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SICH MIT DEM EX EIN HAUS TEILEN, WAS KANN DA SCHON SCHIEFGEHEN?
Olivia hat einen Plan: Bis zu ihrem 32. Geburtstag will sie ihren MBA-Abschluss machen, einen lukrativen Job ergattern sowie einen Ehemann und zwei Kinder haben. Nicht zu ihrem Plan gehört, die Hälfte ihres Besitzes bei einer Wohnungsüberschwemmung zu verlieren und - weil er der Einzige ist, den sie in der Stadt kennt - bei ihrem Ex-Freund Sammy einzuziehen. Ihm auf einmal wieder so nah zu sein bringt Olivias Gefühlswelt gehörig durcheinander. Und auch Sammy konnte Olivia nie vergessen, obwohl sie ihm das Herz gebrochen hat. Doch können sie ihre Vergangenheit für eine zweite Chance hinter sich lassen?
»Ein fantastischer Abschluss der Reihe!« ONE BOOK MORE
Band 4 der Debütreihe von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Ana Huang
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Seitenzahl: 491
Veröffentlichungsjahr: 2025
Titel
Zu diesem Buch
Leser:innenhinweis
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Epilog
Danksagung
Die Autorin
Die Bücher von Ana Huang bei LYX
Impressum
ANA HUANG
If We Were Perfect
Roman
Ins Deutsche übertragen von Anika Klüver
Acht Jahre zuvor waren Sammy und Olivia ein glückliches Paar, doch bittere Worte und ein fataler Kuss führten zur Trennung. Seitdem versuchen sie, sich aus dem Weg zu gehen, so gut es trotz gemeinsamer Freunde geht. Aber nun befinden sich die beiden das erste Mal seit langer Zeit wieder in derselben Stadt. Sammy hat sich in San Francisco mit Crumble & Bake ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut, Olivia arbeitet für den Sommer in einer Private-Equity-Firma. Als sie sich wieder über den Weg laufen, ist die Atmosphäre angespannt, doch Sammy ist der Erste, an den Olivia sich wendet, als ihr Apartment unter Wasser steht und sie nicht weiß, wo sie unterkommen kann. Sammy bietet ihr an, bei ihm einzuziehen, und schnell flammen alte Gefühle wieder auf. Doch können sie die Vergangenheit hinter sich lassen und ihrer Liebe eine zweite Chance geben? Obwohl noch immer so viel zwischen ihnen steht …
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.
Deshalb findet ihr hier einen Contenthinweis.
Achtung: Dieser enthält Spoiler
für das gesamte Buch!
Wir wünschen uns für euch alle
das bestmögliche Leseerlebnis.
Euer LYX-Verlag
Charlie Puth & Selena Gomez – »We Don’t Talk Anymore«
Gotye – »Somebody That I Used to Know«
One Republic – »Apologize«
Peking duck – »Can’t Get You Out of My Head«
Tony Bennett – »I Left My Heart in San Francisco«
»Er hat gerade eben versucht, mir einen Lapdance zu geben, Farrah. Mitten in einem Viersternerestaurant.« Olivia Tang marschierte in dem mit Marmor ausgekleideten Toilettenraum des Ishikawa auf und ab. Ihre Absätze klackerten aufgebracht über den gefliesten Fußboden. »Ich mag diesen Laden. Das Sushi ist toll, und auch bei allem anderen, das ich von einem Lokal verlange, erreicht es mindestens acht von zehn Punkten – Service, Ambiente, Einrichtung, Lage, saubere Toiletten. Ich weigere mich, aus meinem Lieblingsrestaurant verbannt zu werden, nur weil ich mich aufgrund eines vorübergehenden Anfalls von Unzurechnungsfähigkeit darauf eingelassen habe, mit einem Kerl namens Wesley zu Abend zu essen.«
Ihre beste Freundin Farrah Lin-Ryan lachte. Ihr Lachen klang glockenhell über die transkontinentale Telefonverbindung an ihr Ohr und löste sofort ein Gefühl der Vertrautheit in ihr aus. Olivia hatte dieses Lachen seit Monaten nicht mehr gehört – nicht mehr, seit sie, Farrah und ihre anderen Freundinnen – Courtney Taylor und Kris Carrera (die schon bald Kris Reynolds sein würde) – im Februar zu einem Girls Trip nach Miami geflogen waren. Sie litt manchmal sehr darunter, dass sie nicht mehr in derselben Stadt wie ihre beste Freundin wohnte, vor allem jetzt, da sie mit einem weiteren katastrophalen Date zu kämpfen hatte.
»Sag ihm einfach, dass es einen Notfall gibt, und beende die Verabredung«, schlug Farrah vor. »Ich werde dich in ein paar Minuten anrufen und so tun, als wäre ich ein enges Familienmitglied, das plötzlich ins Krankenhaus musste.«
»Das würde ich ja tun, aber ich will den Nachtisch probieren.« Olivia fuhr mit einer Hand durch ihr glattes, etwa schulterlanges schwarzes Haar und betrachtete sich im Spiegel. Dem heutigen Abend hatte sie optimistisch gegenübergestanden und hastig das Büro verlassen, um noch genug Zeit zu haben, sich fertig zu machen. Zwei Stunden später war ihre Frisur perfekt, ihr Make-up betonte ihre strahlenden dunklen Augen und ihre rosigen Lippen, und ihr auf elegante Weise provokantes schwarzes Kleid schmiegte sich an ihren schlanken Körper. Bequeme, aber heiße Absatzschuhe fügten ihren zierlichen eins fünfundsechzig weitere sieben Zentimeter hinzu.
Was für eine Verschwendung.
All die Zeit, all die Energie und das ganze Make-up für nichts.
»Sie sind für ihren Nachtisch berühmt«, fügte Olivia hinzu, da sie sich auf seltsame Weise genötigt fühlte zu erklären, warum sie bleiben wollte. »Karamellisierter Apfel und Kuromoji-Eiscreme, serviert mit Müsli.«
Es gab nur wenige Dinge, die sie nicht für gutes Essen tun würde. Vielleicht lag es daran, weil sie selbst mit dem Kochen auf Kriegsfuß stand, weshalb sie auf die Kochkünste anderer Leute angewiesen war, um zu kulinarischen Höhepunkten zu gelangen. Was auch immer der Grund war, Olivias Besessenheit für Essen hatte sie an manchmal fragwürdige, aber stets köstliche Orte geführt, seit sie alt genug war, um den Unterschied zwischen einer Handrolle und einer Maki-Rolle zu kennen.
»Klingt lecker. Tja, du bist mitten im Hauptgang, oder? Du hast es fast geschafft. Sorg einfach dafür, dass Wesley nicht noch mal so eine, ähm, Magic-Mike-Nummer abzieht.« Farrah klang, als würde sie versuchen, nicht erneut in Gelächter auszubrechen.
»Ja, ja, mach dich nur lustig über mich, du glücklich verheiratete Frischvermählte«, brummte Olivia. »Du bist nicht diejenige, die durch den Sumpf des Singledaseins im modernen Amerika waten muss.«
»Frischvermählt oder nicht, ich liebe dich immer noch.«
»Ich weiß.« Olivia seufzte. »Ich sollte lieber an den Tisch zurückkehren, bevor Wesley noch denkt, dass ich ins Klo gefallen bin oder so was. Ich will nur hoffen, dass er diesen Nachtisch wert sein wird.«
»Ich bin mir sicher, dass er es sein wird. Ruf mich später an und lass mich wissen, wie es gelaufen ist, ja? Hab dich lieb.«
»Ich hab dich auch lieb.«
Olivia legte auf.
Die Verabredung war eine kolossale Zeitverschwendung gewesen, aber wenn sie bis zum Nachtisch blieb, würde die Verschwendung nicht ganz so groß sein. Sie hatte das Für und Wider bereits abgewogen: Entweder opferte sie eine weitere halbe Stunde, um das Restaurant zufriedener zu verlassen, oder sie trat vorzeitig die Flucht an und verzichtete auf eine größere Zufriedenheit (abgesehen von dem köstlichen Sushi, das sie bereits zu sich genommen hatte). Die vergangenen anderthalb Stunden waren verloren. Sie würde diese Zeit sowieso nicht zurückbekommen.
Also sagte sie sich, dass größere Zufriedenheit stärker wog als weitere dreißig Minuten ihrer Zeit. Olivia schuldete es sich selbst, dafür zu sorgen, dass der Abend keine komplette Zeitverschwendung war. Und sie sehnte sich danach, den berühmten Nachtisch im Ishikawa zu probieren, seit sie im Essensteil der Mode de Vie davon gelesen hatte.
Sie verließ den Toilettenraum und versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen, als sie sah, dass Wesley an ihrem Tisch schon wieder einen Sake hinunterkippte. Seinem Profil in der Dating-App zufolge war er Immobilienmakler mit einem Faible für erlesenen Wein und Reisen – genau wie Olivia –, und das stimmte sicher auch. Was jedoch nicht in dem Profil gestanden hatte – und was er bereits zehn Minuten nach Beginn des Abendessens verkündet hatte –, war, dass er außerdem nebenbei als Stripper im The Cock Pit arbeitete.
Ja, das war der Name von Wesleys nächtlichem Arbeitgeber, und ja, ihrem geschwätzigen Date zufolge mussten sich alle Angestellten, die dort nicht auf der Bühne standen, wie Flugbegleiter kleiden.
Olivia hatte nichts gegen Stripper. Sie liebte Magic Mike XXL. Und Channing Tatum, Joe Manganiello und Matt Bomer, die alle oben ohne im selben Film mitspielten? Ja, bitte, von ihr aus. Aber es gab einen Zeitpunkt und einen Ort für so etwas, und der heutige Abend war weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort dafür, dass Wesley sein »Können unter Beweis stellte«, wie er es vor einer halben Stunde angekündigt hatte.
Fairerweise musste man sagen, dass er auch unverschämt betrunken war. Für ein knapp ein Meter neunzig großes, fünfundachtzig Kilo schweres Exemplar vertrug er erstaunlich wenig Alkohol. Allerdings war es ihm gelungen, der sprachlosen Olivia auf den Schoß zu klettern, bevor sie ihn heruntergeschubst hatte und hastig auf die Toilette geeilt war.
»Da bist du ja wieder!«, rief Wesley, als wäre sie gerade von einer Italienreise statt von der Toilette zurückgekehrt. »Wie war’s auf dem Klo?«
»Gut.« Sie zwang sich dazu, ein Lächeln aufzusetzen, und winkte einen Kellner herbei. »Können wir bitte den Nachtisch bestellen? Zweimal den karamellisierten Apfel mit Kuromoji-Eiscreme Danke.«
Sie würde nicht teilen, und wenn Wesley ihre Nachtischauswahl nicht mochte, dann war das sein Pech.
Olivia hatte einen unfreiwilligen Beinahe-Lapdance über sich ergehen lassen, also konnte er auch Eiscreme über sich ergehen lassen.
»Du willst jetzt schon Nachtisch? Du hast doch den Hauptgang noch gar nicht aufgegessen.« Wesley starrte das verbliebene Sushi auf Olivias Seite des Tisches an.
»Damit bin ich längst fertig, wenn sie den Nachtisch servieren.«
Er lachte. »Nie im Leben …« Er hielt inne, als sich Olivia mit der Begeisterung eines ausgehungerten dreizehnjährigen Jungen, der gerade vom Sport nach Hause gekommen war, auf das restliche Essen stürzte. Übersetzung: Sie verputzte den Rest ihrer Mahlzeit innerhalb von gerade einmal zwei Minuten. »Wow. Du isst schneller als ich. Das ist heiß.«
Wesley stand von seinem Stuhl auf.
Oh nein.
Das hatte sie nun davon, dass sie sich mit irgendeinem Spinner traf, den sie auf einer Dating-App gefunden hatte. Das hier war nicht das erste Mal, dass sich Olivia mit jemandem verabredet hatte, den sie online kennengelernt hatte. Aber sie hatte sich noch nie zuvor auf ein Abendessen mit jemandem eingelassen, den sie zuvor nicht gründlich überprüft hatte. Normalerweise schrieb sie erst einmal mehr als einen Tag lang mit der anderen Person hin und her, bevor sie den nächsten Schritt machte. Aber nach einem strapaziösen ersten Praxisjahr ihres Wirtschaftsstudiums und einem ebenso strapaziösen Sommer, in dem sie sich mit ihren idiotischen Kollegen hatte herumschlagen müssen, hatte sie einfach ein wenig Dampf ablassen wollen.
Okay, na schön, ihre letzte Prüfung war vor fünf Tagen gewesen, und sie hatte bisher gerade einmal zwei Tage lang mit besagten Idioten zusammengearbeitet, aber dennoch. Olivia verdiente eigentlich eine Gefahrenzulage dafür, dass sie sich mit diesen unreifen, sexistischen Arschlöchern abgab. Die Leute hielten die Wall Street in New York für schlimm, aber offensichtlich hatten sie noch nie etwas mit der Zweigstelle von Pine Hill Capital in San Francisco zu tun gehabt, der angesehenen Private-Equity-Firma, für die Olivia arbeitete, seit sie vor fünf Jahren aus dem Investmentbanking ausgestiegen war.
»Wesley, setz dich hin«, befahl Olivia und benutzte dabei unbewusst den gleichen Ton wie bei Hunden.
»Ich konnte dir eben gar nicht richtig mein Können beweisen.«
»Ich will keinen Beweis deines Könnens.« Olivia schenkte dem Kellner ein knappes dankbares Lächeln, als er mit ihrer Eiscreme an den Tisch kam. Der warf einen leicht pikierten Blick in Wesleys Richtung, sagte aber nichts.
Die oberen beiden Knöpfe von Wesleys Hemd standen offen und enthüllten die Andeutung einer muskulösen Brust und künstlich gebräunter Haut. Er sah nicht schlecht aus, aber wenn er sich in den nächsten zwei Minuten nicht hinsetzte, konnte man sie nicht dafür verantwortlich machen, wo ihr Schuh landete.
Olivia rückte mit ihrem Stuhl näher an den Tisch heran, damit er nicht schon wieder auf ihren Schoß klettern konnte. Sie löffelte sich ein wenig Eiscreme in den Mund und … Oh. Mein. Gott.
Jegliche Gedanken daran, ihren Absatz dort zu vergraben, wo die Sonne nicht schien, verflüchtigten sich aus ihrem Kopf, als sie sich auf den kalten, cremigen Hügel der himmlischen Köstlichkeit in ihrer Schale konzentrierte. Das war der Hammer. Dieses Eis war definitiv dreißig Minuten ihres Lebens wert, aber sobald sie mit dem Nachtisch fertig war, würde sie so schnell wie möglich von hier verschwinden – Wesley konnte die Rechnung übernehmen –, und dann würde sie ihn nie wiedersehen müssen.
Olivia fragte sich, ob sie Wesleys Nachtischportion auch noch essen konnte. Die arme Eiscreme schmolz vor sich hin, und es machte nicht den Eindruck, als würde er allzu bald damit aufhören, sein »Können« unter Beweis stellen zu wollen. Diese perfekte Eiskugel davor zu bewahren, einen sinnlosen Tod zu sterben, war praktisch eine moralische Verpflichtung.
»Olivia, schau doch mal hin«, sagte Wesley und klang dabei für einen Neunundzwanzigjährigen besonders weinerlich. »Du guckst ja gar nicht. Das ist mein Powackler. Den lieben die Frauen.«
Tötet mich einfach sofort.
Wenigstens befanden sie sich in einer hinteren Ecke des Restaurants, fern von der Küche und dem Großteil der anderen Gäste. Diejenigen, die ihnen am nächsten saßen – ein attraktives Paar Mitte vierzig –, warfen Olivia und Wesley den gleichen Blick zu, den sie vorhin schon von ihrem Kellner erhalten hatten. Doch Wesley hatte bislang noch nichts allzu Ungeheuerliches getan, wie zum Beispiel sein Hemd auszuziehen. Schon bald konzentrierte sich das Paar wieder auf sein Essen, während Wesley nach Herzenslust seinen Po wackeln ließ.
»Setz. Dich. Hin«, wiederholte Olivia.
Er tat es nicht.
Zum Teufel damit. Sie aß ihr Eis auf und tauschte die leere Schale dann gegen Wesleys volle aus. Er verdiente keinen Nachtisch.
»Ich begreife einfach nicht, dass dir meine Moves nicht gefallen«, lallte Wesley und klang beleidigt. Er trat näher, und sie erkannte, dass er noch weitere Knöpfe seines Hemds geöffnet hatte, sodass nun seine halbe Brust entblößt war. Wenn ihn ein Mitglied des Restaurantpersonals so sehen sollte, würde man ihn wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses vor die Tür setzen. »Ich bin der Star im Cock Pit. Die Frauen verlangen bei ihren Junggesellinnenabschieden ausdrücklich nach mir. Ich verdiene an einem Abend über tausend Dollar. Ich kann einen Penny verbiegen, und zwar mit meinem …«
Glücklicherweise fand Olivia niemals heraus, womit er einen Penny verbiegen konnte, denn sie wählte genau diesen Augenblick, um den Kopf nach links zu drehen. Eigentlich drehte sie ihn nur ein paar Zentimeter, bis sie über Wesleys Schulter schauen konnte. Im Großen und Ganzen war diese winzige Bewegung nicht der Rede wert.
Zumindest wäre sie nicht der Rede wert gewesen, wenn ihr Blick daraufhin nicht auf ein vertrautes Paar onyxfarbener Augen getroffen wäre, die sie in sich hineinsaugten wie ein schwarzes Loch. Nichts konnte ihnen entkommen – weder Licht noch Geräusche noch die schmerzhaften Schläge ihres Herzens. Und einfach so trat alles andere in den Hintergrund, abgesehen von dem Mann, von dem ihr jüngeres, naiveres Ich einst gedacht hatte, dass er ihr Universum sei. Sogar Wesley hörte auf zu existieren, obwohl er praktisch auf ihr hockte.
Olivia stieß zitternd den Atem aus, während sie eine Mischung aus freudiger Erregung, Verlegenheit und Abscheu durchströmte.
»Olivia?« Ihr Name kam über Sammy Yus perfekte Lippen wie ein längst vergessenes Liebeslied und rief Erinnerungen an goldene Tage und schöne Nächte wach.
Der Blick dieser dunklen Augen zuckte von ihrem Löffel voll Eiscreme – der auf halben Weg zu ihrem Mund erstarrt war – zu Wesleys halb entblößter Brust, bis er schließlich auf ihrem Gesicht landete. Sie entdeckte in seinen Augen Hinweise auf Verwirrung und Belustigung, und Letztere verlieh ihr die Kraft, Wesley mit einem so bedrohlichen Blick zu fixieren, dass er sofort zurückwich.
»Ich werde mal kurz auf die Toilette gehen«, verkündete er, während Empörung aus jeder seiner Poren quoll. »Meine Powackler werden hier eindeutig nicht gewürdigt.«
Er stapfte davon, und sein halb offenes Hemd flatterte um seine Brust herum. Er würdigte Sammy keines Blickes.
Sammys Mund zuckte. »Mir war nicht klar, dass hier Powackler auf der Speisekarte stehen.«
»Witzig. Wir … Ich wollte gerade gehen«, sagte Olivia mit so viel Würde, wie sie aufbringen konnte. Sie legte ihren Löffel hin. Die Eiscreme war ohnehin geschmolzen, und in der Schale war so gut wie nichts mehr übrig. Sie konnte die Gelegenheit nutzen und verschwinden, solange Wesley auf der Toilette war.
Normalerweise würde Olivia so etwas Unhöfliches niemals tun, aber sie hatte die Nase voll von diesem Tag. Er wurde einfach immer schlimmer – und seinem Ex-Freund über den Weg zu laufen, während man eine schreckliche Verabredung hatte, war definitiv das Schlimmste überhaupt.
»Dann willst du also nicht mit diesem feinen Powackelexemplar nach Hause gehen?« Sammy gab sich schockiert. »Sag, dass das nicht wahr ist.«
Sie starrte ihn böse an. »Ironie steht dir nicht.«
Der Sammy, den sie kannte, war nicht ironisch, es sei denn auf spaßige, verspielte Weise. Doch der Mann, der vor ihr stand, war nicht der Sammy, den sie kannte.
Er war immer noch groß und gutaussehend – so gutaussehend, dass sein bloßer Anblick ausreichte, um ihr einen lustvollen Schauer durch den Körper zu jagen. Er hatte dieselben Augen, dieselben hohen Wangenknochen, dasselbe kräftige Kinn und dasselbe dunkle Haar wie damals auf dem College – auch wenn er es jetzt kürzer trug. Aber sein drahtiger Körper war muskulöser und kräftiger geworden, in seinen Augen funkelte mehr Spott, und er verfügte über eine Selbstsicherheit, wie man sie nur mit zunehmendem Alter erlangte.
Mit seinem Kamelhaarmantel, seinem schwarzen Anzughemd und seinem harten Gesichtsausdruck hätte sich Sammy nicht stärker von dem gutmütigen Collegejungen unterscheiden können, den sie einst gekannt hatte. Dieser Junge hatte Mathewortspiele geliebt und ständig dasselbe T-Shirt getragen. Nun war er durch und durch ein erwachsener Mann, und zwar einer, der nichts für sie übrig hatte.
»Was machst du hier?«, verlangte Olivia zu wissen. Er hatte nicht auf ihre ironische Stichelei reagiert, und sein Schweigen machte sie nervös. Sie wünschte beinahe, dass Wesley hier wäre, damit sie einen Puffer hatte. Wo blieb er überhaupt so lange? War er etwa ins Klo gefallen?
Andererseits hatte sich Olivia vorhin gute zwanzig Minuten lang auf der Toilette verkrochen, um mit Farrah zu telefonieren, also konnte sie ihm wohl kaum einen Vorwurf machen.
Sammy zog die Augenbrauen ein winziges Stück nach oben. »Das hier ist ein Restaurant. Ich bin zum Abendessen hier, genau wie alle anderen Gäste. Und was machst du hier?«
»Äh, du hast gerade deine eigene Frage beantwortet. Abendessen.« Das »Was denn sonst?« schwang unausgesprochen in ihren Worten mit.
»Du wohnst doch nicht in San Francisco.«
»Diesen Sommer über schon. Ich arbeite in der San-Francisco-Zweigstelle meiner Firma, statt nach New York zurückzukehren.« Olivia war sich nicht sicher, warum sie ihm das alles erzählte. Sie waren nicht mehr miteinander befreundet. Leider hatten sie massenhaft gemeinsame Freunde aus der Zeit, als sie im Ausland studiert hatten, und waren daher ständig gezwungen, sich an denselben Orten aufzuhalten. Farrahs Hochzeit, Kris’ bevorstehende Vermählung, Gruppenausflüge und Freundestreffen … Das waren alles Dinge, vor denen sich Olivia nicht drücken konnte, entweder aus Loyalität oder weil sie furchtbare Angst davor hatte, etwas zu verpassen. Sammy musste es ähnlich ergehen, denn er tauchte zu so gut wie jeder Veranstaltung auf, an der auch sie teilnahm.
Das hatte dazu geführt, dass sie einen unbehaglichen, aber einigermaßen zivilisierten Waffenstillstand geschlossen hatten, der darin bestand, dass sie einander ignorierten und sich stets auf unterschiedlichen Seiten eines Raums oder Tisches aufhielten, wenn sie beide zur selben Veranstaltung eingeladen waren.
»Hmm.« Sammy schien die Vorstellung, dass sie den Sommer in San Francisco verbringen würde, nicht sonderlich zu gefallen. Durch Farrah wusste er, dass sie in Stanford zum Wirtschaftsstudium eingeschrieben war – Olivia hätte sie fast dafür umgebracht, dass ihr diese spezielle Information herausgerutscht war. Farrah hatte daraufhin nur erwidert: »Warum? Hast du Angst, dass er auf dem Campus auftauchen könnte und ihr heißen, verschwitzten Versöhnungssex haben werdet?«
Ha! Als ob. Nach acht Jahren war es ein bisschen zu spät für Versöhnungssex.
Und was Sammys Missfallen anging, tja, da hatte er eben Pech. Ihm gehörte diese Stadt nicht. Sie konnte sogar hierherziehen, wenn sie es wollte (das wollte sie nicht, aber sie konnte es).
»Olivia? Bist du es?«
Olivia versteifte sich, als eine ihr vertraute blonde Frau neben Sammy auftauchte. Ihr goldenes Haar fiel ihr in schimmernden Wellen über die Schultern, ihr roter Lippenstift passte perfekt zu ihrem Etuikleid von Ted Baker, und ihr Gesicht hätte einem Supermodel die Tränen in die Augen getrieben.
Jessica.
»Du bist es wirklich!« Sammys Freundin lächelte. »Sam hat mir gar nicht erzählt, dass du in San Francisco bist.«
Sie nannte ihn Sam? Niemand nannte ihn Sam.
Aber Sammy verzog angesichts des Namens keine Miene.
»Ich bin den Sommer über hier.« Olivia rang sich ein Lächeln ab und wiederholte ihre Erklärung. »Ich habe gerade das erste Jahr meines Wirtschaftsstudiums in Stanford abgeschlossen und arbeite in der San-Francisco-Zweigstelle meiner Firma, bis die Kurse wieder losgehen.«
»Ich wusste nicht, dass sie in der Stadt ist, bis wir uns jetzt hier über den Weg liefen.« Sammy schlang einen Arm um Jessicas Taille, und Olivia kämpfte gegen den Drang an, sich zu übergeben. Sie war Jessica zuvor nur zweimal begegnet – einmal auf Sammys Grillparty zum 4. Juli in New York vor drei Sommern und ein zweites Mal auf Farrahs und Blakes Hochzeit. Witzigerweise hatte sie bei diesen beiden Gelegenheiten ebenfalls den Drang verspürt, sich zu übergeben. »Sie wollte gerade gehen. Sie muss verschwinden, bevor ihre Verabredung zurückkommt.« Ein winziges Schmunzeln zupfte an seinen Mundwinkeln.
Olivia starrte ihn finster an. Er starrte zurück und zog dabei auf nervtötende Weise eine Augenbraue hoch.
Man musste Jessica zugutehalten, dass sie nicht weiter nachhakte, warum Olivia ihre Verabredung einfach so sitzen ließ. Stattdessen lächelte sie noch intensiver. »Wir sollten irgendwann einmal alle zusammen zu Abend essen. In der Stadt gibt es eine Menge tolle Restaurants, die dir sicher sehr gefallen werden.«
Oh Mann. Warum musste sie so nett sein? Es wäre leichter, sie zu hassen, wenn sie eine totale Hexe wäre. Nicht dass Olivia einen Grund hatte, die aktuelle Freundin ihres Ex-Freunds zu hassen oder so was. Sie konnte Sammy nicht einmal mehr leiden.
»Ich bin mir sicher, dass Olivia viel zu tun hat.« In Sammys Stimme lag ein Anflug von Warnung.
»Zu viel, um sich mit uns zum Abendessen zu treffen?« Jessica warf ihrem Freund einen Blick zu, den Olivia nicht deuten konnte.
»Danke für die Einladung. Und lass uns irgendwann wirklich mal zusammen zu Abend essen.« Olivia hätte sich lieber in einer Abwasserpfütze gewälzt, als mit Jessica und Sammy zu Abend zu essen. Aber sie lebten im einundzwanzigsten Jahrhundert. Leute machten ständig vage Pläne, aus denen dann nichts wurde. »Hört mal, ich muss los. Es gibt einen Notfall in meiner Wohnung.«
Sie musste von hier verschwinden. Wesley würde jede Minute zurück sein, Sammy saugte sämtlichen Sauerstoff aus dem Raum, und Jessica … tja, Jessicas Anwesenheit sorgte dafür, dass sich ihr der Magen umdrehte.
Nicht weil sie gemein war oder irgendetwas Falsches gesagt hatte, sondern weil sie hier war. Mit ihm. Olivia hasste es, die beiden zusammen zu sehen, und sie hasste sich selbst dafür, dass sie es hasste.
Jessica sah sie nachdenklich an. »Ist alles in Ordnung?«
»Ja. Ich muss mich nur um … Dinge kümmern.«
»Du hast doch Sams Nummer, oder? Wenn du Hilfe brauchst, ruf ihn einfach an, dann sind wir für dich da.«
»Danke.« Es war seltsam, dass sich diese Frau, die sie kaum kannte, aufführte, als wären sie beste Freundinnen. Noch seltsamer war, dass diese Frau ganz versessen darauf zu sein schien, ihren Freund wieder mit seiner Ex zusammenzubringen, aber das war nicht Olivias Problem.
Sammy schwieg und trug eine undurchschaubare Miene zur Schau.
Olivia murmelte ein paar Abschiedsworte, bezahlte entgegen ihrem ursprünglichen Plan für ihr Abendessen – sie traute Wesley nicht zu, dass er ihre Rechnung begleichen oder ein angemessenes Trinkgeld geben würde – und rief sich ein Taxi, um nach Hause zu fahren.
Während das Taxi durch San Franciscos hügelige Straßen fuhr, lehnte sie den Kopf an das Rückenpolster und schloss die Augen. Sie war zutiefst erschöpft.
Gott, was für ein Abend. Erst ihre lächerliche Verabredung und dann auch noch die zufällige Begegnung mit Sammy und Jessica.
Sie hatte sich nicht bei Sammy gemeldet, als sie letztes Jahr nach Kalifornien gezogen war, auch wenn er die einzige Person gewesen war, die sie in der Gegend kannte. Stanford war mit dem Auto fünfundvierzig Minuten von San Francisco entfernt, und sie war regelrecht in ihrer Arbeit für die Uni ertrunken. Außerdem waren sie nicht wirklich befreundet, auch wenn sie einander nicht länger feindlich gesinnt waren.
»Reiß dich zusammen, Olivia«, murmelte sie vor sich hin.
Über die Vergangenheit nachzugrübeln, war Zeitverschwendung, und wenn Olivia eines hasste, dann war es, Zeit zu verschwenden. Die durchschnittliche Lebenserwartung einer in Olivias Geburtsjahr in den USA geborenen Frau betrug neunundsiebzig Jahre. Das waren 28 835 Tage, 41 522 400 Minuten. Sie hatte eine stets präsente Uhr im Kopf, die diese Tage und Minuten herunterzählte, bis sie ihr unausweichliches, wenn auch unbekanntes, Todesdatum erreichte. Manche mochten das makaber finden, aber sie fand es beruhigend. Struktur bestimmte Olivias Leben, und das Leben hatte einen Anfang, eine Mitte und ein Ende, so wie es für alle Dinge gelten sollte.
Die mentale Uhr hatte den zusätzlichen Vorteil, dass sie sie daran erinnerte, wie kostbar ihre Zeit war. Wenn sie nicht produktiv, glücklich oder entspannt war, verschwendete sie ihre Zeit.
Der heutige Abend war eine kolossale Zeitverschwendung gewesen, und sie würde es nicht noch schlimmer machen, indem sie sich zum x-ten Mal fragte, ob die Sache mit ihr und Sammy ein anderes Ende hätte nehmen können. Wenn sie ihrer Mutter die Stirn geboten hätte, wenn sie nicht gelogen hätte, wenn Sammy nicht die Dinge gesagt hätte, die er gesagt hatte …
Olivia schüttelte den Kopf und drängte die Gedanken an die Vergangenheit zurück in ihre mentale Schublade mit der Aufschrift »Nicht öffnen«, wo sie hingehörten. Um sich abzulenken, zog sie ihr Handy aus der Tasche und tippte ein paar Notizen für die Besprechung am Montag ein, bis das Taxi vor ihrem Wohngebäude zum Stehen kam.
Die Mietpreise in San Francisco waren sogar noch lächerlicher als die in New York – und das hieß schon etwas. Aber mit dem Studio, das ihr die Freundin einer Freundin untervermietet hatte, hatte sie Glück gehabt. Sie zahlte jeden Monat immer noch absurd viel Geld für eine Unterkunft, die die Größe einer Schuhschachtel hatte, aber es hätte schlimmer kommen können.
Olivia schloss die Tür auf und sehnte sich nach einer heißen Dusche und Schlaf. Sie konnte es kaum erwarten … Was zum Teufel!
Ein starker, muffiger Geruch schlug ihr entgegen, bevor ihr Verstand die Szene, die sich ihr darbot, richtig umsetzen konnte: Die Fußböden ihrer Wohnung schimmerten feucht, und alles stand mehrere Zentimeter tief unter Wasser.
»Das soll wohl ein Witz sein.«
Ihre hohe, schockierte Stimme hallte von den Wänden wider und wurde von den Wasserlachen verschluckt, die langsam ihren ganzen Besitz zerstörten. Ihre Matratze, die sie auf den Boden gelegt hatte, da ihr Bettgestell noch nicht angekommen war – völlig durchweicht. Ihr schöner Wollteppich? Nicht wiederzuerkennen. Die Pappkartons, die sie immer noch nicht ausgepackt hatte, weil sie auf der Arbeit so beschäftigt gewesen war? Halb aufgelöst.
Es gibt einen Notfall in meiner Wohnung.
Ihre Ausrede von vorhin kam Olivia wieder in den Sinn, und ihr Magen hob sich. Sie war nicht der abergläubische Typ, aber ein winziger Teil von ihr fragte sich, ob sie diesen Albtraum selbst hervorgerufen hatte. Sie war bloß ein paar Stunden lang weg gewesen. Wie zum Teufel war das passiert?
Sie presste sich die Finger auf die Schläfe und versuchte, ihre flachen hektischen Atemzüge zu beruhigen.
Es war einundzwanzig Uhr, sie war erschöpft, ein Großteil ihrer Besitztümer war ruiniert, sie hatte keine Ahnung, wo sie anfangen sollte, um dieses Chaos zu beseitigen, und sie hatte in dieser Stadt keine Freunde. Niemand konnte ihr helfen.
Ein wilder Laut entrang sich ihrer Kehle, und sie brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass sie lachte. Hysterisch.
Zum ersten Mal in ihrem perfekt durchgeplanten Leben hatte Olivia Tang keine Ahnung, was sie tun sollte.
Die Eiswürfel klirrten, als Sammy mit einer Hand nach seinem Drink griff und mit der anderen die Speisekarte durchblätterte.
»Vielleicht lasse ich das Sushi heute weg und nehme lieber Udon«, sagte er. »Ich habe Lust auf Nudeln.«
Schweigen schlug ihm entgegen.
Er sah hoch und stellte fest, dass ihn Jessica mit halb wissender, halb tadelnder Miene anschaute.
»Was ist denn?«
»Du weißt genau, was los ist.« Nun stach das Tadelnde ein klein wenig das Wissende aus.
Die innere Anspannung ließ Sammys Schultern steif werden, aber er verzog keine Miene. »Nein, tatsächlich weiß ich nicht ›was los ist‹.«
»Olivia.«
Die Anspannung nahm zu, so wie es immer passierte, wenn er Olivia Tang sah, von ihr hörte oder auch nur über sie nachdachte. Allein ihr Name führte bereits dazu, dass sich alles in ihm verkrampfte, und selbst die beste Massagetherapeutin der Stadt hätte Stunden gebraucht, um diese Anspannung wieder zu lockern.
»Was ist mit ihr?«
Jessica zog die Augenbrauen zusammen. Sie war eine schöne Frau, und Sammy konnte sehen, dass mehrere Männer in der unmittelbaren Umgebung begehrliche Blicke in ihre Richtung warfen. Zu schade, dass sie niemals an ihnen interessiert sein würde. »Denkt sie immer noch, dass du und ich ein Paar sind?«
»Ich habe keine Ahnung, was sie denkt.« Er konzentrierte sich wieder auf das derzeit wichtigste Thema. »Udon. Ich bestelle definitiv Udon.«
Seine Begleitung stieß einen verzweifelten Seufzer aus. »Glaubst du wirklich, dass es ein Zufall ist, dass sie diesen Sommer hier in der Stadt verbringt? Vielleicht ist es ein Zeichen.«
»Nein, das ist es nicht.« Sammy klappte die Speisekarte zu und legte sie durchaus genervt auf den Tisch. »Sie ist in der Stadt, weil sie in Stanford studiert. Sie hat sich für Stanford entschieden, weil das in diesem Land eine der besten Unis für ein Wirtschaftsstudium ist. Sie hätte auch nach Wharton gehen können, aber ich bin mir sicher, dass ihr das sonnige Palo Alto – mit seiner Nähe zu San Franciscos Restaurantszene – mehr zusagt als Philadelphia. Vermutlich blieb sie diesen Sommer in Kalifornien, statt nach New York zurückzukehren, weil sie ihr Netzwerk erweitern will, um sich eine Karriere aufzubauen. Also nein, ich denke keineswegs, dass es ein Zeichen ist.«
Die leisen Gespräche der anderen Restaurantgäste und das Klirren ihrer Messer und Gabeln auf den Porzellantellern waren die einzigen Geräusche, die den Sturm untermalten, der sich in Sammys Innerem zusammenbraute. Er geriet nur selten aus der Fassung, aber Olivia stellte wie immer die Ausnahme für all seine Regeln dar.
Jessica schien sein Ausbruch nicht weiter zu beeindrucken. »Für jemanden, der behauptet, dass er keine Ahnung hat, was Olivia denkt, verfügst du über ungewöhnlich genaue Einblicke in ihre Gedankengänge.«
»Wenn es um ihre Karriere geht, ist sie ein offenes Buch«, sagte Sammy tonlos. »Ihr Ehrgeiz steht über allem anderen.«
Er hatte kein Problem mit diesem Ehrgeiz. Das war eine der vielen Eigenschaften, die er an Olivia geliebt hatte – ihre Zielstrebigkeit, ihre Intelligenz, ihre Entschlossenheit, in einer Branche erfolgreich zu sein, die allgemein als typische Männerdomäne bekannt war. Sie war stark, klug und loyal und liebte die Menschen in ihrem Leben ebenso leidenschaftlich wie ihre Arbeit.
Zumindest hatte er das gedacht.
Vielleicht hatten ihn ihre Handlungen deswegen auch so sehr überrumpelt, nachdem sie erkannt hatte, dass seine Vorstellung von seiner Zukunft – seiner, nicht ihrer – nicht länger in ihr ordentliches, perfekt sortiertes und durchgeplantes Leben passte.
Liebe machte sogar diejenigen blind, die sonst den perfekten Durchblick hatten. Das war eine Lektion, die Sammy nie vergessen hatte.
Ihr Kellner nahm ihre Bestellungen auf, und Jessica wartete, bis er damit fertig war, bevor sie ihre Befragung fortsetzte. »Du musst gewusst haben, dass sie in der Stadt ist. Farrah wird es dir erzählt haben«, drängelte sie. Sie war Farrah nur zweimal begegnet, verfügte aber über ein tadelloses Gedächtnis. Das war einer der Gründe dafür, dass sie eine der begehrtesten Anwältinnen in der Bay Area war.
Sammy spannte seinen Kiefer an.
Farrah hatte es ihm nicht erzählt, aber er war sich sicher, dass es in ihrer nächsten Unterhaltung zur Sprache gekommen wäre. Sie hatte die Hoffnung, dass Sammy und Olivia wieder zusammenkommen würden, niemals aufgegeben, und ihre Verkupplungsversuche hatten nur noch zugenommen, nachdem sie und Blake sich das Jawort gegeben hatten. Blake und Farrah hatten in Shanghai eine fiese Trennung durchgemacht, waren aber schließlich nach einigen Jahren wieder zusammengekommen. Es hatte sie eine Menge Kummer und Herzschmerz gekostet, aber sie hatten es geschafft. Nun waren sie so glücklich miteinander, dass Sammy damit rechnete, dass Musik aufbrandete und Regenbögen über ihren Köpfen leuchteten, wann immer sie zusammen waren.
Er freute sich wirklich für sie, aber nur, weil sie ihre Probleme überwunden hatten, war Sammy und Olivia nicht automatisch ebenfalls ein glücklicher Ausgang vorherbestimmt.
Blake und Farrah hatten sich aufgrund einer niederträchtigen Lüge einer dritten Person getrennt. Sammy und Olivia konnten nur sich selbst die Schuld für das Scheitern ihrer Beziehung geben.
Außerdem hatten sie die Sache vor acht Jahren beendet. Es war an der Zeit, dass Farrah es endlich gut sein ließ.
Wie wäre es, wenn du diesen Rat selbst auch mal annehmen würdest?, flüsterte eine arrogante, unerwünschte Stimme in Sammys Kopf.
Er verscheuchte sie und konzentrierte sich wieder auf die blonde Frau, die ihm gegenübersaß.
»Das spielt keine Rolle«, sagte er. »Dann ist sie eben in San Francisco, na und? Es ist eine große Stadt, und wir sind nicht miteinander befreundet.«
Nicht mehr.
Einst waren Sammy und Olivia beste Freunde gewesen. Liebhaber. Träumer. Sie hatten ihre Hoffnungen und Wünsche miteinander geteilt und einen funkelnden Wandteppich gewebt, der ihre Vorstellungen von der Zukunft widergespiegelt hatte. Doch dann hatten sich diese Hoffnungen und Wünsche verändert, die Fäden waren zerschlissen, und ihre Uneinigkeit hatte den Wandteppich so dünn werden lassen, dass er schließlich zerrissen war, genauso, wie es mit ihrer Beziehung geschehen war.
»Lass uns über etwas anderes reden«, sagte Sammy, bevor ihn Jessica weiter mit diesem Thema bedrängen konnte. »Wie zum Beispiel deine mehr als verdiente Beförderung, die der Grund dafür ist, dass wir hier sind.«
Ablenkung: Die tollste Waffe der Welt.
Ein Lächeln glitt über Jessicas Gesicht. »Ich bin einen Schritt näher dran, zur Partnerin ernannt zu werden.«
»Du verdienst es.«
Sammy ließ sich von ihrem Lächeln anstecken. Jessica war eine großartige Anwältin und unter den einflussreichen Leuten im Silicon Valley berühmt für ihren wachen Instinkt und ihr Talent, Menschen zu durchschauen. Sie arbeitete härter als die meisten, die Sammy kannte, und war befördert worden, nachdem sie dem wichtigsten Mandanten ihrer Firma – einem großen Technologiekonzern – dabei geholfen hatte, einen gewaltigen Rechtsstreit gegen die Europäische Union zu gewinnen. Wenn sie so weitermachte, würde sie noch vor ihrem fünfunddreißigsten Lebensjahr Partnerin in ihrer Firma sein.
Sie stießen mit ihren Gläsern an, und Sammy kippte seinen Sake in einem Zug hinunter.
Er hatte Jessicas offizielles Abendessen zur Feier des Ereignisses verpasst, weil es kurz vorher einen Notfall in der Bäckerei gegeben hatte. Sie hatte darauf bestanden, dass er sich zuallererst darum kümmerte, und er wiederum hatte darauf bestanden, sie als Wiedergutmachung zum Abendessen einzuladen.
Er hatte nur nicht damit gerechnet, im selben Restaurant seiner Exfreundin über den Weg zu laufen.
Wie wahrscheinlich war das denn?
Andererseits hätte Sammy nicht überrascht sein sollen. Essen war Olivias Schwäche, und sie war immer auf der Jagd nach tollen neuen Restaurants. Er erinnerte sich noch an ihre Tabellen, die überquollen vor Informationen über diverse Lokale, die Art der Küche, der Kostenfaktor, die Anzahl der Sterne in Onlinebewertungsportalen, die charakteristischen Gerichte und zusätzliche Notizen (Auszeichnungen, Kleiderordnung, Zahlungsmethoden und so weiter). Das war sowohl beeindruckend als auch erschreckend gewesen.
Das Ishikawa war der neueste kulinarische Hotspot der Stadt, also kam Olivia selbstverständlich her. Mit einer Verabredung.
Der Kellner kehrte mit ihrem Essen zurück, und Sammy stürzte sich mit einem Stirnrunzeln auf seine Nudeln. Olivias Verabredung war schon bald nach ihr gegangen und der Kerl hatte zu betrunken gewirkt, um zu begreifen, dass ihn die Frau, mit der er hier eingetroffen war, sitzen gelassen hatte, während er auf der Toilette gewesen war.
Seit wann ging Olivia mit nicht erwachsen gewordenen Frat Boys aus, die ihre Drinks nicht bei sich und ihre Hemden nicht anbehalten konnten? Und warum kümmerte ihn das überhaupt?
Es kümmert mich nicht. Sammy spießte mit seiner Gabel ein Stück Rindfleisch auf, während Jessica über den neuen Fall redete, an dem sie arbeitete. Zum Glück erwähnte sie Olivia für den Rest des Abendessens nicht mehr, und die Themen ihrer Unterhaltungen blieben auf neutralem Boden.
Auf seiner Grillparty anlässlich des 4. Juli vor drei Jahren hatte Sammy Jessica das erste Mal als seine Freundin vorgestellt. Er hatte verdammt viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, bevor sie sich auf eine solche Täuschung eingelassen hatte. Weder er noch sein bester Freund Nardo Crescas – der mit Jessica aufgewachsen war und sie Sammy vorgestellt hatte, nachdem sie nach Kalifornien gezogen war – hatten es gutgeheißen, dass er vorgab, eine Freundin zu haben, um Olivia zu ärgern.
Fairerweise musste man sagen, dass solche Spielchen kindisch waren. Aber die Vorstellung, wieder in Olivias Nähe zu sein, nachdem er ihr so viele Jahre lang aus dem Weg gegangen war, hatte Sammy so durcheinandergebracht, dass er keinen klaren Gedanken mehr hatte fassen können. Seine Bäckerei hatte in jenem Sommer eine Pop-up-Filiale in New York eröffnet, und er war vorübergehend dorthin gezogen, um als Gesicht des neuen Ladens zu fungieren. Als sie an unterschiedlichen Enden des Landes gewohnt hatten, war es leicht gewesen, Farrahs Bemühungen, ihn und Olivia wieder zusammenzubringen, auszuweichen. Doch als sie sich dann in derselben Stadt befanden, war es beinahe unmöglich. Jessica war damals zufällig beruflich in der Stadt – ja, sie arbeitete auch am Wochenende des 4. Juli – und hatte widerwillig zugestimmt, die Rolle seiner Freundin zu spielen.
Nicht dass das von Bedeutung gewesen wäre. Olivia hatte keine Miene verzogen – weder damals noch beim zweiten Mal, als Sammy Jessica als seine Begleitung mit zu Farrahs und Blakes Hochzeit gebracht hatte. Bei dieser Gelegenheit hatte er sie dabeihaben wollen, um zu verhindern, dass er irgendeine Dummheit anstellte, etwas, das eben manchmal passierte, wenn Leute betrunken auf einer Hochzeit und in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Liebe ihres Lebens waren.
Als das Abendessen vorbei war, verfiel Sammy in grüblerisches Schweigen. Falls es Jessica auffiel, sagte sie nichts.
»Danke für das Abendessen.« Jessica wickelte sich ihren Schal um den Hals. Wenn nicht gerade eine Hitzewelle herrschte, waren die Abende in San Francisco deutlich kühler als die Nachmittage – eine Tatsache, die Touristen, die in die Bay Area kamen und das gleiche heiße, sonnige Wetter wie in Südkalifornien erwarteten, immer wieder überraschte. »Es wäre wirklich nicht nötig gewesen.«
»Ich wollte dich aber einladen.« Sammys Handy vibrierte, als er einen Anruf bekam. Als er den Namen auf dem Display sah, gefror ihm das Blut in den Adern.
Olivia.
Sie hatte ihn seit fast zehn Jahren nicht mehr angerufen. Es war, als hätte er ihren Anruf heraufbeschworen, einfach nur, indem er während des Abendessens immer wieder an sie gedacht hatte.
Oder hatte sie an ihn gedacht, nachdem sie sich hier zufällig begegnet waren?
»Wer ist das?«, fragte Jessica.
»Niemand.« Das Summen verstummte, und auf dem Handy erschien eine Benachrichtigung über einen verpassten Anruf. »Soll ich dich nach Hause fahren?«
»Nein, ich treffe mich noch mit Mara auf ein paar Drinks. Du kannst dich uns anschließen, wenn du magst.«
»Danke, aber ich mache lieber Schluss für heute.« Er umarmte sie. »Glückwunsch noch mal. Vergiss uns kleine Leute nicht, wenn du groß rauskommst.«
Jessicas Lachen perlte durch die Nacht. »Sagt der auf Instagram berühmte Bäcker. Wie nannte dich Zagat? Einen ›Gebäckvirtuosen‹?«
»Gute Nacht«, sagte er spitz, was ihm ein weiteres Lachen einbrachte.
Sammy grinste und wartete, bis Jessica in ein Taxi gestiegen war. Dann ging er zu seinem Auto. Dort verblasste sein Lächeln, und er starrte hin- und hergerissen auf sein Handy.
»Verdammt.« Er tippte die Liste mit den letzten Anrufen an und rief Olivia zurück.
Es tutete einmal. Zweimal. Dreimal.
Er wollte gerade aufgeben, als sie schließlich doch dranging. Sie klang außer Atem. »Hey.«
»Hey.« Er stellte sie auf Lautsprecher und verband sein Handy mit dem Auto, damit er die Parklücke verlassen und sie für den Prius freimachen konnte, der bereits darauf wartete, seinen Platz einzunehmen. »Du hast angerufen?«
Eine kurze Pause entstand. »Es war nichts.« Ein Hauch von Verlegenheit färbte ihren Tonfall. »Ich habe deine Nummer aus Versehen gewählt, weil ich auf den falschen Knopf gekommen bin.«
»Du bist eine schlechte Lügnerin, Olivia, und du hättest mich nicht angerufen, wenn es sich nicht um einen Notfall handelte.«
Ehrlich gesagt war Sammy schockiert, dass sie ihn anrief, selbst wenn es einen Notfall geben sollte. Er war davon ausgegangen, dass sie ihn schon vor Jahren aus ihrer Kontaktliste gelöscht hatte. Die Tatsache, dass sie es nicht getan hatte, führte dazu, dass sich sein Herz besorgt verkrampfte.
»Ich bin eine ausgezeichnete Lügnerin«, widersprach Olivia mit einem kleinen Schnauben. Sein Mund zuckte angesichts ihrer Empörung. »Hör zu, es war ein langer Tag, und ich habe nicht richtig nachgedacht. Abgesehen von meinen Kollegen bist du die einzige Person, die ich in dieser Stadt kenne, weshalb ich dich anrief, aber ich habe die Lage jetzt unter Kontrolle.«
Sammy hielt an einer roten Ampel. Seine Sorge nahm immer weiter zu. »Welche Lage hast du unter Kontrolle?«
Sie erzählte es ihm, und als er nach ihrer Adresse fragte, zögerte sie, bevor sie sie ihm nannte.
Er fluchte leise vor sich hin. Die leuchtenden Zahlen auf seiner Autoradiokonsole verrieten ihm, dass es bereits halb elf war, und ihre Wohnung lag in der entgegengesetzten Richtung seines Hauses. Er sollte auflegen und es dabei belassen. Sie sagte, dass sie die Lage unter Kontrolle habe, und er glaubte ihr. Olivia hatte immer alles unter Kontrolle.
Die Ampel wurde grün, und Sammys Hände krampften sich um das Steuer.
»Bleib, wo du bist. Ich werde in einer halben Stunde da sein«, sagte er grimmig.
Sammy legte auf und fuhr auf die Nebenspur, damit er an der nächsten Kreuzung einen U-Turn machen konnte. Er fluchte erneut.
Das würde er später ganz bestimmt bereuen. Da war er sich sicher.
Achtundzwanzig Minuten später hielt Sammy vor Olivias Wohngebäude. Er gab den Code ein, den sie ihm per Textnachricht geschickt hatte, und betrat das Haus. Im Inneren erwarteten ihn Marmorfußböden und frisch gestrichene Wände. Das Gebäude war schon ein wenig älter, aber gut in Schuss, und die Wohnungen hier mussten ein hübsches Sümmchen kosten, selbst wenn sie keine luxuriösen Annehmlichkeiten vorzuweisen hatten. Verdammt, San Francisco war so teuer, dass man sogar eine Schuhschachtel für 1500 Dollar im Monat vermieten konnte – und das wäre noch ein Schnäppchen gewesen.
Warum mache ich das hier bloß?
Die Frage hämmerte zum hundertsten Mal durch Sammys Kopf, während er die Treppe zu Olivias Wohnung hochstieg.
»Weil mir meine Mom Manieren beigebracht hat. Oder weil ich ein Masochist bin«, murmelte Sammy. Seine Stimme hallte in dem leeren Treppenhaus wider.
Sobald er den ersten Stock erreicht hatte, brauchte er nicht lange, um Olivias Wohnung ausfindig zu machen – die Tür stand einen Spaltbreit offen, und durch die schmale Öffnung vernahm er das schwache Plätschern von Wasser.
Er klopfte und wartete, bis sie ihn hereinrief. Dann machte er die Tür ganz auf und betrachtete das Chaos mit weit aufgerissenen Augen.
»Heilige Scheiße.«
Die Wohnung sah aus, als hätte Poseidon einen kleinen Wutanfall gehabt und sie im Zuge dessen vollständig unter Wasser gesetzt. Bettlaken und Handtücher bedeckten den halben Boden. Sie waren bereits so vollgesogen, dass sie beinahe durchsichtig waren. Olivia bearbeitete die Stellen, die nicht mit Tüchern bedeckt waren, mit einem Wischmopp, aber es half nicht viel. Hier war so viel Wasser, dass sie eine Pumpe brauchen würde, um es zu beseitigen. Jeder Zentimeter der Tischplatten und Ablageflächen ächzte unter dem Gewicht von Kleidern, Haushaltsprodukten und diversen Kinkerlitzchen, während ein Stapel aus nassen, zerfallenden Pappkartons in sich zusammengesackt und verloren in einer Ecke stand.
Als sie gesagt hatte, dass die Wohnung das reinste Chaos war, hatte sie nicht übertrieben.
»Genau das war auch meine Reaktion.« Olivia blies sich eine Haarsträhne aus den Augen. Sie trug noch dasselbe Outfit wie vorhin beim Abendessen. Nur die Schuhe hatte sie gewechselt – eine kluge Entscheidung in Anbetracht dessen, dass sie Absatzschuhe getragen hatte. Außerdem hatte sie ihr Haar auf ihrem Kopf zu einem unordentlichen Knoten zusammengebunden. Auf ihrer Haut schimmerte Schweiß, und Sammy versuchte, nicht auf den Schweißtropfen zu starren, der durch die Vertiefung ihrer Kehle rann und im V-Ausschnitt ihres Kleides verschwand.
»Was ist denn hier passiert?« Er setzte seine Schritte vorsichtig um die Lachen herum, soweit das möglich war.
»Eine Überschwemmung.«
Er warf ihr einen ironischen Blick zu. »Was du nicht sagst.«
Olivia ließ den Wischmopp ruhen und lehnte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf den Stiel. »Eine Überschwemmung der Waschmaschine«, stellte sie klar. »Sie war gar nicht an, aber ich habe meinen Vermieter angerufen, und er meinte, dass Überschwemmungen selbst dann passieren können, wenn die Maschine nicht läuft. Das hat wohl irgendetwas mit einer defekten Wasserleitung zu tun.«
»Ist er hierher unterwegs?«
»Er sagte, es sei bereits zu spät, und er werde morgen früh herkommen.«
Verärgerung überkam Sammy. »Was zum Teufel? Was sollst du denn bis dahin machen? Wo wirst du schlafen?«
Olivia zuckte mit einer Schulter. »Ich werde hier so gut wie möglich saubermachen und mir dann für die Nacht ein Hotelzimmer nehmen.« Ihre Unterlippe verschwand zwischen ihren Zähnen, und ihre Wangen liefen rosig an. »Wie ich vorhin schon sagte, habe ich dich angerufen, weil ich Panik hatte und nicht klar denken konnte. Aber jetzt habe ich die Lage unter Kontrolle, also kannst du den Rest deines Abends genießen. Tut mir leid, dass du meinetwegen den ganzen Weg hergekommen bist.«
»Es ist fast elf Uhr. Allzu viel ›Abend‹ ist nicht mehr übrig, um ihn zu genießen«, erwiderte Sammy trocken.
Das helle Rosa auf ihren Wangen wurde zu einem tiefen Dunkelrot. »Ich habe doch gesagt, dass es mir leidtut.« Olivia strich sich über das Haar und hielt den Blick von ihm abgewandt. »Danke fürs Kommen. Ich werde für deine Sprit- oder Taxikosten aufkommen, aber du musst nicht bleiben. Ich komme zurecht.«
»Nein, kommst du nicht.«
»Doch, komme ich.«
»Die Hälfte deiner Sachen ist ruiniert, und du siehst aus, als würdest du jeden Moment vor Erschöpfung umkippen. Und weißt du überhaupt, wo das nächste Hotel ist? Oder ob dort Zimmer frei sind?«
»Dafür gibt es Google.«
Wieder machte sich Verärgerung in Sammy breit. Ernsthaft? Er hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihr zu helfen – nachdem sie ihn angerufen hatte –, nur um sich jetzt anhören zu müssen, dass seine Hilfe gar nicht benötigt wurde?
Das kann sie vergessen.
Er hätte niemals herkommen sollen. Verdammt, er hätte schon vor langer Zeit ihre Nummer blockieren und sie aus seinem Leben streichen sollen, ob sie nun gemeinsame Freunde hatten oder nicht.
»Na schön. Mach dir keine Mühe wegen des Spritgelds – ich werde es einfach als wohltätige Spende für diesen Monat betrachten.« Sammy spannte den Kiefer an. »Viel Glück mit diesem Chaos, nicht dass du es brauchen wirst. Schließlich bekommst du ja immer alles auf die Reihe. Du bist einfach perfekt.«
Er machte kehrt und stapfte zur Tür. Dabei verfluchte er sich stumm für seine Dummheit. Er hatte bereits einen Fuß im Flur, als er ein leises Schniefen hörte.
Sammy erstarrte und spannte seinen Kiefer noch fester an.
Lass es, Mann. Lass es einfach.
Er ließ es nicht.
Er blickte über seine Schulter zurück und sah, dass Olivia wieder den Boden wischte. Sie weinte nicht, aber ihre Augen schimmerten verdächtig feucht.
Sie sah wirklich erschöpft aus. Ihre Bewegungen waren langsam, und die Augen fielen ihr fast zu, während sie mit dem Mopp immer wieder über dieselbe Stelle wischte – mittlerweile wohl schon zum dutzendsten Mal. Es war fast Mitternacht. So wie er sie kannte, war sie seit fünf oder sechs Uhr morgens pausenlos auf den Beinen.
Außerdem wusste Sammy mit absoluter Sicherheit, dass Olivia weder ihn noch sonst jemanden jemals angerufen hätte, wenn sie nicht wirklich Hilfe brauchte. Sie war diejenige, zu der die Leute kamen, wenn sie Probleme hatten, nicht umgekehrt. Dass sie sich an jemanden hatte wenden müssen, um Unterstützung zu erhalten, musste ihren Stolz verletzt haben – umso mehr, als ihre einzige Option Sammy gewesen war. Deswegen hatte sie ihn weggestoßen, als er aufgetaucht war. Sie wirkte nicht gerne schwach.
Ihre Beziehung war schon vor langer Zeit in die Brüche gegangen, aber er kannte sie immer noch in- und auswendig.
Gottverdammt.
Seine Wut verrauchte ebenso schnell, wie sie gekommen war. Sammy stieß geräuschvoll den Atem aus und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er hasste sich bereits für das, was er nun tun würde.
»Lass es gut sein«, sagte er grob. »Trockener wird die Wohnung nicht, und vor morgen früh kannst du nicht viel mehr tun.«
»Es kann nicht schaden, noch einmal mit dem Mopp darüberzugehen.« Olivia wischte sich mit dem Handrücken die Nase. »Geh nur. Ich schaffe das schon.«
»Liv, ich schwöre bei Gott …« Sammy zuckte zusammen, sobald die Worte seinen Mund verlassen hatten. Er hatte ihren Kosenamen seit Jahren nicht mehr benutzt, aber er kam ihm so leicht über die Lippen, als wären sie noch zusammen. Es schmeckte bittersüß, wie Erinnerungen an eine längst vergangene Epoche.
Olivias Schultern verspannten sich sichtlich, als Sammy durch die Wohnung zu ihr kam und ihr den Mopp aus den Händen zerrte. »Ich werde wischen, du packst alles ein, was du für die Nacht brauchst«, sagte er knapp. »Denn wenn du so weitermachst, wirst du noch auf dem Boden zusammenbrechen und ertrinken.«
Sie verdrehte die Augen. »So hoch steht das Wasser nun auch nicht.«
Er starrte sie einfach nur an.
»Na schön, wenn du unbedingt den Boss raushängen lassen willst.« Olivia ging zu einem Stapel aus zusammengefalteten Kleidungsstücken auf dem Wohnzimmertisch. »Ich werde packen.«
Eine halbe Stunde später hatte Sammy die Böden so gut wie möglich trockengewischt, und Olivia hatte eine Übernachtungstasche gepackt und sich ein T-Shirt und Leggings angezogen.
»Lass uns gehen.« Sammy wischte sich die Hände mit einem Küchenpapiertuch ab. »Ich werde fahren.«
»Aber ich habe mir noch gar kein Hotel rausgesucht«, protestierte sie.
»Es ist nach Mitternacht. Wir haben keine Zeit, deine Tabellen durchzugehen und herauszufinden, welches Hotel über ein Restaurant mit Michelin-Stern verfügt oder Designerannehmlichkeiten anbietet.«
»Ein Restaurant mit Michelin-Stern ist keine Voraussetzung«, murmelte Olivia. Sie folgte ihm in den Flur, schaltete das Licht aus und schloss die Tür hinter sich ab.
Erst als sie in seinem Auto saßen, sprachen sie wieder. »Wo fahren wir denn hin, wenn du mich nicht zu einem Hotel bringen willst?«
»Zu mir nach Hause.«
Hätte Sammy in diesem Moment nicht so verdammt viel Ärger und Unbehagen empfunden, hätte er angesichts ihrer überrumpelten Reaktion gelächelt. Er wusste, es war unklug, Olivia mit zu sich nach Hause zu nehmen. Oder sie irgendwohin mitzunehmen. Und doch saß er nun hier in seinem Wagen und spielte für die Frau, die sein Herz vor Ewigkeiten in tausend Stücke zerschmettert hatte, den Ritter in einer nicht mehr ganz so hell schimmernden Rüstung.
Masochisten waren nichts gegen ihn.
»Wir fahren nicht zu dir nach Hause«, sagte Olivia, nachdem sie sich von ihrem ersten Schreck erholt und wieder beruhigt hatte.
»Nach Meinung des Fahrers – der zufällig ich bin –, fahren wir sehr wohl dorthin.«
»Warum?«
»Weil ich müde bin, weil du müde bist, und weil ich nicht will, dass du auf der nächtlichen Suche nach einem zwielichtigen Hotelzimmer ermordet wirst«, knurrte Sammy. »Ich habe weder Michelin-Sterne noch einen Wellnessbereich, aber ich habe ein sauberes Bett und ein Bad. Du wirst beides benutzen. Morgen früh werden wir uns dann um das Chaos in deiner Wohnung kümmern. Und erzähl mir ja nicht, dass du keine Hilfe brauchst – du hast mich nicht ohne Grund angerufen. Also hör auf zu protestieren und gönn uns ein paar Stunden Ruhe und Frieden, okay?«
Olivias Mund klappte auf. Sie blinzelte langsam. Ihre langen dunklen Wimpern huschten in einem schockierten Flattern über ihre Wangen.
Sammy ließ den Motor an und ignorierte die Stimme, die in seinem Kopf immer wieder sagte: Schlechte Idee. Schlechte Idee. Schlechte Idee. Sein ganzer Abend war mit schlechten Ideen gepflastert gewesen. Was machte da schon eine mehr aus?
»Okay.« Olivia klang kleinlaut, als sie endlich antwortete.
Sie sprachen erst wieder, als sie Sammys Haus erreicht hatten. Es verfügte über zwei Schlafzimmer und ein Bad und war zwar nicht so schick wie Blakes und Farrahs Eigentumswohnung in New York oder Kris’ und Nates Villa in Beverly Hills, aber es war sein Zuhause. Sammy hatte jahrelang gespart, bevor er sich eine Anzahlung hatte leisten können, und nun gehörte es endlich ihm ganz allein. Das machte es seiner Meinung nach zu dem verdammt besten Ort auf dem Planeten.
»Das ist dein Zimmer.« Er schaltete das Licht im Gästezimmer an und präsentierte ihr ein großes Bett mit einer königsblauen Decke, einen dazu passenden blauen Teppich und einem schicken weißen Schreibtisch mit Stuhl. Wann immer Freunde oder Familienmitglieder in der Stadt waren, übernachteten sie bei ihm, also hielt er das Zimmer stets in Ordnung. »Mein Zimmer ist nebenan, das Bad ist einmal über den Flur. Die grünen Handtücher sind für Gäste – wenn du noch mehr brauchst, findest du sie in dem Schrank neben dem Bad. Falls du Hunger hast, darfst du dich gern in der Küche bedienen. Und, ähm, ich schätze, das ist alles.«
Sammy rieb sich den Nacken. Ihm war durchaus bewusst, wie absurd diese ganze Situation war. Er und Olivia hatten in acht Jahren nicht mehr als ein Dutzend Worte miteinander gewechselt, und nun übernachtete sie in seinem Haus. In dem Zimmer direkt neben seinem.
Es ist nur für eine Nacht, versicherte er sich.
Auch wenn es zwischen ihnen jede Menge böses Blut gegeben hatte, konnte er sich nicht dazu durchringen, sich von ihr abzuwenden, da sie eine … Nun ja, sie war eigentlich keine richtige Freundin, aber sie war eine Person, die er kannte und die Hilfe brauchte.
Sammy konnte ihre Miene nicht deuten, aber er glaubte, einen gefühlvollen Schimmer in Olivias Augen zu entdecken, bevor sie den Blick abwandte und sich auf das Regal neben dem Schreibtisch konzentrierte. Es war mit Büchern aus seiner Highschool- und Collegezeit vollgestellt, die er nicht mehr las, aber irgendwie auch nicht wegwerfen konnte. Die Sammlung enthielt alles Mögliche, von klassischen Romanen wie Der große Gatsby bis hin zu seinem liebsten Statistiklehrbuch.
War es seltsam, dass er ein Lieblingslehrbuch hatte? Vermutlich. Aber in einer Welt, in der Menschen die Zehennägel fremder Leute horteten und ihre Häuser mit gruseligen Puppen vollstopften, gab es sicher Schlimmeres.
»Danke.« Olivia klammerte sich an den Tragegurt ihrer Tasche. »Ich weiß das zu schätzen. Wirklich.«
»Schon gut. Wie auch immer«, sagte Sammy peinlich berührt. »Nacht.«
»Gute Nacht.«
Um es vorwegzunehmen: Es wurde weder eine gute Nacht noch ein guter Morgen. Denn während Sammy im Bett lag, einfach nicht einschlafen konnte und sich stundenlang umherwälzte, konnte er nur an die Frau im Zimmer nebenan denken.
Verdammt.
Olivia wachte zu dem Geräusch der Weckfunktion ihres Handys und dem Duft von Eiern und Speck auf.
Ihr Magen knurrte in freudiger Erwartung, obwohl sie die Augen noch geschlossen hatte und sich verzweifelt nach ein paar zusätzlichen Minuten Schlaf sehnte.
Sie war erst gegen zwei Uhr früh eingeschlafen und hatte ihren Wecker auf halb acht gestellt – ihr Vermieter hatte gesagt, dass er gegen neun in ihre Wohnung kommen wolle –, was bedeutete, dass sie ihren üblichen acht Stunden Schlaf extrem hinterherhinkte.
Du darfst noch fünf Sekunden im Bett bleiben. Dann ist Schluss.
Eins … zwei … drei … vier … fünf.
Als sie im Geiste bei »fünf« angekommen war, warf sie die Decke zurück, schwang die Beine über die Bettkante und stellte den Wecker ab, bevor sie das einlullende Geräusch zurück ins Schlummerland befördern konnte.
Olivia hatte die Strategie mit dem geistigen Countdown aus einem Podcast gelernt, den sie vor ein paar Jahren gehört hatte. Seitdem benutzte sie sie für Dinge, die sie nicht tun wollte. Der Trick bestand darin, eine bestimmte Zeitspanne festzulegen (zum Beispiel bis fünf zu zählen) und dann aktiv zu werden, sobald man die letzte Zahl erreicht hatte, um dem Körper keine Zeit zu geben, zu protestieren. Olivia hatte diese Methode schon so oft angewandt, dass sie darauf konditioniert war, sofort zu reagieren, ohne allzu sehr darüber nachzudenken.
Sie blinzelte sich den Schlaf aus den Augen und betrachtete ihre Umgebung. Gestern Nacht war sie so müde gewesen, dass sie sich Sammys Gästezimmer nicht genauer angeschaut hatte. Aber im Tageslicht konnte sie die beruhigende Einrichtung angemessen würdigen. Das vorherrschende Blau-Weiß war Balsam für ihre Seele, und alles war ordentlich, aber nicht zu ordentlich. Außerdem kam ihr das Bett wie eine riesige Wolke vor – vielleicht sprach da aber auch die Erschöpfung aus ihr.
Nachdem sich Olivia im Bad frisch gemacht und sich angezogen hatte, tapste sie in Sammys Gourmetküche. Abgesehen von den Schlafzimmern und dem Bad war sein Haus in einer offenen Bauweise gestaltet. Nur eine Marmortheke und drei gepolsterte Barhocker trennten die Küche von der Essnische und dem Wohnzimmer. Anstelle der dunklen Farben, wie man sie häufig in Junggesellenhaushalten antraf, wartete Sammys Haus mit fröhlichen Gelb-, Weiß- und Blautönen auf. Licht strömte durch die gewaltigen Fenster ins Wohnzimmer und tauchte die Möbel in Sonnenschein. In der Küche war eine ganze Wand mit gerahmten Postern von Wortspielen mit Lebensmitteln dekoriert.
Olivia schmunzelte, als sie ein Bild entdeckte, das ein lächelndes Duo aus einer Zitrone und einer Orange darstellte. Darunter prangten die gedruckten Worte: »Morgenstund hat Obst im Mund!« Es war so kitschig und gleichzeitig niedlich.
Das Brutzeln von Öl in einer Pfanne lenkte ihren Blick von einem tanzenden Radieschen weg, das verkündete: »Du bist echt scharf!«, um gleich darauf auf dem Mann zu landen, der barfuß und mit nacktem Oberkörper am Herd stand und kochte.
Ihre Kehle wurde knochentrocken.
Verdammt noch mal.
Sie hatte Sammy soooolange nicht mehr ohne Hemd gesehen, und sie wollte verdammt sein, wenn er seit seiner Zeit auf dem College nicht ordentlich an Muskeln zugelegt hatte. Nicht dass sein Körper damals zu verachten gewesen wäre, aber – und noch einmal für die Leute in den hinteren Reihen – verdammt noch mal.
Gebräunte Haut, breite Schultern und ein drahtiger, muskulöser Rücken, der schiere Kraft ausstrahlte. Die festen Muskeln seiner Arme spannten sich jedes Mal an, wenn er einen Streifen Speck wendete oder über die Theke griff. Und seine graue Jogginghose hing so tief an seinen Hüften, dass sie mehr Haut enthüllte, als angemessen war.
Olivia keuchte.
Sammy blickte hoch. Sein attraktives Gesicht war ruhig und undurchschaubar, sein Haar vom Schlaf noch ganz zerzaust. »Guten Morgen.«
»Morgen.« Sie ließ sich auf einem der Barhocker nieder und versuchte, ihre Augen fest auf sein Gesicht zu richten. Sie konnte es sich wirklich nicht leisten, dabei erwischt zu werden, wie sie den Körper ihres Ex-Freundes begaffte. Dass sie ihn gestern angerufen hatte, um ihn um Hilfe zu bitten, war ihr schon peinlich genug.
»Wie hast du geschlafen?«
»Ziemlich gut.«
Eine unangenehme Stille erfüllte die Luft, und das unablässige Brutzeln in der Pfanne betonte sie nur noch, bis Sammy schließlich den Herd ausschaltete.
Olivia erinnerte sich an die Tage, an denen sie nicht hatten aufhören können, miteinander zu reden – über ihre Hoffnungen und Träume, die witzigen YouTube-Videos und Artikel, die sie online gesehen und gelesen hatten, und über die jeweiligen Vorzüge von Torten und Kuchen. Sie hatten über alles gesprochen, was ihnen in den Sinn kam. Sie erinnerte sich aber auch an die Tage, an denen sie gar nicht miteinander geredet hatten – endlose Stunden des Schweigens, die mit unausgesprochenen Anschuldigungen und gebrochenen Versprechen aufgeladen gewesen waren, bis sie irgendwann vor Wut explodiert waren. Und dann waren da die Jahre, in denen sie räumlich ebenso weit voneinander entfernt gewesen waren wie emotional, getrennt durch Zeit und Entfernung und Herzschmerz.
Und nun waren sie hier, acht Jahre später. Sie waren beide so anders als damals und doch immer noch dieselben Menschen. Ein wenig älter, hoffentlich ein wenig klüger, aber sie klammerten sich immer noch an das Bedauern aus der Vergangenheit.
»Willst du frühstücken? Ich habe genug für zwei.« Sammy schob einen Teller voller Rührei, Speck und Toast über die Theke, bevor Olivia antworten konnte.
Bei dem Anblick und dem Duft lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Er hatte den Speck weich und zart zubereitet, so wie sie es mochte. Viele Leute bevorzugten ihn knusprig, aber sie fand, dass knuspriger Speck wie verkohlter Rauch schmeckte.