Im Abfluss der Zeit - Fiefbert Donnerhose - E-Book

Im Abfluss der Zeit E-Book

Fiefbert Donnerhose

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Beschreibung

Rottenberg ist eine unscheinbare Kleinstadt in der Eifel, in der eigentlich nie etwas los ist. Eines Tages jedoch sterben einige Einwohner auf bestialische und sehr mysteriöse Weise auf ihren Toiletten. Die örtliche Polizei kann sich keinen Reim darauf machen. Was oder wer steckt hinter diesen bizarren Todesfällen? Rudolf Schlegel, ein Klempner mit sehr außergewöhnlichen Fähigkeiten, wird von der Polizei gebeten, die Vorfälle als Sachverständiger mit zu untersuchen. Er stößt dabei auf eine dunkle, antike Ungeheuerlichkeit.

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Ähnliche


Für alle Klempner dieser Welt.

Sorry.

Inhaltsverzeichnis

PROLOG – DAS RAUNEN IM ROHR

TEIL I – ROHRKREPIERER

KAPITEL 1 – IM DARM DER STADT

KAPITEL 2 – EIN SANITÄRGEMÄLDE

KAPITEL 3 – BIG KACKA IN DER EIFEL

KAPITEL 4 – LEITUNGSKOMPETENZEN

KAPITEL 5 – DER KÖRPERWASSERKREISLAUF

INTERMEZZO I

TEIL II – ROHRVERSTOPFUNG

KAPITEL 6 – ES FLIEßT BERGAB

KAPITEL 7 – EINE KLEINE GESCHICHTE DES PLUMPSKLOS

KAPITEL 8 – IM DÜNNDARM DER GESELLSCHAFT

KAPITEL 9 – DIE FLUT

KAPITEL 10 – EINE KRISE AUF LEITUNGSEBENE

KAPITEL 11 – VERFLANSCHT

INTERMEZZO II

TEIL III – ROHRFREI

KAPITEL 12 – IM ÜBERFLUSS

KAPITEL 13 – GEGEN DEN STROM

KAPITEL 14 – DER LETZTE SCHEIß

KAPITEL 15 – DAS END STÜCK ODER : WAS HINTEN HERAUSKOMMT

EPILOG I – DIE KÜNSTLERISCHE LEITUNG

EPILOG II – DIE VERDAUUNG DER GESCHICHTE

PROLOG – DAS RAUNEN IM ROHR

Nichts sagt „Arbeiterviertel“ so sehr wie rote Backsteine. Das alte Industriegebiet von Rottenberg hatte daher auch den Spitznamen „Rotkohl“. Rund um die alte Kohlemine entstand im 19. Jahrhundert eine Arbeitersiedlung, die nahezu ausschließlich aus diesen kleinen, rostroten Steinchen gebaut wurde. Von oben betrachtet sah das aus wie der Anus einer Straßenhure – ein schwarzes Loch in der Mitte, umgeben von einem roten Ring aus schäbigen Wohnhäusern. Das ganze Viertel sah schon kurz nach seiner Entstehung nicht besonders einladend aus. Heute, fast zweihundert Jahre später, dementsprechend ausladend. Die meisten Gebäude standen leer. Die Fenster schon lange ausgeschlagen, die Mauern löchrig und die Vorgärten überwuchert mit Wildwuchs. Lediglich ein paar Mietshäuser am südlichen Rand waren noch bewohnt. Da die Mieten hier ungeheuer niedrig waren, verschlug es ausschließlich die ärmeren Schichten ins Rotkohl-Viertel. Tagelöhner, Arbeitslose und ein paar Rentner, die noch zu besseren Zeiten hierhergezogen und aus Nostalgie geblieben waren, lebten hier. Einer dieser letzten Bewohner war Ingo Beukes, ein pummeliger Schrottsortierer Mitte 30.

Ingo lebte fern jeglicher Ernährungstrends, die eine ausgewogene, gesunde Küche propagierten. „Was schmeckt, kann nicht schlecht sein“, sagte er sich immer und stopfte alles, was ihm über den Weg lief, in sich hinein. Zwei große Teller Käsespätzle, ein halber Liter alter Kakao, der sein Ablaufdatum schon weit hinter sich hatte und als Sahnehäubchen noch sechs Bier, das war sein Abendessen an diesem Tag.

So wohl er sich nach dem Genuss der bizarren Mahlzeit gefühlt hatte, so unwohl fühlte er sich jetzt. Es war 2.43 Uhr und in Ingos Eingeweiden war Chaos angesagt. Eine anfänglich coole Verdauungs-Party hatte sich innerhalb kürzester Zeit in das komplette Gegenteil verkehrt. Tanzten vor Stunden noch alle Bakterien seiner Darmflora lustig durch die Gegend, kotzten jetzt alle sprichwörtlich ihre Mikroben-Seelen aus ihren Mikroben-Leibern. Irgendwer hatte ihnen wohl etwas in die Drinks gemischt. Ingos Hirn erkannte die Gefahr und schaltete, noch während er schlief, auf Notfallprotokoll B457: Sofortige Notflutung!

Und so kam es, dass Ingo Beukes mitten in der Nacht ganz dringend aufs Klo musste.

Der Dreiviertelmond dieser Nacht schien durch ein kleines Fenster am Ende des Flures und erleuchtete zumindest die gröbsten Hindernisse auf seinem Weg zum Badezimmer. Das half jedoch wenig. Kaum hatte er drei Schritte getan, knallte er mit seinem großen Onkel gegen die Flurkommode. „Scheiße!“, schrie er, stützte sich mit der rechten Hand an der Kommode ab und massierte mit der Linken seinen lädierten Zeh. Nach etwa einer halben Minute Schmerz und einem kurzen Anflug von Wut, in dem er alle Flurmöbelschreiner der Welt in seinem Kopf hinrichten ließ, tapste Ingo weiter, leicht hinkend, aber dafür jetzt wachsam wie eine Eule.

Die alten, morschen Dielen seiner alten, morschen Wohnung in dem alten, morschen Mietshaus, in dem er wohnte, quietschten mit jedem Schritt. Jemand anderes hätte es unheimlich gefunden, aber für Ingo gehörte das zur Routine. Er hörte das Knarzen und Quietschen gar nicht mehr, es war für ihn inzwischen Teil des natürlichen Hintergrundrauschens geworden. Gleich hatte er es geschafft, noch ungefähr fünf Meter bis zum Bad. Seine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit und er erkannte jetzt zumindest einzelne Objekte, die auf seinem Weg lagen. Der Druck in seinem Darm wuchs weiter und er musste sich zusätzlich darauf konzentrieren, dass sein Schließmuskel dem Druck standhielt. Aber der alte Kerl war einiges gewohnt, hatte sogar die „Große Diarrhoe von 2006“ meisterhaft überstanden. Das hier war für einen Profischließmuskel wie seinen „business as usual“.

Das Badezimmer war erstaunlich hell. Dank eines großen Fensters schien der Mond in voller Pracht auf Kloschüssel, Waschbecken, Dusche und was sonst halt so in einem Bad zu finden ist. Ingos Bauch war angespannt und auch sein routinierter Schließmuskel äußerte leichte Bedenken, dass er dem Druck nicht ewig standhalten könne. Er nahm den „Rottenberger Tagesboten“ vom Vortag, die Lokalzeitung, die er jeden Abend nach der Arbeit aus der Papiertonne von Frau Miesbacher aus dem ersten Stock fischte. Die alte Dame, die die traditionelle deutsche Tugend der Ordnung noch sehr hochschätzte, verfrachtete das Blatt, nachdem sie es gelesen hatte, immer sofort in die Papiertonne. Für Frau Miesbacher war das eine Art Statement zur Qualität des örtlichen Journalismus. Häuslicher Protest an den Medien, der niemanden störte und von dem auch niemand etwas mitbekam. Frau Miesbacher wusste vom täglichen Zeitungsklau, da sie jeden Tag, wie sich das für einen ordentlichen Bürger gehörte, dreimal den Müll kontrollierte. Den Müll ihrer Nachbarn natürlich auch. Man muss ja sichergehen, dass auch alles am richtigen Platz ist. Wer der Zeitungsdieb war, wusste sie jedoch nicht. Sie fragte Ingo sogar einmal, ob er jemanden, Jugendliche vermutlich, in der Nähe der Mülltonnen gesehen habe. Ingo schüttelte den Kopf, verfluchte den vermaledeiten Mülldieb, fügte noch ein „Die Leute heutzutage, früher hätte es so etwas nicht gegeben“ hinzu und versicherte Frau Miesbacher die Augen offen zu halten. Die alte Frau hätte ihn nie im Leben verdächtigt. Seine gekonnte Art in ihrem Code zu reden, also Dinge wie „früher war...“, „die Kinder von heute...“ oder „heutzutage...“ in seine Sätze einzubauen und dabei enttäuscht mit dem Kopf zu schütteln, legten ihr inneres Alarmsystem regelmäßig lahm. Man könnte fast sagen, er hackte Frau Miesbacher.

Ingo nahm den Tagesboten und setzte sich auf die Schüssel, erleichtert endlich angekommen zu sein.

Die Zeitung war das Warmup, aus der Kalten heraus konnte er einfach nicht. Ein paar Worte lesen und schon würde es losgehen, zumindest war es sonst immer so. Warum das funktionierte, wusste er auch nicht. Erst wenn er abgelenkt war, konnten seine niederen Regionen ihre Arbeit verrichten.

Er benötigte aber mehr, um in Fahrt zu kommen, deshalb lag neben dem Tagesboten auch immer ein Päckchen Lucky Strike und eine Schachtel Streichhölzer.

Im schummrigen Licht von Mond und Zigarettenglut überflog Ingo die Titelseite: „Bürgermeisterin weiht neues Kontrollzentrum der Wasserwirtschaft ein“, jetzt kribbelte es im Hintern. „Unfall auf der L69 – Fahrradfahrer fällt in Straßengraben“, die Pforte öffnete sich langsam. „Schlägerei im Rottenberger Altersheim – Das letzte Stück Kuchen gab den Ausschlag“, jetzt war es soweit!

Plötzlich vibrierte die Klobrille erdbebenartig, begleitet von einem lauten, tiefen Grummeln. Das Wasser in der Toilettenschüssel schwappte dabei wild auf und klatschte gegen Ingos blanken Hintern. „Was zum Henker?“, wunderte er sich. Jedweder Fortschritt seiner nächtlichen Mission war auf einmal dahin. Das hatte ihn jetzt aus der Spur geworfen. „Is‘ das Klo im Arsch? Vielleicht muss mal wieder der Klempner kommen“, überlegte er. „Diese Geräusche sind ja nicht normal.“ Verunsichert kniete er sich auf den Boden und blickte unter die Toilette, was, wie er auch schnell erkannte, ziemlich lächerlich war. Die Rohre verliefen ja durch Decken, Böden und Wände. Also legte er ein Ohr auf den Dielenboden und horchte ihn nach ungewöhnlichen Geräuschen ab. Nichts war zu hören. Nach ein paar Minuten des Herumkriechens und Abhorchens gab er auf: „Hm? Also, noch mal von vorn.“

Er nahm wieder den Tagesboten und las die Anzeige einer örtlichen Metzgerei. Aber bevor sein Verdauungssystem nochmal neustarten konnte, tönte ein weiteres schweres Raunen aus den Tiefen des Abflusses, worauf eine zweite Welle von heftigen Vibrationen folgte. Ingo wusste nicht so recht, was vor sich ging, stand panikartig auf und entfernte sich drei Schritte von der Kloschüssel. Die hörte mit einem Schlag auf zu Murren. Der verdutzte Ingo kratzte sich verwirrt am Kopf, wobei er sich fast mit der immer noch brennenden Lucky Strike die Haare verbrannte. Die Kippe zwischen seinen Fingern hatte er völlig vergessen.

Nach einigen Minuten des Wartens, oder besser gesagt Abwartens, beschloss er es erneut zu versuchen, der Druck im Bauch ließ ja nicht nach. Es war sicher nur ein kleines Erdbeben, vermutete er, die soll es ja hier in der Eifel früher häufiger gegeben haben. Damals, als noch mehr vulkanische Aktivität unter der Erde herrschte. Das hatte er mal irgendwo gelesen.

Wieder der Tagesbote, dieses Mal Seite zwei: „Geologen untersuchen vulkanische Vergangenheit des Teufelsbergs“, ha!, gerade eben hatte er noch darüber nachgedacht.

Und plötzlich, ohne große Zwischenschritte, kam die Erleichterung. Ein hydraulisches Plumpsen zeugte von der großen Tat. Freuden- und Anstrengungstränen liefen über Ingos rot gefärbte Wangen und ein zufriedenes Lächeln, das der ganzen Welt sagen wollte, dass es endlich vollbracht sei, überzog sein Gesicht. Müde ließ er sich nach hinten fallen, lehnte mit dem Rücken am aufgeklappten Klodeckel und entspannte sich. Reife Leistung!

Als er zum Klopapier greifen wollte, geschah etwas Merkwürdiges. Sein Hintern schien am Klodeckel zu kleben. Er versuchte sich zu bewegen, aber er konnte einfach nicht. Wieder Verwirrung. Er konnte sich jetzt wirklich keinen Reim mehr auf dieses merkwürdige Klo machen. Erst stöhnte und bebte es, jetzt hielt es einen fest?

Was er auch versuchte, wie energisch er auch hin und her rutschte, sein fetter, haariger Arsch ließ sich nicht von der Brille bewegen.

Er spürte plötzlich einen Sog, der aus der Kloschüssel zu kommen schien. Und er wurde immer stärker. Jetzt realisierte Ingo erst richtig, dass er nicht festgeklebt, sondern festgesaugt war.

„Es reicht!“, dachte sich Ingo und bündelte alle seine Kräfte, griff mit der rechten Hand zur Waschmaschine und zog so stark er konnte. Er zog und zog und zog... Fünf Sekunden, 10 Sekunden, mit der geballten Energie seiner Arm- und Oberkörpermuskulatur. Wieder Nichts! Der Sog im Klo war einfach mächtiger. Als er aufgab und sich wieder zurückfallen ließ, unterschätzte er den Unterdruck aus den Tiefen des Abflusses und versank ein ganzes Stück in der Schüssel. Seine Hüften waren nun unterhalb des Brillenrandes eingeklemmt, seine jetzt angewinkelten Beine eng zusammengepresst und ohne Bodenhaftung mehr. Sein dicker Hintern spürte die kühle Keramik des Schüsselbodens. Ingo geriet in Panik. Er stützte sich mit den Händen am Toilettenrand ab und versuchte sich wieder aus der Schüssel zu stemmen. Keine Chance! Stattdessen rutschte er mit der rechten Hand ab und verklemmte sie zwischen Bein und Kloschüsselwand. Die Hand brach sofort. Der enorme Druck seines eigenen übergewichtigen Körpers und der Keramikwand der Toilette war einfach zu viel für die zarten Handknochen. Ingo stieß einen verzweifelten Schrei aus und Tränen schossen ihm in die Augen.

Immer weiter, Zentimeter für Zentimeter, sank er in die Tiefe. Seine Lunge musste unter der großen Last die letzten Reste Atemluft preisgeben. „Was zur Hölle geht hier vor?“, fragte er sich in Gedanken.

Noch einmal versuchte er mit all seinen Kräften dem Sog zu entkommen. Beine und Rücken drückten jetzt aus entgegengesetzten Richtungen gegen die Kloschüssel. Vergeblich. Um Hilfe konnte er auch nicht mehr schreien, die Luft war einfach weg.

Tränen der Verzweiflung lösten die Tränen des Schmerzes ab, füllten langsam seine Augen, bis er kaum noch klar sehen konnte. Er war ratlos, hatte eine Scheißangst. In Panik mobilisierte er jeden Muskel seines Körpers, der noch irgendwie funktionierte. Zucken, Rucken, Hinund Herdrehen. Es war nichts zu machen.

In diesem Moment realisierte Ingo etwas und eine bittere Gewissheit stellte sich ein: Er würde das hier nicht überleben. Verdammt! Er würde auf dem verdammten Klo krepieren. „Scheiße, was für ein beschissener Tod“, grölte sein letztes bisschen Ehre aus den Niederungen seiner Gedanken. Jetzt war er regelrecht wütend. Ein bisschen Würde hatte er doch wenigstens verdient.

Nach dem ersten Schock, der Verzweiflung und der Wut stellte sich dann eine weitere Phase des Mitdembevorstehenden-Tod-Umgehens ein: Die finale Das-Lebenziehtnochmalin-Zeitlupeaneinemvorbei-Phase.

Seine Gedanken schweiften ab, drifteten zurück in seine frühen Zwanziger. Er erinnerte sich an Susi Mikowski, seine einzige große Liebe. Mann! Hatte die geile Titten! Es war eine historische Achterbahn, die rückwärts in einem Affenzahn durch die Loopings und Spiralen seines Lebens fuhr. Er dachte an den Apfelkuchen seiner Großmutter, dann an die Sammlung von Lego-Figuren aus seiner Kindheit und an seinen alten Lehrer Herrn Meierbach, der ihn beim Nachsitzen in der Grundschule regelmäßig mit dem Zeigestock verprügelt hatte. Es gesellten sich noch Familienfeiern, Urlaube mit den Eltern und allerlei kleinere Ereignisse aus seiner mittleren bis frühen Kindheit dazu, die wirklich nur für Ingo von Bedeutung waren. All das schoss im Bruchteil einer Sekunde durch seinen Kopf. Für ihn vergingen jedoch Jahre.

Die zweite „Erleichterung“ kam für Ingo, während er sich an seinen dritten oder vierten Kindergeburtstag erinnerte. Plötzlich fiel die ganze Angst, die ganze Anspannung und die ganze Schwere des Lebens von ihm. Was er nicht wusste, auch seine Innereien verabschiedeten sich in diesem Moment durch seinen Hintern heraus, hinunter in den tödlichen Malstrom der Toilette. Mittlerweile war von seinem Körper nur noch der Kopf zu sehen, der wie ein Pfropfen vor dem Abfluss steckte. Er war technisch betrachtet längst tot, aber sein Hirn arbeitete noch eine Weile weiter.

Und so kam es, dass er sich wunderte, warum so ein weißer Rand um die Welt lag (Der Rand der Kloschüssel, durch den er gerade, aufgrund seiner misslichen Lage, nach oben sah) und warum die Welt nur aus drei sich langsam drehenden Armen bestand (Der Deckenventilator, der sich unbeeindruckt auf Leistungsstufe 1 weiterdrehte).

Und während er so völlig entspannt die Welt beobachtete, erhob er sich. Also, sein Kopf erhob sich. Wie in Zeitlupe näherte sich Ingo den Armen der Welt.

Während seiner Reise bekam er eine völlig neue Perspektive auf alles. Die Welt bestand nicht nur aus drei Armen, da waren auch ein weißer Berg, ein Brunnen mit schwebendem Wasser und etwas, dass nach einem Schachbrett aussah. Das war natürlich alles nur ein übler Streich seines Hirns, das gerade dabei war, die letzten Funktionen abzuschalten, bevor es selbst Feierabend machte. Was er tatsächlich sah, waren die Waschmaschine, das Waschbecken mit dazugehörigem Spiegel und die weiß-schwarzen Dielen mit Kachelmuster des Fußbodens. So banal diese Dinge auch sein mögen, für Ingo schienen sie fast künstlerisch die Welt auszufüllen. Und was war das? Unzählige kleine Teilchen – oder Tierchen? – in den unterschiedlichsten Farben schwebten, nein, tanzten durch die Luft und legten sich danach ruhig und gelassen auf die Welt. Ein Bild für die Götter, dachte Ingo. Seine geradlinige Bewegung stoppte auf einmal. Das, was er für die Welt hielt, begann sich jetzt langsam, ganz langsam, unter ihm im Kreis zu drehen. Alles war gut und er fühlte sich großartig.

Müdigkeit überkam ihn auf einmal und er beschloss für ein paar Minuten die Augen zu schließen. In vollkommener Zufriedenheit senkte er seine Lider.

Ingo Beukes hinterließ keine Angehörigen, kein Vermögen, keine großen gesellschaftlichen oder künstlerischen Leistungen. Stattdessen blieb nur eine riesige Sauerei von ihm übrig. Aber dazu später mehr.

TEIL I – ROHRKREPIERER

KAPITEL 1 – IM DARM DER STADT

Der kleine Aufenthaltsraum in der Zentrale war hell erleuchtet. Nach anfänglichem Zögern trat Rudolf schließlich ein. Er hasste diese Events. Smalltalk, Trinken und Menscheln waren einfach nicht sein Ding. Er hätte an diesem Morgen lieber gearbeitet.

Es war Walter Hopfenbergs letzter Tag als Installateur der Rottenberger Wasser- und Abwasserbetriebe. „Endlich Rente“ stand auf einer selbstgemalten Plane, die wie eine hochgekrempelte Gardine über dem Fenster hing. Etwa 15 Kollegen aus allen möglichen Abteilungen, die Rudolf zumeist weniger gut oder überhaupt nicht kannte, waren anwesend. Sie klopften Walter auf die Schulter, tranken „Rottenbräu dunkel“, dass der glückliche Bald-Neurentner gleich kistenweise angeschleppt hatte, erzählten sich schmutzige Witze und tranken noch mehr Rottenbräu. Was man halt so auf einer Feier unter Männern macht. Walter saß auf einem blauen Plastikstuhl in der Mitte des Raumes, ein bunter Party-Schlapphut, den die Kollegen extra für ihn besorgt hatten, zierte seinen Kopf.

Um 8.30 Uhr Ortszeit, gerade mal eine Stunde nach Beginn seiner letzten Schicht, war Walter dann auch schon sternhagelvoll. Ein dickes, zufriedenes Grinsen klebte in seinem flauschigen, grauen Vollbart. Zum Glück musste er an seinem letzten Tag nicht mehr wirklich arbeiten, hatte zur Feier des Tages auch nur bis Mittag Dienst. Niemand erwartete heute mehr von ihm als Freibier. „Noch’ne Kiste Bräu und dann feiere ich mit Gisela!“, Walter riss seine fast leere Flasche in die Höhe und alle, außer Rudolf, grölten einstimmig etwas, das wie „Yeaah!“ klang. Ein paar der Anwesenden schmunzelten beim Namen Gisela.

In Walters Leben gab es, das sei hier kurz erklärt, zwei Giselas. Gisela, seine Ehefrau seit 40 Jahren und Gisela, die Stadthure aus der Bachstraße 29. Jeden Donnerstag nach der Männerskatrunde schaute Walter noch für ein Stündchen bei Gisela aus der Bachstraße vorbei, bevor er nach Hause ging. Heute würde er sie schon mittags besuchen können. Die Abschiedsparty war das perfekte Cover für seine Ehefrau. Die Kollegen nannten das hinter Walters Rücken abschätzig das Gisela-Paradoxon. Eigentlich, das sei hier überflüssigerweise auch noch erwähnt, machte sich Walter nichts aus Prostituierten, hatte lange Zeit überhaupt kein teures Geld für billigen Sex ausgegeben. Am Vortag seines 55-zigsten Geburtstags änderte sich das. Er war damals in der Bachstraße unterwegs und überprüfte die Hydranten als er plötzlich eine junge Frau von hinten an einer Laterne stehen sah. Ihre dunkelblonden Haare, ihre schmale Taille und langen Beine lösten etwas Merkwürdiges in seinen Erinnerungen aus. Konnte es sein? So jung? Nein! Er ging wie in Trance auf sie zu. „Gisela?“, fragte sein Mund wie von selbst. Die junge Frau drehte sich um und Walter erschlug es fast. Die Ähnlichkeit war verblüffend. „Tach“, erwiderte die Frau und grinste, „Woher kennste meinen Namen?“. Walter fühlte sich wie an dem Tag, als er seine Gisela zum ersten Mal gesehen hatte. „Wie ist das möglich?“, wollte er eigentlich fragen, stammelte aber stattdessen ein unbeholfenes „W…Wie…?“.

„Wieviel?“, unterbrach die junge Gisela sofort, „Blasen 50, Reinstecken 100 Euro.“ Walter willigte, ohne nachzudenken ein, wie von einer höheren Macht gesteuert. Seit 10 Jahren betrog Walter Ehefrau Gisela jetzt mit Gisela aus der Bachstraße. Nicht etwa, weil Gisela aus der Bachstraße Dinge machte, die Ehefrau Gisela nicht machte. Nicht, weil Gisela aus der Bachstraße jünger, hübscher und unkomplizierter war als Ehefrau Gisela. Er betrog Ehefrau Gisela mit Gisela aus der Bachstraße, weil Gisela aus der Bachstraße ihn so sehr an Ehefrau Gisela erinnerte. Einfach nur paradox.

Rudolf grinste derweil ein angestrengtes Lächeln in die Runde. Er versuchte die Anweisungen von Marie so exakt wie möglich umzusetzen. Wenn es um Social Engineering ging, gab es keine bessere Lehrerin. „Ein Lächeln zeigt Interesse und sagt ‚ich bin gerne hier‘“, hatte sie ihm beigebracht. Als Leiter des Wartungsteams müsse er Präsenz in der Belegschaft zeigen und signalisieren, er sei einer von ihnen.

Im Gegensatz zu seinen Kollegen, die den Job nur als Mittel zum Zweck ansahen und immer einen angewiderten Gesichtsausdruck auflegten, sobald sie über ihre Arbeit sprachen, liebte Rudolf seinen Beruf. Heute musste er allerdings bis Mittag warten, bevor er sich ihm wieder widmen konnte.

Er stand in der Ecke neben dem Mülleimer, seine zarten, filigranen Hände in den Taschen seiner viel zu großen Latzhose vergraben und beobachtete das Geschehen. Innerlich hoffte er, dass ein Notfall passierte und er ganz dringend woanders gebraucht würde. Aber da kam auch schon Peter aus der Leitstelle lächelnd auf ihn zu. Was für ein Scheißtag.

„Na, Meister?“, das war Peters Standardanrede. Rudolf nickte ihm so höflich zu wie er konnte. In den nächsten paar Sekunden, wusste er, würde Peter ihm eine von drei möglichen und völlig belanglosen Konversationen aufzwingen.

1. Markisen. Peter liebte Markisen. Er hatte sein Haus nahezu vollumfänglich mit einer Terrasse ausgestattet, nur um ringsherum Markisen anzubringen. Sein Haus sah vom Vorgarten aus betrachtet aus wie ein Klotz im Balettkleidchen. Seine Liebe zu Markisen hatte mit einem Ereignis in seiner Kindheit zu tun. Eine Markise hatte sein Leben gerettet oder irgend so ein Quatsch. Komischerweise sprach Peter über dieses Ereignis nie. 2. Sein Sohn. Peter hatte einen dreijährigen Sohn, sein ein und alles, den er aus Mangel an Fantasie Peter Junior getauft hatte. Jede noch so uninteressante Begebenheit mit Peter Junior wurde seinen Mitmenschen mitgeteilt. Immer und immer wieder – das erste Wort (was, zu Peters Enttäuschung nicht „Markise“ war), der erste selbstständige Töpfenchenbesuch, die ersten Kriechversuche. Peter erzählte diese Geschichten dabei mit einem unglaublich übertriebenen Pathos, so als rede er über einen Gott oder Helden, der Übernatürliches geleistet hatte. Nichts gegen die Liebe von Eltern zu ihren Kindern, fand Rudolf, aber Peter hatte in dieser Beziehung einen an der Waffel. 3. Fußball. Peter erzählte so viel über Fußball, dass Rudolf gar nicht wusste, was er eigentlich erzählte. All die Statistiken, Tabellen, Ergebnisse, Trainer- und Spielerwechsel, die Peter so erläuterte, vermischten sich in seinem Kopf zu einem undurchsichtigen Informationsbrei. Rudolfs Hirn machte sich gar nicht erst die Mühe, das Ganze zu sortieren. Stattdessen packte es den Brei in eine Informations-Tupper-Dose, klebte das Label „Fußball“ drauf und schob sie in die hinterste Ablage. Dorthin, wo auch alte Steuererklärungen, Werbebotschaften und Kindheitstraumata lagen.

„Hier schau mal“, Peter kramte ein Bild hervor, das er offenbar aus irgendeinem Katalog gerissen hatte. Darauf war eine rotbeige gestreifte Markise zu erkennen.

Das Thema wäre damit gesetzt, dachte Rudolf, als er widerwillig seinen Blick auf das Bild senkte.

„Mmh“, tja, mehr hatte er einfach nicht dazu zu sagen. Um ehrlich zu sein, Rudolf hatte in den meisten beiläufigen Gesprächen nicht wirklich viel zu sagen. Unterhielt man sich mit ihm, sprach man meist mit sich selbst. Rudolf hatte höchstens ein „Ja“, „Hm“ oder, wenn er sich gesprächig fühlte, ein „Interessant“ beizutragen. Menschen, die sich selbst gerne reden hörten, hielten ihn daher fälschlicherweise für einen guten Zuhörer und quasselten noch mehr von sich selbst. So auch Peter.

„Das ist die MX 2351 Fedora Sonderedition, designed von Lolo Kace persönlich. Geil, was? Bau ich jetzt über meine Terrassen.“ Rudolf hatte keine Ahnung wer Lolo Kace war.

„Ah“, die tonlose Antwort. Blöderweise interpretierte Peter dieses „Ah“ als Interesse. Seine Augen brannten plötzlich vor Freude, entflammt von dem Hoffnungsfunken ein längeres Gespräch über seine neuen Markisen zu führen. Was er nicht wusste, war, dass dieses „Ah“ einen Abschottungsmechanismus in Rudolfs Kopf auslöste. Es war ein Code-Wort an sein Unterbewusstsein. Rudolfs Geist zog sich jetzt in eine Art inneren Hochsicherheitstrakt zurück. Ein Tonband startete, das in Gesprächspausen besagte Laute wie „Ja“, „Ah“ oder „Hm“ abspielte und so das Gerede mit dem Gegenüber am Laufen hielt. Rudolf hatte keine Kontrolle darüber. Ob er wollte oder nicht, seine Gedanken marschierten einfach davon. Es geschah in jeder aufgezwungenen und unbedeutenden Unterhaltung, die die Zehn-Sekunden-Marke überschritt. Zum Glück reichten den meisten Gesprächspartnern die einsilbigen Antworten. Niemand ahnte, was in Rudolfs Kopf wirklich vorging. Peter auch nicht. Und während sein Fachsimpeln über Markisen so weiterging, widmete sich der echte Rudolf, zurückgezogen in seinem Kopf, seiner großen Leidenschaft. Etwas, das ihm mehr bedeutete als alles andere – sei es Geld, Liebe oder Karriere: Und zwar Rohre.

In seiner kleinen imaginären Werkstatt, verborgen in einem abgeschotteten Teil seines Bewusstseins, konstruierte er filigranste Leitungssysteme, die jeden Tiefbauingenieur zur Aufgabe seines Jobs gezwungen hätten. Artistisch und voller Grazie setzte er Rohre, Flansche und Ventile zusammen, ließ mal Wasser, mal Abwasser, mal Gas hindurchströmen. Die Suche nach dem perfekten Fluss war sein Antrieb. Mit jeder Zelle seines Körpers spürte er dann die Vibrationen der Leitungen, verinnerlichte den Strom der Flüssigkeiten. Er redete sprichwörtlich mit den Rohren. Es war eine einzigartige Gabe, seine magische Kraft. Und diese Gabe hatte er nicht nur in seinem Kopf. Rudolf war auch in der Realität ein Gott der Rohrtechnik.

„Die sind aus imprägnierter Seide aus China. Das Beste vom Besten. Sieht nicht nur gut aus, hält auch jedem Wetter stand. Wahnsinn, oder?“

„Ja“, Rudolf untersuchte derweil die Konstruktion, an der er gerade arbeitete, und beschloss eine weitere Windung einzufügen. Zwei gebogene 40er Edelstahlrohre mit einer 45° Neigung sollten reichen, die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen. Sein Ziel war ein autarker Rohrkreislauf, der ohne Pumpen, aber mit einer feinen Balance aus Druck und Unterdruck, von alleine das Wasser im Inneren kontinuierlich fließen lässt. Ein Perpetuum Rohr-Mobile sozusagen.

„Mann, die haben mich ein Vermögen gekostet. Das is’es aber wert. Die Nachbarn werden umfallen vor Neid. Keiner von denen hat Kace-Markisen.“

„Oh“, es funktionierte, das Wasser floss jetzt schneller. Aber etwas fehlte noch.

„Hoffentlich kaufen sie die mir nicht nach.“

Plötzlich fiepte etwas und Rudolf wurde aus seinem inneren Exil schlagartig wieder in die Realität gerissen. Noch etwas benommen, griff er in seine rechte Hosentasche. Halleluja! Es war sein Diensttelefon, das da gerade klingelte. Hoffentlich etwas Dringendes, das mich aus dieser Hölle hier rausholt, betete er, während er auf das Display schaute. Peter lugte ebenfalls auf das Telefon.

„Dringendes Klempner-Business?“, fragte er ganz lapidar.

„Was hast du gesagt?“, Rudolf loderte plötzlich vor Zorn, so außer sich, dass er kämpfen musste, seine Emotionen zu verbergen. Dieser ignorante Markisen-Heini hatte tatsächlich das K-Wort gesagt. Rudolf verstand sich nicht, im Gegensatz zu seinen Kollegen, als Klempner. Dieses grobschlächtige Wort löste nur Wut in ihm aus. Er sah sich vielmehr als Artista, als eine Art Da Vinci der Rohrkunst. Seine schöpferische Kraft unendlich, sein Werkzeug die Rohrzange. Aus seiner Sicht hatten all diese tollpatschigen Amateure hier nie verstanden, dass die Arbeit mit Rohren Finesse und Hingabe erfordert. Seine Kollegen handwerkelten nur, er kreierte. Wie ein Gott erschuf er Welten aus Leitungen und transzendierte dabei zu einer höheren Stufe des Seins. Im Laufe der Zeit hatte Rudolf jedoch gelernt mit der Ignoranz der anderen umzugehen, akzeptierte seine Einzigartigkeit und entwickelte sogar so etwas wie Toleranz für die weniger Begabten. Heute kam es nur noch selten vor, dass ihn ein unbeholfener Kommentar wie ihn Peter gerade von sich gegeben hatte aus der Fassung brachte. Selbstbeherrschung, die er über viele Jahre hatte lernen müssen.

Rudolf überflog die Nachricht von Hainer, atmete erleichtert durch und verabschiedete sich von Peter: „Sorry, ich muss los. War gut mir dir zu reden, Peter.“

„Ja, auf jeden Fall“, freute sich Peter zutiefst, „Immer klasse mit dir zu quatschen Rudolf.“ Aber da war Rudolf schon aus der Tür.

***

Die Architekten zur Zeit der industriellen Revolution hatten die Kanalisation im ehemaligen Arbeiterviertel gleich in einem Abwasch mitdesigned, natürlich im Backstein-Look. „Der körperliche Abfall des Arbeiters muss der Klasse entsprechend entsorgt werden“, sinnierte der damalige Chefarchitekt des vorindustriellen Rottenbergs, Friederich von Hohenhadern-Klauenberg bei der Planungssitzung des Stadtrats im Jahr 1807, „Nichts sagt ‘Arbeiterkanaille‘ so sehr wie rote Backsteine!“ Die anwesenden Stadträte und der Chef der Kohlemine, allesamt niederer Stadtadel, nickten zustimmend. Die spitzbärtigen Herren wollten schließlich nicht zu viel für das „Gesindel vom Lande“ ausgeben, das gerade, in der Hoffnung auf eine gut bezahlte Arbeit in der Mine, scharenweise in die Stadt strömte. Außerdem sollte sich das Viertel von den prunkvollen, stuckbehangenen Stadthäusern im Zentrum, dort, wo der besagte Stadtadel lebte, unterscheiden. Auf Unterschiede wurde damals noch Wert gelegt.

Rudolf öffnete die alte, verschimmelte Holztür, die die neue, moderne Kanalisation mit der Alten im Arbeiterviertel verband. War er gerade noch an blankpolierten, an Hochleistungsrechnern entwickelten Edelstahl-Titanium-Leitungen vorbeigeschlendert, begrüßte ihn jetzt der Anblick von verrosteten, handgegossenen Stahlrohren. Ein säuerlicher, an verdorbene Milch erinnernder Geruch stieg ihm in die Nase und ein schmieriger Film von grünem Schleim hing an Wänden, Decken und Leitungen. In einer Ecke hockte eine dicke Ratte und chillte im Licht der Sonne, die durch ein kleines Loch in der Decke durchschien. Sie blickte kurz Richtung Rudolf, atmete tief durch und schloss die Augen wieder. Die Ratten in Rottenburg waren bekannt dafür sehr entspannt zu sein. Der viel geschätzte Zoologe Ernst Hadenbeck aus Berlin hatte vor einigen Jahren eine ausführliche Studie dazu vorgelegt, die weltweit in der Rattenforscher-Community für Furore gesorgt hatte. Die Ursache für die Ausgeglichenheit der örtlichen Rattenpopulation konnte aber auch er nicht herausfinden.

Rudolf ging vorsichtig den glitschigen Korridor entlang, seine Taschenlampe leuchtete ihm den Weg. Die Kanäle hier unten waren nie erneuert worden, die Verfallsspuren von fast zweihundert Jahren überall sichtbar. Das umliegende Erdreich hatte sich dieses Relikt von Kanalisation Stück für Stück zurückerobert. An vielen Stellen schienen Kanal und Natur förmlich zu verschmelzen. Die Backsteinwände waren inzwischen so bröckelig, dass der dahinterliegende Erdboden eindrang und riesige Haufen bildete. Nach Jahrzehnten des langsamen Bröselns und Ausbreitens, passten sich die Erdhaufen inzwischen fast natürlich der Umgebung an. In einem anderen Abschnitt, etwa auf der Hälfte von Rudolfs Weg, blockierte eine gigantische Baumwurzel, die durch die Kanalwand gestoßen war, seine Route. Der Größe der Wurzel nach zu urteilen, war der dazugehörige Baum verdammt alt. Die Wurzel musste doch schon früher jemandem aufgefallen sein? Es half nichts, Rudolf musste einen Umweg laufen.

Nach etwa zehn Minuten erreichte er sein Team. Hainer, Ulrike und Lehrling Thomas standen in einem hohen Gewölberaum, in dem vier kleinere Kanäle zusammenkamen und in einem großen Strom weiterflossen. Aus den Wänden lugten unzählige Rohre, die schon vor langer Zeit durchgerostet und abgebrochen waren.

„Dort drüben“, Ulrike zeigte auf eine kleine Nische etwa zehn Meter voraus, „Verstopfung in einer 60er. Blockiert den gesamten Abfluss aus dem Viertel. Das Ding klackert auch ganz komisch. Klingt wie‘n spanisches Kastagnetten-Konzert.“ Rudolf nickte, zog seinen schweren Werkzeuggürtel zurecht und schritt zur Tat.

In der kleinen Halbkammer bildeten viele kleinere Rohre ein regelrechtes Gewirr. Die Leitungen, wie Rudolf erkannte, stammten nicht aus der Zeit der industriellen Revolution, sondern aus den späten 60er Jahren, als ein Teil dieser Kanalisation erneuert worden war. In dieser Ära lebten noch viele Menschen hier und die Mine förderte noch fleißig schwarzes Gold. Die Rohre hatten deutliche Gebrauchs- und Altersspuren, schienen aber ansonsten in Takt zu sein. Das gesamte Abwasser des Viertels lief über dieses etwa 50 Jahre alte Wirrwarr, auf das Rudolf gerade blickte. Die Erneuerung des Rottenberger Wasserund Abwassersystems ein Jahr zuvor hatte das Gebiet um die alte Mine nicht miteingeschlossen, da man hier über kurz oder lang ohnehin alles plattmachen und einen großen Park anlegen wollte. Die paar Menschen, die hier noch lebten, sollten nach und nach umsiedeln. So zumindest der Wunsch der Stadtverwaltung.

„Wie sieht’s aus, Rudi?“, fragte Hainer, Rudolfs verlässliche rechte Hand seit vielen Jahren und der Einzige, der ihn „Rudi“ nennen durfte. Er war nicht der talentierteste Handwerker, Ulrike war ihm fachlich um Längen voraus und würde sicher irgendwann einmal Rudolfs Platz einnehmen. Hainer war jedoch die perfekte Nummer 2. Immer, wenn es darum ging Aufgaben zu verteilen und den Rest der Klempnermeute anzutreiben, war Hainer zur Stelle. Er redete dann, nein, schrie wie einer dieser alten Armeeoffiziere, der seine Truppe aus dem Schützengraben zum Angriff trieb. Ein loyaler Wadenbeißer, einer für die groben Sachen.

Rudolf atmete tief durch. Ein Signal, das Hainer sofort dazu veranlasste, seinen rechten Zeigefinger vor den Mund zu halten, um Thomas und Ulrike zu signalisieren die Klappe zu halten. Aber die beiden wussten, was jetzt kommen würde, sie waren nicht zum ersten Mal mit Rudolf unterwegs.

Ohne einen Mucks von sich zu geben, blickten jetzt alle auf Rudolf, wie drei Jäger auf ein schreckhaftes Reh, das bei dem kleinsten Geräusch droht, davon zu hüpfen. Die Luft im alten Kanal schien voller Spannung, voller Erwartung. Vor lauter Nervosität knetete Thomas seine Arbeitshandschuhe zu einer Wurst, Ulrike kaute auf ihren Fingernägeln und selbst Hainer, der das bevorstehende Schauspiel schon hunderte Male erlebt hatte, bekam immer noch eine Gänsehaut, sobald Rudolf zur Arbeit schritt.

Der Meister schloss seine Augen, atmete ein zweites Mal tief durch. Sein linker Arm, zuvor reglos herabhängend, streckte sich langsam nach vorn. Wie in Zeitlupe näherte er sich der klackernden Leitung. Die Hand öffnete sich zaghaft und die Berührung stand unmittelbar bevor. Den Beobachtern kam es so vor als verbiege sich die Zeit. Die letzten Millimeter, bevor Rudolfs zarte Finger auf die Leitung trafen, wurden für sie zu einem unendlichen Moment. Sie platzten jetzt fast vor Spannung. Dann der Kontakt, kaum wahrzunehmen. Federartig umschlossen die Finger die Leitung und der Raum begann zu verschwimmen. Jetzt bewegte sich auch Rudolfs rechter Arm und tat es dem Linken gleich. Nach einer weiteren Unendlichkeit umschlossen schließlich beide Hände das Rohr. Er verschmolz förmlich mit der Leitung, wurde Eins mit dem System – also, dem Leitungssystem. Eine perfekte Symbiose aus Mensch und Rohr entstand. Es schien als sei es das Natürlichste der Welt. Thomas kniff die Augen zusammen, konnte zwischen Leitungen und Rudolf nicht mehr unterscheiden und auch Ulrike und Hainer hatten Probleme alles auseinanderzuhalten.

Die nächste Phase begann. Rudolf hob den Kopf und atmete gleichmäßig, fast taktartig, in sich hinein. Die Augen immer noch geschlossen. Seine Hände bewegten sich jetzt wieder. Sie flossen wie Wasser über das alte Metall, wühlten und fühlten sich in die Leitung ein. Seine Finger und Handballen glitten über die Unebenheiten des Metalls, folgten den feinen Windungen und schwebten sprichwörtlich über Muffen, Nieten und Scharniere. Rudolf arbeitete sich so am Rohr entlang, bis sein Atem auf einmal schneller wurde. Zunächst kaum wahrnehmbar, dann stetig intensiver werdend, bis er schlagartig stoppte. Rudolfs Hände verharrten an einer Stelle, kurz vor einem alten, verrosteten Ventil und der Abzweigung zu einer weiteren Leitung. Die Raumzeit kehrte auf einmal zurück und holte alle schlagartig wieder in die Wirklichkeit. Rudolf öffnete seine Augen, löste seine Hände von der Leitung und drehte sich zu seinen Kollegen um.

„Ulrike!“, Rudolfs Stimme war ruhig, aber eine seltsame Entschlossenheit schimmerte in ihr, „Das Wasser aus 41c muss umgeleitet werden. Es gibt eine Verbindung zur Leitung 37c, die in den gleichen Kanal fließt. Du weißt, was zu tun ist.“ Er deutete, ohne hinzusehen, auf ein Rohr in der linken Ecke, das offenbar 37c war. Ulrike nickte nur und hastete sofort los. Keiner der drei fragte Rudolf nach dem, was sich gerade abgespielt hatte. Niemand fragte je danach. Die Hirne der Beobachter waren nach jedem dieser Spektakel nur auf eines eingestellt: Gottes Wort Folge zu leisten. Und Rudolf war Gott.

„Thomas!“, Thomas stand schlagartig stramm. “Schließe das Ventil zu 60a.“ Obwohl Thomas nicht wusste, welches Ventil Rudolf genau meinte, stolperte er los. Als noch relativ frischer Lehrling bei den Rottenberger Wasser- und Abwasserbetrieben war er nie zuvor hier in der alten Kanalisation gewesen, kannte den antiken Rohrplan nicht und hatte ohnehin noch nicht viel Ahnung von dem ganzen Klempner-Zeug. Er fragte aber nicht nach, er gehorchte einfach.

„Und ich?“, fragte Hainer erwartungsvoll. Rudolf seufzte, blickte besorgt über seine Schulter auf die betroffene Leitung 41c und sagte mit einer Stimme voll tiefster Traurigkeit: “Hol‘ die Flex.“

Nach etwa 15 Minuten lag Leitung 41c, mit einem Metallschneider gewalttätig ihrem natürlichen Lebensraum entrissen, vor den Füßen von Rudolf und seinem Team. Eine amputierte alte Darmwindung eines bald komplett vom Rest der Stadt amputierten Leitungssystems. Die letzten Reste von stinkendem Abwasser flossen in kleinen Rinnsalen aus den Öffnungen an beiden Enden auf den schmierigen Backsteinboden. Rudolf griff in eine Seitentasche seines Werkzeuggürtels und kramte eine kleine Zange heraus, die ihrer Form nach zu urteilen eher aus dem Repertoire eines Chirurgen als eines Klempners zu stammen schien. Sanft hob er das abgetrennte Rohr an und schob das „Instrument“ hinein. Nach ein paar Sekunden zog er die Zange wieder heraus. Was zum…?

„Meine Fresse, wie zur Hölle kommt der da rein?“, fragte Hainer mehr zu sich selbst als zu den anderen.

„Das ist ja widerlich“, ekelte sich Ulrike. Thomas sagte gar nichts, rannte stattdessen in die Ecke zu 37c und kotzte sein Frühstück aus.

Rudolf betrachtete den abgetrennten Finger im Licht seiner Taschenlampe genauer. Ihm war sofort klar, wie es zur Verstopfung gekommen war. All der Schnodder, der sich über Jahre in der Leitung abgelagert hatte, hatte das Rohr nach und nach von innen verengt, so dass nur noch ein kleines Loch zum Abfließen übrigblieb. Der Finger, ein sehr dicker noch dazu, wirkte wie ein Korken, der den Fluss dann endgültig gestoppt hatte. Das erklärte aber nicht das merkwürdige Klackern.

„Hast du was zum Einpacken?“, fragte er Hainer.

„Was? Du willst das Ding mitnehmen?“

„Irgendwem muss er ja gehören. Außerdem brauche ich eine freie Hand.“ Hainer überlegte kurz, griff in die Brusttasche seines Overalls und holte eine schmutzige, kleine Schraubentüte hervor. Die vier Schrauben darin kippte er zurück in die Brusttasche und hielt die offene Tüte in Richtung Rudolf. Der ließ den abgetrennten Finger hineinplumpsen.

„Halt! Warte noch. Da fehlt noch etwas.“, stoppte Rudolf seine Nummer 2. Hainer wollte die Tüte gerade wieder verschließen.

„Sind da noch mehr Finger drin? Oder vielleicht die ganze Hand?“ Rudolf schüttelte den Kopf.

„Sieh dir das Ding mal genauer an“, sagte er zu Hainer.

„Ah, verstehe.“ Jetzt sah auch er den dünnen, bleichen Streifen, der sich um den Finger zog.

Kaum hatte er begriffen, zog Rudolf auch schon den passenden Ring aus dem Rohr und hielt ihn ins Licht. Thomas kotzte gleich nochmal. Nicht, weil der Ring so eklig war, es schien einfach gerade der Gesamtsituation angemessen.

Es war ein billiger Metallring, in den die Buchstaben L.S.D. eingraviert waren.

„Hm? Hier haben wir die Ursache für das Gerassel“, stellte Rudolf trocken fest.

„Und was machen wir jetzt damit? Wo willst du den hinbringen?“, wollte Ulrike wissen, die sich inzwischen dem kotzenden Thomas widmete und ihm seine langen Haare aus dem Gesicht hielt. Rudolf und Hainer sahen sich fragend an und zuckten schließlich nur mit den Schultern.

Plötzlich ertönte wieder das bekannte Fiepen von Rudolfs Mobiltelefon. Es war Marie.

„Ja?“

„Hallo Rud…ähm…Herr Schlegel. Ich hoffe ich störe Sie gerade nicht, aber ich habe ein dringendes Anliegen. Wenn Sie es einrichten könnten, kommen Sie doch bitte so schnell wie möglich in mein Büro.“ Ihre förmliche Sprache deutete darauf hin, dass es sich um etwas „Offizielles“ handeln musste. Für das „Inoffizielle“ war es ohnehin etwas früh.

„Frau Kraft. Ich…ich…versuche es einzurichten.“ Ich versuche es einzurichten? Rudolf wunderte sich über seine eigenen Worte, „Geben sie mir eine halbe Stunde.“

„Sehr gut, dann bis gleich. Und bitte beeilen Sie sich. Es ist wirklich dringend“, damit legte sie auf.

„Was gibt’s? Hat jemand noch einen Finger gefunden?“, schmunzelte Hainer, der sich offenbar schon wieder gut amüsieren konnte.

„Nein. Ich muss weg. Scheint wichtig zu sein.“

„Was ist jetzt hiermit?“, Hainer wedelte mit dem Fingerbeutel vor Rudolfs Nase, „Als Teamleiter musst du die Verantwortung tragen. Und verlorengegangene Finger.“ Der alte Sack grinste jetzt wie ein schelmisches Kind.

„Okay, okay. Gib‘ her!“, ohne groß zu überlegen, schnappte sich Rudolf die Tüte und stopfte sie in eine leere Tasche seines Werkzeuggürtels. Um den Finger würde er sich später kümmern müssen.

***

Das Rottenberger Rathaus lag am großen Marktplatz der Stadt, also dort, wo alle Städte im Mittelalter ihre Rathäuser bauten. Im Falle Rottenbergs war es aber, wie immer, etwas anders. Es war nicht die zentrale Lage oder die Nähe zu Handel und Leuten, die die Stadtväter dazu bewogen hatte ausgerechnet hier ein Rathaus zu errichten. Als die Pest im 13. Jahrhundert Ruobastat – so hieß Rottenberg damals noch - erreichte, suchte die Stadt verzweifelt eine Lösung für die ganzen Toten. Da jeder Bewohner seine verendeten Verwandten ohnehin auf den Marktplatz warf, beschloss Georg-Wilhelm von Hohenhadern, Patriarch, Bürgermeister und Gebieter der Stadt, dort eine Leichenhalle zu errichten. Die Menschen hätten die Toten natürlich auch außerhalb der Stadt verbrennen können, aber die Ruobastater Bürger pflegten eine mittlerweile jahrhundertelange Tradition durch ihre Taten ein Statement zu setzen. In diesem Fall protestierten sie gegen einen Gemüsehändler namens Johannes Kotzemuth, der seine Waren auf dem Wochenmarkt anbot und den sie alle für den Ausbruch der Pest verantwortlich machten. „Seine Rüben stinken wie der Tod persönlich“, hieß es unter den Leuten. Sie glaubten tatsächlich, dass die Seuche durch vom Teufel verfluchte Rüben über sie kam. Diese Theorie hatte sogar eine gewisse Logik, da zu jener Zeit das Ruobastater Rübensüppchen mit Abstand das beliebteste Gericht der Stadt war. Es wurde, wie beispielsweise die Bratwurst heutzutage, zu jeder Gelegenheit gegessen, sei es zu Weihnachten, zu Geburtstagen oder Hinrichtungen. Die Rübe war der Schlüssel zum Wohlbefinden der Stadt. Es existierten sogar Pläne des mit Ruobastat im Zwist stehenden Grafen Adelberth von Klauenberg, die ganze Stadt mit Hilfe des Rübensüppchens zu vergiften. Ein Plan, den er glücklicherweise nie in die Tat umsetzte.

Die Leichenhalle auf dem Marktplatz löste das Totenproblem nur bedingt. Zwar waren die pestbeuligen, leblosen Körper jetzt nicht mehr zu sehen, aber ihr Geruch war immer noch allgegenwärtig. Zum Glück begannen die Schwefelquellen des stadtnahen vulkanischen Bergs just zu dieser Zeit, nach jahrhundertelanger Pause, wieder zu sprudeln und überzogen die Stadt plötzlich mit dem schwefeltypischen Geruch von faulen Eiern. Pragmatisch wie die Bürger waren, schmissen sie jetzt die Toten an den Fuß des Berges. Die Gerüche passten einfach zueinander. Der Gestank war so intensiv, dass Reisende, die durch Ruobastat kamen, später im ganzen Heiligen Römischen Reich fasziniert die Geschichte von dem mystischen Ort in der Eifel mit dem „Berg, an dem die Toten verrotten“ erzählten. Im Laufe der Zeit entwickelte sich so aus Ruobastat (althochdeutsch für „Rübenstadt“) der Name Rottenberg.

Georg-Wilhelm hatte indes genug von der Stadt, wollte auf seine alten Tage nicht noch jeden Morgen mit Fäulnis in der Nase aufwachen. Er beschloss in ein Landhaus nahe Florenz zu ziehen, das ihm ein entfernter Vetter ohne Nachfahren vermacht hatte. Für einen zum damaligen Zeitpunkt horrenden Betrag von 10.000 Gulden ernannte er den wohlhabenden Bankier Bertram Baer zum Bürgermeister und verabschiedete sich gen Süden. Bertram Baer bezahlte daraufhin noch einmal eine große Summe Gulden an den zuständigen Landesfürsten, um sich künftig Bertram von Baer nennen zu können und machte sich schließlich an die Arbeit. Eigentlich wollte er ein nagelneues Rathaus für sich bauen lassen, aber die hohen Zahlungen an den Adel hatten ein großes Loch in seinem Portemonnaie hinterlassen und da Tote keine Steuern zahlen, war die Stadtkasse auch leer. Notgedrungen funktionierte er also die leerstehende Leichenhalle am Markplatz zum Rathaus um, ließ Wände einziehen und kleine Beamtenkammern einrichten.

Die Grundstruktur und Aufteilung des Rathauses sind bis heute gleichgeblieben und noch immer kann man die groben Feldsteine des alten Leichenhauses im Fuß des Gebäudes mit bloßen Augen erkennen.

Kurz nach 11 Uhr traf Rudolf schließlich im Rathaus ein. Agnes Schnöderling, Maries Sekretärin, tippte gerade angestrengt auf ihre Tastatur ein, als er das Vorzimmer betrat.

„Hallo Agnes“, sie blickte auf und lächelte, als sie erkannte, wer vor ihr stand.