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Als Callie eines Tages nach Feierabend nach Hause geht, findet sie ein Handy auf der Straße. Um es dem Eigentümer zurückgeben zu können, ruft sie diesen an und macht ein Treffen aus, nicht ahnend, dass es sich dabei um den erfolgreichen Schauspieler Shawn Collins handelt. Zum Dank lädt er sie zum Essen ein, trifft sich mit ihr und kümmert sich nicht darum, dass die beiden schon bald von der Presse zum Paar gemacht werden. Die beiden verlieben sich ineinander und gerade Callie, deren Leben von Einsamkeit und ihren Gewichtsproblemen bestimmt ist, verliert ihr Herz an den gutaussehenden Shawn. Allerdings gönnen ihnen nicht alle diese Liebe und so macht sie die Erfahrung, dass seine Freunde ihr zu spüren geben, dass sie nicht in Shawns Welt gehört. Durch Zufall erfährt sie, dass Shawn sie bloß für PR-Zwecke missbraucht hat, und trennt sich von ihm. Er setzt alles daran, ihr Herz zurückzugewinnen, doch ein Unfall Callies droht alles zu zerstören.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Copyright © 2018 Drucie Anne Taylor
Korrektorat: S. B. Zimmer
Satz & Layout: Julia Dahl
Umschlaggestaltung © Modern Fairy Tale Design
Auflage: 1/2022
Angelwing Verlag / Paul Dahl
6 Rue Saint Joseph
57720 Obergailbach / Frankreich
angelwing-verlag.de
Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Alle Markennamen, Firmen sowie Warenzeichen gehören den jeweiligen Copyrightinhabern.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Epilog
Danksagung
Über die Autorin
Weitere Werke der Autorin
Kann der Fund eines Handys dein ganzes Leben verändern?
Als Callie eines Tages nach Feierabend nach Hause geht, findet sie ein Handy auf der Straße. Um es dem Eigentümer zurückgeben zu können, ruft sie diesen an und macht ein Treffen aus, nicht ahnend, dass es sich dabei um den erfolgreichen Schauspieler Shawn Collins handelt. Zum Dank lädt er sie zum Essen ein, trifft sich mit ihr und kümmert sich nicht darum, dass die beiden schon bald von der Presse zum Paar gemacht werden.
Die beiden verlieben sich ineinander und gerade Callie, deren Leben von Einsamkeit und ihren Gewichtsproblemen bestimmt ist, verliert ihr Herz an den gutaussehenden Shawn. Allerdings gönnen ihnen nicht alle diese Liebe und so macht sie die Erfahrung, dass seine Freunde ihr zu spüren geben, dass sie nicht in Shawns Welt gehört.
Durch Zufall erfährt sie, dass Shawn sie bloß für PR-Zwecke missbraucht hat, und trennt sich von ihm. Er setzt alles daran, ihr Herz zurückzugewinnen, doch ein Unfall Callies droht alles zu zerstören.
Nach einem anstrengenden Arbeitstag mache ich mich auf den Heimweg. Ich bin fix und fertig, würde am liebsten sofort schlafen, doch ist es nicht möglich, weil mir erst mal eine Fahrt mit dem Cable Car bevorsteht. Ich arbeite in einem namhaften Hotel als Zimmermädchen in San Francisco. Ursprünglich habe ich mich als Rezeptionistin beworben, doch dafür war ich wohl nicht hübsch genug, wenn ich mir die Kolleginnen am Empfang so ansehe. Sie sind hübsch, schlank, blondiert und so stark geschminkt, dass sie zum Abschminken sicher mit Hammer und Meißel arbeiten müssen, um ihre Gesichter auf Werkseinstellung zurückzusetzen.
Seufzend ziehe ich meine Strickjacke zu, um meinen kleinen Bauch zu kaschieren. Ich war schon immer Frustesser, auch jetzt noch, allerdings schäme ich mich dafür. Das Abstrampeln im Fitnessstudio bringt nichts, ich nehme einfach nicht ab und die antrainierte Muskelmasse erhöht nur unnötig mein Gewicht, weshalb ich sämtliche Diäten und Sport inzwischen aufgegeben habe. Außerdem hatte ich einmal ein derart schlechtes Erlebnis mit einem Trainer, der mich wegen meiner Kondition und meiner Figur fertiggemacht hat, dass ich diesen Muckibuden komplett abgeschworen habe.
Während ich am Park vorbei schlendere, trete ich plötzlich auf etwas Festes. Ich glaube, es ist ein Stock oder ein weggeworfener Prospekt, dennoch drehe ich mich um.
Es ist ein Handy.
Ich gehe zurück und hebe es auf, es ist noch eingeschaltet. Der Besitzer wird sich freuen, es zurückzubekommen, sagt mir mein Gewissen, weshalb ich mich nach jemandem umsehe, der es vielleicht sucht. Ich sehe niemanden. Seufzend entsperre ich das Telefon und bin dankbar, dass es sich mit einem einfachen Wischen übers Display benutzbar machen lässt. Ich werfe einen Blick in die Kontakte und finde schließlich einen Eintrag, der sich »Zuhause« nennt. Ich hole mein Smartphone aus meiner Handtasche und wähle die Nummer. Freizeichen, doch niemand meldet sich, bis der Anrufbeantworter rangeht. Eine einfache Bandansage, die die Telefonnummer wiederholt und mich auffordert, nach dem Piep zu sprechen.
»Hi, mein Name ist Calliope ... Callie Williams, ich glaube, ich habe gerade Ihr Handy gefunden und würde es Ihnen gern zurückgeben. Ich bin täglich ab 16 Uhr auf dem Handy erreichbar, meine Nummer ist 555-78206193, bitte melden Sie sich bei mir, damit sie es zurückbekommen. Bye«, spreche ich auf den Anrufbeantworter und stecke beide Handys in meine Handtasche. Vielleicht wird sich der Besitzer oder die Besitzerin ja melden, auch wenn ich nicht dran glaube. Heutzutage bekommt man ganz einfach ein Ersatzhandy sowie eine Multi-SIM Karte, sodass die Rufnummer erhalten bleibt. Aber sicher möchte die Person ihre Fotos, die womöglich darauf sind, und die Kontakte zurückhaben. Hoffentlich, denn ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn sich dieses Handy fortan in meinem Besitz befinden würde.
Ich erreiche den Cable Car und springe gerade noch rechtzeitig darauf, bevor er wegfährt. Ich bleibe in der Nähe der Tür stehen, da alle Sitzplätze belegt sind, und lasse mir den Wind um die Nase wehen, der durch den offenen Zugang hinein weht. Meine Füße schmerzen unheimlich, weil ich heute so viel zu tun hatte. Normalerweise teilen wir die Etagen unter uns auf, aber ich musste heute mehrere Zimmer meiner Kollegin übernehmen, weil sie zu einem Termin musste. Ich bin froh, wenn sie morgen zurück ist, denn auf Dauer schaffe ich dieses Pensum nicht.
Als ich den Berg zu meiner Wohnung hochgehe, habe ich Seitenstiche. Ich hasse es, dass meine Wohnung ausgerechnet in einer der steilsten Straßen San Franciscos liegt, aber sie ist günstig und wunderschön, weshalb ich es wiederum gern in Kauf nehme. Man kann sagen, dass ich es liebe, diese Gegend zu hassen. Oder andersrum. In meiner Straße werden ständig Filme gedreht, die Filbert Street ist weltberühmt, aber es gibt Schlimmeres, als vom Fenster aus den Dreharbeiten von Hollywood-Blockbustern zuzuschauen. Aber 31,5 Prozent Gefälle sind nicht gerade förderlich, wenn man eine Kondition wie eine Schnecke hat, schneller komme ich mir gerade auch nicht vor.
Mein Handy klingelt, doch habe ich gerade keinen Kopf dafür, den Anruf entgegenzunehmen. Selbst wenn es der Besitzer des gefundenen Smartphones ist, wird er sicher noch mal anrufen.
Schließlich habe ich meine Wohnung erreicht. Gegen die Hauswand gelehnt atme ich tief durch und ignoriere meine überaus sportliche Nachbarin und mehr oder weniger einzige Bekannte, als sie herauskommt.
»Hey, Callie«, sagt sie freundlich.
»Hi ... Caroline«, erwidere ich japsend und betrete das Treppenhaus. Ich habe die Treppe noch nicht einmal erreicht, da hat sie mich schon wieder eingeholt.
»Schweren Tag gehabt?«
»Du hast ja keine Vorstellung«, antworte ich bemüht ruhig, während ich die Stufen erklimme.
»Du solltest mehr für deine Kondition tun, ich habe das Gefühl, du brauchst ein Sauerstoffzelt.«
»Hm, vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich fix und fertig von der Arbeit bin.«
»Das bist du jeden Abend und immer atmest du so schwer.«
»Liegt am Übergewicht.«
»Du hast doch kein Übergewicht«, erwidert sie.
»Aber auch kein Idealgewicht«, keuche ich. Sie wohnt mir gegenüber und wir helfen uns oft gegenseitig, wenn uns irgendwas ausgegangen ist, aber wir sind eigentlich nur gute Bekannte. Dennoch reden wir gelegentlich über vertrauliche Dinge, weil ich bloß einen Freund habe und mit einem Mann kann ich wohl kaum über meine weiblichen Probleme sprechen.
Wir erreichen die dritte Etage und verabschieden uns vor unseren Wohnungen voneinander.
»Möchtest du später vielleicht auf ein Glas Wein rüberkommen?«, fragt sie noch.
Ich drehe mich zu ihr um. »Heute nicht, ich werde nur noch eine Kleinigkeit essen und mich dann hinlegen.«
»Okay.«
»Morgen, ja?«, biete ich ihr an.
Sie verzieht ihre rot geschminkten Lippen zu einem breiten Lächeln. Irgendwie ist alles an ihr perfekt, ihre Zähne sind weißer als weiß, ihre Nase ist gerade, ihre Lippen voll, ihr Körper eine Wucht. Würde ich uns vergleichen, würde ich nicht ohne Komplexe aus diesem Wettbewerb gehen. »Klar, klingt gut.«
Ich lächle ihr zu, dann verschwinde ich in meine Wohnung. Als ich die Tür hinter mir geschlossen habe, streife ich meine Crocks ab und hänge meine Strickjacke an die Garderobe. Wieder klingelt mein Handy. Ich hole es aus meiner Handtasche und werfe einen Blick aufs Display. Es ist die Nummer, die ich vorhin noch gewählt habe. »Williams?«, melde ich mich nach einem tiefen Atemzug.
»Hi, Collins ist mein Name, Sie haben mein Handy gefunden? Zumindest haben Sie es mir auf den Anrufbeantworter gesprochen.« Er klingt jung, ich schätze, dass er in meinem Alter ist.
»Wenn es ein ziemlich neues Samsung Smartphone ist, dann habe ich das wohl«, erwidere ich.
»Können wir uns treffen? Ich bräuchte es zurück.«
»Ginge es morgen? Ich komme gerade von einer zwölf Stunden Schicht nach Hause und bin fix und fertig.«
»Wo wohnen Sie? Ich würde es abholen kommen.«
Ich nenne ihm meine Adresse und vereinbare mit ihm, dass er noch heute Abend vorbeikommt, obwohl ich mich am liebsten gleich nach dem Essen ins Bett legen würde. Ich sollte wohl duschen gehen, denn so, wie ich gerade aussehe, will ich keinem Mann die Tür öffnen.
Nachdem ich geduscht und gegessen habe, klingelt es an meiner Tür. Ich gehe sofort an die Sprechanlage. »Hallo?«
»Hi, hier ist Shawn Collins, ich komme, um mein Handy abzuholen.«
»Alles klar, Sie müssen nach ganz oben«, entgegne ich und betätige den Türöffner. Ich hole sein Handy aus meiner Handtasche und öffne die Wohnungstür. Seine Schritte kommen näher und näher und mein Herz schlägt schneller und schneller. Ich weiß nicht, ob er ein Psychopath oder ein ganz normaler Kerl ist, was wohl der Grund für mein ungutes Gefühl ist.
Schließlich kommt er den Flur entlang. »Guten Abend, Mrs. Williams.«
»Miss«, korrigiere ich ihn. »Ich glaube Ihnen, dass es Ihr Handy ist, aber können Sie mir trotzdem sagen, wen Sie zuletzt angerufen haben? Dann weiß ich sicher, dass ich das Handy nicht dem Falschen gegeben habe.« Ich entsperre das Display und rufe die Anrufliste auf.
Er lächelt mich an. »Zuletzt habe ich den Kontakt namens Kleines angerufen.«
Ich werfe einen Blick darauf. Es stimmt. »Okay.« Ich reiche ihm sein Handy.
»Ich würde mich gern erkenntlich zeigen, Ms. Williams.«
»Nicht nötig«, sage ich schüchtern und möchte schon die Tür schließlich, doch er hält sie mit seiner flachen Hand auf.
»Ich bitte Sie. Heutzutage gibt's kaum noch ehrliche Menschen und ich würde mich gern bedanken.«
»Es ist wirklich nicht nötig, Mr. Collins.«
»Bitte.« Er nimmt die Sonnenbrille ab, die zusätzlich zum Basecap sein Gesicht verborgen hat, und sieht mich aus haselnussbraunen Augen an. »Ich bestehe darauf.«
Ich seufze schwer. »Okay.«
»Wie wäre es mit einem Abendessen?«
»Ich habe bereits gegessen.«
»Morgen Abend, 19 Uhr, ich hole Sie ab«, schlägt er vor.
»Okay«, entgegne ich unsicher. Ich muss die Tür ja nicht öffnen, andererseits ist es mal eine Gelegenheit, jemanden kennenzulernen.
»Also dann.« Er tippt auf seinem Handy herum und von meinem ertönt das Nachrichtensignal. »Jetzt haben Sie auch meine Handynummer, falls Ihnen etwas dazwischenkommen sollte.«
»Okay.« Warum bin ich nicht imstande, mehr zu sagen?
Er schenkt mir ein Lächeln. »Ich möchte Sie nicht länger stören, Ms. Williams, danke, dass Sie so ehrlich waren, mich wegen meines Handys anzurufen.«
»Keine Ursache, Mr. Collins.«
»Bis morgen.« Er setzt die Sonnenbrille auf und verschwindet.
»Bis dann«, sage ich ihm hinterher, ziehe mich wieder in meine Wohnung zurück und setze mich auf die Couch.
Es dauert keine Minute und schon klopft es hektisch an meiner Tür.
Seufzend gehe ich zurück dorthin. »Ja?«
Caroline steht vor mir. »Wer war das denn?«
»Ich habe das Handy von dem Mann gefunden und er hat es abgeholt.«
»Und weiter?«
»Er lädt mich morgen zum Essen ein, um sich bei mir zu bedanken.«
»Ist er heiß?«
»Ich habe bloß seine Augen bemerkt und die wirkten sehr sexy, aber er ist ein Mann, der in einer anderen Liga als ich spielt.«
»Ach Quatsch.« Caroline schiebt sich an mir vorbei in meine Wohnung. »Warum sollte er in einer anderen Liga spielen?«
»Sieh mich doch an«, entgegne ich und deute auf meinen Körper, insbesondere auf meine kleinen Rettungsringe an meinen Hüften.
»Callie, wie oft noch? Du bist nicht zu dick.«
»Nein, kein bisschen«, stoße ich sarkastisch aus.
»Bist du nicht, du siehst dich nur zu kritisch.«
»Caroline, ich bin dick, das wissen wir beide.«
»Nein, du hast eine absolut normale Figur. Welche Größe trägst du?«
»XL oder XXL«, antworte ich leise.
»Weil deine Klamotten schlabbern, du wärst mit M oder L besser bedient.«
»Nicht bei den heutigen Schnitten«, halte ich dagegen und verschränke die Arme vor meiner Brust.
»Aber L würde locker reichen.« Sie kippt den Kopf zur Seite, betrachtet mich genauer. »Außerdem bist du süß, warum also keinen Spaß mit einem netten Mann haben?«
»Ich denke, er fühlt sich verpflichtet, obwohl ich ihm versichert habe, dass er sich nicht erkenntlich zeigen muss, weil ich ihn wegen seines Handys angerufen habe.«
»Der Typ ist wahrscheinlich gut erzogen und will sich auf die Art bedanken. Sei doch froh, dass du mal aus deinem Schneckenhaus kommst.«
»Hm.« Ich seufze und setze mich auf die Couch. »Was soll ich überhaupt anziehen?«
»Ein sexy Kleid.«
»So was besitze ich nicht.«
»Oh Mann, Callie.«
»Ich bin eben pragmatisch und meine eigenen Sachen brauche ich nur, wenn ich an meinem freien Tag aus dem Haus gehe.«
»Weil du dich zurückziehst und nicht am Leben teilnimmst.«
Ich schnaube, dann nehme ich einen Schluck meiner Diät Pepsi. »Ich sage ihm einfach, dass ich krank geworden bin, dann komme ich um dieses Essen herum.«
»Denkst du wirklich?«
Daraufhin zucke ich mit den Schultern. »Einen Versuch ist es allemal wert.«
»Callie, geh mit ihm aus.«
»Und dann?«
»Genießt du einen Abend lang die Aufmerksamkeit eines Mannes, vielleicht sogar öfter, wenn ihr euch sympathisch seid.«
Ich bezweifle, dass ich einem Mann seines Kalibers sympathisch sein kann, aber okay, ein Abend wird mich nicht umbringen. »Na gut.«
»Was wirst du anziehen?«
»Jeans und Shirt?«
»Falsch, du ziehst ein Kleid an.«
»Ich besitze keines«, lasse ich sie wissen. »Bloß Röcke und Blusen, die schon bessere Zeiten gesehen haben. Caroline, ich ziehe definitiv keinen Rock an.«
»Du willst nicht einmal versuchen, ihm zu gefallen?«
»Nein, weil ich genau weiß, dass ich ihm nicht gefalle und er sich bloß verpflichtet fühlt, weil er sich meinetwegen kein neues Handy kaufen muss.«
»Du bist gnadenlos pessimistisch.«
»Danke, über die Jahre habe ich es perfektioniert«, kontere ich grinsend und strecke ihr die Zunge raus.
»Vielleicht ist er der Richtige, hast du schon mal daran gedacht?«
Ich seufze schwer. »Ich habe Angst davor, mich jemandem zu öffnen, okay? Außerdem tue ich mich schwer damit, neue Leute kennenzulernen.«
»Warum?«
»Weil ich Angst habe, verletzt zu werden.«
»Du musst dich ihm doch nicht öffnen. Wenn er dich etwas über dich fragt, zeigt er Interesse an dir, aber du kannst den Fragen doch ausweichen. Er will sich bloß für deine Hilfe bedanken.«
Ich hätte das Handy liegen lassen sollen, dann wäre mir dieses Gespräch erspart geblieben. »Caroline, ich gehe mit ihm essen, okay? Aber bitte hör auf, auf mich einzureden, weil ich mein Leben auf meine Weise lebe.«
Sie hebt eine Augenbraue. »In Ordnung, du bekommst es sicher allein hin.« Dann lächelt sie. »Ich freue mich bloß für dich.«
Verständnislos starre ich sie an. »Wieso das?«
»Na immerhin hat der Kerl einen heißen Body.«
»Was man durch seine Kleidung ja auch äußerst gut erkannt hat«, stoße ich trocken aus und lege den Kopf in den Nacken. »Aber ja, er wirkte muskulös, womit auch feststeht, dass ich weit unterhalb seiner Liga spiele.«
Sie knurrt verzweifelt. »Bevor ich hier noch die Krise kriege, weil du dich selbst runtermachst, gehe ich rüber. Sag mir Bescheid, wie dein Date mit dem Kerl war.«
»Mache ich.«
Als ich mich die Filbert Street hochschleppe, atme ich schwer. Ich kam erst weit nach Feierabend raus, weil heute zwei Kolleginnen ausgefallen waren. Natürlich war ich blöde Kuh einverstanden, ihre Zimmer zu übernehmen, doch kostete es mich beinahe den ganzen Tag, danach wurde ich von meiner Chefin dazu verdonnert, die Inventur zu machen, damit sie neue Reinigungsmittel und -utensilien bestellen konnte.
Ich werfe einen Blick auf die Uhr an meinem Handgelenk, es ist viertel nach sieben und ich bin unglaublich müde.
»Callie?«
Ich drehe mich vor der Haustür um. »Oh, hi.« Ich wende mich ab und stecke den Schlüssel ins Schloss.
»Haben Sie unsere Verabredung vergessen?«
Nur für den Bruchteil einer Sekunde schließe ich die Augen und atme tief durch. »Nein, aber ich komme gerade erst von der Arbeit. Ich brauche ein paar Minuten, um mich umzuziehen.« Scheiße, warum lehne ich nicht einfach ab?
»Soll ich hier warten?«, fragt Mr. Collins amüsiert.
»Möchten Sie vielleicht mit nach oben kommen?«, erkundige ich mich.
»Klar«, entgegnet er lächelnd.
Na super, dann wird er gleich erleben, wie ich keuche und schnaube, schießt es mir durch den Kopf. Ich öffne die Haustür und lasse ihn rein, jedoch lässt er mir an der Treppe den Vortritt. »Danke.«
Er folgt mir, ohne einen Mucks von sich zu geben oder außer Atem zu sein – ganz anders als ich, denn ich schnaube gefühlt, wie ein wütendes Nashorn.
Ich bemühe mich, mir den Sauerstoffmangel nicht anmerken zu lassen, als wir vor meiner Wohnung ankommen. Aus Carolines höre ich laute Musik, sicher trainiert sie wieder auf ihrem Crosstrainer oder sitzt auf dem Fahrrad, um sich die nicht vorhandenen überschüssigen Pfunde abzustrampeln. Ich lasse Mr. Collins in meine Wohnung. »Möchten Sie etwas trinken?«, frage ich atemlos.
»Ein Wasser wäre nett.«
»Okay. Setzen Sie sich.« Ich schließe die Wohnungstür hinter mir und gehe in die Küche. Als ich mit dem Glas für ihn zurückkomme, sitzt er in meinem Sessel. »Hier.« Ich reiche es ihm.
»Danke, Ms. Williams.«
»Gern.« Ich schaue zu meinem Schlafzimmer. »Ich ziehe mich schnell um.«
»Alles klar.«
Ich betrachte ihn kurz. Da er ziemlich lässig gekleidet ist und eine Jeans sowie ein Hemd trägt, wird nichts dagegen sprechen, dass ich ein ähnliches Outfit wähle. Wenn ich schon mit ihm essen gehen muss, will ich mich in meiner Haut wenigstens wohlfühlen, auch wenn seine Gegenwart es mir erschweren wird.
»Sie haben eine schöne Wohnung.«
»Danke!« Ich schließe die Schlafzimmertür und ziehe mich eilig um, anschließend gehe ich ins Bad, um meine Haare zu kämmen und Parfüm aufzutragen. »Da bin ich«, verkünde ich, als ich wenige später zu ihm zurückkomme. »Meinetwegen können wir gehen.«
Er leert das Wasserglas, erhebt sich und kommt zu mir. »Gibt es ein Restaurant, das Sie gern besuchen?«
»Normalerweise gehe ich nicht in Restaurants.«
Mr. Collins sieht mich irritiert an. »Alles klar, aber wir werden sicher eines finden, in dem wir essen gehen können.«
Meine Kiefer mahlen. Ob ich lügen und ihm sagen soll, dass ich nicht hungrig bin? Ich mag es nicht, mir beim Essen zusehen zu lassen, insbesondere nicht, wenn es ein Fremder ist, der mir gegenüber sitzt.
Mr. Collins und ich sind zu einem kleinen Bistro gefahren. Hier ist kaum etwas los und wir sitzen an einem Tisch in der hintersten Ecke, worüber ich froh bin. Der Platz ist nicht besonders gut einzusehen, weshalb ich mich frage, warum er ihn ausgesucht hat. Vielleicht schämt er sich für mich. Ich ziehe meine Jeansjacke aus und lege sie auf die Bank neben mich. Er nimmt mir gegenüber Platz. »Sie haben mir das Leben gerettet, als Sie mich wegen meines Handys angerufen haben.«
»Das ist doch selbstverständlich, ich würde auch wollen, dass der Finder oder die Finderin mich anruft«, erwidere ich.
»So selbstverständlich ist es nicht.«
»Für mich schon«, erwidere ich.
Die Kellnerin unterbricht uns, sie hat nur Augen für ihn, als sie uns Speisekarten reicht und unsere Getränkebestellung aufnimmt.
Er zwinkert ihr zu, bevor er mich wieder ansieht. »Danke jedenfalls.«
»Keine Ursache«, wiederhole ich. Ich fühle mich unwohl. Die Kellnerin ist hübsch, schlank, der Männertraum schlechthin und er sitzt hier mit mir.
Mr. Collins sieht mich wieder an, er wirkt nachdenklich. »Sie sind nicht besonders gesprächig, oder?«
Ich schüttle den Kopf. »Nein, bin ich wirklich nicht.«
»Dann wird es schwer, sich mit Ihnen zu unterhalten«, sagt er leise, mehr zu sich selbst als zu mir.
Ich lege die Speisekarte ab. »Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, was ich hier soll. Für mich war es selbstverständlich, Sie anzurufen.«
»Das wäre es nicht für jeden gewesen und ich möchte mich mit diesem Essen bei Ihnen bedanken.«
»Hm.« Widerwillig schaue ich in die Karte, aber sie überzeugt mich nicht, weshalb ich mich für einen gemischten Salat entscheide.
»Warum sind Sie nicht gesprächig?«
»In meinem Job spreche ich auch nicht viel.«
»Was machen Sie beruflich?«
»Ich arbeite in einem Hotel in der Stadt.« Ich schaue ihn an. »Und Sie?«
»Ich rede sehr viel in meinem Job.« Er legt den Kopf schief. »Ich bin Schauspieler.«
»Oh okay … Wow«, entgegne ich überrascht. »Kennt man Sie aus irgendwelchen Filmen?«
»Eigentlich schon, aber scheinbar ist das nicht ganz Ihr Genre.«
»Ich sehe ziemlich selten fern.«
»Gut zu wissen.« Er verzieht seine sinnlichen Lippen zu einem Lächeln. »Nennen Sie mich Shawn.«
»Callie«, erwidere ich.
Unsere Getränke kommen, ein weiteres Mal zwinkert er der Kellnerin zu, als sie die Essensbestellung aufnimmt. Dann geht sie mit schwingenden Hüften davon. Vielleicht hat sie ihn ja erkannt und weiß mehr über ihn als ich.
Ich schaue ihr ebenfalls hinterher, bevor ich ihn wieder ansehe. »Sie wissen, wie man einer Frau ein schlechtes Gefühl gibt, das muss ich Ihnen lassen.«
Fragend sieht er in meine grünen Augen. »Wie meinen Sie das?«
»Sie laden mich hierher zum Essen ein, worum ich Sie nicht gebeten habe, und flirten mit der Bedienung, während Sie sich mit mir unterhalten. Das ist ziemlich unhöflich.« Ich räuspere mich. »Lassen wir das mit dem Essen, ich gehe einfach nach Hause und Sie können flirten.« Ich greife nach meiner Jacke und erhebe mich. »War nett, Sie kennenzulernen, Shawn.« Anschließend gehe ich davon. Ich wusste, dass ich mich nicht darauf hätte einlassen sollen.
»Callie, warten Sie«, sagt er, als ich das Bistro bereits verlassen habe und er zu mir aufgeholt hat.
»Nein, Sie hätten mir nicht noch deutlicher zeigen können, dass es nicht Ihr Fall ist, mich zu treffen und mit mir zu zeigen. Ich rede nicht viel, ich bin sicher nicht so ein Geschoss wie die Bedienung und Sie haben sich für mich geschämt, das habe ich gemerkt, als wir uns in die hinterste Ecke gesetzt haben. Danke, aber so einen Abend will ich nicht verbringen, nachdem ich 13 Stunden gearbeitet habe.«
Er seufzt. »In Ordnung, ich bezahle unsere Getränke und wir gehen irgendwo etwas trinken, ist Ihnen das lieber?«
Ich schüttle den Kopf. »Ich habe keinen Bedarf.«
»Und ich will mich immer noch für Ihre Ehrlichkeit bedanken.«
»Nein danke.« Ich gehe los.
»Jetzt warten Sie doch.« Shawn kommt vor mich und schneidet mir den Weg ab, wann immer ich an ihm vorbeigehen will. »Callie, lassen Sie uns von vorn anfangen. Kommen Sie wieder mit rein, wir setzen uns an einen anderen Tisch und ich werde mich nur auf Sie konzentrieren, okay?«
Ich senke den Blick. Das kann er doch nicht ernst meinen.
»Kommen Sie schon.«
»In Ordnung.« Ich schaue zu ihm hoch. »Aber sobald Sie wieder flirten, bin ich weg.«
»Deal.« Er streckt seine Hand aus, doch ich ergreife sie nicht.
Ich mache auf dem Absatz kehrt und gehe mit ihm zurück zum Bistro.
Die Kellnerin ist gerade dabei, unseren Tisch abzuräumen, als Shawn sie aufhält. »Sorry, meine Begleitung musste frische Luft schnappen. Hier hinten ist es recht stickig, ist es okay, wenn wir uns einen anderen Tisch aussuchen?«
Sie lächelt ihn an. »Aber sicher«, säuselt sie. »Bleibt es bei Ihrer Bestellung?«
Er nickt knapp, nimmt ihr unsere Gläser ab und sieht mich erwartungsvoll an. »Wo möchten Sie sitzen?«
»Am Fenster wäre nett oder mittendrin, aber nicht so weit hinten.«
»Okay.« Zielstrebig geht er zu einem Tisch am Fenster, stellt unsere Getränke ab und zieht einen Stuhl für mich zurück. »Bitte.«
Jetzt übertreibt er, denke ich irritiert. »Danke.« Ich setze mich, er nimmt mir gegenüber Platz.
»Erzählen Sie mir ein wenig von sich«, sagt er gut gelaunt.
»Es gibt nicht besonders viel zu erzählen.«
»Haben Sie Familie?«
»Nein.«
»Keine Eltern?«
»Nein«, wiederhole ich um Fassung bemüht. Warum muss er auch gleich meinen wundesten Punkt treffen?
Shawn hebt eine Augenbraue. »Darf ich fragen, was passiert ist?«
»Ich bin Vollwaise, denke ich, ich bin in einem Waisenhaus in Brooklyn aufgewachsen und mit 18 wurde ich vor die Tür gesetzt. Ich habe mich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten, bin irgendwann nach San Francisco getrampt und habe hier eine Anstellung in einem Hotel gefunden.«
»Dann waren Sie nicht auf dem College?«
Daraufhin schüttle ich den Kopf. »Ich konnte es mir nicht leisten, ein Stipendium bekam ich nicht, also habe ich diesen Traum ganz schnell aufgegeben.«
»Das ist ... traurig.«
»Nein, das ist das normale Leben«, kontere ich und schaue auf den Tisch zwischen uns. »Und Sie sind Schauspieler?«, drehe ich den Spieß in diesem Frage-Antwort-Spiel nun herum.
»Ja.«
»Spielen Sie in Filmen oder Serien mit?«
»In Filmen.«
»In welchen?«
»Zum Beispiel in dem Streifen, der aktuell im Kino ist.«
»Ich habe keine Ahnung, was es dort aktuell zu sehen gibt.«
»›Crazy Heart‹ heißt der Film.«
»Klingt nach einem Liebesfilm.«
»Es ist eine Romantikkomödie, es war mal etwas Anderes, überwiegend spiele ich in Actionfilmen mit.«
»Wie hat das alles angefangen?«, erkundige ich mich.
»Ich habe sogenannte Showbiz Parents, die mich schon als Kind zu Castings geschleppt haben. Ich habe in Sitcoms mitgespielt, in Soaps und schließlich bin ich nach Hollywood gegangen, habe dort auch ernste Rollen ergattern können und nun kann ich mich vor Angeboten kaum retten. Trotzdem gehe ich oft zu Castings, weil ich die Rollen selten annehme, da sie mich meistens nicht interessieren.«
»Klingt nach einem wahrgewordenen Traum, auch wenn Sie Ihre Kindheit aufgegeben haben.«
»Es ist stressig. Egal, wo ich bin, ich werde fotografiert. Ich wette, morgen steht schon ein Bericht über diesen Abend im Internet.«
Ich lege den Kopf schief. »Wie meinen Sie das?«
»Ich meine, dass es dann heißt, dass Sie und ich ein Paar sind, ich sesshaft geworden bin und so weiter«, sagt er lächelnd.
Ich hebe eine Augenbraue. Also auf solche Artikel kann ich sehr gut verzichten und er hoffentlich auch.
»Wollen wir uns nicht duzen?«
»Klar«, erwidere ich.
Shawn betrachtet mich einen Moment. »Gehst du nicht oft ins Kino?«
»Nie, wenn ich ehrlich bin.«
»Warum nicht?«
Ich denke kurz nach. »Es ist nicht mein Fall, mir einen Film anzusehen, während zweihundert Leute um mich herumsitzen, von denen womöglich 20 bis 30 telefonieren.«
»Verständlich.«
»Hm.« Ich bin froh, dass das Gespräch bei der Offenbarung, dass ich keine Familie habe, nicht ins Stocken geraten ist. Dass es ihn irgendwie betroffen gemacht hat, kann ich nicht sagen, und wenn doch, hat er es gut überspielt.
Sein Handy klingelt. »Sorry.« Er holt es aus seiner Hosentasche, doch nimmt er den Anruf nicht an, stattdessen schaltet er das Smartphone aus.
»Du hättest das Gespräch annehmen können.«
»Es war nur eine Bekannte, die kann ich später zurückrufen.« Sein Mundwinkel zuckt. »Was machst du beruflich?«
Ich räuspere mich. »Ich bin Zimmermädchen.«
Kurz wackeln seine Augenbrauen. »Das hätte ich nicht gedacht.«
»Warum nicht?«, hake ich irritiert nach.
»Weil du zu klug wirkst, um anderer Leute Dreck aufzuräumen.«
»Tja, sag das meinem Boss, der nach meiner Bewerbung sagte, dass ich nicht für die Rezeption geeignet bin, sondern nur eine Stelle als Zimmermädchen haben könnte.«
»Warum ungeeignet?« Wow, er scheint es genau wissen zu wollen.
Ich zucke mit den Schultern. »Keine Ahnung, ich beherrsche Fremdsprachen, aber vielleicht sind es nicht genug, und bin freundlich, aber es liegt sicher an meiner fehlenden Ausbildung.«
»Gut möglich.«
»Was machst du in San Francisco?«, frage ich interessiert.
»Urlaub. Ich habe vor drei Wochen einen Film abgedreht und die Dreharbeiten zum nächsten gehen erst in zwei Monaten los, also besuche ich meine Familie, treffe Freunde, entspanne ... All das, was ich während eines Drehs nicht machen kann.«
»Das klingt anstrengend.«
Shawn schüttelt abermals den Kopf. »Das ist es nicht.«
»Und besuchst du auch die Oscars, Grammys und andere Preisverleihungen?«
Er hebt eine Augenbraue. »Ja, warum?«
»Es interessiert mich. Wann sitzt man schon mal mit einem Schauspieler zusammen in einem Bistro und kann ihn darüber ausfragen?« Ich lächle ihn an.
Shawn schnaubt amüsiert. »Wahrscheinlich nicht allzu oft.«
»Ist das wirklich so überkandidelt, wie man denkt, wenn man sich die Übertragungen ansieht?«
»Nein, es ist recht entspannt.«
»Okay.« Ich nehme eine Serviette vom Tisch und wische unter der Tischplatte unauffällig meine schweißnassen Hände trocken.
Shawn trommelt mit den Fingerspitzen auf den Tisch. »Es ist schön, mit jemandem am Tisch zu sitzen, der nicht nur über meine Filme sprechen will.«
»Würde ich sie kennen, würde ich vielleicht etwas dazu sagen oder fragen, aber ich unterhalte mich lieber über wichtigere Dinge als Filme.«
Sein Blick spricht Bände. Er wirkt amüsiert, was sicher an meinem Auftreten liegt. Ich bin unsicher, dann gehe ich auch noch die Wände hoch, weil er mit der Kellnerin flirtet, und nun sage ich ihm auch noch brühwarm, dass mich seine Filme nicht interessieren. Ich bin mit Anlauf auf das Fettnäpfchen zugestürmt und habe eine Arschbombe hinein gemacht. Beschissener hätte es doch gar nicht laufen können.
»Sorry«, sage ich leise.
»Was denn?«, hakt er grinsend nach.
»Dass ich sagte, was ich sagte.«
»Du meinst, dass du meine Filme nicht kennst?«
Ich nicke langsam.
»Du bist ehrlich und das schätze ich an Menschen. Ich unterhalte mich lieber mit einer ehrlichen Haut als mit einem Arschkriecher.«
»Mhm«, mache ich überfordert.
Shawn legt seine Hand auf meine, die nervös die Serviette zerrupft. »Bist du nervös?«
»Nein«, stoße ich aus.
»Warum zerlegst du dann die Serviette in ihre Einzelteile?«
Mein Blick fällt auf unsere Hände und Hitze steigt in meine Wangen. »Oh.« Mehr als das bringe ich nicht über die Lippen, da es mich so verlegen macht.
Er lacht leise. »Du musst dich nicht schämen, es hat mich bloß gewundert, dass du seit Minuten daran herumzupfst.«
»Tut mir leid.« Ich lege sie auf den Tisch und ignoriere das Häufchen Zellstoffelend.
»Kein Problem, es ist nur eine Serviette.«
Ich weiche seinem Blick aus und sehe mich im Bistro um. »Es ist peinlich.«
»Dass ich dich nervös mache?«
»Nein, dass ich es bin. Ich bin nicht oft unter Menschen.«
»Callie?«
Ich schaue ihn wieder an.
»Es ist wirklich okay.«
Ein erleichtertes Lächeln umspielt meine Lippen. »Na gut.«
Die Bedienung bringt uns das Essen. »Danke«, sagt er, ohne sie weiter zu beachten, was ihr scheinbar nicht passt, wenn ich ihren Gesichtsausdruck richtig interpretiere. Mich stört es nicht, immerhin ist es unhöflich, die Begleitung einer anderen Frau anzugraben.
»Sicher bekommst du gleich ihre Nummer«, spreche ich meinen Gedanken aus und beiße mir auf die Zunge.
Er holt eine Serviette unter dem Teller hervor. »Habe ich schon.« In den Händen hält er die Papierserviette mit einer handgeschriebenen Telefonnummer, anschließend faltet er sie zusammen und legt sie an die Seite.
»Kommt das oft vor?«
»Ständig und es nervt«, antwortet er nach einem Seufzen.
Nickend stochere ich in meinem Salat herum. Er ist das Erste, das ich heute esse, weil ich so viel zu tun hatte. Heute Morgen hatte ich verschlafen, sodass ich nicht mehr frühstücken konnte, sondern Hals über Kopf das Haus verlassen musste. Auf dem Weg band ich meine dunkelbraunen Haare zu einem unordentlichen Pferdeschwanz, in dem das Haargummi kaum Halt fand, und bin zum Cable Car gerannt. Allerdings kann ich nun auch nicht behaupten, dass ich Appetit habe, dennoch esse ich ein wenig.
»Schmeckt es nicht?«, erkundigt er sich.
»Doch, ich denke bloß nach.«
»Worüber?«
Ich hebe den Blick von meinem Teller und schaue ihn ratlos an. »Über den Tag.«
»War er so schlimm?«
»Anstrengend trifft es besser.«
»Meine Schwester arbeitet in einem Hotel im Service, sie sagt auch oft, dass die Arbeit dort anstrengend ist.«
»Im Service ist es sicher anstrengender, wenn viel los ist.«
Er neigt den Kopf. »Wie viel Zeit hast du, um ein Zimmer aufzuräumen?«
Ich hole tief Luft. »Etwa 15 Minuten, um alles zu schaffen.«
»Wow.«
»Die Suiten müssen innerhalb von 30 Minuten aufgeräumt und sauber sein.«
»Wahnsinn, ist bestimmt stressig.«
»Ja, manchmal sogar wirklich widerlich«, entgegne ich. »Aber beim Essen möchte ich nicht daran denken.«
»Hoffentlich trägst du Handschuhe«, sagt er grinsend.
Ich schnaube amüsiert. »Glücklicherweise ja.«
Während und nach dem Essen haben wir uns noch eine Weile über belanglose Dinge unterhalten, wie das Leben in dieser Stadt oder unsere Hobbys, wobei ich eigentlich keine habe. Er ist nett, sehr sogar, und man spürt, dass er das Leben liebt. Shawn ist ganz anders als ich, er genießt es in vollen Zügen; ich hingegen frage mich, wie viele Morde ich in einem früheren Leben begangen habe, dass ich nun völlig allein bin. Ich habe niemanden außer Caroline und selbst mit ihr verbindet mich bloß eine oberflächliche Bekanntschaft.
»Wollen wir los?«, fragt er, nachdem er die Rechnung beglichen hat.
»Hm.« Aus irgendeinem Grund fühle ich mich nicht besonders gut, aber ich will mir nichts anmerken lassen. Ich erhebe mich und ziehe meine Jeansjacke an, die Handtasche halte ich mit einer Hand fest. Ausgerechnet jetzt muss mein Kreislauf versagen. Nicht nur, dass es peinlich ist, nein, es passiert in letzter Zeit viel zu oft, aber das ist der vielen Arbeit geschuldet.
Shawn und ich verlassen das Bistro und der Wechsel von der schwülen Hitze des Lokals in die kühle Abendluft ist zu viel für mich. »Ist alles ... Callie!«
Ich schlage nicht auf den Boden auf, aber dafür verliere ich mich in unendlicher Schwärze.
Mir tut der Kopf weh. Ich kneife die Augen weiter zu, um den Schmerz zu vertreiben, gelingen will es mir jedoch nicht.
»Callie?« Die Stimme kenne ich nicht.
Blinzelnd öffne ich die Lider und sehe mich um. Die Umgebung ist mir ebenfalls fremd, genauso wie die Frau, die auf der Bettkante sitzt. »Ich bin Barbara, Shawns Mutter.«
»Hi«, sage ich leise und richte mich auf, dabei halte ich meinen Kopf. »O Gott«, stoße ich aus, als ich bemerke, dass ich bloß meine Unterwäsche trage, dennoch vergewissere ich mich mit einem Blick unter die Decke noch einmal.
»Wissen Sie noch, was passiert ist?«
»Wo sind meine Sachen?«, möchte ich hingegen wissen.
Sie deutet auf einen Sessel.
»Danke.«
»Callie, passiert es öfter, dass Sie bewusstlos werden?«
»Nein«, antworte ich verlegen. »Und es tut mir leid, falls ich Shawn erschreckt habe.«
»Hm.« Sie erhebt sich. »Wenn Sie möchten, kommen Sie ins Wohnzimmer, vielleicht wollen Sie es meinem Sohn erklären.«
Sicher nicht, antworte ich in Gedanken, spreche es aber nicht aus.
Sie verlässt das Zimmer und ich atme auf. Als die Tür hinter ihr geschlossen ist, stehe ich langsam auf und ziehe meine Sachen an. Sie haben mir sogar die Socken ausgezogen. »Wie peinlich«, sage ich zu mir selbst.
Ich habe nicht lange gebraucht und schleiche an die Schlafzimmertür. Mein Blick schweift noch einmal durch den Raum, ich kontrolliere, ob ich alles habe. Anschließend werfe ich einen in meine Handtasche. Alles da. Ich lege meine Hand an den Türknauf und höre, dass jemand vor dem Zimmer steht.
»Shawn, lass das Mädchen in Ruhe, sie kommt gleich raus.«
»Ich gehe schon nicht zu ihr, Mom, hör auf, mir zu unterstellen, dass ich alles ficke, was nicht bei drei auf den Bäumen ist«, vernehme ich einen genervten Shawn, dessen Stimme sich entfernt.
Als ich mir sicher bin, dass niemand mehr vor dem Raum auf mich lauern könnte, verlasse ich ihn. Noch einmal sehe ich mich um und entdecke die Treppe. Langsam schleiche ich nach unten, sehe die Haustür, die mir Freiheit verspricht, und werde etwas schneller, aber nicht lauter. Ich will mich keinen Fragen stellen.
»Callie?«, er steht hinter mir, als ich gerade nach draußen gehen will.
»Sorry«, entgegne ich und laufe raus. Es ist mir egal, dass die Tür offensteht, ich will einfach nur weg, um mich nicht noch länger schämen zu müssen.
»Callie, warte!«, ruft er mir hinterher. Er nähert sich mir.
Einmal mehr verfluche ich mich im Stillen dafür, dass meine Kondition der einer Haselnuss entspricht. Ich werde langsamer, bis ich schließlich stehe.
»Warum läufst du weg?«
»Das tue ich nicht«, sage ich verlegen.
»Komisch, für mich ist es weglaufen, wenn jemand fluchtartig das Haus verlässt.«
»Danke, dass du mir geholfen hast, aber ... ich sollte jetzt ... wirklich gehen.« Ich will an ihm vorbei, doch er schneidet mir den Weg ab.
»Passiert es öfter, dass du zusammenbrichst?«
Ich schüttle vorsichtig den Kopf. »Nein, ich habe bloß Kreislaufprobleme.«
»Du musst nicht gehen. Ich habe bei deiner Arbeit angerufen und dich für die nächsten Tage krankgemeldet.«
Verwundert sehe ich ihn an. »Das wäre nicht nötig gewesen.«
»Du warst bewusstlos und ich habe einen Arzt gerufen, der eindeutig sagte, dass du dich schonen sollst. Hier.« Er reicht mir die Krankmeldung. »Die solltest du abgeben.«
Ich nehme sie ihm aus der Hand. »Danke, aber ich denke nicht, dass ich sie brauche.«
»Bist du wahnsinnig? Du kippst um, bist nicht ansprechbar, sondern wie im Koma, und du willst arbeiten gehen?