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Elli und Patricia werden noch während ihres Urlaubs abberufen. Mit dem neuerlichen Einsatz konfrontiert, wird auf ihre Einwände keine Rücksicht genommen. In einem kleinen Zeitfenster, im dem das Meer weit zurückgeht und wieder hoch ansteigt, sollen sie etwas finden, wofür sie nie ausgebildet wurden. Dieser Küstenabschnitt wurde als Sperrzone deklariert. Alarmstufe Rot galt für West und Ost.
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Seitenzahl: 429
Veröffentlichungsjahr: 2019
Roman Moore
Hypersonic Bomb
Copyright: © 2019: Roman Moore
Satz: Erik Kinting – www.buchlektorat.net
Verlag und Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40-44
22359 Hamburg
978-3-7497-0182-7 (Paperback)
978-3-7497-0183-4 (Hardcover)
978-3-7497-0184-1 (e-Book)
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Kapitel 1
Nach einigen Einsätzen in Schleswig-Holstein sowie einem Urlaub wurden Elli und Patricia überraschend zurückbeordert. Sie kamen nicht mehr nach Wiesbaden zurück. Die Maschine brachte sie zu ihrem Erstaunen nach Ramstein. Nach der Landung wurden sie in eine der Räumlichkeiten geleitet. Warum diese Überstürzung? Man begann mit der Befragung nach dem Erfolg der Einsätze und wie ihnen das Baden und Schnorcheln gefallen hat. Elli meldete sich sofort, ob nun auch an Einsätze unter Wasser denkt? Dafür wurden sie nicht ausgebildet und wollten auch nie den Froschmännern die Arbeit abnehmen. Der Vortragende knirschte mit den Zähnen. Von diesen Damen war einiges bekannt geworden. Elli hatte ihn mit ihrer Frage nicht nur überrumpelt, auch ihre rasche Reaktion hatte ihn überrascht. Dazu kam, er sollte ihnen etwas schmackhaft machen, das auch die Führungsköpfe in Washington zum Rauchen gebracht hatte. »Man hat uns intensiv darauf vorbereitet in eleganter Kleidung Botschaften an uns unbekannten Personen weiterzuleiten. Und wir sollten nie erkannt werden. Das war und ist unsere Arbeit. Das ist gefährlich genug. Ohne Waffen plötzlich Gegnern gegenüberzustehen, die diese streng geheimen Papiere übernehmen wollten. Einige haben eine Reise ohne Wiederkehr angetreten.«
Der Vortragende ersuchte einige Anwesende, den Raum zu verlassen. Der Raum wurde nun auf Wanzen abgesucht. Anschließend wurde der Raum verdunkelt. Die Tür war versperrt worden. Auf einer entrollten Leinwand konnte man ein Fischerboot erkennen, das sich bei starkem Wellengang zwischen den schaumbedeckten Felsen, seinen Weg bahnte. Es folgte eine Animation. Das Fischerboot war auf den Grund gesunken und lag auf der Seite. Man konnte einen Blick in den Laderaum werfen. Darinnen waren große runde Gegenstände zu erkennen, die fest mit den Querverstrebungen des Bootes verbunden waren. Eine ungefähre Örtlichkeit des nun auf dem Grund liegenden Bootes wurde in Längen und Breitengraden eingeblendet. Ebenso die vermutete Wassertiefe. Auf eine Strömung von zehn Meter in der Sekunde bei niedrigem Wasserstand wurde verwiesen. Sorgsam entfernte man die Leinwand und schaltete die Raumbeleuchtung ein.
Der Vortragende fragte Elli, was sie davon halte. Sie wollte schon mit „Nichts“ antworten, hielt sich zurück. Sie wartete ab. Es war ihr klar, dies ist sicher eine Never-come-back-Situaton ohne Details zu kennen. Nach einer Minute des Schweigens begann der Vorsitzende. »Der russische Außenminister hat in London von den Chinesen eine dürftige Information erhalten. Nordkorea hat zwei Wasserstoffbomben auf einen Fischkutter verladen und auf eine unbekannte Reise geschickt. Der Fischkutter war aber an der französischen Küste auf Grund gelaufen. Da sich nun ein starker Touristenstrom auch in Frankreich aufhalten würde, könnte man die französische Marine nicht einsetzen. Die zahlreichen Hobbyfotographen könnte man nicht davon abhalten, Aufnahmen zu machen. Bald würde auch die Presse vor Ort sein. Nur in wenigen Stunden wäre die Öffentlichkeit nicht nur in Frankreich, sondern in ganz Europa von einem Vorgang informiert, welches man lieber geheim halten möchte. Auch die USA und andere Nationen würden sofort unter den Beschuss der Presse gelangen.
»Seit wann kennt man die ungefähre Lage des Fischkutters?«
»Vor zwei Wochen wurden die USA um Hilfe gebeten. Nun gibt es bei einigen Nationen Alarmstufe Rot. Für den Fall einer Explosion von nur einer Bombe, könnte die Bretagne im Meer versinken. Auch Le Mont St. Michele könnte davon betroffen sein.«
»Warum wurden wir davon in Kenntnis gesetzt?«, fragte Elli.
»In Washington gab es nach stundenlangen Diskussionen, die Entscheidung, euch den Zündmechanismus entfernen zu lassen. Das wurde aber sofort von einigen Spezialisten verworfen. Aber die genaue Lage des Fischkutters zu eruieren, das habe man vor. In etwa zwei Wochen wird das Meer, bedingt durch die besondere Stellung der Erde, Mond und Sonne, höher ansteigen, aber auch weiter zurückgehen. Einheimische, wie auch Touristen würden diesen Umstand nützen, um im Meeresboden, der immer vom Meer bedeckt ist, nach kleinen Tieren wir Krabben und Muscheln zu suchen. Die Anwesenheit von Froschmännern würde sofort auffallen. Dagegen zwei zierliche Frauen in einem Neoprenanzug weniger. Man vermutet auch eine weniger heftige Strömung. Nach Auffinden des Kutters wäre die Aufgabe erledigt.«
»Wobei wir sicherlich die Ersten sind, die in diesem Himmelfahrtskommando das Leben lassen müssten.«
Elli hatte genug. Immer wieder wurden sie zu Einsätzen gerufen, die nach ihrer Ansicht auch andere Mitglieder dieser Gemeinschaft, bewältigen konnten. Als sie seinerzeit unterschrieben hatte, war von Demontagen von Waffen aller Art keine Rede gewesen.
Dazu kam, auch zu einer Spezialausbildung zu einem Froschmann war sie nie eingeladen worden.
In der Ostsee durften sie im Neoprenanzug schwimmen. Von den freischwimmenden chemischen Bestandteilen, die im Kontakt mit Luftsauerstoff alles in Brand setzen würden, waren sie gewarnt worden. Und nun die Wasserstoffbomben.
»Wie soll das nun weitergehen?«
»Wohnen würdet ihr in einem alten Schloss, das sich in der Nähe befindet. In einer nur vom Meer zugänglichen Höhle würde die erforderliche Ausrüstung bereitliegen und weitere Mitglieder der Gesellschaft zu eurer Unterstützung wohnen. Im Schloss selbst wird eines der Mitglieder als weiterer Kontaktmann vorübergehend als Kellner arbeiten. Im Schloss würdet ihr als Amerikanerinnen absteigen und die Raffinesse der französischen Küche genießen.«
»Sicherlich auch die „Raffinement de cruauté“ /die ausgesuchte Grausamkeit/ des KGB, der für die Bomben Interesse haben wird.« »Auszuschließen ist es nicht.«
»Was geschieht mit uns, wenn wir ablehnen?«
»Das würden wir sehr bedauern, hoffen aber auf eure Zustimmung. Genaueres ist mir aber nicht bekannt.«
»Haben wir auch die Chance, uns darauf vorzubereiten?«, mischte sich Patricia in das Gespräch.
»Endlich eine positive Äußerung. Es steht eine Maschine bereit, euch zu einer streng geheimen Basis in die USA zu fliegen. Dort werdet ihr auf allen technischen Geräten, die euch zur Verfügung gestellt werden, eingeschult. Mittlerweile wird euer Urlaub auf diesem Schloss angekündigt. Um jegliche Störung von euch fernzuhalten, werdet ihr mit einem U-Boot bei dieser Küste abgesetzt werden. Froschmänner der amerikanischen Marine werden euch zur Seite stehen. Im Schloss werden auch andere Touristen ihren Urlaub verbringen. CIA Leute werden aber euren Schutz sichern.«
»Hoffentlich keine Agenten, die auch für den KGB oder andere Nationen arbeiten, wie es mir vor einigen Jahren anlässlich meiner Überprüfung in Wiesbaden ergangen ist.«
»Werden wir auch mit jenen Signalen vertraut gemacht, mit denen sich die Taucher unter Wasser verständigen?«
»Daran ist gedacht worden, alles liegt in der Maschine bereit.«
Ein Blick auf Patricia, deren Augen Zustimmung erkennen ließen, folgten die Worte von Elli.
»Worauf warten wir noch?«
Die Erleichterung des Vortragenden noch im Kopf, schritten beide Damen zur Türe. Ihre Entscheidung wurde sofort nach Washington weitergeleitet. Außerhalb dieses Raumes warteten bereits einige Männer. Das zustimmende Lächeln des Vortragenden konnten Elli und Patricia unmöglich sehen. Dafür das Feedback der Männer. Sie wurden zur Maschine gebracht, die sie nun zu der Basis in Nordamerika bringen sollte. Zwingen wollte man sie nicht, aber überreden. Ihre Einverständnisse sollten sie nun an die schwierige Aufgabe erinnern und gegebenenfalls in einer ausweglosen Situation dazu bringen nicht aufzugeben. Umfangreiches Material war auf ihren Sitzen vorbereitet worden. Bei der Durchsicht fielen ihnen die Verhaltensregeln auf, die ihnen bei Verlust oder Entwendung ihrer Sauerstoffgeräte die Rückkehr an die Meeresoberfläche das Leben retten sollten.
Kapitel 2
»Phänomenal, nicht nur ein unbekanntes Boot suchen, auch Nahkampf mit uns unbekannten Gegnern. Endlich einmal Begegnungen unter Wasser. Als ob die reißende Strömung nicht genug wäre«, konnte sich Elli nicht enthalten.
»Wir werden die Zeichen der Verständigung beherrschen müssen, wenn wir auf andere Taucher stoßen. Vielleicht bekommen wir eine elektronische Ausrüstung mit, die bei Aktivierung den Feind erkennt.«
»Sofern die Russen, die ebenfalls hinter diesen Waffen herlaufen, diese Systeme nicht entschlüsselt haben und uns in eine Falle locken. Wir werden uns mit Zeichen verständigen, die nur uns bekannt sind.« Diese und ähnliche Überlegungen führten dazu, sich Notizen zu machen. Nach Durchsicht der bereitgestellten Unterlagen entschieden sie sich zu schlafen. Als die Maschine aufsetzte, war es stockdunkel. Sofort ging es mit einem Hubschrauber weiter. Die Basis erreichten sie in der Morgendämmerung. Der Flug und die neue Umgebung in einem anderen Klima hatte seinen Preis. Die Ermüdung war nicht durch einen schwachen Kaffee zu beseitigen. Während der theoretischen Einschulung war Elli eingeschlafen. Die monotone Vortragsweise trug ihren Teil dazu bei.
»Sie haben während dieser Einschulung geschlafen, anstatt zuzuhören«, wurde sie angeschnauzt.
»Erstens kein Kaffee, wie ich ihn gewohnt bin, um nach einem stundenlangen Flug meine Augen offenhalten zu können. Zweitens ein Vortrag über Gegebenheiten, die wir bereits kennen. Dazu ein in monotoner Weise präsentierter Vortrag, erlaubte meine Augen zufallen zu lassen. Bei allem Respekt, wir sind bereit, einen Versuch zu wagen. Der könnte aber auch von gut ausgebildeten Froschmännern ausgeführt werden. Weshalb uns das Los getroffen hat, das haben wir noch nicht begriffen. Wenn sie wiederkommen, bitte starken Espresso.«
Der Sergeant ging.
»Diese verdammten Weiber. Was hat man sich in Washington nur gedacht?
Oder sind es die, von denen auch wir schon gehört haben.
Jene, die immer in ungewöhnlichen Notfällen eingesetzt werden. Wenn wir ihnen tatsächlich etwas beibringen können, werden es ihre Gegner nicht leicht haben.«
Espresso – der Kommandant wird seinen opfern müssen. Als er zurückkam, gab es in einem Blechgeschirr einen halben Liter Espresso. »Herzlichen Dank«, bekam er nach dem ersten Schluck zu hören. »Unser Kommandant wird in Zukunft ohne Espresso auskommen müssen.«
Elli sagte nichts. Wenn ich zurück in Frankreich bin, schicke ich ihm jede Menge Bohnenkaffee. Bis dahin muss er durchalten. Wir werden uns die größte Mühe geben, alles zu erlernen, so gut wie wir es nur können. Sie wurden noch in der Station angezogen. Ob die bereitgestellten Neoprenanzüge passen würden, davon wollte man sich überzeugen. Man behandelte die beiden Damen wie rohe Eier. Sie wurden an beiden Händen gehalten, als sie die schweren Flaschen am Rücken trugen und die ungewohnten langen Flossen an den Füssen hatten. Sie sollten einige Schritte gehen. Das bewältigten sie tapfer. Sie bekamen eine Elektronik am Gürtel angehängt. Die sollte fremde Taucher melden. Dazu kam noch die übliche Ausrüstung. Die schweren Flaschen drückten. Elli hielt sich gerade. So auch Patricia. Das wurde mit Bewunderung zur Kenntnis genommen. Im Wasser wird die Ausrüstung weniger drücken, versicherte man ihnen. Als sie für einen Tauchgang fertig angezogen waren und einige Schritte hinter sich hatten, wurden ihnen die Flaschen wieder abgenommen.
Ebenso die Flossen. Sie sollten zum Schlauchboot ohne Belastung gehen können. Im Boot wurden sie von erfahrenen Marinetauchern begleitet.
Zwei Stunden waren für diesen Tag vorgesehen, an dem sie sich an die Ausrüstung gewöhnen sollten. Dort wo die beiden abgesetzt wurden, gab es an der Oberfläche eine schwache Strömung, deren Stärke in der Tiefe zunahm. Sie verständigten sich mit den Begleitpersonen mit den Zeichen, die sie während des Hinfluges gelernt hatten. Verwundert war man über ihr eigenes System, dem die anderen nicht folgen konnten. Nach der vorgesehenen Zeit wurde die Rückkehr zum Boot signalisiert. Am Ende des Tauchganges in der Unterkunft wollte man die Zeichen kennenlernen, mit denen sie sich verständigt hatten. »Die mitgeführte Elektronik könnte bereits entschlüsselt sein und uns in eine Falle locken. Dafür haben wir uns ein System ausgedacht, welches anderen fremd ist. Nicht jeder muss unsere Gedanken kennen.« Das wurde sofort an den Kommandanten weitergeleitet.
Dies führte zu einer Lagebesprechung.
»Beide werden wir in Sichtweite bleiben. Nur in einem absoluten Notfall die Elektronik einsetzen. Da wir nicht prüfen können, ob dieses System dechiffriert ist, werden wir es vermutlich ausprobieren und einem vermuteten Gegner eine Falle stellen. Die Auslösung einer Notlage wird dessen Tod im Wasser herbeiführen. Das darf auch niemand im eigenen Lager erfahren.«
Diese Weiber. Das habe ich mir nicht träumen lassen. Was man uns nicht verraten hat, waren ihre bisherigen Einsätze. Das hat man seitens der CIA verschwiegen. Hier haben wir es mit Topagentinnen zu tun. Die beiden wissen Bescheid und nehmen das Training ernst. Unter diesen Voraussetzungen kann ich einige Zeit auf meinen Espresso verzichten.
Der Groll des Kommandanten war verflogen.
Er wollte sie persönlich kennenlernen. Vorerst aber ein intensives Training. Der Rücken der Damen schmerzte. Sie baten um Massage. Das wurde bewilligt.
»Wir werden sicherlich nach dem Training dorthin gebracht werden, wo unser Einsatz es erfordert. Einen schmerzenden Rücken möchten wir vermeiden.«
Die Verunstaltungen bei Patricia erschreckten den Masseur. Er wollte Details. Alles erzählte sie nicht, aber die Tötung des Doppelspions durch Elli. Sie verpflichtete ihm zum Schweigen.
Sollte das bekannt werden, würde sie ihn besuchen. In den wenigen Stunden der Massage gewann er Einblick in ein verschworenes Gespann, das den Tod in die Augen geblickt hatte und keine Furcht kannte. Er wusste nun mehr als der Kommandant und es wunderte ihn nicht, warum Washington alles daransetzte, diese beiden Damen auch in der Unterwasserkriegsführung auszubilden. Die Zeit verstrich viel zu rasch. Die Rückenschmerzen verschwanden und Elli und Patricia gewannen die Hochachtung ihrer Betreuer. Man hatte versucht, ihnen so viel wie möglich beizubringen. Am letzten Abend kam auch der Kommandant.
»Gibt es noch etwas, woran sie gedacht haben und worüber wir keine Zeit gefunden haben, es ihnen zu erlernen?«
»Den Motor zu starten, wenn er in dunkler Nacht auf offener See nicht anspringt. An die Küste zu kommen möchten wir schon.« Einige Zeit blieb es still.
»Das zu lösen muss Washington erledigen. Wie hat es ihnen bei uns gefallen?«
»Danke sehr gut. Hoffentlich bekommen auch andere eine so gute Verpflegung. Danke auch für den Espresso. Ich habe mir vorgenommen, gleich nach unserer Rückkehr eine größere Menge zu schicken. Das müssen sie in Ramstein übernehmen. Wir kennen die Adresse dieser Basis nicht.«
Der Kommandant lachte.
»Danke. Wenn sie einmal wiederkommen, seien sie uns willkommen.«
Er verabschiedete sich und ging. Noch in der Nacht wurden die beiden mit dem Hubschrauber zu einer anderen Marinestation geflogen und traten ihren weiteren Weg im U-Boot an.
»Wie gut beherrscht du die französische Sprache?«
wendete sich Elli an Patricia.
»Nahezu kein Wort.«
»Hoher Tidengang und starke Meeresströmung, das kann nur in der Bretagne sein. Wir dürfen uns nie trennen. Vielleicht wollen sie uns als Touristinnen einschleusen, die die französischen Schlösser für eine Publikation genauer kennenlernen wollen.«
»Sind wir nicht zu alt für solche Studien? Das werden wir niemanden ernsthaft weismachen können. Aber wir sollten es versuchen. Wenn wir bei Sturm und Regen abgesetzt werden, wie erklären wir unsere Ankunft und wo verstecken wir unsere Ausrüstung. Wem unterstehen wir? Bis jetzt hat sich noch niemand vorgestellt.«
»Vielleicht erfahren wir es im U-Boot.«
»Das wird auch Zeit. Wir sollten unsere Ausrüstung im Boot nochmals überprüfen und ungeklärte Fragen unbedingt vorbringen.« fauchte Elli.
»Falls man uns als Damen vorstellt, die sich für die Geschichte der Schlösser interessieren, darf man uns im Neoprenanzug niemals sehen. Beim Frühstück sind wir mit anderen Touristen beisammen. Auch wenn der Küchenchef eingeweiht wurde, werden wir als US-Staatsangehörige mit Fragen überhäuft werden.
Vielleicht auch eingeladen mit anderen Touristen unsere kostbare Zeit zu verschwenden. Daher nur Deutsch und kein Französisch. Je weniger wir verstehen, desto eher werden wir in Ruhe gelassen.«
»Man kann uns aber nicht verbieten den Tidengang zu nützen und dort nach Muscheln zu suchen, wo man nur mit Taucherausrüstung zum Meeresboden gelangt.«
»Machen wir es uns nicht schwieriger, als es ist. Freuen wir uns auf die französische Küche und die Gastfreundschaft«, kam es von Patricia.
An Bord des U-Bootes wurden sie mit dem Kommandanten bekanntgemacht. Zu ihrer persönlichen Verfügung bekamen sie einen Offizier zugeteilt. Nur wenigen war ihre wahre Mission bekannt. Er zeigte ihnen ihr Quartier, verwies auf die Ordnung an Bord und die Zeiten des Essens. Unter seiner Begleitung durften sie einiges an Bord besichtigen. Der Funkraum sowie die Gefechtsstation wurden ihnen vorenthalten. Über die Lautsprecheranlage wurde die Mannschaft von der Anwesenheit der beiden Damen informiert. Der Hinweis, die beiden in Ruhe zu lassen und sie nicht anzupöbeln, wurde von einigen mit Gelächter quittiert. Damen an Bord, das war etwas Neues. Viele Männer an Bord freuten sich auf ihre Begegnungen. Elli und Patricia verhielten sich vorbildlich und bedankten sich, wenn man ihnen den Vortritt ermöglichte. Beide waren immer noch attraktiv und das fand Gefallen. Ein Obergescheiter versuchte trotz der Anordnung sein Glück. Er war einen Kopf grösser als Patricia und glaubte mit der zierlichen Person leichtes Spiel zu haben. Als er ihr entgegenschritt erkannte Patricia instinktiv seinen Angriff. Sie erlaubte ihn herankommen und handelte wie sie es schon oft getan hatte. Er landete auf dem Rücken und sein rechter Arm war ausgekegelt. Er musste in die Krankenstation. Es sprach sich herum und man schenkte der Anordnung Gehör. Patricia wurde zum Kommandanten gerufen. Er konnte es nicht fassen, daß eine zierliche Person einen starken Mann von 85 kg zu Boden wirft und ihm dabei den Arm auskegelt.
»Normalerweise ist er jetzt tot.«
Das hatte der Kommandant nicht erwartet.
»Unsere Mission wird ihnen vielleicht nicht im Detail bekannt sein. Aber wir befinden uns in einer nicht zu unterschätzenden Anspannung. Jeder Gegner, der sich uns in den Weg stellt, ist eine Gefahr für uns, unser Unternehmen und das Boot.
Wir haben nur eine kleine Zeitspanne, die es uns erlaubt, etwas zu finden, das eine Gefahr für ganz Europa oder die gesamte Welt ist. Wir wissen nicht einmal ansatzweise, wo es zu finden ist. Wir haben auch keine Kenntnis, ob ihre Mannschaft sauber ist. Unsere Gegner werden wir auch unter Wasser finden. Wir wurden ausgewählt, haben uns dafür entschieden und werden es durchführen.«
»Ist ihre Kameradin ebenfalls so streng?«
Patricia entfernte ihren Pullover und Bluse und zeigte ihm ihren Rücken, der über und über mit Narben übersät war.
»Derjenige, der mir dies zugefügt hatte, wurde von Elli anlässlich einer Überprüfung ihrer Kenntnisse auf den Boden geknallt und erschossen. Die Überprüfung sollte unter geladenem und entsichertem Colt stattfinden. Damit hatte nicht nur die CIA sondern auch der KGB einen Mitarbeiter weniger.«
Für den Kommandanten war dies alles neu. Er blieb einige Zeit still. Patricia lächelte ihn an.
»Wenn es uns nicht gelingt, den Kutter zu finden und die Zünder nicht rechtzeitig entfernt werden können, war diese Unterhaltung sicherlich die letzte Chance mit mir zu sprechen.«
Mittlerweile hatte sich Patricia wieder angekleidet und stand vor ihm als ob nichts Ungewöhnliches passiert wäre.
»Wir werden sie bitten, ich spreche sicherlich auch im Sinne von Elli, unsere Ausrüstung noch im Boot genau überprüfen zu dürfen. Jede kleine Panne kann unser Leben in Frage stellen.«
Das wurde ihr zugesichert.
»Wenn sie schon bei mir sind, ich würde sie gerne mit dem Chef des Unternehmens bekanntmachen. Er befindet sich an Bord.«
»Auch Elli soll kommen, wir haben noch einige Fragen, die bis jetzt unbeantwortet geblieben sind. Ich habe auch eine Bitte. Bestrafen sie den Mann, der nun in der Krankenstation liegt, nicht zu hart. Er ist durch die Verletzung ohnehin genug bestraft worden. Ob ihr Boot sauber ist, das müssen sie mit Washington direkt klären. Vielleicht hilft ihnen Mac Snowman.«
Der Kommandant bat James zu kommen. Auf einem Stück Papier, das ihm übergeben wurde, fand er eine Anzahl von Fragen.
»Es scheint sich mit dem Auftrag an Matthew zu decken, der ohne Details nach Europa geschickt wurde, um einen Krieg im Keim zu ersticken.«
James war einige Zeit sehr still.
»Wieso wissen sie das?«
»Ich bin seine Nichte und habe ihn von der ersten Stunde an begleitet.«
James war sprachlos. Das konnten alle Anwesenden deutlich erkennen.
»Und Patricia?«
»Sie ist zu uns gestoßen. Wenn sie Matthew kennen, wie geht es ihm nun. Lange schon habe ich nichts mehr von ihm gehört.«
»Er ist friedlich von uns gegangen.«
»Und John?«
»John lebt noch, er hat eine Gefährtin gefunden.«
In den Augen von Elli standen Tränen. Matthew ist tot. Einige Minuten verstrichen. Keiner der Anwesenden sprach ein Wort. Die Stille zerrte an den Nerven von James. Elli fasste sich.
»Wir werden es zu Ende bringen. Das bin ich Matthew schuldig. Nie habe ich mich für seine Mühe bedanken können. Es war eine gefährliche Zeit, aber auch eine schöne Gemeinschaft.«
Nach einiger Zeit.
»Zurück zu uns. Wie können wir mit ihnen in Verbindung treten?
Gibt es im Schlauboot ein Funkgerät, das vollautomatisch die Eingaben verschlüsselt und mindestens einmal täglich den Code ändert?«
»Das gibt es, wir lassen sie nicht alleine.«
»Wurde an Land ein Platz ausgewählt, an dem die Ausrüstung verborgen werden kann?«
»Wir haben vorgesorgt. Ihr müsst nur vier Seemeilen unbeschadet alleine zurücklegen. Das U-Boot kann nicht näherkommen.«
»Wie verteidigen wir uns unter Beschuss?«
»Einen Raketenwerfer werden wir euch mitgeben. Nur im Notfall einsetzen. Das Funkgerät arbeitet automatisch. Die Verschlüsselung erfolgt noch vor dem Senden. Der Schlüssel wird sofort geändert.« »Hoffentlich gibt es nicht Windstärke 7, wenn wir ausgesetzt werden.« »Das können wir nicht versprechen. Aber etwas können wir bestätigen. Die Mannschaft an Bord ist sauber. Viele sind Angehörige der CIA und absolut verlässlich. Trägt diese Information zur Beruhigung bei? Elli sie müssen mir vertrauen, sie und Patricia wurden von mir für dieses Unternehmen vorgeschlagen. Snowman wollte zu Beginn davon nichts wissen, aber ich konnte ihn überzeugen.«
»Danke, das lässt unsere Herzen höherschlagen. Wann können wir unsere Ausrüstung nochmals überprüfen?«
»Morgen. Und nun gute Nacht. Etwas anderes, der Mann, der von Patricia geworfen wurde, hatte es niemals geglaubt von euch auf den Boden geschleudert zu werden. Er ist auch bei unserer Gemeinschaft und ein netter Kerl. Er wollte keinen Kampf, lediglich ein wenig Spaß. Es tut ihm aufrichtig leid. Er hat sich auch vorgenommen sich Damen gegenüber anders zu verhalten, sollte er aus diesem angelaufenen Einsatz heil davonkommen. Das hat aber auch positive Seiten. Patricia konnte ihren Rücken zeigen und über Elli berichten. Unser Kommandant hat aber dadurch Einblick in eure Spezialausbildung gewonnen.«
»Man hat mir davon erzählt, geglaubt habe ich es nicht.« mischte sich der Kommandant in die Unterhaltung.
»Sind die Froschmänner an Bord, denen die Entfernung der Zünder bevorsteht?«
»Ja, warum?«
»Wir haben nur begrenztes Vertrauen zu den Kommunikationsmitteln, die wir erhalten werden. Darum haben wir uns noch während des Fluges zu der Marinebasis ein Zeichensystem überlegt, welches aber nur uns bekannt ist. Sollte nun ein anderer nicht mit diesem System antworten, geht er unverzüglich zu den Fischen. Wir würden darauf Wert legen, dieses System den an Bord befindlichen Froschmännern mitzuteilen.«
Das Erstaunen war groß. Nach kurzer Überlegung wurde eine Zusammenkunft vereinbart. Als er es den anderen Kameraden erzählte, grinsten einige spöttisch. Der Kommandant erwähnte den Mann, der auf der Krankenstation seiner Genesung harrte. Das Grinsen verschwand. Der Kommandant wies auch auf die Bemerkung von Patricia. -Normalerweise ist er jetzt tot.-
Die Begegnung mit den Damen fand statt. Überrascht war man über hübschen Agentinnen, die lächelten. Elli erklärte, weshalb sie sich diese Zeichen ausgedacht haben.
»Wir werden in Sichtweite bleiben und nichts riskieren. Jeder andere, der sich uns nähert und nicht mit diesen Zeichen kommunizieren kann, wird in Sekundenbruchteilen erledigt. Zeit zum Verhandeln haben wir nicht. Gesetzt den Fall eines gemeinsamen Vorgehens, oder einer Hilfe, die wir nie ausschließen wollen, möchten wir sie bitten, sich diese wenigen Zeichen einzuprägen.«
Damit überreichte sie ein Stück Papier. Zehn Zeichen waren darauf zu erkennen.
»Wir haben gelernt im anvertrauten Jeep auf das mitgegebene System zu achten. Ein sich nähernder unbekannter Gegner, der nicht im Sekundenbereich Antworten kann, wird vollautomatisch unter Feuer genommen. Das war bisher sehr erfolgreich. Wir würden nicht zögern, auch aus den eigenen Reihen Leute zu entfernen.«
»Für uns ist das neu. Von der Marinebasis wurden wir vorgewarnt. Die Furcht vor einer Dechiffrierung ist damit beseitigt. Gemeinsam werden wir es Zustandebringen. Nach dem Entfernen der Zünder sollen auch die Bomben geborgen werden. Die Idee mit diesen Zeichen wird dabei sicherlich eine Rolle spielen.
In wenigen Stunden werden sie in einem kleinen Schlauchboot im Morgengrauen alleine sein. Wer sich im Vorfeld bereits Gedanken über einen Unterwasserkampf macht, dem schenken wir unser Vertrauen. Das haben wir nicht erwartet.«
Es folgte Beifall.
»Wir müssen die nächsten Stunden noch untätig zuwarten. Schlafen können wir ohnehin nicht. Nach unserer Gymnastik ersuchen wir um Massage.« schlug Patricia vor.
Kein Wunder, dachte sich der Kommandant. Die beiden stehen unter einer gewaltigen psychischen Belastung. Für sie bedeutet es Erfolg zu haben und kalkulieren viele unberechenbare Details ein. Die Gefährlichkeit dieses Unternehmens haben sie bereits fast verdrängt. Sie wollen Erfolg haben und werden versuchen viele Risiken von vornherein zu unterbinden. Sie rechnen auch mit Kampfschwimmern jener Nation, die diesen Fischkutter losgeschickt und völlig bewusst vor der französischen Küste auf Grund gesetzt haben.
Unterbrochen wurden seine Gedankengänge von Elli.
»Technisches Gerät jeglicher Art das vom Wind oder einem anderen Antrieb profitiert, bleibt nicht in der Luft. Aus einer Geheimoperation könnte eine weitaus gefährlichere Situation eskalieren. Die Franzosen müssen den Luftraum entlang der Küste von Ile de Bréhat im Osten bis Il Grande im Westen, sperren. Sollten sie es unterlassen, werden sie Verluste von Menschenleben und Material zu verantworten haben. Immerhin haben sie im Ersten -sowie im Zweiten Weltkrieg Unterstützung von Amerikanern erhalten. Junge Soldaten, die in der Normandie zu Tausenden ihr Leben lassen mussten.«
Der Kommandant veranlasste das Nötigste. Washington wurde von der nun anlaufenden Operation informiert. Elli wollte noch etwas sagen.
»Wir erwarten keineswegs freundliches Wetter. Wir kalkulieren starken Wind, erheblichen Wellengang und dunkle Nacht. Den Felsen zu entgehen, die sich knapp unter der Meeresoberfläche befinden, das wird nicht leicht werden. Scharfkantige Oberflächen könnten das Schlauchboot erheblich beschädigen. Man wird uns hoffentlich starke Akkulampen mitgeben. Wenn wir bei marée haute (Hochwasser) abgesetzt werden, hoffen wir, diese Felsen früher erkennen zu können. Auf welches Signal aus der Küste müssen wir achten?«
»Wir haben etwas zu unserer größten Verwunderung bekommen, es lautet: „Rotkäppchen sucht den Wolf“. Mit dem Funkgerät, müsste man es hören können. Aus Vorsicht gibt es auch ein Lichtsignal. Dreimal rot, sechsmal grün. Dieses Lichtsignal wird ab 4 Uhr in der Früh von einem höheren Felsen aus gesendet werden. Dieser Felsen befindet sich schon direkt an der Küste. Dieses Signal sollte auch bei starkem Wellengang zu erkennen sein.«
»Jedes Boot, das kein Licht führt und in diesem Abschnitt zu dieser Zeit unterwegs ist, geht ohne jeglichen Kontakt zu den Fischen«, meinte Patricia.
»Wir müssen vorerst sicher an Land kommen. Wenn uns das gelungen ist und wir auf vertrauenswürdige Kameraden gestoßen sind, werden wir >Wolf gefunden< senden.«
»Seltsame Funksprüche« meinte er Kommandant.
»Vor Jahren habe ich mir ein angenehmes Leben in Südfrankreich vorgestellt. Es sollte Abwechslung zu dem eintönigen Leben im Dorf bringen. Ein früher Wintereinbruch und das Einfangen von Wölfen haben mein Leben total verändert. Damals ist es mir gefährlich erschienen. Heute betrachte ich es wie einen Spaziergang auf den Av. des Champs Élysées im Vergleich zu dem, was uns bevorsteht«, sagte Elli. James lachte. Er kannte die Geschichte mit den Wölfen.
»Wenn sie keine weiteren Fragen oder Wünsche haben, sehen sie sich die Ausrüstung an.«
Sie wurden in einen Bereich geführt, wo alle ihre Sachen auf dem Boden ausgebreitet waren. Beide kontrollierten gewissenhaft das für sie vorbereitete Material. Die Neoprenanzüge zogen sie sich ohne Hilfe an. Sie schmiegten sich an die zierlichen Körper wie eine zweite Haut. Damit machten sie auch einige Schritte. Das mussten sie sicherlich auch am Strand machen. James erkannte ein Unbehagen auf dem Gesicht von Elli. Er wollte die Ursache wissen.
»Das Ufer zu erreichen, das traue ich mir zu. Ob die Leute, die uns erwarten auch nach unseren Vorstellungen handeln werden, verursacht meine Unruhe.«
»Sie werden alte Bekannte treffen. Sie sind mit der französischen Sprache vertraut und werden ihnen beistehen.«
Man gewährte den Damen nach einer nochmaligen Massage einige Stunden Ruhe. Dann wurden sie geholt. Sie zogen sich an. Das U-Boot war soweit aufgetaucht, wie es notwendig war. Das Schlauchboot, entfaltete sich nahe dem Turm zu seiner ganzen Größe in notime. Die Ausrüstung wurde verladen. Elli und Patricia kletterten ins Schlauchboot und das U-Boot tauchte weg. Dieser Vorgang hatte weniger als vier Minuten gedauert. Der über dem Meer befindliche Nebel verhinderte jegliche Sicht. An Bord des Schlauchbootes fand Patricia ein kleines Display auf dem nur kurz das sich entfernende U-Boot noch zu erkennen war. Bei der Aktivierung der Vergrößerung konnte sie schemenhaft die Felsen in der Tiefe erkennen. Das Meer war ruhig. Es gab nur kleinen Wellen. Patricia schlug die vorgegebene Richtung zur Küste ein. Der elektrische Motor war sehr leise. Große Felsformationen tauchten am Display auf. Patricia umrundete diese, während Elli sich der Umgebung widmete. Außer dem Geräusch der Wellen, konnten sie keinen Laut vernehmen. Es gab auch kein Licht. In diesem Nebel auf gut Glück etwas anzusteuern, daran mussten sie sich gewöhnen. Nach kurzer Fahrt konnten sie die einsetzende Flut erkennen. Die Wellenformationen änderten sich. Der Nebel begann sich zu lichten. Einzelne Lichter an der Küste waren zu erkennen. Es war 4 Uhr dreißig Ortszeit, als Patricia auf einen dunklen Körper an der Wasseroberfläche aufmerksam wurde. Sie zeigte ihn Elli. Diese hatte schon längst ihren Colt entsichert, es war ein Froschmann, der auf das Schlauchboot zusteuerte. Da er auf Zeichen von Patricia nicht reagierte, tötete ihn Elli mit einem Kopfschuss. Die abgeschossene Harpune verfehlte das Schlauchboot. Der Froschmann versank im Meer. Der abgegebene Schuss war durch den Schalldämpfer nur bedingt gehört worden. Die beiden hofften weiterhin auf ihr Glück. Einen Begleiter konnten sie nicht erkennen. Patricia setzte die Fahrt fort. Morgengrauen würde vor sechs Uhr eintreten. Bis dahin mussten sie die Küste erreicht haben. Immer wieder konnte Patricia jene scharfkantigen Felsen erkennen, vor denen beide großen Respekt hatten. Das Display tat seinen Dienst. Der Nebel gab den Himmel frei. Unter dem zunehmenden Mond, der das Meer erhellte, waren deutlich die Küstenformationen zu erkennen. Patricia steuerte in die Richtung der Bucht, die deutlich zu sehen war. Das Schlauchboot führte kein Licht. Weit vor ihnen fuhr ein Fischerboot ohne Licht. Es nahm Kurs auf das Schlauchboot und näherte sich rasch. Es folgte ein Beschuss. Elli bediente den Raketenwerfer. Der Schütze hatte keine Zeit mit seinem Boot zu entkommen. Der Volltreffer bewirkte eine Explosion und das Boot versank mit der Besatzung. Von der Grotte aus war dies beobachtet worden.
»Sie kommen« meinte Samuel.
Er hatte die Aufgabe übernommen, Elli und Patricia zu unterstützen. »Sie sollten aber unbemerkt kommen.«, meinte Mike
»Vermutlich wollte man dies verhindern und sie haben sich den Weg freigeschossen.«
»Das erinnert mich an Matthew, nach seiner Ansicht gab er immer den Befehl, zuerst zu schießen und zu treffen versuchen. Für Fragen war später noch genug Zeit.«
»Nimm die Signallampe, sie sind noch 800 Meter entfernt. Sie sollen wissen, dass wir auf sie warten.«
»Nun gibt es keinen Nebel, das Schlauchboot kann ich aber dennoch nicht sehen.«
Er wartete einige Sekunden, blinkte dann dreimal rot und sechsmal grün. Die Antwort kam sofort. Fünfmal rot und zweimal grün.
»Sie müssen bei der Einfahrt zur Grotte sehr achtgeben. Dort gibt es scharfkantige Felsen.«
Für Elli und Patricia gab es keine weiteren Störungen. Der Froschmann, der sie angegriffen hatte, gehörte vermutlich zu dem Fischerboot, das zerstört worden war. Das Display ermöglichte eine problemlose Erreichung der Uferzone. Samuel, der sie mit dem Glas beobachten konnte, war über ihr Erscheinungsbild und später über die mitgeführte Ausrüstung verwundert. Der Akku, der den kleinen Elektromotor angetrieben hatte, war halb leer. Aus Sicherheit, hatten sie einen zweiten Akku mitbekommen. Es war 05 Uhr 30 Ortszeit. Kein Sturm, nur wenige Wellen und weiter draußen immer noch Nebel. Das Schlauchboot wurde in Sicherheit gebracht. Dann folgte eine herzliche Begrüßung.
»Eine Rakete mussten wir opfern. Weder wir noch das Schlauchboot war durch den Beschuss getroffen worden.«
»Vermutlich waren es Leute, die Rauschgift übernehmen wollten.« »Wer könnte von unserer Mission Kenntnis haben?«
»Wenn es solche waren, haben sie einen Vorgeschmack erhalten, was sie in Zukunft erwartet.
»Ihr werdet im Schloss wohnen. Eure Koffer befinden sich im Auto, das oberhalb der Grotte auf einem Waldweg steht. Die Waffen, die Neoprenanzüge und das Schlauchboot bleiben in der Grotte. Mike und ich sind zur Bewachung eingeteilt worden. Wir werden aber nach zwölf Stunden abgelöst. Die Ablösung, das sind zwei erfahrene Haudegen. Wir werden die Akkus kontrollieren und laden. Im Schloss wurden zwei Kellner und zwei Zimmermädchen zu eurer persönlichen Verfügung eingeteilt. Ihr werdet auf alte Bekannte treffen. Heute ist nicht nur euer Eintreffen, sondern auch ein Ruhetag vorgesehen. Morgen beginnt euer erster Arbeitstag. Um sechs Uhr in der Früh ist Hochwasser. Gegen Mittag dann Niedrigwasser. Wann habt ihr zuletzt etwas zu euch genommen?«
»Gestern am Abend«, sagte Patricia.
»Frühstück im Schloss könnt ihr heute noch bekommen, wenn ihr um 9 Uhr 30 Uhr eintretet. Lasst euch etwas einfallen, weshalb ihr am Vormittag ankommt.<<
»Das Frühstück im Schloss werden wir keineswegs sausen lassen, aber dennoch eine Kleinigkeit zu uns nehmen.«
»Geht weiter.«
In der geräumigen Höhle fanden sie das Nachtlager mit den Betten, einen Arbeitstisch mit einem großen Display und Diverses. Das Stromaggregat lief leise. Bisher hatten sie es nicht vernommen.
Auf dem Display war ihre Annäherung an das Ufer erkannt worden. Alles hatte man aufgezeichnet. Das Boot, von dem die Schüsse abgefeuert worden waren, hatte keine Hoheitszeichen gehabt. Lediglich die Umrisse waren zu sehen gewesen. Ebenso die abgefeuerten Munitionsteile. Natürlich auch der erfolgte Gegenschlag und dessen Folgen. Washington war von ihrer Ankunft verständigt worden. Patricia und Elli bekamen Kaffee und kleine Brötchen.
»Werdet ihr hier weiter verbleiben?«
»Ja. Wir haben cameras montiert, die die Küste und das vorgesehene Operationsgebiet erfassen werden. Touristen, die sich den cameras nähern würden, werden aufgefordert, fernzubleiben. Bei Nichtbeachtung würden sie unter den Lasern leiden müssen.
Die Position des Schlauchbootes, mit dem ihr aufs Meer hinausmüsst, wird sofort in Längen- und Breitengraden erfasst.
Jede Bewegung über Wasser wird aufgezeichnet werden.
Mehr können wir im Augenblick aber nicht tun. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was nun in Washington vor sich geht. Eine rund um die Uhr eingesetzte, speziell trainierte Mannschaft wird euch begleiten. Dieser abgeschossene Fischkutter hat sicherlich die Beobachter noch nervöser gemacht. Der Kalte Krieg ist noch lange nicht zu Ende. Weshalb der russische Außenminister nach der Information durch die Chinesen auch die USA eingeweiht hat, oder ob aus seinem Büro die USA um Hilfe ersucht worden war, das kennt zur Stunde niemand. Vielleicht wollen die Russen diese Wasserstoffbomben nicht, fürchten aber eine starke Beeinträchtigung der Erdhälfte. Es ist eine Operation angelaufen, die in ihrem Umfang der débarquement im Jahre 1944 ( Landung der Alliierten) um ein Vielfaches übersteigt. Dazu kommt noch eine versuchte Geheimhaltung, während Touristen aus allen Ländern sich auf diesem Küstenstreifen bewegen. Jeder Störenfried, gleichgültig welcher Nation oder welchem Ansehen, wird ausgeschaltet.«
»Nun suchen wir das Schloss auf. Selbst wenn es sie von unserem zeitigen Eintreffen überrascht. Das Früstück, das lassen wir uns schmecken und anschließend legen wir uns schlafen. Das haben wir uns verdient.«
»Euer Auto ist entsprechend vorbereitet. Bei einer Aktivierung wird jeder Täter mit einem Stromschlag zu kämpfen haben. Im Handschuhfach ist ein kleines Display verbaut. Wann immer ihr wollt, könnt ihr mit uns oder direkt mit Washington kommunizieren. Zusätzlich bekommt jede von euch ein Funksprechgerät mit, das auch von den Zimmern einen Kontakt zu uns ermöglicht. Bei falscher Codeeingabe beginnt der Kuckuck zu rufen und lässt sich nicht abstellen.
Das Auto hat eine Nummer aus Paris und unterscheidet sich in seinem Äußerem durch nichts von anderen Fahrzeugen aus Frankreich. Und nun zum Code. Es ist euer Geburtstag. Diesen Tag werdet ihr hoffentlich noch im Gedächtnis haben?«
Elli fing zu lachen an. Auch Patricia stimmte darin ein. Die Anspannung war beseitigt.
»Was wollt ihr noch?«
»Frühstücken«, sagten sie im Chor.
»Wir werden uns ein wenig ausruhen, später wiederkommen und bei niedrigem Wasser beginnen. Wir werden sicherlich nicht sofort den Platz finden, aber mit den Gegebenheiten möchten wir uns vertraut machen«, meinte Elli. Sie gingen zu der provisorischen Strickleiter und kletterten hinauf. Angetan mit Jeans und Pullover erreichten sie das Auto. Nach dessen Öffnung probierte Elli das Display. Es funktionierte. Sie sendete -Danke-. Dann fuhren sie zum Schloss. Der Wirtschaftsweg endete bei einem großen Tor aus Drahtgeflecht. Dies zu öffnen bereitete keine Schwierigkeiten. Nach der Verschließung gelangten sie auf eine bituminierte kleine Strasse. Etwa zwanzig Minuten später konnten sie das Schloss hinter den Bäumen erkennen. Der große Hof sowie der gepflegte Garten fand Gefallen. Beim Empfang war man über die ungewöhnliche frühe Ankunft erstaunt. Sie begründeten es mit dem Flug und der Ankunft aus Paris. Sie waren ohne Unterbrechung bis in die Bretagne gefahren. Ein wenig müde, aber das Frühstück wollten sie sich nicht entgehen lassen. Die Koffer wurden in ein Zimmer gebracht, das direkt vom Hof zu erreichen war. Mit den Worten Bon jour, bonne appétit, betraten sie das Frühstückszimmer. Einige der Gäste wollten bereits gehen, andere waren gerade gekommen. Zwei Damen in Jeans, das fanden einige nicht passend. Darüber machten sich Elli und Patricia keine Gedanken. Beide bestellten Espresso und langten tüchtig zu. Das Buffet war ein Augenschmaus. Elli nahm sich einige Stücke, die sie noch nicht kannte. Leise sagte sie zu Patricia.
»Ein Glück für uns, wir haben den richtigen Platz gefunden.«
»Wenn wir wiederkommen, dann sicher hierher«, antwortete Patricia. Während die beiden ihre Gedanken ausgetauscht hatten, waren sie von einer Nachbarin zaghaft angesprochen worden. Das hatte Elli überhört. Die Frage wurde wiederholt.
»Je vous fais toutes mes excuses, (Entschuldigen sie mich bitte) ich habe nichts verstanden.«
Elli wollte auch nicht in Englisch sprechen, als es die Nachbarin in amerikanischem Englisch versuchte. Patricia lächelte, sagte aber nichts. Sie hatte verstanden. Je weniger Diskussion, desto eher konnten sie ihre Aufgabe lösen. Der deutschen Sprache war die Nachbarin nicht mächtig. Somit blieb sie vorerst still.
»An vieles ist gedacht worden, auf dem Zimmer werden wir aber ruhig sein«, erwiderte Patricia. Elli hatte schon begriffen. Es erheitete sie.
An Wanzendetektoren hatte niemand gedacht. Bei allen Besprechungen war niemand auf die Idee gekommen, ihnen diese kleinen Geräte mitzugeben. Das werden wir heute unbedingt vorbringen müssen. Wenn wir uns nicht unterhalten können, wird dieser Aufenthalt im Schloss nicht angenehm werden.
Man soll niemals andere Menschen unterschätzen. Verdammt, warum haben wir nicht früher daran gedacht. Nach Beendigung ihres Frühstücks gingen sie auf ihr Zimmer. Die Müdigkeit hatte ihren Preis. Bald waren beide eingeschlafen. Elli wachte gegen Mittag auf. Nun fühlte sie sich besser. Sie begann mit ihrer Gymnastik.
Patricia war ebenfalls munter geworden. Sie verließ ihr Bett und fing ebenfalls mit der Gymnastik an. Anschließend begaben sie sich zu ihrem Auto und fuhren dorthin, wo sie das Auto in der Früh abgeholt hatten. Nach der Begrüßung kam Elli sofort auf die Wanzendetektoren zu sprechen. Die hatten aber ihre Kameraden nicht mit.
»Länger als eine Woche werden wir sicherlich nicht im Schloss verbleiben, aber unterhalten wollen wir uns im Bett ohne abgehört zu werden.«
Das begriffen nun auch die anderen. Elli und Patricia streiften ihre Neoprenanzüge über und bereiteten sich auf den ersten Tauchgang vor. Mit den frisch geladenen Akkus fuhren sie zu einer Stelle, die sich weit weg vom Ufer befand. Nach Verankerung des Bootes an einem Felsen am Meeresgrund wurde es ernst. Der Himmel war teilweise bedeckt, der Wind mäßig und es gab nur die üblichen Wellen. Seile hatten sie sich um den Leib geschlungen, um das Boot sofort wiederfinden zu können. In der Tiefe von fünfzehn Meter gab es nur eine geringe Strömung. In Sichtweite glitten sie über den Meeresboden. Sie schwammen gegen die Strömung. Ihre Position wurde laufend aufgezeichnet. Anderen Tauchern waren sie nicht begegnet. Das Fischerboot, von dem sie beschossen worden waren, hatten sie nicht gefunden. Nach einer Stunde war das mitgeführte Seil vollständig aufgerollt. Sie entschieden sich zurückzukehren. Noch während der Rückkehr kam Patricia die Idee, was sie unternehmen müssten, wenn ein anderer Taucher das Seil kappt und sie das Boot nicht mehr finden würden. Darüber wollte sie sofort nach dem Auftauchen sprechen.
Als sie beim Boot angekommen waren, hatte die Flut längst eingesetzt. Sie tauchten aus einer größeren Tiefe auf und kletterten ins Boot. Alles lag an seinem Platz.
»Wir werden zurückfahren.«
Der Wind, nun heftiger, erschwerte die Rückkehr. Patricia erzählte, was ihr eingefallen war.
»Wir werden ersuchen, daß jemand im Boot mit uns fährt. Er muss im Boot bleiben und auf die Waffen achtgeben. Die Idee mit dem Seil hat auch Nachteile, besonders wenn es gekappt wird und der Täter verschwindet. Die Orientierung am Meeresboden ist schwierig. Es gibt keine großen Felsen, die sich gegenüber den anderen unterscheiden.«
Elli war mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Sie hatte sich den Meeresgrund anders vorgestellt. Die Strömung war beim Zurückkehren stärker gewesen. Ob sie immer aus der Richtung kommen wird, die sie heute gefunden haben, war nicht bekannt.
Zurück in der Höhle konnten sie keinen zufriedenstellenden Bericht liefern. Doch dieser Tauchgang war nicht umsonst gewesen. Sie hatten nun eine Ahnung bekommen, was sie erwartete. Während der kommenden Nacht wollten sie nicht wieder auf das Meer hinaus. Ihre Sauerstoffvorräte mussten ergänzt werden.
»Wir werden wieder zeitig in der Früh losfahren. Einen Platz zum Verankern aber weiter westlich suchen. Vielleicht kommt jemand im Boot mit. Zum Frühstück im Schloss werden wir zurück sein. Auf Fragen, weshalb wir immer ziemlich spät zum Frühstück kommen, werden wir Antworten finden müssen. Dagegen auf neugierige Fragen wird es keine Antwort geben. Heute Nacht gründlich ausschlafen und ein vernünftiges Abendessen.«
Die anderen in der Grotte hatten mittlerweile die Bedenken über die Wanzen weitergeleitet. Elli und Patricia kehrten zum Auto zurück. Das Gras war nicht niedergetreten worden und das Auto stand, wo sie es abgestellt hatten. Im Schloss erkundigten sie sich nach einem Restaurant, wo sie am Abend essen konnten. Man verwies auf ein sehr gutes im Dorf. Sie wechselten nun die Jeans und Pullover und fuhren neu eingekleidet zum Restaurant. Man erkundigte sich, ob sie einen Tisch bestellt hätten. Das konnten sie nicht bestätigen. Man bat sie aber weiterzukommen und führte sie in ein kleines Extrazimmer.
Der schon anwesende Gast wurde gefragt, ob er Einwände gegen die Damen hätte. Er war alleine angekommen und hatte darauf bestanden den Abend weiterhin alleine zu verbringen.
Beim Anblick der Damen änderte er sofort seine Meinung. Man schob einen zweiten Tisch in diesen Raum.
Elli und Patricia durften ebenfalls mit diesem Herrn das Gastzimmer teilen.
Sie bestellten sich einen Apéritif, wählten das Menü, wollten essen und bald Schlafen. Es sollte anders werden. Der andere Herr fragte in Französisch, ob er ihnen Champagner anbieten dürfte. Da sie es nicht verstanden, zeigte er mit der Hand auf die Flasche, ob sie mittrinken würden. Sie sagten nicht ja und nicht nein. Der Kellner kam, vermittelte und brachte die Gläser. In einem holprigen Französisch hatte Elli zugestimmt, als sie der Flasche ansichtig wurde. Veuve Cliquot Ponsardin konnte sie zustimmen. Den Apéritif, nahezu auf nüchternen Magen genossen, spürten sie die Wirkung. Das konnte der Gastgeber erkennen. Er glaubte leichtes Spiel zu haben. Während Patricia einen schläfrigen Eindruck erweckte und Elli angeblich nicht alles beobachtete, schüttete der Gastgeber etwas in eines der Gläser.
Das konnte Elli an der Tür beobachten, die wie ein Spiegel Einblick über das Geschehen vermittelte. Sie lenkte den Gastgeber ab und tauschte die Gläser. Nun stand das Glas, in dem seine Zutaten verschwunden waren, vor ihm. Patricia hatte alles verstanden. Die beiden Damen nahmen ihre Gläser an sich und überließen es dem Herrn das seine zu nehmen. »Bonne santé« damit leerten sie ihre Gläser und bestellten keinen Wein, sondern Wodka. Patricia hatte keine Hemmungen, den Herrn dazu einzuladen. Er hatte nichts gegessen, wollte auch nicht essen, durfte aber den größten Teil des Wodkas leeren. Mittlerweile bekamen sie ihr Abendessen, freuten sich diebisch, was ihnen gelungen war, verzehrten in aller Ruhe ihr Menü, zahlten und wünschten Bonne nuit. Seelenruhig kehrten sie zum Auto zurück und fuhren zum Schloss. Dort verriegelten sie Fenster und Tür und nach einer kurzen Dusche waren sie im Bett. Im U-Boot wusste man bereits über die Sorge der beiden Damen, sie könnten im Zimmer abgehört werden.
»Darauf sind wir auch nicht gekommen« wurde in einer Lagebesprechung erörtert.
»Die beiden sind wirklich vorsichtig.«
Das Schlauchboot während ihres Tauchganges nicht alleine zu lassen, war ebenfalls bekannt. Es wurde entschieden, zwei Mann, die sich abwechseln sollten, würden nun im Boot mitfahren und während des Tauchganges im Boot verbleiben.
Eine Stunde lang sich vom Schlauchboot zu entfernen und die Rückkehr mit einer einfachen Leine zu finden, war eine Idee, die nicht Gefallen fand.
Es sollte ein Stahlseil sein, besser noch, das Boot sollte in die Richtung fahren, wohin die beiden unter Wasser unterwegs waren. Eine kleine Boje über dem Wasser würde die Richtung anzeigen. Damit gibt es keinen Funkverkehr, der abgehört werden konnte. Noch in der Nacht kam ein weiteres Schlauchboot mit zwei Mann am Ufer an. Als Elli und Patricia um vier Uhr in der Früh eintrafen, wurden sie mit den beiden bekannt gemacht. Der Lösung mit der Boje konnten sie zustimmen. Das Wetter war immer noch akzeptabel. Für die kommenden Tage wurde Sturm angesagt.
»Wanzendetektoren haben wir leider keine mit uns, wir werden sie abwechselnd begleiten«, sagte Mason, einer von den beiden.
»Danke für die Unterstützung und das rasche Kommen, gestern am Abend wollte uns jemand beim Abendessen eine Substanz in den Champagner einmengen. Er musste es aber selber trinken und bekam als Belohnung noch reichlich Wodka.« verkündete Elli.
» Um ihn sich weiter anzunehmen, hatten wir leider keine Zeit, wir wollten früh aufstehen«, meinte Patricia. Alle lachten.
»Nun aber ins Boot. Wir werden weiter westlich anfangen. Vielleicht finde ich den Felsen wieder, wo wir gestern umdrehen mussten. Der Felsen hat ein kleines Loch. Durch dieses strömt das Wasser. Ein Kind kann durch dieses Loch durchtauchen. Ein Erwachsener nicht.« »Ich hatte bedenken, daß Elli durch dieses Loch wollte, aber sie hat es bleiben gelassen.«
»Wenn ihr diesen Felsen findet, taucht auf. Die Position sollte registriert werden. Vielleicht ist sie in Zukunft nützlich. Dort könnte man ein größeres Boot verankern.«
Mason brachte die beiden ungefähr zu der Stelle, wo man das Loch im Felsen vermutete. Das wurde mit Hilfe der aufgenommenen Daten durchgeführt.
An der Wasseroberfläche gab es an diesem Morgen keinen Hinweis auf eine Strömung. Tiefer unten erwartete die beiden eine Strömung aus der anderen Richtung.
Sie fanden den Felsen, tauchten auf und das wurde sofort festgehalten. Dann ging es wieder in die Tiefe. Die Strömung unter Wasser wirbelte den Sand auf. Der Sand wurde nun Richtung Osten getragen. Die Felsen wurden grösser. Sie standen nahe beieinander. Patricia verzichtete zwischen den nahestehenden Felsen zu tauchen. Im Falle eines Hängenbleibens müsste sie sich unter Umständen von Teilen ihrer Ausrüstung trennen. Vorsichtig tauchten sie in einem grossen Bogen um diesen Teil des Meeresbodens. Zwischen diesen Felstrümmern waren Wrackteile von Booten zu erkennen, die hier ihr Ende gefunden hatten. Diese Wrackteile lagerten hier sicherlich schon einige Jahre. Elli tauchte auf. Die Boje hatte sie gefunden. Das Schlauchboot, das ihnen folgen sollte, aber nicht. Die Küste konnte sie erkennen. Mit dieser unerwarteten Neuigkeit tauchte sie zu Patricia und deutete ihr ebenfalls aufzutauchen. Kein Schlauchboot. Eine Stunde war nun verstrichen.
»Wir werden versuchen müssen, die Küste zu erreichen oder einen der Felsen, der Richtung Küste aus dem Wasser ragt«, meinte Elli. Damit war auch Patricia einverstanden. Sie verschwendeten keine Gedanken an den Verbleib des Bootes. Mason hatte ganz andere Probleme. Kurz nach dem Abtauchen der Damen wurde er von unten unerwartet angegriffen.
Man schlitzte das Schlauchboot. Es konnte nicht untergehen, war aber nicht mehr manövrierfähig. Er lag nun ohne Neoprenanzug im kalten Wasser. Schlauerweise hatte man auf ein Funkgerät verzichtet. Samuel der die Aktion nicht vollständig beobachten konnte, war lediglich das plötzliche Verschwinden des Schlauchbootes aufgefallen. Mit dem Wellengang konnte das Boot nicht gesehen werden. Er wartete ab und gab nach zehn Minuten Alarm. Auch das dauerte seine Zeit. Sie trafen auf Mason. Der durfte in das angekommene Schlauchboot steigen und man begann mit der Bergung der Geräte. Kurzerhand wurde das teilweise zerstörte Schlauchboot versenkt. Anschließend brachte man das gesamte Material und Mason an Land. Nahezu eine Stunde war verstrichen. Nun suchte man die Damen.
Man wusste ungefähr die Richtung. Doch die Boje konnte man nicht finden.
Der Ebbstrom hatte intensiv eingesetzt. Man gab die Suche nicht auf und steuerte auf die Küste zu. Parallel zur Küste wurde die Suche wieder fortgesetzt. Owen erblickte die Boje.
Kurz darauf gelangten sie zu den Damen.
Die beiden waren froh in das Schlauchboot klettern zu können. Worte wurden nicht gewechselt.
Nach Ankunft in der Höhle und einer Aufwärmzeit begann eine Lagebesprechung. Ein solches Ereignis durfte sich nicht wiederholen. War nun die Position der Höhle bekannt? Was nicht nur Ärgernis bereitete, sondern auch zu einer Beunruhigung beitrug war der lautlose Angriff auf das Schlauchboot. Warum hatte man es nicht mit der gesamten Ausrüstung versenkt? Vielleicht wollte man nur eine Störaktion durchführen? Wer war der Täter? Was wollte man bewirken? Mason hatte das Display ausgeschaltet gehabt. Es sollte kein unerwünschtes Licht abgeben. Dadurch war ihm die Möglichkeit genommen worden, einen Froschmann zu erkennen. Wenn dieser nur eine Harpune abgefeuert hatte, ging auch das Boot nicht unter. Der Täter entkam ohne erkannt zu werden. Elli und Patricia berichteten von den Felsen, in denen sie die Wrackteile entdeckt hatten und deren Lage sie bekanntgeben wollten. Da sie kein Schlauchboot erkennen konnten, versuchten sie das Ufer zu erreichen. Auf der Unterwasserkarte waren diese Felsen genau eingezeichnet. Nun wusste man, dass sich östlich davon der vermutete Fischkutter mit den Bomben an Bord nicht befand. Entweder lag er näher an der Küste oder weiter östlich. Weitere Stunden waren verstrichen und man befand sich am Anfang einer Suche. Elli und Patricia waren wohlauf. Das wertete man als positives Ergebnis. Auch an Bord des U-Bootes gab es eine Lagebesprechung. Dort kam man zu dem Ergebnis, man versuchte Unruhe hervorrufen, die Damen aber nicht am Suchen behindern. Sie sollten den Platz finden. Zuschlagen vielleicht später. Das wurde den anderen in der Höhle mitgeteilt. Elli und Patricia waren mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Dennoch am Frühstück teilhaben. Sie kamen wie am Vortag in Jeans und Pullover. Da man in ihren Gesichtern keine fröhliche Miene erkennen konnte, fragte man nach der Ursache. Ohne Vertrauen zu dem liebenswürdigen Bedienungspersonal blieben sie stumm.
Sie kannten nicht die von der CIA eingeschleusten Kameraden, die als Bedienungspersonal arbeiteten.
Zurück zu ihrem Zimmer wurden sie von einem Kellner angesprochen, der ihnen ein Päckchen aushändigte und ihnen sagte, sie sollen es erst im Zimmer öffnen. Dann verschwand er mit einem Lächeln. Elli konnte nur mit einem Danke, das aber eher wie ein Knurren klang, antworten. Erstaunt waren sie später über den sorgfältig verpackten Inhalt, der sich als Wanzendetektor herausstellte. Sofort prüften sie das Zimmer und den Vorraum. Es gab keinen Alarm. Sie legten sich auf ihre Betten und überdachten ihre Lage. Ein Wohlbefinden kehrte zurück. Nun waren sie zufrieden, aber wie sollte es weitergehen? Am frühen Nachmittag begaben sie sich zu ihrem Auto. Auf den Weg dorthin, trafen sie den Kellner wieder, der ihnen das Päckchen ausgehändigt hatte. Sie begrüßten ihn.
Er stand rauchend im Hof. So erschien es ihnen.
Er war Nichtraucher. Die Zigarette war ein Vorwand mit ihnen in Kontakt zu treten. Er wollte wissen, ob das Gerät etwas angezeigt hätte. Das Kopfschütteln der beiden Damen hatte er erwartet, aber er wollte es von ihnen bestätigt wissen. Er sagte ihnen, das Zimmer wird täglich schon lange vor ihrer Ankunft mehrmals geprüft. Mehr könnten auch die beiden Zimmermädchen nicht machen. Er konnte die Erleichterung von Elli und Patricia erkennen. Er müsste aber zurück, ein zu langes Ausbleiben und dazu ein Gespräch mit Gästen, das würde auffallen. Die beiden erreichten ihr Auto und kontrollierten es mit dem Wanzendetektor. Finden konnten sie nichts. In der Höhle erfuhren sie eine ungewöhnliche Geschichte. Ein Franzose, der sich die Aufgabe gestellt hatte, die Rauschgiftbanden zu bekämpfen, hatte dieses Schlauchboot mit einer Harpune bearbeitet. Teilweise war Wasser eingedrungen, aber nur so viel, dass es nicht gänzlich untergehen konnte. Anschließend kehrte er zum Kommissariat zurück und wollte den Chef sprechen. Dieser war ein guter Freund