In grauer Vorzeit - Lucian Caligo - E-Book

In grauer Vorzeit E-Book

Lucian Caligo

1,0

Beschreibung

In grauer Vorzeit trugen sich Ereignisse zu, welche nicht in den Geschichtsbüchern zu finden sind. Es ist allein dem Menschen dieser Zeit vorbehalten die Wahrheit zu kennen. So bleiben für uns die Fragen offen: Wie konnten sie ihre Monumente errichten und wer waren ihre Götter wirklich?

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Dieses Buch ist mein erster Vorstoß in die Science-Fiction. Was würde dabei näher liegen, als in der Steinzeit zu beginnen.

Mehr zu meinen anderen Büchern und geplanten Veröffentlichungen erfährst du unter:

www.lucian-caligo.de

Über den Autor:

Lucian Caligo ist 1985 in München geboren. Durch seine Schulzeit und seine unterschiedlichen Arbeitsstellen begleiteten ihn stetig fantastische Geschichten, welche ihm nicht aus dem Kopf gehen wollen. Diese geben erst dann Frieden, sobald er sie zu Papier gebracht hatte. Im November 2014 beschloss er seinen Beruf hinten anzustellen, um endlich seiner Leidenschaft zu folgen: der Schriftstellerei.

Für Chris,

der immer noch glaubt ich könne nichts mit

Sciencefiction anfangen

Inhaltsverzeichnis

Fiktionshinweis

Prolog

Die Hütten der Götter

Die Macht der Götter

Die Auglaras

Unterwerfung

Eine neue Hoffnung

Das Erwachen einer Hochkultur

Die Misere mit dem Energiekern

Das Götterurteil

Der Kampf der Götter

Von Größenwahn getrieben

Infiltriert

Die Tochter des Feuerrads

Im Krieg

Im All

Glahss‘ Rache

Epilog

Nachwort

Danksagung

Fiktionshinweis

Wer sich bei folgender Geschichte an die Theorien jener Menschen erinnert sieht, die davon ausgehen Außerirdische hätten maßgeblich in unsere Vergangenheit eingegriffen, der hat dabei nicht so ganz Unrecht. Tatsächlich ist diese Erzählung davon inspiriert worden. Persönlich wage ich natürlich nicht zu behaupten, dass diese Geschichte so stattgefunden hat, ich hoffe sogar dass dem nicht so ist. Sie ist frei erfunden und stützt sich dabei auf keinerlei historische Tatsachen und Vermutungen zu diesen. Diese Erzählung soll einzig und allein der Unterhaltung dienen.

Ich habe mir dabei erlaubt die Werte und Gedanken der beschriebenen Personen den unseren anzugleichen, damit diese nachvollziehbarer erscheinen. Außerdem habe ich mich dahingehend zurückgehalten, für jede Waffe, jedes Werkzeug und die beschriebene Technik neue Namen zu erfinden, weil diese Flut an Begrifflichkeiten die Lesbarkeit des Buches sehr erschwert hätte.

Prolog

Es heißt, dass die Entwicklung des menschlichen Gehirns vor gut zehntausend Jahren komplett abgeschlossen war. Der Grund, warum die Menschen dieser Zeit so primitiv wirkten, ist ein anderer. Sie wussten schlicht und ergreifend noch nicht sehr viel über die Welt, in der sie lebten. Metallverarbeitung war ihnen fremd, Steine waren das Werkzeug der Wahl.

Rückblickend kann man sagen, genau an diesem und jenen Punkt endete die Altsteinzeit und wich der Jungsteinzeit. Doch auch das scheint wohl eher der fromme Wunsch jener Menschen zu sein, die unsere Geschichte gerne an bestimmten Punkten festmachen. Deshalb wird in einem Zeitstrang ein Pflock eingeschlagen und man behauptet gerade zu jener Zeit habe sich dieser Wandel ereignet. Der Übergang war aber jedoch ein fliesender und ereignete sich auf allen Erdteilen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. So wird man heute noch die eine oder andere Kultur auf der Welt finden, die sich gerade in diesem Wandel befindet. So ist es nicht möglich, diesen Wandel in der Geschichte genau zu verorten.

Kratz und sein Stamm verschwendeten keinen Gedanken an uns. Wir können nur vermuten, dass es sie gegeben hat. Sie dagegen konnten nicht wissen, dass es uns einmal geben wird. Aber vielleicht haben sie etwas geahnt. Denn was sie erlebt haben, deutete eindeutig darauf hin, dass die Menschheit noch nicht am Höhepunkt ihrer Entwicklung angekommen ist. Zumindest blieb ihnen das zu hoffen.

Es sei darauf hingewiesen, dass unsere Vorfahren noch nicht so eine differenzierte Sprache besessen haben wie wir. Auch wenn ihre Art der verbaleren Kommunikation etwas fremdartig erscheinen mag, so sollte es jedoch leicht fallen, sich in diese hineinzufinden.

1.

Die Hütten der Götter

Ackerbau, dies sollte die Zukunft sein. Huk der Schamane hatte den Plan dazu von seinem Urgroßvater erhalten und dieser behauptete, ihn direkt von den Göttern bekommen zu haben. Kratz hingegen langweilte sich dabei. Es war eine mühselige Arbeit, bei der man sich nicht spürte. Die Jagd auf Raubtiere, das war sein Leben, dort spürte man sich selbst. Wenn der Atem rauschte, die Brust hämmerte, während man einer übermächtigen Bestie in die Augen sah, nur mit einem Speer bewaffnet. Diese Waffe war sein ganzer Stolz, ein Holz so lang wie er selbst, so dick wie drei Finger und mit einem scharfen Stein als Spitze. Damit hatte er den gehörnten Schnaubern nachgestellt und die eine oder andere Wildkatze zur Strecke gebracht. Jetzt lag sein Speer ungenutzt in seiner Hütte. Eine Schande, gerade weil nicht wenige dieser besagten Schnauber diese Ebene nutzten, um sich satt zu fressen. Kratz hätte nur zu ihnen gehen und ihnen den Speer in den Hals stoßen müssen. Sein muskulöser Körper war für die Jagd gemacht und von dieser mit vielen Narben gezeichnet. Im Dreck zu wühlen empfand er dagegen als demütigend. So träumte der Mensch aus grauer Vorzeit vor sich hin, während er den harten Boden lockerte, in dem er eine einfache Holzkonstruktion immer wieder in die Erde trieb und sie hindurchzog. Ein windiges Gestell, doch etwas Besseres hatte sich Huk, der Schamane, noch nicht ersonnen. Ihm oblag es allein, die Anleitung für die Herstellung von Arbeitsgerät zu geben. Denn diese erhielt er direkt von den Göttern.

»Crand sof kat tüt«, scherzte Knat, der neben Kratz das Feld beackerte. Er war sein bester Freund, Jagdkumpane und Bruder. Auch er fand keine Freude an der Feldarbeit.

»Kat ral trau, wens«, erwiderte Kratz und grinste.

Knat lachte. Auch wenn es sich nicht geziemte, sich über ihren Schamanen lustig zu machen, so verging mit derlei Scherzen auf den Lippen die Zeit viel schneller.

Kratz warf immer wieder einen Blick zu Finla, diese war von Huk damit beauftragt worden die Samen sorgsam in den gelockerten Erdboden einzusetzen. Sie war ein Weib nach seinem Geschmack, breite Hüften, schmale Schultern, dunkles krauses Haar und außerdem besaß sie noch fast alle ihre Zähne. Es kümmerte ihn nicht, dass sie dem Schamanen ihres Stammes zugetan war, er hätte sie dennoch genommen. Allerdings war sie von dem heiligen Mann erwählt worden, dies machte sie zu einer verbotenen Frucht, von der er nur zu gerne einmal kosten wollte. Seiner ungestümen Natur nach hätte er sie gleich genommen, doch sein Stamm war im Begriff sich zu einer Gesellschaft zu entwickeln, deren Werte dies nicht mehr zuließen. So konnte man Kratz als rückständigen Menschen aus grauer Vorzeit bezeichnen, der sich nur widerwillig den Konventionen der Gemeinschaft beugte.

Knat bemerkte die lüsternen Blicke seines Freundbruders. »Nol tra lu?«

»Nein, fnut lawa«, erwiderte Kratz, doch nicht einmal er selbst glaubte seinen Worten.

»Na klar.« Knat verdrehte die Augen.

»Fnut lu, doch«, gestand Kratz, trieb das Werkzeug in die Erde, lies es dort stecken und wischte sich die verschmutzen Hände an seinem Lendenschurz ab. »Aber ltrug ich?«

»Besser nich«, riet ihm Knat ab. »Huk writ dnan fluchen.«

»Pff, Schamanen«, spie Kratz abfällig aus.

Eine schwere Erschütterung lief durch den Boden. Aber Kratz und Knat störten sich nicht sonderlich daran, dies geschah hier so häufig, dass es ihnen keine Angst machte. Finla hingegen hielt in ihrer Arbeit inne und sah erschrocken zu dem Berg empor, welcher nicht einmal einen Tagesmarsch von ihrem Feld entfernt lag. Die Spitze fehlte und schien immer mehr einzubrechen, so als würde sich dort über die Jahre hinweg ein Krater öffnen.

»Finla«, rief ihr Knat zu, um sie zur Arbeit zu ermahnen.

»Willst dn nüt win, was durt los in?«, fragte sie.

»Dnan geht nus nichts an. Dies is dner Ort, an dem die Götter spielen«, erwiderte Knat. »Wir dürfen uns dafür nicht interessieren, sagt Huk.«

Tatsächlich gab es dieses Phänomen schon, so lange Kratz denken konnte.

Einst waren sie Nomaden gewesen, das wusste er von seiner Mutter. Der Stamm war im Begriff über die Berge zu ziehen, als ihnen die Götter erschienen und sie im Ackerbau unterwiesen, auf dass sie sich hier niederlassen sollten, im Schutz des Spielplatzes der Götter. Der Berg hatte viele Namen, aber sie alle verdeutlichten, dass dies ein Ort ihrer Götter war, den sie nicht betreten durften. Allein daran zu denken war verboten.

Wenngleich Finla ihre Arbeit fortsetzte, warf sie immer wieder einen neugierigen Blick zu dem Berg hinauf.

***

Nach getaner Arbeit freute sich Kratz auf das warme Feuer und sein bequemes Lager. So weit war es gekommen, dass er sich nach denselben Bequemlichkeiten eines alten Mütterchens sehnte. An der Seite seines Freundbruders und Finla gingen sie zu ihrem Stamm zurück.

Mit dem heutigen Tag hatten sie die Feldarbeit beendet. Ab morgen würden sie die Jagd wieder aufnehmen können. Kratz und Knat wetteiferten gerade darüber, wer wohl das größere Tier erlegen würde, als ihr kleines Dorf in Sicht kam. An den äußern Hütten hatten sich viele Menschen versammelt. Wenn Kratz hätte zählen können, so hätte er gewusst, dass es alle einundzwanzig Männer seines Stammes waren, die von dreißig fremdartigen Jägern bedrängt wurden. Dass diese Situation eine bedrohliche war, verstand er jedoch sofort. »Komm schnell«, trieb er seinen Freundbruder an.

Gemeinsam liefen sie zu dem Tumult. Als sie näher kamen, erkannten sie, wie muskulös die fremden Männer waren. Auch wenn sie ihre Leiber großteils in Felle hüllten, so konnte Kratz dies deutlich erkennen. Des Weiteren waren die Fremden auch noch mindestens einen Kopf größer, als der größte Mann ihres Stammes, ihr Schamane. Kratz erkannte, dass jeder der Fremden mindestens einen Faustkeil in Händen hielte, dies ließ sie noch bedrohlicher wirken. Ihrem furchteinflößenden Erscheinungsbild zum Trotz stritt Huk, der Schamane, heftig mit den Neuankömmlingen.

»Wir werden diesen Ort nicht verlassen!«, hörte Kratz den heiligen Mann bestimmt sagen.

»Lurug sagt: doch ihr werdet«, erwiderte der Anführer der Fremden.

»Die Götter haben uns diesen Platz zugewiesen«, versuchte Huk sich Autorität zu verschaffen.

»Götter?«, der Fremde grinste und seine Kumpanen lachten. »Götter sagen, dass wir können kommen und uns nehmen, was wir wollen. Und wir wollen eure Hütten«, er wies auf die stabilen Konstruktionen, in denen Kratz‘ Stamm schon seit Generationen wohnte. Einfache Gestelle aus Holz und Tierhaut, die aber ihren Zweck erfüllten.

»Ich bin das Sprachrohr der Götter und sie werden jeden strafen, der gegen ihren Willen verstößt!«, wetterte Huk und hob drohend die Faust.

Dies brachte den Fremden erst recht zum Lachen. »Du das Sprachrohr der Götter?«

Noch bevor jemand realisierte, was der Fremde tat, hob dieser seinen Faustkeil und zerschlug Huk damit den Schädel. Wie vom Schlag getroffen ging der Schamane nieder. Verstört blickten alle Männer von Kratz‘ Stamm auf den Toten. Sie warteten wohl auf eine Erwiderung der Götter, die diesen Frevel nicht ungesühnt lassen konnten, doch nichts geschah, selbst der Berg verhielt sich ruhig.

»Wenn der Feuerbogen, drei Mal über den Himmel gelaufen ist, kommen wir wieder. Wer dann noch hier ist, der wird genau so hässlich aussehen wie dieser Vogel«, drohte der Fremde. »Wir haben noch mal so viele Krieger, die alle hier wohnen wollen.«

Keiner der Männer des bedrohten Stammes wagte es, etwas zu erwidern. Sie trugen keine Waffen, mit denen sie sich gegen die Fremden hätten wehren können. Offenbar hatten sie sich bei der Unterredung ganz auf den Beistand ihrer Götter verlassen. Erschwerend kam hinzu, dass sich ihre Feinde in der Überzahl befanden. Jeder der Anwesenden spürte, dass sie diese Auseinandersetzung verlieren würden.

Der Anführer der Fremden schmunzelte über diese Feigheit. Wandte sich mit seinen Kriegern ab und schritt in Richtung Wald davon.

Als Kratz bei ihrem toten Schamanen angelangte regten sich seine Brüder noch immer nicht. Huks Glieder waren verdreht, kein Lebender vermochte so am Boden zu liegen. Sein Kopf war nur noch ein unförmiger Klumpen, die Federn, welche er sich in sein langes Haar geflochten hatte, glänzten nass vom Blut.

»Warum haben die Götter nicht gehandelt?«, fragte Krantch. Er war einer der Ältesten ihres Stammes und nach Huk ihr zweites Oberhaupt.

»Die Götter sind nur mit den Mutigen«, mischte sich Burch ein.

»Willst du sagen Huk war feige?«, entrüstete sich Trak. Die beiden waren dafür bekannt, dass sie immer miteinander stritten.

»Männer, so kommen wir nicht weiter«, fiel Finla in die Unterhaltung ein.

Alle Augen richteten sich auf sie. Eine Frau hatte nicht das Recht an einer Auseinandersetzung von Männern teilzunehmen. Das Finla sich nun in den Disput einmischte, konnte nur ein Zeichen dafür sein, dass sie verloren waren.

»Geh Weib!«, verwies sie Krantch des Platzes.

»Aber es ist wichtig, ohne Huk haben wir keine Verbindung zu den Göttern, wir ...«, empörte sie sich.

Ein Schlag von Krantch in ihr Gesicht beendete die Aufmüpfigkeit. Eine Frau hatte sich gänzlich den Männern unterzuordnen, eine die es nicht tat, verdiente diese Behandlung.

Mit blutender Nase zog sich Finla zurück.

»Was tun wir jetzt, ohne Schamane?«, wollte Knat wissen. Eine berechtigte Frage. Ohne diesen heiligen Mann wussten sie nicht, wann sie zu säen hatten, wann sie ernten mussten und was noch viel schlimmer war, keiner übersetzen ihnen die Worte der Götter. »Er hat noch keinen Nachfolger«, legte Knat die Misere vollends da.

Huk hatte sich, was die Geheimnisse des Schamanismus anging, immer recht bedeckt gehalten. Keiner war ihm gut genug, um in seine Fußstapfen zu treten. Bisher hatten alle dies unhinterfragt akzeptiert, ein stilschweigendes Einverständnis in das Handeln ihres Schamanen, mit weitreichenden Folgen.

»Die Ältesten werden beratschlagen, was zu tun ist«, erklärte Krantch und humpelte davon. Er war einst von einem Schnauber auf die Hörner genommen worden und hatte darauf lange verletzt daniedergelegen. Keiner hatte damals geglaubt, dass er jemals wieder laufen können würde. Aber die Götter hatten sich erbarmt und ihm einen schlurfenden Gang geschenkt, der von seinem steifen Bein herrührte. »Ihr kümmert euch um Huk!«, verlangte Krantch von dem Umstehenden.

Die Männer in der Runde sahen sich fragend an. Der Einzige, der um die Totenrituale wusste, lag tot vor ihnen auf dem Boden.

***

Auf der Versammlung der Ältesten ging es hoch her. Einige meinten, es sei Geboten hier zu bleiben und zu kämpfen. Andere wollten die Flucht ergreifen, ließen aber nicht zu, dass man sie feige nannte. Wenige empfahlen, man solle die Götter um Hilfe anrufen. Das hielten wiederum die Meisten der Ältesten für keine gute Idee, denn man fürchtete den göttlichen Zorn, wenn man bei der Beschwörung etwas falsch machte.

Kratz durfte, wie die anderen Männer des Stammes, nur zuhören. Anfangs hatte er noch gespannt der hitzigen Diskussion gelauscht, doch nun langweilte ihn diese zusehends.

»Das führt doch zu nichts«, brachte es Knat auf den Punkt.

Kratz gähnte zustimmend und verlor sich in der Umgebung. Den Worten der Ältesten hörte er schon lange nicht mehr zu. Da fiel ihm auf, dass aus dem Abzug des Schamanenzeltes Rauch aufstieg. Sie hatten den Toten vorübergehend darin zu Ruhe gebettet, dabei war jedoch keiner auf die Idee gekommen, ein Feuer zu entfachen. Ohne Aufsehen zu erregen, stand er auf und schritt zu dem Zelt hinüber. Er wollte sichergehen, dass dort keine unbeaufsichtigten Flammen loderten.

Knat folgte ihm neugierig.

Als Kratz den Eingang der Lederhütte aufzog, kam ihnen eine Woge schwarzer Dunst entgegen. Vergeblich versuchte er, sich davor abzuschirmen. Etwas Süßliches lag in dem Qualm und Kratz wurde davon ganz schwindelig. Unbeholfen taumelte er vom Eingang der Hütte zurück. In dem Dunst sah er die schemenhafte Gestalt eines üppigen Weibes. Sie sah aus wie einem seiner feuchten Träume entsprungen. Allerdings kam die Frau wie ein böser Geist durch den schwarzen Nebel auf ihn zu. Die Arme nach seiner Kehle ausgestreckt, bereit ihn für alle seine schmutzigen Fantasien zu strafen. Gegen den Schrei, der sich aus seiner Kehle löste, konnte Kratz nichts unternehmen. Er wurde von dem Weib am Hals gepackt und über den Platz geschoben. Das mittlerweile alle Aufmerksamkeit auf ihn gerichtete war, bemerkte der Steinzeitmensch nicht. Er blickte entsetzt in die unheimlichen Augen der Frau, die keine Pupillen zu haben schien. Aus ihrer Nase stob dunkler Dunst, wie bei einer Bestie im Winter, dabei aber Schwarz und giftig.

Die Stimme des alptraumhaften Wesens klang, als würde sie durch eine finstere Höhle zu ihm dringen. »Ihr müsst die Bindung zu euren Göttern erneuern. Sonst werdet ihr untergehen!«

»W... wie...?«, stammelte Kratz, vom Entsetzen ergriffen, strengte er nicht einmal den Versuch an, sich aus dem Griff der besessenen Frau zu befreien.

»Du musst hinaufsteigen, zum Spielplatz der Götter!«

»Wie... wieso ich?«, wollte Kratz erschrocken wissen. Doch da lockerte sich der Griff der Frau und sie stürzte zu Boden.

Kratz brachen die zitternden Knie endgültig ein und er sackte ebenfalls zusammen. Der mächtige Jäger gab ein erbärmliches Bild ab.

»Was ist hier geschehen?«, verlangte einer der Ältesten zu wissen.

»Das ist Finla«, stellte Knat fest.

»Das sehe ich auch. Aber was hat das Weib im Zelt des Schamanen gemacht?« Krantch schien entrüstet zu sein.

»Sie war das Weib, das Huk erwählt hat, vielleicht wollte sie sich verabschieden«, überlegte Burch.

»Verabschieden, Weiber wissen doch gar nicht, wie das geht«, widersprach Trak aus Prinzip.

»Es war der Geist von Huk. Er wollte, dass ich zu den Göttern emporsteige«, meldete sich Kratz zu Wort, der vom Boden zu den Umstehenden aufsah. Dabei hatte er jedoch große Schwierigkeiten die Stimmen den Gesichtern zuzuordnen. Die versammelten Männer schienen, um ihn herum zu tanzen, während ihr gesprochenes Wort an Ort und Stelle verharrte.

»Bist du sicher?«, fragte Knat, er vertraute seinem Freundbruder blind, dennoch musste er nachfragen, dazu riet ihm seine allgegenwärtige Vorsicht.

»Was dass alles zu bedeuten hat, muss der Ältestenrat entscheiden«, widersprach Trak.

»Kratz war aber viel dichter dran als wir alle«, mischte sich Burch ein.

»Wir haben um göttliche Hilfe gebeten, jetzt wissen wir zumindest was wir tun müssen«, meinte einer der Ältesten, er klang erleichtert. So als wären ihre nichtsnutzigen Dialoge, in der Ratssitzung, nur deshalb zu Stande gekommen, weil sie ohne den Schamanen nicht wussten, wie sie weiter verfahren sollten.

»Dann ist es beschlossen, Kratz wird morgen, wenn das Feuerrad seinen Lauf antritt zum Spielplatz der Götter aufbrechen und ihre Hilfe erbitten«, beschloss Krantch in Vertretung aller Ältesten.

»Gut«, willigte Kratz ein, ohne genau erfassen zu können, was gerade, im wahrsten Sinne des Wortes, über seinen Kopf hinweg beschlossen worden war.

***

»Sie hat sich doch nur berauscht, an dem Kraut, das Huk immer vor seinen Götterkontakten zu sich nimmt«, erfasste Knat die Situation. Wie Kratz war er von mittelgroßem Wuchs, hatte von der Jagd gestärkte Muskeln, trug meist nicht mehr als einen Lendenschurz und hatte zotteliges, langes, dunkles Haar, welches übergangslos in seinen dunklen Bart mündete. Er und Kratz glichen sich wie ein Ei dem anderen.

»Aber wie kam sie dazu?«, erkundigte sich Kratz, dem immer noch leicht schwindelig war. Die laue Nachtluft hatte seinen Verstand zumindest etwas geklärt.

»Sie meinte, es sei ein Unfall gewesen«, Knat klang skeptisch.

»Natürlich, es ist ein Unfall, Feuer zu entfachen und diese Kräuter zu verbrenne«, Kratz‘ Worte trieften vor Ironie.

Die beiden schritten in der Dämmerung um das Lager herum. Zum einen wollten sie zu Ruhe kommen, zum anderen war es angezeigt, Wachposten zu beziehen. Wer wusste, ob der fremde Stamm nicht doch früher zurückkam, als ihr Anführer behauptet hatte.

»Das sage ich doch. Aber was soll sie dazu getrieben haben?«, wollte Knat wissen.

»Weiber, die verstehe einer«, brachte Kratz als erster Mann ein Problem zum Ausdruck, welches sich durch unsere ganze Geschichte erstrecken sollte.

Die beiden schritten eine Weile stumm nebeneinander her, bis Kratz unvermittelt anhielt. »Ich werde morgen auf den verbotenen Berg steigen!« Es traf ihn wie ein Schlag.

»Du klingst, als würde dich das überraschen«, erwiderte Knat, ihm war der Ernst der Lage wohl schon lange bewusst. Noch keiner war von einer Reise zu den Göttern jemals zurückgekehrt.

»Nur weil ein berauschtes Mädchen es mir befohlen hat«, Kratz konnte es nicht fassen.

»Du hast selbst gesagt, dass durch ihren Mund Huk gesprochen hat«, erinnerte ihn Knat.

»Ja, aber zuvor habe ich selbst viel von dem Qualm eingeatmet.« Nur vage erinnerte er sich an die Worte von Finla und ihren Ausdruck im Gesicht. Dennoch jagte ihm gerade die Erinnerung an ihre, bis ins Weiße verdrehten Augen, einen Schauer nach dem anderen über den Rücken.

»Ich weiß nicht, auch für mich klang sie recht überzeugend«, wandte Knat ein.

Kratz durchschaute ihn jedoch sogleich. »Du willst mich nur in Sicherheit wiegen, damit ich keine Angst habe.«

»Und hilft es?«, erkundigte sich Knat und grinste ihn mit seinen gelben Zähnen an.

»Nicht wirklich«, gestand Kratz. »Ich fühle mich wie ein Hornschnauber, der genau weiß, dass er in einen Steinspeer rennt.«

»Das ist aber eine ehrenvolle Aufgabe«, überlegte Knat, der immer versuchte, viele verschiedene Seiten einer Situation zu sehen.

»Aber ich will den Göttern nicht gegenübertreten.«

Knat zog eine seiner buschigen Brauen nach oben.

»Naja, jedenfalls nicht so früh«, fügte Kratz hinzu.

»Ich weiß nicht, ich wäre eher neugierig sie zu treffen«, grübelte Knat und sah zum Nachthimmel empor. Die Hütte der Götter war heute besser denn je am Firmament zu erkennen.

»Dann geh du doch«, versetzte Kratz.

»Das kann ich nicht«, widersprach Knat, gebannt von dem Anblick.

»Warum denn nicht?«

»Weil die Götter dich erwählt haben«, erklärte er.

»Das war ein berauschtes Weib«, sprach Kratz abfällig.

»Wenn du willst, dann werde ich dich morgen zumindest ein Stück des Weges begleiten«, lenkte Knat ein. »Vielleicht empfangen wir ein Zeichen von den Göttern, ob meine Anwesenheit erwünscht ist.«

»Das wäre mir sehr recht«, gestand Kratz. Im rutschten gleich mehrere Steine vom Herzen.

Gemeinsam sahen sie zu der Hütte der Götter empor, die weit über den Wolken am Himmel zu erkennen war. Eine zylindrische Form, um die in gleichmäßigen Abständen Ringe gelegt waren. Überall an diesem Gebilde befanden sich Lichter, die in der klaren Sternennacht leuchteten und blinkten. Dieser Anblick war für die beiden so gewohnt wie beeindruckend. Eigentlich konnte man diese Erscheinung gar nicht Hütte nennen. Doch Huk hatte gesagt, dort oben würden die Götter wohnen und ein anderes Wort als »Hütte« kannten die Menschen dieser Zeit für ein Zuhause nicht.

2.

Die Macht der Götter

Das Feuerrad hatte gerade den höchsten Punkt erreicht als Kratz und Knat am Wald, welcher das verbotene Gebirge umgab, angelangten. Bei ihrem Stamm war es nicht auf Begeisterung gestoßen, dass die beiden gemeinsam losgezogen waren. Krantch hätte Knat beinahe festbinden lassen. Keiner wollte es riskieren, die Götter zu verärgern. Es war Finla, die das Argument lieferte, ihn mitgehen zu lassen. »Die Götter sind allmächtig und allwissend. Sie werden es verstehen, und wenn sie etwas dagegen haben, dann werden sie es uns mitteilen«, hatte sie gesagt. Widererwartend hatte sich der Ältestenrat diesem Schiedsspruch ergeben. Irgendwie war es Finla gelungen, sich als eine Anwärterin auf den Schamanenposten hervorzutun. Natürlich würde sie diesen niemals bekleiden können, denn so viel Macht durften Frauen nicht innehaben. Dennoch sprach sie durch die gestrige Vision mit der Autorität der Götter, der sich die Ältesten bisher immer gebeugt hatten.

Kranz und Knat sahen dies eher skeptisch. In jungen Jahren waren sie einmal in Kontakt mit den Dämpfen gekommen, die Huk eingeatmet hatte, um die Weisungen der Götter zu erhalten. Sie selbst glaubten danach auch Übersinnliches erlebt zu haben, sie gingen jedoch nicht so weit, dies als eine Botschaft einer Gottheit zu verstehen. Wenn selbst sie beide so eine Erfahrung machen konnten, dann war es mit Sicherheit nichts Besonderes. Aus diesem Erlebnis erwuchs heftiges Misstrauen, gegen den Schamanen und dessen Kontakt zu den Göttern. Sie hatten darüber jedoch geschwiegen, denn es war gefährlich den heiligen Mann in Frage zu stellen.

Der Wald war nicht Kratz‘ bevorzugtes Jagdgebiet. Baumzischer, Primitive, Achtbeinkrabbler und andere Raubtiere hatten es hier zu leicht, sich an einen unvorsichtigen Jäger anzuschleichen und dessen Leben ein Ende zu setzen. Niemand anderen als Knat hätte er sich hier an seiner Seite gewünscht. Auf seinen Freundbruder, war in allen Lebenslagen verlass.

Beide hatten es sich nicht nehmen lassen, diese erste Pilgerreise der Menschheit bewaffnet anzutreten. Sie trugen beide jeweils einen Jagdspeer, Kratz‘ bevorzugte Waffe, und außerdem noch einen Dolch aus Feuerstein. Diesem Jagdwerkzeug stand er nicht so positiv gegenüber. Seiner Meinung nach hatte man bei der Jagd einen Fehler gemacht, wenn man das Messer einsetzen musste, um das Tier zu töten. Um anschließend die Beute zu zerlegen, war die Steinklinge aber durchaus geeignet.

Die beiden Menschen aus grauer Vorzeit gelangten fast ohne Zwischenfälle durch den Wald. Einmal mussten sie sich gegen einen giftgrünen Baumzischer verteidigen, der sich, wie der Name schon suggerierte, zischend von einem Baum herab auf sie zu schlängelte. Doch Knat hatte ihn routiniert hinter dem Kopf gepackt und dem geschuppten Tier das Genick gebrochen.

Die beiden überkam zum ersten Mal ein mulmiges Gefühl, als sie den Berg erblickten, den es zu besteigen galt. Der graue Fels war scharfkantig und nahezu gänzlich mit losem Geröll bedeckt.

»Es ist nicht zu spät, du kannst noch umkehren«, bot Kratz seinem Freundbruder einen Ausweg an. »Ich werde sagen, dass die Götter dich angewiesen haben zurückzugehen, wenn ich wieder zurückkomme.«

»Falls du wieder zurückkommst«, verbesserte Knat. »Und nein, ich werde dich nicht alleine lassen. Wir haben schon so viel zusammen durchgestanden. Entweder kommen wir beide zurück, oder gar keiner.« Knat stieß den Schaft seines Speers gegen den Fels, als wolle er dem Berg den Kampf ansagen und machte sich sodann auf diesen zu ersteigen.

Kratz blickte seinem Freundbruder dankbar nach und folgte ihm.

Ihre gut eingetragenen Pelzstiefel schützten sie vor dem scharfkantigen Felsgestein. Doch selbst wenn sie barfuß gewesen wären, hätte kaum etwas die Hornhäute ihrer Fußsohlen durchdringen können. Diese waren so dick, dass Kratz und Knat von dem messerscharfen Gestein wohl kaum etwas bemerkt hätten.

Der Anstieg wurde immer steiler, sodass sie auch bald mit ihren Händen nach Halt suchen mussten. Dies gestaltete sich jedoch schwierig, da das Gestein recht locker und lose saß. Gar nicht selten lösten sie eine kleine Lawine aus, als sie nach einem neuen Griff suchten. Die beiden waren bei ihrem Anstieg so konzentriert, dass sie vom Gipfel regelrecht überrascht wurden.

Tatsächlich da waren sie, ihre Götter, unten im Krater des Berges. Die vielen neuen Eindrücke fluteten das Bewusstsein der beiden, so sehr, dass sie diese kaum verarbeiten konnten.

In der Mitte des Kraters stand ein glänzendes Zelt. Es wirkte so hart wie Stein, dabei bestand es jedoch aus einem ganz anderen Material, dies war offensichtlich. An der Spitze des Gebildes brach ein Strahl hervor, ähnlich dem des Feuerrads. Er schien jedoch viel konzentrierter zu sein. Blau leuchtend erstreckte er sich bis zum Himmel hinauf. Dort oben musste sich irgendwo die Hütte der Götter befinden, am Tage konnte man diese jedoch nicht erkennen. Das glänzende Zelt besaß mehrere Öffnungen, von denen glitzernde Wege abgingen, die bis zur Felswand führten und dort in Höhlen mündeten. Auf diesen Pfaden schritten glänzende Tiere hin und her. Wobei sie nicht wirklich gingen, sie rutschten eher über die eigentümlichen Wege hinweg. In ihren Rücken trugen sie große Behälter, die voll beladen waren, wenn sie aus den Höhlen kamen und in das Zelt liefen. Wenn sie dieses jedoch wieder verließen, waren die Behältnisse hingegen leer. Die seltsamen Tiere schienen nicht wirklich frei zu sein. Sie sahen so aus, als könnten sie sich lediglich auf den schimmernden Pfaden bewegen. Zwischen den Wegen schritten seltsame Gestalten hin und her. Wenngleich sie Arme und Beine besaßen, so wirkten sie fremdartig. Die aufgequollen Leiber waren weiß wie die Wolken. An Armen und Brust trugen sie Materialen, die im Schein des Feuerrades blitzten. Wenngleich diese Wesen einen Kopf besaßen, so saß dieser doch recht tief zwischen den Schultern und war zu dem ziemlich groß. Gesichter hatten sie dagegen nicht. Nur eine glatte Fläche, auf die sich Kratz kaum einen Reim machen konnte.

Die beiden Menschen aus grauer Vorzeit hatten so etwas noch nie gesehen. Aber ihr Instinkt riet ihnen, sich besser nicht offen zu zeigen. Ihre Neugier dagegen veranlasste sie immer wieder dazu ihre Deckung kurzfristig aufzugeben, um zu beobachten, was ihre Götter taten.

»Was treiben die da?«, wollte Knat wissen.

»Sie hantieren mit seltsamen Dingen«, stellte Kratz fest, ohne zu wissen, was er genau beobachtete.

Die Götter trugen tatsächlich eigentümliche Werkzeuge bei sich, mit denen sie Handlungen vollführten, die für ihn keinen Sinn ergaben und womöglich zu einem Ritual gehörten. Einer der Götter trug einen langen Stab, den er immer wieder in den Felsboden steckte, als dieser versank, flammte dessen Spitze auf. Darauf blickte er auf eine leuchtende Fläche an dem Stiel, infolgedessen er den Stab wieder aus dem Stein heraus zog. Ein anderer trug eine illuminierte Tafel, auf der er herumdrückte.

»Da sind Wächter«, Knat deutete auf drei der Götter, die weit von den anderen entfernt am Rande des Kraters auf und ab schritten. Sie trugen seltsam anmutende Speere in den Händen, wobei dessen Spitze nach hinten zeigte, die Vorderseite war so klobig, dass sie höchstens als eine Art Knüppel eingesetzt werden konnte. Diese seltsamen Gebilde hielten sie auf eine Weise, die ihnen kaum gestattete damit zuzuschlagen. Dennoch hatte Knat Recht. Die Drei verhielten sich genau so, wie man es auf Wachposten tun würde.

»Warum sollten die Götter Wächter benötigen, sie müssten doch genau wissen, was um sie herum geschieht?«, stellte Kratz eine berechtigte Frage.

»Vielleicht wollen sie uns auch nur etwas Zeit einräumen, damit wir uns ihnen zu erkennen geben können«, schlug Knat vor.

Doch Kratz glaubte nicht daran. »Was ist, wenn das gar keine Götter sind?«

»Sowas darfst du nicht sagen«, brüskierte sich Knat, mehr aus alter Gewohnheit heraus. »Sieh dort, er hat uns bemerkt, weil du die Götter gelästert hast.«

Tatsächlich hatte einer der Wächter, der ihnen am nächsten Stand, seine Haltung verändert, dabei blitzte sein gesichtsloses Antlitz zu ihnen hinauf. Der Gott hob seine rätselhafte Waffe und zeigte damit auf den Ort, an dem sie sich versteckt hielten.

Ein nie gekannter Schreck fuhr den beiden in die Glieder. Sie wussten nicht, was folgen würde, allein der Überlebensinstinkt riet ihnen, Reißaus zu nehmen. Schnell tauchten sie hinter dem Felsen ab. Doch um eine schnelle und vor allem sichere Flucht zu ergreifen, war der Berghang viel zu abschüssig. Ihnen blieb nur die Möglichkeit sich am Rande des Kraters entlang zu bewegen. So schnell es der brüchige Untergrund zuließ veränderten sie ihre Position. Ein flüchtiger Blick über den Rand des Kraters verriet Kratz, dass der Gott sie immer noch an ihrer vorigen Stelle vermutete. »Siehst du das?«

Jetzt dämmerte es auch Knat. »Wenn er ein Gott ist, dann müsste er doch wissen, wo wir sind.« Er beugte sich etwas zu weit nach vorne, um den fragwürdigen Gott besser in Augenschein nehmen zu können. Dabei löste Knat unachtsamer Weise etwas lockeres Gestein, welches sogleich geräuschvoll in den Krater hinabrutschte. Erst dies war nötig, um den vermeintlichen Gott auf ihre Position aufmerksam zu machen. Was jedoch nun geschah war angetan Kratz‘ Vermutung, dass es sich hierbei um keine Götter handelte, ins Wanken zu bringen. Die eigentümliche Gestalt hob seine seltsame Waffe und zeigte damit in ihre Richtung. Aus der Spitze löste sich ein grelles Licht. Im Bruchteil eines Wimpernschlages flammte der Felsen vor ihnen auf und zerfloss, zu glühender Lava.

Kratz und Knat spürten die Hitze des Gesteins vor ihnen. Wenngleich diese auf der Haut regelrecht brannte, so waren sie unverletzt.

Knat fand als Erster die Sprache wieder. »Das müssen doch Götter sein...«, er schien völlig außer sich.

Die Götter sind allwissend und unfehlbar, gingen Kratz die Worte ihres toten Schamanen durch den Kopf. »Er hat nicht getroffen«, sprach er zweifelnd. »Ein Gott hätte doch wissen müssen, wo wir sind und er hätte uns treffen müssen.«

»Er kommt«, unterbrach Knat die Überlegungen seines Freundbruders.

Tatsächlich schritt die rätselhafte Gestalt über den Grund des Kraters auf ihre Position zu.

»Er will wissen, ob er uns getroffen hat«, schlussfolgerte Kratz, der nun endgültig den Glauben an ihre Götter verlor. »Schnell.« Mehr musste er nicht sagen. Wie bei einer Jagd teilten sich die beiden auf. Kratz und Knat huschten in entgegengesetzte Richtungen über den Kraterrand.

Immer wieder riskierte Kratz einen Blick aus der Deckung. Die weiße Gestalt gab gerade den anderen beiden Wächtern ein Zeichen, welches wohl bedeutete, ihm nicht zu folgen.