In der Hitze der Nacht - Ruth Gogoll - E-Book

In der Hitze der Nacht E-Book

Ruth Gogoll

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Beschreibung

Ein heißes Abenteuer im Rhein in einer schwülen Sommernacht ... mehr sollte es gar nicht sein. Doch als Tina eine Anwältin braucht, fällt ihr niemand außer Mar ein. Dabei kommen unerwartet auch noch andere Gefühle ins Spiel als nur die für die Suche nach den richtigen Paragraphen. Tina will davon jedoch nichts wissen, denn noch immer steht "Es war nur Sex, keine Liebe" wie eine Wand zwischen ihnen. Können sie diese Mauer irgendwann niederreißen?

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Ruth Gogoll

IN DER HITZE DER NACHT

Roman

Originalausgabe: © 2011 ePUB-Edition: © 2013édition el!es

www.elles.de [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN 978-3-95609-003-5

Coverillustration:

1

In der Hitze dieser Nacht hätte alles geschehen können.

Es war schwül, und der lang angekündigte Regen, der hätte Abkühlung bringen sollen, ließ auf sich warten.

Tina lag in ihrem Bett und starrte zum Fenster hinaus. Sie stöhnte gequält. Das Laken – sie konnte es noch so oft wechseln – klebte an ihrem Körper, und obwohl sie nackt war, fühlte sie sich, als ob sie noch etwas ausziehen müßte, um endlich dieser Hitze zu entkommen, dieser Schwüle, dieser Feuchtigkeit, die in der Luft hing wie dampfiger Nebel.

Sie wälzte sich herum, um auf die kältere Seite des Bettes zu gelangen. Das brachte nur kurz Erleichterung, denn kaum hatte sie das Laken berührt, heizte es sich auf und klebte genauso an ihr wie der Teil auf der anderen Seite.

»Verdammt!« Sie fluchte, schwang die Beine aus dem Bett und stand auf.

Mit einem zögernden Schritt trat sie ans Fenster. Kein kühler Hauch. Die Luft stand wie in einem geschlossenen Raum, obwohl alle Fenster und Türen in der Wohnung geöffnet waren.

Sie betrachtete den Himmel. Vollmond. Die helle Scheibe warf so viel Licht herein, daß das Bett weiß erstrahlte. Und sie konnte jeden Grashalm im Garten sehen.

Eine Katze schlenderte selbstbewußt über die Wiese, auf ihrem Wege von oder zu irgend etwas.

Tina machte ein leises Geräusch, als sie von einem Fuß auf den anderen wechselte.

Die Katze blieb stehen und blickte zu ihr hoch. Nicht erschreckt, auch nicht ängstlich. Eher ein wenig verwundert. Wie, du siehst mich? schien ihr Blick zu sagen.

Tina mußte lächeln. »Ja, ich sehe dich«, sagte sie laut. »Es ist Vollmond.«

Die Katze schaute sie immer noch an, dann wandte sie den Blick ab, als wollte sie den Kopf schütteln, und ging genauso ruhig, wie sie gekommen war, weiter.

Ich rede mit einer fremden Katze, die durch den Garten schleicht, dachte Tina. Ich muß nicht ganz dicht sein.

Sie seufzte. Einmal mehr an diesem Tag, in dieser Nacht schlug sie den Weg zur Dusche ein. Das war das einzige, was half – wenigstens kurzfristig.

Sie drehte den Hahn auf. Das Wasser floß lauwarm heraus, erst nach einiger Zeit wurde es kalt. Sie duschte ein paar Minuten, bis sie das Gefühl hatte zu frieren, dann stellte sie das Wasser ab.

Seufzend verzichtete sie auf jegliche Berührung mit einem Handtuch und ging naß ins Schlafzimmer zurück. Wie sollte sie diese Nacht überstehen?

Auf einmal wehte leise Musik durchs Fenster herein. Ach ja, das Sommerfest in den Rheinauen. Das war ja heute.

Sie atmete tief durch. Sie konnte ohnehin nicht schlafen, also warum nicht ausgehen? Vielleicht war es am Rhein etwas kühler.

Abwesend griff sie nach ihrem BH und zog ihn an. Schon als sie ihn schloß, dachte sie, daß ihr selbst dieses Kleidungsstück zuviel war. Sie suchte einen String-Tanga aus ihrem Schrank heraus. Das ging wenigstens. Nicht viel Stoff.

Ein leichtes Sommerkleid, das sie zum Schluß über ihren Körper gleiten ließ und das sie weich umfloß, empfand sie fast wie einen Panzer. Am liebsten wäre sie nackt gegangen.

Als sie fertig war, betrachtete sie sich vor dem Spiegel. Schweiß glänzte auf ihrer Lippe. Sie wusch sich das Gesicht und puderte es, in der Hoffnung, daß der Glanz nicht so schnell wiederkommen würde.

Dann nahm sie ihre Handtasche und schlüpfte in ihre leichtesten Sandalen.

Für die Viertelstunde Weg zum Rhein hinunter würde das reichen.

Als sie auf den weitläufigen Wiesen ankam, wunderte sie sich über die vielen Leute, die offenbar zu Hause auch keinen Schlaf fanden. Das Sommerfest schien immer noch in vollem Gange, obwohl es bereits lange nach Mitternacht war.

Sie ging zu einem Getränkestand hinüber. »Eine Cola, bitte«, sagte sie zu dem Mann, der gerade ein Bier zapfte.

»Moment.« Er ließ sich nicht stören.

»He, die junge Frau hat Durst! Kannst du mal ein bißchen Dampf machen?«

Tina drehte sich zu der Stimme, die wie aus dem Nichts aufgetaucht war, um.

»Is’ ja schon jut«, brummelte der Mann, ließ das Bier stehen und öffnete den Kühlschrank.

»Danke«, sagte Tina und musterte die Frau, die hinter ihr stand, neugierig. »Aber noch mehr Dampf muß eigentlich nicht sein. Ich finde, es ist schon schwül genug.«

»Na ja.« Die andere zuckte die Schultern. »Gerade deshalb braucht man was Kaltes zu trinken, oder nicht?« Sie griff nach der Cola-Büchse, die der Mann mittlerweile auf den Tresen gestellt hatte. »Ich zahle das«, sagte sie zu ihm. »Und jetzt kannst du mein Bier fertigmachen.«

Er warf ihr einen mürrischen Blick zu und begab sich wieder an den Zapfhahn.

»Ich heiße Mar«, sagte die Brünette. »Eigentlich Martina, aber das tina schenke ich mir.« Sie lachte.

»Ich bin –« Tina lächelte belustigt. »Tina.«

»Nicht möglich!« Die Frau, die sich Mar nannte, starrte sie an.

»Doch.« Tina lächelte noch mehr. »Und ich habe noch nicht einmal etwas kappen müssen. Ich bin so getauft.«

»Bist du . . .«, Mar schaute sich unauffällig um, »allein hier?«

»Ja.« Tinas Lächeln verwandelte sich in ein Schmunzeln. »Ganz allein.«

»Ich weiß, ich bin aufdringlich.« Mar lächelte. »Tut mir leid.«

»Kein Problem.« Tina nahm einen Schluck von ihrer Cola. »Irgendwie muß man sich ja kennenlernen.«

»Das ist wahr.« Mar betrachtete Tina mit deutlichem Interesse. »Du hast nichts dagegen, mich kennenzulernen?«

»Ich liebe direkte Frauen.« Tinas Mundwinkel zuckten.

Mar hob eine Hand und strich damit sanft über Tinas Wange. »Weißt du, daß du wunderschön bist?«

Tina seufzte.

»Nicht die neueste Anmache, nicht wahr?« Mar lachte. »Du hast absolut recht.« Sie strich noch einmal über Tinas Wange. »Und trotzdem finde ich dich wunderschön. Ich kann es nicht ändern.«

»Danke«, sagte Tina. »Auch wenn es nicht originell ist, hört man es doch immer wieder gern.«

Mar griff nach ihrem Bier und trank. »Ich war schon fast auf dem Heimweg«, sagte sie. »Wollte nur noch ein Bier trinken und dann – Es ist irgendwie nichts los hier.«

»Pärchen«, stellte Tina fest und ließ ihre Blicke über die Wiesen schweifen. »Alles nur Pärchen.«

»Genau«, nickte Mar. »Pärchen oder Cliquen. Keine einsamen Frauen, die Anschluß suchen.« Sie zwinkerte schelmisch. »Bis du kamst.«

»Woher weißt du, daß ich Anschluß suche?« Tina leerte ihre Cola und stellte die Büchse auf den Tresen zurück.

»Oh, ich wollte dir nichts unterstellen.« Mar hob entschuldigend die Hände. »Du könntest natürlich auch auf jemand warten oder zu einer dieser Cliquen da unten gehören.« Sie schaute zum Rhein hinunter. »Selbstverständlich wollte ich das nicht ausschließen.«

»Kannst du ruhig«, sagte Tina. »Aber das heißt noch lange nicht, daß ich nicht einfach nur einen Spaziergang machen wollte, um der Hitze in meiner Wohnung zu entkommen. So ist es nämlich.«

»Du wohnst hier in der Nähe?« fragte Mar.

»Ich habe die Musik durch mein Schlafzimmerfenster gehört«, nickte Tina. »Und da ich ohnehin nicht schlafen konnte, habe ich beschlossen, zum Rhein hinunterzugehen, auf der Suche nach Abkühlung.«

Mar musterte sie eine Weile. »Darf ich dich begleiten – auf deiner Suche? Wollen wir zum Wasser gehen? Ich glaube, am Ufer ist es wirklich am angenehmsten.«

»Wahrscheinlich«, sagte Tina. »Aber die schönsten Plätze sind garantiert von knutschenden Pärchen belegt.«

»Die werfen wir einfach in den Fluß«, flüsterte Mar mit mutwillig blitzenden Augen. »Das merken die doch gar nicht in ihrem Zustand.«

Tina lachte. »Ich würde es merken – bestimmt!«

»Aber du knutschst ja gerade nicht«, sagte Mar. »Also keine Gefahr.«

Tina wurde ernst. »Nein, ich knutsche gerade nicht«, sagte sie. Sie drehte sich um. »Gehen wir.«

Sie schlenderten ans Ufer und blieben eine Weile dort stehen, betrachteten den Sternenhimmel und den Mond, einen halben Meter voneinander entfernt, jede für sich.

»Ist es nicht wundervoll, wie sich der Mond im Wasser spiegelt?« fragte Mar auf einmal leise. »Ich bin nicht sonderlich romantisch, aber das hat eine magische Kraft, die mich immer wieder anzieht.«

»Ich glaube, ich war selten bei Vollmond am Wasser«, sagte Tina beinah träumerisch. »Mir kommt es wirklich zauberhaft vor. Wie der Einstieg in eine andere Welt.«

»Die Unterwelt.« Mar lachte leicht. »Wenn man da im Wasser wäre, wo sich jetzt der Mond spiegelt, würde man untergehen. Da ist es sehr tief.«

»Und dabei sieht es so aus, als könnte man einfach so über das Wasser laufen«, entgegnete Tina immer noch ganz in sich versunken. »Ohne unterzugehen. Als ob die Oberfläche wirklich ein Spiegel wäre, der einen hält.«

»Du hast anscheinend viel Phantasie«, sagte Mar. Sie betrachtete Tinas Profil, das im Mondlicht wie leuchtend weißer Marmor erschien. Obwohl sie behauptet hatte, nicht sonderlich romantisch zu sein, hätte sie das in diesem Augenblick fast in Frage gestellt. Tina hatte etwas an sich, das Romantik geradezu herausforderte. »Das . . .«, sie räusperte sich, »das gefällt mir. Ich habe nämlich so gut wie keine.«

»Keine Romantik, keine Phantasie. Ist das nicht ein bißchen langweilig?« Tina lächelte leicht und schaute zu Mar herüber.

»Das ist es wohl.« Mar trat einen Schritt auf sie zu. »Deshalb ist es so wichtig, daß es Frauen wie dich gibt. Die den Ausgleich schaffen.« Sie blieb vor Tina stehen und schaute sie an, musterte ihr Gesicht mit einer Frage. »Möchtest du noch etwas trinken?« fragte sie dann, obwohl es ihnen beiden klar war, daß das nicht die Frage war, die sie eigentlich stellen wollte.

»Nein«, antwortete Tina, die dabei Mars Gesicht genauso musterte, wie Mar es bei ihr tat, und ihre Augen suchte. »Danke.«

Mar wartete einen Moment, ob Tina noch etwas sagen würde oder ein Zeichen geben, weggehen, sich entfernen, aber das tat sie nicht. Sie schaute Mar nur unverwandt an, als würde sie auf etwas warten. Mar streckte ihre Hand nach Tina aus, berührte sie leicht, erwartete immer noch, daß Tina sich abwenden würde, nur den Mond und das Wasser betrachten, wie sie es zuvor getan hatten.

Mar fühlte eine Verunsicherung, die ihr fremd war. Was war das nur mit dieser Frau? Sie wußte nicht, ob Tina wirklich dasselbe wollte wie sie, Mar, auch wenn das ziemlich eindeutig schien.

Sie konnte die Entscheidung nicht einfach so treffen. »Tina?« fragte sie leise in die sanfte Stille hinein. »Darf ich dich küssen?«

Wie zur Antwort schlug eine weiche Welle ans Ufer, plätscherte wie milder Regen über schimmernde Steine, bevor die Tropfen dazwischen versickerten.

Tinas Gesicht wirkte regungslos im hellen Mondlicht. »Wenn du willst«, sagte sie.

Mar musterte dieses regungslose, so unbeteiligt wirkende Gesicht erneut für eine lange Sekunde. Welche Gedanken mochten sich hinter dieser schönen Stirn verbergen? Es war unmöglich, das herauszufinden. »Das will ich schon, seit ich dich auf die Auen zukommen sah«, erwiderte sie lächelnd, trat den letzten Schritt auf Tina zu und nahm sie in den Arm. Ihre Lippen suchten tastend Tinas Mund, strichen über samtige Haut, liebkosten Tinas Lippen, bis sie sich weich öffneten.

Tina schloß die Augen und genoß Mars Lippen auf ihren, ihre Zunge, die sie sanft streichelte. So sanft war sie schon lange nicht mehr geküßt worden, obwohl Mar im ersten Moment eher rauhbeinig erschienen war. Aber küssen konnte sie, ohne Zweifel.

Sie gab sich ganz diesem Kuß hin, ohne sich weiter Gedanken zu machen. Dieser Abend, diese Nacht verlief ganz anders als geplant, wie so oft, wenn Pläne sich als sinnlos herausstellten.

»Gehen wir zu dir?« fragte Mar nach einiger Zeit flüsternd an ihrem Mund. »Es ist näher als zu mir.« Sie strich über Tinas Po, über ihre Taille hoch zu ihrer Brust.

Tina fühlte das Kribbeln, das Mars Berührungen in ihr auslösten. »Puh«, sagte sie. »Bei dieser Hitze?«

Mar lachte leicht. »Du meinst, es ist zu heiß für Sex?«

»Ich bin vorhin schon an meinem Laken festgeklebt«, sagte Tina. »Wie soll das dann erst werden, wenn wir beide –?«

»Wir werden aneinander festkleben«, flüsterte Mar heiser an Tinas Ohr. »Etwas Schöneres kann ich mir nicht vorstellen.« Sie fühlte die Erregung steigen, weil Tinas Körper an ihrem ihr keine andere Wahl ließ.

»Ich schon«, sagte Tina.

Mar schmunzelte. »Wir können ein Handtuch dazwischenlagen.« Sie schaute Tina an und hob die Augenbrauen. »Oder sollte das einfach nur heißen, du willst nicht? Das akzeptiere ich, kein Problem.«

»Ich . . .« Tina zögerte. »Ich . . . will schon«, sagte sie dann. Mars Körperwärme war fast mehr als sie ertragen konnte bei dieser schwülen Hitze, und trotzdem – wünschte sie sich, ihr noch näher zu sein. Es war etwas in Mars Augen, in ihrer Stimme, das sie anzog und das sie nicht gern so schnell wieder verlieren wollte.

»Im Wasser ist es bestimmt kühler«, sagte Mar, zog sich schnell das T-Shirt über den Kopf und ihre kurze Hose aus und sprang in den Fluß. »Komm. Es ist wirklich angenehm.« Sie stand halb im Wasser und schaute auf das Ufer zurück, zu Tina.

Tina überlegte kurz, aber die Hitze überzeugte sie. Sie folgte Mars Beispiel und sprang ihr nackt hinterher.

»Jetzt können wir nicht zusammenkleben«, flüsterte Mar, nahm sie in die Arme und küßte sie mit zunehmender Leidenschaft.

Tina fühlte sich zum ersten Mal an diesem Tag erleichtert. Der Fluß nahm die Hitze, auch wenn er zu warm war, um wirkliche Abkühlung zu verschaffen. Mars Hände glitten leicht über ihren Körper, leichter als sie es an Land hätten tun können, wo kein Wasser sie unterstützte.

Es waren sanfte Hände, zärtliche Hände, wissende Hände. Hände, die nicht zu viel wollten und nicht zu wenig. Sie berührten Tinas Brüste, hoben sie an, wogen sie in der Leichtigkeit des Wassers, glitten zu den Brustwarzen und streichelten sie.

Tina seufzte. Ihre Brustwarzen richteten sich noch mehr auf.

»Schön«, flüsterte Mar, als sie die Erhebungen spürte. Sie küßte Tina erneut und massierte beide Brustwarzen gleichzeitig mit den Innenflächen ihrer Hände, bis Tina stöhnte. Dann ließ sie eine Hand hinunter zwischen Tinas Beine gleiten.

Tina öffnete ihre Schenkel für Mar, die schnell dazwischenglitt und den Eingang zwischen den nassen Haaren suchte.

»Ist das der Fluß, oder bist du es?« flüsterte Mar, als sie mit einem Finger Tinas Schamlippen teilte.

Tina stöhnte leise und hielt sich an Mars Schultern fest, um nicht vom Wasser davongetragen zu werden.

»Du bist es.« Mar lachte leicht. »Das hatte ich gehofft.« Ihre Lippen suchten Tinas, während ihr Finger langsam in sie eindrang und ein zärtliches Spiel begann.

Unterstützt von Mars Zunge in ihrem Mund ließ die Berührung in ihrem Innern Tina erneut aufstöhnen. Von außen war sie nun abgekühlt, aber von innen wurde die Hitze immer unerträglicher. Sie brannte von ihrer Zungenspitze glühende Schneisen bis in ihren Unterleib. »Ja . . .«, flüsterte sie.

»Ja . . .«, stimmte Mar rauh ein. »Ja, komm. Ich will dich kommen sehen.«

Tinas Brustwarzen richteten sich noch mehr auf, sie verursachten kleine Bugwellen im Wasser.

Mar beugte sich hinunter und küßte sie eine nach der anderen, nahm sie in den Mund, ließ heiße Schauer durch Tinas Körper fahren.

Tina seufzte.

Plötzlich richtete Mar sich auf, schaute sie an, holte tief Luft und tauchte dann schnell zwischen Tinas Beine.

»O mein Gott . . .«, flüsterte Tina.

Mars Zunge drang in sie ein, ihre Hände schoben Tinas Schenkel weit auseinander.

Tina verlor das Gleichgewicht. Verzweifelt versuchte sie sich an Mars Schultern festzuhalten, was ihr aber aufgrund der Nässe und Glätte mißlang. Sie fiel um.

Mar tauchte prustend auf und lachte. »Ein bißchen zu artistisch, hm?« Sie streckte Tina ihre Hand hin. »Komm.«

Tina nahm die Hand und kam wieder auf die Füße. »Ja«, sagte sie. »Ich hätte meine Ballettstunden doch nicht so früh aufgeben sollen.« Ihre Mundwinkel zuckten.

Mar schaute sich um. »Weißt du was?« sagte sie. »Dahinten ist ein Baum im Wasser, da kannst du dich anlehnen. Wenn du willst.« Sie blickte fragend.

Tina runzelte etwas komisch die Stirn. »Vielleicht hätte ich dir vorher sagen sollen, daß ich die einfache Art bevorzuge.«

Mars Mundwinkel zuckten. »Hinterher vielleicht nicht mehr«, sagte sie. Erneut streckte sie Tina die Hand hin. Tina nahm sie, und Mar zog sie zu sich heran. »Du bist unglaublich süß«, wisperte sie.

Ihre Lippen verschlangen Tinas Mund, ihre Leidenschaft erstickte sie fast, aber Tina fühlte, wie ihre Erregung zurückkehrte, nachdem der Fall ins Wasser sie zuvor etwas abgekühlt hatte, äußerlich wie innerlich.

Nun richteten sich ihre Brustwarzen erneut auf, zwischen ihren Beinen wurde es kalt, weil die Hitze, die aus ihrem Inneren flutete, mit der weit geringeren Temperatur des Wassers in Berührung kam. Sie erwartete fast, daß das Wasser anfangen würde zu dampfen.

Sie folgte Mar zu dem Baum, Mar lehnte sie dagegen und küßte sie noch einmal so tief und wild, daß Tina keuchte, als sie sie losließ.

»Zweiter Versuch«, grinste Mar, sprang hoch und tauchte unter.

Erneut schob sie Tinas Beine auseinander, aber diesmal wurde Tina durch den Baum gestützt, und so blieb sie stehen, oder vielmehr war es eine Mischung zwischen Stehen und im Wasser treiben.

Tina griff nach einem Ast und hielt sich fest. Immer mehr verlor sie den Kontakt zum Boden, Mar legte sich ihre Beine über die Schultern, und ihre Zunge drang tief in Tina ein, bewegte sich in ihr.

»O Gott . . .« Tina legte den Kopf gegen den Stamm zurück, schloß die Augen, genoß die Schwerelosigkeit im Wasser, die ihre Beine schweben ließ.

Mar tauchte kurz auf und schnappte nach Luft, war aber sofort wieder unter der Wasseroberfläche verschwunden.

Tina spürte Mars heißen Mund zwischen ihren Beinen und die Kälte des Wassers um ihn herum. Kurz konzentrierte sie sich auf den Gegensatz, aber als Mar das nächste Mal nach Luft schnappte und danach wieder in sie eindrang, konnte sie es nicht mehr. Die Temperatur des Wassers entglitt ihrer Wahrnehmung, es gab nur noch eine Temperatur, die sie interessierte. Sie stöhnte laut auf.

Mars Zungenschläge zwischen ihren Beinen wurden immer schneller, Tinas Hüften zuckten hektisch im Wasser, ihr Unterleib brannte, verkrampfte sich. Sie schrie auf.

Mar tauchte auf. Kaum war sie oben, verschloß sie Tinas Mund mit ihrem und stieß ihre Finger in sie hinein. »Ja, du bist soweit«, raunte sie heiser. »Komm . . . komm . . .«

Tina konnte kaum atmen, so dicht verschloß Mar ihren Mund, zuckte ihre Zunge durch Tinas Mundhöhle bis in ihren Rachen hinein. Mars Finger stießen und stießen immer tiefer und härter zwischen ihre Schenkel.

Tina versuchte Mar von sich wegzudrängen. »Laß . . . mich . . . atmen . . . bitte . . .«, keuchte sie, als es ihr endlich gelang.

Mar ließ sie los und tauchte erneut zwischen ihre Beine, stieß weiter zu und unterstützte das noch mit ihrer Zunge auf Tinas Perle.

Tina bekam nun auch ohne Mars Mund auf ihrem fast keine Luft mehr. Sie griff mit der zweiten Hand über ihren Kopf nach hinten und versuchte sich am Stamm des Baumes festzuhalten. »O Gott . . . was tust du?« wisperte sie kraftlos.

Ihr ganzer Körper stand in Flammen, ihre steinharten Brustwarzen schmerzten bei jeder Berührung, wenn sie ins Wasser sank, bevor Mar sie mit dem nächsten Stoß wieder hochhob. Sie hatte das Gefühl, ihre Schenkel spreizten sich im Wasser zu einem unglaublich weiten Spagat, den sie an Land nie zustandegebracht hätte.

Endlich fühlte sie, daß die sanften Wellen des Flusses sich mit viel gewaltigeren Wellen aus ihrem Innern vereinigten, die sie hochhoben, erstarren ließen, über sie hinwegbrausten, sie mit heißer Brandung überfluteten.

»Hoppla!« Mar lachte und hielt sie fest, damit sie nicht unter Wasser sank.

Tina keuchte in ihrem Arm, lag auf der Wasseroberfläche, war aber zu erschöpft, um sich allein dort zu halten.

»Nicht daß du mir ertrinkst«, schmunzelte Mar. »Das war nicht der Sinn der Übung.« Sie hauchte einen Kuß auf Tinas Lippen, während sie ihren Rücken stützte, um sie nicht untergehen zu lassen.

»Das war eine . . .«, Tina schnappte nach Luft, »sehr anstrengende Übung.«

»Ich weiß.« Mar musterte sie lächelnd. »Aber hat es dir denn wenigstens ein bißchen gefallen?«

Tina verzog die Lippen. »Nein, überhaupt nicht.«

»Gut, dann lassen wir das.« Mar grinste. »Ich will dich ja nicht quälen.«

Tina fühlte ihre Kraft zurückkehren. Sie machte eine Bewegung, um sich im Wasser aufzurichten. Mar unterstützte sie dabei, offensichtlich besorgt, daß sie noch zu schwach wäre, um allein zu stehen. »Das könnte ich von mir nicht behaupten«, erwiderte Tina mutwillig. Ihre Hand glitt zwischen Mars Beine. »Ich würde dich gern ein bißchen quälen.«

Mar stöhnte leise auf. »Ich werde mich nicht wehren«, flüsterte sie.

Stunden später lagen sie nebeneinander auf der Wiese in der lauen Sommernacht, mittlerweile ganz allein, so daß ihre Nacktheit niemanden verwirren konnte.

»Ich glaube, die Sonne geht bald auf«, sagte Mar.

»Ja.« Tina seufzte. »Mein Schreibtisch wartet auf mich. In drei Stunden oder so.«

»Kommst du mit so wenig Schlaf aus?« fragte Mar und schaute sie an.

»Muß ich wohl.« Tina lachte. »Glücklicherweise kommt das nicht allzuoft vor.«

»Ach ja?« Mars Augenbrauen hoben sich interessiert.

»Ach ja.« Tina stand auf. Sie schaute sich nach ihren Kleidungsstücken um und ging darauf zu.

Mar stützte sich auf dem Ellbogen auf und beobachtete sie. »Tina?« Ihre Stimme klang leise und wurde von der Stille der Nacht wie auf sanften Flügeln herübergetragen.

»Ja?« Tina drehte sich kurz um und schlüpfte dann in Tanga und BH.

»Ich fand es sehr schön«, fuhr Mar ruhig fort.

Tina ließ das Kleid über ihre Schultern fallen. »Ich auch«, sagte sie.

Mar betrachtete sie nachdenklich. Sie hatte ein ganz merkwürdiges Gefühl, jetzt, wo Tina so weit entfernt war, daß sie sie nicht mehr berühren konnte. Als ob auf einmal eine Mauer zwischen ihnen stände. Und doch schien auf einmal alles ganz klar. »Wir werden uns nicht wiedersehen, oder?«

Tina zögerte. »Nein«, sagte sie dann.

Mar legte sich zurück und starrte in den samtenen Himmel. »Ist wahrscheinlich besser so. Ich habe nicht viel Zeit, deshalb . . . na ja . . . kommt mir das gerade recht.«

»Ja, Zeit . . .«, Tina zögerte erneut, »ist ein Problem.«

»Wir haben beide nicht mehr erwartet als eine . . .«, Mar lachte leicht, »heiße Nacht – und die haben wir bekommen, denke ich.« Sie lenkte ihren Blick zurück auf Tina.

Tina verzog die Lippen. »In mehr als einer Beziehung, ja.«

»Ja.« Mar schaute sie an, wie sie dastand, vollständig angezogen, während sie selbst immer noch nackt im Gras lag. »Ich würde gern –« Sie stand auf und ging auf Tina zu. »Ich möchte dich gern noch einmal küssen«, sagte sie leise. »Zum Abschied.«

»Ja.« Tina schaute sie mit ruhigem Blick an. »Zum Abschied.«

Mar zog sie an sich, suchte ihre Lippen und küßte sie zärtlich. So sanft, wie sie es die ganze Nacht noch nicht getan hatte. Ohne jede Leidenschaft, nur mit liebevoller Hingabe.

Tina erwiderte den Kuß ebenso sanft, und als ihre Lippen sich lösten, legte sie ihren Kopf an Mars Brust und atmete tief durch. »Danke«, sagte sie leise.

Einen Moment standen sie so, dann richtete Tina sich auf, schaute Mar noch einmal an, drehte sich um und ging davon.

Mar schaute ihr nach, sah das Kleid um sie schweben wie die unwirklichen Flügel einer verzauberten Libelle und hatte das Gefühl, gerade von einem Engel verlassen worden zu sein.

2

»So weit würde ich nicht gehen.« Geneviève Muillot schüttelte heftig den Kopf.

»Würdest du nicht, meine kleine . . . Chouchou?« Ihr Freund und Geschäftspartner Roland kraulte sie liebenswürdig unter dem Kinn und grinste sie an.

»Laß das!« Sie schlug seine Hand weg. »Du weißt, wie ich es hasse, wenn du mich so nennst.«

»Was kann ich dafür, daß ihr Französinnen so klein und zierlich seid?« fragte er stichelnd. »Das ist nun einmal eine Tatsache.«

»Die körperliche Größe spielt keine Rolle.« Sie musterte ihn von oben bis unten und stemmte die Hände in die Hüften. »Wie man an dir sehen kann . . .«

»Oh-oh . . .« Er grinste noch mehr. Er nahm sie offensichtlich nicht ernst. »Es gab Situationen, wo du schon fandst, daß die Größe eine Rolle spielt.«

»Das ist lange vorbei«, sagte Geneviève.

»Warum auch immer«, sagte Roland. »Was ist gegen so ein paar kleine Bettspiele einzuwenden? Du wolltest nicht mehr von mir und ich auch nicht mehr von dir. Wir waren uns wunderbar einig.« Er legte den Kopf schief und schaute sie an. »Oder hast du mir nicht die Wahrheit gesagt? Wolltest du eigentlich mehr?«

Geneviève runzelte irritiert die Stirn. »Wie kommst du denn darauf?«

»Ach, bei euch Frauen . . .«, Roland rutschte von ihrem Schreibtisch, auf dem er gesessen hatte, »weiß man doch nie. Ihr seid die geborenen Lügnerinnen. Das eine sagen und etwas anderes meinen, das ist euer Spiel. Oder gar nichts sagen und erwarten, daß man eure Gedanken liest.« Er grinste. »Hast du vielleicht auf einen Heiratsantrag gewartet?«

»Heiraten?« Geneviève warf den Kopf zurück und lachte. »Bist du verrückt?«

»Na ja, könnte ja sein, daß mir jemand zuvorgekommen ist, der eure weiblichen Lügen besser durchschauen kann«, sagte Roland. »Und daß du deshalb mit mir Schluß gemacht hast.«

»Du oder jemand anders . . . das ist völlig egal«, sagte Geneviève und ließ ihren Blick über die Akten auf ihrem Schreibtisch gleiten. »Ich wollte noch nie heiraten, und ich will auch nicht«, sie warf einen kurzen Blick auf ihn, »festgelegt werden. Jeder soll tun und lassen können, was er will. Das ist mein Motto.«

»Dann könnten wir doch –« Er machte eine eindeutige Geste.

Sie hob die Augenbrauen. »Das heißt noch lange nicht, daß ich etwas tue, was ich nicht will. Und du, mein Lieber«, sie lächelte liebenswürdig, »hast angefangen mich zu langweilen. Das ist das schlimmste, was ein Mann . . . oder irgend jemand . . . tun kann. Wenn ich eins hasse, dann Langeweile.«

»Ach, deshalb wechselst du so oft«, grinste Roland. »Quasi als Therapie.«

»Denk doch, was du willst.« Geneviève zuckte die Schultern. »Für mich ist die Sache erledigt. Und ich habe auch nicht die Gewohnheit, abgelegte Liebhaber wieder aufzuwärmen. Das ist dann noch langweiliger als beim ersten Mal.«

Das Telefon klingelte, und Geneviève zog einen ihrer großen Ohrclips ab, um den Hörer ans Ohr halten zu können. »Ja?« Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, er blieb verärgert. »Ach, du bist’s.«

»Störe ich?« fragte Tina am anderen Ende, die diesen Tonfall von Geneviève nur zu gut kannte.

»Ja . . . Nein, natürlich nicht.« Geneviève besann sich, revidierte ihre Aussage und setzte sich hinter ihren Schreibtisch. Stumm warf sie Roland einen streng verabschiedenden Blick zu.

Er grinste anzüglich und verließ ihr Büro.

»Was willst du?« Genevièves Stimme war nicht einen Deut freundlicher geworden.

»Tut mir leid.« Tina entschuldigte sich, obwohl sie gar nicht wußte, wofür. Aber Genevièves Launen ließen es oftmals angeraten sein, sie erst einmal sanft zu stimmen, auch wenn der Grund ihres Unmuts nicht in einem selbst lag. »Ich wollte eigentlich nur wissen . . . Sehen wir uns heute? Zum Mittagessen?«

»Waren wir verabredet?« Geneviève zog die Augenbrauen zusammen.

»Ja.« Tina unterdrückte ein Seufzen. »Waren wir.« Wie so oft hatte Geneviève es wohl vergessen. »Aber wenn du nicht kannst . . .«

»Ich . . .«, Geneviève spitzte die Lippen, »überlege es mir noch. Möglicherweise habe ich Zeit. Aber ich kann nichts versprechen.«

»Vivi . . .« Tinas Stimme klang sehnsüchtig. »Bitte . . . Ich würde dich so gern sehen. Kannst du nicht kommen?«

Genevièves Mundwinkel verzogen sich zufrieden. Sie liebte es angefleht zu werden, genoß die Macht der Entscheidung. »Ich sagte ja, ich überlege es mir. Mehr kannst du nun wirklich nicht von mir verlangen.« Ihr französischer Akzent machte die verärgerte Aussage nicht milder.

»Ich verlange nichts von dir.« Tina zog sich resigniert zurück. Es hatte keinen Sinn, Geneviève zu irgend etwas drängen zu wollen. Die Erfahrung hatte sie schon gemacht, und es war nicht immer angenehm gewesen. »Ich warte auf dich«, fuhr sie möglichst emotionslos fort, »zur üblichen Zeit am üblichen Ort.«

»Gut.« Geneviève legte auf, ohne sich zu verabschieden.

Tina lehnte sich vor ihrem PC im Büro zurück. Sie wußte nicht, ob Geneviève kommen würde; wann sie sie wiedersehen würde, wenn sie es nicht tat. Das entschied immer nur Geneviève. Tina konnte nur hoffen, daß es nicht jedesmal Wochen dauerte, sondern vielleicht nur Tage.

»Sonderlieferung!« Eine Kollegin steuerte strahlend mit einem Teller voller Kuchen auf sie zu. »Extra zu meinem Geburtstag heute gebacken. Ein Nein wird nicht akzeptiert!« Sie lachte und stellte den Teller auf Tinas Schreibtisch ab.

Tina stöhnte auf. »Wann soll ich das alles essen, Mechthild?«

»Du bist sowieso zu dünn«, behauptete Mechthild frech. »Ein bißchen was auf den Rippen würde dir nicht schaden.« Daß Mechthild zu wenig auf den Rippen hatte, konnte wohl niemand behaupten, sie war äußerst rundlich. Aber es störte sie nicht. Sie backte einfach zu gern – und natürlich mußte der Kuchen dann auch gegessen werden.

Tina schmunzelte. »Wenn du meinst. Aber im Moment habe ich wirklich keinen Appetit. Vielleicht heute nachmittag, zum Kaffee.« Der Appetit war ihr schon bei dem Gespräch mit Geneviève vergangen. Genevièves Art schnürte ihr oft die Kehle zu. Und trotzdem liebte sie sie, sie konnte nichts daran ändern. Was immer Geneviève ihr auch antat, sie verzehrte sich nach ihr, und jedes langersehnte Treffen war wie ein Geschenk.

Als Geneviève und Tina sich kennengelernt hatten, hatte es nicht so ausgesehen, als würde aus ihnen je ein Paar werden. Geneviève hatte einen Mann im Schlepptau gehabt, der mehr wie ihr Schoßhündchen wirkte, aber eindeutig zu ihr gehörte. Und als sie zusammen verschwunden waren, hatte Tina nicht angenommen, daß sie nur miteinander Kaffee trinken würden.

Tina hatte Geneviève auf der Vernissage, zu der Tina von einer flüchtigen Bekannten, die dann aber gar nicht erschien, eingeladen worden war, beobachtet, aber sie nahm nicht an, daß Geneviève sie auch nur wahrgenommen hatte. Dafür fand Tina sich viel zu unscheinbar.

Mar war nicht die erste gewesen, die ihr versichert hatte, sie wäre schön, aber Tina glaubte es nicht. Oftmals dachte sie sogar, daß die Leute sie nur auf den Arm nehmen wollten. Deshalb reagierte sie meistens ablehnend auf dieses Kompliment.

Der Abend in der Kunstgalerie war so verlaufen wie immer: Sie war allein gekommen und sie war allein gegangen. In Gegensatz zu Geneviève, die nie allein zu sein schien. Nicht nur ihr Begleiter hing an ihr wie festgeklebt, auch viele andere Gäste der Ausstellungseröffnung begrüßten sie, schienen sie zu kennen und waren offenbar von ihrer Gegenwart angetan.

Geneviève strahlte Selbstbewußtsein aus, die Aura des Erfolges umgab sie und ja . . . auch Schönheit. Sie hatte ein Abendkleid getragen, das tiefe Einblicke gewährte. Und durch ihre Ausstrahlung wirkte sie wesentlich größer als sie war. Tina hatte sich gewundert, als sie sich dann im Gang vor der Toilette begegneten und sie feststellen mußte, daß Geneviève kleiner war als sie.

Ein paar Tage später betrat Tina eine Boutique, weil sie eine neue Bluse für die Arbeit brauchte, und war sehr erstaunt, als plötzlich Geneviève aus dem Hintergrund auftauchte. Sie hätte nicht gedacht, daß dies Genevièves Preisklasse war, eher ihre, Tinas.

»Sie waren auf der Vernissage am Samstag«, lächelte Geneviève sie an, und dieses Lächeln zog Tina den Boden unter den Füßen weg. Sie wäre fast umgefallen, so schwindlig wurde ihr.

Genevièves Lächeln veränderte sich leicht. Sie hatte Tinas Reaktion bemerkt. »Hat es Ihnen dort gefallen?« fuhr sie fort.

»J-ja«, hörte Tina sich stammeln, als ob sie ein Teenager wäre. Sie hätte sich am liebsten an einer der Stangen, die zum Aufhängen der Blusen im Geschäft dienten, festgehalten.

»Die Bilder waren nicht gerade le dernier cri, nicht wahr?« fragte Geneviève, und ihr französischer Akzent wurde durch das Einstreuen des französischen Ausdrucks noch mehr betont.

»Ich . . . ich . . . Mir haben sie gefallen«, stotterte Tina. »Ich mag gegenständliche Kunst lieber als abstrakte.«

Genevièves Lippen verzogen sich auf eine Art, die Tina nicht deuten konnte. »Sie sind ein bodenständiger Typ«, sagte sie.

»Wahr- . . . Wahrscheinlich.« Tina atmete tief durch. »Und ich dachte auch, daß das hier eine bodenständige Boutique ist. Aber anscheinend habe ich mich geirrt.« Sie wollte sich zum Gehen wenden.

»Nein, nein.« Genevièves weiche, warme Hand an ihrem Arm hielt Tina zurück. »Das ist schon so. Ich habe verschiedene Boutiquen, und diese hier ist auf jeden Fall . . .«, sie lächelte undefinierbar, »bodenständig.«

»Die Boutique gehört Ihnen?« Tina taumelte nun fast. Nicht die Tatsache, daß Geneviève Boutiquebesitzerin war, warf sie um, sondern Genevièves Duft, der Tina nun geradezu einzuhüllen schien und ihr den Atem raubte.

»Wie es über der Tür steht«, lächelte Geneviève. »Geneviève’s.«

Tina hatte bis zu diesem Augenblick nicht gewußt, wie Geneviève hieß, sie waren sich nie vorgestellt worden.

»Aha.« Tina schluckte. »Ja, ich weiß, daß es mehrere davon gibt.«

»Nicht nur hier«, sagte Geneviève. »Ich bin in allen größeren Städten vertreten.« Ihre Stimme klang auf eine Art stolz, die an Selbstzufriedenheit grenzte. »Haben Sie schon etwas gefunden, das Ihnen gefällt?« fragte sie zuvorkommend. Eine gute Verkäuferin konnte sie offensichtlich auch sein – wenn sie es wollte.

»Ich . . .« Tina schaute sich leicht überfordert um. »Ich bin noch nicht dazu gekommen.«

Geneviève machte zwei Schritte und griff nach einem Bügel auf einem Ständer, zog die Bluse heraus. »Die hier würde Ihnen bestimmt stehen«, bemerkte sie mit fachkundigem Blick auf Tina und hielt die Bluse aus der Entfernung leicht in die Höhe, um den Effekt noch besser abzuschätzen. »Ja, definitiv.« Sie kam zu Tina, gab ihr die Bluse aber nicht, sondern ging gleich zur Ankleidekabine weiter. »Probieren Sie sie doch einfach an.«

»Oh . . . äh . . . Ihre Verkäuferin könnte doch –«, stammelte Tina.

»Nein, nein, das mache ich lieber selbst.« Geneviève lächelte hintergründig.

Tina fühlte sich nun mehr als überfordert, aber sie folgte Geneviève, als hätte sie keine andere Wahl.

In der Kabine schloß Geneviève den Vorhang und reichte Tina die Bluse. »Ich denke, sie ist wirklich wie für Sie gemacht«, fügte sie immer noch lächelnd hinzu.

Tina kam sich komisch vor, mit dieser fremden Frau in der Kabine, aber dann gab sie sich einen Ruck. Schließlich war es ganz normal, daß eine Verkäuferin eine Kundin beriet, eventuell auch in der Kabine. Nur daß Geneviève keine Verkäuferin war . . .

Tina öffnete die Knöpfe an ihrer Bluse, zog sie aus, griff nach der Bluse, die Geneviève immer noch für sie bereithielt, und bemerkte Genevièves Blicke, die auf ihrem BH ruhten – oder wohl eher auf dem, was darin war.

In dem Augenblick, als sie Geneviève die Bluse abnahm, griff Geneviève nach Tina, drängte sie in die Ecke und küßte ihre nackte Schulter.

Tina blieb die Luft weg. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Schon gar nicht von einer Frau, die sie überhaupt nicht kannte und zudem bislang für hetero gehalten hatte. »Geneviève . . .«, flüsterte sie. Schon der Name allein klang wie Musik.

»Oui, ma chérie . . .?« Genevièves Stimme klang eindeutig erregt.

»Ich . . . ich . . . Geneviève . . . das geht doch nicht . . .« Tina stellte sich vor, daß jeden Moment der Vorhang aufgehen und die Verkäuferin nach ihren weiteren Wünschen fragen könnte. Aber vielleicht kannte sie ihre Chefin ja und wußte, daß sie schon mit der Wunscherfüllung beschäftigt war.

»Du bist nicht einverstanden?« Nun war Genevièves Akzent so stark, daß es sich anhörte, als würde sie ihn mit Absicht einsetzen, um harmloser zu erscheinen, niedlicher.

»Doch nicht hier«, flüsterte Tina. »Bitte . . .« Heiße Nadeln jagten durch ihre Adern, es fiel ihr schwer zu sprechen.

»Warum nicht ’ier?« Das h war, wie es sich für eine Französin gehörte, ganz verschwunden. Geneviève blickte unschuldig blauäugig – wenn sie denn blaue Augen gehabt hätte – zu Tina auf, als könnte sie sich gar keinen Grund vorstellen, der dagegensprach.

»Geneviève . . . ich . . . verstehst du denn nicht . . .« Tina versuchte die in ihr tobenden Gefühle zurückzudrängen. »Können wir nicht irgendwo anders hingehen? Zu dir? Zu mir?« Sie atmete schwer.

»Warum?« Geneviève sah immer noch unschuldig aus. Ihre Finger tasteten sich jedoch nicht besonders unschuldig zwischen Tinas Beine.

Und dann verführte sie sie in der Kabine.

Das war der Anfang ihrer Beziehung gewesen.

Tina kehrte mit ihren Gedanken in die Gegenwart zurück. Eigentlich hatte sich seitdem nicht viel an ihrem Verhältnis geändert. Geneviève bestimmte, und Tina tat meistens das, was Geneviève von ihr erwartete, wie schwer es ihr auch fiel.

Geneviève war eine äußerst dominante Frau, privat und geschäftlich, das war Teil ihres Erfolges. Gepaart mit ihrem reizenden Aussehen, das die Gesprächspartner oft in die Irre führte. Eine kleine, süße Französin mit einem bezaubernden Akzent konnte doch unmöglich eine so gewiefte Geschäftsfrau sein.

Aber sie konnte.

»Gehst du mit essen?« Mechthild riß Tina endgültig aus ihren Gedanken. »Wir wollen jetzt in die Kantine.«

»N-nein.« Tina schüttelte den Kopf. »Ich gehe in die Stadt, ich habe – Ich will einkaufen gehen.«

»Na gut.« Mechthild winkte leicht mit der Hand. »Dann bis später. Und vergiß den Kuchen nicht!« Sie lachte und schlenderte mit den anderen, die sich zum gemeinsamen Essen in der Kantine entschlossen hatten, zum Lift.

Tina stand langsam auf. Sie wußte nicht, ob Geneviève dasein würde . . . in dem Restaurant, in dem sie sich verabredet hatten. Ob sie überhaupt kommen würde. Aber daß sie selbst gehen würde, das wußte sie.

Sie konnte nicht dagegen an. Es war wie eine Sucht. Am Anfang hatte sie sich noch gewehrt, hatte versucht, Verabredungen abzusagen oder einfach nicht hinzugehen . . . aber mittlerweile hatte sie sich in ihr Schicksal ergeben. Es war hoffnungslos. Geneviève erfüllte sie ganz und gar, sie konnte an nichts anderes mehr denken . . . an niemand anderen. Es war eine Besessenheit, und sie fühlte sich ausgeliefert, als ob irgend jemand die Fäden zog, als ob sie keinen eigenen Willen mehr hätte. Ihr ganzes Leben bestand aus Geneviève, ob sie nun da war oder nicht.

Seufzend zog sie die Schublade auf, nahm ihre Handtasche heraus und verließ das Büro.

3

»Oh, Entschuldigung«, sagte Tina. Sie war ganz in Gedanken in jemand hineingelaufen.

»Können Sie denn nicht –?« Eine ärgerliche Stimme setzte an und verstummte. »Tina?«

Tina schaute hoch. Bisher hatte sie gar nicht darauf geachtet, in wen sie hineingelaufen war. »Mar?« fragte sie erstaunt. Sie musterte Mar von oben bis unten. »Du . . . Bist du’s wirklich? Du siehst so anders aus.«

»In T-Shirt und kurzen Hosen würde mich leider niemand ernstnehmen.« Mar lachte. »So ein Anzug wirkt seriöser.«

»Oh . . . ja«, stammelte Tina. »Wirklich seriös.«

»Bist du enttäuscht?« Mar schaute sie an. »Habe ich dir in kurzen Hosen besser gefallen?« Sie lachte wieder.

»Ich . . . nein, natürlich nicht«, sagte Tina. »Du siehst sehr gut aus. Steht dir.«

»Danke«, sagte Mar. Ihr Blick schweifte wie zufällig über Tina. Einen Moment zögerte sie. »Du siehst auch sehr gut aus.« Dann schien sie sich zu besinnen und fuhr fort: »Was machst du gerade? Einkaufen?« Sie hatten sich mitten auf dem Marktplatz getroffen, im Gewimmel des Wochenmarktes.

»Nein, eigentlich . . . bin ich nur auf dem Weg zurück zur Arbeit«, sagte Tina. Geneviève war nicht gekommen. Tina hatte ihre ganze Mittagspause im Restaurant auf sie gewartet, versucht sie anzurufen, aber Geneviève hatte sich nicht gemeldet. Nicht zum ersten Mal.

Endlich hatte Tina einsehen müssen, daß sie umsonst gewartet hatte, sie mußte in die Firma zurück – und nun das. Sie hatte Mar getroffen.

»Hast du fünf Minuten Zeit?« fragte Mar. »Für einen Kaffee?« Sie schaute sich um, als ob sie schon nach einem Café suchen würde.

»N-nein, meine Mittagspause ist vorbei«, erwiderte Tina zögernd. »Ich bin schon weit mehr als fünf Minuten drüber.«

»Wie schade.« Mar bedauerte das offensichtlich. Sie schaute Tina an. »Würdest du . . . würdest du . . . vielleicht einen anderen Zeitpunkt in Betracht ziehen?«

»In Betracht ziehen?« Tina mußte schmunzeln.

»Entschuldigung.« Mar lachte leicht. »Ich komme gerade aus dem Gericht. Da ist mein Deutsch noch etwas mitgenommen. – Ich bin Anwältin«, fügte sie auf Tinas fragenden Gesichtsausdruck hinzu.

»Anwältin.« Tina blickte Mar erstaunt an. »Das hätte ich jetzt nicht gedacht.«

»Ja, tut mir leid. In den Auen hatte ich meine Visitenkarten nicht dabei«, schmunzelte Mar. »Ich hätte auch kaum etwas gehabt, worin ich sie hätte aufbewahren können.«

»Kaum etwas.« Tina mußte plötzlich lachen, als sie wieder an die nackte Mar auf der Wiese dachte. Wieso fühlte sie sich auf einmal so leicht und frei? Eben noch war sie so niedergedrückt gewesen.

»Ich sehe, du erinnerst dich«, lächelte Mar.

Tina versuchte sich zusammenzureißen. Der Gedanke an die schönen Stunden mit Mar in den Rheinauen war jetzt nicht wirklich das, was sie brauchte. Sie hatte sich einsam gefühlt, Geneviève hatte wieder einmal abgesagt, und da war es eben passiert. Aber es hatte keine Bedeutung. Überhaupt keine.

Ihr Körper hatte sich von Mar angezogen gefühlt, auf ihre Berührungen reagiert und es genossen, aber ihre Seele war besetzt. Sie hatte nicht das Gefühl gehabt, daß es Mar auf Liebe ankam, und das war gut so, denn die hätte sie ihr auch nicht geben können.

»Ich hatte es schon fast vergessen«, erwiderte sie gedankenverloren.

»Schade«, sagte Mar. »Ich fand es sehr schön, und ich denke hin und wieder gern daran.«

»Ich . . . Es tut mir leid, Mar.« Tina drehte sich um, aber dann fiel ihr ein, daß das ja die falsche Richtung war, also wandte sie sich erneut zu Mar, warf noch einen kurzen Blick auf sie und ging an ihr vorbei.

Mar folgte ihr mit ein paar Sekunden Verzögerung, holte sie ein. »Was ist los?« fragte sie.

»Nichts.« Tina schaute kurz zu ihr auf, aber dann wieder geradeaus die Fußgängerzone entlang, auf den Weg, der sie zurück in ihr Büro bringen sollte.

»Es geht dir nicht gut«, stellte Mar fest. »Oder fühlst du dich meinetwegen so unwohl?«

»Ich fühle mich nicht . . . unwohl.« Tina antwortete ärgerlich. Was ging Mar ihr Wohlbefinden an?

»Ich glaube, nicht«, sagte Mar. »Ich meine, ich glaube nicht, daß ich der Grund bin. Auch wenn du mich eigentlich nicht wiedersehen wolltest.«

»Nein, wollte ich nicht.« Tina blieb stehen und blitzte Mar wütend an. »Warum läßt du mich nicht in Ruhe?« Sie erinnerte sich an das Gefühl, als sie sich zum Abschied geküßt hatten, als sie an Mars Brust gelegen und sich einfach nur wohlgefühlt hatte. Dieses Gefühl hatte sie lange nicht gehabt, aber Mar war nicht die Frau, mit der sie es haben wollte. Sie liebte Mar nicht, und es war falsch, sich so wohl zu fühlen bei jemand, den man nicht liebte. »Ich habe dir gesagt, ich will dich nie mehr wiedersehen, und dabei bleibt es«, fuhr sie ärgerlich fort. »Das Treffen hier war nur ein dummer Zufall, und das sollten wir ganz schnell vergessen.« Sie ging eilig weiter.

»Ich habe dich seit den Auen nicht vergessen.« Mar holte sie mit Leichtigkeit ein und blieb neben ihr. »Du hast einen sehr tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Warum –« Sie zögerte. »Warum hast du das getan?«

»Was? Einen Eindruck hinterlassen?« Tina lachte trocken auf, während sie noch schneller zu gehen versuchte, aber Mar war größer als sie und hatte längere Beine. Tina hätte laufen müssen, um ihr zu entkommen. Und selbst dann . . . Mar wirkte durchtrainiert, daran konnte sie sich noch sehr gut erinnern.

»Du weißt, was ich meine«, sagte Mar. »Ich habe dich gefragt, ob ich dich küssen darf. Du hättest einfach nur nein sagen müssen, dann wäre nichts passiert.« Sie holte tief Luft. »Wenn du dich jetzt so ungern daran erinnerst. Das bedeutet doch, daß du es eigentlich gar nicht wolltest.«

»Du mußt eine gute Anwältin sein«, erwiderte Tina bissig. »Deine Ausfragetaktik ist jedenfalls nicht von schlechten Eltern.«

»Ich bin eine gute Anwältin«, erwiderte Mar schlicht. »Aber das hier hat nichts damit zu tun.«

»Nicht?« Tina blieb stehen. »Dann verfolgst du mich einfach nur so? Weil du gern Frauen verfolgst, die nichts von dir wissen wollen? Hast du ein Problem damit? Oder bist du in deiner Freizeit als Stalkerin unterwegs? So als Zeitvertreib?«

Mar lachte leicht. »Nein. Aber anscheinend habe ich meine Stalkerkarriere mit dir gerade begonnen. Tut mir leid.« Sie wandte sich zum Gehen. »Tut mir wirklich leid«, wiederholte sie mit einem weichen Blick in Tinas Gesicht, das sie böse anstarrte. »Alles.« Dann ging sie in die andere Richtung davon.

Tina wartete noch einen Moment ab, ob Mar zurückkommen würde – womit sie insgeheim rechnete, aber es geschah dennoch nicht –, dann durchquerte sie das letzte Stück der Fußgängerzone, lief an der großen Wiese vor der Bonner Universität entlang, auf der Studentinnen und Studenten in der Sonne lagen, und erreichte endlich die andere Seite, wo das Gebäude stand, in dem sie arbeitete.

Sie hastete die Treppe hinauf, ohne auf den Lift zu warten. Dazu war sie jetzt viel zu aufgewühlt. Die Anstrengung tat ihr gut, auch wenn sie schwer keuchte, als sie endlich den Gang zu ihrem Büro erreichte.

»Trainierst du für Olympia, oder was?« Mechthild kam ihr rundlich lächelnd entgegen.

»Ich bin zu spät«, erwiderte Tina, immer noch leicht um Atem ringend. »Ich wollte nach der Mittagspause rechtzeitig zurücksein.«

»Warst du aber nicht, und sie . . .« Mechthild wies mit dem Daumen in den Gang hinter sich, »hat es sowieso längst bemerkt. Du weißt, wie sie ist.«

Tina rollte die Augen. Ihre Chefin war nicht ihr Lieblingsthema. »Ich muß an meinen Schreibtisch.« Sie hastete weiter und ließ sich schnell auf den Stuhl vor ihrem PC fallen. Aber nicht schnell genug.

»Frau Bauer? Kommen Sie mal zu mir?« Der Klang der Stimme schnitt scharf durch die Luft.