Jagd auf Spione - Albin Honauer - E-Book

Jagd auf Spione E-Book

Albin Honauer

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Beschreibung

Marc, Ueli und Reto lieben Flugzeuge. Wann immer ein interessanter Flieger zu sehen ist, treffen sie sich auf dem Flugplatz bei Luzern. Eines Tages bemerken sie einen seltsamen Mann, der mit einer Kamera heimlich Aufnahmen macht. Ueli beschleicht ein ungutes Gefühl und er entschließt sich, dem fremden Mann zu folgen. Hierbei belauscht er ihn im Gespräch mit einem anderen Mann und findet heraus, dass die Männer sich an einem der Flugzeuge, dem Forschungsflugzeug Arbalète, nachts zu schaffen machen wollen. Daraufhin werden nicht nur die drei Freunde, sondern auch Ladina, Retos Zwillingsschwester, stutzig und sie entscheiden, der Polizei mit eigenen Ermittlungen zu helfen. Dabei gehen sie sogar so weit, dass sie in das Haus der Spione einsteigen. Doch sie sind nicht allein …

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Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2025 novum publishing gmbh

Rathausgasse 73, A-7311 Neckenmarkt

[email protected]

ISBN Printausgabe: 978-3-7116-0133-9

ISBN e-book: 978-3-7116-0134-6

Lektorat: Ilana Baden

Umschlagfotos: Robert Goebel, David Makings, Valerii Honcharuk, Oleg Polonskiy | Dreamstime.com; F+W/RUAG Emmen Schweiz

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen: Innenabbildungen: Seite 11, 15, 17, 52, 114, 136, 140: Zertifizierung der Bilder durch F+W/RUAG Emmen Schweiz, Seite 24, 37, 53, 97: © Albin Honauer

www.novumverlag.com

Liebe junge Leserinnen und Leser

Die vorliegende Geschichte ist, wenn auch die technischen Elemente, Flugzeuge und POHWARO-Raketen auf Tatsachen basieren und real sind, frei erfunden. Die Beschreibung hat mit tatsächlichen Ereignissen nichts zu tun. Es geht in erster Linie darum, jungen Leuten eine spannende Unterhaltung zu bieten. Die vorkommenden Protagonisten wurden extra für diese Spionagegeschichte erschaffen und haben mit lebenden Personen nichts gemein.

Die vorkommenden Flugzeuge stammen aus einer früheren Epoche. Ihr Wirkungsfeld waren die 50er- und 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts und sind ein Teil der schweizerischen Industriegeschichte. Die Flugzeuge sind aber für diese Geschichte ins Heute transferiert worden. Solche Transfers sind die Freiheiten des Geschichtenschreibers.

Alle in diesem Abenteuer vorkommenden Flugzeuge können im Flieger-Flab-Museum auf dem Flugplatz Dübendorf im Kanton Zürich in der Schweiz besucht und besichtigt werden. www.afc-fliegermuseum.ch/

Nun wünsche ich Euch jungen Leserinnen und Lesern gute Unterhaltung und viel Spaß, wenn Ihr in das Abenteuer eintaucht.

Albin Honauer

Kapitel 1

Der erste Ferientag

Die Sonne brannte heiß auf die drei bald siebzehnjährigen Jungen, die im frisch gemähten Gras lagen. Auf dem Bauch liegend, die Köpfe in die Hände gestützt, schauten sie auf dem nördlich der Stadt Luzern liegenden Flugplatz Emmen den startenden und landenden Flugzeugen zu. Marc, Ueli und Reto genossen auf ihrem bevorzugten Beobachtungsplatz den ersten Tag der lang ersehnten Schulferien.

Der Flugplatz lag auf einer weiten Ebene. Im Süden ragte der Pilatus, der berühmte Luzerner Hausberg, wie ein Monolith in den Himmel. Im Norden stieg das Gelände allmählich auf das höher gelegene Luzerner Mittelland mit dem Sempachersee.

»Achtung, 9 Uhr tief«, schrie Ueli. Blitzartig drehten die anderen zwei ihre Köpfe in Richtung Westen. Auf der Pistenachse brauste ihnen im Tiefflug ein Jagdflugzeug Mirage IIIS entgegen. Am Pistenende zog der Pilot das Flugzeug steil an und zündete den im hinteren Rumpfteil eingebauten Raketenmotor SEPR, der mit einer langen, nach hinten schießenden Flamme dem Flugzeug zu zusätzlichem Schub verhalf. Der fast senkrecht hochschießenden Mirage schauten die drei gebannt nach. Das Flugzeug war bereits unsichtbar in großer Höhe, nur das Raketentriebwerk leuchtete wie ein heller Stern am blauen Himmel. »Wow, das war eine Schau«, rief Marc mit Begeisterung. Reto meinte: »Ja, das war eine Schau, aber nicht gerade umweltfreundlich. Die SEPR-Rakete ist eine Dreckschleuder, sie belastet die Umwelt. Sie verbrennt Salpetersäure, gemischt mit Kerosin.« »Aber beeindruckend war es trotzdem«, meinte Marc. Kurz darauf zogen zwei Hawker Hunter, welche aus der Richtung Emmenbrücke dem Pistenanfang zurollten, die drei wieder in ihren Bann. Auch wenn die Mirage und der Hunter total spannend waren, die Jungen warteten auf das gelbe Versuchsflugzeug, den Jetgleiter namens Arbalète. Retos Vater war Ingenieur im Flugzeugwerk Emmen, dessen Gebäude und Konstruktionshallen nicht weit von den drei Kiebitzen entfernt am Rand des Flugplatzes standen. Vom Vater erfuhr Reto, wann und wo auf dem Flugplatz etwas Spannendes zu sehen war. Heute werde ein weiterer Testflug des Jetgleiters Arbalète durchgeführt.

»Was heißt eigentlich Arbalète?«, fragte Ueli. »Ueli, hast du nicht aufgepasst im Französischunterricht? L’Arbalète ist eine Armbrust«, belehrte ihn Reto. »Die Arbalète ist ein verkleinertes Versuchsflugzeug im Größenverhältnis 2/3 zum neuen Kampfflugzeug N-20, das im Flugzeugwerk im Bau ist. Der Zweck dieses gelben Versuchsflugzeugs ist die Erprobung der Aerodynamik und verschiedener anderer Flugeigenschaften für den neuen N-20 Jet«, erklärte Reto, »Mein Vater erzählte mir, aus dem Ausland sei schon verschiedentlich versucht worden, via Spionage an die neuen, revolutionären Flugdaten heranzukommen. Bis jetzt hätten diese unerwünschten Angriffe aber abgewehrt werden können. Für genaue Flugdaten und Konstruktionspläne würden Millionen bezahlt, da käme so mancher Spion gerne ins Geschäft.«

Der neu entwickelte N-20 Jet

Der Ausruf von Ueli, »Achtung, 9 Uhr tie«, ist eine Ortsangabe und bestimmt den Standort eines Objekts. Mit einem gedachten Uhrzifferblatt, 12 Uhr im Norden. Im Uhrzeigersinn folgend ist Osten 3 Uhr, Süden 6 Uhr und Westen 9 Uhr. »Achtung, tief« heißt ein Gegenstand auf dem Gelände oder knapp darüber. »Hoch« bedeutet hoch am Himmel. »Mittel« ist ungefähr zwischen »tief« und »hoch«. Als Ueli »Achtung, 9 Uhr tief«, schrie, erspähte er die tieffliegende Mirage aus Richtung West.

Die drei bemerkten, wie Mechaniker ein Hallentor öffneten. Ein kleines Fahrzeug zog das gelbe Versuchsflugzeug aus der dunklen Halle ins gleißende Sonnenlicht. »Wow, jetzt geht’s los«, rief Marc begeistert. Reto erklärte weiter: »Die Arbalète ist ein Nurflügler, das sind deltaförmige Flügel mit einem Seitenleitwerk und vier Turbinen, die am Flügelende übereinander platziert sind. Zwei Triebwerke oberhalb des Flügels, zwei darunter. Aus Gewichts- und Platzgründen besitzt die Arbalète keinen Schleudersitz. Im Rumpf ist eine sogenannte Blackbox untergebracht. Dieses Aufnahmegerät registriert alle Messdaten während des Flugs. Die Ingenieure können so nach der Landung die Flugabfolge genau nachvollziehen und die Messdaten für die Weiterentwicklung des N-20 Flugzeugs auswerten. Bei einer nicht mehr kontrollierbaren Störung verlässt der Pilot das Flugzeug mit dem Fallschirm. Um die Blackbox zu retten, löst der Pilot durch eine kleine Sprengung die Box vom Flugzeug. Das Aufnahmegerät gleitet daraufhin sicher zu Boden. Die Bodenberührung aktiviert dann einen Sender, um die Box zu lokalisieren.«

Heute sollte aber noch etwas Außergewöhnliches getestet werden. Ein Bekannter von Retos Vater, Ingenieur Winter, hatte ein neues Kurzstartverfahren, POHWARO genannt, für Flugzeuge entwickelt.

Dabei handelt es sich um eine umweltfreundliche Flugzeugstartrakete, die mit Wasserdampf den zusätzlichen Startschub erzeugte. In der zylinderförmigen Rakete werden 250 Liter Wasser auf 360 Grad Celsius erhitzt. Dieser Heißdampf entweicht durch das Öffnen von zwei Ventilen und gibt den nötigen Startschub. Das Kurzstartverfahren ist für kurze oder beschädigte Flugpisten geeignet. Die Rakete funktioniert nach dem gleichen Prinzip, wie man es vom Loslassen eines prall aufgeblasenen Ballons kennt.

Heute sollte eine Mirage mit zwei unter dem Rumpf befestigten POHWARO-Raketen einen Starttest durchführen. Bei solchen Gelegenheiten hatten die drei Freunde jedes Mal die Nasen nicht zuvorderst, aber immerhin weit vorne. Sie hatten auch schon vom Sicherheitspersonal zurückgepfiffen werden müssen. Plötzlich stieß Ueli Reto mit dem Ellbogen in die Seite. Letzterem entfuhr: »Aua, was ist los?« »Schaut mal den komischen Typ hinter uns.«, raunte Ueli. Die beiden andern drehten sich um und fragten: »Was findest du komisch an ihm?« »Weiß nicht, hab nur so ein Gefühl.« Der Typ schien die drei im Gras Liegenden nicht zu beachten. »Es ist schon eigenartig, bei dieser Hitze eine Jacke zu tragen. Habt ihr das gesehen? Er hat in der vorne halb geöffneten Jacke mit einer Kamera Aufnahmen gemacht«, flüsterte Ueli. Nicht sehr weit entfernt am Zaun hing eine Tafel: »Militärische Anlage Fotografieren verboten.«

Ueli erhob sich plötzlich auf die Knie und massierte mit den Händen die Unterschenkel: »Ich liege auf einer Ameisenstraße, es kribbelt und krabbelt überall. Wir verlagern uns besser auf unseren Aussichtspunkt.« Einen Steinwurf entfernt erhob sich ein alter, grasüberwachsener Bunker. Zuoberst lud eine bequeme, ameisenfreie Sitzbank zum weiteren Beobachten ein. Beim Aufstieg auf halber Höhe riss Reto ein Kräuterbüschel ab und hielt es Marc unter die Nase: »Was ist das?« »Weiß nicht, riecht aber würzig gut.« »Wilder Thymian«, belehrte ihn Reto. »Vom Triebwerk verbranntes Kerosin riecht aber ebenso gut«, bemerkte Marc lachend. Ueli meinte: »Thymian ist mein Lieblingsgewürz, um Speisen zu verfeinern.«

Obschon sie gute Freunde waren, außer dem gemeinsamen Hobby der Fliegerei waren ihre Interessen ganz verschieden. Marc war der Techniker, alles, was mit Ingenieurwissen und Technik zu tun hatte, fand er spannend. Reto war eher mit der Biologie vertraut. Pflanzen, Tiere und Umwelt beschäftigten ihn. Und dann war da noch Ueli, der ein begeisterter Hobbykoch war und die beiden anderen manchmal mit Kochrezepten nervte. Seine Eltern besaßen ein mittelgroßes Hotel in der Stadt Luzern. Ueli liebte es, in der Hotelküche zu experimentieren. Wenn etwas gelang, hatten die Freunde schon oft davon probieren dürfen. Er wollte das Hotel seiner Eltern später einmal übernehmen. Trotz der Verschiedenheit ihrer Interessen gingen sie zusammen durch dick und dünn. Wenn einer nicht mehr weiterwusste, kam sicher ein anderer auf die Lösung. Inzwischen entfernte sich der Fremde und schritt gemächlich, als wäre er ein Aviatikfan, der Straße zu. »Den will ich mir mal genauer anschauen«, sagte Ueli, und schon verließ er mit einem Sprung den Beobachtungshügel. Er folgte dem Fremden mit genügend Abstand, um keinen Verdacht zu erwecken. Was als harmlose Beobachtung begann, sollte die drei in ein nicht ungefährliches und riskantes Abenteuer verwickeln. Als Ueli den Blicken von Marc und Reto entschwunden war, fesselte das Geschehen vor der Halle die beiden.

Da stand die gelbe Arbalète, die zu vibrieren schien. Es war die heiße Luft auf dem Betonvorplatz, die das Flimmern des gelben Rumpfes verursachte. Das Kabinendach war zurückgestoßen und eine Einstiegsleiter ans Cockpit gestellt. Der Testpilot schnallte sich mithilfe eines Mechanikers an. Daraufhin führte er Checks anhand einer Liste durch.

Mit dem Steuerknüppel und den Fußpedalen bewegte der Pilot die Seiten- und Höhenleitwerke zur Prüfung hin und her. Der Mechaniker, inzwischen in genügendem Abstand vom Flugzeug, gab dem Piloten Jean Mathys mit dem Arm ein Zeichen, dass rund ums Flugzeug alles in Ordnung sei. Dann begannen die vier Turbinen eine nach der anderen zu heulen. Das hohe Pfeifen der Triebwerke im Leerlauf ging in ein Dröhnen über, als der Pilot mehr Schub gab und das Experimentierflugzeug langsam zu rollen begann.

Der alte grasüberwachsene Bunker mit der bequemen Sitzbank. Oben rechts im Bild die Arbalète.

Auf dem Weg zum Startplatz, keine zehn Meter entfernt, erblickten Reto und Marc den Piloten im Cockpit und winkten ihm begeistert. Mit der Hand begrüßte der Pilot die beiden, dann konzentrierte er sich wieder auf das Flugzeug. Noch ahnten weder die Freunde noch der Pilot, dass sie sich bald unter ungewöhnlichen Umständen persönlich kennenlernen würden. Nach Erreichen des Pistenanfangs blieb die Arbalète einige Minuten stehen, um einer anfliegenden und landenden Mirage den Vortritt zu lassen. Ein weißer Bremsschirm verringerte die Landegeschwindigkeit der Mirage. Auf Höhe der beiden jungen Beobachter löste sich der Bremsschirm vom Flugzeug und fiel in sich zusammen. Ein Mechaniker sammelte das auf der Piste liegende Stoffpaket ein und trug es zu einem Fahrzeug. Nun wurde der Start für die Arbalète freigegeben. Gleichzeitig mit dem Losrollen vernahmen sie das Aufheulen der Triebwerke. Schon nach kurzer Rollstrecke löste sich das Flugzeug von der Asphaltpiste und begann einen Steigflug. Das Konzept des neuen Flugzeugprojektes waren auch minimale Start-und Landerollstrecken. Auf der Höhe der beiden flog die gelbe Arbalète bereits auf 300 Meter Höhe. Mit einer leichten Rechtskurve entschwand sie ihren Blicken.

Ueli, der dem Fremden nachschlich, erfuhr geheimnisvolle Sachen. Er konnte den Fremden, der sich mit einem zweiten Mann unterhielt, auf dem Parkplatz belauschen. Die startende Arbalète verursachte dann aber einen solchen Lärm, dass er vom weiteren Gespräch der beiden nichts mehr verstand. Kurz darauf beendeten die zwei Männer ihr Gespräch. Der zweite Mann fuhr mit einem weißen Porsche weg. Ueli erkannte am Porsche ein Aargauer Kennzeichen. Da die Distanz zum Auto zu groß war, konnte er die Zahlen nicht erkennen.

Plötzlich fühlte Ueli eine Hand auf seiner Schulter. Er drehte sich um und schaute in die Augen des illegalen Fotografen. Dieser sprach ihn auf Englisch an. Ueli zuckte mit den Schultern, als ob er nichts verstehen würde. In gebrochenem Deutsch meinte der Mann: »Hast du uns belauscht?« Ueli erwiderte: »Nein, ich habe nichts verstanden. Es ist verboten, auf dem Flugplatz zu fotografieren.« Ungehalten herrschte der ann Ueli an:

Gelbes Testflugzeug Arbalète

Arbalète von vorne mit Messsensoren

»Kümmere dich um deine Sachen, stecke nicht die Nase in Angelegenheiten anderer Leute!« Nach dem kurzen Intermezzo mit dem Jungen entfernte sich der Fremde und stieg in einen silberfarbenen Range Rover. Aus größerer Distanz konnte Ueli gerade noch die Autonummer erkennen. Mit einem in der Hosentasche gefundenen Filzstift schrieb er die Nummer auf seinen Handrücken, um später den Autobesitzer ausfindig zu machen. Diese erste Begegnung mit dem Mann war der Anfang eines ungewollten Abenteuers.

Nun nichts wie los, zurück zu den Kameraden. Am Fuße des Beobachtungshügels angekommen, erklomm Ueli mit zwei großen Sprüngen den Hügel. Dort warf er sich auf den Rücken ins Gras. »Pass doch auf, hier ist ein Heupferd im Gras«, rief Reto. »Aua, das Pferd hat mich mit den Hinterläufen getreten«, grinste Ueli. »Quatschkopf, das grüne Heupferd misst bis zu fünf Zentimetern und ist die größte Heuschrecke in unserer Gegend. Sie tritt niemanden, kann aber kräftig zubeißen. Ich habe es selbst erfahren, als ich eine Heuschrecke in die Hände nahm. Nun erzähl, was hast du gesehen und erfahren?« »Mir wird es hier zu heiß, zudem habe ich einen riesigen Durst. Fahren wir nach Hause, dort werde ich euch alles erzählen. Es wird spannend«, meinte Ueli. »Ich möchte noch der Mirage mit den Heißdampf-Startraketen zusehen«, rief Reto, »denn mein Vater erklärte mir, dass der Start um diese Zeit stattfinden werde.« Sie mussten nicht lange warten, da rollte ein Mirage-Fotoaufklärer auf die Hauptpiste. »Seht ihr die zwei langen roten Zylinder unter dem Rumpf? Das sind die POHWARO.« Mit genügendem Abstand zu der Hauptpiste stellten sich Messfahrzeuge auf. Die Mirage drehte auf der Piste Richtung Emmenbrücke und positionierte sich auf der Pistenachse. Vor dem Losrollen ließ der Pilot das Triebwerk ein paarmal hochfahren. Als das Flugzeug langsam zu rollen begann, schwoll der Triebwerkslärm an. Nach zehn Metern Rollstrecke zündete der Pilot den Zusatzschub, den Nachbrenner. Die drei schützten wegen des infernalen Donnerns des Triebwerks die Ohren mit den Händen. Auf der Höhe der Jungen öffnete der Pilot die Ventile der Startraketen. Mit einem lauten Zischen, das sich unter das Donnern des Triebwerks mischte, schossen zwei Dampfstrahle 20 Meter weit aus den Zylindern unter dem Rumpf. Das Flugzeug beschleunigte rasant, nach kurzer Strecke hob sich das Bugrad und die Mirage löste sich vom Boden. Die ganze Piste war voll weißen Dampfs, der durch einen leichten Wind zu den Jungen geweht wurde. »Puhhh, es ist heiß wie aus dem Dampfkochtopf, wir werden ganz nass. Fahren wir jetzt zurück«, meinte Ueli. Dass dieser Dampf gar nicht so harmlos war, würden die drei Freunde in ein paar Tagen erfahren.

Kapitel 2

Ladina setzt sich durch

Im Garten von Retos Elternhaus deponierten die drei ihre Bikes. Mit einem kräftigen Wasserstrahl aus dem Gartenschlauch kühlten sie sich ab. Der dreijährige Familienhund Bero, ein Border Collie, tobte rund um die Buben dem Wasserstrahl nach. Flurina, Retos sieben Jahre ältere Schwester, hatte den jungen Hund vor zwei Jahren nach Hause gebracht. Die ganze Familie hatte Bero sofort in ihr Herz geschlossen. Nach Abschluss ihres Medizinstudiums erhielt Flurina eine Stelle als Assistenzärztin in der Unfallabteilung des Spitals Luzern. In ihrer knappen Freizeit trainierte sie Bero zum Schafhütespezialisten.

Von der Sonne getrocknet hielten die drei in Retos geräumigem Schlaf-, Bastel- und Studierzimmer Kriegsrat. Ueli wollte eben mit seinen Erlebnissen beginnen, da betrat die zweite Schwester, die Zwillingsschwester von Reto, das Zimmer. Ladina stellte einen großen Krug Limonade auf den Tisch: »Ich denke, bei dieser Hitze tut euch Flüssigkeit gut, sonst macht ihr Buben noch schlapp.«

Ladina war ein sportliches Mädchen, fast ebenso groß wie die drei großgewachsenen Jungs. Sie fürchtete sich vor nichts. Nur kleine niedliche Tierchen mit Kugelaugen, grauem Fell und langem Schwanz waren ihr nicht geheuer. Sie war eine begeisterte Leichtathletin, 400 Meter Sprint war ihre bevorzugte Disziplin. Ihr brünettes, schulterlanges Haar hatte sie heute zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Als Ladina das Zimmer verließ, ließ sie die Türe einen Spalt offen. Das bemerkte keiner der drei. Sie waren begierig, endlich das Erlebte von Ueli zu erfahren. »Ich folgte dem Fremden vorsichtig«, begann Ueli die Erzählung, »Beim Parkplatz auf der anderen Straßenseite traf der fremde Fotograf mit einem großen, breitschultrigen Mann zusammen. Einen vorbeifahrenden Lastwagen benutzte ich als Sichtschutz, um die Straße zu überqueren. Auf dem Parkplatz war es dann ein Leichtes, mich hinter geparkten Autos den beiden zu nähern. Auf Hördistanz konnte ich dem kurzen Gespräch folgen, das die beiden auf Englisch führten.« »Gut hast du in der Schule im Englischunterricht immer aufgepasst.« »Ja, das war mein Glück. Die beiden sprachen kein reines Englisch, es sind sicher keine Briten oder Amerikaner. Der Kleinere, den wir beim Fotografieren ertappten, erklärte dem anderen, das Entwicklungsteam teste das Flugzeug alle vier Tage im Flug. In der Zwischenzeit würden die erflogenen Flugdaten von den Ingenieuren ausgewertet. Das heiße, der nächste Flug werde am Freitag sein. Somit müssten sie in der Nacht von Donnerstag auf Freitag handeln. Sie würden sich Freitag morgens um 2 Uhr dort auf dem Parkplatz treffen. Daraufhin entfernte sich der Große.

Ich beobachtete ihn, wie er in einen weißen Porsche mit Aargauer Kennzeichen stieg. Die Nummer konnte ich leider nicht erkennen. Plötzlich fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter. Mich umdrehend, schaute ich in die Augen des illegalen Fotografen. Der sprach mich auf Englisch an. Ich tat so, als würde ich ihn nicht verstehen. In gebrochenem Deutsch fragte er, was ich da rumspioniere, er habe mich schon länger beobachtet.« Marc grinste: »Als Detektiv taugst du noch nicht, wenn du so leicht zu entdecken bist.« Ueli fuhr mit der Erzählung fort: »Ich erklärte ihm, dass das Fotografieren auf dem Flugplatz verboten sei. Er herrschte mich an, ich solle mich um andere Sachen kümmern. Dann drehte er sich um, stieg in einen silbrigen Range Rover und fuhr weg. Ich konnte mit einem Filzstift, den ich in der Hosentasche fand, die Autonummer auf meinen Handrücken schreiben.« Ueli streckte Reto seinen linken Handrücken entgegen: «Schau mal im Internet nach, wem dieses Auto gehört.«

Reto startete seinen Laptop, nach kurzer Pause erklärte er: »Pech gehabt, die Autonummer ist auf eine Autovermietung in Luzern ausgestellt.« »Dann fragen wir eben nach, an wen sie den Range Rover vermietet haben, ein Telefonanruf sollte genügen.« »Du spinnst, die Vermietung darf auf keinen Fall die Adresse des Automieters bekannt geben«, meinte Ueli, »höchstens der Polizei.« »Dann gehen wir zur Polizei und berichten, was wir entdeckt haben.« »Das sind doch nur Vermutungen, die Polizei hat anderes zu tun, als Fantasien von drei Jungen nachzugehen.«

In dem Moment kam Ladina wieder ins Zimmer und holte den leeren Limonadenkrug. Diskret schaute sie auf Uelis Handrücken und merkte sich die Autonummer. »Vorschlag«, rief Reto, »wenn ihr einverstanden seid, erzähle ich alles, was wir wissen und entdeckt haben heute Abend meinem Vater. Er ist als Ingenieur am Arbalète-Projekt beteiligt. Das Flugzeugwerk kann selbst entscheiden, was sie mit unseren Informationen machen wollen und wir sind fein raus. Wir könnten trotzdem auf eigene Faust weiter rumschnüffeln.« Damit waren sich die drei einig. »Morgen um 10 Uhr hier bei mir«, meinte Reto, »dann weiß ich auch, was mein Vater zu unseren Ermittlungen meint.«

Punkt 10 Uhr am anderen Morgen waren die drei wieder in Retos Zimmer versammelt. »Vater hat mir vor einer halben Stunde am Telefon erklärt, er habe die Direktion des Flugzeugwerkes benachrichtigt, sie seien am Beraten über das weitere Vorgehen.« »Wow, dann ist das doch ein dicker Brocken, wenn sich die Sache in diese Richtung entwickelt«, meinte Ueli. Die Zimmertür öffnete sich einen Spaltbreit, dann stürmte Bero, der Border Collie, ins Zimmer. Er sprang vor Freude an Reto hoch und begrüßte die beiden anderen mit kurzem Bellen und kräftigem Schwanzwedeln.