Jannick und der Bandwettbewerb - Katrin M. Schwarz - E-Book
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Jannick und der Bandwettbewerb E-Book

Katrin M. Schwarz

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Beschreibung

Der 12-jährige Jannick liebt das Schlagzeugspielen. Wenn er auf seine Drums schlägt, vergisst er die getrennten Eltern und die Schule. Sogar die Schulmonster, die ihm auf dem Schulweg auflauern, können ihm hinter seinem Schlagzeug nichts anhaben. Gerade als Jannick mit ein paar Freunden eine Band gründet, wird ein Bandwettbewerb angekündigt. Die Jungen legen sich ordentlich ins Zeug, um dabei als Sieger auf der Bühne zu stehen. Dabei gibt es allerdings das eine oder andere Problem: Es lässt sich einfach niemand finden, der in ihrer Band Bass spielt. Und dann wäre da noch Inga, die zwar Bass spielt, aber in Jannick äußerst unangenehme Reaktionen hervorruft. Nicht zu vergessen der ewig meckernde Nachbar Stahmer, der sie aus ihrem Bandkeller vertreiben will. Und als wenn das nicht schon genug wäre, wird Jannick auch noch ständig von diesen peinlichen Halluzinationen heimgesucht! Doch Jannick lässt sich nicht unterkriegen. Er gibt alles, schreibt sogar einen eigenen Song und nimmt die Herausforderungen an. Der Roman greift liebevoll und mit viel Humor die alltäglichen Probleme eines zwölfjährigen Jungen auf. Die Trennung der Eltern, schlechte Leistungen in der Schule, erstes Verliebtsein sind Schwierigkeiten, vor denen Jannick - wie viele andere Jungen auch - steht. Seine Liebe zur Musik hilft ihm, sich diesen Hindernissen zu stellen. Stück für Stück wachsen Jannicks Glaube an sich selbst und sein Mut. Dabei entpuppen sich seine große Phantasie und Kreativität, die er bisher immer eher als Last empfunden hat, als hilfreiche Stärken. "Jannick und der Bandwettbewerb" eignet sich deshalb auch hervorragend als Unterrichtslektüre für die Klassenstufen 5-7. Der Roman ist als Taschenbuch im EINBUCH Buch- und Literaturverlag erschienen (ISBN: 978-3-949234-42-2).

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Katrin M. Schwarz

Jannick und der Bandwettbewerb

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

Impressum

Für meine Kinder Jeremias und Josefine

1. Kapitel

Eins – zwei – drei – und ab! Jannick gibt den Einsatz für seine Band. Auf den Punkt setzen die Gitarre, der Bass und das Keyboard ein, Jannick selbst sitzt am Schlagzeug und lässt die Trommeln unter seinen Sticks erzittern. Fast gleichzeitig setzt das Kreischen der Fans ein. Nur gut, dass Jannick einen Lautsprecher im Ohr hat, sonst würde er vor lauter Gekreische ihre eigene Musik kaum hören können. Okay, jetzt gleich das Schlagzeugsolo. Leo gibt Jannick ein Zeichen mit dem Kopf, los geht es. Die Sticks wirbeln nur so über die Trommeln hinweg. Snare, Bass-Drum, Hi-Hat – Jannick könnte sein Instrument blind spielen! Die Menge tobt! Leo wirft ihm einen anerkennenden Blick zu und Jannick fällt wieder in den gleichmäßigen Rhythmus, um mit dem Rest der Band zusammenzuspielen.

Klopf – klopf – klopf hört er den Klang der Bassdrum. Irgendwie klingt sie seltsam, gar nicht so satt und voll wie sonst. Eher wie das Klopfen von Fingerknöcheln auf Holz. Jannick öffnet die Augen – und sieht mitten in das sehr nahe Gesicht seines Chemielehrers, Herrn Pollack.

„Aufwachen, mein Lieber, hier wird nicht geschlafen.“

Einige Jungs aus der Klasse lachen schallend, während die Mädchen sich die Hände vor den Mund halten. Jannick läuft knallrot an. Er hätte schwören können, dass er gerade eben noch auf der riesigen Bühne war. Wie kommt er denn so plötzlich in die Schule, und dann noch in den Chemieraum? Hat er etwa …

„Träumen musst du schon zu Hause. Hier heißt es Mitdenken!“ Herr Pollack ist schon wieder auf dem Weg nach vorne zum Pult. „Das gibt einen Eintrag, mein Lieber. Wird wohl nicht dein erster in dieser Woche sein.“

Es ist mein vierter, aber Ihr Lieber bin ich deshalb noch lange nicht, möchte Jannick am liebsten rufen. Aber er verkneift es sich, wäre wohl angesichts der Situation nicht besonders intelligent.

Den Rest der Stunde bemüht er sich wirklich, den Ausführungen von Herrn Pollack zu folgen. Einmal melden, ein einziges Mal nur, dann wäre alles halb so schlimm. Der Pollack würde ihn milde anlächeln und ihm sein gnädiges Nicken schenken, wie er es bei Lisa immer macht, wenn sie es schafft, etwas auch noch so Dämliches zu sagen. Aber so sehr sich Jannick auch anstrengt, sein Finger zuckt nicht einmal, geschweige denn, reckt sich nach oben. Wozu auch? Was sollte er zum Unterricht beitragen? Äh, Herr Pollack, entschuldigen Sie, aber ich habe nicht den blassesten Schimmer, wovon sie da vorne faseln. Da könnte er wohl lange auf die Gnade des Chemielehrers warten.

Wie gut, dass es endlich klingelt. Jannick ist der erste, der den Klassenraum verlässt. Kunststück. Er musste ja auch nichts einpacken, weil er nämlich schlauerweise gar nicht erst irgendetwas ausgepackt hatte. Tja, effektive Pausennutzung!

Während Jannick auf Leo wartet, der wie immer etwas länger braucht, geht Inga an ihm vorbei. Ganz dicht. Musste sie eigentlich gar nicht. Es war genug Platz auf der anderen Seite des Flures. Jannick wird schon wieder knallrot und sofort wütend auf sich selbst. Nur weil Inga dicht an ihm vorbei geht, muss er ja nicht gleich anlaufen wie eine überreife Tomate. Zu spät. Sie hat es bestimmt gesehen. Obwohl Jannick sich spontan weggedreht hat, sind ihr seine dunkelroten Ohren sicher aufgefallen. Er könnte sich selbst ohrfeigen. Vollidiot! Und von wegen effektive Pausennutzung. Wenn Leo nicht gleich kommt, ist die Pause vorbei, ohne dass sie sich für heute Nachmittag verabreden konnten.

„Mensch, endlich.“ Jannick ist froh, Leo aus dem Chemieraum kommen zu sehen. Er spürt, wie seine Ohren nach und nach wieder eine gesunde, normale Farbe annehmen. „Ich warte schon eine halbe Stunde auf dich.“

„Aha“, mehr ist bei Leo nicht drin. Für Jannicks Blödsinn hat er nicht besonders viel übrig. Dafür aber für seine Musik.

„Kommst du nachher?“, fragt Jannick, während er neben Leo in Richtung Pausenhalle schlendert.

„Klar, wann?“

„Gleich nach der Schule?“, schlägt Jannick vor.

Aber Leo schüttelt den Kopf. „Nee, da ist noch Mittagszeit. Wenn wir da schon in eurem Keller Musik machen, beschwert sich dein Nachbar.“

Die beiden reihen sich in die Schlange vor dem Kiosk ein.

„Außerdem muss ich erst Hausaufgaben machen, sonst lässt meine Mutter mich gar nicht erst weg.“

„Okay, dann um drei. Zur Bandprobe.“

„Versuch ich“, stößt Leo hervor, der in diesem Moment von einem winzigen Fünftklässler so heftig angerempelt wird, dass ihm die Luft wegbleibt.

Ihre Käsebrötchen müssen die beiden in Windeseile hinunterschlingen, die nächste Stunde beginnt gleich. Mathe. Im Treppenhaus verabschieden sich die Freunde voneinander. Leo geht in den schnellen Kurs, während Jannick mit dem Zweierkurs vorliebnimmt.

„Viertelnoten kann ich auch ohne Einserkurs erkennen“, ermuntert er sich selbst, bevor er den Klassenraum betritt und sich der Welt der Zahlen ergibt.

Nach Mathe ist Feierabend. Jannick hatte Glück. Er musste die Hausaufgabe diesmal nicht an der Tafel vorrechnen. Wäre auch doppelt blöd gewesen. Er hatte sie nämlich gar nicht. Und gekonnt hätte er sie auch nicht. Aber glücklicherweise fand Frau Onning, dass diesmal jemand anders die Blamage auf sich nehmen musste. Frau Onning gibt außer Mathe auch Musik. So ganz daneben kann sie also nicht sein. Und deshalb ist Jannick froh, dass er heute keine weitere Niederlage einstecken musste. Nicht bei Frau Onning.

Jannick schließt sein Fahrrad auf und tritt in die Pedale. Eigentlich gibt es keinen Grund, sich besonders zu beeilen, nach Hause zu kommen. Da ist eh keiner. Aber Jannick sieht sie schon hinter sich herrennen: die Schulmonster. Mit riesigen Schritten jagen sie auf ihn zu. Die Mäuler mit den fauligen Zähnen und ebensolchem Atem weit aufgerissen. Dramatische Musik dröhnt in Jannicks Kopf. Na ja, geht so dramatisch. Er kennt sie aus dem Computerspiel Anno, aber sie eignet sich ganz gut für solche Szenen.

Jannick gibt alles, während er vom Schulhof auf die Straße abbiegt. Sollen die Monster doch die anderen kriegen, die, die sich noch stundenlang unterhalten müssen. Über die Arbeit, die sie gerade zurückbekommen haben oder ob sie zusammen ein Referat halten wollen. Jannick lässt sie alle hinter sich zurück. Zusammen mit den Monstern aus Deutsch, Englisch, Mathe und Chemie. Er lässt seine Fahrradkette Funken schlagen und biegt in Schräglage in die Allee ein. Jetzt noch eine gerade Strecke, dann hat er es geschafft. Auf dieser Strecke wird er sie abschütteln. Die Monster werden sich andere Opfer suchen, Opfer, die sie viel leichter erwischen können als ihn.

Geschafft! Jannick schiebt sein Rad durch das enge Gartentor seines Hauses. Er weiß, dass die Schulmonster ihm hier nichts mehr anhaben können. Er ist in Sicherheit! Endlich kann er aufatmen. Herr Pollack, die Mathe-Hausaufgabe, alles fällt wie Schmutz von ihm ab. Hier ist er in seinem Refugium, im Keller dieses kleinen Einfamilienhauses wartet ALLES auf ihn: Die Musik!

Aber als erstes schiebt sich Jannick die Pizza in den Ofen, die Mama extra für ihn gekauft hat.

Mein lieber Schatz, lass sie dir schmecken, steht auf dem Zettel, der danebenliegt.

Mama hat einen Ganztagsjob bei einem Steuerberater. Da muss sie den ganzen Tag Rechnungen schreiben und so. Auch nicht das Gelbe vom Ei, findet Jannick. Aber das, was sie verdient, reicht dafür, die Miete für das Haus zu bezahlen und ab und zu ein paar Extras. Und Jannicks Schlagzeugunterricht! Dafür ist er Mama echt dankbar. Wenn er den nicht hätte, das wäre voll daneben.

Die Pizza ist fertig und Jannick schlingt sie heißhungrig herunter. Wann ist es drei? Noch ungefähr eine Stunde. Da kann er noch ein bisschen die Beats üben, die er heute für die Probe mit Leo braucht. Jannick räumt seinen Teller in die Spülmaschine und trägt seinen Schulranzen in sein Zimmer. Sonst fragt Mama nachher wieder. Sein Deutschheft legt er so auf den Schreibtisch, dass es aussieht, als hätte er Hausaufgaben gemacht. Das kann er heute Abend immer noch. Und jetzt ab in den Keller. Leise spielen, damit der blöde Stahmer von nebenan nicht gleich wieder klingelt.

Apropos Klingeln. War da nicht was? Jannick geht zur Haustür und öffnet sie für Leo. „Wow, schon drei? Ich habe gar nicht gemerkt, dass schon so viel Zeit vergangen ist.“

„Ich schon. Ich habe mich wirklich angestrengt, alle Hausaufgaben rechtzeitig zu schaffen. Ich musste sie meiner Mutter zeigen, sonst hätte sie mich nicht hergelassen.“

„Meine ist noch gar nicht da. Also, ab in den Keller.“

Während Leo seine Gitarre anschließt, spielt Jannick seine neuen Beats auf dem Schlagzeug vor.

„Cool“, Leo ist richtig begeistert.

Auf Jannicks Zeichen spielen sie Californication von den Red Hot Chili Peppers. Alles klappt auf Anhieb.

„Wäre cool, wenn wir einen Bass dazu hätten.“

„Ja, und einen ordentlichen Gesang.“, fügt Jannick hinzu. „Dein Gekrächze ist für unseren Keller gut genug, aber berühmt werden wir damit nicht.“

Leo grinst. Er weiß, dass Jannick recht hat. Er singt den Song ja auch nur, weil sie keine bessere Stimme in der Band haben.

In diesem Moment klappt oben die Haustür. Es ist Mama, die mit Jannicks kleiner Schwester Merle im Schlepptau nach Hause kommt. „Wir sind da!“, ruft sie so laut, dass die beiden im Keller es nicht überhören können.

Keine zwei Minuten später ist Merle im Musikkeller bei den Jungen. „Spielt ihr was für mich?“, fragt sie und macht es sich gleich auf dem Bandsofa bequem.

Das Bandsofa ist ein ausrangiertes Ledersofa aus Mamas Wohnzimmer. Die beiden Katzen haben es ziemlich zerkratzt, aber das macht Jannick nichts aus. Und Merle offenbar auch nicht. Man kann sich ordentlich hineinfleetzen. Das allein zählt.

„Okay“, Leo stimmt schon seine Gitarre nach. „Lass uns noch mal Californication spielen.“

Danach klatscht Merle begeistert Applaus. „Das ist cool“, ruft sie. „Aber ihr könntet eine richtige Sängerin gebrauchen. Darf ich das sein? Bitte!“

Jannick verdreht die Augen. Seine Schwester ist fünf! Nach den Sommerferien kommt sie in die erste Klasse. Was für eine Idee, ein Kindergartenkind als Sängerin in ihrer Band zu haben. Das kann doch nun wirklich auch nur Merle einfallen.

Aber Leo wuschelt Merle durch die Haare. „Das wäre aber ziemlich unpassend, wenn so ein kleines Mädchen wie du von einer teenage bride with a baby inside singen würde.

„Wieso, was ist denn das?“, will Merle sofort wissen.

Aber das geht Jannick zu weit. „Siehst du, du kannst ja noch gar kein Englisch. Also wird das nichts mit dem Singen in unserer Band. Außerdem sind wir eine Jungenband. Mädchen haben da nichts zu suchen.“

Merle murrt ein bisschen und guckt hoffnungsvoll zu Leo. Aber von ihm kommt nichts mehr. Nur ein Zucken mit der Schulter. Widerwillig gibt Merle sich geschlagen und verlässt schmollend und betont langsam den Kellerraum.

Leo legt seine Gitarre beiseite. „Merle hat recht, wir brauchen einen Sänger. Wenn wir irgendwann mal auftreten wollen, müssen wir in voller Besetzung sein.“

„Okay, und was schlägst du vor?“

„Wir machen ein Plakat, das wir in der Schule aufhängen.“

„Für ein Casting?“

„Nenne es, wie du willst. Casting. Vorspiel. Hauptsache, es meldet sich jemand, der Bass spielt und singen kann.“

„Das klingt nach einem vernünftigen Vorschlag. Machen wir uns gleich daran.“

Jannick läuft nach oben und kommt mit einem Stapel Papier zurück. In der anderen Hand trägt er Merles Kasten mit den Buntstiften. Gleich machen sich die beiden Jungen an die Arbeit.

WANTED – Wir brauchen dich!

Spielst du Bass?

Kannst du gut singen?

Bist du ein Junge? Dann komm in unsere Band.

Wir proben immer bei Jannick im Keller.

Dort findet auch das Casting statt.

Wo? In der Schopenhauer Allee 23

Wann? Freitag, 21. Juni ab 15 Uhr

Rings um den Text drängeln sich Zeichnungen von Gitarren, Schlagzeugen, Mikrofonen und Noten in allen Farben, die Merles Malkasten hergegeben hat. Knallbunt ist das Plakat und ganz bestimmt nicht zu übersehen.

„Werfen wir die Angel aus, dann können die Fische anbeißen.“

Leo und Jannick grinsen sich an.

„Schön gesagt, Leo! Spielen wir noch ein paar Stücke?“

Leo sieht auf seine Armbanduhr. „Geht nicht mehr. Ich muss noch Vokabeln lernen.“

Am nächsten Morgen ist Jannick schon früh aus dem Bett. Mama staunt: „Na so was! Hast du eine Verabredung vor der Schule?“

Natürlich nicht. Also jedenfalls nicht so richtig. Aber Jannick brennt darauf, das Plakat noch vor Schulbeginn an die Pinnwand zu hängen.

Nach einem kurzen Frühstück schwingt er sich aufs Rad. Am Lenker baumelt die Tüte mit dem zusammengerollten WANTED- Aufruf.

Vorsichtig fährt Jannick in die Kurve. Nur das Plakat nicht zerknicken. Irgendwie kommt es ihm vor, als wäre da in der Tüte seine neue Band. Seine Zukunft. Endlich! Komisch, dass sie nicht schon längst auf die Idee gekommen sind. Na ja, besser spät als nie.

Vor der Pinnwand wartet schon Leo auf ihn. „Hey, Jannick. Hast du es dabei?“

Mit feierlichem Gesichtsausdruck entrollt Jannick das selbstgemalte Plakat und hält es an die Pinnwand.

„Halt mal fest“, sagt er zu Leo und befestigt alle vier Ecken mit Nadeln, die er sich einfach von anderen Plakaten stibitzt.

Zufrieden treten die beiden einen Schritt zurück. „Sieht wirklich cool aus, findest du nicht?“

In diesem Moment erscheint Frau Onning, die ebenfalls ein Plakat unter dem Arm trägt. „Guten Morgen, ihr zwei. Mögt ihr mir mal eben helfen?“

Jannick kommt sich ziemlich bescheuert vor, wie er da so dicht neben Leo steht und seine Hände auf Frau Onnings Plakat drückt. Vier Hände für ein Plakat. Ein bisschen übertrieben ist das schon. Aber wenn Frau Onning sie halt fragt.

Jannick spürt plötzlich, wie seine Ohren heiß werden. Und jetzt auch das ganze Gesicht. Was? Da ist doch nicht etwa … So gut er kann, ohne die Hände vom Plakat zu lösen, dreht er den Kopf über die Schulter und sieht hinter sich die braunen Locken von Inga. Blödere Zufälle kann es ja wohl nicht geben. Da steht Inga hier im Flur und direkt vor ihr presst Jannick mit Leo die Hände gegen Frau Onnings Plakat, während Frau Onning vergeblich auf der Suche nach Nadeln ist. Das kann doch wohl bitte einfach nicht wahr sein!

Jannick starrt auf seine Hand. Einfach so tun, als wäre gar nichts, denkt er sich. Je mehr ich so tue, als wäre alles ganz stinknormal, desto schneller kühlen meine Ohren wieder ab. Alles ganz normal, supi. Ich stehe halt hier so rum.

Während Jannick versucht, sich zu beruhigen, erspähen seine Augen etwas, was ihm so interessant erscheint, dass er die Anwesenheit von Inga in seinem Rücken tatsächlich für einen Augenblick vergisst. Unter seiner rechten Hand lugt das Wort Band hervor.

Vorsichtig verschiebt Jannick seine Hand ein wenig weiter nach rechts. Nun kann er alles lesen. Bandwettbewerb steht auf dem Plakat. Aber dann ist Leos Hand im Weg. „Rutsch mal ein bisschen weiter“, fordert Jannick ihn auf und weist dabei mit der Nasenspitze auf Leos linke Hand.

Nun zeigt sich wieder einmal, wie gut es ist, einen intelligenten Freund zu haben. Leo hat die Sache längst ebenfalls kapiert. Frau Onnings Plakat ist sozusagen die logische Fortsetzung ihres eigenen Plakates.

„Wir gründen eine Band und Frau Onning macht extra für uns einen Bandwettbewerb. Cool“, fasst Leo grinsend zusammen.

„Tja, gutes Management, würde ich sagen“, fügt Jannick wichtigtuerisch hinzu, als hätte er die ganze Sache eingefädelt.

Endlich kommt Frau Onning mit ihren Nadeln aus dem Büro. „So, in jede Ecke eine Nadel.“

Das Plakat ist befestigt, sie können es endlich loslassen.

„Herzlichen Dank euch beiden für eure Geduld.“ Und schon rauscht Frau Onning wieder ab.

Da, wo Jannicks Hände waren, ist das Plakat ein wenig wellig. Das kommt von den feuchten Händen, als Inga plötzlich hinter ihm stand. Wo ist sie eigentlich jetzt? Verstohlen blickt Jannick sich um. Er sieht gerade noch Ingas dunkelgrünen Rucksack in der Schülermenge verschwinden. Dafür können die Jungen Frau Onnings Plakat jetzt aber in voller Größe bewundern.

Sommer-Festival zum Schuljahresabschluss am 27. Juli

Wir wollen die Schule rocken und so die Sommerferien einläuten. Bewirb dich ab sofort mit deiner Band bei den Musiklehrern Frau Onning und Herrn Reuter.

Wenn du in einer Band spielst, deren Mitglieder aus Schülern unserer Schule besteht, und ihr mindestens drei Stücke im Repertoire habt, könnt ihr dabei sein! Die beste Band gewinnt einen Tag im Aufnahmestudio.

„Wow! Das müssen wir gewinnen“, flüstert Jannick ehrfürchtig.

Leo sieht ihn an. Fast ein wenig spöttisch, möchte Jannick meinen.

„Erst mal müssen wir eine Band haben, danach können wir mit ihr irgendwas gewinnen. Das ist die Reihenfolge.“

„Dass du es aber auch immer so genau nehmen musst“, mault Jannick und schlendert hinter Leo her zum Klassenraum der 7b.

Während Leo irgendetwas davon faselt, dass sie gleich einen Test schreiben, schiebt sich langsam aber unausweichlich eine Frage in den vorderen Bereich von Jannicks Gehirn: Warum hat Inga plötzlich vor der Pinnwand gestanden? Hat sie ihren Bandaufruf gelesen? Oder wollte sie sich einfach nur über ihn lustig machen?

Als Jannick den Klassenraum betritt, sieht er Inga an ihrem Platz sitzen, den Kopf tief in ihrem Gesellschaftsbuch vergraben. So richtig gut auf den Test vorbereitet ist sie also auch nicht. Mittelalter. Aber viel Zeit bleibt ihr nicht mehr, die Lücken aufzufüllen.

Schon betritt Frau Roth die Klasse und fordert die Schüler noch auf ihrem Weg zum Pult auf, alles außer ihren Federtaschen vom Tisch zu räumen.

Jannick wirft noch einen vorsichtigen Blick zu Inga. Gefasst und beinahe ein wenig stolz hebt sie ihren Kopf und sieht geradewegs nach vorne, mitten in das Gesicht von Frau Roth. Jannick nimmt ihre Bewegungen wie in Zeitlupe wahr. Dazu spielt in seinem Kopf eine Musik, die immer lauter wird, immer stärker anschwillt. Auf seiner kopfeigenen Kinoleinwand beobachtet Jannick Inga dabei, wie sie mit aufrechtem Gang und auf dem Rücken gefesselten Händen über einen mittelalterlichen Marktplatz schreitet. Vor und hinter ihr gehen Soldaten, die sie unsanft zur Eile antreiben. Die dichte Menschenmenge weicht vor ihnen zurück, um Platz zu machen. Ingas Schritte sind sicher und entschlossen. Kein Zeichen von Angst ist ihr anzusehen. Schon kommt das Ziel ihres Weges ins Bild: Ein hölzernes Podest mit einem Galgen. Die Musik baut Spannung auf, höher und höher schrauben sich die Töne in Jannicks Kopf. Ein junger Mann drängt sich durch die Menge der Gaffenden hindurch zum Podest. Jannick erkennt sich selbst. Verzweiflung steht in seinem Gesicht. Inga klettert die Stufen hinauf. Ihr stolzer Blick wandert über die Menschen hinweg und bleibt einen kurzen Moment an seinem hängen. Schon will der Henker das Seil um Ingas Hals legen, da drängt sich der gellende Schrei aus Jannicks Kehle, der Inga vor dem sicheren Tod retten soll: „Nein!“

„Na, Jannick, so schlimm ist es ja wohl nicht.“ Frau Roth, die gerade das Aufgabenblatt vor Jannick auf den Tisch gelegt hat, bleibt stehen und sieht ihn überrascht und ein wenig mitleidig an. „Es ist nur ein Kurztest und nichts, was du nicht hättest lernen können.“

Oh Gott, wie peinlich! Er hat wirklich geschrien! Jetzt bloß nicht zu Inga gucken, sonst werden die Ohren wieder heiß. Einfach nur atmen. Eine ganze Note ein, eine ganze Note aus. Okay, geht doch. Und jetzt auf zum Galgen namens Gesellschaftstest!

2. Kapitel

Endlich ist Freitag!

Der Tag, an dem Leo und Jannick ihren neuen Bassisten kennenlernen sollen. Der Tag, an dem ihre Band komplett wird. Ein Quartett sind sie inzwischen geworden. Seit ein paar Tagen sind Moritz und Ogun mit dabei.

Moritz spielt ganz passabel Keyboard. Eigentlich hat er Klavierunterricht, so mit klassischen Stücken und so. Jannick findet, das merkt man auch ganz schön, weil Moritz immer ziemlich lange braucht, um passende Akkorde zu ihren Stücken herauszufinden. Aber Leo sagt, dafür kann er auch mal Melodien spielen und ein bisschen Qualität könne der Band sicher nicht schaden.

Leo muss jetzt auch nicht mehr singen. Dafür haben sie Ogun. Ogun will, sobald er alt genug dafür ist, an einer von diesen Fernseh-Castingshows teilnehmen, sie gewinnen und dann möglichst schnell ganz groß rauskommen. Da kommt ihm die Band gerade recht. Zum Üben. Mit seinen Klamotten übt er auch schon. Ogun weiß immer, was gerade angesagt ist und hat es bestimmt als erster. Sein Markenzeichen ist die Sonnenbrille, die immer, immer irgendwo auf seinem Kopf sitzt. Sogar bei strömendem Regen.

Jannick findet das ziemlich albern. Aber er ist froh darüber, dass Ogun jetzt dabei ist. Denn seit Leo nicht mehr singen muss, ist sein Gitarrenspiel noch besser geworden. Da kann man über die obermegacoole Sonnenbrille ruhig mal großherzig hinwegsehen.

Die vier Musiker haben sich in Jannicks Keller versammelt und stellen sich mental auf den riesigen Ansturm ein, den sie erwarten. Leo hat sogar eine Liste am Computer vorbereitet, in die sie die Bewertungen für die Kandidaten eintragen können. Dann hat man nachher alles schön übersichtlich und kann die richtige Wahl treffen.

„Also, Leute, Gesang brauchen wir jetzt nicht mehr in erster Linie.

---ENDE DER LESEPROBE---