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Der Saarkönig ist den Saarländern als König der Saarberge, der Schaumberg, bekannt. In seinem Schatten und Umkreis kommt die Kriminalhandlung durch eindrucksvolle Beschreibung der Örtlichkeiten und zum Teil mit Hinweis auf vergangene Zeiten voll zur Geltung. Als Teil seiner Biographie verknüpft Artur Namenlos das dörfliche Miteinander mit der Welt im "Reich", wie der Saarländer sagt. Aus eigenem Erleben trägt er zur Lösung dieses spannenden, jedoch blutarmen Krimis bei.
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Seitenzahl: 146
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Vorwort
Kapitel
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Ich bin kein Kind von Traurigkeit, stamme ich doch aus einem karnevalistisch geprägten Land, wo nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird, wo selbst Schimpfwörter manchmal als Lob angenommen werden.
Das Saar-Nahe-Bergland mit seiner sanften Hügellandschaft, südlich vom Hunsrück mit bis zu 900 m hohen Bergen gelegen, wird geprägt in meiner näheren Heimat, dem St.Wendeler Land, weithin sichtbar und in seiner Form einzigartig vom Schaumberg, dem König der Saarberge mit einem ca. 36 m hohem Turm, 568 m in den Himmel ragend.
Dieses Wahrzeichen ist im ganzen Saarland bekannt und war in meiner Jugend im Karlsbergstern ein großer Werbeträger der größten Brauerei des Saarlandes gewesen. Dieser Stern war von Beginn an prägend für meine Kindheit und Jugend. Als Kind habe ich allerdings den Rundblick über das Land vom Weinhausköpfchen aus genossen, denn dort konnte ich alle relevanten Ortschaften und Gegebenheiten erfassen und wenn Fremde Auskunft erhofften, welche Häuser zu welchem Ort und welche Namen die Erhöhungen und Berge haben, konnte ich es von da oben am besten erklären. In sol-chen dörflichen Regionen kennt Jeder Jeden und es war schon ein besonderes Ereignis in unserem Wirtshaus, wenn sich Fremde einfanden. Es gibt natürlich in Deutschland viele Gegenden, die diesen Mittelgebirgscharakter mit Wiesen und Feldern, mit Laub- und Nadelwäldern sowie kleineren und größeren Bachläufen vorweisen können und schön anzuschauen sind. Für Wanderer, Reiter oder früher auch für marschierende Soldaten aus der nahen Kreisstadt St.Wendel war es immer eine große Herausforderung, vom Tal her die teils steilen oder sich lang hinziehenden Höhen durch dunkle Waldpassagen zu erklimmen. Dass es sich hier um einen geschichtsträchtigen, für Kelten wie Römer aus Urzeiten begehrten Siedlungsplatz handelte, ist mir aus eigenem Erleben bekannt, konnte ich doch in ein Grab schauen, das einem wohlhabenden Krieger aus vergangenen keltischen Zeiten als letzte Ruhestätte diente. Bekannt ist auch, dass der Wareswald seinen Namen von Rixus Varus haben soll was in der jüngsten Zeit durch Ausgrabungen dort belegt ist und dass zumindest eine römische Siedlung oder ein Handelsplatz an der Straße von Metz nach Mainz vorhanden war.
Viele die in die Region kamen, hatten vielleicht die Hoffnung, den goldenen Streitwagen des Rixus Varus zu finden, mit dem er dem Teufel davonfahren wollte. Ebenfalls deutet der Name Weinhausköpfchen daraufhin, dass es zu jener Zeit hier an der Römer- oder Rennstraße (heute Rheinstraße) ein Weinhaus gab, wo die Römer sich erfrischen konnten. Wie bekannt ist, waren die Römer ohne den Wein keine richtigen Krieger und sollen pro Tag einen Liter des edlen Rebensaftes zu sich genommen haben. Der Wirt war der Meinung, dreiviertel Wein und ein Viertel Wasser gibt auch ein Maß und die Römer würden es nicht merken. Jedoch, wer seinen Wein kennt, der erkennt sofort die Fälschung. Weinfälschung wurde zu der Zeit mit dem Tode bestraft. Zusätzlich verdammte der Herrgott ihn, in mondhellen Nächten über das Weinhausköpfchen zu laufen und laut auszurufen: Dreiviertel Wein und ein Viertel Wasser gibt auch ein Maß. Böse Zungen behaupten, dass diese Vorgehensweise auch in der heutigen Zeit noch in manchen Ländern praktiziert wird. Im Grunde will ich in diesem Buch eine Werbung für meine engere Heimat betreiben. Für die folgenden Geschehnisse kann es aber zum besseren Verständnis beitragen. Marpingen ist zumindest seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts durch die Marienerscheinungen auch in den anderen Ländern dieser Republik und nicht zu Letzt in ganz Europa und dem Rest der Welt bekannt geworden. Die älteste Marienverehrungsstätte befindet sich in unmittelbarer Nähe der Kirche: der Marienbrunnen. Weitaus bekannter ist allerdings die "Härtelwaldkapelle". Hier soll bereits am 3. Juli 1876 die Muttergottes drei Mädchen mehrfach erschienen und Heilungen von Kranken nach Berührung der Marienstatue geschehen sein. Noch heute pilgern wie damals jährlich viele Gläubige in den "Härtelwald", um zu beten und um die Muttergottes zu verehren.
Nach der neuerlichen Erscheinung der Muttergottes im Jahr 1999 wurde der Ort von vierzigtausend Pilgern überflutet. Allerdings, so erzählte mir meine Mutter, kauften die Pilger, die in die Kapelle auf der Rheinstraße zum Beten kamen, noch nicht einmal eine Cola. „Die han alles mitgebrong“. Inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt und wer sich das Wasser von der Quelle der Marienerscheinung im Härtelwald mit-nehmen möchte, in der Hoffnung, dass es gegen das eigene Zipperlein hilft, kann das ohne anzustehen erledigen.
In herrlicher Lage findet man ebenfalls auf der Rheinstraße die "Johannes Kapelle" ("Stroßer"-Kapelle). Übrigens hat man von dort eine tolle Aussicht über das St. Wendeler und Marpinger Land. Spuren aus altrömischer und keltischer Zeit sind in Marpingen eigentlich überall im Außenbereich anzutreffen. So findet man beispielsweise auf den Höhenzügen rund um Marpingen vielerorts Hügelgräber vornehmer Kelten und Römer. Der in den 70er Jahren ausgebaute Segelflugplatz auf „der Sang“ in Marpingen, am Fuße des Schaumberges, hat dazu beigetragen, dass Marpingen vor allem bei den Segelfliegern bekannt wurde. Mein Bruder gehörte zu den begeisterten Segelfliegern und ich kann mich an die Deutschen Segelflugmeisterschaften erinnern, an die vielen Teilnehmer, wie sie über die Höhen des Schaumberges zur Landung ansetzten, ähnlich einem Schwarm Möwen an der Nordseeküste. Es ist zu verstehen, dass man sehr gerne in die Heimat fährt, um festzustellen, dass sich außer ein paar Neubauten, ein paar Zugezogenen und ein paar fehlenden Bäumen durch Sturm und Wind, nicht viel verändert hat. Die Kapelle steht noch an ihrem Platz, neben der Wirtschaft. Am Sonntag ist die männliche Bevölkerung gespalten in die „Wirtschaftsgänger“ und die „Kirchgänger“, nach der Messe stehen oder sitzen sie dann gemeinsam im Gasthaus „Zum Krug im grünen Kranze“, um wie immer bei solchen Diskussionen die Geschehnisse der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von allen Seiten mit den gegensätzlichen Meinungen lautstark zu vertreten. Wenn ich dann Fragen zu diesem oder jenem Thema aus der Vergangenheit habe, finden sich immer Wissende, die über die Jahre hinweg die Vorgänge für solche Fälle im Gehirn gespeichert haben. Ist es in diesem Stimmengewirr auf einmal ruhig, als wenn die Welt den Atem anhält, ist ganz bestimmt ein Gast angekommen, den niemand kennt und der erst einmal mit den wichtigsten Sinnen, Augen und Ohren, überprüft wird. Ist keine Gefahr zu erwarten, fängt der Palaver von vorne an und der Ankömmling wird von dem Stimmengewirr überrollt.
In einer überwiegend katholischen Gegend bestimmen die Höhe-punkte im liturgischen Ablauf, sprich die hohen Feiertage, auch heute noch das Geschehen. Will man Verwandte und Bekannte treffen, so sind Ostern, Pfingsten Weihnachten, die Kirmes oder Geburtstage mit einer Null am Ende der Jahreszahl die bevorzugten Reisetage.
Es ist diesmal das verlängerte Wochenende über den ersten Mai, als wir wieder zu zweit, wie in den letzten Jahren überraschend für die Mutter, die Wirtschaft betreten. Alles ist an seinem Platz, der Tisch vor dem Nebenzimmer ist seit Jahren die Domäne der Chefin, hier liegen die neuesten Nachrichten oder verschiedene Illustrierte und Zeitungen in regelmäßiger Unregelmäßigkeit.
Hier setzen sich nur die Verwandtschaft oder Gäste hin, die andere Anliegen als Durst haben. Nach über fünfzig Jahren kann man die Sorgenfalten im inzwischen gealterten Gesicht sehen, aber auch immer noch die Neugier aus ihren Fragen heraus hören, die in die Zukunft gewandt sind. Das Nachtquartier für uns ist in den letzten Jahren bei meinem zweiten Bruder im Ortsteil Berschweiler im Tal, ca. 5 Kilometer entfernt. Die ersten Stunden gehören den Berichten aus den vergangenen Wochen und Monaten, wer diese, unsere schöne Erde, verlassen hat, so nach dem Motto“: Du kennscht doch dem Hannsnickels sei Bub?!“ Ich kenne jedoch sehr viele gar nicht mehr und die Beschreibung der ganzen Person oder Familie bringt meine Erinnerung nicht zurück. Da auch Berschweiler schön im Tal des Alsbach gelegen ist, kann man die am Ende steil ansteigenden Wege zu ausgedehnten Spaziergängen nutzen. Es ist eine abwechslungsreiche Landschaft, in der jede Minute alle Sinne berührt werden. Ob die Vögel ihr Konzert anstimmen, die Greifvögel die Thermik für Ihre Nahrungssuche nutzen, die Hasen und Rehe die saftigen Bergwiesen zum Äsen erwählt haben, hier fühlt man sich zu Hause. Bevor es dann in die Kreisstadt geht, wird die Oma noch nach Bedürfnissen befragt., Dann folgt zumindest einmal ein Stadtbummel und wieder mal erzähle ich den Mitreisenden, wo meine Lehrfirma war, wo unsere Filialen waren und wie die moderne Zeit wie überall die funktionierende Innenstadt kaputt macht. Ein Geschäft nach dem anderen wird geschlossen und das Leben in der Stadt reduziert sich auf die Suchenden oder die großen Veranstaltungen, die der rührige Bürgermeister installiert hat.
An diesem ersten Sonntag im Mai, schreiten wir zur Tat. Nach vielen Anläufen lenken wir unsere Schritte über den "Homerich" talwärts Richtung Marpingen. Nein, wir wollen nicht zu Fuß nach Berschweiler, wir wollen wie in meiner Kinderzeit, die Umgebung des Steinbruches erkunden, wo einst mein Vater und viele andere aus dem Dorf als Steinabrichter aus dem blauen Basalt die Pflastersteine für Straßen, Plätze und Hofeinfahrten in mühevoller, sitzender Haltung, stundenlang in kühler, ungesunder Umgebung fertigten. Kindlicher Neugier und Nachahmung ist es zu verdanken, dass ich bei dem Versuch, wie die Großen den Berg zu sprengen, fast mein Leben verlor, als die Wurzel, an der ich mich in 15 m Höhe festhielt, sich als morsch erwies und ich kopfüber in die Tiefe stürzte.
Nun, wie gesagt, ist an diesem Sonntag das Ziel, der große Steinbruch, der damals zu den Bettinger Hartsteinwerken gehörte und zu dem man entweder über den „Homerich“ oder rechts vorbei über den „Landgraben“ gelangen konnte. Da ein obligatorischer Besuch bei meiner Schwester uns den zuerst erwähnten Weg einschlagen ließ, gingen wir bis zum Pulverhäuschen auf dem geteerten Weg und bogen dann scharf rechts ab um auf dem von Traktoren ausgefahrenen Weg zur alten, verfallenen Schmiede zu gelangen. Dort befanden sich damals auch die Waage für die großen Berliet- und MAN-LKW, mit der die hergestellten Steine gewichtsmäßig erfasst wurden. Beim Blick durch das glaslose Fenster sehe ich vor meinem geistigen Auge, die Esse, den großen Amboß und den muskulösen Schmied bei der Arbeit. Weiter geht heute der ausgefahrene Weg geradeaus bis zum Landgraben, wo man dann links nach Mar-pingen und rechts wieder auf die Rheinstraße gehen kann. „Guck mal!“, sage ich zu meiner Frau: „Guck mal, da steht ja mein Traumwagen. Sogar in meiner Lieblingsfarbe, nachtblau! Sogar das Kennzeichen könnte zu mir passen: Meisberger Deutschland – Weinhaus Köpfchen! 442 Meter könnte man aus "MD-WK 442" herauslesen.“ Allerdings war mir, als hätte ich den Wagen erst vor kurzem auf der Autobahn gesehen. Ja, als ich gerade zur Schule ging, gab es auf der Rheinstraße meines Wissens nur zwei Autos, ein für damalige Zeit schon sehr bekannter VW Käfer und besonders in Frankreich berühmt, ein 4 CV Renault, ein Cremeschnittchen.
Der Gessner Fritz fuhr im VW Käfer und wenn ich mich richtig erinnere, hatte der der Engelbert, den Renault. Bei mir hatte irgendwie der Rallye Monte Carlo Sieger bleibende Eindrücke hinter- lassen und so habe ich bis heute fast alle Renault Automobile der Nachkriegszeit zumindest gefahren. Ob R4 bis R 19 und zuletzt Renault Laguna. Dann fuhr ich als Dienstwagen jahrelang VW. Vor einiger Zeit fiel mir dann das neueste Modell, das Renault Laguna Coupe´ ins Auge und spontan sagte ich zu Gisela, meiner seit über 40 Jahren Angetrauten, wenn ich mir noch ein Auto zulege, dann dieses. „Du spinnst ja“, war ihre Antwort. „Wie willst Du denn da reinkommen mit deinen alten, kaputten Knochen?“ Und nun stand dieses Traumauto an diesem Sonntag im Mai hier ge-parkt zwischen den wildwachsenden Birken, Himbeer- und Brombeersträuchern, so als wollte er sagen: „Komm steig ein, wir machen eine Spritztour“. Obwohl es die Tage vorher geregnet und auch geschneit hatte, sah das Auto sehr sauber aus. Das konnte eigentlich nur bedeuten, dass es vom geteerten Weg dort oben bei den neuen Häusern hierher gefahren wurde. Aber wo waren die oder der Insasse? Mein geschultes Auge hatte natürlich sofort erkannt, dass die Fahrertür nur angelehnt war. Da wir allerdings schon eine Weile hier bei der Schmiede und am Auto waren, konnte zumindest ein menschliches Bedürfnis für die Abwesenheit des Besitzers nicht verantwortlich sein. „Das ist aber leichtsinnig, das Auto hier offen abzustellen“. Vor allen Dingen wenn man noch möglicherweise im Aktenkoffer wichtige Papiere hat. „Wir gehen noch mal da rechts in den kleinen Talkessel, dort zwischen den Eiben hindurch. Kannst Du dich erinnern? Dorthin waren wir mit den Kindern vor Jahren hingegangen und es sprang ein munteres Rehlein hervor.“ Jetzt, wo sich die Arbeiten im Steinbruch ca. 500 Meter nach Nordwesten verlagert haben und auch die Gebäude und Buden nicht mehr benutzt wurden, breitete sich die Natur immer weiter aus und die Tiere des Waldes und der Wiesen hatten hier sehr gute Versteckmöglichkeiten, da Spaziergänger häufig gar nicht abseits der heute sauber geteerten Wege gehen durften. Beim Weggehen warf ich noch einmal einen Blick auf das KFZ Zeichen und ich war auf einmal ziemlich sicher, den Wagen im Raum Kassel auf der Fahrt ins Heimatland von Jessen an der Schwarzen Elster über Mansfeld im Südharz auf der Autobahn gesehen zu haben. „Mensch Gisela, der hat uns doch kurz hinter Kassel überholt." Da ich seit Jahrzehnten in Schleswig-Holstein wohne, führte unser Weg meistens an Köln vorbei, durch die Eifel über Bitburg nach Marpingen. Wenn wir viel Zeit hatten, auch mal an der Nahe entlang. In den ersten Jahren war unser Weg meistens über Frankfurt, Kaiserslautern.
Doch nach dem die Familie größer geworden und das Auto ein normaler Diesel, waren die Kasseler Berge und andere natürliche Hindernisse der Grund, hinter Hamburg rechts abzubiegen und die flache norddeutsche Tiefebene zu nutzen. Doch diesmal führte uns der Weg über Meisberg im Südharz und Quedlinburg auf der Suche nach den Wegen, die nach meiner Meinung unsere Vorväter ins Saarland geführt haben, in die Heimat. Insgeheim hoffte ich schon mit Kaiser Karl dem Großen verwandt zu sein, als ich feststellen musste, dass die Meisberger wahrscheinlich gar nicht aus dem Saarland stammen. Aus der Schulzeit wusste ich, dass Teile des Kreises St.Wendel, der Kreis Homburg und die Pfalz zeitweise zu Sachsen-Coburg gehörten, der Karlsberg Stern hatte zu dieser Zeit als Zusatz “Bayerische Bierbrauerei“. Auch ist mein Bruder heute noch ein großer Fan von Bayern München. Bei meiner Recherche im Internet fand ich dann in der Nähe von Magdeburg eine „Meisberger Straße“ und da mir ein berühmter Vorfahre bis jetzt nicht untergekommen war, konnte es nur ein Bezug zu einem Ort sein. Und siehe da es gibt diesen Ort in Sachsen-Anhalt mit Namen Meisberg. Ich sah mich schon auf der Rathaustreppe stehen und in Kennedy Manier ausrufen „Ich bin ein Meisberger!“.
Nun, von Meisberg aus war der weitere Weg vorgezeichnet, über Kassel, Frankfurt, Kaiserslautern. Was wollte er hier. Vielleicht war es ja ein Bekannter der Apothekerin, die schräg gegenüber von meiner Schwester in der im französischen Landhausstil errichteten Villa wohnt. Sie war während der Woche in Sachsen-Anhalt in ihrer Apotheke. Meine Schwester führt während dieser Zeit die Hunde aus und meine Schwägerin fungiert als Raumpflegerin. Wir haben sie kurz beim sechzigsten Geburtstag von Steffi gesehen. Allerdings, warum sollte er die paar Meter mit dem Auto fahren. „Mach Dir nicht so viele Gedanken. Das geht uns ja nichts an!“ Hätte ich mir auch denken können, dass für meine Frau damit die Geschichte beendet war. Schließlich glaubt man sich nach vierzig Jahren zu kennen. Nachdem wir den schmalen Zugang zu dem kleinen Talkessel passiert hatten, tat sich die Natur vor uns in ihrer ganzen Majestät auf. Die Anhöhe in der Mitte des kleinen Paradieses war erst nach einigen Metern zu erkennen. Das Buschwerk schickte sich an, seine Blätter anzulegen, die Frühlingsblumen gaben schon die ersten Farbtupfer, dazwischen das dunklere Grün einiger Fichten und Kiefern. Und selbst das Gras schickte sich an, das Grün saftig aussehen zu lassen. Wie vor Jahren springt ein Reh auf und davon. Um evtl. noch weitere Tiere zusehen, war das Bemühen, leise weiter zugehen, ein Rascheln, Bewegung im Buschwerk, doch kein Rehbock der weg springt. Wahrscheinlich ein Fuchs oder ein größerer Vogel. „Lass uns noch außen vorbei gehen. Dann gehen wir de Landgrave hoch und zu Oma Kaffee trinken.“ „Schau mal da vorne, die vielen Maiglöckchen. So viele auf einem Fleck!“ Da meine Frau kurzsichtig ist, konnte sie diesen großen, weißen Fleck nicht besser erklären. Ich sehe jedoch sofort, dass dieses blütenweiße Gebilde keine Blumen, sondern ein Hemd um ei-nen kräftigen Oberkörper eines Mannes im mittleren Alter ist. Der einzige Fehler ist dieser dunkelrote Fleck auf der linken Brustseite. Das bleiche Gesicht meiner Frau zeigt mir, dass auch für sie die Maiglöckchen nicht mehr existieren.
Ein großer Held war ich nie und so fehlt mir auch der Mumm, zu prüfen, ob der Mann noch lebt, der Puls noch zu fühlen ist. Dem Augenschein nach ist hier nichts mehr zu machen. Normalerweise funktioniert mein Mobiltelefon auf der Rheinstraße nicht sehr gut. Gott sei Dank können wir hier aus dem Steinbruch die Polizei informieren. Wir beschließen, vorne am Wagen zu warten. Die erste Überraschung, der Wagen ist weg. Wir haben allerdings keinen Motor oder ein anderes Geräusch gehört, nur die tief fliegende Hercules der US Air Force hat eine ganze Zeit die Gegend mit Lärm erfüllt. Nun wie dem auch sei, wir müssen auf die Polizei warten. Fünfzehn Minuten später ist die Ortspolizei da. Nach Beantwortung einiger Fragen teilt uns der Beamte mit, dass in einer halben Stunde die Kriminalpolizei aus Saarbrücken da sein wird und