Jerry Cotton Sonder-Edition 1 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 1 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

1963 startete der Bastei Verlag die Jerry Cotton Taschenbücher in Ergänzung zu der Heftromanserie, die zu diesem Zeitpunkt schon in der zweiten Auflage war.

Damals fragte der Klappentext der Taschenbücher noch: Wer ist G-man Jerry Cotton? Und gab auch gleich die Antwort: "Er ist ein breitschultriger, gutaussehender FBI-Beamter, der sein Leben dem Kampf gegen Gangster gewidmet hat. Durch seinen Mut und seine Entschlossenheit hat er die Herzen von Millionen Lesern in mehr als 40 Ländern erobert."

Die Jerry Cotton Sonder-Edition bringt die Romane der Taschenbücher alle zwei Wochen in einer 80seitigen Heftromanausgabe. Es ist eine Reise durch die Zeit der frühen 60er Jahre bis in das neue Jahrtausend.

Ein teuflischer Plan.

Jede Faser meines Körpers sträubte sich gegen meinen Verdacht. Es durfte nicht wahr sein, dass die Kidnapper aus dem Umfeld kamen, in dem ich sie vermutete. Fieberhaft arbeitete das FBI an der Lösung des Falls. Bis zuletzt hoffte ich, dass ich mich irrte. Aber zwei schlaflose Nächte später wussten wir alle, das meine schlimmsten Befürchtungen eingetroffen waren ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein teuflischer Plan

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Film: »Power Cop«/ddp-images

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-1155-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein teuflischer Plan

1963 startete der Bastei Verlag die Jerry Cotton Taschenbücher in Ergänzung zu der Heftromanserie, die zu diesem Zeitpunkt schon in der zweiten Auflage war.

Damals fragte der Klappentext der Taschenbücher noch: Wer ist G-man Jerry Cotton? Und gab auch gleich die Antwort: »Er ist ein breitschultriger, gutaussehender FBI-Beamter, der sein Leben dem Kampf gegen Gangster gewidmet hat. Durch seinen Mut und seine Entschlossenheit hat er die Herzen von Millionen Lesern in mehr als 40 Ländern erobert.«

Die Jerry Cotton Sonder-Edition bringt die Romane der Taschenbücher alle zwei Wochen in einer Ausgabe.

Es ist eine Reise durch die Zeit der frühen 60er Jahre bis in das neue Jahrtausend.

1

»Hallo, Joe!«, sagte ich zu dem alten Henderson, der die Waffenkammer des New Yorker FBI verwaltet. »Phil und ich, wir brauchen etwas Besonderes. Eine Waffe mit kleinem Kaliber.«

»Wozu?«

»Wir müssen einen steckbrieflich gesuchten Mörder aus einem überfüllten Lokal herausholen. Wenn er uns zwingt, von der Waffe Gebrauch zu machen, müssen unsere Geschosse in seinem Körper stecken bleiben. Damit niemand verletzt wird, der zufällig hinter ihm steht.«

Joe nickte und verschwand zwischen den hohen Regalen seines Waffenlagers. Mit zwei kleinen Revolvern kam er zurück.

»Bis auf zwanzig Schritt sind die Dinger zuverlässig.«

»Das ist das Richtige für uns«, sagte mein Freund Phil Decker.

Joe lud die Waffen, während ich sie im Ausgabebuch quittierte. Nachdem auch Phil unterschrieben hatte, winkten wir Joe zu und verließen die Waffenkammer.

Mein roter Jaguar stand im Hof des FBI-Gebäudes. Schweigend stiegen wir ein. Ich klemmte mich hinters Steuer und startete den Wagen. Wir fuhren durch die Ausfahrt und dann nach Süden in Richtung Bowery.

Wir ließen den Jaguar ein kurzes Stück vor dem Restaurant stehen und gingen zu Fuß weiter. Um kein Aufsehen zu erregen, trennten wir uns, denn auch der dümmste Tramp weiß, dass Detectives nur zu zweit in die Bowery, in die übelste Straße der Downtown von Manhattan, kommen.

Bettler, Tramps und Trunkenbolde lagen in der Sonne und schnarchten. Obwohl es früher Vormittag war, torkelten andere auf der Suche nach einer Kneipe umher, in der sie noch einen Schluck Fusel auf Kredit bekamen.

Der Patrolman Nummer 3421 stand vor einem Obstkarren und unterhielt sich mit dessen Besitzer.

Ich ging an dem Polizisten vorbei und streifte ihn leicht mit dem rechten Ellenbogen. Ungefähr zehn Schritte weiter betrat ich einen dunklen Hauseingang. Niemand war zu sehen. Ich brauchte nur wenige Augenblicke zu warten, bis der Polizist auftauchte. Ich zeigte ihm meinen Ausweis. Der Patrolman nickte.

»Ist er noch drin?«, fragte ich leise.

»Ja, Agent«, flüsterte er.

»Sind Sie ganz sicher, dass es Duff Cool ist?«

»Ja, Agent. Ich habe das Bild auf dem Steckbrief gut im Gedächtnis. Dass Cool es wagt, sich an eine Theke zu stellen, finde ich allerdings überraschend.«

»Beschreiben Sie mir das Innere des Lokals!«

Er tat es. Dann ließ ich mir schildern, wo Duff Cool in dem Augenblick gestanden hatte, als der Polizist ihn zufällig entdeckt hatte.

»Okay«, murmelte ich. »Das wär’s wohl. Warten Sie hier zwei Minuten, bevor Sie auf die Straße treten.«

Ich verließ den Flur.

Aus einem geöffneten Fenster auf der gegenüberliegenden Straßenseite hallte die Stimme eines Radiosprechers. Er verkündete, dass es in New York genau zwölf Uhr mittags sei.

***

Um zwölf nahm die Telefonistin Myrna Sanders in der Zentrale des New Yorker Field Office einen Anruf entgegen.

Eine heisere Männerstimme war am anderen Ende der Leitung.

»Ich … eh … ich möchte – ich möchte ein Kidnapping melden! Eine Kindesentführung!«

Myrna fuhr zusammen. Ihre Stupsnase wurde weiß vor Aufregung.

»Bitte, bleiben Sie am Apparat! Ich verbinde weiter!«

Schnell schob sie zwei Bananenstecker in ein rot umrandetes Lochpaar und drückte die Taste eines an die Telefonleitung angeschlossenen Tonbandgerätes. Dann rief Myrna den Chef des New Yorker FBI-District, Mr High, an.

Der Chef meldete sich. »High. Was ist los?«

»Kidnapping, Mister High! Das Tonband läuft bereits. Ich verbinde!«

Der Chef wiederholte seinen Namen. Er nahm den Hörer in die Linke und zog Block und Bleistift heran. Eine aufgeregte Männerstimme gellte aus dem Hörer:

»Ich möchte eine Kindesentführung melden! Kommen Sie sofort! Es muss sofort etwas unternommen werden! Jede Minute ist kostbar!«

»Augenblick! Mit wem spreche ich?«

»Hier ist John Edward Hayes.«

»Hayes? Von der großen Schuhfabrik?«

»Ich bin der Besitzer. Schicken Sie sofort Ihre Leute!«

»Wer ist entführt worden?«

»Mein Junge!«

»Woher wissen Sie das?«

»Weil mich die Kidnapper gerade angerufen haben!«

»Von wo sprechen Sie, Mister Hayes?«

»Von der Fernsprechzelle in einem Drugstore. Ich dachte, es wäre besser, wenn ich nicht von meinem Büro aus anrufe.«

»Das war richtig. Hören Sie jetzt genau zu, Mister Hayes! Es ist wichtig, dass die Kidnapper nichts von unserer Verbindung erfahren. Ist Ihnen das klar?«

»Wollen Sie sagen, dass …«

»Alle Kidnapper drohen mit der Ermordung des Kindes, wenn die Polizei eingeschaltet wird, Mister Hayes. Ich bin verpflichtet, Ihnen das zu sagen.«

»So … ja …«

»Wollen Sie, dass das FBI eingreift?«

»Können Ihre Leute denn heimlich arbeiten?«

»Sie können es. Aber ich kann nicht dafür garantieren, dass es den Kidnappern verborgen bleibt.«

»Trotzdem … Schicken Sie Ihre Leute. Meine Hauptverwaltung liegt in der Downtown, es ist das Hayes Building in der Cliff Street.«

»Wo sind Sie jetzt?«

»Gegenüber dem Verwaltungsgebäude.«

»Von dort ist es nicht weit bis zur Wall Street. Lassen Sie sich von Ihrem Chauffeur zur New Yorker Börse fahren. Verhalten Sie sich so, als müssten Sie trotz der Sorge um Ihr Kind ein wichtiges Börsengeschäft abwickeln. In der Börse lassen Sie sich von einem der Börsendiener an den Aktienhändler James Donnagan verweisen. Sagen Sie Donnagan, dass ich Sie geschickt habe. Alles Weitere wird sich dann ergeben. Ist das klar?«

»Absolut klar. Ich fahre sofort zur Börse.«

»Okay! Und lassen Sie den Kopf nicht hängen.«

Mr High legte den Hörer auf die Gabel. Dann drückte er auf die Taste seines Vorzimmermikrofons:

»Den Einsatzleiter, die Chefs der Bereitschaften, die Fahrbereitschaft und den Leiter des Fahndungsdienstes bitte sofort zu mir!«

Dann blickte er auf die Schreibtischuhr. Es war drei Minuten nach zwölf.

2

Wir standen im Schatten einer Einfahrt, um unser Vorgehen zu besprechen.

»Eins verstehe ich nicht«, brummte mein Freund Phil. »Als sie den Tankstellenpächter in Tennessee ermordeten, waren sie zu dritt; Duff Cool, Joe Weisman und Tonio Farelli. Cool steht dort drüben in der Kneipe – wenn sich der Cop nicht geirrt hat. Aber wo sind die anderen beiden?«

Ich zuckte mit den Schultern.

»Vielleicht haben sie sich gleich nach dem Überfall getrennt. Vielleicht sind die anderen beiden auch in der Kneipe, ohne dass der Cop sie entdeckte. Wir werden ja sehen. Wie lange brauchst du, um von hinten in die Kneipe zu kommen?«

»Zwei Minuten etwa.«

»Sagen wir drei. Ich habe jetzt genau zwölf Uhr fünf. Ich warte bis zwölf Uhr acht. Dann betrete ich die Kneipe.«

»Okay.«

Phil verschwand in der Einfahrt, in der Gerümpel lag, kreischende Kinder spielten und Mülltonnen standen. Ich steckte mir eine Zigarette an und wartete.

Für New Yorker Verhältnisse war es ein schöner Tag. Der Himmel war blau. Über den Spitzen der Wolkenkratzer segelten ein paar winzige weiße Wolken geruhsam gen Westen.

Die Temperatur war angenehm.

Ich sah auf die Uhr. Noch anderthalb Minuten. Ich machte den letzten Zug aus der Zigarette und schnippte sie dann fort.

Noch eine Minute.

Wenn die Gangster zu dritt in der Kneipe saßen, konnte es gefährlich für uns werden.

Noch zwanzig Sekunden. Ob Phil in dem Wirrwarr der Höfe und Mauern den hinteren Eingang der Kneipe gefunden hatte?

Jetzt war es soweit. Ich betrat die Kneipe.

Die Luft war zum Schneiden dick. Rauchschwaden hingen in der Luft. Dazu kamen die Ausdünstungen schwitzender Männer und der Geruch von schalem Bier und Fusel. Hastig steckte ich mir eine Zigarette an.

Die Bude war voll. An einem Tisch saßen vier Tramps und ließen eine Ginflasche von Mund zu Mund wandern. An einem Spielautomat lehnte mit stumpfsinnigem Gesicht eine Frau von etwa fünfzig Jahren. Ihre Augen sahen starr auf die kreisenden Scheiben.

Mein Blick wanderte durch den Raum.

Sechs Chinesen, zwei Mestizen mit ihren Mädchen, ein betrunkener Matrose, vier Hafenarbeiter, Tramps, Obdachlose und grell geschminkte Mädchen. Keine Spur von Joe Weisman. Keine Spur von Tonio Farelli.

Aber Duff Cool stand an der Theke. Jetzt drehte er sich um. Ich blickte schnell in eine andere Richtung, fühlte aber, dass er mich ansah.

Langsam schob ich mich zwischen den Tischreihen hindurch und stellte mich an die Theke.

Von Phil war nichts zu sehen. Hatte er den hinteren Eingang noch nicht gefunden? Oder war er aufgehalten worden? Von Weisman und Farelli?

»Einen Whisky«, sagte ich. »Pur. Scotch, wenn’s geht.«

»Ich habe nur Bourbon.«

Der Wirt, ein Kerl im Netzhemd, mit schwarz behaarten, muskulösen Armen, starrte mich böse an.

»Dann eben Bourbon«, sagte ich.

Duff Cool befand sich links von mir. Zwischen uns standen zwei Männer. Ich musterte sie aus den Augenwinkeln. Ausgeschlossen, das konnten nicht seine Komplicen sein. Keine Ähnlichkeit.

Der Riese hinter der Theke schob mir den Bourbon zu und verlangte einen halben Dollar. Ich gab ihm die Münze. Den Whisky kippte ich in einem Zug hinunter. Als ich das Glas absetzte, trat Phil durch die Hintertür.

Ich schob die rechte Hand in die Rocktasche und schloss die Finger um den Kolben des kleinen Revolvers. Ich drückte die Mündung gegen den seidigen, kühlen Stoff der Tasche, trat mit zwei Schritten an Cool heran und legte ihm die linke Hand auf die Schulter.

»Duff Cool«, sagte ich halblaut, »Sie sind verhaftet.« Duff Cool schien unter meiner Hand zu erstarren. Plötzlich aber wirbelte er herum.

Wuchtig krachte seine Faust in meinen Magen.

Ich taumelte zurück. Cool jagte an mir vorbei.

»Stehen bleiben, Cool!«, gellte Phils Stimme.

Cool warf sich herum. Er hielt eine 38er in der Hand, die Mündung war auf mich gerichtet.

Für den Bruchteil einer Sekunde blickte ich in das schwarze Loch, dann warf ich mich zur Seite, neben einen viereckigen Pfeiler.

Im selben Augenblick peitschte ein Schuss auf.

Cools schwere 38er polterte zu Boden. Phils Kugel hatte die Hand des Mörders getroffen.

Duff Cool drehte sich um und hetzte auf die Tür zu. Ich riss einen Stuhl empor und schleuderte ihn durch die Luft. Er landete in Cools Kniekehlen.

Krachend stürzte der Mörder zu Boden.

Phil und ich, wir waren gleichzeitig bei ihm.

3

»So«, sagte ich.

Duff Cool saß jetzt neben mir im Jaguar. Hinter ihm, auf dem Notsitz, hockte Phil.

Wir hatten Cool die Pistole abgenommen sowie einen Totschläger und ein Schnappmesser aus seiner Hosentasche gefischt.

Jetzt hielt er die Hände im Schoß und war mit Handschellen gefesselt. Man konnte nicht vorsichtig genug sein.

»Wo sind die anderen beiden, Cool?«, fragte Phil.

»Sucht sie doch!«, knurrte er.

In diesem Augenblick leuchtete das Ruflämpchen am Sprechfunkgerät auf. Ich schaltete den Hörer und den Lautsprecher ein, so dass Phil mithören konnte.

»Hier Wagen Cotton«, sagte ich. »Was gibt es?«

»Funkleitstelle. Hallo, Jerry! Seid ihr mit eurer Geschichte fertig?«

»Wir haben Cool. Phil hat ihm in die Hand geschossen. Wir haben ihn provisorisch verbunden, aber es ist besser, wenn er sofort in ärztliche Behandlung kommt. Sagen Sie unserem Doc Bescheid.«

»Bringen Sie Cool zum nächsten Polizeirevier. Für Sie und Phil liegt etwas Anderes vor. Auftrag von Mr High. Ihr beide sollt unverzüglich zur Börse fahren, dort am linken Seiteneingang zweimal kurz und dreimal lang klopfen.«

»Und dann?«

»Wendet euch an James Donnagan; der erklärt alles.«

»Okay. Noch etwas?«

»Nein, das war alles. Ende.«

Ich legte den Hörer zurück.

Ein paar Minuten später lieferten wir Cool auf einem Revier der Stadtpolizei ab.

Dann fuhren wir zur Börse.

Wir fanden die Seitentür und wurden von James Donnagan eingelassen.

Er war ein G-Man gewesen, bis er von einem Onkel eine Makleragentur geerbt hatte und in das Geschäft eingestiegen war.

Aus alter Kollegialität arbeitete er noch mit uns zusammen, wenn wir einmal einen Fachmann für Börsenfragen brauchten.

»Hallo, James!«, sagte Phil. »Du bist dicker geworden! Es wird höchste Zeit, dass du dich mal wieder körperlich betätigst.«

»Zeit müsste man haben. Aber mich wundert’s, dass ihr so gut gelaunt seid.«

»Warum nicht?«

»Na, mit einem Kidnapping am Hals.«

Wir blieben wie angewurzelt stehen.

»Was sagst du?«, fragte Phil und runzelte die Stirn.

»Ein Kidnapping«, wiederholte Donnagan.

»Hast du schlecht geschlafen?«, brummte ich. »Der Chef schickt uns doch nicht wegen einer Kindesentführung zur Börse!«

»Doch! Denn der Vater des entführten Kindes sitzt in der nächsten Etage in einem unserer Sprechzimmer. Er soll möglichst unauffällig mit euch zusammengebracht werden.«

»Das hat uns gerade noch gefehlt«, seufzte Phil. »Ein Kidnapping! Wann ist das Kind entführt worden?«

»Zwischen elf und elf Uhr dreißig.«

»Und wo?«

»Es muss in der City gewesen sein, aber genau weiß ich es nicht. Dieser Hayes ist erst vor ein paar Minuten gekommen.«

»Hayes? Der Vater des Kindes?«

»Ja, der Inhaber der Schuhfabrik.«

»Wie alt ist das Kind?«

»Keine Ahnung.«

Inzwischen waren wir eine breite, mit einem roten Teppich ausgelegte Treppe hinaufgeeilt. Dann betraten wir einen kleinen Raum, in dem es einen runden Tisch, fünf Sessel und einen unförmigen Standaschenbecher gab.

Vor dem Fenster stand ein etwa vierzigjähriger Mann. Er war mittelgroß und schmal. Seine Nase war klein und zierlich. Er hatte buschige Augenbrauen und stahlgraue, harte Augen.

Donnagan stellte uns vor. Dann sagte er: »Ich habe um zwölf eine Verabredung zum Essen. Ihr braucht mich ja jetzt ohnehin nicht mehr. Mister Hayes verlässt die Börse am besten wieder durch die Halle. Den Weg kennt er. Ihr beide nehmt die Seitentür.«

»Okay, James. Vielen Dank für deine Hilfe.«

»Keine Ursache.«

Er winkte uns zu und verließ den Raum. Phil zeigte stumm auf die Sessel. Wir setzten uns. Mr Hayes schnippte nervös mit den Fingern.

»Bitte, Mister Hayes«, sagte Phil, »schildern Sie uns alles der Reihe nach!«

»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich war im Büro, als das Telefon klingelte. Die Frau in der Vermittlung sagte, Flush wollte mich sprechen.«

»Wer ist das?«

»Der Hauslehrer meines Jungen.«

»Wie lange ist Flush schon bei Ihnen?«

»Seit drei Jahren. Er ist ein sehr tüchtiger Erzieher.«

»Beschreiben Sie ihn!«

»Er ist fünfundvierzig Jahre alt, wirkt aber jünger. Er ist etwa so groß wie Sie und breit in den Schultern. Er ist ein Sportsmann. Das macht offenbar Eindruck auf Kinder. Unser Johnny ist jedenfalls begeistert von seinem Lehrer.«

»Was geschah weiter?«

»Ich nahm das Gespräch an. Aber es war gar nicht Flush, sondern ein Unbekannter. Ich weiß nur, dass es eine Männerstimme war. Aber sie war so verstellt, dass ich Mühe hatte, die Worte zu verstehen.«

»Verstellt? Wie kommen Sie darauf?«

»Sie klang völlig unnatürlich! Sehr dumpf, sehr tief und sehr lang gezogen. Ganz unnatürlich.«

»Würden Sie die Stimme wiedererkennen?«

»Bestimmt!«

»Was sagte der Mann?«

»Er sagte nur: ›Hayes, wir haben Ihren Jungen! Sie hören von uns.‹ Das war alles. Dann legte er auf.«

»Bleiben wir bei dieser Stimme. Hatte sie irgendetwas Charakteristisches? Wurde irgendein Wort mit ungewöhnlicher Betonung ausgesprochen, mit fremdländischem Akzent?«

»Nein, davon habe ich nichts gemerkt.«

»Haben Sie die Äußerung genau wiedergegeben?«

»Ja, ich glaube schon.«

»Was taten Sie danach?«

»Ich rief zu Hause an. Jane, das Kindermädchen, war am Apparat. Ich befahl ihr, in allen Räumen und im Garten nach Johnny zu suchen. Sie tat es, und es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis sie wieder ans Telefon kam und mir meldete, dass Johnny nicht zu finden sei.«

»Hätte nicht das Kindermädchen wissen müssen, wo der Junge war?«

»Sicher. Das sagte ich ihr auch. Aber Jane erwiderte, dass meine Frau, der Hauslehrer und Johnny in die Stadt gefahren seien.«

»Wann erhielten Sie diese Auskunft?«

»Etwa zehn Minuten vor zwölf.«

»Wann hatten die Kidnapper angerufen?«

»Vielleicht zehn Minuten vorher. Ich kann’s nicht genau sagen. Ich war so aufgeregt, dass ich nicht auf die Uhr gesehen habe.«

»Das ist begreiflich. Erzählen Sie weiter! Was taten Sie nach dem Gespräch mit dem Kindermädchen?«

»Ich habe eine Weile nachgedacht. Ich wusste wirklich nicht, was ich tun sollte. Natürlich versuchte ich mir einzureden, jemand habe sich einen albernen Scherz mit mir erlaubt. Aber die Stimme hatte mir nicht nach einem dummen Ulk geklungen. Schließlich entschloss ich mich, das FBI zu verständigen. Aber ich hielt es für richtiger, nicht aus meinem Büro anzurufen.«

»Befürchten Sie, dass man Ihr Telefon angezapft hat?«

»Nein! Ich habe volles Vertrauen zu meinen Mitarbeitern. Aber es schien mir doch ratsamer, von einer neutralen Stelle aus anzurufen. Ich möchte Johnny nicht in Gefahr bringen.«

»Haben Sie zufällig ein Bild von dem Jungen bei sich?«

Hayes zog seine Brieftasche hervor.

»Ein paar Fotos von meiner Familie trage ich immer bei mir. Dies zum Beispiel. Es wurde erst vor einigen Wochen aufgenommen. Wir hatten gerade den neuen Wagen bekommen. Mein Junge liebt Autos. Der Knirps versteht mehr davon als ich.«

Mit väterlichem Stolz zeigte er uns eine Aufnahme. Vor einem großen, offenbar zweifarbigen Cadillac Eldorado stand John Edward Hayes mit seiner Frau, zwischen ihnen der kleine Johnny.

»Ach ja«, murmelte Hayes, »das Bild hat übrigens Flush aufgenommen.«

»Ist das der Wagen, mit dem die drei heute Vormittag unterwegs sind?«

»Ich weiß nicht, ob sie den Cadillac oder den Sedan genommen haben.«

»Mister Hayes, wir müssen unbedingt mit Ihrer Frau und dem Hauslehrer sprechen. Aber das muss unauffällig geschehen. Haben Sie Verwandte außerhalb von New York?«

»Verwandte? Nein. Aber einen guten Bekannten! Jack Morton. Wir waren zusammen auf der Universität. Er lebt jetzt in Kalifornien.«

»Großartig«, sagte Phil erleichtert.

»Wieso?«, fragte Hayes verständnislos.

»Jack Morton wird im Laufe des Nachmittags bei Ihnen aufkreuzen, Mister Hayes«, erklärte ich ihm.

»Jack?«, rief er. »Wir haben uns seit dem Ende der Universitätszeit jedes Jahr von Neuem einen Besuch versprochen. Es ist nie etwas daraus geworden. Warum sollte Jack ausgerechnet jetzt nach New York kommen?«