Ich muss? 'Nen Scheiß muss ich! - Kerstin Höller - E-Book

Ich muss? 'Nen Scheiß muss ich! E-Book

Kerstin Höller

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Beschreibung

Kerstin Höller ist eine Powerfrau. Sie macht, was sie will, ob das jemandem gefällt oder nicht. Ob das modern oder altmodisch ist. Ob das jemand teilt oder nicht. Zu sein, wer man will, das ist für sie die wahre Emanzipation. Und eben auch Emanzipation von der Emanzipation. Eine emanzipierte Frau darf sich nicht sexy anziehen? Muss dem Alter gerecht angezogen sein? Eine emanzipierte Frau darf sich nicht verjüngen? Muss »in Würde« altern? Nein! Ganz im Gegenteil: Frau will Karriere machen? Sie macht es! Frau will ausschließlich für ihre Kinder und ihre Familie da sein? Sie macht es! Frau will sexy sein? Sie macht es! Frau will verrückte Sachen machen? Sie macht es! Dieses Buch ist für alle Frauen, die sich in keinerlei Klischees, Vorgaben oder Meinungen pressen lassen wollen und ihr Leben so führen möchten, wie sie allein es wollen. Für alle Frauen, die lebendig, fröhlich, verrückt und frei sein wollen. Zu sein, wer man will, egal in welchem Alter.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 205

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Dieses Buch widme ich allen meinen Liebsten, die nicht nur auf der Sonnenseite meines Lebens mit mir gefeiert haben, sondern auch den schützenden Schirm über mich hielten, wenn es regnete oder richtig stürmte.

Für meine Herzensmenschen

Jürgen, Alexander, Maximilian,

Axel und Gudrun

und meine Eltern.

KERSTIN HÖLLER

ICH MUSS?’NEN SCHEISS MUSS ICH!

Wichtiger Hinweis

Die im Buch veröffentlichten Empfehlungen wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.

Auch wenn eine gendergerechte Sprache wünschenswert ist, gibt es aus Sicht des Verlages bisher keine befriedigende, gut lesbare Lösung. Der leichteren Lesbarkeit zuliebe haben wir des Öfteren von der Doppelung männlicher und weiblicher Formen Abstand genommen. Selbstverständlich liegt es uns fern, dadurch einen Teil der Bevölkerung zu diskriminieren.

© 2024 NEXT LEVEL Verlag,

NXT LVL GmbH, An der Dornwiese 2, 82166 Gräfelfing

www.next-level-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten

Korrektorat: Christiane Geldmacher, Bremberg

Satz: Daniel Förster, Belgern

Umschlaggestaltung: www.b3k-design.de, Andrea Schneider & diceindustries

Coverfoto: Maja-Sophie Pfisterer und Nikol Leer

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print: 978-3-949458-75-0

ISBN E-Book (PDF): 978-3-949458-76-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi): 978-3-949458-77-4

Ich mach mir die Weltso wie sie mir gefällt …Sie macht, was ihr gefällt!

Frei nach Pippi Langstrumpf

Sei frech, frei und wild!

Inhalt

Ein Tiefschlag ist der beste Startschuss zum Neuanfang

Kapitel 1Alles aus! Alles aus?

Kapitel 2Der nächste Scherbenhaufen

Kapitel 3Wer bin ich eigentlich?

Kapitel 4Metamorphose

Kapitel 5Friede, Freude, Eierkuchen … langweilig!

Kapitel 6Hol dir das Knistern zurück

Kapitel 7In »Würde« alt werden

Kapitel 8Was sind bitte schön Wechseljahre?

Kapitel 9Die einzige Begrenzung im Leben bist du selbst!

Kapitel 10Was andere von dir denken, geht dich gar nichts an

Kapitel 11Liebe dich selbst und komm in Bewegung!

Kapitel 12Liebe, lebe, lache!

Kapitel 13Money, money, money …

Kapitel 14Sag öfter mal Nein!

Kapitel 15Karriere und Familie – geht das überhaupt?

Dank

Ein Tiefschlag ist der beste Startschuss zum Neuanfang

PENG!!!

Dieses Geräusch habe ich immer noch im Ohr. Denn es hat sich in drei großen Krisen in meinem Leben verankert:

Als die Tür des Polizeiautos zugeworfen wurde an dem Tag, an dem mein Mann Jürgen verhaftet wurde.

Als die Haustür ins Schloss fiel an dem Tag, als unsere Beziehung zu Ende war.

Als wir mit einem Wohnwagen kollidierten an dem Tag, als wir mit der Harley über die Schweizer Berge fuhren.

Und so war jeder »Schlag« nicht nur ein Tiefschlag, sondern auch der Startschuss für einen Neuanfang. Für ein Umdenken. Für eine Verwandlung der Kerstin: zu einer neuen Frau.

Leider ist nicht nur der eigene Part dabei anstrengend, sondern noch schlimmer: die Steine, die einem von außen in den Weg gelegt werden. Denn immer, wenn ich im Begriff war, eine neue Frau zu werden, wollte mir irgendjemand sagen, dass es nicht geht, nicht richtig ist, falsch ist – egal, ob mein Partner, meine Kinder, Freunde, Familie, Kunden, die Medien oder »die Gesellschaft«. Jedes Mal wusste jemand anderes besser, was gut für mich sein sollte. Wie ICH sein sollte. Was ich machen durfte oder nicht. »Kerstin, in deinem Alter!!!« (In dem Moment, in dem ich das schreibe, bin ich sechzig.)

Das ging mir gewaltig gegen den Strich. Und so fing ich an, dieses Buch zu schreiben, weil ich zu all dem, was mir andere vorgaben – wie ich mein Leben zu führen hätte (oder eben nicht …) – sage:

Nen Scheiß muss ich!

Ich fühle mich nicht als Feministin. Mir geht das ganze »Gegendere« und politisch Korrekte gehörig auf den Geist!

Ich bin ich! Früher hatte eine Frau Hausfrau und Mutter zu sein. Heute MUSS sie auch noch Karriere machen.

Sagt wer? Sagt der Zeitgeist, die Politik, die Öffentlichkeit …

Und ich sage:

Nen Scheiß muss ich!

Ich mache, was ICH will! Ob das jemandem gefällt oder nicht. Ob das modern oder altmodisch ist. Ob das jemand teilt oder nicht.

Ich mache, was ICH will! Natürlich ohne jemandem zu schaden – das ist mir ganz wichtig.

Und zu sein, wie ich will, zu tun, was ich will, das ist für mich die wahre Emanzipation. Emanzipation auch und gerade von der Emanzipation!

Eine emanzipierte Frau darf sich nicht sexy anziehen? Muss dem Alter gerecht angezogen sein?

Nen Scheiß muss ich!

Eine emanzipierte Frau darf sich nicht verjüngen? Muss »in Würde« altern?

Nen Scheiß muss ich!

Dieses Buch ist für all die Frauen, die sich in keinerlei Klischees, Vorgaben oder Meinungen pressen lassen wollen.

Die ihr Leben so führen, wie sie allein es wollen.

Und so sage ich:

Frau will Karriere machen?

Sie macht es!

Frau will ausschließlich für ihre Kinder und ihre Familie da sein?

Sie macht es!

Frau will sexy sein?

Sie macht es!

Frau will verrückte Sachen machen?

Sie macht es!

In diesem Sinne wünsche ich dir viel Spaß und viele Erkenntnisse!

Wenn du willst, schreibe mir deine Meinung an:

[email protected]

Dein lebendiger, fröhlicher, bunter, verrückter, freier Schmetterling

P.S.

In den folgenden Kapiteln werde ich dir jedes Mal zum Abschluss eine Aufgabe oder eine Übung mit auf den Weg geben, da dich mein Buch nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Handeln motivieren soll.

Bei jeder To-do-Liste bitte ich dich darum, die Fragen ehrlich zu beantworten – DIR ZULIEBE.

Es werden Aufgaben sein, die dich und deine Lebensweise, deine Gedanken und dein Handeln reflektieren sollen.

Nicht nur deine To-do-Liste wird dich in einen Veränderungsmodus bringen, sondern auch eine tägliche Autosuggestion. Hierfür bekommst du von mir ausgearbeitete Vorschläge. So entstehen deine wichtigsten HERZENSSUGGESTIONEN – und diese werden nicht nur dein Mindset, sondern auch dein Leben verändern!

KAPITEL 1

Alles aus! Alles aus?

Ich bin es gewohnt, mit Krisen umzugehen. Bitter musste ich im Leben lernen, dass nicht immer nur die Sonne scheint. Aber weißt du was? Ich bin froh um diese Erfahrungen. »Was?«, denkst du jetzt sicher, »wie kann man froh sein, extrem schlechte Erfahrungen zu machen?«

An Lebenskrisen kann man wachsen. So war es jedenfalls bei mir. Immer, wenn ich es geschafft habe, aus dem tiefsten Loch wieder hinauf ans Licht zu steigen, habe ich mich stärker gefühlt als zuvor. Ich habe über mich gelernt, dass ich viel mehr schaffen kann als gedacht. Dass ich mutig bin und eine Kämpferin. Und dieses Gefühl ist etwas wahnsinnig Schönes.

Schon 2002, bei unserer ersten großen Lebenskrise, als mein Mann Jürgen verhaftet wurde, habe ich die stärkste Kraft des Universums genutzt, um mich wieder aufzurappeln: die Liebe!

Von einer Minute auf die andere war ich mit meinen beiden Jungs Maximilian und Alexander, damals zwei und sechs Jahre alt, allein. Mein Mann kam für uns völlig überraschend in Untersuchungshaft – und wir wurden unserem Schicksal überlassen.

Es war der 31.10.2002 – mittags um 13.30 Uhr wurde Jürgen ohne Vorwarnung von der Polizei in Gewahrsam genommen. Nun saß ich da mit meinem kleinen Maximilian und wartete, bis Alexander aus der Schule zurückkommen würde. Zunächst war ich wie betäubt. Immer wieder spulte sich in meinem Kopf das Geräusch der zufallenden Autotür ab. Ich konnte einfach nicht begreifen, was da gerade geschehen war.

Die letzten Wochen und Monate waren ohnehin schon nervenaufreibend für uns gewesen. Denn Jürgens einst so erfolgreiches Unternehmen, das uns zu Wohlstand verholfen hatte, kam durch einen Börsencrash an den Rand der Insolvenz. Ich wusste, dass die Zeiten alles andere als rosig waren. Verzweifelt hatte Jürgen versucht, sein Lebenswerk zu retten. Und nun auch noch Gefängnis?

Das konnte doch wohl nur ein schlechter Witz sein, oder? Ich ging davon aus, dass mein Mann bald wieder zurück sein würde – dass sich alles um ein Missverständnis handeln würde. Sofort rief ich unseren Anwalt an, der mich allerdings auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Leider war es kein Missverständnis. Jürgen würde erst einmal in Untersuchungshaft bleiben.

Was war genau passiert, dass es so weit kommen konnte? Jürgen hatte innerhalb der letzten Jahre seine Firma Inline AG zur erfolgreichsten Weiterbildungsfirma Europas in seinem Segment aufgebaut. Er übernahm drei weitere Firmen, unter anderem 1999 eines der damals erfolgreichsten e-Learning-Unternehmen Deutschlands, die Metatrain in Neumarkt. Damit war er wieder einmal Vorreiter. Als er dann Investoren seinen Plan vorlegte, mit seiner Motivations AG an die Börse gehen zu wollen (den damaligen neuen Markt), fand sein Plan größtes Interesse bei Investoren. Einige namhafte Banken (West LB, Landesbank Baden-Württemberg, Bankgesellschaft Berlin, die damalige HypoVereinsbank sowie JP Morgan aus den USA, die heute größte Bank der Welt) wollten sein Unternehmen möglichst schnell an die Börse bringen. Es wurden ausführliche Analysen erstellt und sein Unternehmen auf einen Wert von 550 Millionen Mark taxiert.

Wir dachten, Jürgen hätte es geschafft – er würde quasi halber Milliardär sein! Und das mit einem Unternehmen, das er nur fünf Jahre zuvor gegründet hatte.

Diese Bewertung wurde im März 2000 erstellt, doch ab Mai 2000 gab es dann einen lange andauernden, weltweiten Börsencrash. Bis Jürgen die drei Firmen übernommen und alles über die Bühne gebracht hatte, war aufgrund des Börsencrashs sein Unternehmen im Oktober 2000 nur noch 200 Millionen Mark wert und im März 2001 nur noch 102,5 Millionen. Eigentlich immer noch eine hübsche Summe, dachte ich, doch für einen Börsengang zu klein. Also fiel dieser aus.

Doch sein Unternehmen machte eine Million Mark minus im Monat. Mir als Hausfrau war dies damals äußerst suspekt. Wieso sollte eine Firma über eine halbe Milliarde wert sein – wenn sie monatlich ein Minus erwirtschaftete? Doch all die schlauen Banker, Wirtschaftsfachleute, Rechtsanwälte, Steuerberater und Notare, die um Jürgen wie die Fliegen um einen Scheißhaufen herumschwirrten, wussten es natürlich besser: »Jetzt muss investiert werden, um dann durch die gewonnenen Marktanteile später Riesengewinne zu erwirtschaften. Das ist völlig normal.«

Na gut, ich hatte kein Wirtschaftsstudium. Ich blieb trotzdem skeptisch … Der Börsengang fiel also aus. Jürgen kämpfte verzweifelt um sein Unternehmen. Er verschuldete alle Häuser und Wohnungen bis weit über die mögliche Grenze, verkaufte seinen Ferrari, setzte sein Gehalt herab, um die Firma zu retten. Als er dann im Herbst 2001 wieder in der Gewinnzone war, hatte die Presse jedoch Lunte gerochen und berichtete über die Probleme: »Der Adler im Sturzflug«, »Vom Adler zum Pleitegeier«, »Wo sind die Millionen geblieben?« – solche Überschriften helfen einem in der Krise natürlich gar nicht weiter.

Schließlich wurde kolportiert, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei und Jürgen möglicherweise Gelder von Investoren veruntreut habe. Daraufhin kam es dann am 17.12.2001 zur Hausdurchsuchung bei uns. Ein Tag, den ich nie vergessen werde. Aufgrund der Hausdurchsuchung, die damals in der gesamten Presse und sogar in der Tagesschau ausführlich erwähnt wurde, zogen die Investoren ihre bereits zugesagte Zwischenfinanzierung wieder zurück. Das war der vernichtende Stoß: Jürgen musste Insolvenz anmelden. Da er jedoch als Einziger aller Investoren und Beteiligten für die Fremdgelder privat gehaftet hatte, war ihm sofort klar, dass er nunmehr auch privat insolvent gehen würde.

All diese Vorgänge hatten uns sehr belastet, aber mit einer Verhaftung hatte ich ganz und gar nicht gerechnet. Aber nachdem die Tür des Polizeiautos zugefallen war mit dem charakteristischen Peng!, war ich allein. Allein in einer Situation, für die man kein Drehbuch hat, keine Anleitung. Innerlich fing ich an zu zittern. Chaos im Kopf und Horrorvisionen, was unsere Zukunft anging, breiteten sich in mir aus. Befand ich mich in der Realität, oder war das bloß ein schlechter Film?

Da ich ein positiver denkender Mensch bin, versuchte ich mir einzureden, dass das nicht für mich bestimmt wäre. Aber es half nichts, die Wahrheit war erdrückend. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, ich machte mir Sorgen um unsere Existenz:

Was wird mit mir und den Kindern?

Was wird aus Jürgen?

Was passiert mit der Firma?

Was passiert mit uns als Familie?

Was wird mit unserem Haus?

Was wird aus unserer Zukunft?

Was würde die Familie denken? Die Nachbarn?

Wie soll es überhaupt weitergehen?

Wie können wir es schaffen?

Zu dem Zeitpunkt verstand ich überhaupt nicht wirklich, was da gerade passiert war – ehrlich gesagt, verstehe ich bis heute vieles nicht. Aber es war Halloween, und ich war Mutter zweier kleiner Kinder, also riss ich mich zusammen, ihnen zuliebe. Als Alexander von der Schule nach Hause kam, erzählte ich ihm erst einmal, dass Jürgen bei einem Seminar sei. Meine Kinder waren das ja gewohnt, weil Papa ständig irgendwo unterwegs war. Nachdem die Hausaufgaben erledigt waren, beschäftigten wir uns mit dem Basteln von Halloweenmasken und kreierten aus Stoffresten Kostüme. Meine Kinder sollten abends Spaß haben und um die Häuser ziehen – »Süßes oder Saures!«.

Das war schon den ganzen Tag über der Plan gewesen, und ich sah nicht ein, warum ich nun alles abblasen sollte. Instinktiv begriff ich, dass ich das normale Leben für meine Kinder aufrechterhalten musste, auch wenn die Situation natürlich ganz und gar nicht normal war. Ich wollte den Kindern unter keinen Umständen den Abend verderben und ließ mir nichts anmerken. Erst als sie im Bett waren, gingen die Schleusen auf, und ich weinte die ganze Nacht durch.

Und am nächsten Morgen? Machte ich weiter …

Zum Glück kam dann mein lieber Bruder Axel zu mir nach Hause, um mich zu trösten. Ich weiß noch, wie er damals vor der Haustür stand und aufgeregt an einer Zigarette zog.

Zu dem Zeitpunkt war ich schon mehr als acht Jahre Nichtraucherin. Doch in diesem Moment bat ich ihn um einen Zug von seiner Zigarette. Ich brauchte irgendein Ventil. Das tat gut, aber noch besser war, dass Axel vorbehaltlos für mich da war. Wie ein Fels in der Brandung.

Wir sprachen lange und ausführlich über alles, was passiert war und wie es nun weitergehen sollte. Und noch am gleichen Tag wusste ich: Ich würde nicht eine Sekunde länger schwach sein und das Schicksal akzeptieren. Zwei Sätze kamen immer wieder hoch, die mich noch lange begleiten sollten:

Mich macht niemand fertig!Ich schaffe es!

Und plötzlich sah ich einen Weg. Ich wusste, dass es zwar schwer werden – dass ich es am Ende aber schaffen würde. Für uns. Für unsere Liebe. Durch unsere Liebe. Energie durchströmte meinen Körper! Uns könnte nichts auf der Welt trennen! Unsere Liebe war stark!

Auch das war ganz klar für mich: Ich würde – anders als alle anderen – Jürgen nicht verurteilen. Niemals! Er hatte schwere Fehler gemacht, ja. Aber ich wusste, er würde zu seinen Fehlern stehen und alles wieder gutmachen. Und das tat er ja dann auch.

Natürlich möchte ich hier nicht verschweigen, was Jürgen die Gefängnisstrafe eingebracht hat, denn auch dazu steht er und erzählt seine Geschichte offen auf der Bühne. Als Mahnung, als Warnung, als Hilfe, dass andere nicht die gleichen Fehler begehen. Hier seine Straftaten, für die er zur Verantwortung gezogen wurde:

Er hatte, ohne dass ich davon wusste, über viele Jahre hinweg einen Betrag von circa 300.000 Mark in der Schweiz in einem Schließfach deponiert. Immer, wenn er mal in der Schweiz war, legte er dort 10.000 oder 15.000 Mark hinein. Der Notgroschen für schlechte Zeiten. Diesen Notgroschen verschwieg er bei seiner privaten Insolvenz.

Dies bedeutete eine falsche eidesstattliche Versicherung: Einzelhaftstrafe, ein Jahr.

Der gleiche Tatbestand war dann gleichzeitig noch Konkursbetrug und damit ein weiterer Straftatbestand: weitere Einzelstrafe nochmals ein Jahr.

Bei der Untersuchung aller eingezogenen Unterlagen stellte man 20.000 Euro Steuerhinterziehung fest: zehn Monate Einzelstrafe.

Die Sache mit der Veruntreuung war etwas verzwickter: Es wurden zwar keine Anleger-Gelder veruntreut, auch keinerlei Unternehmens-Mittel. Jürgen hatte sein eigenes Vermögen in eine separate Firma, der Höller Vermögensverwaltung GmbH, eingebracht. Und als unser erster Sohn Alexander auf die Welt kam, übertrug er ihm als Schenkung gleich mal 6 Prozent der Anteile. Als er nun verzweifelt seine Firma retten wollte und sein Gehalt nicht einmal reichte, um die Hypotheken, Zinsen und Darlehen für die Immobilienprojekte zu bedienen, fragte er den Steuerberater um Rat.

In dieser Höller Vermögensverwaltung GmbH lag noch ein Betrag von circa 1,6 Millionen. Dieser Betrag wurde als Darlehen an ihn gegeben, auch ganz normal offiziell verbucht. Bis dahin kein Problem. Das Problem war Alexander: Dieser war minderjährig und Jürgen hätte eine Gesellschafterversammlung mit einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss durchführen müssen. Da Alexander jedoch minderjährig war, durfte er ihn nicht vertreten, sondern hätte das Jugendamt einschalten müssen. Dies wusste er nicht einmal. Auch sein Steuerberater sagte es ihm nicht. Dennoch bekam er für diese Veruntreuung, von der er keine Ahnung hatte, die er damals nicht verstand, zwei Jahre Einzelstrafe.

Im April 2003 erging dann das Urteil: drei Jahre Gesamt-Haftstrafe, bei guter Führung zur Halbstrafe. Genau 18 Monate später, am 1. Mai 2004 wurde Jürgen wieder entlassen. Mit 6,6 Millionen Schulden, die aufgrund des Konkursbetruges weitere 28 Jahre Bestand haben würden. Ohne Firma, ohne Geld, ohne Freunde (alle »Kollegen«, Freunde und Promis, die sich sonst um ihn gerissen hatten, waren plötzlich verschwunden). Nur sein Kollege Bodo Schäfer, sein ehemaliger Geschäftspartner Paul Unterberg und mein Bruder, Axel Weinberger, hielten noch zu ihm.

Wie das alles ausgehen würde, konnte ich natürlich unmittelbar nach Jürgens Verhaftung nicht wissen. Es hätte aber auch gar keine Rolle gespielt: Für mich war klar, dass ich Jürgen niemals aufgeben würde. Dass ich zu ihm stehen würde, ohne Wenn und Aber. Denn er hatte wie ein Löwe für seine Firma und letztlich auch für uns gekämpft, weil er noch irgendwas retten wollte, das uns später für einen Neuanfang helfen könnte. Klar, das waren keine rühmlichen Taten, und das Gericht verurteilte ihn dafür. Ich war aber nun keine Richterin, sondern seine Ehefrau. Und es gab da etwas, das wir uns vor vielen Jahren vor dem Traualtar geschworen hatten: »Wie in guten, so auch in schlechten Zeiten!«

Also legte ich sofort den Schalter um, für unsere Familie – und letztlich auch für mich. Ich akzeptierte den Horror, der da auf uns zukommen würde, und stellte mich auf mein neues Leben ein. Und wie du weißt, habe ich es großartig gemeistert.

Das war meine erste große Lebenskrise, die zweite folgt sogleich …

KAPITEL 2

Der nächste Scherbenhaufen

13 Jahre später … Wieder alles aus! Wir waren gerade aus unserem Mauritius-Urlaub zu Hause angekommen, als sich die ganze Wahrheit offenbarte.

Ich hatte im Urlaub schon die ganze Zeit so ein komisches Gefühl gehabt. Es war nicht so, dass Jürgen nichts von mir wissen wollte, aber trotzdem war da die ganze Zeit etwas, das zwischen uns stand. Ich denke, dass es auch für ihn nicht so einfach war und er in diesem Urlaub eine sehr schmerzhafte Phase hatte. Denn er hatte schon in Mauritius eine Entscheidung getroffen. Er wollte nach dem Urlaub mit mir sprechen, weil er unsere Beziehung in Frage stellte. Wie gesagt, mein Bauchgefühl hatte mir unbewusst schon diese Signale gegeben. Als wir zu Hause in Schwebheim alle gesund und friedlich ankamen, dauerte es noch genau zwanzig Stunden, bis mir Jürgen seine Entscheidung eröffnete.

Es war der 26. August 2014. Ich war gerade dabei, den Frühstückstisch abzuräumen, als mir Jürgen sagte, ich solle mich kurz setzen. Dann sah er mich einige Augenblicke nur an, und ich wusste sofort, was jetzt kommen würde. Jürgen wollte sich von mir trennen, er sehe keine gemeinsame Zukunft mehr.

Mir lief es heiß und kalt den Rücken hinunter, mein Herz fing an wie verrückt zu schlagen, ich war komplett durch den Wind! So musste es sich anfühlen, wenn man den Boden unter den Füßen verlor. Die Katastrophe war direkt vor mir! Ich war mittendrin, ohne es zu wollen – einfach nur BÄÄÄÄÄÄM! Alles aus?

What the fuck!

Es war, als würde die ganze Welt zusammenstürzen, der Himmel über mir einbrechen, die Erde mich verschlingen! Ich, die sich immer für alles und jeden eingesetzt hatte … Ich, die ich die ganze scheiß Verhaftung und Gefängniszeit mitgemacht hatte … Ich, die immer alles, wie schwer es auch war, mitgetragen hatte … Ich, die ich die ganzen Jahre die Kinder allein aufgezogen hatte … Ich sollte nach genau zwanzig Ehejahren einfach so abserviert werden? Ohne Vorwarnung?

Das konnte doch wohl nicht wahr sein!

Ich fand Jürgens Verhalten an dieser Stelle einfach mega unfair. Und das sagte ich ihm auch. Schließlich wusste ich nicht einmal, warum er sich trennen wollte. Und ich hatte keinerlei Gelegenheit von ihm bekommen, irgendetwas zu ändern. Ich hatte immer gedacht, alles sei okay. Und dann packte er aus: Dass er mich einfach nicht mehr so jung und quirlig fände wie früher. Dass es einfach nicht mehr so sei wie früher. Dass er sich einfach nicht vorstellen könne, so weiterzumachen.

Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass dies der traurigste Tag in meinem Leben war und ich erst mal fassungslos rausgelaufen bin. Nach anfänglicher Schnappatmung rannte ich in den Keller, machte die Tür hinter mir zu und schrie ganz laut! »So geht das nicht weiter! Nen Scheiß muss ich!«

Als ich schließlich ruhiger wurde, traf ich die beste Entscheidung meines Lebens: Das ist nicht für mich bestimmt! Ich schaute mich im Spiegel an und sagte zu mir selbst: »Kerstin, das kann nicht sein! Das ist nicht deine Geschichte!« Und ich wiederholte es immer und immer wieder. »Das ist nicht deine Geschichte! Und hier ist diese Geschichte zwischen Jürgen und mir nicht zu Ende! Never never! Never give up! Ich akzeptiere es nicht! Ich nehme es nicht an! Nen Scheiß muss ich!«

Dann nahm ich all meinen Mut zusammen und ging wieder nach oben. Auf der Treppe sagte ich leise zu mir selbst: »Ich raste nicht aus! Ich weiß, wenn ich jetzt ausraste, dann ist alles aus! Wirklich alles! Ich kenne meinen Mann so lange, und ich kann und darf jetzt nicht ausrasten, wenn ich noch etwas retten möchte.« Mir war bewusst, dass Jürgen damit rechnete, dass ich total ausflippen, ihn angreifen und sofort aus dem Haus schmeißen würde. Doch ganz gegen seine Erwartung kam ich völlig ruhig und gelassen zurück ins Wohnzimmer. (Ich weiß heute noch nicht, wie ich das geschafft habe.) Ich stellte mich vor ihn hin und sagte: »Ich werde das heute nicht akzeptieren. Ich möchte, dass du mir die Chance gibst, dass wir beide darüber reden, was alles schiefgelaufen ist. Ich finde es nicht fair von dir, dass du nicht einmal mit mir darüber gesprochen hast, was dir nicht an mir und an unsere Beziehung gefällt. Es ist schon sehr feige von dir, dass du mich nicht in deine Gedankenwelt mit einbezogen hast und mich nicht eingeweiht hast, über das, was dir alles so missfällt. Ich finde es einfach nicht gerecht, dass du hier aufstehst und gehst und mir den ganzen Scheiß überlässt!«

Und weiter: »Diese Geschichte ist nicht für mich bestimmt. Das ist vielleicht jetzt gerade deine Geschichte, aber es ist nicht meine Geschichte und ich sehe sie auch nicht als unsere Geschichte! Denn alles ist eine Illusion. Ich möchte mit dir sprechen, jetzt und hier! Ich möchte mit dir darüber reden, was alles falsch ist und was alles schiefgelaufen ist. Ich habe ein Anrecht darauf, mit dir darüber zu sprechen. Ein Anrecht auf ein ruhiges, konstruktives Gespräch, das mir in irgendeiner Weise den Einblick verschafft, was alles an mir oder an uns oder an den Umständen nicht in Ordnung ist.«

Ich glaube, mein Mann war lange nicht mehr so beeindruckt von mir! Er saß da wie ein bedröppelter Hund, völlig aus seiner Bahn gekickt. Da hatte er sich zwei Wochen lang im Urlaub gedanklich auf diese Trennung vorbereitet – und auf einmal war alles anders, weil ich nicht wie erwartet reagiert hatte. Es war ein äußerst merkwürdiger Moment, es war eine Stille im Raum, eine Schwingung, ich weiß gar nicht wie ich das beschreiben soll. Es war einfach ein Ausnahmezustand unserer Gedanken und Gefühle.

Instinktiv wusste ich, dass eine Trennung nicht richtig war, ich würde es nicht zulassen. Zwei Menschen, die sich als Seelenverwandte verliebt und geliebt hatten, sollten sich jetzt adieu sagen. Never ever! Ich hätte schreien können: »Mich kriegst du nicht so schnell los!« Aber ich habe es mir nur gedacht. Ich wollte cool bleiben, und ich bin cool geblieben. Jürgen sollte nicht ahnen, dass es in mir kochte und brodelte. Schließlich fing er an zu weinen – und ich auch. So saßen wir da, einander gegenüber am Frühstückstisch, und weinten.

Jürgen wollte erstmal ein bisschen Abstand und sagte mir, dass er am besten heute in ein Hotel in Schweinfurt umziehen würde, um dort zu übernachten. Aber so einfach ließ ich ihn nicht davonkommen. Aus meiner inneren Stärke heraus bat ich ihn, er möge doch bitte hierbleiben und unseren beiden Jungs selbst sagen, dass er sich trennen möchte.

Auch damit hatte er nicht gerechnet.

Aber ich blieb innerlich fest: »Jürgen, wenn du jetzt gehst, ohne den Kindern Bescheid zu sagen, wälzt du das Ganze auf mich ab. Das finde ich ziemlich feige. Und ich vermute, das würden dir die beiden auch nie verzeihen. Schließlich ist es eine Entscheidung, die du ohne mich getroffen hast.«

Ich sah, dass ich einen wunden Punkt getroffen hatte.