Hollywood Ladies · Eine geht noch - Lena Troll - E-Book
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Hollywood Ladies · Eine geht noch E-Book

Lena Troll

4,0

Beschreibung

SYLVIA, glückliche Hollywoodschaukel- und Schrebergartenbesitzerin, liest gerne Krimis. FLORENTINE, ihre Tochter, gerade von ihrem Lover verlassen, fällt es schwer, einen neuen Liebesroman zu schreiben. Und da wäre noch PIA, Florentines Freundin, dreifache Mutter und Polizistin. Sie bekommt Traumberuf und Familienleben mehr schlecht als recht unter einen Hut. Als Florentine zusammen mit Eddie, ihrem Mischlingshund, in der Waschküche eine niedergeschlagene Frau findet, fällt sie in Ohnmacht. Aber dann passieren in der kleinen Stadt weitere mysteriöse Verbrechen und Sylvia, Florentine und Pia ermitteln, jede auf ihre ganz spezielle Weise ...

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Inhalt

1 Sylvia

2 Pia

3 Florentine

4 Sylvia

5 Pia

6 Florentine

7 Sylvia

8 Pia

9 Florentine

10 Sylvia

11 Pia

12 Florentine

13 Sylvia

14 Pia

15 Florentine

16 Sylvia

17 Pia

18 Florentine

19 Sylvia

20 Pia

21 Florentine

22 Sylvia

23 Pia

24 Florentine

25 Sylvia

26 Pia

27 Florentine

28 Sylvia

29 Pia

30 Florentine

31 Sylvia

32 Pia

33 Florentine

34 Sylvia

35 Pia

36 Florentine

37 Sylvia

38 Pia

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig.

© 2023, Lena Troll · hollywood-ladies.de

Satz u. Layout / e-Book: Gabi Schmid · Büchermacherei · buechermacherei.de

Korrektorat: Ursula Fethke

Covergestaltung: Kristin Pang · www.kristinpang.com

Bildquellen: # 2100687484, # 2100151825, # 1901661757, # 1521944831, # 1188741010, # 86314071, # 781290544 | Shutterstock; # 142972639, # 81312549 | Adobe Stock; Autorin

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt

Softcover: 978-3-73472-452-7

E-Book: 978-3-73470-007-1

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1

Sylvia

Da war noch eine! Hoffentlich die Allerletzte.

Sylvia bückte sich und schob die Stängel der Ritterspornblüten vorsichtig auseinander. Mit ihren bunt gemusterten Gartenhandschuhen schnappte sie nach der orangerot-glitschigen Nacktschnecke und warf sie in ihren Henkeleimer, dessen Boden schon völlig bedeckt war. Mit leicht angewidertem Blick verschloss sie den Eimer mit dem passenden Deckel. Zu! Nun konnten die Schnecken keinen weiteren Schaden anrichten. Und jetzt? Was sollte sie mit ihnen anstellen?

Sylvias Mutter hatte früher alle Nacktschnecken, Weinbergschnecken und sogar die Tigerschnecken, die kaum Schaden anrichteten, in Bier ertränkt. Ihre Nachbarin hier im Schrebergarten, das hatte Sylvia beobachtet, verwendete das altbewährte Blaukorn, um die Schädlinge zu vernichten. Aber sie, nein, sie würde keine Tiere töten. Als aktives Mitglied der wenig aktiven Mindringer Friedensbewegungsgruppe Schwaben for Peace konnte sie das nicht verantworten. Doch erfreulich war es nicht, dass die Schnecken über ihr sorgsam gepflegtes Schrebergartengrundstück herfielen und die Vergissmeinnicht vernichteten. Sylvia seufzte, stellte den Eimer neben die Eingangstür ihrer Gartenhütte und zog die mit Schlamm verschmierten Gummistiefel aus. Der fast eine Woche lang andauernde Juliregen hatte ihren Blumen gutgetan, aber ihre ehemals knallgelben Gummistiefel waren nun schmutzig braun. Sylvia öffnete die Holztür und ging in Strümpfen die wenigen Schritte zur kleinen Küchenzeile. Im Kühlschrank fand sie Apfelsaft und Wasser und schenkte sich in einem ausrangierten Senfglas eine Apfelsaftschorle ein. Sie hatte einen Riesendurst und trank in großen Schlucken.

Müde lehnte sie sich gegen die Spüle und betrachtete den gemütlich eingerichteten Raum. Ein wohliges Gefühl durchströmte sie. Dies war ihr persönliches Reich. Geschaffen nach ihren Bedürfnissen. Und obwohl eine der Längsseiten ausschließlich aus überquellenden Bücherregalen bestand, wirkte die Hütte durch die großen Sprossenfenster hell. In der linken hinteren Ecke stand das 1,20 Meter breite Bett, in dem sie schlief, wenn sie hier übernachtete. Sie hatte es mit einem Quillt abgedeckt. Daneben das kleine blaue Sofa und ihr Lesesessel, über dem ein Schaffell lag. Einladend sah das aus, dachte sie zufrieden. Und das Schaf hatte sie gekannt. Sie wusste, dass es ein gutes Leben am Rand der Schwäbischen Alb gehabt hatte. In der Mitte des Raums standen außerdem ein kleiner weißer Tisch mit zwei Stühlen und ein Holzofen, der ihre Hütte selbst bei ungemütlichem Wetter und im Winter schnell kuschlig warm machte. Aber es war nicht nötig, einzuheizen. Der Sommer hatte zwar in der letzten Woche eine Pause eingelegt, doch seit heute Morgen strahlte die Sonne in einem fast unwirklich blauen Himmel.

Sylvia schenkte sich Schorle nach und stellte die Glasflasche mit dem naturtrüben Apfelsaft und das Mineralwasser wieder zurück in den Kühlschrank. Erst gestern hatte sie den Saft bei einem Biobauern ein paar Kilometer außerhalb von Mindringen gekauft. Praktisch, diese kleinen Stände am Straßenrand, an denen die Bauern auf den Dörfern ihr frisch geerntetes Obst und eigens gepresste Säfte verkauften. Mit dem gefüllten Glas ging sie aus der Hütte und setzte sich auf die blau-weiß gestreifte Hollywoodschaukel, die Joachim, ihr Mann, neben dem alten Kastanienbaum aufgestellt hatte. Mit einem kleinen Seufzer stellte Sylvia das Glas auf eine umgedrehte Apfelkiste, die sie als Beistelltisch benutzte, und ließ sich in die Schaukel fallen. Rücken, Hände, Knie, alles schmerzte. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn, fuhr sich durch die kurzen, grauen Haare und schloss für ein paar Sekunden die Augen.

Das Gärteln war ihr großes Glück. Aber eine pensionierte Deutschlehrerin, die in ihrem ganzen Leben vor allem geredet, gesessen und gestanden hatte, war eben kein durchtrainierter Profigärtner, der das ständige Knien, wieder Aufstehen und wieder Hinknien mit links absolvierte. Andererseits hielt sie sich mit Fahrradfahren fit. Bei gutem Wetter fuhr sie zwei- bis dreimal die Woche mit dem Fahrrad in den Schrebergarten, der rund zwei Kilometer von ihrer Wohnung entfernt war. Zwar ging es auf dem Hinweg zuerst bergab, durch ihre Kleinstadt, dann am Neckar entlang, aber wenn sie zurückfuhr, strampelte sie die Steigung auf den Heuberg hinauf. Und das ohne Elektroantrieb. Sylvia krempelte die Hosenbeine hoch und ließ ihre Füße baumeln. Die Sonne schien auf ihre Unterschenkel. Wie angenehm, nach diesen kühlen Regentagen!

Sie betrachtete ihren kleinen, kaum mehr als fünfzig Quadratmeter großen Garten. Auf der linken Seite lag das in ihrer Lieblingsfarbe angelegte blaue Blumenbeet. Hier blühten Vergissmeinnicht, wenn sie denn nicht von Schnecken angegriffen wurden, Kornblumen und verschiedene Sorten von Rittersporn. Neben dem Beet hatte Joe, wie sie ihren Mann seit bald fünfzig Jahren nannte, im letzten Jahr auf den wenigen Metern bis zum Gartentürchen einige Natursteinplatten verlegt. Den dadurch entstandenen Weg hatte sie mit ein paar Johannisbeer- und Stachelbeersträuchern gesäumt, die aber dieses Jahr noch keine Früchte trugen. Hinter der Hütte hatte Joe sogar eine ökologische Außentoilette aufgestellt. Der einzige Baum auf ihrem Grundstück war die Kastanie, die im Frühjahr riesige weiße Blüten getrieben hatte und jetzt voller Früchte stand. Sylvia freute sich schon auf den September, wenn die großen braunbeigen Kugeln vom Baum fallen würden und sie ihre Hütte damit schmücken konnte.

Ihre Hütte! Wie fabelhaft das klang! 68 Jahre alt hatte sie werden müssen, bevor sie einen eigenen Raum für sich hatte. Joe und sie hatten das Grundstück zwar zusammen gepachtet und im vorigen Sommer gemeinsam mit einem Freund die Hütte darauf gebaut, aber sie war es, die einrichten durfte, die entschieden hatte, welche Blumen und Sträucher angebaut wurden. Und sie war es vor allem, die hier werkelte und ab und zu übernachtete. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie ein eigenes Reich.

Als Kind hatte sie das Zimmer mit ihrer jüngeren Schwester teilen müssen. Als sie dann auf Lehramt studierte, hatte sie zuerst wegen der Kosten zu Hause bei den Eltern auf dem Land gewohnt. Später, als Joe in ihr Leben getreten war, hatte sie mit ihm in einer winzigen Bude gehaust. Sie hatten geheiratet, die drei Kinder waren gekommen, und sie hatten gebaut, wie man das so machte. Ein kleines Einfamilienhaus oben auf dem Heuberg, im Grünen. Nachdem die Jüngste, Gundi, ausgezogen war, hatten sie das Haus verkauft und waren in eine großzügige Zweizimmerwohnung mit Balkon gezogen. In einer Nische arbeitete sie für die Schule. Und dann, nach der Pensionierung, hatte sie ihre Arbeitsunterlagen weggeräumt, und es gab kein Zimmer für sie alleine. Diese Hütte war der erste Raum, der nur ihr gehörte. Hier saß sie in ihrem Lesesessel und las, vor allem Krimis. Und sie kam hierher, wenn sie im Garten arbeiten oder alleine sein wollte.

Joe dagegen liebte es, von alten Autos und Motoren umgeben zu sein. Gerade half er einem Freund, einen komplizierten Oldtimermotor und das dazugehörige Gefährt wieder in den Originalzustand zu versetzen. Zudem hatte Joe seine Kartenfreunde. Heute Abend würde er sich mit ihnen treffen und Skat spielen. Deshalb hatte Sylvia beschlossen, in ihrer Hütte zu übernachten. Von zu Hause hatte sie sich einen schwäbischen Wurstsalat mitgebracht. Den würde sie nachher mit einer frischen Brezel essen und dazu ein gekühltes Pils trinken. Und dann würde sie sich einen Roman von Patricia Highsmith vornehmen, den sie noch nicht kannte. Gestern Abend hatte sie Highsmiths Der talentierte Mr. Ripley ausgelesen, zum dritten oder vierten Mal. Was für ein großartiger psychologischer Roman! Und heute Abend würde sie sich in Highsmiths Geschichtenerzähler vertiefen. Sylvia liebte es, Krimis zu lesen, mitzufiebern und mit zu ermitteln. Hier in Mindringen passierte ja nichts.

Sylvia trank die Apfelschorle aus. Ihr Blick fiel auf den Schneckeneimer. Was tun damit? Kurz huschte ein Grinsen über ihr Gesicht. Ihre übernächste Nachbarin hier in der Schrebergartenanlage, Anna Wäschle, war eine schreckliche Tratschtante. Sylvia kannte sie von früher. Anna Wäschle hatte in der Raiffeisenbank gearbeitet, in der ihre Eltern ein Konto gehabt hatten. Ihr könnte sie doch den Inhalt des Schneckeneimers in den Garten schütten. Aber nein, das war eine dumme Idee.

Vorgestern, als Sylvia kurz, wegen des Regens, mit ihrem Golf hierhergefahren war, um nach ihren Blumen zu schauen, hatte sie Anna Wäschle auf ihrem Grundstück überrascht. Die Frau war überhaupt nicht schuldbewusst gewesen, hatte nur gesagt, sie hätte sich das blaue Blumenbeet mal genauer anschauen wollen. Ein solches Beet wäre ja sehr ungewöhnlich und würde nicht so recht in die Gartenanlage passen. Und dann hatte Anna von anderen Schrebergartennachbarn erzählt, die ausschließlich Gemüse anbauen würden. »Weißt du«, hatte sie gesagt – und bereits dieses du hatte Sylvia maßlos geärgert. Anna hatte sich zu ihr gebeugt, als würde jemand mithören, »diese Ungarndeutschen haben überhaupt kein Gespür für Blumen. Die denken nur ans Essen.«

Angewidert hatte sich Sylvia ihrem Rittersporn zugewandt und die Frau stehen lassen.

Sylvia stand auf, zog ihre verschmutzten Gummistiefel an und schnappte sich den Eimer. Schnecken kannten ja leider keine Grenzen und würden sicher zu anderen Nachbarn kriechen, möglicherweise sogar zurück in ihren eigenen Garten. Sie griff nach ihrem weißen Fahrrad, das an der Hütte lehnte, und hängte den Eimer über das Lenkrad. Sie würde die Schnecken am Neckarufer aussetzen, dann hätten wenigstens die Elstern heute Abend ein leckeres Nachtmahl. Danach würde sie sich in ihre Hollywoodschaukel setzen, die letzten Sonnenstrahlen genießen und lesen. Später würde sie ihre älteste Tochter anrufen. Sie wollte wissen, ob Florentine endlich einen funktionierenden Anfang für ihren Krimi gefunden hatte. Sylvia setzte sich auf den Fahrradsattel und fuhr am Grundstück ihrer Garten-Feindin vorbei. Kurz geriet sie in Versuchung, wenigstens ein paar der ekligen Nacktschnecken über den Zaun zu werfen. Aber als sie einen Jogger sah, der ihr entgegenkam, ließ sie es bleiben und trat energisch in die Pedale.

2

Pia

Wie schön! Die Zwillinge hatten sich heute Abend ausnahmsweise ohne Diskussionen in ihr Zimmer verzogen und schliefen seit einer Stunde, und Paulchens Bauchschmerzen schienen vorbei zu sein. Pias Zweijähriger hatte gerade gierig sein letztes Fläschchen getrunken und lag zufrieden in seinem Bettchen. Sein rechter Mundwinkel zuckte, er lächelte selig im Schlaf. Pia strich über sein zartes Gesicht. Alles war friedlich. Vorhin hatte Tommie noch mal angerufen. Sein letzter Kurs vor der Prüfung schien gut zu laufen. Er wirkte zuversichtlich, dass er es diesmal schaffen könnte, und wenn alles klappte, wäre er in zwei Tagen wieder zu Hause. Dann hoffentlich als frischgebackener Versicherungsvertreter, der bald etwas zum Haushaltseinkommen beitragen konnte.

Pia atmete tief aus und machte die Schlafzimmertür leise hinter sich zu. Endlich ein wenig Zeit für sich alleine! Sie schenkte sich ein Glas gekühlten Weißwein ein, schnappte sich vom Küchentisch die Zeitschrift Hygge, die heute in der Post gelegen hatte, ließ sich im Wohnzimmer aufs Sofa fallen und legte die Beine lang auf die Polster. Der erste leckere Schluck Gewürztraminer rann langsam durch ihre Kehle. Sie öffnete die Illustrierte und las einen Artikel über die neuesten Riesenkissenüberzüge, die sie niemals stricken würde, weil sie Stricken hasste. Aber die Fotos sahen toll aus. Vielleicht könnte sie ihre Mutter davon überzeugen, dass ein, zwei neu gestrickte Kissen die fadenscheinigen Stellen auf ihrer abgenutzten Wohnlandschaft verdecken würden.

Mama hatte Pia und ihre jüngere Schwester Almut früher immer bestrickt. Pia konnte sich an die kratzigen dunkelbraunen Wolljacken erinnern, die fürchterlich juckten und die sie und Almut verabscheuten. Später, bei ihren Zwillingen, hatte Mama hellere und weichere Wolle ausgewählt. Hellblau für Leon und rosa für Emma. Na ja, Pias Geschmack war das nicht gewesen. Aber damals, vor elf Jahren, als der Vater der Zwillinge sie kurz nach der Geburt der beiden verlassen hatte, hatte sie andere Probleme gehabt als die falsche Farbe der Wolljäckchen. Pia überlegte. Sie könnte ihre Wunschwolle im Wollladen in der Innenstadt kaufen. Ein Kissen in Dunkelrot und eines in Hellgrau, das würde wunderbar zu ihrem Sofa passen. Mama hatte ja eh nichts mehr zu tun, seit sie sich aus dem Bekleidungsladen zurückgezogen und Papa mit seiner neuen Freundin das Feld überlassen hatte. Jetzt würde sie endlich Zeit für Pia und ihre Familie haben, so, wie sie es schon lange versprochen hatte.

Pia blätterte um. Oh! Luftige Sommerkleider für laue Abende. Sie war so lange nicht mehr mit Tommie ausgegangen. Vielleicht könnten sie in einem vegetarischen Restaurant in Tübingen seinen Erfolg feiern. Hatte da nicht gerade ein neues Gasthaus aufgemacht? Wie hieß das denn noch mal? Es müsste genau dort neu gebaut worden sein, wo letztes Jahr der frühere Besitzer Brandstiftung begangen hatte. Wahrscheinlich hatte der mit seinem Kebabstand zu wenig verdient. Fünf Jahre hatte er dafür bekommen. Oder waren es sechs? Pia griff nach ihrem Handy und tippte. Vegetarisches Restaurant … Mama könnte auf die Kids aufpassen, und sie würde in ihrem neuen Sommerkleid mit Tommie ausgehen. Ihre langen Beine, umspielt von kühler Seide und nicht bedeckt von einer dunklen, viel zu warmen Uniform, die ihr so oft die Luft zum Atmen nahm. Pia tippte weiter: Tübingen. Eine Liste mit Restaurants tat sich vor ihr auf, und während sie die Zeilen überflog, vibrierte das Diensthandy in ihrer Hand, und sie ahnte, dass ihr gemütlicher Abend beendet war. Nein! Bitte nicht! Kurz überlegte sie, das Vibrieren zu ignorieren, aber dann ging sie dran.

»Hallo, Pia, Einsatz!«

»Ich hab Feierabend!«, antwortete sie gequält.

»Tut mir leid, aber deine Kollegen sind gerade bei einem Auffahrunfall in der Kautstraße. Du musst. Es geht um eine Schlägerei im Jugendhaus. Vielleicht nichts Ernstes, und du kannst gleich wieder nach Hause.«

Pia atmete tief aus.

»Wird Zeit, dass dein Chef wiederkommt«, sagte die Frau am Ende der Leitung und verabschiedete sich.

Pia legte auf. Sofort blinkten Signalworte durch ihr Hirn. Paulchen, die Zwillinge. Tommie, nicht da. Mama. Sie musste ihrer Mutter das Babyphone rüberbringen. Ein Blick auf die Uhr, kurz vor zehn. Mist! Mama schlief sicher schon, sie ging oft früh ins Bett. Pia sprang auf, zog Jogginghose und T-Shirt aus, schlüpfte im Schlafzimmer leise in ihre Uniform, die sorgfältig über dem Bügel am Kleiderschrank hing, und zog die Schnürsenkel der Dienstschuhe zu. Ein Blick auf Paulchen, er schlief tief und fest. Sie lief eilig einen Stock nach oben und öffnete das Zimmer der Zwillinge. Leon war mit seinem Tablet in der Hand eingeschlafen. Pia zog es ihm weg und verstaute es in einer Schublade. Emma lag bäuchlings im Bett, die Decke hatte sie weggestrampelt, wie immer. Pia hob sie vom Boden auf, legte sie über ihre blond gelockte Kleine und schloss leise die Tür hinter sich. Sie eilte nach unten, schnappte sich Handy, Babyphone, Autoschlüssel und ihren eigenen sowie Mamas Hausschlüssel von der Garderobe. Es kam nicht oft vor, dass sie abends zu einem Einsatz gerufen wurde, aber wenn, dann liefen ihre Handgriffe wie geschmiert. Sie schloss die Haustür hinter sich. Noch mal ein kurzer Blick zum Zimmer der Zwillinge, alles dunkel. Sie ging die paar Schritte zur nächsten Haustür und schloss auf.

»Für Notfälle«, hatte ihre Mutter vor ein paar Wochen zu ihr gesagt und ihr den mit kitschigen Federn und bunten Ringen geschmückten Schlüssel in die Hand gedrückt. »Ist ja gut, wenn man eine Polizistin als Tochter hat. Könnte ja mal was passieren. Einbrecher oder so.«

Praktisch, dass ihre Mutter nach der Scheidung von Papa in die leer gewordene Doppelhaushälfte nebenan gezogen war. Kaum vernehmlich schloss Pia die Haustür hinter sich. Weder im Wohnzimmer noch in der Küche brannte Licht. »Mama?«, fragte sie vorsichtig, schaute sich im unteren Stock kurz um, dann sprang sie die Treppenstufen zum Schlafzimmer nach oben. Gut, dass ihre Dienstschuhe Gummisohlen hatten. Sie näherte sich der Schlafzimmertür. Hörte leises Stöhnen. Oh Gott, ging es Mama schlecht? Sie hatte letzte Woche über Bauchschmerzen geklagt. Das Stöhnen wurde lauter. Pia raste zur Tür, drückte die Klinke nach unten und … erstarrte. Das schummrige Licht der Straßenlaterne fiel auf ihre leicht bekleidete, schon immer rundliche Mutter und zudem auf einen ihr unbekannten nackten Mann.

»Ähm, Entschuldigung!« Abrupt drehte sie sich um, rannte aus dem Schlafzimmer, blieb auf dem Gang stehen und atmete tief durch. Mama und ein fremder Mann!

»Wie wäre es mit Klopfen?«, rief eine ihr gut bekannte Stimme aus dem Zimmer.

Sie schluckte. Nein, sie war keine prüde Tochter. Aber wie konnte Mama nur? Ihre eigene Mutter! Pia war schon im Begriff, die Stufen hinunterzulaufen, ihr würde etwas anderes einfallen, ihre Freundin Florentine, sie war doch immer so lange wach, die könnte sie anrufen und bitten … – als ihre zerzauste Mutter im rosengemusterten Bademantel an der Tür stand und hinter ihr der schlohweiße Kopf eines freundlich blickenden Mannes auftauchte.

Mama sagte nichts, doch der fremde Mann, jetzt mit weißer Rippstrickunterwäsche bekleidet, streckte die Hand an Mamas fülliger Schulter vorbei. »Kurt«, sagte er mit dunkler Stimme. »Und Sie sind sicher die furchtlose Tochter?« Er lächelte.

Pia bemerkte, dass ihr Mund offen stand. Sie schloss ihn, drückte ihrer Mutter das Babyphone in die Hand, murmelte: »Hab nen Einsatz«, und rannte nach unten. »Drüben ist alles friedlich!«, rief sie noch hinterher. Dann war sie draußen.

3

Florentine

Ihr Handy klingelte, und Florentine wusste sofort, wer es war. Es gab nur eine, die es wagte, um halb elf Uhr nachts bei ihr anzurufen. Ihre Mutter. Florentines Freunde, ihre Geschwister und alle Bekannten wussten, dass sie abends schrieb. Immer nur abends. Eigentlich. Sie griff nach ihrem Handy. Kurz überlegte sie, nicht dranzugehen, aber heute Abend würde die Muse sie sowieso nicht mehr küssen, so könnte sie auch mit ihrem größten Fan reden. »Hallo, Mama!«

»Hallo, Flo.«

»Sag mal, haben wir uns nicht erst gestern gesehen?«

»Kann sein. Ich wollte dich nur fragen, wie es läuft.«

»Nix läuft.«

»Hast du nicht gesagt, du brauchst einen Vorschuss?«

Florentine seufzte. »Ja, das stimmt. Aber ich kann mir keinen blutrünstigen Krimi aus den Fingern saugen. Und in Mindringen passiert doch nichts. Zudem habe ich noch nie in meinem Leben einen Toten gesehen. Geschweige denn einen Ermordeten.«

»Da siehst du mal, wie gut es dir bisher im Leben ergangen ist.«

Florentine hörte ihre Mutter seufzen.

»Ich erinnere mich noch genau, was mit meinem Onkel Leopold passiert ist. Er hat auf dem Bau gearbeitet und eine Baggerschaufel an den Kopf bekommen. Was meinst du, wie sein Schädel …«

»Mama, bitte. Die Story kenne ich. Sie haben ihn wieder hergerichtet, aber er hat zeitlebens einen schiefen Kopf gehabt und ist Jahre später an den Folgen der Verletzungen gestorben.«

»Genau.«

»Ich kann mir so etwas Schreckliches nicht ausdenken. Und will es auch nicht. Du weißt, dass ich mich seit meiner Kindheit vor Spinnen und anderen Krabbeltieren fürchte. Wie grausam war das, wenn du mich in den Keller geschickt hast. Ich sollte eingelegte Gurken holen und bin vor Angst fast gestorben, weil überall diese Spinnennetze herumhingen und sich in meinen Haaren verfangen haben. Eklig!«

Ihre Mutter lachte auf. »Stimmt! Gundi und Berti waren nie so schreckhaft wie du, obwohl du die Älteste bist.«

»Mama, das ist nicht zum Lachen. Seit Neuestem bekomme ich sogar erhöhten Puls, wenn mir abends im Treppenhaus jemand begegnet. Und da soll ich plötzlich einen Krimi oder gar Thriller schreiben? Niemals! Gott sei Dank habe ich Eddie, sonst würde ich mich nachts nicht mal mehr auf die Straße trauen.«

»Lebt der immer noch?«

Florentine musste sich beherrschen, nicht die Auflegetaste zu drücken. Aber wenn sie es täte, würde ihre Mutter gleich noch mal anrufen, weil sie meinte, Florentine hätte sie aus Versehen weggedrückt. »Eddie erfreut sich bester Gesundheit.« Ihr Blick fiel auf den schnarchenden Mischlingshund, der in seinem Hundebettchen neben ihrem Schreibtisch lag. Ab und an zuckten seine kurzen Beinchen. Er schien zu träumen.

»Wie alt ist er jetzt?«

»Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal.« Was überhaupt nicht stimmte. Sie hoffte, Eddie wäre in seinen besten Jahren, obwohl er verdächtig weiße Barthaare trug, die sie jedes Mal kitzelten, wenn er ihr Gesicht abschleckte. Florentine brauchte Eddie, er war ihr treuester Gefährte, seitdem …

»Ich kann es immer noch nicht begreifen, dass du seinen Hund zu dir genommen hast.«

Florentine kniff die Mundwinkel zusammen. »Dieser jemand hat einen Namen. Er heißt Lars. Und ich will nicht über ihn reden!« Sie hatte versucht, ihren Ton scharf klingen zu lassen, bemerkte aber, dass ihr das nicht so recht gelungen war.

»Dein Lars hat dich verlassen, und du kümmerst dich um seinen Hund. Wie kannst du nur?« Ihre Mutter klang empört.

Florentine schwieg. Sie wusste genau, wenn sie jetzt nicht den Mund hielt, würde sie sich in Rage reden. Sie würde ihrer Mutter zum tausendsten Mal erklären, dass auch sie daran schuld war, dass Lars sie verlassen hatte. Schließlich hatte Florentine ihm gegenüber immer wieder betont, wie viel Zeit sie zum Schreiben bräuchte, und es hatte sie nie gestört, dass er oft mit seinen Freunden unterwegs gewesen war. Und dass sie es nachvollziehen konnte, dass er in seiner neuen Familie keinen kläffenden Hund haben wollte. Doch nicht mit einem Baby, das bald da sein würde.

»Warum hast du mich eigentlich angerufen?« Florentine war müde. Eddie musste noch mal raus, und sie wollte diesen unnützen Tag so schnell wie möglich hinter sich bringen.

»Ich wollte wissen, wie weit du gekommen bist, und dir Mut zusprechen.«

»Das ist dir wunderbar gelungen.«

»Jetzt sei doch nicht gleich beleidigt.«

Florentine hörte, wie ihre Mutter die Nase hochzog. Eine Eigenart, die sie sich seit Jahren abgewöhnen wollte.

Dann fuhr sie fort: »Zudem habe ich gestern Abend einen großartigen Krimi ausgelesen, von Patricia Highsmith. Die habe ich gerade wiederentdeckt. Ihr Mr. Ripley ist einfach genial. Und heute Abend werde ich einen neuen Roman von ihr beginnen …«

»Schön, dass du mir deine Lesehighlights nicht vorenthalten willst«, unterbrach Florentine ihre Mutter. »Aber wie sie werde ich wohl nie schreiben. Zudem habe ich bisher, wie du weißt, ausschließlich Liebesromane verfasst. Sechs Liebesromane. Und nur, weil mein letztes Manuskript nicht gut war und meine Lektorin meinte, ich solle mal nen Krimi schreiben, muss ich mir jetzt das Hirn ausquetschen. Aber es kommt einfach nichts dabei heraus. Dabei war meine Geschichte nur deshalb Mist, weil Lars gegangen ist. Ich konnte doch nicht mehr schreiben und …« Florentine schluckte, Tränen stiegen ihr in die Augen. Wie sie es hasste, wenn ihre Mutter sie an Lars erinnerte, den sie doch meist verdrängen konnte. Sie hörte, wie ihre Mutter tief einatmete. Jetzt würde sie gleich etwas Schräges von sich geben.

»Vielleicht stellst du dir einfach mal vor, ihn zu ermorden. Dann klappt das schon mit deinem Krimi.« Mama lachte auf. »Oder frag doch deine Freundin Pia, wie das geht mit einem Mord. Sie ist doch Polizistin.«

»Pia hat drei Kinder, einen Mann und einen Job. Ich glaube nicht, dass sie Zeit hat, mir Ratschläge zu geben, wie ich meinen Ex-Freund umbringen könnte.«

»Ich meine ja nur. Vielleicht hat sie ein paar gute Tipps.« Ihre Mutter gluckste. »War ein Scherz, Flo. Nein, oder ich helfe dir dabei. Also …«, sie stockte, »mit der Grammatik, meine ich. Weißt du doch, deine Kommafehler, das geht gar nicht.«

»Nacht, Mama, schlaf gut!« Florentine reichte es. Endgültig.

»Jetzt leg doch nicht gleich auf.«

»Eddie muss noch mal pinkeln.« Sie schaute auf den kleinen Hund, der wie eine Mischung aus Zwergschnauzer und Dackel aussah, aber ob er das tatsächlich war, wusste niemand. Eddie öffnete sein linkes Auge. Wahrscheinlich war ihre Stimme doch einen Ton zu hoch geraten, und das mochte er ganz und gar nicht. Aber jetzt schloss er das Auge wieder, tat einen tiefen Atemzug, grunzte und schlief weiter. Am anderen Ende der Leitung war es still. Dann hörte sie plötzlich im Hintergrund jugendlich klingende Stimmen. Irgendjemand grölte. »Wo bist du eigentlich?«

»Wo wohl?«

»In der Hütte?«

»Dein Vater spielt Skat. Heute ist er der Gastgeber, und die ganze Truppe ist bei uns zu Hause. Da habe ich es vorgezogen, einen guten Roman zu lesen und hier zu übernachten.«

»Aber das ist doch viel zu gefährlich.« Florentine grauste es, wenn sie nur daran dachte.

Das Gartenhaus stand in einer Kolonie am Rand von Mindringen. Weit und breit nichts, nur eine kleine Brücke, die über den Neckar führte. In der Nähe eine Schule für Behinderte, ein alter, grusliger Friedhof, auf dem seit Jahrzehnten keine Beerdigungen mehr stattfanden, uralte Eichen und Kastanienbäume, Weidensträucher und schlecht beleuchtete Rad- und Gehwege. Und in der Gartenkolonie selbst war es stockdunkel. Es gab keine Laternen, nur die Funzeln in den Hütten. Und jetzt diese lauten Stimmen.

Als ob Mama ihre Gedanken lesen könnte, ergänzte sie: »Dein Vater hat vorgestern Sonnenkollektoren auf dem Dach montiert. Das reicht für die Leselampe und die über der Spüle, für den Kühlschrank, und mein Handy kann ich damit auch aufladen. Das Bier ist also kalt, und ich könnte die ganze Nacht mit dir telefonieren, wenn ich wollte. Will ich aber nicht, denn du hast ja keine Lust, mit mir zu reden.«

Florentine wollte gerne etwas darauf erwidern, aber ihre Mutter redete weiter: »Und draußen sind nur ein paar Jungs, die feiern. Die tun mir nichts. Die haben Besseres zu tun, als einer alten Frau aufzulauern. Zudem ist einer dabei, der bei mir im Deutschunterricht war. Der hat immer sehr intelligente Aufsätze geschrieben. Du musst dir also keine Sorgen machen.«

»Aha, intelligente Menschen machen also keine Dummheiten.«

Ihre Mutter schwieg.

Florentine wartete, aber es kam nichts mehr. »Pass auf dich auf, Mama«, sagte sie.

»Du auch, mein Kind.«

Sie wollte gerade auflegen, als ihre Mutter weiterredete: »Kommst du morgen zum Kaffee? Ich backe eine Schwarzwälder Kirschtorte. Die magst du doch so gerne.«

»Hab ich einen Geburtstag verpasst?«

»Nein, aber dann können wir Brainstorming machen. Wegen deines Krimis. Vielleicht fällt uns zusammen etwas Geniales ein. Um drei?«

Florentine überlegte kurz, dann sagte sie: »Bis morgen, Mama. Schlaf gut«, und legte auf.

Eddie musste tatsächlich noch mal raus. In letzter Zeit konnte er ab und an das Wasser nicht halten, und er hatte schon etliche Male auf den Balkon gepinkelt. Was ihm sichtlich peinlich gewesen war, denn danach hatte er sich immer unter dem Sofa verkrochen. Hoffentlich hatte er keine Blasenentzündung. Sie sollte morgen unbedingt im Internet nachlesen, ob Hunde überhaupt Blasenentzündung bekommen konnten. Florentine stand auf, beugte sich zu Eddie und streichelte ihm über den Kopf. »Komm, Kleiner. Nur kurz pinkeln, dann darfst du wieder in dein Bettchen. Und ich auch.« An der Garderobe schnappte sie sich die Leine und winkte damit.

Eddie erhob sich träge von der weichen Unterlage, gähnte und wackelte auf seinen kurzen Beinchen zur Tür.

Florentine zog die Jeansjacke über, leinte Eddie an und schloss die Wohnungstür, so leise es ging. Sie wollte zu nachtschlafender Zeit keine der weiteren acht Parteien wecken. Außer einem der Mieter, der Tag und Nacht auf den Beinen zu sein schien, ständig auf seinem Balkon hin und her tigerte und lauthals telefonierte, waren die anderen Nachbarn wohl eher Frühschläfer. Florentine ging die Treppenstufen vom zweiten Stock nach unten und öffnete die Haustür. Wie immer war sie nicht abgeschlossen. Ihr wäre es lieber, man würde die Tür abends von innen ab- und morgens wieder aufschließen. Aber bisher hatte sie sich nicht getraut, mit den anderen Mietern oder Eigentümern darüber zu reden. Sie wohnte erst seit einem Monat hier und wollte sich nicht gleich als Schisserin outen. Sie trat vor die Tür. Ein paar Mal blinkte ein trübes Licht auf, das über dem Hauseingang angebracht war, damit man beim Aufschließen das Schlüsselloch nicht verfehlte. Nach einem letzten Aufflackern verabschiedete es sich endgültig, und Florentine stand fast im Dunkeln. Sie griff in die Seitentaschen ihrer Jeansjacke. Aber außer ein paar Hundekottüten und Leckerlis fand sie nichts. Ihre Minitaschenlampe hatte sie oben an der Garderobe vergessen. Sie umschloss den Handgriff der Langlaufleine etwas fester, und Eddie zog sie zu seiner nächtlichen Lieblingsstrecke Richtung Fußweg am Neckar.

Florentine atmete auf. Hier brannten ein paar schummrige Laternen. So konnte sie wenigstens die knapp fünfhundert Meter lange Strecke am Neckar entlang zur Kita einsehen. Und sie hoffte, um diese Zeit weder rasenden E-Bikern, die Eddie über die Beinchen fahren könnten, noch dunkel gekleideten Joggern zu begegnen, die sie zu Tode erschrecken würden. Gut, dass sie blond war. Zumindest ihre Haare waren in der Dunkelheit nicht zu übersehen.

Eddie fraß Gras, ließ nur wenige Sträucher aus, an denen er sein Bein nicht hob, und schnüffelte sich zentimeterweise weiter.