In unendlicher Ferne - Emylia Hall - E-Book
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In unendlicher Ferne E-Book

Emylia Hall

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Beschreibung

In dem abgelegenen, wildromantischen Küstennest Merrin in Cornwall genießt Robyn Swinton die letzten Sommertage und stürzt sich mit ihrem Surfbrett in die Fluten. Doch es geschieht ein Unglück. In allerletzter Sekunde wird sie gerettet. Dieser Moment verändert ihr Leben für immer, und nicht nur ihres, auch das von Jago Winters, der sie gerade noch aus den Wellen ziehen konnte. In den folgenden sieben Jahren führen Robyns und Jagos Wege sie in unterschiedliche Richtungen, in pulsierende Großstädte und verträumte Küstenorte, kreuzen sich aber dennoch immer wieder. Wird das Band, das beide seit dem Tag am Meer verbindet, stark genug sein, um sie zusammenzuführen? Oder hat das Leben sie bereits zu weit voneinander entfernt?

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Zum Buch

In dem abgelegenen, wildromantischen Küstennest Merrin in Cornwall genießt Robyn Swinton die letzten Sommertage und stürzt sich mit ihrem Surfbrett in die Fluten. Dann geschieht ein Unglück. Doch in allerletzter Sekunde wird sie gerettet. Dieser Moment verändert ihr Leben für immer, und nicht nur ihres, auch das von Jago Winters, der sie gerade noch aus den Wellen ziehen konnte.

In den folgenden sieben Jahren führen Robyns und Jagos Wege sie in unterschiedliche Richtungen, in pulsierende Großstädte und verträumte Küstenorte, kreuzen sich aber dennoch immer wieder. Wird das Band, das beide seit dem Tag am Meer verbindet, stark genug sein, um sie zusammenzuführen? Oder hat das Leben sie bereits zu weit voneinander entfernt?

Zur Autorin

EMYLIA HALL, geboren 1978, Tochter eines englischen Künstlers und einer aus Ungarn stammenden Kostümbildnerin, wuchs in einem Vorort von Devon im Südwesten Englands auf. Nach ihrem Studium in York und Lausanne arbeitete sie für eine Werbeagentur in London, bevor es sie in die französischen Alpen verschlug. Dort entschloss sie sich, ihren lang gehegten Traum vom Schreiben Wirklichkeit werden zu lassen. Inzwischen lebt sie mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn in Bristol. Ihr Debütroman »Mein Sommer am See« war international erfolgreich.

EMYLIA HALL

In unendlicher Ferne

Roman

Aus dem Englischenvon Astrid Mania

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Die englische Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel »The Sea Between Us« bei Headline Review, London.

1. AuflageDeutsche Erstveröffentlichung März 2017Copyright © 2015 Emylia HallCopyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2017 by btb Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 MünchenUmschlaggestaltung: semper smile, MünchenUmschlagmotiv: © Doug Armand/Getty ImagesSatz: Uhl + Massopust, AalenAH · Herstellung: scISBN 978-3-641-18553-4V001www.btb-verlag.dewww.facebook.com/btbverlagBesuchen Sie unseren LiteraturBlog www.transatlantik.de

Für Bobby und CJ

Lebe im Sonnenschein, schwimme im Meer und trinke die wilde Luft.

Ralph Waldo Emerson

Prolog

Jago, New Mexico, die Gegenwart

Jago hörte die Pferde, noch ehe er das Feuer hörte. Er hatte geschlafen und sich aus seinem Laken frei gestrampelt. Etwas hatte ihn geweckt. Die Nacht war tief an diesem Ort, sie kam aus den Bergen und ergoss sich in einem schwarzen Strom über den Wüstengrund. Manchmal wurde sie von einer Salve Kojotengebells begleitet, dem Hin und Her der rasselnden Zikaden, doch sie war fern vom städtischen Getöse, von Rufen und Sirenen, Reifenquietschen, dröhnender Musik. Die Nacht war eine dunkle Decke, die sich erst im rosig-frühen Licht des Tages hob.

Jago riss die Augen auf. Er lag still da und lauschte. Eine spürbare, wenn auch unerklärliche Unruhe hatte ihn erfasst. Da erklang ein gellender Schrei, der warnende Ruf eines jungen Hengstes. Jago schwang die Beine aus dem Bett und eilte zur Tür. Seine nackten Füße klatschten über die Veranda und ihr Holz. Draußen war es stickig, ein brütend heißer Wind bewegte rasch die Luft. Jago wandte den Kopf in alle Richtungen und atmete tief ein. Asche. Der charakteristische Geruch setzte sich ihm in den Rachen. Jago suchte den Himmel ab. Angst stieg in ihm auf. Dann sah er die neonstichige Wand aus Rauch, die von Westen heranrollte. Hörte, wie sie sich durch trockenes Gebüsch fraß. Wie Kakteen barsten. Der erbarmungslose Heißhunger des Buschfeuers.

Jago stürzte zurück ins Haus, zog sich Stiefel an und mühte einen Arm in sein Hemd. Im Haupthaus war niemand, den er wecken musste. Annie war in Phoenix auf der Hochzeit ihrer Kusine; zu dieser Stunde schlief sie ganz gewiss, in ihrem Atem süße Cocktails, ihr Kleid zerknittert auf dem Boden. Pico war in Albuquerque bei seinem kranken Vater. Jago war allein auf der Ranch. Mit ihm nur die siebzehn Pferde, die jedes einen Namen und eine Geschichte hatten und sich auf zweihundert Morgen Weideland verteilten, und die Feuersbrunst, die dem Wind gehorchte. Jago hörte die Schreie jetzt sehr deutlich, eine Folge schriller Laute, unter die sich entsetztes Wiehern und rastloses Hufgetrommel mischten.

Ihm blieb nichts anderes zu tun. Er eilte auf sie zu.

Robyn, Cornwall, die Gegenwart

Merrin war Jagos Reich gewesen, lange bevor es auch zu ihrem wurde. Selbst nun, da er fort war, war er überall. Er war im rostig roten Farngestrüpp und in den Windungen der Wege. Er war in jener Bucht, die sie Rockabilly nannte, in den perfekten Wellen und dem endlosen Meer in Blau und Grau und Grün und wieder Blau. Er war im Wiesengras und Meereswind. Er war sogar in ihrem Atelier.

Auf dem Tisch, zwischen ihren Pinseltöpfen, bewahrte Robyn kleine Schätze auf, Schätze, die einst verheißungsvoll geschimmert hatten und nun eingetrocknet waren. Sandige Muscheln, eine Handvoll Kiesel, so sanft und rund wie Karamellbonbons, eine Sepiaschale in ihrer zarten Makellosigkeit. Wenn Robyn dort saß und arbeitete, Farbe und Bleistift auf ihr Blatt setzte, streiften ihre Finger über die kleinen Reliquien und suchten Trost in der Erinnerung. Doch wenn sie die Erinnerung dann fand – den Blick aus seinen wasserblauen Augen, als er neben ihr am Strand gelegen, die Ahnung eines Lächelns, als er die Gitarre seiner Mutter sanft gehalten hatte –, wurde ihr bewusst, dass solche flüchtigen Momente bei Weitem nicht genügten. Nicht wenn er noch irgendwo da draußen war, ein Mensch aus Fleisch und Blut, und über einen anderen Grund und Boden als den Merrins schritt, mit anderen Menschen als mit ihr sprach und ein Leben lebte, das stets mit ihr verbunden bliebe, letztlich aber doch von ihrem abgespalten war. Dann wanderte ihr Blick zum Fenster. Dann schaute sie und schaute, als ob sie über den Atlantischen Ozean hinüberblicken wollte. Sie beschwor den Horizont und suchte einen Fixpunkt, den Umriss einer Andeutung, eine winzige Anhöhe aus Klippen, einen spindeldürren Leuchtturm: wenn es nur die andere Küste näher rücken, Jago nicht mehr ganz so fern erscheinen ließ.

Gischt

Ein fesselndes Schauspiel. Ablandige Winde wühlen die Wellenkämme auf, Schaumkronen stürzen weißen Pferden gleich ans Ufer.

eins

Sieben Jahre zuvor

Der Pfad zur Bucht war holprig und steil; tunnelgleich drängte er zwischen Rhododendren und Efeuschlingen in die Tiefe. Robyn bewegte sich nur vorsichtig voran, die sperrige Last behinderte sie. Beim Surfboard-Verleih hatte das Brett so leicht gewirkt, hatte es so forsch in Blau und Gelb geblitzt. Nun aber, da sie es an der Nase zog und das Brettende hinter ihr her holperte, gab sie sich schon als Neuling zu erkennen, noch ehe sie im Wasser war. Ihr Wetsuit klebte an den falschen Stellen an, hinten saß er eng, vorn beulte er aus, der Reißverschluss stieß ihr an das Kinn. Sie war froh, dass sie allein war, nicht an den Touristenstrand mit seinen Bergen hellen Sands und sanftem Wellengang gefahren war, sondern Rockabilly als den Ort ihres ersten Surfgangs auserkoren hatte.

Sie hatte die Bucht drei Wochen zuvor entdeckt, an ihrem zweiten Tag in Cornwall, und sich sofort verliebt. Mit dem Umzug in den äußersten Westen Englands hatten sich ihre Eltern einen Traum erfüllt, nicht sie. Die Swintons waren von Natur aus Vorstädter, ruhige Festlandbewohner, doch auch sie hatten den Ruf der See vernommen. Selbst als sie noch in einer Straße mit ordentlich geteerten Einfahrten und gepflegtem Gartengrün gelebt hatten, hatten im Wohnzimmer Seestücke gehangen, jedoch nicht von der harmlosen Art, wie sie die Wände von Kindergärten zierten. Bei ihnen gab es aufgeregte Ozeane, energische Farben auf Leinwand, die eine junge Robyn ebenso beunruhigt wie begeistert hatten. Im Laufe der Jahre hatten Marilyn und Simon Swinton ihr Leitmotiv in vielen Varianten durchgespielt: Eines Tages kaufen wir ein Haus auf den Klippen, und weit und breit kein Nachbar, wir werden am Morgen wach, und der Geschmack von Meer liegt in der Luft, wir legen uns mit dem Klang der Wellen schlafen. Robyn hatte ihre Nachbarschaft gemocht. Es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, Meeresdonnern gegen das Radio von nebenan oder karge Klippen gegen die weißen Lattenzäune einzutauschen, die sämtliche Gärten voneinander trennten. Ben, ihr älterer Bruder, war schon längst ausgezogen; er war den Cornwall-Planungen entgangen. Robyn, dreizehn Jahre jünger, war das späte Kind, der Unfall, die Präsenz, auf die man zunächst mit blankem Entsetzen und dann mit schuldbewusstem Lächeln reagiert hatte. Ihr Platz im Haushalt der Swintons war der einer Katze ähnlich: An ihrer Zugehörigkeit bestand kein Zweifel, doch sie gab sich nie der Illusion hin, dass sich das Leben der Familie allein um sie drehte. Robyn war immer schon unabhängig, hatte ihr Vater gern gesagt, als ob es sich dabei um eine Leistung gehandelt hätte und dies nicht schlichter Notwendigkeit entsprungen wäre.

Von dem Haus aus, das nun wohl ihr Zuhause war, erwies sich der Pfad als der kürzeste Weg zum Meer. Mit schnellem Schritt benötigte Robyn sieben Minuten, mit einer schweren Last doppelt so lang und länger. Die Bucht trug sicher einen Namen, einen Namen, der auf Karten verzeichnet war, zum Wortschatz der Ortsansässigen gehörte, Robyn aber hatte sie Rockabilly getauft. Das Wasser war halbmondförmig von grob gekerbten Klippen umfangen, davor verlief zu beiden Seiten hin eine gezahnte Felsenreihe. Der linke äußere Felsen ragte in einer erstaunlichen Windung vor, gerade so, als würde er für eine Kamera posieren. An dem Tag, als Robyn Rockabilly entdeckt hatte, war sie bis zu seiner Granitformation hinausgeklettert und hatte sich mit Fingern und Zehen an der rauen Oberfläche festgeklammert. Um sie herum hatte der Wind gepfiffen, zu ihren Füßen die See getobt. Robyn hatte bis zehn gezählt und ausgeharrt, es war ihre eigene kleine Einweihungszeremonie. Als sie im Anschluss auf der Klippe gesessen und verfolgt hatte, wie die Flut zurückwich, hatte die Bucht es ihr gedankt. Zum Vorschein war ein Strand gekommen. Zwar war er voller Tang und Kieselnarben und im Vergleich zu anderen Orten dünn und schmal, doch es hatte etwas Magisches gehabt, dort einen Streifen Strand zu sehen, wo man ihn am wenigsten erwartete. Als die Sonne den dunklen Sand zu Gold gebacken hatte, war Robyn hinuntergeklettert und hatte auf seiner unberührten Fläche ihre Spuren hinterlassen.

Die Idee zu surfen war ihr später erst gekommen. Die Swintons waren mitten in der Feriensaison in Cornwall eingetroffen, als auf sämtlichen Wiesen Autos standen und die Strände zu Flickenteppichen aus Handtüchern und gestreiften Windabweisern wurden. Robyns Eltern hatten sich wie Landaristokraten bei einem Gang über ihr Anwesen durch die Touristenmengen bewegt und huldvoll in die Runde gelächelt. Robyn hatte sich ihrer Gesellschaft entzogen und nach Menschen Ausschau gehalten, die den Anschein erweckten, als würden sie in Cornwall leben. In Sennen war sie auf ein Trio aus Surferinnen gestoßen, junge Frauen mit schmaler Taille und muskulösen Armen, sommersprossigem Gesicht und vergnügtem Lachen. Robyn hatte beobachtet, wie sie ins Wasser gelaufen, die Bretter scheinbar schwerelos unter den Arm geklemmt, und in die Brandung gepaddelt waren. Dann war der Moment gekommen, und sie waren aufgestanden, eins, zwei, drei. In rascher Folge hatten sie die Wellen geritten und vor Glück gejauchzt. Hinterher hatte Robyn zugesehen, wie sie sich neben ihrem zerbeulten Auto, in dem Musik gelaufen war, umgezogen hatten, wie sie rasch und unbefangen aus ihren Bikinihöschen hinaus und in Jeans und Pullover geschlüpft waren. Robyn hatte sich ihnen mit geübter Lässigkeit genähert und mit einer Hand an ihrem Haar gespielt. Sie hatte gefragt, ob sie aus der Gegend seien, und sie hatten den Kopf geschüttelt und grinsend Schön wär’s gesagt. Robyn hatte ihrem Auto nachgesehen und sich gefragt, ob sie in Cornwall jemals solche Freunde finden würde und sie auch so etwas lernen könnte. Als die sommerlichen Menschenmassen abreisten, der September noch in warmem Glanz erstrahlte und die Semesterferien noch nicht ganz vorüber waren, hatte Robyn beschlossen, sich in Rockabilly selbst auf dem Surfbrett zu versuchen.

So stolperte sie nun aus dem Dickicht des Pfads hervor und mühte sich durch den Sand. Sie ließ ihr Brett fallen, stemmte die Hände in die Hüften und holte tief Luft. Sie stand eine Weile da und sah sich um. Das Wasser war, wo es an den Himmel stieß, tiefblau. Schneeschäumende Brecher krachten und zischten an den Strand, hinter ihnen eine stachelige Muschelspur. In Robyn kribbelte die Vorfreude, eine heiße Unruhe. Sie zerrte am Kragen ihres Wetsuits. Wie gut, dachte sie, dass sie niemand sah.

Jago beobachtete, wie sie auf den Sand stolperte. Das Brett hing mit dem Ende noch im dornigen Gestrüpp. Jago hatte gar nicht vorgehabt, ihr zu folgen, doch er führte Scout aus, und dabei hatte er gesehen, wie sie über die Weide gegangen und in dem Dickicht, das zur Bucht führte, verschwunden war. Ihr Gang wirkte entschlossen, obwohl sie mit dem Brett zu kämpfen hatte. Jago machte die lange Runde auf dem Weg zur Bucht. Seiner Bucht. Der Bucht, in die Touristen sich sonst nicht verirrten. Sein Hund folgte ihm auf den Fersen, die Nase in der Luft, als ob er einen Wetterumschwung wittern würde.

Vor drei Wochen hatte Jago das Mädchen zum ersten Mal gesehen und sie seither schon einige Male beobachtet. Womöglich teilte sich die Welt so auf, in Menschen, die sahen, und Menschen, die gesehen wurden. Er hatte auch erlebt, wie ihre Familie eingezogen war. Das Mädchen war aus dem Auto gestiegen, hatte die Arme in die Luft gestreckt, gegähnt und sich gedehnt. Dabei war ihr T-Shirt nach oben gewandert, und er hatte kurz die schwanenbleiche Haut gesehen. Das Mädchen war ihren Eltern ins Haus gefolgt. Begeisterter Jubel war erklungen. Jago kannte das Haus: Es hatte Steinböden und ausladende Fenster und einen Kamin so groß wie ein ganzes Zimmer; sie waren zu Recht angetan. Sie hatte den Kopf einziehen müssen, denn die Türen waren niedrig, und sie war groß. Gertenschlank. Wenn der Begriff auf irgendjemand passte, dann auf sie. An ihr war alles lang und zart, und das Haar, das ihr weit über die Schultern reichte, war weißblond.

Als später Umzugswagen, Sofas und Hutständer auf der Straße gestanden hatten und eine Kiste nach der anderen ins Haus getragen wurde, hatte er ihr Gesicht an einem der Fenster im oberen Stock gesehen. Sie hatte es weit aufgerissen, die Meeresluft tief eingeatmet und die Aussicht erkundet. Er hatte ihr gewünscht, dass sie den glitschigen Kopf eines spielenden Seehundes erahnen könnte, das blitzende Segel eines großen Bootes, eines der vielen kleinen Wunder dort. Doch offenbar hatte ihr auch so gefallen, was sie sah, denn ihr Mund hatte sich zu einem Lächeln verzogen. Dann war sie wieder im Haus verschwunden; das Fenster blieb offen.

Und nun war sie in seiner Bucht. Sie hatte den Wetsuit verkehrt herum angezogen, der Reißverschluss saß vorn, das Neopren beulte sich am Bauch. Jago verkniff sich ein Grinsen. Er verfolgte, wie sie das Brett fallen ließ und aufs Meer schaute, und fragte sich, ob sie überhaupt bis zum Wasser kommen würde. Der waldige Pfad war kein leichter Abstieg, daher hatte die Bucht nur wenige Besucher. Mit einem Surfbrett, vor allem einer riesigen Banane, wie das Mädchen sie herumschleppte, musste es besonders mühsam sein. Jago ging in die Hocke und wartete ab. Das Mädchen packte das Brett und zog es Richtung Wasser, die Fußleine schlängelte sich zwei Meter lang träge hinterher. Dann stürzte sich das Mädchen von einem plötzlichen Entschluss getrieben in die See und landete anmutig, schwerelos auf dem Brett. Die magische Verwandlungskraft des Wassers. Vielleicht war es doch nicht das erste Mal. Vielleicht. Jago legte sich auf den Bauch und beobachtete, wie sie hinauspaddelte.

Robyn klatschte der ungestüme Ausläufer einer Welle ins Gesicht. Sie schluckte Salzwasser, senkte den Kopf und kämpfte sich mit zusammengebissenen Zähnen weiter vorwärts. Der Reißverschluss des Wetsuits bohrte sich in ihre Haut. Er würde einen Abdruck hinterlassen, genau in ihrer Mitte, die ersten Spuren ihres Kampfes, wenn auch schwache. Unter ihr hüpfte und schwankte das Brett, doch sie fand sich in den Rhythmus ein, ritt bäuchlings über Wellen und blinzelte in die Gischt. Vor ihr lag die See silbern schimmernd in der Sonne. Draußen in der Ferne, vor dem Horizont, war das Wasser ernst und schön, doch als sich ihr Brett bis an den Rand der Bucht vorschob, tobte eine wilde Brandung an den Felsen. Der markante Fels war Robyns Grenze. Als sie diesen Felsen erreichte, hörte sie zu paddeln auf und griff an die Kanten des Bretts. Mit aller Kraft schwang sie es herum in Richtung Strand. Sie strampelte mit den Beinen und streckte sich, damit sie an die Nase kam. Alles sah so anders aus. Die Bucht wirkte so viel kleiner, die Klippen neigten sich viel sanfter, das waldige Dickicht erschien so friedlich wie ein Bauerngarten. Eine forsche Brise griff nach Robyns Haar.

Sie war überraschend weit hinausgepaddelt. Jago hatte das Kinn in die Hand gestützt, hinter ihm schnüffelte Scout im Gras umher. Jago hatte nie gesurft; er fühlte sich am Ufer wohler: Er angelte, las Strandgut auf und führte seinen Hund aus. Er hatte einen seiner Großväter an die Nordsee verloren, Felsen hatten dessen Boot in einer sturmgepeitschten Nacht zermalmt. So war sein Dad, damals noch ein kleiner Junge, vaterlos und voller Argwohn aufgewachsen. Vielleicht hatte sich das auch auf Jago übertragen: ein angeborenes Empfinden für die Zwiespältigkeit des Meeres allem Leben gegenüber, mit Ausnahme seiner eigenen ungezähmten Seele. Wenn zu viele Gläser dunklen Ales in Jagos Vater wogten, wurde Denny Winters melancholisch; es sei das unselige Schicksal seiner Familie, sagte er, die ihr wichtigsten Menschen zu verlieren. Wir können sie nicht halten, Jago, das ist unser Los, wir müssen damit leben. Jago wusste, dass das nicht an mangelndem Willen oder Bemühen lag. Er hatte miterlebt, wie sich sein Vater im Krankenhaus von Penzance, seine kräftige Statur in einen kläglichen Stuhl gepresst, über den gebrochenen Leib seiner Frau gebeugt, seine Finger mit ihren verschränkt, geflüstert und gemurmelt hatte, und das lang, nachdem die Maschinen abgeschaltet worden waren.

Das Mädchen stieß einen wilden Schrei aus, der Jago aus den Erinnerungen riss. Die Fremde lag, wie ein sonderbarer Meeresvogel, der sich auf die Flügel stemmt, auf ihrem Brett. Sie paddelte heftig, eine Welle kam auf sie zu, packte sie und hob sie hoch, als wäre sie aus Luft. Erst jetzt bemerkte Jago, dass er den Atem angehalten hatte. Einen Augenblick lang wirkte es, als ob sie es schaffen würde, doch sie verlor das Brett. Wie eine mächtige Rakete schoss es aus der Brandung hoch. Einen Augenblick lang trotzte alles den Gesetzen und stand still, das Brett in der Luft, das Mädchen in den Wellen. Dann schlug das Brett auf dem Wasser auf und riss das Mädchen mit sich. Jago sprang auf. Unten, auf dem Meer, hüpfte das Brett in aller Unschuld auf und ab, hin und her im Sog des Wassers. Das Mädchen tauchte nicht mehr auf. Jago rannte los.

Robyn traf es mitten ins Gesicht. Sie schlug auf dem Meeresboden auf. Ein Fels streifte sie am Ellbogen. Sie ruderte, griff danach, strampelte wie wild. Eine ungeheure Kraft packte sie und zerrte sie zurück nach oben. Einen winzigen Augenblick nur war da Licht, sie schnappte nach Luft, wie ein Fisch, dann ging sie wieder unter. Die Strömung riss an ihr und hielt sie unter Wasser. Ihr Haar trieb im Meer, ihre Arme kämpften; sie hatte kein Gefühl dafür, wo oben war. Ein zweites Mal schlug sie auf Sand auf, Kiesel knirschten zwischen ihren Zehen, dann wurde sie erneut herumgewirbelt. Sie war orientierungslos, doch ihre Sinne waren wie geschärft: Da war ein Stechen in der Nase, ein Dröhnen in den Ohren, im Mund schmeckte es nach Eisen. Ein Feuer in der Lunge, ein Brennen in der Kehle. Sie öffnete die Augen. Sah Sterne. Dann war alles schwarz. Selbst wenn irgendjemand sie entdeckt hätte, sie hätte ihm nicht winken können. Selbst wenn irgendjemand sie gehört hätte, sie hätte ihn nicht rufen können. Entsetzen packte sie. Es schien unabwendbar. Und trotzdem strampelte sie, schlug um sich, kämpfte gegen den Griff der See.

Als die Hände kamen, kamen sie wie aus dem Nichts. Sie spürte den entschlossenen Griff, einen Körper, der sich dicht an ihren drängte. Erst kämpfte sie auch damit, dann erschlaffte sie, ergab sich. Was immer auch geschah, es sollte wohl geschehen. Langsam, sicher wurde sie zurück zum Licht bewegt.

Jago kam mit Robyn in den Armen an die Oberfläche. Er schnappte nach Luft. In den Augenwinkeln tanzten Sterne. Ihr Brett wippte auf den Wellen. Ruckweise, unbeholfen bewegte er sie beide darauf zu. Sie hatte sich um ihn gewunden, er konnte nur mit einem Arm und einem Bein schwimmen. Als er nach dem Brett griff, rutschte seine Hand ab, und sie gingen wieder unter. Doch er würde sie nicht verlieren, nicht jetzt, nicht, nachdem er so darum gekämpft hatte, sie zu finden. Anfangs hatte er nur ihren Schatten gesehen, dann hatte er Tritte an seinem Knie und ihr Haar zwischen seinen Fingern gespürt. Er hatte sie dem Trudeln entrissen, festgehalten, sich mit grimmiger Entschlossenheit zur Wasseroberfläche hochgekämpft. Er spuckte Salzwasser und griff erneut nach ihrem Surfboard; in seinen Augen brannten Tränen. Er hob sie aus dem Wasser und legte sie behutsam auf das Brett. Ihre Augen blieben geschlossen, doch ihre Lippen bewegten sich, und eine Hand klammerte sich fest an ihn. Er mühte sich ebenfalls auf das Brett und legte sich hinter sie. Er keuchte vor Anstrengung. Er hielt sie mit seinem Körper sicher und stabil, den Kopf immer über Wasser. Seine Hände zitterten, in den Innenseiten seiner Handgelenke zeichneten sich ihre Fingernägel ab, ein Halbmond nach dem anderen. Sie lag still da, unter ihm, die Brust flach an das Brett gepresst, doch sie hustete, und dann erneut. Langsam, stetig begann er zu paddeln. In allen Muskeln brannte Schmerz.

Als das Brett am Strand auftraf, war er abgekämpft. Sie wiegten sich im Flachwasser, wie verankert. Nichts rührte sich. Dann bewegte sie sich, zuckte unter ihm. Mit feuerroten Wangen rollte er von ihr. Sie hustete Salzwasser, er löste Tang aus ihrem Haar. Zum ersten Mal sahen sie sich an. Ihre Augen waren grün wie Gras und ungewöhnlich hell. Angst stand nicht darin, auch nicht Erleichterung, nichts von alledem, was er erwartet hatte.

In Robyns Brust schlug das Herz wie wild, ihr Atem hatte sich noch nicht beruhigt. In ihrer Nase, sie war voller Blut, brannte es. Doch als sie ihn ansah, hatte sie nur Staunen, Staunen dafür, dass sich dieser fremde Mensch als so überlebensnotwendig erwiesen hatte.

»Du hast mich gerettet«, sagte sie, ihre Stimme nur ein Krächzen, »ohne dich …«

»Du hättest es auch so geschafft«, sagte Jago.

Schon als die Worte seinen Mund verließen, hätte er sie lieber aufgehalten, etwas anderes gesagt, alles, solange es nicht hieß, dass dieses Mädchen, diese Fremde, überleben konnte ohne ihn.

zwei

Dort, wo das Festland an sein Ende kam und das Meereswogen seinen Anfang nahm, da lag Merrin. An diesem winzigen Ort, auf Karten nichts als ein kleiner Punkt, brach die Erde auf, in üppiges Gewirr aus Efeuranken und Wälder voller Kletterpflanzen. Nebeldurchzogene Felder mit rundlichen Schafen und honigbraunen Kühen drängten sich an Heidelandgebüsch. Die See war überall.

Den Touristenbussen, die über die Straßen Richtung Land’s End oder Sennen und Porthcurno zu den goldenen Stränden eilten, entging das kleine Merrin, wie auch den Spaziergängern, die auf den Küstenwegen wanderten. Wenn der Wasserstand gerade günstig war, erhaschten sie womöglich einen Blick auf jenen schmalen Strand in Robyns Rockabilly-Bucht, aus großer Höhe jedoch bot sich ihnen dort lediglich ein Getümmel schwarzer Felsen, ein rastloses wässriges Strudeln, und sie gingen weiter. Sie kamen nicht auf die Idee, sich ins Landesinnere zu wenden und das Feld zu überqueren, auf dem Weg zu jenen beiden Häusern, die eine Wegeskurve nur, eine Wiesenspitze und eine Gruppe Bäume trennten.

Die beiden Häuser waren recht verschieden. Mit seinen Nebengebäuden wies sich Hooper’s House als Farm aus, obwohl es sehr lange her war, dass dort Landwirtschaft betrieben wurde. Das Haus war aus grauem Stein gemauert, besaß ein Satteldach aus grobem Schiefer und schien so alt wie die Erde selbst zu sein. Das andere Haus war blank und hell wie eine Welle vor dem Überschlag und zwinkerte mit seinen Fenstern in die Welt. Sein Name, White Sands, war in etwa so ausgefallen wie die Gedankenwelt der vielen Menschen, die dort kamen, gingen, wiederkamen. Der äußerste Westen war nicht ganz so wie der Rest von Cornwall. Er war wilder, der Himmel diffus und die Nebel wogend, und am falschen Tag, zur falschen Zeit, in der falschen Stimmung schlich sich etwas Trostloses heran. Dann fiel aus schwarzen Wolken Regen, im Nebel ging das Land verloren, Salz brannte auf der Zunge, und die See tobte; so mancher fragte sich an solchen Tagen, ob es die richtige Entscheidung war, den Urlaub auf ein ganzes Leben auszudehnen. Die Bewohner von Hooper’s House jedenfalls hatten sich daran gewöhnt, dass sie in White Sands ständig neue Menschen sahen: Alle zwei oder drei Jahre kam und ging ein neuer Trupp.

»Wir wollten gleich nach Ihrem Einzug rüberkommen, aber unsere Manieren sind nicht mehr das, was sie mal waren.«

So stand Denny Winters vor der Tür. Marilyn Swinton streckte ihm eine kühle, zarte Hand entgegen, während die andere mit einer Perlenkette spielte. Sie neigte den Kopf und lächelte. Ihr aschblondes Haar, ein kesser Bob, blieb beinahe unbewegt.

»Ich bin Denny«, sagte er, »und das ist Jago, mein Junge. Wir sind Ihre nächsten, na ja, Ihre einzigen Nachbarn weit und breit.«

Robyn verfolgte die Szene von oben. Als es an der Tür geklopft hatte, war sie gerade auf dem Weg nach unten gewesen und hatte voller Neugier aus dem Fenster des Treppenabsatzes geschaut. Als sie gesehen hatte, wer es war, hatte sich der Boden unter ihr geneigt. Sie lauschte, eine Hand vor dem Mund, um ihr heftiges Atmen zu ersticken. Sie hatte ihn seit Rockabilly nicht gesehen, seit drei Tagen, denn sie hatte nicht gewusst, wo sie nach ihm suchen sollte. In der Hocke vor dem Fenster wiederholte sie den Namen. Jago. Es klang fremdländisch, hart und weich zugleich. Jay-go. Vermutlich war der Name kornischen Ursprungs, aber das wusste sie nicht, sie wusste gar nichts über diesen Jago.

Der Gedanke an ihn hatte sie überallhin verfolgt, mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Ratlosigkeit. Man konnte einem anderen nicht das Leben retten und es mit einem Achselzucken abtun, einfach über den Strand schlendern und nach seinem Hund pfeifen. Wieder und wieder hatte sie versucht, die Einzelbilder ihres nassen Ringens aneinanderzureihen, doch das Ganze blieb verschwommen. Bei einem nur war sie sich sicher: Mit ihm, Jago, hatte sich alles gewendet. Wenn sie die Augen schloss, spürte sie noch immer seine Hände, seinen Griff, der so stark gewesen war, dass sie nicht länger um sich schlagen, kämpfen und sich fragen musste: War es das? Doch erst am Strand hatte sie ihn wirklich wahrgenommen. Und in dem Moment begriffen, dass es wirklich das war. Nicht das Ende, nein, ein Anfang. Sie hatte ihm nachgesehen, als er fortgegangen, dem Wasser ausgewichen war, seine Spuren in den Sand gegraben hatte. Und nun stand er vor ihrer Tür.

Ihre Eltern, die neuen Bekanntschaften sonst mit Überschwang begegneten, waren seit dem Umzug nach Merrin in sich selbst versunken, doch mit seinen schlierigen Fenstern und seinem verfallenen Innenhof, dem schlammbespritzten Pick-up und dem Stapel alten Brennholzes hatte Hooper’s House auch nicht gerade an ihre Geselligkeit appelliert. Das gehört wahrscheinlich irgendeinem alten Kauz, der sich in Zeitungen hüllt, hatte ihr Vater gesagt. Ich schau vorbei, sobald wir eingerichtet sind, aber ich werde mit keinem Wort erwähnen, dass ich Arzt bin, sonst muss ich mir noch seine entzündeten Fußballen ansehen. Ihre Eltern hatten gelacht, und Robyn hatte sich gegrämt, weil von ihren neuen Nachbarn offenbar nichts zu erwarten war. Doch nun kauerte sie da und drückte sich die Nase an der Fensterscheibe platt, hielt den Atem an und schaute hinunter zu Jago, Jay-go, Jaaay-go, noch nicht Freund und doch schon mehr als das, so viel mehr. Er machte nicht den Eindruck, als hätte er drei Tage zuvor ein Leben gerettet. Doch einen gewöhnlichen Eindruck machte er auch nicht.

Allmählich wurden ihre Knie steif. Robyn änderte die Haltung. Jago hob den Kopf und sah in ihre Richtung. Sie wich zurück. Als ihre Mutter lachte, wagte sie sich wieder näher vor. Es wäre uns eine Freude, sagte Marilyn, die nun in ihrem Element und ebenso hinreißend wie hingerissen war. Aus diesem Grund, hatte Robyns Dad immer gesagt, sei sie die perfekte Arztgattin: Sie versüße die Momente, in denen er angesichts all der körperlichen Leiden barsch und nüchtern bleiben müsse. Doch nun war er im Ruhestand und vertrieb sich die Tage mit Gin Tonic und Aquarellmalerei. Letzteres war ein neues Hobby, und obwohl er ein lausiger Künstler war, ermutigte ihn Robyns Mum und schaute lächelnd zu, wenn er Farbe auf das Blatt mühte. Ich habe meine Freude daran, dass dein Vater einmal etwas macht, in dem er schlecht ist, sagte sie. Es ist so wunderbar, dass er ausnahmsweise nicht gewinnt. Bei einer Gelegenheit hatte er Robyn eines seiner Seebilder gezeigt. Grässlich, oder?, hatte er gesagt. Furchtbar, hatte sie bestätigt, woraufhin er derart glücklich gestrahlt hatte, als ob einem erfolgreichen Mann nichts Schöneres widerfahren könnte als das Zugeständnis, dass es irgendetwas gab, in dem auch er versagen durfte.

»Es wäre großartig, wenn Sie uns besuchen würden«, sagte ihre Mum. »Sie müssen unbedingt kommen.«

Auf dem Gebiet der Dinnerpartys waren ihre Eltern Veteranen. Gesalzene Nüsse in Silberschalen, knallende Korken und Salatbesteck gehörten ebenso zu deren Ablauf wie die gespielte Erleichterung, wenn die Gäste wieder fort waren, gefolgt von einem Two-Step in der Küche und einem wissenden Lächeln. Diese armen Menschen, da müssen sie hinaus in die Nacht, während wir auf ewig bleiben dürfen, lautete der Lieblingssatz ihres Vaters, dessen Schluss stets im Gelächter ihrer Mutter unterging. Ihre Zweisamkeit war ein Fest für sich.

Robyn rückte näher an das Fenster, um Dennys Antwort zu verstehen. Würden sie kommen? Quer über das Feld, mit einer Flasche Wein unter dem Arm, die Schuhe an den Spitzen feucht, das Haar vom Wind zerzaust? Jago schaute wieder nach oben, doch diesmal war Robyn nicht schnell genug. Sie lächelte. Winkte lässig. Wirbelte herum und stapfte die Treppe hinunter.

»Ach, da bist du ja, Liebes. Grade habe ich von dir gesprochen.«

Ihre Mum zog sie an sich. Seite an Seite, die Arme um die Taille geschlungen, standen sie auf der Stufe vor dem Haus. Jago und sein Vater schauten hoch.

»Du bist also Robyn«, sagte Denny.

Jagos Lippen zuckten unwillkürlich, als ob er sich an ihrem Namen versuchen würde. Robyn. Sein Haar war diesmal trocken, dunkelblond, und auch die Nase war nicht länger blutig rot. Robyn. Es gefiel ihr, dieser ach so kleine Moment, das Zittern einer Lippe, dieses Kosten ihres Namens. Sie wippte auf die Zehen.

»Hallo«, sagte sie.

Jago trat vor und streckte die Hand aus.

»Schön, dich kennenzulernen«, sagte er.

Sie wartete darauf, dass dem ein »Und zwar richtig« oder »Auf dem Trockenen« folgte, dass er in irgendeiner Weise auf ihre Begegnung anspielte. Er tat es nicht. Und doch war da ein Schimmern in den Augen, ein Blick, der nicht völlig reglos war. Robyn fragte sich, ob sie ihm die Karte trotzdem geben sollte, selbst wenn die Wirklichkeit ihre Worte gerade überholte.

Robyn sammelte Kunstpostkarten, seit sie dreizehn war, und der Inhalt ihrer Schachtel wuchs beständig. Manche Karten stammten aus Secondhandshops, mit abgeknickten Ecken und verschmiertem Poststempel, andere waren makellos und kamen aus Museumsshops und zeigten Robyns Lieblingsbilder: van Goghs sternenüberstrahltes Straßencafé, die schlichten, farbigen Scherenschnitte von Matisse. Irgendwo hatte sich auch ein Roy Lichtenstein befunden. Auf der Karte sah man ein Paar kurz vor dem Kuss, mit geschlossenen Augen und begierig geöffneten Lippen, umgeben von wirbelnden Wasserbahnen. Neben dem Bild stand, einem Comic gleich, ein Text. We rose up slowly, fing er an, wir tauchten langsam auf. Die restlichen Zeilen waren Nebensache. Robyn ging es einzig um das Bild, um die Strömungen, die zwischen dem Paar verliefen, um die Lippen, die sich beinahe trafen. Das waren sie und Jago, so waren sie sich begegnet, so war es geschehen, zumindest in ihren Tagträumen. Robyn hatte die Karte aus der Schachtel gezogen und darauf geschrieben: Ich kenne nicht mal deinen Namen, doch ich schulde dir mein Leben. Wie kann ich dir danken? Mit einem Kuss? Robyn X. Dann hatte sie gelacht, denn sie hätte ihm diese Karte nie gegeben, weil sie gar nicht wusste, wo sie nach ihm suchen sollte, und selbst wenn sie ihn gefunden hätte, hätte er das sicher doof gefunden, und dann hatte sie geweint, denn obwohl es wirklich gute Gründe dafür gab, dass die Karte in der Schachtel blieb, wollte Robyn unbedingt, dass er sie bekam.

»Freut mich auch, dich kennenzulernen«, sagte sie und ergriff seine Hand.

Am Tag nachdem das in der Bucht geschehen war, hatte Jago gesehen, wie sich Robyn im Garten auf der kleinen Anhöhe gesonnt hatte, auf einer leuchtenden Decke im fahlen Gras. Sie hatte sich, in einem Nichts von Bikini, auf die Ellbogen gestützt und in ein Buch vertieft; die Füße, an den Unterseiten so bleich und sanft wie eine Muschelschale, hatte sie nach oben gestreckt und träge auf und ab bewegt. Ein schmerzendes Verlangen hatte ihn durchdrungen. Er hätte zu ihr gehen können.

Nun stand er schweigend neben seinem Vater, der in sein unaufdringliches Flirtverhalten wechselte.

»Erwarten wir nur Sie beide?«, fragte Marilyn.

»Ja«, sagte Denny. Ein Zögern, dann ein rasches Grinsen. »Im Hooper’s House gibt es nur Jungs.«

Robyn sah zu Jago, doch er hatte den Kopf gesenkt und die Hände in die Taschen gesteckt.

»Nun, wir freuen uns außerordentlich, nicht wahr, Robyn? Sagen wir um acht, und bitte kommen Sie mit leeren Händen.«

Mit widersprüchlichen Empfindungen verfolgte Robyn, wie die beiden Männer das Grundstück verließen. Er war eine Traumgestalt gewesen, und plötzlich war er da, in den Kreis ihrer Familie gespült. Lieber wäre ihr gewesen, wenn sie sich ungestört gefunden hätten, in Rockabilly oder auf den ausgedörrten Feldern. Jago. Sie sagte seinen Namen, schob ihn auf der Zunge hin und her. Sie spürte dem Geschmack mit Wonne nach, und mit trotzigem Besitzanspruch. Wir tauchten langsam auf. Jago und sein Vater bogen in die Straße und entschwanden in den grünen Tunnel.

drei

»Glauben Sie, es war die richtige Entscheidung, dass wir hier rausgezogen sind?«

Simon hatte sich zurückgelehnt, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, der Inbegriff des Wohlbehagens. Vor ihm auf dem Tisch standen Wein- und Wassergläser und die Reste ihrer Mahlzeit, ein traditioneller Hühnerbraten mit einer Sauce aus Tomaten und Oliven, dazu ein Salat mit einigen überraschenden Zutaten wie der einen oder anderen Kaper oder Aprikosenscheibe. Robyn war das Gericht als Swinton-Klassiker bekannt, ein scheinbar müheloses Mahl. Während Denny die Frage ihres Vaters bedachte, schenkte ihre Mutter Wein nach.

»Kommt drauf an, was Sie hier suchen«, sagte Denny und rieb sich das Kinn. Sein Gesicht war mit Stoppeln übersät. Im Kerzenlicht wirkte seine Haut viel dunkler, das Blau seiner Augen intensiver. Er war, so fand Robyn, auf eine ungehobelte Weise attraktiv, sonnengegerbt und kantig. Jago, neben ihm, war sein Ebenbild, jedoch weicher, sanfter, ohne eingefurchte Krähenfüße oder kratzende Gesichtsbehaarung; seine Lippen waren vielmehr so üppig und rosa wie die eines Mädchens, seine Wimpern lang und dunkel. »Wenn Sie mich fragen«, sagte Denny, »gibt es kaum ’nen Ort, der schöner ist.«

»Was machen Sie eigentlich beruflich?«, erkundigte sich Simon.

»Holz. Tischlerei.«

»Mein Vater hat so gerne handwerklich gearbeitet«, sagte Marilyn verträumt. »Als wir Kinder waren, hat er uns ganz wunderbare Spielzeuge gemacht. Denny, was für ein schöner Beruf.«

»Ich hab versucht, Jago alles zu vermitteln, aber meistens läuft es umgekehrt. Er hat ein Gefühl dafür. Das feinere Gespür. War gut, dass er mit dem College aufgehört hat und mein Kompagnon geworden ist.«

Robyn beäugte Jago erneut über den Tisch hinweg, doch er sträubte sich noch immer, ihren Blick zu erwidern. Wer nahm denn heutzutage den Beruf der Eltern an? Niemand, oder? Winters und Sohn. Es stand in Großbuchstaben auf dem weißen Lieferwagen, der über Cornwalls Straßen rumpelte und es nie über den Grenzfluss schaffte. Eine echte Schande, dachte sie.

»Ich hatte immer gedacht, mein Sohn würde mir in die Medizin folgen«, sagte Simon wehmütig, »doch er ist dem Sirenengesang des Radios erlegen. Jetzt ist er Produzent. Was soll man machen. Und du, Robyn, mit deinem Studium der Kunstgeschichte, was du mal eines Tages tun wirst, ist mir sowieso ein Rätsel.«

Robyn verdrehte gutmütig die Augen. Der Scherz war alt, und sie wusste, was sie zu erwidern hatte. »Mir ist es ebenfalls ein Rätsel, falls es dir ein Trost ist.«

»Hat Ihre Familie schon immer in Cornwall gelebt?«, fragte Marilyn an Denny gewandt.

»Meine Familie?« Er lachte schroff. »Nein, haben wir nicht. Wir stammen von überallher. Ich leb hier jetzt seit, warten Sie …«, er zählte an den Fingern ab, »seit 76, jenem furztrockenen Sommer.«

»Gott, an den Sommer erinnere ich mich gut«, sagte Marilyn. »Wir sind in London schier verrückt geworden. Die ganze Stadt im Griff der Hitze, dem Ersticken nahe. Ich war damals im Hyde Park schwimmen, in dem See, das Wasser war so warm wie eine Badewanne.«

»Wann war das?«, fragte Simon.

»Als Ben in der Schule war, du in der Praxis warst und ich ganz allein in dieser Hitze fast geplatzt bin«, erwiderte sie und griff in gespielter Theatralik nach der Hand ihres Mannes. »Es war unerträglich.« Sie blickte erneut zu Denny. »Ben ist um einige Jahre älter als Robyn, um nicht zu sagen, um töricht viele Jahre. Er ist schon vor einer Ewigkeit aus unserem kleinen Nest geflüchtet.«

»Und was hat Sie hierhergeführt, Denny?«, fragte Robyn. »Nach Merrin, meine ich natürlich.«

Es fühlte sich komisch an, seinen Namen auszusprechen, ein wenig zu vertraut. Robyn spürte Jagos Blick heiß auf ihren Wangen. Vielleicht wäre »Mr Winters« die passendere Anrede gewesen.

»Ein Mädchen, was sonst«, sagte er mit einem Lächeln.

»Ist es denn nicht immer so?«, erwiderte Simon und schenkte sich nach.

Alle lachten, nur Jago und Robyn nicht.

»Rosalind hatte immer schon hier auf der Halbinsel gelebt. Sie ist hier geboren, und sie ist hier auch gestorben.«

»Oh, das tut mir leid«, murmelten Marilyn und Simon gleichzeitig. Denny zog eine Schulter hoch, ein halbes Achselzucken, ein rasches Kopfschütteln.

»Damals haben alle gesagt, dass das Leben weitergeht, und so war’s ja auch, oder?«

Denny sah zu Jago. Es wirkte, als ob er eine Hand ausstrecken oder ihn anderweitig mit in das Gespräch ziehen wollte, doch er unterließ es.

Robyn merkte mit einem Mal, dass sie den Atem angehalten hatte. Sie stieß ihn aus und musste husten. Eilig und mit brennenden Wangen griff sie nach dem Wasserglas.

»Oh, die Kerzen!«, rief Marilyn plötzlich. »Ich habe doch draußen im Garten lauter Kerzen angezündet, am Ende geht der Rasen noch in Flammen auf. Robyn, würdest du mal nachsehen? Das Dessert kannst du ja mitnehmen. Jago, vielleicht willst du mitgehen?«

Robyn ergriff dankbar die Möglichkeit zur Flucht. Sie stand eilig auf. Jago folgte ihrem Beispiel. Im gleichen Moment gingen sie zur Tür.

* * *

Im Garten zuckten Schatten. Kerzen in rubinroten Gläsern und brennende Fackelstöcke standen auf dem Rasen, eine Schnur papierner Lampions bewegte sich im Wind. Es war magisch und nur fast an der Grenze zum Zuviel. Jago atmete tief aus.

»Es ist ein bisschen übertrieben, oder? Mum kann nicht anders, sie muss alles dekorieren.«

»Es ist schön«, sagte Jago leise.

Robyn hatte statt nach dem Dessert nach einer nahezu unberührten Flasche gegriffen. Sie hielt den Wein hoch. »Willst du?«

Jago hatte sich abgewandt und den Kopf geneigt. »Und, schon an den Klang gewöhnt?«

»Was, den Meeresklang? Ich habe mich darin verliebt. Bei Nacht kommt es mir immer lauter vor.« Und dann: »Sollen wir runtergehen?«

»Wohin runter?«

»Nach Rocka…« Sie unterbrach sich selbst. »In die Bucht.«

»Es ist ziemlich dunkel.«

»Ach, irgendwo scheint ganz bestimmt ein Mond«, versuchte sie es mit Unbeschwertheit und einer lässigen Handbewegung. »Hey, nehmen wir uns eine hiervon.« Sie zog eine Fackel aus der Erde und hisste sie wie ein Signalfeuer. Jago tat es ihr nach und drehte seine Fackel hin und her. Die Flamme tanzte. »Ich kenne den Weg«, sagte Robyn.

»Ich zeig dir eine Abkürzung.«

»Woher weißt du, dass es nicht auch mein Weg ist?«

»Ich habe dich gesehen. Mit deinem Board.«

Es war das erste Mal, dass jener Tag erwähnt wurde.

»Du hast mich beobachtet?«

»Nicht vorsätzlich«, erwiderte Jago rasch.

»Ein Glück.« Sie machte eine Pause, doch er sagte nichts. Sie zuckte mit den Achseln. »Na gut, zeig mir deine Abkürzung.«

Jago ging voran, Robyn folgte ihm. Die Postkarte brannte in der Tasche ihrer Jeans. Es ging durch taillenhohes, taufeuchtes Rispengras. Etwas stieß an Robyns Beine, der warme Körper eines Tieres. Sie schrie auf.

»Hey, Junge, wie bist du denn rausgekommen?«, sagte Jago. Er blieb stehen, bückte sich, dann drehte er sich um. Er lächelte Robyn im Halbdunkel von unten zu.

»Alles gut, das ist nur Scout. Scout, das ist Robyn. Er sollte eigentlich im Schuppen bleiben. Aber er hat uns wohl gehört.«

Vorsichtig streckte Robyn eine Hand aus und stieß auf eine feuchte, begeisterte Zunge. Sie hatte Mühe, nicht erneut zu kreischen.

»Das ist ein guter Junge«, sagte Jago. »Er wird dir nichts tun.«

»Ich weiß«, sagte Robyn rasch. »Hey, Scout.«

»Im Grunde ist er sowieso halb Mensch. Seine Mum ist gestorben, als der Wurf noch winzig klein war, darum haben wir ihn viel früher geholt, als man sollte.«

Als Jago dreizehn Jahre alt gewesen war, hatte seine Mum den Welpen in ihrem Mantel mitgebracht. Sie hatte ihn Jago in die Hände gelegt, Jago hatte sich gebeugt, eine rosa Nase und rosa Pfoten geküsst und sich sofort in dieses kleine Wesen verliebt, das mehr nach Hamster als nach Hund ausgesehen hatte. An jenem ersten Abend hatten sie den Welpen in eine Decke gewickelt und wie ein Baby mit einem Fläschchen gefüttert. Sie waren die ganze Nacht lang wach geblieben, das Feuer im Kamin war nach und nach erloschen, das karge Morgenlicht schon durch die kaum geschlossenen Vorhänge gefallen. Jago erinnerte sich noch gut, dass sein Vater im Bademantel und mit wirrem Haar die Treppe nach unten gequietscht war und er selbst und seine Mum ihn mit riesengroßen Augen angesehen und einen Finger auf den Mund gelegt hatten: Pst, er schläft. Und eines Tages hatte Scout mit der unbeirrbaren Intuition des Tieres ihre Freundlichkeit erwidert. In einer tiefschwarzen Nacht fünf Jahre später war er auf Jago zugeschlichen, hatte seinen Kopf an Jagos Knie gelegt und ihn mit tiefblauen Augen angesehen, in denen stand: Ich weiß. Auch ich habe sie geliebt.

»Von selbst geht er nicht zurück, jetzt, wo er uns gefunden hat«, sagte Jago. »Na, dann los, mein Guter, lauf voran.«

Sie schlüpften in die Dunkelheit des Pfads. Sie schwiegen, nur der Klang der See durchbrach die Stille. Das Dröhnen kam immer näher, dann donnerte Wasser gegen Felsen, zischte auch die Gischt. Sie endeten auf der Klippe, oberhalb des Wegs, den Robyn nahm. Die Bucht lag unter ihnen. Robyn holte tief Luft, sie schmeckte Salz und Nacht und kühle Luft. Dort bei Dunkelheit zu sein machte sie schwindelig, es kam ihr vor, als würde sich der Boden neigen. Das Gebrüll der Wellen stieg immer höher, bis die Flut über den Rand der Klippe spülte. Robyn drängte es, nach Jagos Arm zu fassen, sich an ihm festzuhalten.

»Willst du dich setzen? Hier sind Felsen«, sagte er. Er kletterte ein Stück nach oben und wies auf eine Stelle unter sich. »Der Logenplatz.«

Robyn gab ihm ihre Fackel und kraxelte ihm nach. Scout sprang dazu und legte sich gleich neben sie, den Kopf auf seinen Pfoten.

»Siehst du? Er mag dich«, sagte Jago.

Robyn lehnte sich an einen Felsen. Der Fackelschein zuckte in die Nacht, hin und her wanderte der Wein. Ihre Ellbogen streiften sich beinahe. Sein Fuß war nur einen Schritt entfernt. Robyn nahm einen großen Schluck, doch sie fand Jagos Nähe viel berauschender. Sie musste keine Hand an ihre Wangen halten, um zu wissen, dass sie brannten.

»Die Fackeln hätten wir gar nicht gebraucht, oder?«, sagte sie plötzlich. »Du hättest mit verbundenen Augen hergefunden.«

»Kann sein. Hab’s nie versucht.«

»Aber du warst hier schon? Bei Nacht?«

»Eine Weile nicht.«

Robyn drehte sich zu ihm. Hinter ihr rollte unbeirrt das Meer heran.

»Warum hast du so getan, als wären wir uns nie begegnet? Gestern, mein ich, als du mit deinem Vater bei uns warst.«

Er wartete, dann sagte er: »Ich wusste ja nicht, ob du irgendjemandem erzählt hast, was passiert ist.«

Nach dem Vorfall war Robyn unbemerkt ins Haus geschlüpft. Sie hatte im Badezimmer ihren Wetsuit ausgezogen, sich ein Bad eingelassen und mit Honigdüften und weichen Handtüchern umgeben. Ihr Kopf hatte gedröhnt, ihr Hals gekratzt. Ihre Nase hatte zwar nicht mehr geblutet, doch sie hatte sie vorsichtig auf bleibende Schäden hin befühlt. Mit der Zeit hatte sie sich wieder stark gefühlt. Verwegen. Fast schon kühn. Sie hatte sich mehr Wasser eingelassen, im wirbelnden Dampf die Augen geschlossen und unverrückbare Entscheidungen getroffen.

»Du hast recht, ich habe wirklich nichts gesagt«, erwiderte sie. »Sonst hätten Mum und Dad mir bestimmt verboten, noch mal hinzugehen.«

»Und, warst du wieder da?«

»Noch nicht«, sagte Robyn. »Aber bald. Was soll ich sonst hier machen?« Er schluckte ihren Köder nicht, und so legte Robyn nach. »Ich mein, wirst du hier nicht verrückt?«

»Ich bin hier geboren«, sagte Jago.

»Okay.«

»Das ist meine Heimat.«

»Aber Heimat ist doch öde. Ich mein, willst du nicht hier raus und mal die Welt sehen? Wissen, wie es ist, wenn man woanders ist? Jemand anders ist?«

»Jemand anders?«

»Okay, ich mein das ja nicht so, nur … wie es ist, ein anderes Leben zu versuchen. So was in der Art. Ich will sehen, wie andere Menschen leben. Ich will die Welt bereisen. Sobald ich mit der Uni fertig bin, bin ich hier weg. Ich will was erleben, damit ich mich, wenn ich alt bin, im Sessel zurücklehnen und ehrlich zu mir sagen kann, ich habe nichts verpasst.«

»Stell dir doch vor, dass das hier dazugehört. Erst kommt Cornwall, dann die Welt.«

»Du machst dich über mich lustig.« Robyn fragte sich, warum sie ihm so viel erzählte, sie alles auf ihn losließ, worüber sie je nachgedacht hatte, so als ob er sie vergessen könnte, wenn sie ihm nicht genügend von sich einprägte.

»Und du dich über mich«, erwiderte er in dem Bewusstsein, wie langweilig er klang, wie festgefahren und bleiern, während sie funkelte und sprühte. Er hätte gern mehr von ihr gewusst.

»Also, was, willst du ewig hierbleiben?«, fragte sie.

»Ich seh mich nicht an einem anderen Ort. Das ist Grund genug für mich.«

»Aber du meinst doch nicht wirklich ewig«, sagte sie fast ungläubig.

»Das vielleicht nicht …«, setzte er an.

»Aha!«

»So etwas wie ewig gibt es ja nicht, oder? Aber in absehbarer Zukunft, doch … da will ich bleiben. Hier arbeiten. Vermutlich werde ich hier alt. Und auch hier sterben.« Seine Worte kamen schneller und trotziger, als er gewollt hatte. Jago versuchte, die Wogen zu glätten. »Ich werde bestimmt zu einem dieser alten Seebären, mit Rauschebart und Pfeife und Muscheln an den Schuhen. Ich seh es vor mir. Gar nicht mal so schlecht.«

»Cool. Schön. Wenigstens weiß ich jetzt Bescheid«, sagte Robyn. »Wein?«

Ihre Finger streiften sich, als er nach der Flasche griff. Robyn hörte, wie er trank, erst erklang ein sachtes Schlucken, dann ein leichtes Schaben, als er sich mit der Hand über den Mund fuhr. Er gab ihr die Flasche zurück. Robyn nahm einen langsamen Schluck, ihre Lippen verweilten, wo seine gewesen waren.

»Kunstgeschichte also«, sagte er. »Wie kommt man darauf?«

»Ich habe in der Schule immer gern gezeichnet und gemalt. Das war besser, als sich mit Gleichungen rumzuschlagen oder über einem Bunsenbrenner zu schwitzen.«

Er lächelte. Selbst im Dunkeln waren ihre Schilderungen farbig.

»Aber auf die Kunsthochschule wolltest du nicht?«

»Na ja, als ich mich für meine Leistungskurse entscheiden musste, habe ich Kunstgeschichte und nicht Kunst gewählt. Ich fand, das klang irgendwie … akademischer.«

»Klar«, sagte Jago leicht verächtlich, »akademischer.«

»Ich weiß, ich weiß. Aber versuch du mal, bei meinem Vater aufzuwachsen. Und außerdem glaube ich nicht, dass ich für die Akademie gut genug gewesen wäre.«

»Sagt wer?«

»Sage ich. Alles, was ich je gemalt habe, hat ausgesehen wie … Keine Ahnung. Wie Kleckse auf Papier. Vielleicht klingt das dämlich, aber … es hat in meinen Augen nie gelebt. Ich glaube aber, dass ein Bild leben muss. Und ich glaube auch, dass man weiß, wenn das passiert, und erst recht, wenn nicht.«

Jago überlegte, was er bei seiner Arbeit mit dem Holz empfand. Das rhythmische Hin und Her beim Glätten, Feilen und Polieren war beinahe wie sein Herzschlag. Doch Robyn sprach vermutlich von ausgeklügelten Farbexplosionen auf Leinwand, nicht von Beistelltischen.

»Mein Dad ist der typische Hobbymaler«, fuhr sie fort. »Er hat mit der Aquarellmalerei erst angefangen, seit er pensioniert und hier rausgezogen ist. Und weißt du was? Er findet es toll, gerade weil es nur ein Hobby ist. Das muss ein großartiges Gefühl sein, wenn man auf diese Weise malen kann, wenn es einem egal ist, wie es aussieht, wie man das Ergebnis findet. Selig sind die Unwissenden. Ich könnte das nicht. Wenn ich malen würde, dann nur, weil ich auf keine andere Weise sagen könnte, was ich wirklich sagen will.«

Beim Reden wirkte Robyn ziemlich ruhig, äußerlich wie innerlich. Sie gestikulierte weder mit den Händen noch spielte sie mit ihrem Haar, das sah Jago selbst im Dunkeln. Und sie durchbrach ihre Sätze auch nicht mit Ähs oder Ähms oder anderen Verlegenheitslauten. Jago hätte ihr am liebsten die ganze Nacht lang zugehört. Vorsichtig, zögernd fragte er, was sie malen würde, wenn sie das Gefühl hätte, dass alles stimmte.

»Das ist ja das Problem«, sagte Robyn. »Das wüsste ich erst, wenn ich es wüsste, weißt du?«

Was sie wirklich sagen wollte, war: Liebe, ich würde Liebe malen. Denn war nicht alles, was von Herzen kam, sei es ein Aquarell oder ein Regal, welches Thema, welche Gestalt es auch hatte, von Liebe durchdrungen? Doch das sagte sie ihm nicht. Vielleicht aus Angst, sie könnte dem eine Dummheit folgen lassen. Und so äußerte sie nur, dass sie sich den ganzen Sommer lang darauf gefreut habe, wieder zur Uni zu gehen, und dass sie nun, wo das Ferienende nahte, sich da nicht mehr sicher sei. Er verstand die Andeutung nicht; er hielt sich an geografischen Fragen fest und sagte, dass er keine Ahnung habe, wo die Uni Warwick liege, und sie erwiderte lachend, nicht in Warwick, das ist ja das Verwirrende.

»Der Campus liegt mitten auf dem Festland, Jago, nicht dein Fall.«

»Deiner vielleicht auch nicht. Du hast dich auf dem Brett ganz gut gemacht. Bevor’s dich weggerissen hat. Manche kriegen das nicht mal mit dem Paddeln hin.«

»Ehrlich? Surfst du auch?«

»Ich? Nein, zu gefährlich …«

»Du machst Witze?«

»Ich bin feige.«

»Aber du warst der Wahnsinn im Wasser. Du warst …«

»Voller Angst.«

Das musste Robyn erst einmal verdauen. Sie hatte es in die Situation hineingerissen; selbstverständlich war sie in Panik geraten, in dem tobenden Wasser, in den Wellen, die sie in die Tiefe gezogen hatten, aber sie hatte keine Wahl gehabt, sie hatte nicht die Angst ermessen und sich dann entscheiden können, ihr dennoch zu begegnen. Aber Jago, Jago hatte sich entscheiden müssen. Er hatte die Gefahr gewählt, während es bei Robyn umgekehrt gewesen war. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, dass Jago Furcht empfunden hatte. Nun, im zuckenden Licht, halb Mond, halb Flamme, schaute sie ihn näher an. Und sie musste seine Augen gar nicht sehen, um zu wissen, dass auch er sie ansah.

»Gott, bin ich froh, dass wir das Haus verlassen haben«, rutschte es ihr heraus. »Sonst hätten wir womöglich den ganzen Abend lang kein Wort gewechselt.«

»Ich geh nicht oft auf Dinnerpartys.«

»Weil du nachts an Klippen lauern musst?«

»Das klingt ja überhaupt nicht, als wäre ich ein Freak! Nein, ich bin … nur kein großer Redner.«

»Na ja, du bist ein guter Zuhörer. Lässt mich hier endlos quatschen über … keine Ahnung … allen möglichen Mist. Tut mir leid.«

»Das ist kein Mist.«

»Jago«, sagte sie, »kann ich dich was fragen?«

»Wenn du willst.«

»Dein Vater, was er über deine Mum gesagt hat … Wann ist sie gestorben? Ich mein, wie lang ist das her?«

»Zwei Jahre. Im Herbst werden es zwei Jahre. Im Oktober. Am zwölften.«

»Das tut mir leid. Ich kann mir echt nicht vorstellen, wie das ist. Es tut mir wirklich leid.«

Jago erwiderte nichts, und eine Zeit lang war die Stille laut. Robyn überlegte, ob sie das Schweigen durchbrechen, das Thema wechseln und nach etwas völlig anderem fragen sollte, doch sie beschäftigte allein der Wunsch, sie hätte diese Frage nie gestellt.

»Sie ist furchtbar gern geritten«, sagte Jago plötzlich.

Er sprach so leise, dass sich Robyn vorbeugen musste, um ihn zu verstehen. Jago hatte eine Hand auf seinen Hund gelegt und strich ihm mit den Fingern sanft über die Ohren.

»Wirklich?«, fragte sie ernst, erleichtert. »War sie … gut?«

»Bei Turnieren oder so was hat sie nie mitgemacht, das war nicht ihr Ding, sie ist immer hier geritten, an den Klippen, unten am Strand, raus in die Heide. Aber eines Tages ist sie ausgeritten und dann nicht zurückgekommen. Ich war im College, Dad bei der Arbeit. Jedenfalls hat das Telefon geklingelt. Ich bin rangegangen. Ich war grade nach Hause gekommen. Es war der alte Farmer aus St. Buryan. Er hat gesagt … na ja, er hatte sie gefunden. Genauer gesagt, ihr Pferd. Es war auf seinen Hof gekommen, Zaumzeug, Sattel, ohne Reiter, aber er hat das Pferd erkannt. Tomatillo muss wahnsinnig unruhig gewesen sein, hat nur rumgetänzelt, wollte sich nicht fangen lassen. Der Farmer hat uns angerufen, dann hat er sich seinen Land Rover geschnappt, und da hat er sie gefunden. Sie war gar nicht so weit weg. Auf einem Feld, bei einem Zaun. Der Farmer glaubt, dass sie mit dem Pferd darübergesprungen ist. Oder es versucht hat. Der Krankenwagen ist gekommen, hat sie nach Penzance gebracht, aber sie hatte sich den Hals gebrochen. Da war nichts mehr zu machen. Sie war so oft gestürzt, und nie ist was passiert, aber da … da schon.«

Tomatillo. Sie hatte das Pferd gesehen, von ihrem Fenster aus, als es am Rand der Weide graste. Ein vereinzelter grauer Wallach, groß und langbeinig. Er hatte kapriziös gewirkt. Und traurig, dachte sie nun.

»Aber ihr habt das Pferd behalten«, sagte sie. »Tomatillo.«

»Keine Ahnung, wieso«, sagte Jago. »Dad hat alles beseitigt, was irgendwie mit ihr zu tun hatte.«

Er reichte die Flasche zurück, Robyn leerte den Rest. In ihrem Mund war der Geschmack von roten Beeren, er war viel zu süß für den Moment.

»Wie fühlst du dich damit?«, fragte sie. »Ich meine, ist es besser als am Anfang? Wird es besser?«

»Wie fühlst du dich damit?«

»Tut mir leid, das ist eine blöde Frage, ich wollte nicht …«

»Das ist gar nicht blöd. Es ist nur … Das hat mich noch niemand gefragt. Alle haben immer nur gefragt, ›Wie geht es dir?‹, solche Sachen halt. ›Kommst du klar?‹ Aber, na ja, so was muss man sagen, oder? Weil man sonst nichts sagen kann. Zumindest glauben das alle. Und jetzt … na, hier in der Gegend, da glauben wahrscheinlich alle, die sie kannten, dass zwei Jahre eine lange Zeit sind. Dass das jetzt zur Vergangenheit gehört. Das denken sie wohl alle.«

»Was ist mit deinem Dad?«

»Oh, mein Dad … Mein Dad ist mein Dad. So wie er heute Abend war, so ist er wohl. Kommt mit allen klar. Immer gut drauf. Das ist Dad.«

»Wirklich?«

»Nein. Aber er weiß nicht, dass ich das weiß.«

Eine der Fackeln zuckte, dann erstarb ihr Licht. Die andere brannte noch mit dünnem, schwachem Schein. Vom Wasser her kam Wind auf. Robyn zitterte.

»Sollen wir zurückgehen?«, fragte Jago.

»Nicht solange du nicht willst.«

»Du hattest übrigens recht«, sagte er. »Ich kenne den Weg im Dunkeln. Ich war oft hier, gleich nach Mum.«

Robyn wandte sich zum Meer. Sie schaute in die endlos weite Dunkelheit, fühlte das ewige Kommen und Gehen der Wellen. Dem Meer konnte man alles sagen. Es gab auf seine, auf die ihm einzig mögliche Weise Antwort. Das Meer hielt für nichts und niemand inne, und darin lag ein Trost.

»Ich glaube, ich wäre auch hierhergekommen«, sagte sie.

Die zweite Fackel erlosch.

»Du hast noch keine richtige Antwort«, sagte er, »auf deine Frage, wie ich mich damit fühle.«

»Das war eine blöde Frage«, sagte sie.

Er stand auf. Robyn hörte, dass er sich mit den Händen durch das Haar fuhr. Sie stand mit ihm auf. Zwei schmale Gestalten auf einem dunklen Felsen. Sie streckte eine Hand aus, doch er sah es nicht. Stattdessen sprang er nach unten und landete dumpf im Sand. Scout folgte ihm und strich ihm um die Beine.

»Ich kann es nicht in Worte fassen«, sagte er. »Konnte ich noch nie. Und werde es wohl nie.«

Robyn spürte, wie sich seine Hand um ihre schloss, und kletterte zu ihm. Ihr wurde schwindelig. Plötzlich gaben ihre Beine nach. Sie fragte sich, ob auch er betrunken war.

»Danke, Jago«, sagte sie.

»Kein Thema.«

Sie ließ seine Hand nicht los. »Nein, ich meine wirklich danke. Für das, was du im Meer getan hat.«

»Das war doch nichts.«

»Das war alles.«

Da hätte sie ihn küssen können. Es wäre so einfach gewesen. Ein leichtes Strecken, auf die Zehenspitzen, ihre Lippen aneinander. Sie hätte es so gern getan.

»Wir sollten zurück«, sagte er. »Meinst du nicht?«

»Ich weiß nicht, meinst du?«

»Meine ich«, erwiderte er und ging los.

Robyn schloss ihre Finger um die Leere, dort, wo seine Hand gewesen war.

Ihre Schuhe quietschten über das nachtfeuchte Gras. Aus sämtlichen Fenstern im Erdgeschoss kam Licht, Bässe vibrierten. In der Einfahrt stand ein weiteres Auto.

»Ben!«, sagte Robyn. »Ich hätte nie gedacht, dass er kommt.«

»Ich geh dann lieber«, sagte Jago und pfiff nach Scout.

»Aber dein Dad ist garantiert noch da.«

»Solange noch eine Flasche offen ist, werdet ihr ihn auch nicht los.«

Plötzlich ging das Außenlicht an, der Garten glühte golden auf. Robyn und Jago blinzelten in die Helligkeit.

»Robyn Swinton, treibst du dich da draußen rum?«, dröhnte eine Stimme. Ihr folgte ein Mann, der mit raschen Schritten durch den Garten kam.

»Mein Bruder …«, setzte Robyn an, doch Jago machte schon auf dem Absatz kehrt. »Willst du ihn nicht kennenlernen?«

Jago zögerte. »Wenn man hier lebt«, sagte er, »ist man das viele Reden nicht gewohnt.« Am liebsten hätte er ergänzt, und das gefällt mir hier, doch er wusste, dass sie das falsch verstanden hätte.

»Heute Abend hast du geredet.«

Er zuckte mit den Achseln, als ob er selbst über seine Gesprächigkeit staunen würde. Obwohl er sich hinterher vorgekommen war, als hätte er sein Hemd gelüftet und ihr alle Wunden offenbart, war es ihm leichtgefallen, in der Dunkelheit zu reden. War es ihm mit Robyn leichtgefallen.

»Bitte bleib. Ich fände es schön«, sagte sie.

Jago zögerte, die unverhüllte Bitte rührte etwas in ihm an. Dann kam Ben und riss seine Schwester in eine stürmische Umarmung. Als sich Robyn endlich aus dem Griff ihres Bruders befreit hatte, war Jago fort.

vier

Ben blieb das ganze Wochenende. In seiner Gegenwart blühte Robyn auf, so wie stets. Ihr Bruder lebte im Herzen Londons, arbeitete bis in den späten Abend und machte am noch späteren Abend Musik. Er war in den Dreißigern, und aufgrund des großen Altersunterschieds hatte Robyn ihn weder als linkischen Teenager noch seine Pickel, seinen Babyspeck oder die Herzensschwankungen des Pubertierenden bewusst erlebt. Ihr war er immer nur als der strahlende, gereifte Erwachsene erschienen, der wie ein Leuchtkäfer durch ihr Leben schwirrte und genauso schwer zu fassen war. In seinen Teenagerjahren hatte er die Wochenenden mit Bands verbracht, die in Garagen spielten, in den Zwanzigern die Nächte auf den Bühnen mancher Kellerbar, und nun war er Produzent einer renommierten Sendung bei einem renommierten Sender. In Robyns Augen hatte er sich nicht verändert: Das Flair des älteren Bruders war ungebrochen.