John Sinclair 1167 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair 1167 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!

Die Tochter des Dämons (1. Teil).

In einer Woche werden Sie die Bekanntschaft einer außergewöhnlichen Frau machen. Sie heißt Alina Wade. Sie sieht normal aus. Dennoch ist sie anders, denn sie ist die Tochter des Dämons.

Fast 30 Jahre alt musste sie werden, um dies zu erkennen. Dann aber stürmte das Erbe ihres verstorbenen Vaters mit Brachialgewalt auf sie ein. Auch Jane Collins und ich wurden in diesen mörderischen Strudel mit hineingerissen ...

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

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EPUB
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Seitenzahl: 149

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumDie Tochter des Dämons (1. Teil)Vorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Die Tochter des Dämons (1. Teil)

Alina Wade sieht eigentlich ganz normal aus. Und doch ist sie anders, denn sie ist die Tochter des Dämons.

Fast 30 Jahre alt musste sie werden, um dies zu erkennen. Dann aber stürmte das Erbe ihres verstorbenen Vaters mit Brachialgewalt auf sie ein. Auch Jane Collins und ich wurden in diesen mörderischen Strudel mit hineingerissen …

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-3900-7

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Die Tochter des Dämons (1. Teil)

Die Sonne war erst vor Kurzem hinter dem Horizont im Westen verschwunden. Bald würden sich die ersten Vorboten der Dämmerung wie ein filigranes Netz über den Friedhof legen.

Für den Großteil der Besucher – meist ältere Menschen – wurde es Zeit, diesen Ort zu verlassen, weil in den letzten Monaten einfach zu viele Überfälle passiert waren und die Verantwortlichen bei der Polizei es nicht für nötig hielten, Streifen zu schicken.

Alina Wade dachte nicht so. Sie hatte erst am Abend Zeit, das Grab ihres verstorbenen Vaters zu besuchen …

In ihrem Beruf als Erzieherin war sie tagsüber stark eingespannt. Nach Feierabend musste sie sich immer etwas hinlegen und eine halbe Stunde schlafen. Danach war sie dann wieder fit. Die achtundzwanzigjährige Frau ging oft auf den Friedhof. Zwei bis drei Mal die Woche. Sie hatte ihren Vater sehr geliebt, denn er war es gewesen, der sie aufgezogen hatte. Die Mutter war kurz nach ihrer Geburt verschwunden. Alina konnte sich nicht an sie erinnern. Es hatte nicht einmal Fotos von ihr gegeben. Ihr Vater war so enttäuscht gewesen. Er hatte keine Erinnerungen an sie akzeptiert. Und er hatte nie mehr geheiratet. Seinen Beruf – er war selbstständiger Grafiker gewesen – hatte er von zu Hause aus ausüben können. Das war der damals kleinen Alina sehr entgegengekommen. Auch ein Kindermädchen hatte ihm geholfen. Die meiste Zeit jedoch hatte sich der Mann selbst um die Erziehung seiner Tochter gekümmert.

Alina hatte sehr an ihrem Vater gehangen. Zu früh, viel zu früh war er gestorben, und er hatte zudem keinen natürlichen Tod erlitten. Er war auf schreckliche Art und Weise umgebracht worden. Man hatte ihn getötet und ihm danach beide Augen ausgestochen. Alina und auch den untersuchenden Polizeibeamten war klar gewesen, dass dieser Mord keine »normale« Bluttat war. Das sah schon mehr nach einem Ritual aus, durch das Henry Wade ums Leben gekommen war.

Alina hatte ihren Vater wahnsinnig geliebt. Oft genug hatte sie das Gefühl gehabt, nicht allein auf der Welt zu sein. Der Vater war einfach noch da. Er befand sich in ihrer Nähe, um seine schützende Hand über sie zu halten. Besonders stark war der Kontakt zwischen den beiden immer am Grab des Verstorbenen gewesen.

Alina hatte sich darüber Gedanken gemacht. Sie dachte dabei an Verbindungen zwischen zwei Menschen, die über den Tod hinausgingen. Erklären konnte sie es sich nicht. Sie wollte es auch nicht. Sie nahm es schlichtweg hin und dachte nicht daran, sich dagegen zu wehren. Für sie war es ein Phänomen.

Irgendwie war ihr Vater nicht ganz gegangen. Diese Gedanken behielt sie für sich. Mit ihren wenigen Freunden hatte sie darüber nicht gesprochen. Sie hätten auch kein Verständnis dafür gehabt, aber Alina hatte sich schon Gedanken über gewisse Zwischenwelten gemacht, die durchaus existieren konnten.

Der oder die Mörder ihres Vaters waren nie gefasst worden. Sie konnte sich auch keinen Grund vorstellen, weshalb man ihm die Augen ausgestochen hatte. Aber es musste ein Motiv geben, und darüber zerbrach sich Alina auch ein halbes Jahr nach dem Tod des Vaters den Kopf. Wenn sie intensiv darüber nachdachte, wusste sie eigentlich wenig über ihn. Er hatte sich immer um sie gekümmert, war nett und lieb, manchmal auch streng gewesen, doch sein Innerstes hatte Henry Wade seiner Tochter nicht offenbart.

So war Alina letztendlich davon überzeugt, dass es im Leben des Vaters ein Geheimnis gegeben hatte, und sie hatte sich vorgenommen, dieses Geheimnis zu lüften. Sie war sogar davon überzeugt, dass sie es schaffen würde, denn bei gewissen Dingen ging sie mit dem Kopf durch die Wand. Da gab es keinen, der sie stoppen konnte.

Die Strecke zum Grab kannte sie im Schlaf. Sie ging über die gepflegten Wege. Sie hörte das Knirschen der kleinen Steine unter ihren Schuhsohlen, und sie hatte die Geräusche als eine Friedhofsmelodie bezeichnet. Ebenso wie das Zwitschern der Vögel, die in den dicht belaubten Bäumen saßen oder über das Gelände hinwegflogen. Sie waren dabei, den Toten ein Lied zu singen.

Der Tag war sonnig, aber nicht zu warm gewesen. Der Wind wehte aus nordwestlicher Richtung. Hin und wieder hatten sich auch dicke Wolken vor die Sonne geschoben. Da war es dann richtig kühl geworden.

Um diese Zeit am Abend atmete der Friedhof aus. Es wurde noch ruhiger auf dem Gelände. Die Menschen, die Alina begegneten, gingen alle in die andere Richtung. Um diese Zeit wurde der Friedhof verlassen und nicht mehr besucht. Es waren zumeist ältere Frauen und Männer, die Gräber ihrer Verstorbenen gepflegt hatten.

Auch das Grab ihres Vaters war sehr gepflegt. Alina sorgte dafür. Zugleich hatte sie es in Pflege gegeben, denn sie war nicht so geschickt wie ein richtiger Gärtner, und sie wollte, dass das Grab immer perfekt aussah.

Auch an diesem Tag hatte sie frische Blumen gekauft. Fünf gelbe Rosen. Ihr Vater hatte diese Blumen so geliebt, und auch Alina mochte sie sehr. Den in Papier eingewickelten Strauß trug sie in der rechten Hand. Beim Gehen schwenkte er hin und her und berührte manchmal den dünnen Stoff des hellen Mantels, den die junge Frau über die blauen Jeans und den hellen Sommerpullover gestreift hatte. Alina wusste nicht, wie lange sie sich auf dem Friedhof und auch weiterhin draußen aufhalten würde. Gegen Abend konnte es kühl werden. Da tat ein dünner Mantel recht gut.

Licht und Schatten wechselten sich ab. Die Bäume malten ihr verzerrtes Ebenbild auf den Weg. Der Wind strich um sie herum wie ein geheimnisvoller Dieb, der nicht mehr als ein Rascheln hinterließ. Das aber stammte von den Blättern, die von ihm bewegt wurden und übereinander schabten, als wollten sie ihre eigene Musik machen.

Das Grab des Henry Wade lag auf einem ziemlich neuen Feld des Friedhofs, das allerdings so neu nicht mehr aussah, denn man hatte bereits recht hohe Büsche und Sträucher gepflanzt. Es standen auch einige Laubbäume in der Nähe, die ihre Schatten über die Gräber warfen, als wollten sie sie schützen.

Alina hatte weit gehen müssen, der neue Teil lag an einer Stelle, an der es kein zweites Tor gab. Irgendwann würde man sicherlich die Mauer dort in der Nähe öffnen, aber das konnte dauern. So mussten die Besucher den gesamten Friedhof überqueren, um an die entfernten Gräber zu gelangen.

Im Zickzack und mit großer Geschwindigkeit huschte ein Eichhörnchen über den Weg hinweg und raste einen Baum hoch. Im Nu war es in der Krone verschwunden. Lächelnd setzte die junge Frau ihren Weg fort. Sie war jetzt allein. Es gab keinen anderen Besucher mehr, der ihr entgegengekommen wäre. In der Dunkelheit hätte man sich schon fürchten können. Da bekamen die Kreuze und Grabsteine etwas Bedrohliches, und manchmal, wenn der Mond schien, auch einen silbrigen Glanz, der etwas Unheimliches in sich barg.

Alina brauchte sich nicht zu orientieren. Sie kannte den Weg zum Grab wirklich im Schlaf. An der alten Eiche musste sie noch vorbei. Dieser Baum trennte praktisch den alten vom neuen Teil. Danach würde sie nach links abbiegen und genau in die Reihe hineingehen, in der das Grab ihres Vaters lag.

Der Himmel im Westen kochte noch. Ein glühendes Rot breitete sich aus, als wäre dort eine gewaltige Tür geöffnet worden, um den Menschen einen Blick in die feurige Hölle freizugeben, in der der Satan auf Seelen lauert.

Ihr Gesicht nahm einen leicht verträumten und auch traurigen Ausdruck an, je näher sie dem Grab kam. Es war wie bei jedem Besuch. Die Erinnerungen kehrten zurück. Sie liefen ab wie ein rasend schneller Film. Sie sah sich als Kind, als Jugendliche, auch als Erwachsene, und sie sah immer wieder ihren Vater, der lachte, der mit ihr spielte, für den sie eigentlich alles gewesen war.

Er lebte nicht mehr!

Tagsüber wollte sie es nicht wahrhaben, aber bei den Besuchen auf dem Friedhof kam ihr drastisch zu Bewusstsein, dass es ihn nicht mehr gab. Den absoluten Beweis erhielt Alina jedes Mal, wenn sie vor dem Grab stand und den Namen las.

Sie hielt an. Der letzte Schritt verstummte. Jetzt gab es nur sie, den leichten Wind und die Mischung aus Licht und Schatten auf dem Boden.

Sie schaute nach vorn, senkte dabei den Kopf und ließ einen ersten Blick über das schmale Grab wandern. Es war nicht pompös, sondern schlicht. Vor dem Grabstein hatte sie eine Vase in den Boden gedrückt. Die letzten Blumen waren verblüht. Der Gärtner hatte sie aus der Vase genommen und auf den Kompost geworfen.

Alina ging hin und stellte die fünf gelben Rosen in die Vase. Sie hatte die Lippen zusammengepresst. Immer wieder nahm sie sich vor, nicht zu weinen, und jedes Mal schaffte sie es nicht. Zu stark waren noch die Erinnerungen.

Das Papier knüllte sie zusammen und ließ es in der rechten Manteltasche verschwinden. Dann stellte sie sich am Fußende des Grabs auf. Ihr Blick fiel auf den schlichten grauen Stein, auf dem der Name des Vaters stand.

HENRY WADE 10. 1. 1948–19. 1. 2000

Er war noch so jung gewesen. Gerade mal 52 Jahre. Sie konnte es immer noch nicht fassen. Der Druck in ihrer Kehle nahm zu. Alina verkrampfte sich. Sie schaute auf das Grab, das an der Innenseite eine kleine Hecke aufwies. Die Fläche war glatt geharkt. Kein Grashalm wuchs hervor. Der Gärtner sorgte wirklich dafür, dass es sehr gepflegt aussah und auch die direkte Umgebung um das Grab stets mit einer hellen Schicht aus Kies bedeckt wurde.

Sie musste sich einige Male räuspern und fuhr auch mit den Fingern durch ihre Augen. Es war immer so, wenn sie an das Grab herantrat. Es kam ihr jedes Mal wie ein Schock vor. Sie dachte dann auch an die Beerdigung, die mit das Schrecklichste überhaupt in ihrem Leben gewesen war. Nachdem die anderen Menschen die Stätte verlassen hatten, war sie noch lange am Grab stehen geblieben und hatte sich den Erinnerungen und Gedanken hingegeben.

Alina blickte zum Himmel, der schon mächtige graue Flecken bekommen hatte. Von Westen zogen sie heran und schienen aus dem verschwundenen Rot der untergehenden Sonne gestiegen zu sein, um sich dann in das letzte Licht des Tages hineinzudrängen. Der Himmel hatte dort die Farbe eines großen windstillen Ozeans bekommen. Er sah leicht bleiern aus, und Alina dachte daran, dass sich dort irgendwo in der Unendlichkeit zwischen Himmel und Erde auch die Seele ihres Vaters befinden musste. Es ging ja nichts verloren auf der Welt. Es wandelte sich nur vieles in eine andere Zustandsform um.

So auch hier.

Sie seufzte leise. Gedanken überschwemmten sie, und wieder hatte sie dabei das Gefühl, allmählich mit ihrem verstorbenen Vater in Kontakt zu treten. Das konnte sie sich auch einbilden, aber gerade an diesem Abend war das Gefühl besonders stark.

Sie fühlte etwas in sich hochsteigen. Erklären konnte Alina es sich nicht. Es war möglicherweise eine andere Macht, die den Menschen sehr überlegen war, und die sich jetzt allein auf sie, Alina, konzentrierte. Plötzlich veränderte sich ihr Seelenzustand. Sie fühlte sich auf einmal leicht und beschwingt. Von außen her war es auf sie eingedrungen und ließ sich auch nicht wegdiskutieren. Es steckte in ihr. Es war etwas, was sie nie zuvor gespürt hatte, und als Alina auf ihre Hände schaute, da entdeckte sie die Gänsehaut.

Es war keine Folge von Angst, denn die verspürte sie nicht. Sie musste sich dem anderen hingeben. Dieser neuen und fremden Kraft, die Alina einhüllte.

Sie legte den Kopf zurück, denn sie wollte den Wind auf ihrer Haut spüren. Alina wusste, dass sie ein Phänomen erlebte. Etwas, das nicht mehr lebte, hatte mit ihr Kontakt aufgenommen. Es hatte eine andere Sphäre verlassen und drängte nun gegen und in sie hinein, und sie nahm es wie ein großes Wunder auf.

Etwas rauschte in ihrem Kopf. Was es genau war, wusste sie nicht. Auch dass sie ihre Lippen bewegte, bekam sie kaum mit, aber sie stellte eine Frage, die nur aus einem Wort bestand.

»Vater …?«

Dieses halb laut gesprochene Wort entfachte einen neuen Strom. Diesmal kam er nicht von außen. Er baute sich in ihrem Innern auf. Es war faszinierend und unheimlich zugleich. Sie hatte den Eindruck, den Boden unter den Füßen zu verlieren und langsam in die Höhe zu schweben.

»Vater …?« Noch einmal fragte sie und senkte dabei den Kopf so tief, dass ihr Blick über das Grab hinwegglitt.

War das Licht echt?

Alina erstarrte. Das Grab ihres Vaters lag plötzlich im Licht. Sie fand die Ursache der Strahlung nicht heraus. Wahrscheinlich lag sie tief in der Erde verborgen, denn die Sonne schickte ihr Licht nicht mehr in die Welt. Außerdem war diese Strahlung ganz anders. Das rationale Denken war bei Alina verschwunden, sie gab sich voll und ganz dem neuen Phänomen hin.

Konnte sich ein Toter melden?

Ja, es musste so sein. Es gab für sie keine andere Lösung. Das Licht musste mit ihrem Vater zu tun haben, und auch die neutrale Stimme in ihrem Kopf konnte nur ihm gehören.

Dass ein Toter zu ihr sprach, realisierte sie nur am Rande. Es war jetzt nicht wichtig, aber die Knie zitterten so stark, dass Alina sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Sie spürte den Druck, der sie nach vorn zog, und sie gab ihm nach.

Alina fiel auf die Knie.

Vor dem Grab ihres Vaters blieb sie knien, den Blick dabei nach unten gerichtet. Ob es am letzten Licht lag oder ob andere Dinge die Schuld daran trugen, das wusste die junge Frau nicht, das Grab war für sie zu einer glänzenden Fläche geworden, in die sie allerdings nicht hineinschauen konnte und das Licht mehr als Spiegel ansah, aus dessen Tiefe etwas an sie herantrat, das nicht mehr lebte, aber dennoch vorhanden war.

»Alina …«

Es war der Wind, es war die Stimme.

Die Frau erstarrte, denn jetzt war sie sich völlig sicher.

Ihr toter Vater hatte zu ihr gesprochen …

*

Manchmal kann die Angst wie ein scharfes Fallbeil sein. Nicht bei Alina. Auch sie spürte dieses andere Gefühl, aber es war keine Angst vor dem Unwahrscheinlichen. Bei ihr verwandelte sich das Gefühl in eine gewisse Freude darüber, dass sie die Stimme aus dem Grab oder woher auch immer gehört hatte.

»Vater?«, flüsterte sie. »Bist du es wirklich? Hast du mich gerufen? Bist du da?«

»Ja, ich bin da!«, wisperte der Wind oder die Stimme des Toten. »Ich muss einfach da sein, denn ich habe noch eine Aufgabe zu erledigen, meine Liebe.«

»Aber du hast …«

»Ich habe versagt, Alina. Es tut mir sehr Leid. Ich hätte noch leben können, aber ich habe mich überschätzt. Du kennst mich, aber du hast mich nicht richtig gekannt. Ich sage es ungern, aber es stimmt. Ich bin etwas Besonderes gewesen, und dieses Besondere, was du auch hier an meinem Grab erlebst, wirst auch du erleben. Denn du bist ausersehen, um in meine Fußstapfen zu treten. Es kann Segen und Fluch zugleich für dich sein. Ich kenne das, und ich habe Jahre meines Lebens darunter gelitten. Ich hätte es dir gern erspart, meine Liebe, doch ich kann nicht. Es gibt Gesetze, gegen die ich mich nicht stemmen kann. Man muss da einer anderen Macht gehorchen.«

Alina fühlte sich nicht mehr als Mensch. Sie war aus dieser Welt herausgerissen worden. Sie stand neben sich. Sie konnte nicht fassen, was mit ihr geschah. Sie kniete vor dem Grab des Vaters und hatte zugleich das Gefühl, ins Nirgendwo zu schweben. Es war alles anders geworden. Der Zustand, sich auflösen zu können, war gar nicht so weit entfernt. Alina blieb nichts anderes übrig, als sich treiben zu lassen. Gegen diese Mächte kam sie als Mensch nicht an. Es spielte auch keine Rolle, ob sie die Augen offen oder geschlossen hielt. Wenn sie sie öffnete, sah sie zwar, aber die eigentliche Umgebung nahm sie nicht wahr. Die war einfach verschwunden, abgetaucht in das ungewöhnliche Licht einer anderen Welt, in dessen Mittelpunkt sich ihr Vater in seinem jetzigen Zustand befinden musste.

Er hatte zu ihr gesprochen, doch auch dieses Sprechen war nicht normal gewesen. Alina hörte nicht mit den Ohren, sondern mit dem Kopf. Die Stimme erreichte nur ihren Geist, als hätte sie mit ihrer Seele Kontakt aufgenommen.