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Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989!
Das Eisgefängnis.
Dr. Tod ist wieder da. John Sinclair kann es nicht fassen. Höchstpersönlich hatte er ihn gejagt und letztlich auch vernichtet.
Aber ein gefährliches Bündnis zwischen Asmodina und dem Spuk brachte den Geist des Dr. Tod wieder in die normale Welt.
Er suchte sich gleich den richtigen Körper aus. Den, des Wissenschaftlers und Mafia-Bosses, Solo Morasso!
John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2015
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Dr. Tod ist wieder da. John Sinclair kann es nicht fassen. Höchstpersönlich hatte er ihn gejagt und letztlich auch vernichtet.Aber ein gefährliches Bündnis zwischen Asmodina und dem Spuk brachte den Geist des Dr. Tod wieder in die normale Welt.Er suchte sich gleich den richtigen Körper aus. Den, des Wissenschaftlers und Mafia-Bosses, Solo Morasso!
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-2862-9
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Er hockte auf einem Thron aus Menschenknochen! Grauweiß schimmerten die Gebeine. Sie wurden von einem diffusen Licht getroffen. Nebel wallten im Hintergrund. Stimmen jammerten und winselten. Es gab klagende Geräusche, dann wieder Schreie oder schreckliches Stöhnen.
Doch all die Laute und Geräusche waren für die Gestalt auf dem Thron die reinste Musik. Denn er war der Bewacher der gefangenen Seelen.
Er war der Spuk.
Der Spuk sah aus wie immer. Gestaltlos, kaum zu sehen, mehr zu ahnen. Seine dunkelgrüne Kutte schien sich von selbst zu bewegen, getragen von unsichtbaren Händen. Wenn er sich bewegte, wallte nur der Stoff auf und nieder. Man sah keine Knochen, keine Haut, kein Gesicht, kein Fleisch – nichts.
In der Gunstliste des Teufels stand der Spuk hoch oben. Denn in seinem Reich galt er als der unumschränkte Herrscher. Auch nach dem Ausscheiden des Schwarzen Tods hatte sich daran nichts geändert. Die Rangfolge war geblieben.
Asmodis an erster Stelle, dann folgten Asmodina und der Spuk schon ranggleich, das hatte er sich bei Asmodinas Erschaffung auserbeten, und der Satan machte ihm dieses Zugeständnis.
Asmodina musste also mit ihm sprechen, wenn ein Fall seine Belange berührte.
Und um solch ein Gespräch hatte Asmodina nachgesucht.
Der Spuk hatte es ihr gewährt. Jetzt saß er auf seinem Knochenthron und wartete. Er war gespannt, was Asmodina von ihm wollte, denn wie er wusste, lag ihr John Sinclair schwer im Magen. In letzter Zeit war es ihr nicht gelungen, ihn zu packen. Sie hatte ihn sogar in ihr Reich entführen lassen, wo auch Myxin, der Magier, noch schmachtete. John Sinclair und Damona King war jedoch die Flucht gelungen. 1
Asmodina hatte getobt. Und auch Destero, ihr Henker und Verbündeter, hatte Sinclair nicht packen können. Die Vorzeichen waren also verschoben worden und durcheinandergeraten.
Es musste wieder neu aufgebaut, und es mussten vor allen Dingen Pläne geschmiedet werden.
Deshalb wollte Asmodina erscheinen.
Der Spuk ahnte, dass sie seine Hilfe benötigte, aber er hatte sich noch nicht entschieden, er wollte sich erst ihre Argumente anhören.
Und sie kam.
Ihre Konturen schälten sich aus den Nebeldämpfen. Zwei Leibwächterinnen begleiteten sie. Schwarze Todesengel mit dunklen Flügeln und hautenger Lederkleidung.
Asmodina selbst stach von den beiden Todesengeln ab. Ihr rotes Haar loderte wie Feuer. Aus der sonst glatten Stirn wuchsen zwei krumme Hörner, der Mund war grausam verzogen, in den Augen leuchtete es. Ihre Bewegungen hatten etwas katzenhaft Geschmeidiges an sich, sie schien mit den Füßen den Boden kaum zu berühren, so sicher schritt sie auf den Thron zu.
Die Todesengel blieben zurück. Sie waren nicht bewaffnet. Im Reich des Spuks drohte ihnen keine Gefahr.
Asmodina löste sich von den beiden. Etwa einen Schritt vor dem Thron blieb sie stehen.
Der Spuk dachte nicht daran, aufzustehen. Er blieb sitzen, ebenfalls ein Zeichen seiner Gleichberechtigung in der Dämonenwelt.
»Ich grüße dich«, sagte Asmodina.
»Ich dich ebenfalls!«, drang es dumpf aus der Kapuze.
Die beiden redeten in einer Sprache, die nur aus kehligen Lauten bestand und nirgendwo auf der Erde verstanden wurde. Es war die Ur-Dämonensprache, geboren und entwickelt vor unendlich langer Zeit, aber jeder Dämon beherrschte sie.
»Du hast um ein Gespräch gebeten«, sagte der Spuk. »Bitte, ich bin bereit.«
Asmodina machte es geschickt. »Ich soll dich von Asmodis grüßen!«
»Danke.«
»Er freut sich, dass gerade deine Bastion allen Widrigkeiten zum Trotz gehalten hat.«
Der Spuk lachte. »Hattest du etwas anderes erwartet?«
»Nein, deshalb bin ich ja gekommen.«
»Du brauchst also Hilfe!«
Asmodinas Mundwinkel zuckten, denn das hörte sie nicht gern. Hilfe brauchte sie nicht. Oder sie wollte es zumindest nicht wahrhaben. »Es ist so«, erwiderte sie. »Du bist doch auch daran interessiert, dass John Sinclair vernichtet wird.«
»Natürlich«, gab der Spuk zu.
»Dann müsstest du meinem Plan gegenüber aufgeschlossen sein.«
»Sag ihn mir.«
»Vorher möchte ich dich noch fragen, ob du wirklich auf meiner Seite stehst?«
»Rede!«
Der Verlauf des Gesprächs passte Asmodina nicht so ganz. Sie selbst gestand eine kleine Niederlage ein, denn sie hatte sich fest vorgenommen, den Geisterjäger aus der Welt zu schaffen, doch das war ihr nicht gelungen.
»Gib mir eine Seele frei!«, forderte sie.
»Nein!«
»Aber du wolltest mir helfen!«
»Hat man dich nicht über die ehernen Gesetze informiert?«, höhnte der Spuk.
»Ja.«
»Dann halte dich daran.«
»Es gibt auch Ausnahmen.«
»Für mich nicht.«
»Auch nicht, wenn es um John Sinclair geht?«
»Nein.«
»Asmodis hat bereits seine Einwilligung gegeben. Er ist dafür, dass du eine Ausnahme machst.«
Die Kutte bewegte sich. Der Spuk stand auf und verließ seinen Knochenthron. Er schritt an Asmodina vorbei, drehte dann ab und ging im Kreis. Es lag auf der Hand, dass er nachdachte.
Asmodina wusste, dass sie mit ihrem Wunsch an den ehernen Gesetzen rüttelte, aber sie sah keine andere Möglichkeit, um John Sinclair zu vernichten.
»Ich kann es nicht machen!«, wiederholte der Spuk.
»Willst du dich gegen Asmodis stellen?«
»Nein!«
»Dann gib deine Zustimmung!«
»Und wenn ich tatsächlich ja sage?«
»Ist es gut.«
»Nichts ist gut, gar nichts. Andere werden davon Wind bekommen und das Gleiche fordern. Die schwarzen Seelen der Dämonen sind nun einmal zu ewiger Qual verdammt, und so soll es bleiben. Wenn ich einmal nachgebe, muss ich es immer wieder machen. Verstehst du das denn nicht?«
»Doch.«
»Dann lass deinen Plan fallen, du hast Macht und Einfluss genug. Ich gehe von meinen Prinzipien nicht ab.«
Eine Schweigepause entstand. Auch Asmodina hörte das Wimmern und Winseln, das schaurige Heulen der Gequälten. Die schwarzen Seelen litten eine schreckliche Pein. Es gab nur ewige Strafen. Wer einmal vor Maddox, dem Dämonenrichter, gestanden hatte, der kam nie wieder frei. So schrieben es die Gesetze vor. Und die sollten nun gebrochen werden? Nein, dagegen war der Spuk.
Bisher hatte er stolz darauf sein können, die Gesetze eingehalten zu haben, nun aber verlangte man etwas von ihm, das gegen seine Überzeugung war.
»Ich habe Macht und Einfluss«, erklärte Asmodina, »der Satan hat mir auch die volle Unterstützung zugesagt, und er hat mir Handlungsfreiheit gegeben. Ich habe sie noch nie ausgenutzt, jetzt will ich es aber tun Und ich weiche nicht.«
»Damit brichst du ein Tabu!«
Asmodina lachte nur. »Es bleibt unter uns. Kein anderer wird etwas davon erfahren. Es ist ein Pakt zwischen dir und mir.«
»Ich würde meine Glaubwürdigkeit verlieren.«
»Ich möchte, dass du nur einmal diese Ausnahme machst.«
Der Spuk hatte einen anderen Einwand. »Es gibt genügend starker Freunde. Ich denke da an Astaroth, an Belphègor, an Bael, an …«
»Sie haben andere Probleme«, unterbrach Asmodina den Spuk. »Zudem kannst du Belphégor vergessen. Sinclair hat ihm eine Niederlage beigebracht, von der er sich jetzt noch nicht erholt hat. Er ist irgendwo in der Mikrowelt verschwunden und leckt seine Wunden.«
»Aber die anderen sind da«, hielt ihr der Spuk entgegen.
»Sie sind untereinander zerstritten!« , zischte die Teufelstochter. »Und es ist auch für mich unmöglich, sie unter einen Hut zu bringen! Nein, ich muss mich an dich halten!«
Der Spuk schwieg. Von seiner Sicht aus war es verständlich, dass er die Gesetze nicht brechen wollte, aber er sah auch Asmodinas Probleme. Und wenn wirklich niemand erfuhr, dass eine Seele freigelassen wurde, konnte man sich vielleicht auf einen Kompromiss einigen.
»Wie willst du es machen?«, fragte er.
»Die Seele, die ich haben will, soll ich den Körper eines anderen Menschen eindringen«, erklärte Asmodina. Sie lächelte innerlich, denn sie hatte gemerkt, dass der Spuk nun auf ihrer Seite stand.
»Und welcher Körper ist das?«
»Es muss schnell gehen, denn er wird bald beerdigt«, antwortete Asmodina. »Der Tote heißt Solo Morasso!«
»Nie gehört.«
»Nein, kannst du auch nicht. Er hat in seinem Leben einen Mafiaclan befehligt, war Oberhaupt einer Familie und hatte nebenbei noch ein Hobby. Die Wissenschaft. Er war ein genialer Tüftler, nur sind seine Forschungen nie anerkannt worden, weil man ihn in den einschlägigen Klubs nicht haben wollte. Außerdem hielt er sich nicht an die Gesetze, denn er experimentierte nicht nur mit Tieren, sondern auch mit Menschen. Er hat keine Skrupel, und wenn nun der Geist eines Dämons in seinen Körper fährt, hätten wir eine ideale Mischung und einen Gegner für John Sinclair.«
»Hört sich vielversprechend an«, gab der Spuk zu.
»Das hört sich nicht nur so an, sondern es ist auch vielversprechend«, erwiderte die Teufelstochter.
»Ich bin einverstanden«, erklärte der Spuk, »aber nur dieses eine Mal. Eine zweite Ausnahme werde ich nicht machen, darauf kannst du dich verlassen!«
»Nein, die verlange ich auch nicht. Wenn unser Plan klappt, hat John Sinclair einen Gegner, an dem er sich die Zähne ausbeißt. Aus Indien ist er inzwischen zurückgekehrt. Dort hat er Malagu erledigt und seine Pflanzen, sowie den Wertiger.2
Daran allein siehst du, dass solche Existenzen zu schwach für ihn sind. Sinclairs Macht ist mit der Zeit ungeheuer gewachsen.«
»Ich möchte nur noch zwei Dinge wissen«, sagte der Spuk. »Was ist mit Myxin, und wie heißt die Seele, die ich freigeben soll?«
»Myxin befindet sich in meiner Gewalt. Sinclair hat ihn nicht befreien können. Vielleicht lasse ich den Magier töten, damit du eine Ersatzseele bekommst, aber das hat Zeit. Wichtig ist der Name. Du kennst ihn. Er ist ein alter Feind des Geisterjägers. Auf der Erde hat er sich Doktor Tod genannt …«
*
Palermo, Sizilien!
Der Don ist tot, es lebe der Don!
Ein Herzschlag hatte Solo Morasso dahingerafft, ihn, den Don aller Dons.
Und dabei war er erst 50 Jahre alt, und die besten Ärzte der Welt hatten ihm nicht helfen können. Beim Essen überraschte ihn der Tod. Zum Glück stand bereits ein Nachfolger fest, es war Dino Zacarra, und er war ebenso brutal wie Morasso.
Die alten Mafiosi trauerten. Doch es gab auch welche, die aufatmeten. Das waren die Polizisten, die unbestechlichen wenigstens, und einige Angestellte der Behörden. Sie hatten unter dem Mafia-Terror am stärksten zu leiden gehabt, denn Solo Morasso war der unumschränkte Herrscher der Stadt gewesen, wenn nicht sogar der ganzen Insel. Ihm gehörte Sizilien, jeder Bauer verneigte sich vor ihm, und die Bürgermeister kuschten.
Zudem hatte er eine schlagkräftige Truppe und einige Unterführer, die getreu seine Befehle ausführten, sodass sich Solo Morasso seinen wissenschaftlichen Forschungen widmen konnte.
Und die waren schlimm genug.
Er hatte in der Tat mit Menschen experimentiert. Ein Gebiet faszinierte ihn besonders.
Das Einfrieren eines Körpers für Jahrzehnte, ohne dass der Mensch starb.
Überall auf der Welt wurde daran experimentiert. Und es gab Millionäre, die jetzt schon Summen hingeblättert hatten, um sich für gewisse Zeit einfrieren zu lassen. Noch scheute die Wissenschaft davor zurück, diese Versuche an Menschen durchzuführen, nur Solo Morasso hatte sich nicht daran gehalten. In seinem Labor führte er Versuche mit lebenden Personen durch. Das waren seine Gegner, die Mitglieder anderer Banden, Feinde und auch Bauern oder Landarbeiter. Gnadenlos arbeitete dieser menschliche Teufel. Viele wussten Bescheid, doch kaum jemand wagte, dies öffentlich auszusprechen, denn Solo Morasso galt auch als der große Wohltäter der Stadt. Eine Schule trug ebenso seinen Namen wie ein Krankenhaus oder eine Straße. Doch jeder Stein war mit Blut und Tränen seiner Feinde bezahlt, was einige Leute jedoch nicht kümmerte. Die, die es wussten, hielten den Mund. Wer den Don nur beleidigte, konnte sein Testament machen.
Nun war er tot.
Herzschlag!
Eine lächerliche Todesursache, aber all seine Macht und all sein Geld hatten ihn nicht davor bewahren können. In der größten Kirche der Stadt stand ein prunkvoller Sarg. Er war extra angefertigt worden und von innen mit Seidenpolstern ausgelegt.
Blumengebinde und Kränze türmten sich auf dem Sarg wie eine gewaltige bunte Woge. Einfache Menschen hatten gespendet, aber auch Politiker und Offizielle, die zu Solo Morasso ein gutes Verhältnis hatten.
In der Kirche war es dämmrig und kühl. Vier Leibwächter in schwarzen Anzügen hielten neben dem Prunksarg Wache. Ein letzter Ehrendienst für ihren Boss. Aus kalten, gleichgültigen Augen schauten sie auf den Besucherstrom, der einfach nicht abreißen wollte. Solo Morasso war populär gewesen.
Auf einer Stafette stand ein Bild von ihm.
Es zeigte sein Gesicht, einen eckigen Kopf mit einer wuchtigen Nase, Granitkinn, buschigen Brauen und kurzen eisgrauen Haaren. Die Augen waren schwarz und wirkten wie Knöpfe. Der Mund wurde von zwei grausam verzogenen Lippen gebildet. Sie wirkten wie farblose Striche in dem kantigen Gesicht.
Es war ein Hohn, dass dieser Verbrecher in einer Kirche aufgebahrt wurde, aber es ging nicht anders. Solo Morasso gehörte zu den größten Spendern.
Sizilien war eben anders.
Die Trauerfeier sollte nicht, wie sonst üblich, in der Leichenhalle stattfinden, sondern draußen. Auf dem großen Kirchplatz. Man erwartete Tausende, die Solo Morasso auf dem letzten Weg begleiten wollten, und schon in den frühen Morgenstunden drängten sich die Zuschauer.
Oft waren sie von weither angereist, denn der Name Solo Morasso hatte Gewicht auf der Insel.
Eine warme, schon heiße Aprilsonne schien vom wolkenlosen Himmel und brannte auf die Köpfe der Menschen.
Die Frauen trugen schwarze Kleider. Tücher bedeckten ihre Köpfe. Manche Augen waren vom Weinen gerötet.
Auch die Männer hatten dunkle Anzüge angezogen. Ihre Mienen waren steinern. Geduldig harrten sie in der Sonne aus.
Ein Gang wurde vom Kirchenportal aus frei gehalten. Polizisten sorgten für die Absperrung, im Verein mit den härtesten Mafiosi. Deren Jacken beulten sich unter den Schultern verdächtig aus. Die Männer legten ihre Waffen nie ab.
Um 15 Uhr sollte die Trauerfeier beginnen.
Noch eine halbe Stunde.
Die letzten Nachzügler trafen ein. Sie konnten nur noch am Rand der Menge ihren Platz finden und stellten sich auf die mitgebrachten Hocker und Schemel, um wenigstens etwas sehen zu können.
Dann rollten schwere Limousinen heran. Mercedes-Wagen der oberen Preisklasse. Jeder Wagen besaß schusssichere Scheiben und gepanzertes Blech. Ebenso waren die Reifen aus einem Material hergestellt, das Kugeln widerstand.
In den Wagen saßen die Dons der anderen Familien. Sie waren aus Rom angereist, aus Mailand, Venedig und Neapel. Sie alle wollten Solo Morasso den letzten Dienst erweisen.
Für die Wagen war ein Parkplatz zur Verfügung gestellt worden. Hinter der Kirche fanden die Fahrzeuge ihre Plätze.
Die Dons ließen die großen Kränze abladen und zu dem schwarzen Holzaufbau bringen, der in der Mitte des Platzes errichtet worden war. Dort sollte der Sarg stehen und noch einmal von allen gesehen werden.
Es war ein besonderer Sarg. Er bestand zwar aus Holz, aber dort, wo der Kopf des Toten lag, war das Holz durch zwei Glasfenster ersetzt worden.
Jeder konnte das Gesicht sehen.
Noch einmal Abschied nehmen. Von einem Mann, der Palermo beherrscht hatte, ein Verbrecher war und doch von vielen Menschen als Wohltäter angesehen wurde.
Welch eine verkehrte Welt.
Noch wenige Minuten.
Die anderen Dons hatten Aufstellung genommen. Ein Musikzug spielte Trauermelodien.