschland geliefert werden. Durch die Dringlichkeit, diese Radaranlagen im ‚Südraum‘ und in Japan in Betrieb zu nehmen, wurden jedoch noch