Horror Trash Vol.1 - Damien Reed - E-Book

Horror Trash Vol.1 E-Book

Damien Reed

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Beschreibung

Du glaubst nur, was du siehst? Du glaubst, Zombies, Dämonen und Waldmenschen gehören ins Reich der Fantasie? Hier werden sie dir alle begegnen! Damien Reed nimmt dich mit auf eine Reise jenseits deiner Vorstellungskraft... Dorthin, wo sich die tiefsten Abgründe der Hölle aufgetan haben, wenn du den Mut dazu hast... und die Nerven!

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Seitenzahl: 193

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Vol. 1

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Inhalt

Die Stadt der lebenden Toten

9

Der schwarze Wald

34

Eifersucht

54

Richards großer Tag

65

Tote Stille

71

Der Mann, der aus dem Regen kam

94

Die Wiederkehrer

118

Das Zeitloch

185

Die Stadt der lebenden Toten

„Sie sind überall“, flüsterte David seinem Freund Chris zu, der neben ihm in den Büschen des riesigen Parkgeländes kauerte und kaum wagte zu atmen.

Durch die Blätter und Zweige konnten sie beobachten, wie an diesem herrlichen Sommernachmittag Hunderte von Menschen wie seelenlose Puppen im strahlenden Licht der Sonne über die gepflegten Beete und Rasenflächen des Frankfurter Stadtparks wankten und sich mit starren, leblosen Augen und fahlen, grauen Gesichtern ziellos voranbewegten.

Chris´ Stimme zitterte. „Mein Gott. Ich glaube, dass es ein Fehler war, von Zuhause abzuhauen. Es sind schon zu viele von denen, und es werden immer mehr."

„Im Radio haben sie aber ausdrücklich gesagt, dass wir auf gar keinen Fall in unseren Häusern bleiben sollen, sondern die nächsten Notstationen aufsuchen müssen", entgegnete David sichtlich angespannt.

„Aber wie sollen wir da hinkommen, ohne denen direkt in die Arme zu laufen?"

David atmete tief durch und antwortete nicht.

Weiter entfernt vernahmen sie plötzlich vereinzelt Schüsse.

„Da! Hörst du? Sie machen schon Jagd auf diese Typen", sagte er. „Das ist ein gutes Zeichen. Wir versuchen, zur Notstation beim Krankenhaus zu kommen, das ist bloß ein paar Straßen von hier weg!"

„Wird das denn auch von einer Bürgerwehr bewacht?"

„Du hast doch die Nachrichten gehört. Die wollen sogar den Bundesgrenzschutz und die Bundeswehr überall einsetzen. Wirst schon sehen, die haben das bald wieder alles unter Kontrolle!"

Die Worte nützten nichts. Immer noch spiegelten sich Furcht und Zweifel in Chris´ Augen.

„Achtung, Achtung. Hier spricht die Polizei! Versuchen sie auf keinen Fall, in ihren Wohnungen zu bleiben. Begeben Sie sich umgehend zur nächstgelegenen Notstation!

Ich wiederhole: Begeben Sie sich umgehend zur nächsten Notstation!“

Die Durchsage, die aus einem vorbeifahrenden Polizeiauto per Megaphon gemacht wurde, wiederholte sich einige Male und wurde dabei immer leiser.

„Los, komm jetzt!", befahl David und packte Chris am Arm, der noch immer zögerte.

„Na los. Sie sind verdammt langsam. Wir können einfach durch sie hindurch preschen. Wenn wir allerdings noch länger hier herum hocken, haben wir bald wirklich keine Chance mehr."

Sie rannten, so schnell sie konnten, vorbei an den umher wankenden Gestalten, die mit ausgestreckten Armen versuchten, nach ihnen zu greifen.

Die beiden Zwanzigjährigen waren jedoch viel zu schnell, um sich erwischen zu lassen, sausten Haken schlagend über die riesige Rasenfläche, sprangen über die gepflegten Blumenrabatte und hatten in kürzester Zeit den kleinen Kiesweg erreicht, der aus dem Stadtpark zur Hauptstraße hinaus führte.

Beklemmende Stille, die nur noch vereinzelt von weit entfernten Schüssen oder Polizeisirenen zerrissen wurde, hatte sich bereits über den größten Teil der Stadt gelegt.

Kein einziges Auto fuhr mehr vorbei. Sie waren einfach von den Besitzern zurückgelassen worden, nachdem der Verkehr zusammengebrochen war.

Die beiden Freunde hatten sich jetzt hinter einem der Wagen versteckt, um erst einmal vorsichtig die Lage auszukundschaften.

Ihre T-Shirts waren durchnässt, denn die Temperatur an diesem Tag betrug

über dreißig Grad und machte ihnen die Situation nicht erträglicher.

*

Vor vier Stunden hatten sie noch im Garten vor Chris´ Elternhaus gegrillt, als die Situation sie buchstäblich überrollte. Sie hatten beobachtet, wie die Nachbarin gegenüber wie benebelt über ihr Grundstück torkelte. Ihr Mann hatte völlig unbeeindruckt von der Eingangstür ihres Hauses zugesehen, wie seine Frau auf dem Rasen zusammenbrach.

Als David und Chris hinüber rannten, um zu Hilfe zu kommen, wankte der Mann einfach emotionslos und unbeeindruckt von der Situation an ihnen vorbei.

Dass ihm eine Heckenschere seitlich im Hals steckte, sahen sie erst in dem Moment. Kein Mensch hätte das überleben können, trotzdem ging er mit starrem Gesichtsausdruck an ihnen vorüber, als wenn nichts geschehen wäre.

Als sie trotz der unheimlichen Situation versuchten, der Frau zu helfen, stellten sie fest, dass diese keinen Puls mehr aufwies. Zudem war ihr gesamter Körper von blutigen Bisswunden übersät.

Sofort liefen die beiden ins Haus, um einen Krankenwagen und die Polizei zu rufen, als die Frau, die eben noch keinerlei Lebenszeichen von sich gegeben hatte, plötzlich am Wohnzimmerfenster stand und hinein starrte.

Immer mehr Gestalten, die den gleichen Zustand aufwiesen, kamen durch den Garten auf das Haus zu. Die beiden Freunde flüchteten, um sich vorerst im nahe gelegenen Park zu verstecken.

Als aber auch dort nach kurzer Zeit immer mehr der unheimlichen Kreaturen auftauchten, trauten sie sich nicht mehr aus ihrem Versteck heraus. Die Menschen versuchten währenddessen fieberhaft, aus der Stadt zu fliehen, um sich vor den umher wandelnden Untoten zu retten, die in immer größer werdender Zahl auftauchten und sich als extrem gefährlich erwiesen.

Eine Stunde später wurde bereits der Ausnahmezustand ausgerufen und die erste Notstation über das Radio bekannt gegeben.

*

Die Freunde verharrten hockend im Schutze eines parkenden Wagens.

„Wir können jetzt weiter, glaube ich", sagte David und blickte sich noch einmal in jede Richtung um. „Kein Mensch mehr hier. Die sind alle abgehauen, während wir in den Büschen herumgehockt haben. Ich habe…"

Wahnsinnige Augen durchbohrten ihn hinter dem Fenster des Beifahrersitzes.

Er sprang zurück. Glas zersplitterte und eine aufgerissene Hand packte ihn am Ärmel.

Sofort riss David sich los.

Das fratzenartige Gesicht des Angreifers war blau verfärbt und die linke Gesichtshälfte nur noch eine schwarze, klaffende Wunde.

Wie ein wild gewordenes Tier im Käfig, versuchte der Unheimliche seinen Kopf durch das zersplitterte Fenster zu zwängen, wobei seine Zähne mit knirschendem Geräusch in das zerbrochene Glas schlugen. Haut und Fleisch wurden sofort wie mit einem Skalpell zerteilt, doch der Mann schien das nicht zur Kenntnis zu nehmen. Wütende, brüllende Laute von sich gebend, zwängte er sich durch das zerstörte Fenster hindurch, wobei sein Blut aus immer mehr durchtrennten Arterien austrat und dabei in sekundenschnelle den Gehweg unter sich tränkte.

„Das ist doch Wahnsinn!“, keuchte Chris, als sie das Ende der Straße erreicht hatten und stehen blieben. „Das kann doch überhaupt nicht wahr sein! Was passiert hier denn bloß?"

Er war am Ende seiner Nerven.

David rang nach Luft. Auch er konnte sich die schrecklichen Geschehnisse nicht erklären, die über die Stadt gekommen waren und sich in rasender Geschwindigkeit zu einem Inferno zu entwickeln schienen.

Aus sicherer Entfernung konnten sie beobachten, wie der unheimliche Kerl sich jetzt ganz aus dem Seitenfenster des Wagens herausschob und auf den Fußweg fiel.

Eine Weile blieb er so liegen, als wüsste er nicht, wie ihm geschah, bevor er seinen Oberkörper aufrichtete und sich umsah.

Durch das Blut sah sein Kopf aus, als hätte man einen Eimer mit dunkelroter Farbe über ihm ausgekippt. Mühsam kam der Mann auf die Beine, um dann wie ein Betrunkener die Parkallee zu überqueren und in einer der Nebenstraßen zu verschwinden.

„Was geschieht hier nur?"

„Ich habe keine Ahnung."

Davids Stimme war nur noch ein verängstigtes Flüstern.

„Vielleicht ist das so eine Art Virus".

„Ein Virus", wiederholte David spöttisch, doch Furcht schwang in seiner Stimme mit. „Ich habe noch nie von einem Virus gehört, der Tote durch die Gegend laufen lässt."

*

Als sie beim Krankenhaus ankamen, mussten sie feststellen, dass hier ein völliges Chaos herrschte. Am Haupteingang standen lediglich vier, mit Sturmgewehren bewaffnete Soldaten, die versuchten, die aufgebrachten Menschen daran zu hindern, auf einmal in den riesigen Gebäudekomplex einzudringen. Eine regelrechte Massenhysterie war ausgebrochen. Kinder weinten, alles schrie durcheinander und versuchte, so schnell wie möglich durch das Hauptportal zu gelangen, um in Sicherheit zu sein.

Einer der Soldaten legte plötzlich sein G-3 an und zielte auf eine männliche, füllige Gestalt mittleren Alters, die gerade versuchte, in der Menschenmenge nach einer jungen Frau zu greifen, welche ihm den Rücken zugewandt hatte.

Ein Schuss fiel und jagte dem Mann eine graue Fontäne aus dem blassen Schädel. Nun eskalierte die Situation völlig und die Panik unter den Menschen erreichte ihren Höhepunkt .

„Mann, hast du das gesehen?", überschlug sich Davids Stimme.

Ein weiterer Schuss übertönte für eine Sekunde die Geräuschkulisse, und eine Kugel ging haarscharf an ihm vorbei.

„Nicht schießen! Wir sind… “

Doch als der Soldat erneut seine Waffe anlegte, duckte sich David hinter einem Auto.

„Die schießen auf uns, das ist doch nicht wahr!", schrie er. „Das Schwein hätte mich fast erschossen... Scheiße! Scheiße!"

„Denken die etwa, wir sind welche von diesen Kreaturen?"

„Die wollen, dass wir verschwinden. Die sind völlig überfordert, und ich glaube nicht, dass die ein Problem damit hätten, uns abzuknallen.“

„Der kommt hier rüber, weg hier!", schrie Chris.

Mit gezücktem Gewehr und entschlossenem Schritt überquerte der Soldat die Straße und kam direkt auf sie zu.

Wie besessen rannten die Freunde in eine Nebenstraße, kletterten über eine niedrige Mauer, hechteten durch mehrere Gärten, um schließlich stehen zu bleiben, in der Hoffnung, den Verfolger nicht mehr im Nacken zu haben.

In ihren Lungen bebte es und Schweiß rann ihnen über das Gesicht.

„Ich glaube, ich drehe durch", stöhnte David. „Wo sollen wir denn jetzt noch hin?"

Er lehnte sich an einen Baumstamm und atmete schwer. Sein Herz schlug rasend schnell und seine Beine waren weich wie Gummi.

Er kam nur sehr langsam zu Atem. Immer wieder blickte er sich um, weil er fürchtete, der Soldat könne plötzlich irgendwo wie ein Heckenschütze auftauchen, doch niemand war zu sehen. Vermutlich hatte er nur vorgehabt, ihnen einen ordentlichen Schrecken einzujagen, um sie zu vertreiben und das war ihm auch verdammt gut gelungen.

Der Hinterhofgarten, in dem sie sich jetzt befanden, war kräftig begrünt und sehr gepflegt. David sah, dass er sich seine Hose beim Klettern über die Drahtzäune unter dem Knie aufgerissen hatte und seine Haut abgeschürft und von Schmutz verdreckt war. Nachdem der erste Schrecken verflogen war, begann die Wunde ihre brennenden Signale durch sein Bein zu senden.

„Mist", murmelte er und beobachtete, wie Chris drei Stufen, die zur Terrasse führten, hoch stieg und durch die gläserne Schiebetür in das Innere des Reihenhauses hineinspähte.

„Meinst du, wir sollen klopfen?", fragte Chris, sah dann jedoch, dass die Tür gar nicht verschlossen war. Er zwängte seine Fingerkuppen in die Öffnung so weit es ging, um die schwere Schiebetür dann langsam und vorsichtig aufzuschieben.

Vor ihm öffnete sich ein gepflegtes, etwas altmodisch eingerichtetes Wohnzimmer.

„Hallo! Ist jemand da?", rief Chris in das Haus hinein.

Niemand antwortete.

„Hallo!"

Als noch immer keine Antwort erfolgte, schlichen sie hinein und sahen sich um, doch im gesamten Haus schien niemand anwesend zu sein.

„Die sind auch abgehauen", bemerkte Chris.

„Umso besser, dann bleiben wir erst mal hier."

Sie gingen wieder ins Wohnzimmer und David schloss die Schiebetür hinter sich, indem er den Riegel fest umlegte.

Dann sah er Chris an, und dessen Gesichtsausdruck gefiel ihm gar nicht.

„Was ist mit dir? Sei doch froh, dass wir hier in Sicherheit sind. Jetzt können wir in Ruhe warten, bis die gesamte Sache wieder unter Kontrolle ist."

Er wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. „Und bestimmt haben die auch Nahrungsmittel und Getränke, hab einen Höllenbrand."

Kaum hatte er das ausgesprochen, war er auch schon in der Küche verschwunden, die genau neben dem Wohnzimmer lag.

Als er im Kühlschrank außer einer Packung Milch nichts vorfand, ging er zum Waschbecken und drehte den Wasserhahn auf. Grade als seine Lippen sich dem Hahn näherten hörte er eine Stimme hinter sich.

„NICHT!"

David schreckte hoch, die Stimme hinter ihm gehörte nicht Chris.

Stattdessen stand eine junge Frau in seinem Alter vor ihm. Lange, braune Haare umrahmten ihr markant-hübsches Gesicht, aus dem ihn große, dunkle Augen warnend beobachteten.

Die Knöchel ihrer rechten Hand traten weiß hervor, und dann sah David den Stahl der Messerklinge aufblitzen.

*

Vorsichtig bewegte sich David vom Waschbecken weg.

„Wohnst… wohnst du hier?", fragte er verunsichert, und die Überflüssigkeit dieser Frage wurde ihm sofort bewusst.

„Allerdings!", sagte sie knapp und warf auch Chris, der jetzt neben ihr am offenen Kühlschrank aufgetaucht war, einen kurzen, warnenden Blick aus den Augenwinkeln zu.

„Seid ihr auf der Flucht?"

„Wir … wir hatten nicht vor, hier einzubrechen oder so was", sagte Chris und schämte sich für seinen Freund, der einfach versucht hatte, die vermeintliche Abwesenheit der Bewohner so schamlos auszunutzen.

„Wir wussten einfach nicht wohin, und eure Tür war nicht verschlossen", fuhr er verlegen fort.

Das Mädchen musterte die beiden Jungs und musste feststellen, dass sie nicht im Entferntesten einen gefährlichen Eindruck auf sie machten, eher einen sehr verunsicherten, was sie beruhigte.

Schließlich senkte sie das Messer und stellte sich vor. „Ich heiße Jana."

„David"

„Ich bin Chris."

„Okay", sagte das Mädchen und betrachtete die beiden jetzt etwas weniger argwöhnisch. „Was habt ihr draußen gesehen?", fragte sie. „Ist es wirklich so schlimm, wie sie es in den Nachrichten sagen?"

Die Jungs berichteten ihr von den Ereignissen des Tages und Jana hörte aufmerksam zu.

„Warum sollte ich eigentlich das Wasser nicht trinken?", fragte David plötzlich mit verspäteter Überraschung.

Jana sah ihn an, als hätte er einen schlechten Scherz gemacht.

„Habt ihr das nicht im Radio gehört? Es ist völlig verseucht!"

David und Chris blickten sich verwundert an und fragten sich, ob die Ereignisse des Tages in irgendeinem Zusammenhang mit dem angeblich vergifteten Wasser stehen konnten. Ungeduldig warteten sie auf eine Erklärung des Mädchens.

„Es ist eine Art Nervengift ins Trinkwasser gelangt", sagte sie.

„Nervengift ?" Chris´ Stimme überschlug sich.

„Angeblich. In den Nachrichten haben sie gesagt, dass durch einen Unfall eine Chemikalie in das Trinkwasser gelangt ist. Angeblich eine Art Nervengift, dass hier hergestellt wurde und wohl an die Amerikaner verkauft werden sollte.“

„Was? Wofür?", fragte David.

„Der Nahe Osten", sagte sie. „Man glaubt, sie wollten es im Nahen Osten einsetzen."

Ihre Stimme wurde leiser, als befürchtete sie, jemand könne sie hören.

„Wahrscheinlich wollten sie die Leute gefügig machen, indem sie es dort ins Trinkwasser gemischt hätten. Nach außen hin hätte es wie eine Seuche ausgesehen, die niemand kontrollieren kann. Jedenfalls haben sie es so im Radio gesagt."

„Das ist ja krank!", spottete David. „Völlig verrückt. He, Chris. Das wäre ein guter Stoff für einen Horrorfilm, oder?“

„Sind DIE da draußen oder nicht!", fuhr Jana ihn jetzt an. Man spürte, dass sie keineswegs so beherrscht und kühl war, wie sie es vorgab.

„Ihr habt sie doch selber gesehen, das habt ihr doch eben gesagt!"

David sagte nichts. Jana hatte ihn kurzzeitig eingeschüchtert und mit ihrer Geschichte über die angebliche Verseuchung durch Nervengift einen Schauer über den Rücken getrieben. Er sah auf den Boden.

„Du meinst, die haben ein Gift hergestellt, damit sie die Menschen da unten zu so was wie… willenlosen Zombies machen können?" Chris Stimme klang ungläubig. „Wie haben die sich vorgestellt, mit denen fertig zu werden?"

„Das frage ich mich auch", warf David ein und schüttelte den Kopf, als wolle er das alles nicht wahr haben.

„Das Zeug ist wohl irgendwie anders angeschlagen als man vermutet hatte", sagte Jana.

„Das gibt's doch nicht", murmelte Chris verständnislos. „Wie haben die sich vorgestellt, ein Land so unter Kontrolle zu bekommen?"

Das Mädchen lächelte verächtlich. „Wahrscheinlich hätte die Army vor Ort die große Hilfstruppe gespielt, die alles tut, um den Virus unter Kontrolle zu bringen. Dabei hätten sie ihn bloß eiskalt kontrolliert. Aber dass es sich so auswirkt, war sicher nicht geplant."

„Das bedeutet also, dass durch einen Unfall oder so etwas nun dieses Gift in unser Trinkwasser gelangt ist und jeder, der davon…" Chris stockte.

„...in den letzten vierundzwanzig Stunden getrunken hat, mit dem Virus infiziert worden ist, genau", beendete sie mit kalter Stimme seinen Satz.

„Na, wunderbar!", jubelte David gekünstelt. „Das heißt, dass jeder in der Stadt, der heute seinen Morgenkaffe getrunken hat, zu einem dieser …dieser… Kreaturen geworden ist?"

Das Mädchen antwortete nicht.

David murmelte irgendetwas und ging an ihr vorbei ins Wohnzimmer, um dort durch die Schiebetür den Garten zu beobachten.

„Wir haben im Keller jede Menge Nahrungsmittel und Getränke", wandte sie sich an Chris. „Wenn wir damit sparsam umgehen, könnten wir auch zu Dritt eine ganze Weile damit auskommen."

„Wo sind deine Eltern, du wohnst doch sicher mit ihnen hier?"

„Sie sind heute Morgen zum Einkaufen gefahren, aber bis jetzt habe ich noch nichts von ihnen gehört. Normalerweise rufen sie wegen jeder Kleinigkeit an ..."

Er sah den plötzlich auftretenden Glanz in ihren Augen, bevor sie ihr Gesicht von ihm abwandte.

„Bestimmt sind sie zu einer der Rettungsstationen gefahren, als sie von der Sache gehört haben", versuchte Chris dem Mädchen die Befürchtung zu nehmen, ihren Eltern könnte etwas zugestoßen sein. Er wusste, dass das nicht gerade glaubwürdig klang, welche Menschen würden angesichts eines solchen Ausnahmezustands ihre eigene Tochter allein zuhause lassen, auch wenn sie schon erwachsen war. Zumindest hätten sie sich telefonisch melden müssen.

„Und was ist mit der Polizei, hast du versucht, Hilfe zu holen?", fragte David.

„Natürlich, pausenlos. Aber es ist niemand zu erreichen. Alles ist zusammengebrochen." Dann sah Jana Chris tief in die Augen.

„Danke, dass du versucht hast, mir Mut zu machen", flüsterte sie. „Ich fürchte nur...“ Sie drehte sich um.

Chris wusste, was sie meinte.

David war jetzt wieder zu ihnen herübergekommen.

„Was ist mit dir", fragte er das Mädchen. „Hast du etwas von dem Wasser getrunken?"

Chris hielt den Atem an.

Erleichtert sah er, wie Jana ihren Kopf schüttelte. Er mochte sie schon jetzt sehr, doch er spürte, dass es seinem Freund nicht gefiel, dass sie nun mit im Spiel war. Wahrscheinlich sah er Jana nur als Ballast an, auch wenn sie nicht den Eindruck eines hysterischen, kleinen Mädchens machte, das ihnen im Falle einer Gefahr ein Klotz am Bein sein könnte. Vielmehr strahlte sie trotz der unheimlichen Lage und der Furcht, die sie ohne Zweifel empfand, eine gewisse Stärke aus, die er kaum von einem Mädchen kannte.

Allerdings hätte er sie, so sehr sie ihm auch gefiel, lieber unter glücklicheren Umständen kennen gelernt...

*

David, Chris und Jana beschlossen, in den Keller zu gehen, der nur aus einem Heizungsraum und einem kleinen Lager für Lebensmittel bestand. Dort beschlossen sie, vorerst zu verweilen.

Trübe fielen die Lichtstrahlen von draußen durch ein kleines, vergittertes Fensterloch, und die Jungs sahen, dass in dem knapp sechzehn Quadratmeter kleinen Raum tatsächlich große Mengen an Konserven und Getränken gelagert wurden, so dass sie es hier eine ganze Weile aushalten konnten.

Verärgert beobachtete Chris, wie sein Freund sich gleich an den Getränken bediente, ohne wenigstens die Aufforderung des Mädchens, das ihnen so großzügig Schutz in ihrem Haus gewährte, abzuwarten.

„Willst du nichts trinken?", fragte sie ihn lächelnd, als hätte sie seine Gedanken gelesen.

„Doch …" murmelte er und nahm die Flasche Wasser an, die David ihm nun entgegenhielt. Vermutlich hatte das Mädchen sich hier unten schon längere Zeit versteckt, denn er sah auf einem Regal einen halbvollen Aschenbecher neben einem alten Transistorradio stehen. Jana schaltete es ein, und nach einem kurzen Knacken hörten sie den Sprecher der Bürgerschutz-Notsendung:

"...Sie über die derzeitige Lage auf dem Laufenden zu halten. Es wurde bestätigt, dass es sich bei den Erkrankten um außerordentlich gefährliche Amokläufer handelt, die in riesiger Zahl unkoordiniert und völlig unberechenbar auftreten. Diese Infizierten empfinden weder körperlich noch emotional. Sie handeln, so unglaublich es auch erscheinen mag, nur noch rein instinktiv.

Diese Wesen machen weder vor Verwandten, noch vor Freunden halt. Ihr einziger Trieb ist ihre Gier nach... menschlichem Fleisch. Sie selbst sind nicht mehr Menschen im eigentlichen Sinne, auch wenn sie äußerlich noch so erscheinen.

Die gesamte Lage wird zunehmend dadurch erschwert, dass nicht mehr genügend Einsatzkräfte von Seiten der Polizei oder der Armee zu erwarten sind, da auch hier der Virus zu erheblich größeren Verlusten geführt hat, als bisher angenommen. Deshalb können die von uns angegebenen Rettungsstationen inzwischen keinen ausreichenden Schutz mehr bieten.

Versuchen Sie also auf gar keinen Fall mehr, diese aufzusuchen.

Bleiben Sie in ihren Häusern und verbarrikadieren sie sich so gut es geht. Verhalten sie sich so still und unauffällig wie möglich. Diese Erkrankten sind äußerst gefährlich.

Neusten Berichten zufolge werden gerade größere Gebäude wie Schulen, Einkaufszentren und Krankenhäuser bevorzugt von diesen Wesen angegriffen. Deshalb bitten wir Sie nochmals in ihrem eigenen Interesse: Versuchen Sie nicht mehr, die Rettungsstationen aufzusuchen, sondern bleiben Sie in Ihren Häusern. Ergreifen Sie alle möglichen Maßnahmen zur Selbstverteidigung und verfolgen Sie weiterhin die Meldungen, die wir Ihnen im...."

Jana hatte plötzlich das Radio ausgeschaltet.

„Was ist? Wir müssen..."

„Ruhig!", schnitt sie David das Wort ab. „Hört ihr das nicht?" Ihre Stimme war zu einem nervösen Flüstern geworden.

Alle horchten angespannt in die Stille hinein.

„Draußen schleicht jemand im Garten herum", wisperte Chris. „Vielleicht der Soldat von vorhin?"

David schlich zur Fensternische und spähte einige Sekunden auf Zehenspitzen hinaus.

„Da ist nichts", flüsterte er schließlich und drehte sich zu den beiden um. „War wohl bloß ein Tier."

David sprang zurück, als Jana aufschrie. Das Gesicht, das jetzt hinter dem Glas auftauchte, gehörte keinem Tier.

Hinter dem Fenster hatte sich eine völlig verwirrt aussehende Frau zu ihnen hinunter gebeugt und fixierte die Drei.

Ihre starren Augen wanderten zwischen den kleinen Gitteröffnungen hin und her, als würde sie jedes noch so winzige Detail interessieren, wobei sich ihrem Mund ein seltsames, wehleidiges Wimmern entrang. Mit den Fingern ertastete sie die Fensterscheibe, welche die Frau von den jungen, verängstigten Leuten trennte. Langsam steigerte sich das Wimmern jedoch zu einem hysterischen Kreischen. Immer wieder schlug sie jetzt mit ihren Händen gegen die Scheibe, doch das Sicherheitsglas hielt den berstenden Schlägen stand.

„Da kommt sie nicht durch, unmöglich", flüsterte David. „Selbst wenn die Scheibe bricht, kann sie nicht durch das Gitter rein."

Jana wich zurück in Richtung Kellergang. „Aber sie wird andere von denen anlocken. Wir müssen nach oben!"

Die beiden Jungs rannten dem Mädchen hinterher und sausten die Treppe hinauf ins Erdgeschoss.

„Oh, nein!", entfuhr es ihr.

Männer, Frauen und Kinder hatten sich inzwischen auf der Terrasse versammelt und versuchten, durch die Schiebetür ins Wohnzimmer einzudringen. Auch hier erzitterte das Glas unter ihren immer wiederkehrenden Schlägen.

„Los, zur Eingangstür!", schrie David. „Wir müssen hier raus… Chris!"

Sein Freund stand wie angewurzelt da. Von unheimlicher Faszination erfüllt, konnte er seinen Blick nicht abwenden von den bläulichen, teilweise entstellten, toten Gesichtern.

David packte seinen Freund am Arm und riss ihn aus der Starre heraus.