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In jeder Kindheit gibt es ein schlimmes Erlebnis. Es begleitet dich durchs Leben, ohne dass du davon weißt. Aber wehe, es bricht auf … Carina: Eine banale Meinungsverschiedenheit mit ihrem Mann Jochen, nach der er das Haus verlässt, beschwört panische Angst in Carina herauf. Sie fühlt sich verfolgt, ihre Umgebung wird ihr fremd. Als sie an ihrem Verstand zu zweifeln beginnt, trifft sie einen Fremden … Er nennt sich "Doktor" und hält Ausschau nach seelisch verletzten Frauen. Seine bisherigen Partnerinnen haben ihn bitter enttäuscht. Er ließ sie büßen - bis zum Tod. Sein letztes Opfer hat überlebt und liegt schwer verletzt im Krankenhaus, während der Doktor sich schon der nächsten Frau nähert, die es wert ist geliebt zu werden. Von ihm! Atemberaubende Spannung und ein erschütterndes Ende
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Seitenzahl: 521
Veröffentlichungsjahr: 2017
Regina Obszelka wurde 1957 in Gottmadingen, Kreis Konstanz geboren. Schon als Kind gehörte es zu ihrer Lieblingsbeschäftigung, sich Geschichten auszudenken. Als gelernte Köchin tingelte sie im Transeuropa Express durch die Lande, lebte ein Jahr in Venezuela und Algerien. Sie lernte die Techniken des Schreibens, studierte Module aus Literaturwissenschaft, Geschichte, Philosophie und Psychologie, und macht derzeit eine Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie. Mit einer siebenteiligen Kinderbuchserie war sie viele Monate für Lesungen an Schulen ausgebucht. „Ich weiß, wo ich dich finde“ ist ihr erster Psychothriller. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien.
Regina Obszelka
Psychothriller
tredition
© 2017 Regina Obszelka
Umschlag: Richard Barus
Lektorat: Regine Weisbrod
Verlag und Druck: tredition GmbH,
Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback 978-3-7439-7634-4
Hardcover 978-3-7439-7635-1
e-Book 978-3-7439-7636-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
kann wie ein Dämon sein,
der sich von hinten anschleicht,
leise und heimtückisch,
in einem schwachen Moment
über dich herfällt,
dich in Besitz nimmt
und vollkommen beherrscht.
Ich bin nicht gern allein, und Jochen weiß das. Er sieht mich nicht an, schneidet bedächtig seine Kartoffel, als würde er ein saftiges Steak in mundgerechte Stücke teilen, während er beiläufig erwähnt, dass er später mit seinen Kollegen noch etwas trinken geht. Zwecks Schülerbesprechung, wie er betont.
„Schon wieder?“ Ich frage mich, wie oft sie jeden einzelnen Schüler durchkauen müssen, es ist nicht das erste Mal, dass er seine Freizeit dafür opfert. Dass er mich alleine lässt.
„Glaubst du, mir macht das Spaß?“ In Jochens Augen blitzt es angriffslustig auf. „Glaubst du nicht, ich würde mich lieber zu Hause entspannen? Die Überstunden zahlt mir doch niemand.“ Das stimmt, und trotzdem hängt er sich rein, als würde er ein Managergehalt kassieren. Jochen ist eben mit Leib und Seele Lehrer, er kann gar nicht anders. Er unterrichtet eine Klasse, die kurz vor der Matura steht, und setzt alles daran, auch „Problemschüler“ noch auf den richtigen Kurs zu bringen. Heute scheint ihn das besonders unter Druck zu setzen. Sonst albert er gerne mit Oliver, unserem zehnjährigen Sohn herum, lässt sich dessen Tag schildern. Jetzt allerdings weist er ihn schroff zurecht, weil er angeblich beim Essen zu viel herumzappelt.
Wenn Jochen so gereizt ist, sage ich lieber nichts mehr. Außerdem, schleicht sich ein neuer Gedanke ein, habe ich so den Abend für mich … Ich beiße mir auf die Lippe, ein zaghaftes Kribbeln steigt in mir auf. Ich könnte es endlich wieder mal tun, habe es schon so lange nicht mehr getan. Niemand würde es mitbekommen. Jochen verlässt in Kürze das Haus, und Oliver macht sich gleich bettfertig. Eine günstige Gelegenheit. Wenn ich schon alleine bin, warum nicht das Beste daraus machen? Mit einem Mal freue ich mich auf den Abend, räume flink den Tisch vom Abendessen in der Essecke im Wohnzimmer ab, damit ich nachher die volle Zeit für mich nutzen kann.
Jochen schaltet den Fernseher ein, lässt sich auf die Ledercouch sacken und lauscht in den Nachrichten dem Beitrag zur Bildungsreform in Österreich. Offensichtlich hält er nicht viel von den Lehrplanänderungen und der eingeführten Zentralmatura, denn er verzieht gequält das Gesicht. Ich setze mich zu ihm, kuschele mich in seinen Arm, der auf der Rückenlehne der Couch liegt. Er drückt mich leicht an sich, streichelt mir über die Schulter.
„Soll ich hierbleiben?“, fragt er halbherzig.
Es ist verlockend, einfach ja zu sagen, aber Jochen wäre nicht glücklich. Zwar merkt er wohl auch, dass wir kaum noch Zeit für uns haben, nicht mehr so oft miteinander lachen und nur noch selten Zärtlichkeiten austauschen. Aber wir haben beide nichts von dem Abend, wenn er nur aus einem schlechten Gewissen heraus seinen Kollegen heute absagt. Es geht auch um seine Schüler, er hätte das Gefühl, sich nicht genügend für sie eingesetzt zu haben.
Wenn er wüsste, was ich in seiner Abwesenheit treibe! Ich werfe einen verstohlenen Blick auf sein kantiges Gesicht, stelle mir seine Reaktion vor, wenn er entdecken würde, was mich so maßlos befriedigt, und dann seine erstaunte Frage: „Was machst du denn da?“
Genau das hat mich meine drei Jahre ältere Schwester Silvia nämlich gefragt, als sie mich mit dreizehn dabei erwischt hatte. Sie platzte unerwartet ins Zimmer. Ich schreckte auf, fühlte mich ertappt, schob mit hochrotem Kopf hastig alles unter die Decke, stotterte zusammenhanglos. Wie sollte ich erklären, dass ein innerer Drang, eine tiefe Sehnsucht mich schon damals ständig dazu trieb? Dass es mir unmöglich war, damit aufzuhören? Sie würde mich verachten.
Und tatsächlich. Als meine Schwester mir die Decke wegriss und sah, was ich krampfhaft zu verstecken versuchte, starrte sie mich ungläubig an, dann begann sie so laut zu lachen, dass es mir die Tränen in die Augen trieb.
Gott sei Dank vergisst meine Schwester alles rasch wieder, was nicht unmittelbar ihre eigene Person betrifft. Denn wenn sie es herumerzählt hätte …
Seitdem bin ich vorsichtiger geworden, viel vorsichtiger.
„Nein, geh nur“, beantworte ich endlich Jochens Frage. „Ich werde mir einen gemütlichen Abend machen.“
Jochen nickt zufrieden. Als hätte er je meine Zustimmung für seine Entscheidungen gebraucht. Als würde er nicht auch gegen Einwände letztendlich immer das tun, was er für richtig hält.
Als die Nachrichten zu Ende sind, platzt Oliver mit der schäumenden Zahnbürste im Mund herein und nuschelt aufgeregt, ob er bis elf Uhr fernsehen dürfe. Ein Fußballspiel, Irland gegen Österreich, das angeblich seine halbe Klasse schauen darf. Die Freude auf den Abend gleitet mir förmlich aus meinem Gesicht. Wenn Oliver so lange aufbleibt, muss ich damit rechnen, dass er in jeder Sekunde präsent ist. „Mama, ich will noch was trinken. Mama, ich hab Hunger …“
„Du hast morgen Schule“, erinnert ihn Jochen.
„Na und? Ich hab ja nicht gesagt, dass ich nicht hingehe. Ich will mir nur das Spiel ansehen.“
„Und morgen schläfst du dann im Unterricht ein. Kommt nicht infrage.“
Hart, wie Jochen Oliver abweist. Sein Verbot kommt mir zwar gelegen, aber er hätte es ruhig ein wenig freundlicher formulieren können.
Oliver läuft mit hängenden Schultern aus dem Wohnzimmer. Ich schäle mich aus Jochens Arm.
„Oliver, Schatz“, rufe ich ihm hinterher, während ich mir ein paar tröstende Worte überlege.
Oliver bleibt abrupt stehen und wirbelt zu mir herum. „Darf ich doch?“ Seine flehenden Augen kleben an meinem Mund, seinen Vater lässt er links liegen. „Ich schlaf auch gleich danach ein, da hab ich ja immer noch jede Menge Schlaf. Mama, bitte.“
Jochen wirft mir einen warnenden Blick zu.
„Elf ist wirklich zu spät unter der Woche“, pflichte ich ihm vorsichtshalber bei. „Bis halb zehn, das ginge ja noch …“
Jochen schnappt hörbar nach Luft. Gut, ich agiere nicht gerade geschickt, aber deshalb braucht er nicht gleich die Augen zu verdrehen.
„Ich kann dir das Spiel aufnehmen“, schlage ich vor.
„Aber Mama, das ist doch nicht dasselbe!“ Oliver fuchtelt mit seiner Zahnbürste herum, der Schaum tropft auf seinen Schlafanzug. „Da ist ja die ganze Spannung weg. Außerdem redet meine Klasse morgen darüber.“
„Schluss jetzt!“, fährt Jochen dazwischen. „Du gehst ins Bett.“ Er wartet, bis Oliver außer Hörweite ist, dann legt er los. „Sag mal, was denkst du dir eigentlich dabei? Ich verbiete ihm, so spät fernzusehen, und du beginnst mit ihm zu verhandeln. Mit einem Zehnjährigen! Glaubst du, du tust ihm einen Gefallen damit?“
„Ich wollte ihn nur trösten.“
„Trösten? Du tust ja so, als hätte ich ihn geschlagen.“ Ein spöttischer Zug legt sich um seinen Mund, dann verdüstert sich seine Miene. „Merkst du nicht, dass du mir damit in den Rücken fällst?“
„Warum? Ich wollte dein Verbot ja nicht aufheben.“
„Was wolltest du dann? Oliver dazu bringen, dass er über meine Entscheidung jubelt?“ Jochen lässt mich stehen und marschiert wütend in den Flur.
Ich fühle mich heruntergeputzt wie ein Schulmädchen. Als hätte ich von Kindererziehung keine Ahnung. Nicht nur, dass er Oliver so scharf angebellt hat, droht er mit seiner schlechten Laune auch mir einen Strich durch meine Pläne zu machen. Wenn ich nicht in der richtigen Stimmung bin, funktioniert es nicht.
Aber da ist noch etwas. Es macht mich nervös, dass Jochen sauer auf mich ist, zumal er jeden Moment das Haus verlässt.
„Jochen …“, rufe ich ihm hinterher, um einen versöhnlichen Ton bemüht.
„Nicht jetzt, ich bin spät dran. Warte nicht auf mich, es kann spät werden.“ Schon fällt die Tür ins Schloss. Lauter als sonst. Viel lauter!
Peng!
Der Knall der zufallenden Tür hallt in mir nach. Ein furchtbares Gefühl der Verlassenheit überkommt mich. Ich bleibe wie angewurzelt mitten im Wohnzimmer stehen, als sei etwas Schreckliches passiert. Etwas, das ich verursacht habe. In meinem Körper spannt sich jeder Muskel an, als wolle er Schmerzen abwehren. Schmerzen, die ich nicht aushalte.
Dann plötzlich Stille, unheimliche Stille, die in jeden Winkel kriecht und eine solche Kälte verbreitet, dass ich mir fröstelnd die Arme um den schmalen Körper schlinge.
Und jetzt überfällt mich Angst, eine so ungeheure Angst, dass ich Jochen am liebsten nachlaufen und ihn festhalten würde. Mich an ihn klammern und bitten, dass er hier bleibt.
Aber er ist ja längst weg! Davon abgesehen, dass ich nicht weiß, mit welcher Begründung ich ihn zurückhalten will. Ich kann ihm ja schlecht sagen, dass ich mich vor Angst fast in die Hosen pinkele, aber nicht weiß, wovor ich mich derart fürchte.
Reiß dich zusammen, es gibt überhaupt keinen Grund für diese Angst, versuche ich mir einzureden.
Ach nein?, höhnt eine Stimme in mir.
Ich blicke mich vorsichtig um. Die Blätter des Ficus Benjamini werfen verzerrte Gebilde an die Wand, die beim geringsten Luftzug gruselige Fratzen schneiden. Der Teppich wird zu einer dunklen Masse, auf die ich nicht mehr treten kann, weil ich fürchte, darin zu versinken wie in einem Tümpel voller Schlamm.
Was ist auf einmal los?
Meine Augen irren nach Vertrautheit suchend über die blank polierte Holztheke, die aus der Küche ins Wohnzimmer ragt, und die drei Holzstühle davor. Tote Gegenstände, die mir mit einem Mal fremd erscheinen.
Ticktack, ticktack …
Ich fahre herum und starre auf die Uhr mit den schwarzen Ziffern, als hätte diese eben erst, wie von unsichtbarer Hand in Gang gesetzt, zu ticken begonnen. Die Musikanlage auf der Anrichte darunter bleibt provozierend stumm, aber ich habe das Gefühl, dass sie jeden Augenblick in voller Lautstärke zu spielen beginnt, ohne eingeschaltet worden zu sein.
Was um Himmels willen passiert mit mir?
„Mit der stimmt irgendwas nicht“, höre ich meinen Vater sagen. Das hat er früher oft gesagt, weil ich angeblich so anders war. Verschlossener und empfindlicher als alle anderen. Meine ganze Kindheit hindurch trug ich einen unsichtbaren Stempel mit der Aufschrift: nicht der Norm entsprechend. Und er würde mir diesen Stempel heute erneut verpassen, könnte er mich jetzt sehen.
Aber was stimmt mit mir nicht? Habe ich irgendeine Geisteskrankheit, die jetzt ausbricht? Werde ich gerade verrückt?
Der Raum verdüstert sich immer mehr. Ich drehe fahrig am Lichtschalter, hoffe, dass ein einziger Dreh den Raum heller macht und meine Angst verscheuchen wird. Aber der Schalter lässt sich keinen Millimeter weiter in die gewünschte Richtung drehen, jede Glühbirne strahlt bereits ihre vollen vierzig Watt aus.
Panisch erkenne ich, dass sich die Beleuchtung seit dem frühen Abend nicht verändert hat. Diese unheimliche Stille, die auf das laute Scheppern der Tür folgte, legt diesen dunklen Schatten über meine Wahrnehmung. Gaukelt mir vor, die Lampen hätten ihre Kraft verloren.
Peng - Stille - Angst lautet die Kombination, die so zwanghaft aufeinanderfolgt, als sei sie in meinem Innern einprogrammiert.
Ein Programm, das ich von irgendwoher kenne, aber nicht stoppen kann.
Ein Programm, das mich in den Wahnsinn treiben will.
Ich stakse mit steifen Knien durch unser Wohnzimmer, als wäre ich an einem fremden Ort mutterseelenallein ausgesetzt worden.
Stille!
Angst!
Oliver scheint schon zu schlafen, von oben dringt kein Mucks herunter, kein Rascheln, kein vorsichtiges Tapsen. Mein Blick fällt auf den großen Flachbildfernseher. Wer hat ihn ausgeschaltet? Jochen? Die bunten Blusen und Shirts, die ihre leuchtenden Farben angeblich einem besonders schonenden Waschmittel verdanken, sind vom Bildschirm verschwunden. Stattdessen glotzt die schwarze Mattscheibe bedrohlich zu mir herüber, als lechze sie danach, mich in ihren schwarzen Schlund zu ziehen und auf Nimmerwiedersehen zu verschlingen.
Ich greife mit kalten Händen nach der Fernbedienung, lege sie aber sofort wieder auf den Couchtisch, als hätte ich etwas Verbotenes berührt.
Was ist mit mir los?
Ich fühle mich wie eine Fremde im eigenen Körper. Mir ist kalt.
Regnet es schon wieder? Ich ziehe den Vorhang ein Stück zur Seite und blicke durch die Terrassentür nach draußen in die Dunkelheit. Die Umrisse der Marillen- und Apfelbäume ragen wie monströse Ungetüme in den dunkelgrau bedeckten Himmel. Schauderhaft! Kaum vorstellbar, dass diese Bäume in nur wenigen Wochen in voller Blüte stehen.
Wer weiß, ob ich das noch erlebe!
Ein eisiger Schauer kriecht bis zu meinen Haarwurzeln hinauf.
Spürt man etwa im Voraus, wenn einem etwas Schlimmes zustoßen wird? Gibt es diese Vorahnungen tatsächlich?
Ich ziehe den Vorhang wieder zu. Es hätte ein schöner Abend werden sollen, doch nun sitze ich angespannt und in alle Richtungen lauschend auf dem vorderen Rand der Couch, außerstande, diese Angst zu überwinden, von der ich nicht einmal weiß, woher sie rührt.
Oder wer sie programmiert hat.
Peng – Stille – Angst!
Gott, lass es aufhören!
Ich appelliere an meinen Verstand, der mir anscheinend abhandengekommen ist, befehle mir noch einmal: Reiß dich zusammen! Fang einfach an, das wird dich ablenken. Wäre doch schade um den Abend, wenn du ihn jetzt nicht nutzt. Jochen bespricht mit Kollegen die Noten seiner Schüler, Oliver schläft. Du bist ungestört, alles liegt parat. Niemand wird es sehen, es sei denn …
Ich blicke auf. Wie bedrohlich die undurchdringliche Wand aus Stoff wirkt! Fast noch bedrohlicher als die Dunkelheit, die ich damit aussperre. Dahinter kann sich leicht jemand verstecken.
Und mich beobachten.
„Mit der stimmt irgendwas nicht“, höre ich wieder meinen Vater sagen.
Eine Windböe rüttelt draußen an dem losen Haken neben der Schuppentür. Ich ziehe mir meine Strickjacke enger um den Körper. Das Rauschen und Pfeifen erinnert an späte Herbststürme, aber nicht an den Frühling, der laut Kalender seit gestern ins Land gezogen ist. Wenn auch noch ein Gewitter heraufzieht …
Ich halte es keinen Augenblick länger im Wohnzimmer aus, haste hinauf, als sei mein schlimmster Feind hinter mir her. Vor Olivers Zimmer bemerke ich den Lichtschein, der durch die angelehnte Tür fällt, und stürze hinein, mit dem Gefühl, als hätte ich mich in letzter Sekunde in Sicherheit gebracht. Aber der Anblick meines friedlich schlafenden Kindes vermittelt heute keine Heile-Welt-Stimmung, es nimmt mir kein bisschen von dieser entsetzlichen Angst.
Oliver schläft auf dem Bauch, ein Bein um die Bettdecke geschlungen, das andere darunter eingewickelt. Ich könnte ihn richtig zudecken, dabei würde er vielleicht aufwachen, und ich könnte seine Stimme hören. Die mich garantiert verschlafen fragen würde: „Mama, was machst du denn hier?“ Nein, keine gute Idee.
Ich laufe über den schwach beleuchteten Flur ins Badezimmer, putze mir im Eiltempo die Zähne und fülle rasch ein Glas mit Wasser, das ich mit ins Schlafzimmer nehme. Dort stürze ich in mein
Bett wie in ein Schlauchboot, das mich im letzten Moment vor dem Ertrinken rettet.
Schon als Kind bin ich gern in mein Bett geflüchtet, wenn ich mich gefürchtet habe. Hier habe ich mich sicher gefühlt wie in einer Burg, in die niemand eindringen kann.
Ich lehne mich an mein Kissen und ziehe mir die Decke über die Beine, eingehüllt im gelben Schein der Nachttischlampe. Die Anspannung lässt nach, und mit ihr weicht die Angst wie eine dunkle Wolke, die sich langsam auflöst. Zurück bleibt ein mulmiges Gefühl und die Frage:
WAS WAR DAS?
Ich möchte nur schnell einschlafen, lasse die Lampe brennen, als wäre sie ein Wächter, der auf mich aufpasst, rutsche tiefer, schließe die Augen, warte auf die Schwere, die sich auf einen senkt und alle bewussten Gedanken eindämmt.
Sie kommt nicht.
Ich bin hellwach, kann immer noch nicht nachvollziehen, was in der letzten halben Stunde mit mir passiert ist. Wie kann man aus heiterem Himmel so austicken? Sich grundlos so fürchten? Ich finde keine Erklärung dafür. Jetzt geht es mir gut, fast so gut, als wäre überhaupt nichts gewesen. Und je länger ich darüber nachgrübele, desto mehr beschleicht mich das Gefühl, dass ich mich in etwas hineingesteigert habe.
Ich blicke auf meinen Radiowecker, kurz nach neun, eigentlich viel zu früh fürs Bett. Kein Wunder, dass ich nicht müde bin.
Ich könnte es jetzt noch tun …
Ich setze mich wieder auf, angele zaghaft nach meinen Utensilien, während ich mich noch unsicher im Raum umsehe, vorsichtshalber in mich hineinfühle. Alles ist wieder wie immer. Ich schüttele verwundert den Kopf, versuche, mich zu konzentrieren, und gleite kaum merklich in jene Stimmung, die mich von innen her anstachelt.
Wie auf ein stummes Kommando entstehen die ersten Bilder in meinem Kopf, reihen sich nahtlos aneinander und werden wie in einem Film lebendig. Ich muss mich nicht besonders anstrengen, ich brauche es nur zuzulassen. Meine Hand bewegt sich flink, führt
gewissenhaft jeden Gedanken aus. Bald verschwindet der sechstürige Kleiderschrank mit seinen abgegriffenen Holzknöpfen aus meinem Blickfeld, und die Zeit verliert ihre Bedeutung. Ich tauche ein in jene Welt, in der meine Phantasie regiert, die mit knisternder Spannung unaufhaltsam auf einen Höhepunkt zusteuert. Ich bade in einem Rausch, der mich alles um mich herum vergessen lässt. Was für eine Leidenschaft! Was für ein prickelndes Gefühl!
Bis ich dieses rasselnde Geräusch höre, gefolgt von einem dumpfen Scheppern. Es kommt von unten, und diesmal ist definitiv nicht der Wind dafür verantwortlich.
Jemand ist soeben ins Haus eingedrungen!
Sie hört sich selbst vor Schmerz wimmern, will die Augen öffnen, aber ihre Lider lassen sich nicht heben. Als wären sie zugeklebt. Es ist so verflucht kalt hier. In ihrem Unterleib scheint ein Moloch zu wüten, der sich durch ihre Eileiter und ihre Gebärmutter frisst. Die Schmerzen kommen und gehen wie Presswehen kurz vor der Geburt. Ihr Gesicht brennt, als hätte sie sich mit Säure verätzt. Sie spürt weder Arme noch Beine, wie tot hängen sie an ihrem geschundenen Körper. Sie röchelt. Jeder Atemzug verursacht heftige, dumpfe Stiche in ihren Rippen, sie bekommt kaum Luft.
Was ist mit mir passiert?
Von weitem dringt in unregelmäßigen Abständen ein Rauschen zu ihr, das bis zu einer bestimmten Lautstärke anschwillt und kurz darauf wieder abebbt: Verkehrslärm. Autos, die auf einer nahe gelegenen Straße ahnungslos vorbeifahren. Aber hier, um sie herum, herrscht Totenstille.
Wo bin ich? Warum kann ich mich an nichts erinnern?
Ich bin Linda Reitmeier, will sie flüstern, doch ihre Lippen bewegen sich nicht. Kein Laut dringt aus ihrem Mund. Aber sie weiß, wer sie ist. Wenigstens das! Und es fällt ihr noch mehr ein.
Ich wohne mit Martin im neunzehnten Bezirk in Wien. Vor ihrem geistigen Auge erscheint ihr Ehemann, mit der schmalzigen Locke, die er sich jeden Morgen in die Stirn kämmt, und seinem strahlenden Lächeln, mit dem er jeden Nachmittag seine Fernsehzuschauer und Gäste im Studio zu seiner albernen Talkshow begrüßt.
Sie muss in ihrem Bett liegen, hat gestern Abend zu viele Cocktails getrunken und erfährt nun die Auswirkungen eines ausgewachsenen Katers. Inklusive Gedächtnislücken. Oder besser gesagt einen richtigen Blackout. Das Fenster muss sperrangelweit offen stehen, denn sie friert und hört schon wieder ein Auto vorbeirauschen. Als sie den Kopf zur Seite dreht, setzt ein Hämmern ein, das ihr fast die Sinne raubt.
Sie bewegt ihre schlaffen Hände, spürt ein Kribbeln, das immer stärker wird. Tausend Nadeln scheinen sie zu piksen und treiben das Leben zurück in ihre Arme.
Linda tastet nach ihrer Bettdecke und hält erstarrt inne. Sie fühlt keine warmen, weichen Daunen, da gleitet etwas Kaltes, Feuchtes durch ihre Finger. Was ist das? Gras?
Ich liege nicht in meinem Bett! Wo bin ich?
Im Garten? Bei diesem Wetter? Es muss in Strömen geregnet haben, ihr nasser Pullover klebt wie eine zweite Haut an ihrem Rücken. Und die entsetzlichen Schmerzen rauben ihr fast den Verstand.
Sie japst nach Luft, versucht, abermals die Lider zu öffnen, gibt nicht gleich auf, bis sie wenigstens blinzelt. Es ist stockfinster, und erst als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, erkennt sie ein Gewächs knapp über ihrem Gesicht. Sie liegt unter einem Gebüsch.
Verschwommen nimmt sie durch das Gestrüpp keine fünf Meter entfernt einen schwachen Lichtschein wahr. Die Terrassenbeleuchtung, schießt es ihr durch den Kopf. Sie will um Hilfe schreien, aber ihre Zunge lässt sich kaum bewegen. Sie schmeckt eine Flüssigkeit, die einen metallischen Geschmack hinterlässt und ihre Lippen zusammenklebt. Sie muss stark geblutet haben!
Ihre Glieder sind vor Schmerz taub und vor Kälte steif. Sie muss ins Haus, jetzt gleich! Wieso hilft ihr niemand?
Sie will auf allen vieren unter dem Gebüsch vorkriechen, aber ihre Beine kleben gefühllos auf der nassen Erde. Sie kann sich nicht einmal umdrehen.
Habe ich mich an der Wirbelsäule verletzt? Bin ich gelähmt? Martin würde keinen Krüppel neben sich dulden. Sie muss auf die Beine kommen, egal wie. Mit nahezu übermenschlicher Anstrengung kann sie den Oberkörper ein Stück aufrichten. Ein Fehler, den sie sofort zu spüren bekommt. Das Hämmern in ihrem Kopf droht ihn zu zerreißen, ihr Unterleib brennt, als koche darin ein Teufelsgebräu, das ihre Schleimhäute zerfrisst. Erschöpft und nach Atem röchelnd sinkt sie zurück.
Da hört sie Schritte. Sie nähern sich rasch, begleitet von Gelächter und vom Wind verzerrten Worten. Die Stimmen mehrerer Personen vermischen sich zu einem unverständlichen Einheitsgegröle. Haben sie Gäste, die besoffen durch ihren Garten wanken?
„Hey, was rennst du so? Bleib cool, den Bus haben wir sowieso verpasst“, hebt sich eine jungenhafte Stimme deutlich von den anderen ab. Sie müssen in ihrer Nähe sein, gleich wird sie gerettet werden.
Macht schnell, ich krepier hier!
„Shit“, keucht eine weibliche Stimme so nah, als stehe sie direkt neben Linda und könne sie bloß wegen dem dicht gedrängten Buschwerk nicht sehen. „Wann geht der nächste Bus? Schau nach!“
„Da geht keiner mehr, wir sitzen fest“, mischt sich eine dritte, tiefere Stimme ein.
„Und was machen wir jetzt?“, ruft das Mädchen.
„Keine Ahnung. Hat noch jemand einen Joint?“
„Ey Mann, ich muss heim“, keift das Mädchen. „Mein Vater schlägt mich halbtot, wenn ich die ganze Nacht wegbleibe. Scheiße!“
Halbtot!, durchfährt es Linda, und mit einem Mal kehren Bruchstücke ihrer Erinnerung zurück. Auch sie ist halbtot geschlagen worden. Er hat wie ein Wahnsinniger auf sie eingeprügelt …
Grässliche Bilder steigen in ihr auf.
Sie ist gefesselt, ihm wehrlos ausgeliefert. Der Lederriemen klatscht auf ihre Schenkel, die wuchtigen Stockhiebe schneiden tief in ihre Haut, ihr Körper scheint in Flammen zu stehen.
Ein Knebel dämpft ihre heulenden Töne und kappt die Sauerstoffzufuhr durch ihren Mund. Gierig saugt sie die Luft durch die Nase, mit dem Gefühl, zu ersticken.
„Ich hab etwas für dich, das wird dir gefallen. Ich weiß doch, was du brauchst“, höhnt er. Rammt er ihr etwas in den Unterleib? Es ist zu groß, passt nicht hinein, ihr Unterleib wird in Stücke gerissen … Hilfe, es zerfetzt mich …
„Sieh mich gefälligst an, wenn ich es dir besorge …“
Unter qualvollen Schmerzen sieht sie in seine kalten Augen … „Hör auf, so dämlich zu grinsen!“
Sie weiß nicht, was er meint.
Seine Faust schnellt auf ihr Gesicht zu, in ihrem Kopf explodiert etwas, hinter den Augenlidern zucken grelle Blitze. Ein weiterer Faustschlag reißt sie in eine unendliche Tiefe. Sie findet keinen Halt, verliert sich darin. Dann steigt sie auf, schwebt über ihrem Körper und entfernt sich von ihren Schmerzen. Wie von weit her hört sie seine Stimme, dumpf und verzerrt, als würde er durch eine Papprolle sprechen. Sie ist unglaublich erleichtert, weil dieses miese Schwein sie nicht mehr erreichen kann. Mit keinem seiner widerlichen Worte, mit keinem einzigen Schlag.
Etwas Kaltes klatscht ihr ins Gesicht, seine Stimme wird wieder klarer und zieht sie wie in einem Sog nach unten in ihren gepeinigten Körper.
„Willkommen zurück“, höhnt er.
Blut rinnt ihre Kehle hinunter, während ihre Gedanken wie durch einen Fleischwolf gedreht keinen Sinn mehr ergeben. Ein Brei, aus dem nur noch der Geruch einer einzelnen Zutat emporsteigt: Er will dich töten.
Die nächste Presswehe in ihrem Unterleib reißt sie in die Gegenwart. Sie hat seine Folter überlebt, ist schwer verletzt, aber am Leben. Noch.
Lieber Gott … Es ist seit ihrer Kindheit das erste Mal, dass sie ihn ruft. Sie will beten, ihn um Hilfe anflehen, aber sie findet keine Worte.
Inzwischen ist ihr klar, dass sie nicht in ihrem Garten liegt, denn unmittelbar daneben fährt überhaupt kein Bus.
Wo hat er sie abgelegt?
Ich schiele auf meinen Radiowecker, gleich Mitternacht. Das muss Jochen sein, schießt es mir erleichtert durch den Kopf.
Ich lasse rasch alles, was auf meiner Bettdecke herumkugelt, in meiner Nachttischschublade verschwinden und knipse die Lampe an meinem Bett aus. Er muss ja nicht wissen, dass ich noch auf bin, denn dann würde er mich fragen, was ich bis jetzt gemacht habe.
Klatsch!
Ich fahre erschrocken in die Höhe. Was war das?
Jochen ist der Schlüssel aus der Hand gerutscht, beruhige ich mich gleich wieder. Das ist typisch für ihn. Er bemüht sich, besonders leise zu sein, und vermasselt es prompt. So wie er beim Weggehen wahrscheinlich nur versehentlich die Tür zugeknallt und damit dieses unheimliche Programm in mir in Gang gesetzt hatte.
Peng!
Die bloße Erinnerung daran lässt den Knall erneut in mir widerhallen. Es hat so endgültig geklungen. Als würde er nie mehr wiederkommen.
Er ist wiedergekommen, gerade eben. Du hast ihn doch gehört. Stille!
Wo bleibt er so lange? Warum kommt er nicht ins Bett? Vielleicht hat er Hunger und isst noch eine Kleinigkeit. Vielleicht bricht aber auch gerade jemand in unser Haus ein. Angst!
Ich lausche angespannt, spüre die Anwesenheit einer Person im Haus. Und sie schleicht näher.
Jochen, bist du das?, will ich rufen, halte mich aber im letzten Augenblick zurück. Da hätte ich dem Einbrecher ja gleich zurufen können: „Ich bin hier im Schlafzimmer, hellwach und ganz allein. Mein Mann ist nämlich nicht zu Hause.“
Immer noch Totenstille im gesamten Haus. Das kann nicht Jochen sein!
Ich wage kaum zu atmen. Ein Einbrecher durchstreift unser Haus, und ich kann noch nicht einmal die Polizei rufen, denn mein Handy steckt unten im Wohnzimmer am Ladekabel.
Im Flur knarrt unterdrückt eine Stufe. Ich halte die Bettdecke wie einen Schutzpanzer unter meinem Kinn umklammert, überlege verzweifelt, was ich tun soll. Mich schlafend stellen? Unmöglich! Mein Körper würde den Schwindel sofort aufdecken, denn mittlerweile zittere ich so stark, dass ich keinen Muskel mehr ruhig halten kann. Ich will mich unter dem Bett verstecken, kann mich aber nicht überwinden, meine Decke loszulassen.
Und wenn Oliver die Geräusche auch gehört hat? Was, wenn er schlaftrunken auf den Gang torkelt, um nachzusehen?
Ich werfe die Decke zurück und springe aus dem Bett. Mein Herz klopft so wild, dass ich nur mühsam ein Husten unterdrücken kann, während ich mich panisch im Zimmer umsehe. Der Mond spendet ein wenig Licht, aber ich entdecke nichts, womit ich auf den Einbrecher einprügeln kann. Ich reiße den Kleiderschrank auf, taste fahrig nach einem leeren Kleiderbügel. Als ich endlich einen finde, hätte ich ihn am liebsten aus dem Fenster geschleudert. Wieso besitzen wir nur Kleiderbügel aus Kunststoff, keinen einzigen aus Holz?
Eine Glasflasche wäre sowieso besser. Die stehen aber alle unten. Jetzt kann ich nur noch hoffen, dass ich in Olivers Zimmer etwas finde, womit ich mich verteidigen kann. Doch als ich mich umdrehe, weiß ich, dass ich hier nicht mehr herauskomme. Er steht bereits vor der Tür, drückt vorsichtig die Klinke herunter.
Ich schnappe das volle Glas Wasser von meinem Nachtschränkchen, husche hinter die Tür und starre diese an, wie sie sich langsam zu einem breiten Spalt öffnet. Jemand gleitet im Dunkeln herein.
Ich springe ihm direkt vor die Füße, kippe ihm das Wasser ins Gesicht und hole mit dem lächerlich leichten Kleiderbügel aus. Er erwischt meine Hand und hält sie im Schlag fest.
„Bist du verrückt geworden?“
Jochens Stimme! Oh Gott, es ist Jochen.
„Willst du mich erschlagen?“ Er lässt mich los und schaltet die Deckenbeleuchtung ein. „Carina, was soll das? Ich bin klatschnass.“ Wasser tropft von seinem schmalen Gesicht auf sein kariertes Hemd, das sich an den nassen Stellen dunkler färbt.
„Du bist das …“ Mein Herz wummert immer noch so heftig gegen meine Brust, als wolle es herausspringen.
Jochen sieht mich verständnislos an. „Wer denn sonst?“ Blöde Frage. Täglich werden Einbrüche in der Zeitung gemeldet, und es ist noch kein Jahr her, als nur wenige Straßen entfernt gleich mehrere Häuser ausgeraubt worden sind. Ich bin in dieser Gegend bestimmt nicht die einzige Frau, die sich nachts allein fürchtet.
„Carina, unsere Haustür ist einbruchsicher, unsere Fenster sind verriegelt, hier kommt keiner rein.“ Er mustert mich in meinem langen Nachthemd, den Kleiderbügel noch immer in der Hand haltend. Ein belustigtes Lächeln huscht über sein Gesicht. „Beeindruckend, wie du Heim und Kind verteidigst.“
Na, wenigstens hat er seinen Humor wiedergefunden.
„Wie war dein Abend?“, lenke ich ab, weil ich mir auf einmal lächerlich vorkomme. Ich schüttele mein Kopfkissen auf und kraxele ins Bett.
„Warte, ich bin gleich wieder da.“ Er marschiert an mir vorbei ins Bad, kurz darauf höre ich Wasser rauschen. Unser kleiner Disput vom frühen Abend scheint vergessen, seine Laune ist deutlich besser als bei seinem Aufbruch. Und ich fühle mich wieder sicher, jetzt, da Jochen im Haus ist. Ich werde mich jetzt an ihn kuscheln und in seinen Armen einschlafen. Vielleicht nicht sofort, es wäre schön, ihn wieder mal in mir zu spüren …
Jochen kehrt zurück, schlüpft mit nacktem Oberkörper neben mir unter die Decke. Seine Augen glänzen, er sprüht vor Energie. Das scheint ja ein anregender Abend mit heißen Diskussionen gewesen zu sein. Ich rutsche näher zu ihm, aber statt mich in den Arm zu nehmen, verschränkt er beide hinter seinem Kopf. Er will mir also tatsächlich zuerst von seinem Treffen mit den Kollegen erzählen. Hoffentlich geht er nicht zu sehr ins Detail. Ich gähne verhalten, spüre mit einem Mal, wie müde ich bin.
„Ich habe eine interessante Frau kennengelernt“, beginnt er.
„Ach, wen denn?“, heuchele ich Interesse, bemüht, meine Augen offen zu halten.
„Mareike Albrecht“, sagt er, als sei er stolz darauf, dieser Frau begegnet zu sein. Und als müsste auch ich sie zumindest dem Namen nach kennen.
Mareike?
Der Vorname sagt mir nichts.
Albrecht?
Mit dem Nachnamen kann ich auch nicht viel anfangen, außer, dass ich ihn schon mal gehört habe. Vermutlich ist Mareike Albrecht eine bekannte Persönlichkeit, womöglich eine Sportlerin, die schon einige Medaillen für Österreich geholt hat. Sport interessiert mich nicht sonderlich.
Ich schiele zu ihm hinüber, tue so, als dämmere mir bereits, wen er meint. Jochen legt Wert auf Bildung, und da gehört es in seinen Augen durchaus dazu, die Namen der Sportler zu kennen, die Österreich für unser Land ins Rennen schickt.
„Mareike Albrecht! Wer ist sie doch gleich?“ Das habe ich gut hingekriegt. Mein Ton klang so, als wäre mir der Name bekannt, könnte ihn momentan bloß niemandem zuordnen. Kann ja passieren.
Jochen lächelt, geheimnisvoll, triumphierend und glücklich. Das muss ja eine sehr bekannte Persönlichkeit sein, hoffentlich hat er sich ein Autogramm für Oliver geben lassen.
„Nun sag schon“, dränge ich.
„Mareike ist die Schwester von Horst.“
„Horst?“ Wer ist das nun schon wieder?
„Horst Albrecht, na, du weißt schon, ein Arbeitskollege von mir!“
Ach du liebe Güte! Ich rätsele mich durch weiß Gott wie viele Prominente, und er redet von der Schwester seines Arbeitskollegen. Ich entspanne mich. Mareike begeistert nicht als großer Star die halbe Welt, sie ist völlig unbekannt. Und von ihrem Bruder Horst weiß ich auch nur aus Jochens Erzählungen, dass er Deutsch und Psychologie am selben Gymnasium unterrichtet, an dem Jochen sich abmüht, den Schülern Mathematik und Geschichte beizubringen.
„Aha“, sage ich emotionslos. Wahrscheinlich ist Mareike auch Lehrerin und Jochen als neue Kollegin vorgestellt worden. Warum sonst hat sie ihren Bruder zu dieser Besprechung begleitet? Vielleicht hat sie einen ausgefallenen Unterrichtsstil, will die ganze Schule umkrempeln, bringt frischen Wind in die alten, verstaubten Klassenräume. Klar gefällt Jochen das, wo er sich doch selbst auch immer wieder neue Unterrichtsmethoden einfallen lässt, um die Schüler fürs Lernen zu begeistern.
Was auch immer, ich habe keine Lust mehr zu raten. Und damit ich endlich schlafen kann, tue ich ihm den Gefallen und stelle die Frage, die er ganz offensichtlich erwartet.
„Und was ist so besonders an dieser Mareike?“ „Wir haben miteinander geschlafen.“
„Pst! Habt ihr das gehört? Jetzt haltet doch mal die Klappe“, verlangt einer der jungen Burschen.
Es wird tatsächlich still.
„Hier bin ich“, will Linda schreien, aber nur ein heiseres Stöhnen gleitet über ihre geschwollenen Lippen, die durch das leichte Zucken an mehreren Stellen aufplatzen. Sie schmeckt frisches Blut, und als sie zu einem weiteren Hilferuf ansetzt, versagt ihre Stimme gänzlich. Zu lange und zu laut hat sie sich in den vergangenen Stunden nahezu die Seele aus dem Leib geschrien.
In den Stunden, als sie in seiner Gewalt war.
„Ich höre nichts“, sagt ein anderer schließlich und fügt hinzu: „Gib mir den Joint! Du bist ja schon voll zugedröhnt.“
Hier, ich bin hier!, versucht es Linda erneut. Ihre Stimme piepst wie die eines sterbenden Vogels.
„Jetzt seid doch mal ruhig! Da weint jemand …“, beharrt der Erste.
„Ja, Bienchen plärrt, hu, hu, hu. Weil ihr Alter ihr den Arsch versohlen wird.“
„Ich bin verletzt, ich brauche Hilfe“, wimmert Linda. Ihre verzerrten Worte schaffen es kaum zu ihren eigenen Ohren.
„Seid ihr taub, oder was? Sperrt mal eure Lauscher auf. Da stöhnt jemand! Dort hinten, im Gebüsch.“
„Na klar, dort wird gerade gepoppt. Ist ja abgefahren.“
Der Dritte senkt die Stimme. „Das glaube ich nicht. Bei der Kälte wälzt sich doch niemand im nassen Gebüsch herum. Nein, dort lauert so‘n Psychoarsch mit nem Messer und will die Fahrgäste überfallen.“
Die bekifften Teenies verstummen, und Linda fürchtet, sie könnten in Panik davonrennen.
„Ihr seid so deppert“, schimpft das Mädchen schließlich. „Wahrscheinlich hüpft dort bloß ein blöder Vogel herum.“
„Hört ihr mich nicht? Ihr müsst mir helfen“, stößt Linda mit aller Kraft aus, aber jedes gepiepste Wort geht im jugendlichen Geplänkel unter.
Ich muss mich bemerkbar machen! Ich muss unter diesem verfluchten Gebüsch hervorkriechen! Unter Schmerzen versucht sie sich auf die Seite zu drehen. Ihr wird schlecht, ein schwerer Vorhang senkt sich auf sie herab.
„Sieh mal, wen ich mitgebracht habe …“, hallt seine Stimme in ihrem Kopf. „Das ist Arthur …“
Neeeeiiiin!
Es ist vorbei, schreit sie stumm. Hörst du, es ist vorbei. Der Wahnsinnige ist nicht mehr da. Und Arthur auch nicht.
Lüge!
Sie sieht Arthurs rabenschwarze Augen vor sich, würgt und bekommt dadurch noch weniger Luft.
Du musst es vergessen!
Vergessen? Sie wird in ihrem ganzen Leben nicht vergessen können, was er mit ihr angestellt hat. Wie er auf sie eingeprügelt hat, ihr alles Mögliche in den Unterleib gerammt hat – und Arthur, wie er … Nein, das hält sie nicht aus! Ihr Körper mutiert zu einem harten Brett, sie brüllt, aber niemand hört sie, weil ihr Schreien nicht nach außen dringt. Sie liegt hinter einer Bushaltestelle, halb verscharrt unter einem Gebüsch.
„Ey, da kommt ein Bus“, hört sie einen der Burschen ausrufen. „Hu, da hat Bienchen ja noch mal Schwein gehabt.“
„Gott sei Dank“, seufzt das Mädchen.
„Lasst mich hier nicht liegen“, bettelt Linda mit tränenerstickter Stimme. Sie hört den Motor des Busses brummen, der sich rasch nähert und ihr leises Winseln verschluckt. Türen fauchen, als sie sich öffnen. Anscheinend drängen die jungen Leute sofort hinein, denn ihr Geschnatter wird undeutlicher.
Panik drängt Linda, sich aufzurappeln und zum Bus zu stürzen, aber sie schafft es nicht einmal mehr, den Oberkörper aufzurichten oder sich zur Seite zu drehen.
Soll jetzt schon alles zu Ende sein? Mit gerade mal einunddreißig? Sie hat ja noch nicht mal richtig gelebt. Ich will noch nicht sterben!
Die Türen fauchen erneut, als sie sich schließen, der Motor heult auf. So nah sind sie ihr gewesen, höchstens vier Meter entfernt, aber niemand hat sie entdeckt.
Der Bus macht sich auf den Weg. Das Brummen des Motors entfernt sich im Dunkel der Nacht und mit ihm ihre Hoffnung, gerettet zu werden.
Zack!
Wir haben miteinander geschlafen! Hat Jochen das eben tatsächlich gesagt? Ich muss mich verhört, ihn falsch verstanden haben. Aber ein Blick in seine Augen, und es gibt keinen Zweifel: Er hat es gesagt.
Mein Gott, ich hab’s gewusst! Ich habe gewusst, dass etwas nicht stimmt. Schon als er am frühen Abend aufgebrochen ist. Daher auch die Panikattacke, die undefinierbare Angst. Trotzdem, mit so etwas habe ich niemals gerechnet. Jochen lebt für seinen Beruf und seine Familie, er liebt Kinder über alles, da passt keine andere Frau rein!
„Wir wollten das gar nicht“, fügt Jochen hinzu. „Mareike hat mich auf einen Kaffee zu sich eingeladen … Wir haben uns unterhalten, über Gott und die Welt, auf einmal ist es passiert.“ Er schüttelt den Kopf, als könne er es selbst nicht fassen. Als wäre er dem hilflos ausgeliefert gewesen. Er wendet den Kopf, sieht mich direkt an. „Du weißt, ich glaube nicht an Schicksal, war der Meinung, dass nichts in unserem Leben festgelegt ist. Dass wir selbst bestimmen, in welche Richtung wir gehen. Aber das mit Mareike und mir, das war wie vorherbestimmt. Als sollte ich sie treffen.“
Was erzählt er da für einen Mist? Will er mir weismachen, er kann nichts dafür? Wer soll ihm das glauben? Schließlich wurde er nicht vergewaltigt. Und auch nicht abgefüllt, er wirkt vollkommen nüchtern.
Ich möchte ihn anschreien, dass er auf der Stelle verschwinden soll, raus aus diesem Bett, raus aus meinem Leben. Ich öffne meinen zitternden Mund, aber auf einmal weiß ich nicht mehr, worüber er geredet hat und was ich sagen wollte. Alles weg! Mein Kopf ist so leer, als hätte jemand per Tastendruck all meine Gedanken gelöscht wie einen miserablen Text im Computer.
Er rollt sich auf die Seite, mir zugewandt, und stützt den Kopf auf der Hand ab. Die dunkelblonden Haare fallen ihm in die Stirn,
seine Augen glänzen. Er sieht gut aus, denke ich, und meine Liebe zu ihm flammt auf wie ein mit Öl gespeistes Feuer.
„Carina?“
Ich zucke zusammen, als wäre ich durch seine Stimme aus einer Vollnarkose geweckt worden. Ich habe immer noch keinen blassen Schimmer, worüber wir geredet haben, und das macht mich nervös. Man kann schon mal einen Namen vergessen oder es fällt einem ein bestimmtes Wort nicht ein, aber den gesamten Inhalt eines Gesprächs? So etwas ist mir noch nie passiert.
„Was hast du gesagt?“, frage ich völlig verwirrt.
„Ich habe dir von Mareike erzählt“, sagt er sichtlich amüsiert.
„Scheint dich ja nicht sonderlich zu interessieren. Ich dachte schon, du seist eingeschlafen.“ Sein Ton wird ernster. „Ich war nicht sicher, wie du es aufnehmen würdest, hatte gehofft, dass wir vernünftig darüber reden können. Aber dass es dich langweilt, hätte ich nicht gedacht.“ Er lacht nochmals auf, diesmal herzhafter und … erleichtert.
Mir wird schlecht, denn nun kehrt der miserable Text, von dem ich geglaubt habe, er sei gelöscht, in meinen Kopf zurück. Er hat mit dieser Mareike geschlafen. Und er strahlt dabei, als hätte er im Lotto gewonnen. Hat er irgendwelche Drogen genommen? Wie kommt er darauf, dass wir darüber reden können, als würde es mir nichts ausmachen?
Heul jetzt bloß nicht!, befehle ich mir. Seit ich denken kann, kämpfe ich gegen diese Schwäche an, wegen jeder Kleinigkeit in Tränen auszubrechen, und verliere meistens kläglich. Allerdings handelt es sich hier um keine Kleinigkeit, auch wenn Jochen es so hinzustellen versucht. Als wäre nichts dabei. Als wäre es völlig normal, etwas Alltägliches. Verdammt noch mal, er ist fremdgegangen, begreift er das nicht?! Oder macht er das absichtlich, ist das ein Trick von ihm, damit ich nicht mal auf die Idee komme, auszuflippen?
„Du sagst ja gar nichts“, fällt ihm endlich auf.
„Wieso?“, ist das Einzige, was ich herausbringe, und es klingt verdächtig nach einem bevorstehenden Tränenschwall. Er guckt mich irritiert an. „Was meinst du mit wieso? Warum ich mit ihr geschlafen habe?“ Er zuckt mit den Schultern, denkt nach. „Wenn
du sie kennen würdest … Carina, ich hätte nie gedacht, dass es mich noch mal so erwischt. Ich bin froh, dass du kein Drama daraus machst und wir so offen reden können.“ Sein Ton wird verbindlich, als wäre ich seine Komplizin. Als hätten wir gemeinsam etwas ausgeheckt.
„Das macht es auch für mich leichter. Ich war vom ersten Augenblick an von Mareike fasziniert. Sie ist so herrlich direkt, so ohne jede Scham und dabei völlig natürlich. Das hat mich an früher erinnert, als auch ich noch viel unbeschwerter war. Als wir beide noch freier waren, noch nicht von der täglichen Routine abgestumpft und in Verantwortung und Vernunft erstickt. Mit ihr zusammen, das ist, als wenn man aus einem tristen Traum erwacht und wieder lebendig wird.“
Merkt er noch irgendwas? Ich habe das Gefühl, er reißt mit jedem Wort mein Herz in Stücke. Ich möchte auf ihn losgehen, auf ihn eindreschen, ihm das glücklich strahlende Gesicht zerkratzen. Stattdessen liege ich starr da, nicht fähig, mich zu rühren.
„Schätze, du musst das erst mal verarbeiten“, räumt er schließlich ein.
Ich finde keine Worte.
Aber er fährt sowieso schon fort. „Mareike ist da ganz anders.
Nicht so nachdenklich, viel spontaner. Sie plappert einfach drauflos. Sie kann einen mitreißen …“
„Du hast sie heute kennengelernt und bist sofort mit ihr ins Bett gestiegen?“, presse ich endlich hervor.
„Wie das klingt, ins Bett gestiegen. Mareike würde sagen, ich hab sie gut gefickt. Siehst du, genau das meine ich. Mareike nennt die Dinge frisch und fröhlich beim Namen. Das ist umwerfend.“
Mir ist kalt, obwohl ich mir die Decke bis unters Kinn gezogen habe. Innerlich zittere ich richtig.
Jochen mustert mich nachdenklich.
Er vergleicht dich mit Mareike, höhnt eine innere Stimme. Sie ist besser als du! Hübscher, intelligenter, origineller!
„Ich kenne Mareike schon seit drei Wochen“, sagt Jochen schließlich in ernstem Ton. „Aber ich hab‘s gleich gespürt.“
„Was?“ Meine Stimme klingt so heiser, dass ich nicht sicher bin, ob er mich gehört hat.
„Dass zwischen mir und Mareike etwas Besonderes ist. Vielleicht hat Mareike recht. Sie meint, wir seien Seelenverwandte und wären schon mal in einem anderen Leben zusammen gewesen. Sie ist so herrlich verrückt.“
Von mir kommt keine Reaktion. Ich glaube, selbst mein Gesicht ist erstarrt.
Er rollt sich auf den Rücken und gähnt. Offensichtlich will er nicht länger einen Monolog halten. Obwohl er direkt neben mir liegt, scheint er meterweit entfernt. Das ist nicht mehr mein Jochen, wie ich ihn kenne.
„Hat sie dich angesteckt? Du klingst wie ein verliebter Teenager.“ Meine Stimme entgleitet mir immer mehr unter dem Gefühlschaos in meinem Innern, das ich nur mühsam in Schach halte. Mir fällt das psychologische Buch von Kreisman und Straus ein, dessen Titel mir neulich in einer Buchhandlung ins Auge gestochen ist, weil er so widersprüchlich ist: Ich hasse dich, verlass mich nicht. Ich hätte es kaufen und lesen sollen, vielleicht wüsste ich jetzt wenigstens, was in mir vorgeht.
„Bist du etwa eifersüchtig?“ Jochen klingt erstaunt. Unverschämt erstaunt.
„Wir sind verheiratet …“
Er richtet sich abrupt ein Stück auf, schaut zu mir herüber.
„Oooch, Carina! Jetzt fang doch nicht mit diesem altmodischen Kram an. Diese falsche Moral mit ihren gesellschaftlichen Fesseln, die niemanden glücklich machen. Dich doch auch nicht. Ich dachte, wir beide schwimmen auf derselben Welle.“ Er zieht sich weiter auf seine Seite zurück. Noch mehr Abstand. Und in hartem Ton fügt er hinzu: „Du kennst meine Einstellung zur Ehe.“
Ist das sein Ernst?
Mir schwant Böses, denn ich weiß, wovon er redet. Und kann es doch nicht glauben.
Jochen meint seine lockeren Ansichten über Sex und Partnerschaft, die er vertreten hat, als wir uns kennengelernt haben. Als er alle Regeln einer zivilisierten Gesellschaft in Frage stellte und permanent Neues ausprobieren wollte. Als er noch reichlich unreif war! Als wir noch gar nicht richtig zusammen waren.
„Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass wir uns nicht gegenseitig geißeln.“
Gegenseitig geißeln? So sieht er das? Bei unserer Hochzeit vor fast elf Jahren war keine Rede von „sich gegenseitig geißeln“. Damals hat er mich so angehimmelt wie heute Mareike. Gut, ich war zu diesem Zeitpunkt schwanger, schon im vierten Monat, aber dazu hatte er doch aktiv beigetragen. Ich dachte, er hätte sich ausgetobt, habe mir eingebildet, dass ich ihm genügen würde und Oliver der schönste Grund für Treue ist. In all den Jahren haben wir eine ganz normale Ehe geführt, er ist ein liebevoller Ehemann und Vater geworden. Wieso kommt er mir jetzt mit Ansichten, die überhaupt nicht mehr in unser Leben passen?
Ich halte seinen Blick nicht mehr aus. Mit den Worten „Ich muss aufs Klo“ fliehe ich aus dem Zimmer. Gerade rechtzeitig, damit er nicht mit ansehen muss, wie mir die Tränen sintflutartig aus den Augen stürzen. In mir herrscht Katastrophenalarm.
Vielleicht war es nur ein One-Night-Stand. Vielleicht hat es nichts weiter zu bedeuten. Tut weh, aber irgendwie werde ich schon damit klarkommen. Wenigstens muss ich dann nicht fürchten, ihn zu verlieren.
Hast du nicht zugehört?, faucht eine Stimme in mir. Er redet von Seelenverwandtschaft. Er wird dich sitzenlassen. Du wirst ganz alleine sein!
Ich schluchze auf und halte mir erschrocken eine Hand vor den Mund. Er soll nicht hören, dass ich heule. Und es mir auch nicht ansehen.
Ich sperre die Badezimmertür zu und klatsche mir kaltes Wasser ins Gesicht. Ich muss sofort mit diesem Geflenne aufhören, bevor mein Gesicht wie ein Hefeteig aufquillt. Aber die Tränen fließen weiter.
Ich setze mich auf die Toilette, schnäuze mich in ein Stück Toilettenpapier, jeden Moment darauf gefasst, dass Jochen in seinen ausgeleierten Schlapfen den Flur entlang schlurft, an der Klinke rüttelt und nach mir ruft.
Mindestens zwanzig Minuten vergehen, er kommt nicht. Wahrscheinlich ist er längst selig vor Glück eingeschlafen. Und träumt.
Von Mareike.
Ein neuer Schwall Tränen. Inzwischen habe ich keine Füße mehr, sondern Eisklötze, die gefühllos auf den kalten Fliesen stehen. Mein Gesicht dagegen glüht wie eine angeknipste rote Lampe. Ich blicke in den Spiegel. Zwei rot verquollene Augen schauen mir gehetzt entgegen, meine langen, blonden Haare hängen mir zerzaust ins nasse Gesicht. Dazu mein weißes, viel zu großes Baumwollnachthemd, ein Geburtstagsgeschenk meiner Mutter vor ungefähr zehn Jahren. Ich sehe aus wie eine geistig Verwirrte, die gerade aus einer Irrenanstalt geflohen ist und nicht weiß, wohin sie soll.
Ich schließe leise die Tür auf und horche in den schwach beleuchteten Flur. Alles still. Jochen ist bestimmt eingeschlafen. Ich darf nicht durchdrehen, hämmere ich mir ein. Muss die Nerven behalten. Bis morgen früh werde ich mich hoffentlich so weit gefasst haben, dass ich mit ihm reden kann. Er muss mir erklären, was seine Affäre für mich und Oliver zu bedeuten hat.
Unter der angelehnten Schlafzimmertür schimmert Licht hervor. Ich luge verstohlen durch den Türspalt. Jochen liegt auf der Seite, von meinem Bett abgewandt, und atmet gleichmäßig. Ich schlüpfe ins Zimmer, lösche das Licht und verschwinde unter meiner Bettdecke. Meine Nase läuft wie ein Wasserfall. Ich angele mir ein Taschentuch und versuche mich unter der Decke so leise wie möglich zu schnäuzen.
„Heulst du?“
Ich fahre zusammen. Wahrscheinlich habe ich ihn aufgeweckt, und jetzt, wieder putzmunter, wird er mir eine Gutenachtgeschichte erzählen: die Liebesgeschichte von Mareike und Jochen, die man in einen Satz packen kann: Der arme Jochen lebte mit Carina in einem tristen Traum, bis Mareike ihn wachküsste.
Ich habe sie gut gefickt!
Das halte ich nicht aus!
Ich hätte mich in die Badewanne legen sollen!
„Carina, weinst du?“, fragt er eindringlicher.
„Nein. Meine Nase ist verstopft.“
„Hm.“ Er dreht sich zu mir, starrt mich im Dunkeln an. Einen Augenblick beschleicht mich das Gefühl, er will mich in die Arme nehmen, mich an sich ziehen und mir versichern, dass alles gut ist. Dass er mich nie verlassen wird. Ich will mich an ihm festhalten, mich an ihn drängen, um die Wärme seines Körpers zu spüren, und Mareike einfach vergessen.
Aber er kuschelt sich nicht an mich, sondern tiefer in sein Kissen, berührt mich nicht einmal sanft mit der Hand.
„Ich dachte immer, zwischen uns sei alles klar“, sagt er leise. „Da gäbe es keine Zwänge. Ich dachte, wir könnten offen über unsere Gefühle reden. Das haben wir uns doch versprochen, erinnerst du dich nicht mehr?“ Seine Stimme klingt weich und liebevoll, aber auch enttäuscht.
Ich habe ihn enttäuscht.
Meine Gedanken tragen mich zwölf Jahre zurück. Ich sehe mich auf dem Boden seiner spärlich möblierten kleinen Wohnung sitzen, Jochen dicht neben mir, mich im Arm haltend. Wir trinken Cola, reden und träumen.
Wir waren damals auch Seelenverwandte, denn auch er hatte den Erwartungen seiner Eltern nicht entsprochen, nicht wie sein Vater Medizin studiert, und sich für eine Frau entschieden, die noch nie eine Universität von innen gesehen hat. Jochen hatte das Gemecker und die wehmütigen Klagen seiner Eltern mit Humor genommen, es schien ihm sogar ein gewisses Vergnügen zu bereiten, sie zu enttäuschen.
Das gefiel mir. Und wie! Plötzlich war „anders sein“ in Ordnung, ja, sogar cool. Jochen schwamm nicht mit dem Strom, erfüllte nicht die Erwartungen der anderen, er lebte sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen.
Ich habe ihn bewundert und mich unsterblich in ihn verliebt. Seine Parolen hießen: ehrlich zu seinen Gefühlen stehen, nicht an etwas aus purer Gewohnheit festhalten, Freiheit auch in der Partnerschaft. Ob ich ihm in allem zugestimmt habe, weiß ich nicht mehr, mein Verstand machte gerade weit weg von mir Urlaub. Auf jeden Fall aber habe ich ihm beeindruckt zugehört – auch eine Art von Zustimmung, wie ich nun erkennen muss.
„Carina, schläfst du?“
„Nein, ich hab nur nachgedacht. Aber keine Sorge, zwischen uns ist alles klar.“
Er darf nie erfahren, dass ich ihn damals nicht ernst genommen habe. Dass es mehr seine rebellische Art, aber nicht der Inhalt seiner Rebellion war, die ich toll fand. Wenn er das wüsste, würde er sich sofort von mir abwenden. Und wenn Jochen mich alleine lässt …
Ich höre eine Tür zuschlagen, laut, endgültig. Wie ein Hammer im Gerichtssaal, der ein Todesurteil besiegelt.
Mein Todesurteil.
Er schlürft in einem Café im zweiten Bezirk eine heiße Melange, die seinen Geist nach den wenigen Stunden Schlaf angenehm ankurbelt. Die gemütlichen Sitzecken sind gut besetzt, die Kaffeemaschine brummt und brodelt, übertönt das Geklapper von Besteck und Geschirr und wetteifert mit sich unterhaltenden Gästen. Er blickt auf die Wolfgang-Schmelzl-Gasse hinaus, durch die sich bereits zu dieser frühen Stunde ein endloser Strom von Autos quält. Es beginnt schon wieder zu tröpfeln, aber das registriert er nur am Rande.
Er spürt immer noch die Genugtuung, mit der er sie bestraft hat. Wie verzweifelt sie an ihren Fesseln gezerrt hat, sobald er die Hand mit dem Stock gehoben hat! Und wie ihre Augen ihn angebettelt haben! Das hat ihn für so manches entschädigt.
Was er nicht begreifen konnte und maßlos auf die Palme gebracht hatte, war ihr gequält verzogenes Gesicht. Wie eine grinsende Maske. Als würde sie ihn während der Bestrafung auslachen. Und egal, was er zu ihr sagte, sie legte diesen dämlichen Ausdruck nicht ab. Dieses Grinsegesicht war eine Zumutung, eine einzige Provokation. Er musste es zerstören!
Die langmähnige Serviererin mit den aufgeklebten Wimpern bringt ihm drei Spiegeleier mit Schinken. Sein Magen knurrt, und schon der Geruch der Eier und des gebrutzelten Schinkens lässt seine Magennerven tanzen. Er schiebt den ersten Bissen in den Mund, während er noch einmal den gestrigen Abend Revue passieren lässt.
Er hat Pausen eingelegt, kurze Pausen, in denen er den Knebel entfernte. Allerdings erst, nachdem er ihr genau erklärt hatte, was er hören wollte. Wie eifrig sie genickt hatte! Und tatsächlich entschuldigte sie sich für ihr schweres Vergehen. Es klang sogar ehrlich, oder nein, eigentlich verzweifelt. Sie glaubte allen Ernstes, dass sie ihn damit besänftigen könnte und ihre Qual zu Ende wäre, nicht ahnend, dass sie sich erst im Stadium des harmlosen Anfangs befanden. Sozusagen in der Aufwärmphase.
Ein harter Zug legt sich um seinen Mund, während er mit einem Stück Semmel das zerflossene Eigelb vom Teller tunkt. Er findet, er hat eine Menge Geduld mit ihr gehabt. Hat ihr echte Chancen gegeben, die sie nicht zu nutzen wusste. Im Gegenteil, ihr Spatzenhirn hat diese Chancen nicht einmal erkannt. Sie ist selbst schuld! Er hätte sie viel lieber auf zärtliche Weise verführt, aber das hat sie gründlich vermasselt.
Er hat sie geliebt. Seine Katze hat er sie zärtlich genannt wegen ihrer glänzenden, grünen Augen und ihrer geschmeidigen Art, sich zu bewegen. Aber Katzen sind kratzbürstig, fahren gern die Krallen aus, und sie sind falsch, immer nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Das hätte er bedenken müssen.
Trotzdem ist ihm schleierhaft, wie sie sich derart verändern konnte. Dieses schallende Lachen in einem für ihn ergreifenden Moment, der Spott in ihren Augen. Er beißt die Zähne zusammen. Sie hatte nicht einen Funken seiner Liebe verdient. Sie war nur eine weitere Kandidatin für seine Experimente.
Zuerst hat er ihre Vagina untersucht, wollte sehen, was man so alles in sie hineinschieben konnte, und stellte fest: hier waren schon eine Menge Schwänze ein- und ausgegangen. Gerade deshalb hätte er einige lustvolle Seufzer erwartet, aber sie gebärdete sich wie eine Jungfrau.
Schließlich stellte er ihr Arthur, seinen Assistenten vor. Er hat ihr nicht gefallen, stellt er zynisch lächelnd fest. Sie schrie entsetzt auf, dann verdrehte sie die Augen, glotzte ihn nur noch aus starren, weißen Kugeln an, bevor ihre Augenlider zuklappten und sie keinen Mucks mehr von sich gab.
Er amüsiert sich köstlich, als er sich erinnert, wie erschrocken und klatschnass sein Kätzchen nach einem Schwall kalten Wassers wieder auftauchte. Wie enttäuscht sie reagierte, als sie statt im Paradies wieder direkt in seiner Folterkammer landete und nicht dem heiligen Petrus, sondern ihm, dem Doktor in die Augen sah. Sie schüttelte hysterisch den Kopf, als könnte sie ihn auf diese Weise loswerden. Aber ihn wird man nicht los! Wenn er sich für eine Frau entschieden hat, dann gehört sie ihm.
Er schiebt den mit Eigelb verschmierten Teller zurück und zieht die Tasse mit dem Kaffee näher zu sich. Wenn Linda sich nicht als
ein ebensolches Flittchen entpuppt hätte wie alle anderen vor ihr, hätte sie nach einer zärtlichen Nacht nun mit ihm frühstücken können. Doch als er auf seine Armbanduhr schaut, kriecht Unmut in ihm hoch. Er erinnert sich an seine Recherchen vor der Behandlung. Es ist erst kurz vor neun, um diese Zeit hätte Linda noch tief und fest in dem noblen Haus am Stadtrand Wien geschlummert. Erst mittags hätte sie sich aus den Laken gewühlt, um ziel- und planlos in den Tag zu leben.
In der Öffentlichkeit hieß es, sie würde die Termine ihres Mannes koordinieren, ihn sozusagen managen. In Wahrheit war sie zu faul zum Arbeiten, hat vom Geld des Talkmasters gelebt. Die einzige Beschäftigung, der sie konsequent nachgegangen war, hieß shoppen. Er war ihr auf ihren wöchentlichen Touren gefolgt, durch Boutiquen, Schuhgeschäfte, Juweliere, piekfeine Restaurants. Sie hatte sich gelangweilt. Materielle Dinge konnten den Frust, den sie über ihr nichtsnutziges Dasein empfand, nicht mehr beseitigen. Nicht einmal mehr für kurze Zeit verdrängen. Und er hat sich eingebildet, sie sei unglücklich, bräuchte nur ein wenig Liebe.
Seine Liebe.
Er hat sich geirrt. Wieder einmal.
Er trinkt den letzten Schluck Kaffee und sieht sich nach der Kellnerin um. Sie rechnet drei Tische weiter angestrengt die Ziffern auf ihrem Block zusammen. Das kann dauern, und so vertieft er sich wieder in seine Gedanken.
Er glaubt nicht, dass Linda schon gefunden wurde, und vermissen würde sie auch niemand. Ihr Mann ist unterwegs. Der Herr Talkmaster versucht sich nun auch als Sänger und reist quer durch Deutschland, um auf billigen Veranstaltungen seine einfältigen Liedchen zu trällern. Erst morgen wird er ins traute Heim zurückkehren.
Und einen Schock erleiden.
Der Doktor verzieht hämisch grinsend den Mund. Schade, dass er nicht hören kann, was der Schnulzensänger zu der ramponierten Visage seiner Frau sagen wird. Wo er doch immer so stolz auf ihr hübsches Gesicht war. So versessen auf ihr zuckersüßes Lächeln, mit dem sie ihn in der Öffentlichkeit anhimmelte, auch wenn dieses falsch und berechnend war und in Wahrheit nur mit
seinem Bankkonto kokettierte. Nun würde er im Leichenschauhaus einem Monster ins Gesicht sehen, das er als seine Frau identifizieren muss.
Der Doktor gibt es nicht gerne zu, aber auch ihn hat sie mit diesem Lächeln betört. Auch er hat relativ lange gebraucht, um zu erkennen, dass es sich lediglich um eine Fassade handelte, hinter der sich eine hässliche Fratze versteckte, die der ihrer Vorgängerinnen unglaublich ähnelte.
„Haben Sie noch einen Wunsch?“, drängt sich die Kellnerin mit aufgesetzter Freundlichkeit in seine Gedanken.
„Bringen Sie mir die Rechnung“, fordert er kühl.
Als er gezahlt hat, erhebt er sich und streckt den Rücken durch.
Nach der Pleite mit Linda muss er wieder ganz von vorn beginnen. Er muss erneut auf die Suche gehen, um die eine zu finden, die es wert ist, geliebt zu werden.
Von ihm!
Die Luft im Büro wird immer stickiger. Ich habe längst Feierabend und wäre wie meine Kollegin schon weg, wenn ich mich nicht andauernd vertippt hätte. So viele Fehler sind mir in den letzten fünf Jahren, in denen ich für die Firma Cande die Gehälter der Angestellten abrechne, nicht unterlaufen. Ich lösche seufzend eine falsch eingegebene Zahl und lasse die Finger blind über die Tasten huschen, bis der richtige Betrag auf dem Bildschirm erscheint, mit dem Druck im Hinterkopf, dass jede Sekunde zählt. Ich muss Jochen anrufen, ihn in seiner letzten Pause erwischen und mich mit ihm zum Essen verabreden, bevor er den Nachmittag mit Mareike verplanen kann.
Er darf Mareike nicht wiedersehen!
Heute Morgen hat er mir keine Gelegenheit zu einer Aussprache gegeben.
„Matheschularbeit, gleich in der ersten Stunde“, ist er mir ausgewichen. Angeblich musste er in der Schule noch die Angabezettel kopieren, wollte sie pünktlich um acht austeilen, damit seine Schüler die volle Zeit nutzen konnten. Und dann schlug er auch schon die Haustür zu.
Peng, Stille, und dann kroch sie wieder in mir hoch, die panische Angst, die mich noch den ganzen Vormittag begleitete. Und während ich hypernervös auf meinem Stuhl herumzappelnd meine täglichen vier Stunden abarbeitete, trieb mich der Satz ‚Wir haben miteinander geschlafen‘ an den Rand des Wahnsinns.
Es wäre besser gewesen, Jochen in einer früheren Pause anzurufen, aber ich teile das Büro mit der geschwätzigen Patricia, die neugierig in allem herumstochert, was sie aufschnappt. Nicht auszudenken, wenn hier im Haus durchsickern würde, dass mein Mann eine Bessere gefunden hat. Sie würden hinter meinem Rücken tuscheln, mir alle möglichen Fehler andichten, um eine Erklärung zu finden, warum Jochen mich nach fast elf Jahren Ehe sitzenlässt. Und mir mitleidige Blicke zuwerfen, hinter denen sich, zumindest bei einigen Kolleginnen, pure Schadenfreude verbirgt.
Ich räume notdürftig meinen Schreibtisch auf, während der Computer getreu nach meinen Eingaben die Gehälter der Angestellten einer Filiale ausrechnet. Die Beträge erscheinen auf dem Bildschirm, ich speichere und steige aus dem Programm aus. Ich schnappe meine Tasche, und während ich in meinen Mantel schlüpfe, stolpere ich schon aus dem Büro hinaus auf den düsteren Flur. Einige Kollegen warten auf den Aufzug und winken mich zu sich.
Mir graut vor dem üblichen Büroklatsch, umso mehr in meiner momentanen seelischen Verfassung. Den Vormittag mit Patricia habe ich nur deshalb so gut überstanden, weil diese nach ihrem gestrigen Zahnarztbesuch mit ihrer angeschwollenen Wange kaum den Mund aufgebracht hat. Einen Augenblick verharre ich unentschlossen mit der Klinke in der Hand, dann laufe ich los, an den anderen vorbei zu den Treppen.
„Sind Sie auf der Flucht?“, ruft Frau Kiker aus der Buchhaltung, als ich an ihr vorbeirenne. „Kommen Sie, der Lift ist schon da. Zu Fuß sind Sie auch nicht schneller.“
„Ich brauch dringend Bewegung“, behaupte ich, während ich schon die schwere Tür zum Treppenhaus aufstoße und hinausschlüpfe.
Geschafft!