Jeden Tag aufs Neue glücklich - Anna von Rüden - E-Book
SONDERANGEBOT

Jeden Tag aufs Neue glücklich E-Book

Anna von Rüden

0,0
16,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Das Glück darf mich auch später finden: Für Träume ist man nie zu alt - Anna von Rüden ist mit über 60 ein gefragtes Fotomodell. Hier erzählt sie ihre Mut machende Geschichte über Abenteuer auch in der zweiten Lebenshälfte und den positiver Umgang mit dem Alter. - Die Botschaft: Man kann das Leben immer gestalten und genießen! Dazu braucht es vor allem Lebensmut und Energie – und Humor. - Ihre ungewöhnliche Lebensgeschichte ist dabei Wegweiser für mehr Lebensfreude und Erfüllung in jedem Alter.Macht das Alter unsichtbar? In einer Welt der ewigen Jugend kommt man schnell zu diesem Schluss. Anna von Rüden ist der beste Beweis, dass dem nicht so ist. Sie ist ein beliebtes und gefragtes Fotomodel – und das mit über 60. In ihrem Buch erzählt sie von ihren Erfahrungen, von Brüchen, Neuanfängen und vielen Möglichkeiten in jedem Moment des Lebens. Gemodelt hat sie in ihrem Arbeitsleben nicht immer, sondern war auch Sozialpädagogin in einem sozialen Brennpunkt.   Was im Leben zählt – und jung hält Ihre ungewöhnliche Geschichte, die Mut macht und geprägt ist von positiver Lebensenergie, ist ein Wegweiser für mehr Lebensfreude und Erfüllung in jedem Alter. Auch bei ihr läuft nicht immer alles glatt, aber wer sich die Neugier auf die Welt bewahrt, wer offen ist für alles Neue, der kann die Schranken im eigenen Kopf immer wieder einreißen. Dazu braucht es vor allem Lebensmut, Energie und Humor. Ihre Erkenntnisse darüber was im Leben wirklich zählt – und jung hält – lassen die Angst vor dem Älterwerden verschwinden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 229

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Unsere eBooks werden auf kindle paperwhite, iBooks (iPad) und tolino vision 3 HD optimiert. Auf anderen Lesegeräten bzw. in anderen Lese-Softwares und -Apps kann es zu Verschiebungen in der Darstellung von Textelementen und Tabellen kommen, die leider nicht zu vermeiden sind. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2018

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2018

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Maria Hellstern, Regina Denk

Lektorat: Alexandra Bauer (textwerk, München), Karin Leonhart für textwerk, München

Covergestaltung: Michel Grasmann, Martina Baldauf, München

eBook-Herstellung: Gabriel Mlesnite

ISBN 978-3-8338-6767-5

1. Auflage 2018

Syndication: www.seasons.agency

GuU 8-6767 08_2018_01

Unser E-Book enthält Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalte wir keinen Einfluss haben. Deshalb können wir für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich. Im Laufe der Zeit können die Adressen vereinzelt ungültig werden und/oder deren Inhalte sich ändern.

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

www.facebook.com/gu.verlag

LIEBE LESERINNEN UND LESER,

wir wollen Ihnen mit diesem E-Book Informationen und Anregungen geben, um Ihnen das Leben zu erleichtern oder Sie zu inspirieren, Neues auszuprobieren. Wir achten bei der Erstellung unserer E-Books auf Aktualität und stellen höchste Ansprüche an Inhalt und Gestaltung. Alle Anleitungen und Rezepte werden von unseren Autoren, jeweils Experten auf ihren Gebieten, gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteuren/innen mit größter Sorgfalt ausgewählt und geprüft.

Haben wir Ihre Erwartungen erfüllt? Sind Sie mit diesem E-Book und seinen Inhalten zufrieden? Haben Sie weitere Fragen zu diesem Thema? Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung, auf Lob, Kritik und Anregungen, damit wir für Sie immer besser werden können. Und wir freuen uns, wenn Sie diesen Titel weiterempfehlen, in ihrem Freundeskreis oder bei Ihrem online-Kauf.

KONTAKT

GRÄFE UND UNZER VERLAG LeserservicePostfach 86 03 1381630 MünchenE-Mail: [email protected]

Telefon: 00800 / 72 37 33 33*Telefax: 00800 / 50 12 05 44*Mo-Do: 9.00 – 17.00 Uhr

„Für ein gutes Foto tue ich alles, fast alles“, sagt Anna von Rüden noch heute. Das bekannte Best-Ager-Model eroberte die internationalen Magazine und Laufstege erst spät und ist mit über 60 Jahren gefragter denn je. Gemodelt hat sie in ihrem Arbeitsleben nicht immer, die Diplom-Pädagogin und Mutter von vier erwachsenen Kindern war zuvor als Sozialpädagogin in einem sozialen Brennpunkt aktiv. Auch bei ihr lief nicht immer alles glatt: Die schwere Erkrankung ihrer Tochter, ihre Scheidung und der Umgang mit einer neuen, jungen Liebe haben sie immer wieder herausgefordert.

Ihre bewegende Lebensgeschichte zeigt ihre klare Botschaft: Man kann das Leben immer neu gestalten und genießen! Dazu braucht es vor allem Lebensmut, Energie und Humor.

Hier und jetzt

Wer präsent bleibt, wird nicht unsichtbar

Natürlich kann ich mein Alter nicht wegdiskutieren. Ich bin nicht mehr 40, ich wirke auch nicht wie 50, sondern ich sehe genau so alt aus, wie ich bin. Manchmal passiert es, dass Jüngere mir ihren Platz im Bus oder in der Bahn anbieten. Das ist natürlich erst mal sehr aufmerksam, führt aber bei mir unweigerlich zu dem Gedanken: „Oje, du musst heute aber alt oder krank aussehen.“ Derartige Privilegien brauche ich noch gar nicht, da ich mich nicht so alt fühle.

Viele Frauen über 50 beklagen dieses Gefühl des Plötzlich-unsichtbar-Werdens. Das kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe weder das Gefühl, mit Mitte 60 von der Gesellschaft oder vom Zeitgeschehen abgeschnitten zu sein, noch, dass man mich nicht mehr wahrnimmt. Vermutlich liegt das daran, dass ich nach wie vor aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhabe und offen bin für Neues.

Ich interessiere mich für viele verschiedene Dinge, führe gern Gespräche mit jüngeren Leuten und höre mir dabei auch ihre Probleme und Befindlichkeiten an. Interessiert zu sein ist für mich ein Lebenselixier, es bedeutet für mich im wahrsten Sinne des Wortes dazwischen sein. Ich bemerke aber auch, dass sich manche Menschen ab einem gewissen Alter aus der Gesellschaft zurückziehen. Und das ist der erste Schritt in die Unsichtbarkeit. Das Schicksal ist unberechenbar, Krankheit, Erschöpfung, Resignation – Gründe gibt es viele, wenn die Aktivitäten nachlassen. Ein Argument jedoch kann ich überhaupt nicht hören: „Da kümmere ich mich nicht mehr drum, das sollen doch die Jüngeren machen.“ Für ein gutes Miteinander der Generationen sollte sich jeder nach seinen Möglichkeiten einbringen. Es muss ja nicht gleich das ganz große politische oder soziale Engagement sein. Manchmal reicht es schon, wenn man in seinem näheren Umfeld genau hinschaut. Wie geht es meinem Nachbarn? Welche Interessen hat er? Kann man mal etwas gemeinsam unternehmen? Gibt es in meinem Stadtteil etwas, wofür ich mich einsetzen möchte? Habe ich Wissen und Fähigkeiten, von denen andere profitieren könnten?

Kreativität gehört für mich unbedingt zum Jungbleiben dazu. Manchmal träumt man das ganze Leben davon, singen zu können, oder will seit Jahren eine Fremdsprache lernen. Natürlich erlangt man als Späteinsteiger keine Wettbewerbsreife mehr. Aber darum geht es auch gar nicht. Was zählt, sind Spaß, soziale Kontakte und geistige Herausforderung. Ich bin der Meinung: unbedingt sofort umsetzen! Glücklicherweise gibt es heute in jeder kleineren wie größeren Stadt Volkshochschulen, die eine Bandbreite an Kursen für vergleichsweise wenig Geld anbieten. Spannend ist auch der Austausch mit Menschen anderer Kulturen, denen man in Tandem-Sprachkursen, die oft kostenlos sind, begegnen kann. Dabei treffen sich zwei Partner mit unterschiedlichen Muttersprachen, um sich abwechselnd in beiden Sprachen zu unterhalten.

„Use it oder lose it“ – das gilt nicht nur für Muskeln, sondern auch für das Gehirn. Was nicht benutzt wird, geht verloren. Kreativität hält die grauen Zellen auf Trab und kann vor Erkrankungen schützen. Forschungen haben gezeigt, dass es besonders effektiv ist, wenn das Gehirn mit neuen, unbekannten Informationen gefüttert wird. Kreuzworträtsel mit den immer gleichen Suchbegriffen sind daher eher kontraproduktiv, da gähnt das Gehirn irgendwann. Ein Instrument spielen oder eine neue Sprache oder auch tanzen zu lernen ist dagegen deutlich sinnvoller. Musizieren hält bekanntlich jung und auch Bewegung hat verblüffende Effekte. US-Forscher haben nachgewiesen, dass regelmäßiges Tanzen Depressionen lindern kann, Kurzzeitgedächtnis und Reaktionsvermögen trainiert und sogar das Risiko für Demenz senkt. Auch Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen profitieren von diesen Aktivitäten. So fühlten sich laut einer US-Studie Parkinson-Patienten nach 20 Tanzstunden bedeutend sicherer auf den Beinen als Patienten, die ein reines Gymnastikprogramm absolviert hatten. Bei Sehbehinderten war das Resultat ähnlich. Auch sie hatten durch das Tanzen an Sicherheit im Alltag gewonnen.

Leider fehlt mir momentan die Zeit, um regelmäßig einen Kurs gleich welcher Art zu besuchen. Da ich aber im Kopf fit bleiben möchte, habe ich mir vor ein paar Jahren ein Tablet zugelegt und mich mehr und mehr in die technischen Raffinessen des Computers eingearbeitet. Das macht mir ziemlich viel Spaß. So kann ich, wenn ich jobmäßig unterwegs bin, abends noch ein kleines Video von meinen Enkeln anschauen, mit ihnen skypen oder mich kurz über das aktuelle Weltgeschehen informieren.

Aufgeschlossenheit und Interesse an Neuem oder Andersartigem, das ist mein Rezept, um im Kopf jung zu bleiben. Einfach mal Dinge ausprobieren, die man nicht kennt, noch nie gemacht hat oder vor denen man vielleicht sogar ein wenig Bammel hat. Raus aus der Komfortzone! Und sich überraschen lassen, was passiert und wie viel Spaß das machen kann.

So erging es mir, als mich der Gräfe und Unzer Verlag in München fragte, ob ich ein Buch schreiben wolle. Die Herausforderung habe ich dann auch angenommen. Einfach, weil ich noch nie in meinem Leben ein Buch geschrieben, aber eine Menge zu sagen habe, von dem ich hoffe, dass es jemand hören will … Über diese Anfrage habe ich mich sehr gefreut. Übrigens noch so eine wichtige Eigenschaft fürs Leben: sich freuen können. Wenn man sich nicht mehr freuen kann, dann kann man auch nicht glücklich sein.

Alles auf Anfang

Rückblickend kann ich heute sagen, dass es das Leben ziemlich gut mit mir gemeint hat. Ich hatte eine unglaublich schöne Kindheit, eine annehmbare Schulzeit und einen spannenden Start ins Erwachsenenleben im quirligen Berlin. 22 Jahre hatte ich einen guten Mann an meiner Seite und durfte Mutter von vier wunderbaren Kindern werden.

Heute stehe ich mehr denn je mitten im Leben und fühle mich so lebendig wie nie zuvor. Ich arbeite als Model, habe meine große Liebe gefunden, freue mich jeden Tag an meinen großen Familienbanden und lebe nach vielen Umzügen kreuz und quer durch die Republik wieder in der schönsten Stadt der Welt – Berlin.

Vor ein paar Jahren fing dieses neue Leben an: Nach der Trennung von meinem Mann Hans fand ich mich plötzlich allein, ohne Kinder, auf 60 gemütlichen Altbau-Quadratmetern in Charlottenburg wieder. Ich war 55 und stand ungefähr wieder da, wo ich vor 30 Jahren schon einmal gestanden hatte. Ich habe mein Leben dann noch mal auf links gekrempelt. Diesen Neuanfang empfand ich nicht als Rückschritt, sondern als echte Chance, ein zweites Mal durchzustarten. Dazu gehörte auch, dass ich mich reduziert und fokussiert habe, innerlich wie äußerlich. Gleichzeitig habe ich intensiv in mich reingehorcht: Was kann ich? Was will ich? Was ist mir wichtig? Das Leben noch mal völlig neu zu ordnen – das war ebenso reinigend wie befreiend.

Auch wenn ich anfangs ein ganz klein wenig ängstlich in die Zukunft blickte, so habe ich durch die Trennung von meinem Mann letztlich sehr viel an Sicherheit gewonnen. Mehr noch, ich blühte emotional regelrecht auf, fühlte mich glücklich und auf wunderbare Weise frei. In der ersten Zeit bin ich sehr viel spazieren gegangen, habe neben dem Hüten meiner zahlreichen Enkelkinder viel Zeit in Kinos, Galerien und Museen verbracht. Nach ungefähr drei Jahren wachte ich eines Morgens auf und dachte: Die Welt ist wunderbar!

Die tragenden Säulen in meinem Leben, die mich jeden Tag genießen lassen, sind heute eine fabelhafte Familie, ein toller Job und die wunderbare Beziehung zu Michael. Ihn zu treffen war eine unglaublich schöne Laune des Schicksals.

Toaster gesucht – Liebe gefunden

Er sah buchstäblich magisch aus, mit seinem dunkelblauen langen Samtmantel, dem schwarzen Halstuch und den langen schwarzen Haaren. Es war ein Sonntag im März, er stand lächelnd oben auf der Treppe am S-Bahnhof Tiergarten – und hatte auf mich gewartet. Ganze anderthalb Stunden!

Auf der Suche nach einem alten Metall-Toaster bin ich an diesem sonnigen Frühlingstag 2011 gemütlich über den Flohmarkt auf der Straße des 17. Juni geschlendert. Ich trug einen schlichten, in der Taille gebundenen Ledermantel und einen schönen Rock, hatte das Haar offen und gefiel mir selbst richtig gut. Und ihm offenbar auch. Er sprach mich an, sagte, dass ich ihm schon vorhin zwischen den Ständen aufgefallen sei und er deshalb hier auf mich gewartet habe. Wir setzten uns auf eine Parkbank unter Bäumen im Tiergarten gegenüber dem S-Bahnhof und hatten sofort einen Draht zueinander. Optisch gefiel er mir sehr, weil er nicht so geschniegelt wirkte. Offen gestanden, sah er bei unserer ersten Begegnung sogar eher zerknittert aus. So, als ob er in der Nacht davor viel zu wenig geschlafen hätte. Dennoch war nicht zu übersehen, dass er jünger war als ich. Deutlich jünger. Ganze 25 Jahre, wie ich kurz darauf erfuhr.

Er fragte mich nach meiner Telefonnummer und speicherte sie in sein Handy ein. Als ich sein seltsames Mobiltelefon sah, musste ich erst mal lachen. Es war ein Senioren-Handy mit riesengroßen Tasten. Er gestand mir, dass er sich nur sehr schwer Zahlen merken könne und es ihm mit dieser Tastatur leichter fiele, Nummern zu wählen. Auf Kriegsfuß mit Zahlen – das kenne ich auch. Das allein machte ihn mir schon sehr, sehr sympathisch. Wir verabredeten uns für den folgenden Mittwoch. Zum Abschied fragte er, ob er mir einen Kuss geben dürfe. Das ging mir eindeutig zu schnell.

Danach bin ich aber buchstäblich nach Hause geschwebt. Ich saß in der S-Bahn, hatte Herzklopfen, weiche Knie und knallrote Wangen – das volle Programm eben … Zu Hause meldete sich dann mein Verstand. „Der Typ ist viel zu jung für dich. Was willst du denn mit dem anfangen?“, fragte das kleine Teufelchen auf meiner Schulter. Doch der Engel auf der anderen Seite sagte nur: „Wart’s einfach mal ab.“ Je näher der Mittwoch rückte, umso nervöser wurde ich. Hoffentlich würden wir ein Gesprächsthema finden. Bloß keine peinliche Stille oder angestrengter Smalltalk.

Für unser erstes Treffen hatte er sich etwas ganz Besonderes ausgedacht. Kein schickes Berliner Restaurant mit Dreigängemenü und einer Flasche Barolo, um mich zu beeindrucken. Nein, sondern eine echte Berliner Kneipe, mitten in Grunewald. Ich hatte mich für alle Eventualitäten wetterfest angezogen, da ich ja nicht wusste, auf welche Nacht-und-Nebel-Aktion ich mich da eingelassen hatte. Michael erschien mit einem phosphorgrünen Regenschirm am S-Bahnhof und geleitete mich zu der außergewöhnlichen Location. Es war nicht mal eine besonders gemütliche Kneipe oder gar eine elegante Bar, sondern eine Eckkneipe, wo sich das weniger gut betuchte Publikum des Nobel-Stadtteils auf ein preiswertes Bier trifft.

Schon auf dem Weg zur Kneipe unterhielten wir uns angeregt, wir warfen uns die Bälle nur so zu. In der Kneipe erzählte Michael mir dann von seiner Arbeit. Genau wie ich ist er Sozialpädagoge. Er leitet eine Wohngemeinschaft für Jugendliche von 18 bis 28 Jahren. Diese jungen Erwachsenen sind irgendwann mal aus unterschiedlichen Gründen durch das soziale Netz gerutscht und schaffen es nicht, ihren Tagesablauf zu strukturieren. Michael und seine Kollegin helfen ihnen dabei, wieder selbstständig im Leben klarzukommen. Mich faszinierten die Schilderungen von seinem Job und seine Einstellung dazu.

Die Zeit verging wie im Flug. Erst irgendwann weit nach Mitternacht sind wir aus der Kneipe raus. Und dieses Mal durfte er mich zum Abschied küssen. Auf die Wange allerdings. Am nächsten Morgen habe ich als Erstes meine Tochter angerufen, um ihr aufgeregt mitzuteilen: „Elisabeth, ich habe mich verliebt.“

Nur ein paar Tage später habe ich Michael auf meinem Geburtstagsfest meiner Familie vorgestellt. Er war ziemlich schnell integriert und ich hatte den Eindruck, dass er sich in unserem lauten und lustigen Haufen wohlfühlte.

Durch Michael habe ich ganz andere Seiten des Lebens entdeckt und auch eine neue Art von Musik: Black Metal. Diese Unterart von Metal kommt aus Skandinavien, ist sehr speziell und nicht ganz unumstritten. Gutturale Gesänge mit Schreien, Kreischen und Knurren, Satanskult und brennende Kirchen sind es, was viele der Szene vorwerfen. Dazu weiß geschminkte Gesichter, Kunstblut und martialische Outfits. Böse Buben, Gewaltexzesse und Kriminalität hat es in den 1990er-Jahren in dieser Musikrichtung tatsächlich gegeben. Das waren allerdings oft verwirrte Einzeltäter und lässt sich nicht auf die gesamte Musikrichtung übertragen.

Inzwischen gibt es eine neue Black-Metal-Szene, manche nennen sie auch Neo Black Metal. Hier präsentieren sich die Bands ohne die typischen bleichen Gesichter, manchmal sogar in ganz normalen Outfits wie Jeans und T-Shirt. Die Musik hat für mich etwas Mythisches, etwas Mystisches, aber auch etwas Spirituelles, Psychodelisches und Rockiges. Sie ist nichts, was gefällig ins Ohr geht, sondern schrill und kreischend, manchmal aber auch sehr symphonisch. Kurz: Sie lässt sich nur schwer in eine Schublade packen. Genau das gefällt mir daran. Und bei den Konzerten dieser Bands geht echt die Post ab. Das Publikum dort ist meist bunt gemischt, allerdings eher männerlastig. Einer grauhaarigen Frau in meinem Alter bin ich dort noch nie begegnet. Dennoch wurde ich nie schief angeguckt, und ich habe mich dort auch nie fehl am Platze gefühlt.

Was mich aber immer wieder bei der doch sehr roh wirkenden Musik verwundert: Das Publikum ist in keinster Weise krawallig, ganz im Gegenteil geht es im Zuschauerraum sogar sehr ruhig und gesittet zu.

Als Michael mir die ersten Black-Metal-Stücke bei sich vorspielte, war ich zuerst sprachlos. Anfänglich machte mir die Musik Angst, und es war für mich nur Krach. Inzwischen habe ich ein ziemlich gutes Gefühl für die Strukturen dieser Musik entwickelt und kann sie auch gut erkennen.

In Skandinavien gehört Metal zum Kulturgut. Die Künstler dort sind hoch angesehen, ähnlich wie bei uns Popmusiker. Unter anderem wegen der Musik reisen wir auch gern in diese Länder. Wir waren bereits zusammen auf dem Metal-Festival in Oslo, und ich freue mich schon jetzt wieder auf das nächste Oration-Festival in Reykjavík.

Allerdings muss bei uns nicht alles laut und martialisch sein, wir mögen auch die leiseren Töne. Gleich zweimal waren wir in einem Konzert von Leonard Cohen. Als wir ihn im Juli 2013 in Berlin sahen, wussten wir beide intuitiv, dass wir wohl zum letzten Mal „Suzanne“, „I’m your Man“ und sein wunderbares „Hallelujah“ live von ihm gesungen gehört hatten.

Über Anna

„Ich hatte an diesem Tag einen kleinen Spaziergang durch den Tiergarten gemacht und mir auf dem Flohmarkt nicht nur die Antiquitäten angeschaut, sondern vor allem auch die Menschen. Das liebe ich.

Anna fiel mir sofort auf. Sie stach aus der Menschenmasse, die über den Flohmarkt spazierte: lange weiße Haare, dazu ein farbenfrohes Outfit mit coolem Rock und Mantel. Mir fiel natürlich auch ihre schöne, schlanke Figur auf, die von ihrer Kleidung perfekt betont wurde.

Als ich Anna so von Weitem sah, wollte ich sie unbedingt kennenlernen. Das Ganze zog sich allerdings ziemlich in die Länge. Da Anna einen ganz speziellen Toaster suchte, blieb sie gefühlt an jedem Stand stehen und unterhielt sich ausgiebig mit den Verkäufern. Da ich nicht wusste, in welche Richtung sie eigentlich wollte, hatte ich Angst, sie aus den Augen zu verlieren.

Intuitiv habe ich mich in der Nähe des Bahnhofs vor einem Hotel platziert und versucht, sie im Blick zu behalten. Sie lief tatsächlich in meine Richtung, und ich sprach sie dann einfach an. Ihre Art war so, wie ich es erwartet hatte. Sie wirkte sehr zart und sprach mit leiser, ruhiger Stimme. Das mochte ich. Wir haben dann unsere Telefonnummern ausgetauscht und uns für einen Abend drei Tage später verabredet. Zu Hause wurde mir bewusst, dass diese Begegnung mit Anna etwas Magisches hatte. Ich wollte Anna unbedingt wiedersehen und wusste, dass daraus etwas Besonderes entstehen könnte. Es war im positiven Sinne verhängnisvoll.

Diese Frau war alterslos und bewegte sich außerhalb aller messbaren Spektren. Da ich meine Seele als deutlich älter betrachte als mein Lebensalter, bilden Anna und ich so etwas wie eine seelische Peergroup.

Wir hatten uns am S-Bahnhof Grunewald verabredet. Vor lauter Aufregung war ich fast eine Stunde zu früh da. Obwohl es klirrend kalt war, habe ich relativ regungslos auf einer Bank auf Anna gewartet. Ich war vor Anspannung wie gelähmt. Mir war klar, dass ich sie auch bei dieser zweiten Begegnung toll finden würde. Unsicher war ich allerdings, ob es ihr genauso gehen würde …

Sie kam pünktlich – und ich war augenblicklich von ihrer Ausstrahlung in den Bann gezogen. Wir unterhielten uns vom ersten Moment an ganz ungezwungen – meine Unsicherheit war schnell verflogen. Auf der Suche nach einem schönen Café landeten wir schließlich in einer ziemlich schrägen, aber sehr urigen Kneipe. Kein romantisches Abendessen bei Kerzenschein, stattdessen volle Pulle Leben mit äußerst trinkfesten Stammgästen aus dem Kiez. Dort, zwischen all diesen etwas speziellen Menschen, spürte ich, dass ich mich mit Anna eigentlich überall wohlfühlen könnte. Der Ort war nicht entscheidend.

Und ihr ging es wohl ganz genauso. Ich erinnere mich noch gut, dass wir während des ganzen Abends sehr neugierig von der Kellnerin und ihrem Dackel beäugt wurden. Vermutlich, weil sie unser Verhältnis nicht einschätzen konnte und nur allzu gern gewusst hätte, in welcher Beziehung wir denn zueinander standen.

Gesprochen haben wir vor allem über mich. Ich leite als Sozialpädagoge eine therapeutische Wohngemeinschaft für junge Erwachsene. Darüber hinaus bin ich Komponist, Gitarrist, Sänger und Lyriker. Anna dagegen war eher zurückhaltend, hat wenig von sich erzählt und schon gar nicht von ihrer Model-Karriere gesprochen. Das gefiel mir, und es war natürlich auch ein bisschen geheimnisvoll. Sie sagte nur, dass sie etwas mit Mode zu tun hätte. Ich stellte sie mir eher als Modedesignerin denn als Model vor. An diesem Abend durfte ich sie übrigens auch das erste Mal küssen und ihr über den Rücken streichen – das war für mich wie eine Bekräftigung für den Beginn unserer Beziehung.

Erzählt hat sie von ihren vier Kindern, ihren damals erst drei Enkeln – und von ihrer Liebe zur Musik. Auch da schienen wir Gemeinsamkeiten zu haben. Ich bin musikalisch breit aufgestellt, mag die dunklen Klänge von Chopins und Leonard Cohens Kompositionen bis hin zu norwegischem Black Metal. Damit habe ich Anna zu Anfang wohl etwas verschreckt, was ich auch gut verstehe. Es gibt inzwischen neue französische und isländische Bands, die sehr künstlerische und atmosphärische Musik machen. Für mich ist Black Metal eine sehr edle, feinsinnige und tief greifende Kunstform, die viele Menschen nicht verstehen. 2015 reiste ich mit Anna ins Geburtsland des Black Metal, nach Norwegen. Wir trafen dort auf dem sogenannten Inferno-Festival gleichgesinnte Menschen aus allen Ländern, die unglaublich nett, höflich und zuvorkommend waren. Es gab kaum Alkohol, wir trafen auf eher stille, introvertierte Genießer mit einem enormen Maß an geistiger Reife. Anna hat sich dann buchstäblich an diese Musik herangetastet. Die norwegische Band Taake war unser persönliches Highlight. Anfangs stand sie ganz hinten im Publikum, dann ist sie immer näher an die Bühne herangerückt. Sie mochte auch die Outfits der Protagonisten und der Fans, und ich mochte es, wie unglaublich neugierig und vorurteilsfrei sie auf alles zuging.

Annas Familie lernte ich bereits bei unserem dritten Treffen kennen. Es war Annas Geburtstag, ich klingelte – und hatte gleich eine Begegnung der besonderen Art mit Annas süßer Enkelin Rosa, die damals drei Jahre alt war. Sie guckte mich von oben bis unten an und fragte dann, ob ich denn nun ein Mann oder eine Frau sei. Ich hatte auch damals schon lange Haare, was sie wohl verwirrte. Und dann saß ich plötzlich am Tisch, neben mir Annas mich musternde Kinder, die Schwiegertöchter, Enkel und ihr Ex-Mann – und ich fühlte mich sofort als Teil des Ganzen. Alle nahmen mich sehr herzlich auf und interessierten sich für mein Leben.

Ich selbst komme aus einer Kleinfamilie, habe eine sehr nette Schwester und selbst keine Kinder. Die Stufe des leiblichen Vaters habe ich durch die Beziehung mit Anna quasi übersprungen und befinde mich in einer Art Großvaterrolle, in der ich mich wohlfühle. In ihrer Rolle als Großmutter bewundere ich Anna sehr. Sie ist so wahnsinnig multitasking, hält äußerst geschickt die Fäden in der Hand und ist dabei absolut entspannt.

Mit Anna verbindet mich auch die Liebe zum Genuss auf ganz vielen Ebenen. Wir beide können stundenlang in Cafés sitzen, guten Cappuccino oder Latte macchiato trinken, Leute beobachten oder auch in Ruhe gemeinsam Zeitung lesen. Sie liebt genau wie ich Pumpernickel, ein spezielles westfälisches Roggenbrot. Ich kenne sonst niemanden in meinem Umfeld, der das isst. Anna kauft immer einen wunderbaren Käse in einem kleinen Laden in Charlottenburg – für mich der beste Käse der Welt. Wir haben denselben Sinn für Ästhetik, der weit weg ist vom Konventionellen. Wir mögen dieselben Filme und Kunstwerke. Vergleichen würde ich uns mit zwei etwas eigenwilligen Puzzleteilen, die gar nicht anders konnten, als sich zu finden.

Was ich an Anna liebe, sind ihre Zartheit und ihre Mystik. Und sie hält mich aus, mit all meinen kleinen und großen Macken. Manches, was ich an ihr mag, lässt sich auch gar nicht in Worte fassen. Es ist ein Gefühl von angenehmer Sprachlosigkeit, das mit einem intensiven Gefühl von Liebe einhergeht.“

Freund Michael

Mein Herz brennt …

Mode habe ich schon als Kind geliebt. Von den Hüten meiner Großmutter konnte ich gar nicht genug bekommen, probierte sie immer wieder gern vor dem Spiegel auf und erfand dazu die abenteuerlichsten Geschichten. Meine improvisierten Modenschauen zu Hause sollen, laut meinen Eltern und Großeltern, legendär gewesen sein. Dass ich damit irgendwann mal Geld verdienen werde, wusste ich damals natürlich noch nicht.

Obwohl ich mich als junges Mädchen immer zu groß und dünn fand, entsprach ich damit genau einem bestimmten Schönheitsideal. Mit 18 sprach mich an einem Ostseestrand ein freundlicher junger Mann an. Er suchte Hausmodelle für das renommierte Modehaus Horn am Ku’damm, und ich passte wohl wunderbar ins Konzept. Eine Zeit lang lief ich auf Modenschauen dieses Geschäfts, das 2003 seine Pforten für immer schloss. Meine Eltern fanden das eher anrüchig und suspekt. Da sie mein Studium zum Teil mitfinanzierten, drohten sie die Zahlungen einzustellen, sollte ich mit dem Modeln nicht aufhören. So war es erst mal vorbei mit meiner Model-Karriere.

37 Jahre später, ich war 55, entdeckte mich erneut ein Model-Scout, mitten auf dem Ku’damm. Ich suchte gerade nach einem Geburtstagsgeschenk für meine jüngste Enkelin, als er mich ansprach. Bereits zwei Tage später stellte ich mich bei einer großen Agentur in Hamburg vor. Eine Sedcard von mir, eine Art Kurzbewerbungskarte mit Fotos, wurde erstellt – und es konnte losgehen. Mittlerweile modele ich seit fast elf Jahren und freue mich wahnsinnig über jeden neuen Model-Job. Von jedem einzelnen Auftrag nehme ich etwas mit nach Hause: Kontakte zu neuen Menschen, Eindrücke einer neuen Stadt, die tolle Stimmung am Set und natürlich schöne Bilder, die immer wieder eine ganz neue Seite von mir zeigen.

Gerade war ich auf einem besonders interessanten Job: Für die VOGUE Portugal fand ein Shooting in der Slowakei, in Bratislava, statt. Ich hatte mich vorab im Internet ein wenig über die Stadt informiert. Meist schaue ich, ob gerade spannende Ausstellungen laufen, ansonsten lasse ich mich einfach treiben und entdecke so durch Zufall oft die schönsten Cafés, Restaurants und Geschäfte. Vor zehn Jahren war ich schon mal in Bratislava gewesen. Nach dieser langen Zeit war ich bei meiner Ankunft überrascht, wie modern die Stadt geworden war. Am Flughafen erwartete mich der Fotograf der Produktion höchstpersönlich. Er brachte mich ins Hotel, so hatte ich gleich Kontakt zu meiner wichtigsten Bezugsperson für die nächsten Tage. Die Unterkunft war geschmackvoll und sehr zentral gelegen. Bei meinen Jobs bin ich immer in Häusern mit gutem Standard untergebracht, da kann ich mich nicht beschweren. Der Fotograf gab mir noch ein paar Tipps zu Restaurants in der näheren Umgebung des Hotels, dann war ich für den Abend allein. Wie häufig habe ich auch in Bratislava erst mal einen Spaziergang durch die Straßen gemacht. So bekomme ich rasch ein Gefühl dafür, wie eine Stadt sich anfühlt und tickt.

Das Alleinsein in einer fremden Stadt macht mir nichts aus. Ich bin da immer völlig entspannt, auch wenn ich die Sprache nicht spreche. Mit Englisch komme ich fast überall durch, und in Bratislava sprachen auch einige Menschen Deutsch – zur Not klappt die Verständigung auch mit Händen und Füßen.

Meist gehe ich frühzeitig schlafen, um für das Shooting fit zu sein. Disziplin ist in diesem Job unglaublich wichtig, auch und gerade wenn man nicht mehr 17 ist. Ausreichend Schlaf vor einem Job und ein gesundes Frühstück, das lang vorhält, sind ein Muss. Denn oftmals bekommt man erst nachmittags wieder etwas zu essen. Selbstverständlich ist für mich auch ein gepflegter Körper. Füße, Hände und Nägel sollten glatt und makellos sein, Achseln und Beine ohne Blessuren rasiert und die Haare natürlich frisch gewaschen. Auch ein „Notfall-Set“ mit nudefarbener Unterwäsche habe ich immer dabei, falls die Modelle unerwartet doch mal eher durchsichtig sind.