Hola Lebensfreude - Thomas Wolfgang Nordmeier - E-Book

Hola Lebensfreude E-Book

Thomas Wolfgang Nordmeier

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Beschreibung

Hola Lebensfreude“ ist ein Buch im Buch. Der Autor teilt in diesem Buch nicht nur die aufregenden, humorvollen und spannenden Erlebnisse seines Aufenthalts in einem fremden Land mit, sondern er gewährt darin auch Einblicke in eine ganz besondere Lebensphilosophie. Eine, die wir in unserer zivilisierten Welt schon lange vergessen haben. Neben den Erzählungen über das Leben in der Dominkanische Republik gewährt uns der Autor zudem einen Blick in seine eigenen Gedanken. „Hola Lebensfreude“ war ursprünglich ein persönliches Tagebuch des Autors Thomas Wolfgang Nordmeier, das er während eines langen Arbeitsaufenthaltes in der Dominkanischen Republik geschrieben hat. Unerwartet fielen ihm diese längst vergessen und neunzehn Jahre alten Aufzeichnungen wieder in die Hände. „Ich selbst habe es mit großem Genuss wieder gelesen und daraufhin entschieden, dass ich diese Geschichten teilen muss. Es ist jedoch nicht nur die Geschichte selbst, die ich den Menschen geben möchte. Es sind vor allem die großen und kleinen Erkenntnisse, die ich in dieser Lebensphase gewonnen habe. Heute sind mir diese noch viel klarer und beweisen sich als äußerst hilfreich in meinem täglichen Leben. Um sich besser zu fühlen brauchen wir nicht immer den Besuch eines Lebensfreude-Seminars. Oft reicht schon das bewusste Erinnern an gute Erlebnisse vollkommen aus, um wieder Freude am Leben zu finden. Was nicht heißt, dass ich Lebensfreude-Seminare ablehne.“ Sagt der charmante Autor lächelnd.

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Inhaltsverzeichnis

Drachenreiter

„Ich war einmal in einem fernen Land!“

Frühjahr 1997

Ein neues Leben in einer fremden Welt

Die Schwierigkeit der Anpassung

Dominikanischer Alltag

Das ganze Leben ist Urlaub

Rubio, mein dominikanischer Freund

Dominikanische Betriebswirtschaftslehre

Segeln und Sterben

Früchte des Meeres

Wahlkampf auf Dominikanisch

Muchas Felicidades, Robinson

Yobanca, eine besondere Frau

Rudi, mein isländischer Freund

Die Staatsmacht wird aktiv

Die andere Sicht der Dinge

Der Weg ist das Ziel!

Die wundersame Heilung

Ein ganz normaler Arbeitstag

Bartwuchs und andere Probleme

Ein aufrichtiger Mensch

Adiós Republica Dominicana

Hola Lebensfreude!

Drachenreiter

Es war wieder eine dieser Nächte wie ich sie in den letzten Monaten immer wieder durchlebte. Stundenlang hatten mich wirre Gedanken gehetzt und vom Schlaf abgehalten.

Gedanken geprägt von Ausweglosigkeit, Ratlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Ohne nur im Ansatz eine Idee zu haben wie mein Leben weiter gehen sollte trieb mich auch an diesem Morgen diese zermürbende Schlaflosigkeit viel zu früh aus dem Bett.

Wenig später stand ich mit einer Tasse Kaffee in der Hand reglos und starr in meinem Wohnzimmer. Mein müder Blick glitt über den Garten. Dicke graue Wolken zogen sich am Himmel zusammen. Die sonst so strahlenden Farben des blühenden Gartens waren blass. Weit und breit keine Sonne. Der aufkommende Wind bewegte die Sträucher erst sacht, dann stärker. Schon erreichten die ersten Spritzer das große Glasfenster hinter dem ich stand. Die Tropfen wurden größer und rannen bald in kleinen Bächen am Glas nach unten. Regen. Wieder einmal begrüßte mich der erwachende Tag mit Regen. Es war zu kalt und zu dunkel für einen Tag im Mai. Fröstelnd zog ein kalter Schauer über meinen Rücken. Ich wollte diesen, mir Trübsal bereitenden Anblick nicht mehr sehen. Er verstärkte nur mein ohnehin ungutes Gefühl das mir in letzter Zeit diesen ständigen Kopfschmerz bereitete. Die letzten Monate waren anders verlaufen als ich sie mir vorgestellt hatte. Das Leben stellt uns zuweilen vor große Herausforderungen. Oft scheinen uns die Hürden zu groß als dass wir sie zu meistern in der Lage wären. Wir brechen zusammen unter dem Druck und der Last der Hilflosigkeit. Dazu kommt dass wir Menschen in den vermeintlichen Situationen von Hoffnungslosigkeit, Elend und Traurigkeit obendrein noch beginnen zur Vergesslichkeit zu neigen. Wir vergessen, dass es uns selbst obliegt wie wir mit derlei leidvollen Situationen umgehen.

Dabei sind wir Menschen doch in der Lage unsere eigenen Gedanken zu kreieren und damit unsere eigene Realität zu schaffen. Wenn wir uns schlecht fühlen wollen werden wir das tun. Ebenso können wir uns gut fühlen wenn wir es möchten. Wir müssen nur lang und intensiv genug an diesen Gedanken arbeiten. Egal ob unsere Gedanken positiv oder negativ ausfallen, wir entscheiden es selbst. Nur müssen wir uns diese Gabe immer und immer wieder bewusst machen. Müssen unsere Gedanken ebenso trainieren wie unsere Muskeln.

Trotz der misslichen Lage, trotz der bescheidenen Situation, trotz des schlechten Wetters war ich an diesem Maitag des Jahres 2016 fest entschlossen exakt dies zu tun.

Um die Dinge in eine andere und besser anfühlende Richtung zu lenken benötige ich für meinen Teil stets radikale Taten. Das hat schon immer funktioniert. Warum sollte es diesmal anders sein. Nein! Ich ließ keinen anderen Gedanken zu. Wieder einmal war ich in meinem Leben an einem Punkt angelangt an dem es mir sinnvoll erschien einen radikalen Schnitt zu machen. Trübsal blasen und meine negativen Schwingungen damit weiter zu füttern, dass wollte ich nicht. Ich musste positive Akzente setzen. Daher hatte ich nun die feste Absicht mein Leben zu entrümpeln und begann damit, mich von Dingen zu verbschieden die ich nicht mehr brauchte.

Den halben Tag verbrachte ich nun schon damit, mein Haus auf den Kopf zu stellen um etwas zu finden von dem ich mich trennen konnte. Symbolisch sollte es sein und dazu dienen mir diesen Schnitt leichter fallen zu lassen. Dazu hielt ich es für durchaus klug und sinnvoll, den ganzen von Erinnerungen behafteten Kram auf den Müll zu werfen. Wirr kreiste mein Blick durch den Raum. Hin und her, hoch und runter. Er fiel auf den uralten und zudem noch kaputten Kassettenrekorder. Ich dachte daran wie oft mich dieses Ding genervt hatte. Unzählige Male hatten sich die kleinen schmalen Tonbandstreifen im Inneren des Gerätes verfangen. Ebenso oft angelte ich dann mühselig die zerknitterten Knäule aus dem Gerät.

„Du wirst mich nicht mehr ärgern!“ Sprach ich zu der maroden Plastikkiste und warf es in einen Karton. Weg damit! Der nächste Blick erhaschte eine kitschige Skulptur. Ich habe nie verstanden was dieses Ding bedeuten sollte. Ein hässliches braunes Etwas aus Kunststoff.

Eine Art von Drachen mit einer darauf sitzenden menschenähnlichen Figur.

Ein Drachenreiter.

Vielleicht? Ich versuchte mich zu erinnern von wem ich dieses Ding geschenkt bekommen hatte. Ständig schenken Menschen zu allen möglichen Anlässen Dinge die Keiner braucht. Warum tun wir Menschen das? Wir schenken und werden beschenkt. Zumeist ist es für beiden Seiten mehr Belastung als Freude. Ich fand eine Unmenge an kaputten Netzsteckern, Kabeln und anderen Elektromüll. Mit der Zeit füllte sich eine Kiste nach der anderen mit unnützen, nicht mehr benötigten Dingen.

Was sollte ich mit diesem uralten Briefmarkenalbum? Meine Eltern hatten es mir geschenkt als ich noch ein Kind war. Sie wollten damit wohl die Leidenschaft in mir wecken, Ordnung und Vollständigkeit als Maxime für mein Leben zu stärken. Nur ganze gesammelte Markensätze waren unter Sammlern erstrebenswert.

Wir tauschten untereinander Marken die wir doppelt besaßen, gegen Marken die uns noch fehlten. Hatten wir einen Satz komplett und vollständig stellte sich Freude ein. Bei dem einen mehr und bei dem anderen weniger. Ich gehörte wohl zur zweiten Gruppe. Als ich nun dieses blaue, in billiges Kunstleder gebunden Buch in meiner Hand hielt, drängten sich mir hastig Kindheitserinnerungen an lange Wartezeiten in der städtischen Poststelle in mein Hirn. Oft von dramatischen Szenen gezeichnet spielten sich dort wahre Kämpfe unter den Philatelisten ab. Auf Grund der zumeist limitiert herausgegeben Marken war es bekannt, dass nicht jeder der Wartenden das heißbegehrte und soeben neu erschienene Exemplar bekam.

Mit einem lässigen Schwung aus dem Handgelenk schleuderte ich das Album in eine weitere Kiste und löschte damit die Erinnerung an sinnlos vertrödelte Stunden in langen Warteschlangen der alten Poststelle aus.

Zufrieden darüber dass sich Kiste um Kiste füllte, legte sich freudige Entspannung auf mein Gesicht. Das Regal in welchem sich zahlreiche Ordner befanden sollte das nächste Ziel meiner Entsorgungsleidenschaft werden. Flüchtig huschte mein Blick über die Beschriftungen der wahllos nebeneinander stehenden Ordnerrücken.

Ich entsorgte einen Ordner mit Garantieunterlagen und Bedienungsanleitungen von Elektrogeräten, die ich schon längst nicht mehr besaß. Dem folgten einige weitere Ordner mit Geschäfts- und Bankunterlagen, die schon älter als fünfzehn Jahre waren. Als ich auf einem der Ordnerrücken den kritzeligen handschriftlichen Vermerk „Dom. Rep. 1997“ entziffern konnte stutze ich ein Wenig.

Von einer aufkommenden Neugier getrieben griff ich instinktiv nach jenem Ordner. Ich zog ihn aus dem Regal, befreite ihn vom Staub der Jahre und schlug ihn ehrfürchtig auf. Auf der ersten Seite las ich den wohl damals von mir festgelegten Titel nebst Erklärung.

„Ich war einmal in einem fernen Land!“

Erlebnisse und Geschichten aus und über die Dominikanische Republik.

Erlebt und niedergeschrieben von Thomas Wolfgang Nordmeier.

Nun stellte sich Vorfreude und Spannung auf den Inhalt der Aufzeichnungen ein. Ein freudiges Lächeln legte sich auf mein Gesicht. Meine Gedanken versanken in den Aufzeichnungen, die ich vor nunmehr neunzehn Jahren während einer langen Reise in dieses wunderbare Land gemacht hatte. Plötzlich liefen traumhafte Erlebnisse in meinem Kopfkino ab. Nein! Diese Erinnerungen an jene schöne Zeit wollte ich keinesfalls im Müll entsorgen.

Langsam begann ich Zeile um Zeile zu lesen. Voller Erwartung verschlang ich die Seiten.

Frühjahr 1997

Fünf Jahrhunderte sind inzwischen vergangen, seit der erste europäische Reisende diese Insel betrat und sie im Namen der spanischen Krone in Besitz nahm. Christopher Kolumbus, der damals den kürzesten Seeweg nach Indien suchte, landete auf einer seiner Reisen, eher versehentlich auf dieser herrlichen Insel.

Doch wie schon erwähnt lag diese Reise nun schon über ein halbes Jahrtausend zurück und ist außerdem, zumeist hinlänglich bekannt.

Heute, Ende des zwanzigsten Jahrhunderts sind die Mythen von den sagenhaften Goldschätzen welche den Grund dafür lieferten dass die Spanier hier anlandeten tot. Und doch sind auch heute noch die Erwartungen vieler Reisender mit falschen Bildern und exotischen Vorstellungen behaftet. Unterstützt durch das Bestreben der Touristikindustrie, nach dem Erschließen neuer Märkte, wurde nun auch die Dominikanische Republik in den letzten Jahren mehr und mehr zu einer touristischen Ferienhochburg entwickelt.

Mit dem Drang möglichst viele Menschen durch das Versprechen von gängigen Klischees ins Paradies zu locken bedient man sich auf Hochglanzprospekten nur weniger Argumente. Sonne, Strand, Palmen und Meer, sollen als Kaufargumente für die interessierten und Reisewilligen reichen und dürfen somit in der Kundenansprache auch nicht fehlen. Scheinbar reichen damals diese wenigen Worte auch aus um den erholungssuchenden Europäer von den Vorzügen des Urlaubs in einem Land der dritten Welt zu überzeugen. Ist der unwissende Tourist erst einmal hier zieht ihn die Kulisse überwältigender Naturschönheiten in seinen Bann. Ähnlich einem Schlag ins Gesicht wird ihn die harte Realität von Armut und Rückständigkeit umwerfen. Mit seiner harten Währung in der Tasche wird er mit einer Welt konfrontiert, die von der Mitteleuropäischen sehr weit entfernt ist. Um ihm die Einblicke in die Not der Bevölkerung weitestgehend vom Leibe zu halten und damit er den ungestörten Urlaub entsprechend der Prospektversprechen genießen kann bedient man sich hier einer einfachen Lösung. Man erspart ihm die Konfrontation mit der wirklichen Realität und bringt ihn in großen Hotelanlagen unter. Diese allerdings haben mit dem wahren Leben dieses Landes nichts gemein. Somit kommt es, dass über neunzig Prozent aller Touristen die dieses Land besuchen aus der Spezies der Pauschaltouristen besteht.

Also jene Gattung Menschen, die ihren Urlaub in einem Paket gebucht haben. Vom Flug über den Transfer zum Hotel und der Unterbringung in Selbigem bis zum Rückflug in die Heimat ist alles im Voraus arrangiert und bezahlt. Selbst Speisen und Getränke, ja sogar die Unterhaltung als probates Mittel gegen Langeweile sind im Preis inbegriffen. Das erste was er bei Ankunft in seiner „bewachten“ Hotelanlage erklärt bekommt, ist dass es besser sei Selbige nicht zu verlassen. Sollte der Wunsch dennoch bestehen bietet das Hotel und seine angeschlossenen Veranstalter, selbstverständlich gut organisierte Ausflüge an. Was wiederum zum Vorteil hat dass sich der Urlauber auch hier um Nichts kümmern muss. Da diese Ausflüge zumeist noch völlig überteuert sind bringt es den Hotels entsprechend satte Gewinne ein. Natürlich bestärken die Veranstalter den Touristen noch in seiner Entscheidung diese Ausflüge zu buchen. Durch das Erzählen entsprechender, haarsträubender Erlebnisberichte über Land und Leute, bringt man den Unwissenden dort hin wo man ihn haben will. Man appelliert an sein Sicherheitsdenken, sagt ihm dass es gefährlich sei die Clubanlagen zu verlassen und auf eigene Faust Erkundungen ins Land zu unternehmen. Tatsächlich fallen fünfundneunzig von einhundert Urlaubern auf diese Lügen herein und beachten diese falschen Hinweise der Reiseveranstalter.

Bricht man jedoch zu einer Reise mit einer verstehen wollenden Neugier auf, mit der Bereitschaft, Kultur und Menschen zu respektieren und zu achten, dann wird es eine wundervolle Reise werden. Die karibische Realität wird dann nicht lähmend und entnervend über einen hereinbrechen. Vielmehr wird das herrliche Wirrwarr welches zugleich auch bestürzend wirkt, eine Faszination ausüben die den Aufenthalt zu einem eindrücklichen und nachhaltigen Erlebnis macht. Nicht selten entsteht nach einer derartigen Erkundung der Insel der Wunsch, dieses herrliche Land später wieder zu besuchen.

Viele der heute hier inzwischen sesshaft gewordenen Europäer machten ihre erste Bekanntschaft mit dem Land ebenfalls als Urlauber. Auch sie unterlagen irgendwann der Faszination dieser Insel. Inzwischen spricht man von einigen tausend Menschen die ihren ständigen Wohnsitz von Europa aus auf dieses Eiland verlagert haben und die Tendenz ist weiter steigend. Es muss also etwas geben was es in Europa nicht gibt. Wie wäre der Wunsch dieser Menschen hier zu leben sonst zu erklären? Was ist es das die Menschen anzieht, wie die Motten das Licht?

Fünfhundert Jahre nach Kolumbus schicke ich mich nun an auf dieses Rätsel eine Antwort zu finden und beginne meine Reise im März 1997 auf einem der internationalen Airports der Dominikanischen Republik. Im Gegensatz zu den anderen Passagieren des Fluges habe ich kein gültiges Rückflugticket in der Tasche. Ich weiß nur bedingt was mich hier erwarten wird und habe keine Ahnung wann ich wieder zurückfliegen werde. Mir steht eine Reise in die Ungewissheit bevor. Vielleicht bin ich gerade deshalb voller neugieriger Erwartung.

Ein neues Leben in einer fremden Welt

Das bisher gewohnte mitteleuropäische Klima kann ich von nun an vergessen. Wie oft habe ich mich in den letzten Jahren nach Wärme und Sonne gesehnt? Selbst die Sommer in Deutschland waren teilweise zum fürchten. Für eine unbestimmte Zeit sollte dies aber nun nicht mehr der Fall sein.

Ich stand auf dem Vorplatz des Airports und betrachtete voller Begeisterung den karibischen Himmel. Er strahlte in einem Blau als ob er mir herzlich Willkommen sagen wollte. So weit mein Blick reichte konnte ich keine Wolke entdecken. Die Luft war tropisch feucht und ich merkte wie die erste Schweißperle auf meinem Rücken abwärts rann.

Ein lautes durcheinander klingendes Stimmengewirr machte sich um mich herum breit. Worte und Satzfragmente die ich nicht verstand, hämmerten in meine Ohren. Ein ziemlich muskulöser, männlicher Inselbewohner dessen Hautfarbe dem Schwarz des Asphalts glich, baute sich plötzlich vor mir auf und zerrte an meinem Koffer. Dabei sprach er derartig schnell, dass es fast wie ein Trommelwirbel klang. Im Handumdrehen hatte er mir den Koffer aus der Hand gerissen und bewegte sich samt meiner Habe mit eiligem Schritt von mir fort. Panik, war die logische Folge die sich bei mir durch einen deutlichen Anstieg meines Adrenalinspiegels zeigte. Nun waren es schon mehrere Schweißperlen die mir von der Stirn übers Gesicht rannen. Mit schnellen Schritten folgte ich dem vermeintlichen Dieb in Richtung eines bereitstehenden Taxis. Kaum hatte ich ihn erreicht, verschwand mein Koffer zwischen einem alten Benzinkanister und einer Menge Unrat im Kofferraum eines der zahlreich herumstehenden Wagen.

Nun fiel auch noch der Fahrer des Taxis in einem für mich unverständlichen Redeschwall über mich her. Die beiden Kerle begannen mich zu amüsieren.

Sie sprachen ohne Unterlass und ich verstand kein Wort. Ich hatte auch keine Ahnung woher sie wussten, dass ich ein Taxi brauchte? In jenem Fall lagen sie mit ihrer Vermutung aber vollkommen richtig. Ich gab mich geschlagen und ging nicht näher auf das Palaver der Beiden ein. Kurz entschlossen schwang ich mich auf den Beifahrersitz des Gefährts und harrte der Abfahrt. Doch diese sollte sich noch etwas verzögern. Mein Kofferboy stand neben der Tür des Wagens und hinderte mich so daran Selbige zu schließen. Er hielt die Hand auf, streckte sie mir vor die Nase und rieb Daumen und Zeigefinger gegeneinander. Diese Geste war selbst mir verständlich.

Ich wühlte in meiner Hosentasche, bis ich zu meinem Leidwesen eine zehn Dollar Note herauszog. Mir persönlich schienen zehn US-Dollar Trinkgeld für einen zwanzig Meter langen oder besser kurzen Koffertransport etwas zu hoch. Leider konnte sich mein Träger dieser Meinung wohl nicht anschließen. Denn bevor ich mich versah verschwand dieser samt der Dollar Note in der bunten Menge.

Mein Chauffeur hatte es sich inzwischen auf seinem Arbeitsplatz bequem gemacht und quittierte diesen Vorgang mit einem Lächeln.

„Du hast gut lachen. Es waren ja nicht deine zehn Dollar!“ Sagte ich zu ihm. Obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass er mich ohnehin nicht verstehen konnte. Was nun folgte war Konversation meinerseits in englischer Sprache die er nicht verstand und seinerseits auf Spanisch, das ich nicht verstand. Wir unterhielten uns also prächtig und würden während der Fahrt viel Spaß miteinander haben.

Um ihm mein Fahrziel verständlich zu machen, sagte ich -Samana-! Daraufhin entnahm ich seinem Mund ein leichtes Stöhnen.

Klar. Dachte ich. Ein typisches Anzeichen um den Preis hochzutreiben. Er nahm einen Zettel und einen Stift und malte eine Eins und zweimal die Null dahinter. Danach folgte das bekannte Symbol welches mir sagen sollte, dass es US-Dollar wären die er für diesen Transfer begehrte. Es handelte sich immerhin um eine Strecke von zweihundertfünfzig Kilometer. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache erklärte ich mich mit seinem Vorschlag einverstanden und nickte kommentarlos.

Die Fahrt konnte also beginnen. Nur leider tat sie es nicht. Da auch nach mehreren vergeblichen Versuchen der Motor des Wagens nicht startete. Nach einem Blick unter die Motorhaube, hätte mich alles Andere auch gewundert. Während mein Chauffeur sein unrasiertes Kinn kratzte, hatte ich für diesen Anblick nur ein müdes Lächeln übrig. Was sich meinem Blick offenbarte, waren Kabel die über keinerlei Isolation verfügten sowie schätzungsweise vier bis fünf Rollen verklebtes Isolierband. Dieses hatte die Aufgabe von Schweißnähten übernommen und verband jetzt diverse Motor- und Karosserieteile miteinander. Dieses technische Spektakel des Motorraumes war umgeben von einer beindruckenden Rostschicht. Für mich war der Fall klar. Das Ding ist reif für den Sperrmüll. Gerade wollte ich mich nach einem verlässlicher aussehenden Gefährt umschauen als plötzlich und unerwartet der Motor mit einem lauten Knall und umhüllt von einer qualmenden Wolke ansprang. Auf meinen erstaunten Blick folgte eine abtuende Geste des Fahrers und die Worte: „No Problemo!“

Da war sie nun, die am häufigsten gebrauchte Wortkombination des karibischen Inselstaates. „Kein Problem!“ Häufiger als mir lieb war sollte ich von nun an diese Worte hören.

Mittlerweile rann der Schweiß in Strömen über meinen gesamten Körper. Ähnlich wie nasse Lappen klebten meine Kleider an mir. Ein Zustand der meine erste Frage an den Fahrer folgen ließ.

„Aircondition?“ Sagte ich beklommen und schaute ihn dabei skeptisch und zugleich fragend an. Er setzte ein breites Grinsen auf und antwortete: „Si, Si Senor!“ Danach drehte er an der Kurbel seines Fensterhebers und ließ dann das übliche „No Problemo!“ folgen. So einfach waren die Dinge hier also.

„Was frag ich auch blöd!“ Haderte ich mit mir selbst und tat es dem Fahrer gleich in dem ich ebenfalls die Kurbel meines Fensterhebers bediente. Der Fahrtwind der daraufhin in den Wagen strömte hatte allerdings keine kühlende Wirkung und es wunderte mich nicht sonderlich. Denn es war mittags 13.00 Uhr und ich schätzte die Außentemperatur auf etwa 32 Grad Celsius. Lediglich der Geräuschpegel im Wageninnern wurde durch den Wind deutlich lauter. Was meinen Chauffeur dazu veranlasste den Lautstärkeregler des Radios bis zum Anschlag aufzudrehen. Es drängte sich ein Rhythmus in meine Ohren der mich von nun an allgegenwärtig begleiten sollte.

Merengue!

Der Beat der Dominikaner schlechthin! Egal wo man geht oder steht, Merengue ist in diesem Land allgegenwärtig. Es gibt keine Chance sich diesem Rhythmus zu entziehen. Es sei denn man ist taub.

So war es nicht verwunderlich, dass auch mein Fahrer ein ausgesprochener Fan dieser Musikrichtung war. Während der Fahrt konnte ich mehrfach beobachten, wie er den Kanal wechselte, sobald dieser Rhythmus verstummte.

Die ohrenbetäubende Lautstärke der fremden Musik, vermischt mit dem heißen Fahrtwind und dem ungewohnten Duft der mir von draußen in die Nase stieg verliehen mir das Gefühl der Fremde. Ja, ich war weit weg von alledem was mir bisher vertraut war. Ich war in einer anderen Welt!

Die Fahrt führte uns durch Dörfer, die stets durch wirr angeordnete Wellblech- oder Holzhütten geprägt waren, die in schrillen bunten Farben in der Sonne glänzten. Immer neue Facetten eröffneten sich mir. Ein Füllhorn unglaublicher Eindrücke strömte auf mich ein. Überall wo neben der Straße ein paar Hütten errichtet waren sah ich Ansammlungen von Menschen. Kleine Kinder spielten teilweise so nah am Straßenrand dass ich Sorge um deren Gesundheit hatte. Uns begegneten Pferdekarren, Mopeds und Motorräder aber auch Kleintransporter die alle samt eins gemeinsam hatten, sie waren hoffnungslos mit Menschen überfüllt. Dazu drangen aus ihrem Inneren stets die lautstarken Merengueklänge. Beim Betrachten der anderen Fahrzeuge wurde mir schnell klar dass ich mit meinem Taxi einen echten Glücksgriff gemacht hatte. Es verfügte über eine geschlossene und lediglich mit einem kleinen Loch versehene Windschutzscheibe. So etwas sah ich bei den anderen Fahrzeugen die uns begegneten nur äußerst selten. Außerdem schlossen alle Türen ziemlich fest und auch sonst schienen alle wichtigen Teile die ein Fahrzeug nach unseren Vorstellungen besitzen sollte vorhanden zu sein. Anfänglich stellte ich ein Klappern fest, dessen Herkunft ich nicht zuordnen konnte, doch die laute Musik übertönte auch dies und mit der Zeit überhörte ich dieses störende Geräusch.

Abgesehen von den gelegentlichen Ansammlungen von Hütten zeichnete sich der größte Teil der Strecke durch Einsamkeit und Menschenleere aus. Palmen, so weit mein Blick reichte säumten rechtsseitig die Straße. Seit einer halben Stunde sah ich beim Blick aus dem Fenster auf der linken Seite das endlos blaue Meer in dessen Wellen sich die Sonne tausendfach spiegelte. Ein nicht enden wollender und von Palmen gesäumter Strand, wie er in jedem Karibikreiseprospekt zum Traumurlaub animieren sollte bot sich mir dar.

Nur war es für mich kein Traum. Es war meine wunderschöne Realität. Nach einer langen Phase des Schweigens riss mich der Taxifahrer aus meinen Tagträumen. Natürlich verstand ich ihn immer noch nicht. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl als ob er mich fragen wollte ob ich Durst hätte. Natürlich hatte ich Durst und bestätigte meinen Wunsch wiederum durch ein Nicken. Kurz darauf stoppte er den Wagen an einer Holzhütte, die plötzlich aus dem Nichts auftauchte. Ein in seinen Farben etwas verblichenes Werbeschild auf dem ich eine Cola Werbung deutete, ließ mich vermuten dass es sich um eine Art Kiosk handelte. Ein Blick in die Hütte bestätigte meine Vermutung. An der Rückseite befand sich ein schiefes Holzgestell auf dem völlig verstaubte Flaschen standen, deren Inhalt mir unklar war.

Vom Strand her näherte sich mit gemächlichem Schritt ein älterer Mann. Ich vermutete in ihm den Betreiber dieser Raststätte. Während der Alte im Dunkeln der Hütte kramte wechselten die Beiden freundlich ein paar Worte. Mein Taxifahrer reichte mir eine grünliche Flasche. Ich schätze deren Inhalt auf einen knappen Liter Flüssigkeit. Auf dem Etikett las ich „Presidente“ und „Cerveza“. Auf das fragende „o.k.“ des Fahrers antwortete ich mit einem klaren „Si!“ Wir prosteten uns zu und nahmen jeder einen kräftigen Schluck. Der Inhalt der Flasche entpuppte sich als Bier.

Es war eine sehr kräftige und zudem eiskalte Erfrischung. Bis dahin hatte ich noch nie ein so kaltes Bier getrunken und das stimmte mich im Hinblick auf meinen Magen ein wenig bange. Mein Fahrer schien die Temperatur des Bieres gewohnt zu sein. In wenigen Minuten hatte er den stolzen Inhalt der Flasche geleert. Ein Blick auf meine Flasche, welche immer noch halb voll war ließ ihn wohl zu der Entscheidung kommen noch eine Weitere zu bestellen. Ich wunderte mich schon ein wenig über die Trinkfreude des Burschen. Schließlich war er ja mein Chauffeur. Minuten später saßen wir beide wieder im Auto. Ich war fünf Dollar ärmer und fühlte mich schläfrig. Im ersten Moment schob ich es auf den hinter mir liegenden zehn Stunden Flug und die Hitze des Tages. Doch bei genauerem überlegen stellte ich fest, das wohl das Bier Schuld an meiner Müdigkeit sein musste. Wie würde es da erst dem Fahrer gehen, fragte ich mich besorgt. Ein kurzer Blick in sein Gesicht ließ mich diesen Gedanken jedoch schnell vergessen. Er trommelte nach dem Takt der Musik mit den Fingern auf dem Lenkrad und vermittelte mir so den Eindruck hellwach zu sein.

Im Gegensatz zu dem was ich bisher gesehen hatte schien sich Samana als ein mit Leben erfülltes Städtchen zu entpuppen. So jedenfalls war mein erster Eindruck als wir mit dem Taxi auf einer ziemlich breiten, zweispurigen Straße in Richtung Hafen fuhren. Irgendwo dort an der Pier, sollte also mein neuer Arbeitsplatz im Hafenbecken schwimmen! Je weiter wir uns dem Hafen näherten umso dichter wurde das Menschengedränge. Einheimische vermischten sich mit einer Menge Touristen zu einem bunten Völkchen. Busfahrer und Reiseleiter waren bemüht ihre Gäste im richtigen Bus zu platzieren. Händler und Straßenjungen versuchten derweil ihre Waren anzubieten. Eine dicke Frau trug eine überdimensionale Schüssel, gefüllt mit Orangen auf dem Kopf. Junge Burschen stellten am Straßenrand sitzend Hüte aus Palmenblättern her. Männer schraubten an ihren Fischerbooten und zu alledem drang aus einer Cafeteria der unverwechselbare Merenguerhythmus über die kleine Hafenanlage. Dieses vermischte Durcheinander ergab eine herzerfrischende und zugleich typisch karibische Hafenstadtkulisse die mir sofort ein angenehmes und wohliges Gefühl einflößte.

Mein Taxifahrer parkte am Straßenrand. Ich zahlte den vereinbarten Preis und quälte mich anschließend aus den schweißgetränkten Polstern des Wagens.

Da stand ich nun angekommen in meiner neuen Welt und wusste nicht so recht wonach ich suchen sollte oder gar wohin ich nun gehen sollte. Doch auch diese Unsicherheit brachte eine neue Erkenntnis mit sich. Die da lautete. „Es regelt sich sowieso alles von selbst!“ Auch in diesem Fall!

Wieder war es ein dunkelhäutiger Einheimischer der mir meine Frage nach dem wohin beantwortete, indem er mir ebenfalls den Koffer aus der Hand riss. Auch in diesem Fall nahm ich die Verfolgung auf. Allerdings führte sein Weg nicht zu einem Taxi. Das wäre ja auch falsch gewesen. Vielmehr eilte er samt meiner Habe auf kürzestem Weg in die Cafeteria aus der erbarmungslos laut dieser Merenguetakt hämmerte.

In der Bar angekommen stellte er den Koffer ab und es folgte die typische Handbewegung die mir schon vom Flughafen her bekannt war. Doch diesmal war ich schlauer und bereits auf die Situation vorbereitet. Ich hatte mir schon eine „Ein Dollarnote“ zurechtgelegt und drückte diese meinem Kofferträger in die Hand. Sein darauf folgender Blick auf die Banknote schien allerdings etwas verwirrt. Ich zauderte darum nicht lange und packte ihm großzügig noch einen zweiten Dollarschein darauf und gestikulierte ihm sich zu schleichen, was er auch prompt beherzigte.

Ein Blick in die Runde zeigte mir, dass man hier keine größere Notiz von meiner Ankunft nahm. Die meist einheimischen Barbesucher waren in lautem Palaver offensichtlich damit beschäftigt, die Geschehnisse des Tages auszutauschen. So jedenfalls deutete ich die Konservation in dieser Kneipe.

Mein suchender Blick durch die gastronomische Einrichtung fiel auf eine Gruppe von drei Männern die an der Theke standen. Die Haut der drei war von der Sonne gegerbt und glich fast der Hautfarbe der Einheimischen. Dennoch schloss ich aus dass es sich um Dominikaner handeln könnte. Zudem war mir als ob ich durch das laute Stimmengewirr, ab und zu mir bekannte Worte erkannte.

„Sollten das tatsächlich Deutsche sein?“ Fragte ich mich und versuchte intensiver dem Inhalt ihres Gespräches zu lauschen. Da mir dies nicht gelang, beschloss ich einen Platz in deren Nähe einzunehmen und schob mich auf einen der wackeligen Barhocker. Voller Freude stellte ich fest, dass ich mich nicht geirrt hatte. Es waren in der Tat mir wohlbekannte Laute die an mein Ohr drangen. Lediglich der gesprochene Dialekt schien mir etwas fremd.

Mein Durst war gewaltig! Ich bestellte ein Bier und überlegte ob ich sie vielleicht nach meinem Schiff fragen sollte. Ich hatte zwar vorher einige Fotos gesehen und auch der Name war mir bekannt. Nur konnte ich seit meiner Ankunft kein Schiff im Hafen ausmachen auf das diese Beschreibung gepasst hätte. Gerade nahm ich einen kräftigen Schluck aus meiner Flasche, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte.

„Bist du Thomas?“ Fragte einer der drei Männer neben mir. Verdutzt wischte ich mir mit dem Handrücken über den Mund und antwortete erleichtert mit „Ja!“

„Freut mich, ich bin Norbert!“ stellte sich mein Gegenüber vor.

Nach einem kurzen Gespräch wusste ich dass Norbert aus Österreich stammte und schon seit sieben Jahren auf der Insel lebte. Außerdem war er der Manager jenes Schiffes, welches ich hier zu finden hoffte.

Die dominikanische Fügung hatte mich schon wieder ereilt. Wieder einmal hatten sich die Dinge von selbst geklärt. In dem weiteren Gespräch klärte sich dann auch noch der Verbleib des Schiffes auf und ich wurde den beiden anderen Deutschen vorgestellt. Sie arbeiteten ebenfalls für die Company der das Schiff gehörte, was von nun an auch mein Arbeitsplatz werden sollte. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile in dieser kleinen Bar und stellten fest, dass wir wohl ganz gut miteinander auskommen würden. Wir tranken auf eine gute gemeinsame Zeit, bevor wir wenig später das Lokal verließen.

„Sprichst wohl kein Spanisch?“ Fragte mich Norbert während wir zu unserer Unterkunft fuhren. Als ich ihm seine Vermutung bestätigte, antwortete er trocken aber mit ernster Stimme.

„Am Besten wir suchen dir gleich heute noch eine Frau dann lernst du es im Handumdrehen!“

Mir verschlug es wohl kurzzeitig die Sprache, so plötzlich und unerwartet hatte mich sein wohlwollendes Angebot getroffen. Noch bevor ich antworten konnte, wir waren inzwischen angekommen, platzte er mit seinem nächsten Vorschlag heraus.

„Zieh dir deine stinkenden Klamotten aus und nimm ne´ Dusche. Wir fahren in einer halben Stunde!“ Und schon verschwand er hinter der Tür seines Apartments.

„Ich glaube, ich muss da mal was klarstellen...“ Begann ich Norbert zu erklären. „... ich hab in Deutschland eine Frau und zwei Töchter. Dein Angebot, mir eine Frau zu suchen um der spanischen Sprache mächtig zu werden klingt verlockend aber ich werde es nicht annehmen. Ich hoffe du verstehst das!“

Norbert blieb stehen und schaute mich verwundert an, bis er mich fragte: „Und was machst du dann hier?“

Seltsam genau die gleiche Frage stellte ich mir in diesem Moment auch! Ich zog es vor ihm diese Frage, auf die ich im Moment selbst keine Antwort hatte später zu beantworten.

Über einen unbefestigten Schotterweg gehend näherten wir uns einer asphaltierten Straße bis wir an dieser stehen blieben. Norbert rief einem vorbeifahrenden Moped etwas hinterher, was ich nicht verstand. Sofort machte der Mopedfahrer eine Gefahrenbremsung. Seine Reifen quietschen und dann folgte eine 180 Grad Drehung, wie sie ein Rennfahrer nicht besser hinbekommen hätte. Mit qualmenden Reifen stoppte er vor uns und begann mit Norbert ein Gespräch.

„Unser Taxi ist da!“

Grinste Norbert mich an. Mein Blick war entsprechend fragend.

Der Fahrer rutschte mit seinem Hinterteil auf den Tank und gestikulierte uns aufzusitzen. Für Norbert war es inzwischen alltäglich, für die Dominikaner sowieso Normalität und für mich ein neues Abenteuer. Zu Dritt auf einem Moped zu fahren sollte auch für mich in den nächsten Wochen zu einem täglichen Ritual werden. Oft sah ich im Straßenverkehr von Samana drei oder teilweise sogar vier Personen auf einem Moped. Dass dies auch in keiner Weise verboten schien zeigte mir die Fahrt vorbei an einem freundlich grüßenden Polizisten. Von unseren, außerhalb der Stadt gelegenen Apartments fuhren wir hinunter nach Samana zum Malecon.

Malecon- die Straße am Meer- dort trifft man sich am Abend geht etwas essen in einer der zahlreichen Kneipen bevor man dann zu vorgerückter Stunde in einer der Discotheken landete. Auf Grund der hohen Temperaturen spielt sich hier so wie in den meisten südlichen Länden das Leben im Freien ab. Wir ließen uns an einer dieser Freiluftkneipen absetzen. Norbert drückte dem Mopedfahrer fünfzehn Pesos in die Hand und ich staunte nicht schlecht über den geringen Fahrpreis.

Es dauerte keine zehn Minuten als ich von einer Schar junger Leute umringt war. Norbert begründete das Interesse an meiner Person wieder sehr einfach und wie sich später herausstellte als absolut treffend.

„Du bist ein neuer Gringo in der Stadt! Es ist wie in der Tierwelt! Wenn ein neues fremdes Tier in eine Gemeinschaft kommt wird es von allen beschnuppert!“ Er grinste dabei und amüsierte sich wie ich versuchte der Situation habhaft zu werden. Es fiel mir wahrlich nicht leicht die Meute zu ignorieren und mich meinem Bier zu widmen. Es mögen zehn oder zwölf junge Mädchen gewesen sein, deren Alter ich vorsichtig auf 14 bis 19 Jahren schätzte. Ihr Alter war also vergleichbar mit dem meiner Töchter im fernen Deutschland. Demzufolge verwirrte mich Norberts Frage nun gänzlich.

„Na, willst Du dir nicht doch eine aussuchen?“

Als sich tatsächlich eine aus der Gruppe versuchte auf meinen Schoss zu setzen grinste Norbert mich an.

Nun riss mein Geduldsfaden, ich stand auf und fragte dieses dreiste Fräulein ob sie nicht ganz dicht sei! Norbert feixte nun noch hämischer und sagte mit einer verblüffenden Ruhe in seiner Stimme.

„Ich sag´s ja, du musst Spanisch lernen. Dann verstehen die auch was Du meinst.“

Mein Gott wie Recht er hatte. Die verstanden mich nicht. Das war das ganze Problem. Denn sie lächelten mich alle nach wie vor an als ob ich ihr Idol wäre. Ich bat Norbert den Mädchen zu erklären, dass ich kein Interesse an einer gemeinschaftlichen Abendgestaltung hatte. Norbert erklärte der Meute immer noch grinsend etwas auf Spanisch und plötzlich verschwanden die jungen Damen. Diese Lösung befriedigte mich zwar für den Moment, doch es wunderte mich schon ein Wenig das zwei Sätze von Norbert reichten, um die Mädchen kommentarlos zum Gehen zu bewegen. „Was hast Du ihnen denn gesagt?“ Wollte ich daher von ihm wissen.

Wieder setzte Norbert sein breites Grinsen auf.

„Du willst das nicht wirklich wissen!“ Gab er zurück. „Nun erst recht!“ Entgegnete ich daraufhin.

„O.K. Ich hab ihnen gesagt dass du schwul bist!“

„Hast du nicht!“ Gab ich empört zurück.

„Was willst du eigentlich. Sie sind weg. Oder?“ Er war wirklich ein praktisch denkender Mensch dachte ich und wusste ab diesem Moment das wir demnächst noch viel Spaß miteinander haben würden.

Die Schwierigkeit der Anpassung

Nach meiner ersten Nacht in der Karibik, die ich ziemlich unruhig schlafend verbrachte, trieb es mich bereits im Morgengrauen auf die Beine. Ich kann nicht mehr mit Sicherheit sagen woran es lag. Vielleicht war es die Zeitverschiebung zum fernen Deutschland die mich frühzeitig aus dem Schlaf rief. Vielleicht war es aber auch die Neugierde auf die Ereignisse des vor mir liegenden Tages. Durch einen Freund hatte ich hier einen Job auf einem Schiff vermittelt bekommen. Er war einer der europäischen Investoren denen dieses Schiff nebst Betreibergesellschaft gehörte.

Die Gesellschafter wollten Jemanden vor Ort haben, der kontrollieren sollte wie mit ihren vielen investierten Dollars gearbeitet wurde. Natürlich stand auch deren Absicht dahinter, die Gewinne deutlich zu erhöhen. Es schien ihnen, dass da Einiges zu verbessern sei. Nach mehreren Vorgesprächen wurden wir uns somit auch recht schnell handelseinig und besiegelten meinen Vertrag.

Obgleich ich froh darüber war, dass ich hier einer geregelten Arbeit nachgehen konnte, erklomm mich in dem Moment als ich das Schiff betrat ein ähnliches Gefühl, wie das eines Schuljungen an seinem ersten Schultag. Doch alle meine Sorgen sollten in den nächsten Stunden zerplatzen wie eine Seifenblase. Schnell stellte ich fest dass hier nicht nur das Klima anders war. Auch die Vorstellung von einem geregelten Arbeitsleben in diesem Teil der Welt war anders als ich es bisher gewohnt war. Das was man hier unter einem geregelten Arbeitstag verstand erschien mir so fremd wie Europa weit entfernt war. Es bedurfte einer ganzen Menge Zeit und einer teilweise schwierigen mentalen Umstellung bis ich begriff, dass es mir nicht möglich war dem Dominikaner meine Arbeitsweise aufzudrängen. Das Gegenteil war der Fall und so war ich es, der im Laufe der Zeit den dominikanischen Arbeitsstil annahm. Um zu dieser Weisheit zu gelangen, waren die verschiedensten Gründe verantwortlich und ein langer Prozess des Umdenkens zwangsläufig.

Uns Europäern und dabei speziell uns Deutschen reist nämlich, weit bevor wir uns auf den Weg in dieses Paradies machen, ein Vorurteil voraus. Obgleich uns dieses Vorurteil nicht gerade schmeichelt, stimmt es doch in fast allen Punkten. Der Deutsche ist arbeitsam, fleißig und diszipliniert! Bevor er ans Feiern denkt macht er erst seinen Job zur vollsten Zufriedenheit seines Arbeitgebers. Das Lachen hat er schon vor vielen Jahrzehnten verlernt, dazu kommt das er sich auf Grund seiner heroischen deutschen Tugenden nur schwerlich unterordnen können.

Weiterhin ist es natürlich völlig klar, dass wir uns wegen unserer alles überragenden Schulbildung von einem gewöhnlichen Inselbewohner der dritten Welt nichts vormachen lassen. Denn dies würde uns in unserem Stolz und in unserer Ehre verletzen.

Wir sind es ja schließlich die aus einem Land kommen welches allgemein bekannt als Wirtschaftswunderland bezeichnet wird und hier ist Entwicklungshilfe gefragt. Obgleich es schon eine ziemliche Weile her ist, dass wir uns mit dem Begriff -Wirtschaftswunder- in Verbindung brachten, scheint sich die Tatsache, dass es sich dabei um einen längst vergessenen Vergleich handelt bis hier her noch nicht herumgesprochen zu haben. So steht also die Meinung der Dominikaner über uns Gringos unumstößlich fest und bei dieser Betrachtungsweise klingt sie sogar logisch und ist somit leicht nachvollziehbar.

Nachdem sich in den letzten Jahren schon etwa zwanzigtausend Deutsche in diesem Land niedergelassen haben, kam ich nun also auch noch hinzu. Im Gegensatz zu den meisten Anderen die diesen Schritt hierher wagten hatte ich schon im Vorfeld einen Job und das war eine wichtige Tatsache.

Ich durfte während meines Aufenthaltes eine ganze Menge dieser deutschen Residenten, teilweise mit zweifelhaften Vergnügen, kennenlernen. Die meisten jedoch habe ich tolle Sprüche klopfend mit wehenden Fahnen wenig später untergehen und so fern sie noch dazu in der Lage waren auch wieder nach Hause fliegen sehen. Sie glaubten mit einigen tausend Dollar in den Taschen und der nötigen Arroganz sowieso alles besser zu wissen, hier das Paradies für ihre Geschäfte vorzufinden. Für die Meisten von ihnen sollte es allerdings nur ein frommer Wunsch bleiben. Denn kurze Zeit später standen sie völlig mittellos da und versuchten sich dann mit Gelegenheitsjobs bei wiederum anderen deutschen Residenten über Wasser zu halten. Insofern hatte ich tatsächlich eine wesentlich günstigere Ausgangsposition. Ein sicherer Job mit einem vereinbarten Einkommen, dazu noch ein Apartment zur kostenfreien Nutzung und sogar täglich zwei Mahlzeiten gehörten zu meinen vertraglichen Regelungen. In der Summe war das deutlich mehr als man in diesem Land erwarten konnte. Mehr als die meisten der hier Abgestiegenen haben und in jedem Fall mehr als ein Einheimischer es sich je erträumen konnte. Mit diesen guten Voraussetzungen ging ich also frohgelaunt und voller Tatendrang an mein neues Tagewerk.

Schon nach relativ kurzer Zeit machte ich aber die Feststellung das die Dominikaner so ziemlich alles falsch machten was man auch nur falsch machen konnte! Angefangen von der Organisation ihrer Arbeitsabläufe über die Durchführung von den ihnen aufgetragenen Tätigkeiten bis hin zur Einhaltung der Arbeitszeit sah ich überall Verbesserungsbedarf. Hier war meine solide deutsche Ausbildung und mein betriebswirtschaftliches Wissen gefragt, dachte ich mir und krempelte die Ärmel hoch um mich dieser Herausforderung zu stellen. Wäre ja gelacht wenn ich nicht innerhalb kürzester Zeit in der Lage sei, bei den einheimischen Beschäftigten meinen gewohnten deutschen Arbeitsrhythmus einzuführen.

Beginnen wollte ich mit der personellen Umstellung der einzelnen Abteilungen die mir völlig falsch strukturiert erschienen. Weiterhin wollte ich mich daran machen einzelne Arbeitsabläufe effektiver zu gestalten, sodass während der dadurch gewonnenen freien Zeit neue gewinnbringende Möglichkeiten für die Company geschaffen werden konnten.

Ich beachtete während der Vorbereitungsphase zur Umsetzung alle wirtschaftlichen Aspekte genauso wie ich es gewohnt war. Nur eins war mir in meinem Arbeitseifer völlig entfallen.

Ich war hier nicht in Deutschland!

Und allein diese spätere Feststellung war wohl des Rätsels Lösung weshalb die ganze Sache nicht so funktionierte wie ich mir das anfänglich dachte.

Als ich nach zwei Wochen intensiver Vorbereitung alle Abteilungsleiter des Schiffes zusammentrommelte und ihnen meine Pläne erklärte verspürte ich ein gutes Gefühl. Während meiner detaillierten Ausführungen sah ich in motivierte dominikanische Gesichter. Ich erntete ein einheitliches und zustimmendes Kopfnicken aller Beteiligten und war mir sicher mit meinen Plänen die Herzen der Leute erobert zu haben. Es war nur noch eine Frage der Zeit und die neu gelernten Arbeitsabläufe würden so funktionieren als wäre es nie anders gewesen. Denn alles war so logisch durchdacht das selbst die Dominikaner nach einiger Zeit eine deutliche Erleichterung ihrer Arbeit verspüren würden. Doch diese meine Vermutung sollte sich schon nach wenigen Tagen als ein bedauerlicher Trugschluss herausstellen.

Nichts, aber auch gar nichts von dem was ich ihnen voller Leidenschaft erklärt hatte wurde umgesetzt. Nicht von den Abteilungsleitern und schon gar nicht von den einzelnen Angestellten. Ich fühlte mich schlicht und ergreifend verarscht!

„Die ignorieren Dich, nehmen Dich nicht für voll!“ Sagte ich zu mir selbst und überlegte krampfhaft wie ich dem entgegnen konnte. Viel später fand ich die Erklärung für dieses damals auf mich provokativ wirkende Verhalten. Alle die Dominikaner welche für die Company arbeiteten hatten eine weitaus schlechtere Schulbildung als ich sie besaß. Manche von ihnen hatten die Schule nach vier, manche nach sechs Klassen verlassen. Dann gab es wenige die hatten acht Schuljahre absolviert und noch weniger hatten gar zehn Jahre die Schule besucht. Eine anschließende Berufsausbildung wie wir sie kennen ist hier nicht vorstellbar und auch nicht möglich. Wie eine typische dominikanische Berufsausbildung abläuft, erklärte mir eines Tages ein guter Freund.

Pedro ist ein 13- jähriger Bursche und er war der älteste Sohn seiner Mutter. Seinen Vater hatte er nie kennengelernt, denn er hatte es vorgezogen kurz nach seiner Geburt zu verschwinden. Die Mutter tröstete sich später mit einem anderen, der dann wiederum Pedros Bruder zurückließ und ebenfalls verschwand. So passierte das in den letzten Jahren noch weitere fünf Mal und Pedro wurde, ob er wollte oder nicht, der Älteste von sieben Geschwistern und damit für die Kleineren so eine Art Vaterersatz. Pedro wuchs zu einem stattlichen Jungen heran und musste bereits im Alter von 13 Jahren aktiv zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Er tut also was Tausende andere Jungen in seinem Alter vor ihm auch taten und dies auch in Zukunft tun werden. Er suchte mehrere Mechanicos auf und fragte ob sie Arbeit für ihn hätten. Er habe schließlich in seinem jungen Leben schon einige berufspraktische Erfahrungen sammeln können. So hatte er schon mehrere Motoconchos und Pasolas auseinander genommen. Er verschwieg natürlich an dieser Stelle, dass es beim Auseinandernehmen blieb und die Maschinen nie wieder das taten wofür sie ursprünglich einmal gebaut wurden. Nachdem er bei allen seinen Bewerbungsgesprächen erzählte woher sein Berufswunsch und die damit verbundenen Ambitionen stammten wurde er doch tatsächlich fündig.

José war ein in die Jahre gekommener Mechanico. Er hatte am Rande der Stadt eine kleine Werkstatt und reparierte alles was sich bewegte egal ob mit oder ohne Motorkraft. Ihm kam ein Gehilfe ganz gelegen. Natürlich könne er ihm kein Geld bezahlen aber dem Meister über die Schulter schauen und sich so manchen Trick dabei abgucken. Später wenn Pedro dann ein paar Aufträge heranbringen würde wäre José auch gern bereit ihm einige Pesos dafür zu bezahlen. Beide reichten sich die Hand um den Ausbildungsvertrag zu besiegeln. Pedro ging von nun an nicht mehr zur Schule sondern erschien täglich in der Werkstatt. Irgendwann nach etwa drei bis fünf Jahren hätte er dann ausgelernt. Wenn er Glück hat stirbt José während dieser Zeit dann kann er seine Werkstatt übernehmen und weiterführen, so wie es sein Meister vor ihm tat. Nun muss hier noch erwähnt werden, dass auch José -der Meister- vor vielen Jahren den gleichen Ausbildungsweg genommen hatte und damit sein gesamtes Wissen vom Vorgänger übernahm. Auf diese Art und Weise läuft diese Werkstatt schon über drei, vielleicht auch vier Generationen. Der Jüngere lernt vom Älteren. Das ist das bis heute täglich praktizierte Prinzip einer Berufsausbildung in der Dominikanischen Republik.

Nachdem ich diese Tatsache erfuhr wunderte ich mich auch nicht mehr, dass meine so wohlwollend gedachten und gut gemeinten Arbeitsverbesserungsmaßnahmen von den Dominikanern in den Wind geschrieben wurden. Was sollte ein Gringo ihnen auch erzählen selbst wenn er Recht hätte mit seinen europäischen Weisheiten. Sie haben schon immer von ihren Eltern und Großeltern gelernt. Und so wie ich dass nun versuchte ihnen beizubringen, hatten ihnen das keiner ihrer Vorfahren erklärt. Sie taten es doch schon immer so wie ihre Eltern und Großeltern! Warum um alles in der Welt sollte es nun plötzlich nicht mehr so funktionieren? Diese Frage bewegte die Menschen, allerdings nur für einen kurzen Moment. Dann taten sie es unter einer für sie nicht erklärbaren Blitzidee eines Gringos ab und gingen zum alle Zeit gewohnten Arbeitsablauf über. Natürlich gab ich mich nicht so schnell geschlagen und würde erneut versuchen sie zu bekehren. Schließlich verfügen wir Deutsche ja über eine unbezwingbare Kämpferqualität.

Nach zwei, drei weiteren Versuchen ihren gewohnten Arbeitsrhythmus umzukrempeln, es waren inzwischen einige Wochen ins Land gegangen gab ich meine Bemühungen allerdings völlig resigniert auf. Es war mir nicht möglich sie von der Einfachheit meiner Vorschläge zu überzeugen. Ihre Wurzeln waren wohl stärker stellte ich deprimiert fest. Daher beschloss ich in Zukunft meine Verbesserungsmaßnahmen für mich zu behalten. Obwohl es mir anfangs sehr schwer fiel akzeptierte ich nach einiger Zeit dennoch ihr herkömmliches Tun. Was wiederum enorme Vorteile für mein Herz mit sich brachte.

Da ich mich zuweilen derartig aufregte, wenn ich sie bei ihrem teilweise äußerst umständlichen Prozedere beobachtete, entschied ich mich aus rein persönlichen Gesundheitsgründen dafür sie einfach so fortfahren zu lassen wie sie es bisher gewohnt waren.

Ich versuchte mich entspannt zurückzulehnen und nur ab und an, wenn die Unsinnigkeiten gar zu groß wurden, ertappte ich mich dabei wie sich mir unwillkürlich die Haare sträubten. Ich honorierte das dann mit einem leichten Kopfschütteln und ließ es dabei bewenden. Eben diese Erfahrungen muss wohl jeder sammeln der sich mit dem Gedanken trägt sich hier in diesem Land niederzulassen.

Dem Urlauber der durchschnittlich zwei bis drei Wochen hier verweilt werden diese umständlichen Prozesse ohnehin nur selten auffallen. Wesentlich gefährdeter dagegen ist der Typus des europäischen Residenten. Also jene Spezies, die aus welchem Grund auch immer in diesem Teil der Welt leben möchte. Früher oder später wird jeder von denen mit den Einheimischen in Berührung kommen. Somit werden sie mit ihrer Art die Dinge zu sehen und sie zu bewerkstelligen kopfschüttelnd ihre eigenen Erfahrungen sammeln.