John Sinclair 1178 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair 1178 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!

Lisas Totenruf.

Lisas Totenruf war wie eine unheimliche Lockung, die über den einsamen Friedhof hallte. Nicht wenige Menschen folgten ihm, und sie verschwanden einfach spurlos. Aber auch Lisa wurde vermisst. Eine geheimnisvolle Zigeunerin wandte sich an mich, damit ich Lisa fand, denn sie gehörte zu ihrer Familie. Ich wusste, dass Lisa sich gern auf einem bestimmten Friedhof aufgehalten hatte, aber ich wusste nicht, dass sie zu einer Verbündeten eines Ghouls geworden war ...

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

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Seitenzahl: 137

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumLisas TotenrufVorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Lisas Totenruf

war wie eine unheimliche Lockung, die über den einsamen Friedhof hallte. Nicht wenige Menschen folgten ihm, und sie verschwanden einfach spurlos. Aber auch Lisa wurde vermisst. Eine geheimnisvolle Zigeunerin wandte sich an mich, damit ich Lisa fand, denn sie gehörte zu ihrer Familie. Ich wusste, dass Lisa sich gern auf einem bestimmten Friedhof aufgehalten hatte, aber ich wusste nicht, dass sie zu einer Verbündeten eines Ghouls geworden war …

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-3911-3

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Lisas Totenruf

Der kleine Mann mit der Halbglatze spürte die Nässe in seiner Hose. Eine Reaktion auf die Todesangst, die ihn grausam umklammert hielt. Er konnte nichts dagegen tun und nur hoffen, dass es sich die beiden Hundesöhne hinter ihm anders überlegten. Doch das würde kaum der Fall sein. Die kalte Mündung an seinem Hinterkopf redete eine andere Sprache.

»Bescheißen wolltest du uns!«, sagte eine Flüsterstimme. »Richtig bescheißen. Wolltest die Beute selbst einsacken. Die Organisation hintergehen. – Und deshalb wirst du zur Hölle fahren …«

»Nein, nein!« Der Mann wollte schreien. Daraus wurde nichts. Nur ein jämmerlich klingendes Krächzen drang aus seinem Mund, begleitet von einem lang gezogenen Schluchzen.

Der Mann, der die Waffe hielt und der auch gesprochen hatte, hieß Mario Serrano. In der Branche war er als eiskalter Hund und gnadenloser Killer bekannt. Der legte sogar seine eigenen Verwandten um, wenn es genügend Geld einbrachte.

Der Zweite hieß Cesare Curzi. Wenn es besonders schmutzige Jobs zu erledigen gab, war er ebenfalls zur Stelle. Curzi und Serrano gehörten zusammen. Bei Problemen schickte man sie, und es hatte auch nie Beschwerden über sie gegeben.

Das wusste auch Dan Hilton, der kleine Mann mit der Halbglatze. Immer wieder hatte er im Schatten der Großen gestanden. Nur einmal hatte er die Chance erhalten, an das große Geld zu gelangen. Dabei war er erwischt worden. Ausgerechnet den Wagen mit der Beute dieser beiden Hundesöhne hatte er sich unter den Nagel gerissen. Von dem Geld hatte er nicht viel gehabt. Innerhalb eines Tages hatten sie ihn gefunden und zu diesem Friedhof geschleppt.

Jetzt machte Hilton sich Vorwürfe, weil er nicht aus London verschwunden war.

Unter seinen Händen spürte er die raue Baumrinde. Der Regen hatte erst vor zwei Stunden aufgehört. Die Rinde war noch feucht und auch etwas glatt. Er roch das Laub, er roch die Erde, und eben dieser Geruch machte ihn fertig. Er ließ Vorstellungen in ihm hochsteigen, die verdammt schlimm waren.

Erde, Grab, Tod. Elendig ersticken, wenn jemand bei lebendigem Leib begraben wurde. Dieser Horror war ebenso schlimm wie der Druck der verdammten Waffe.

»He, warum sagst du nichts?«

»Kann nicht!«

»Er stinkt«, sagte Cesare Curzi und lachte widerlich schadenfroh auf.

»Das tun viele kurz vor dem Exitus.«

»Und das auf dem Friedhof.«

Beide amüsierten sich, während Dan Hilton litt. Er weinte plötzlich. Ein wahrer Tränenstrom drang aus seinen Augen. Das Schluchzen schüttelte seinen Körper durch. Wieder entleerte sich seine Blase, ohne dass er etwas dagegen tun konnte.

»Das ist ja widerlich!«, sagte Curzi.

»Manche sind ebenso!«

»Los, schieß endlich!«

»Meinst du?«

Es war eine Unterhaltung zwischen den beiden, die für Dan Hilton zur Qual wurde. Sie sprachen noch weiter. Sie hatten Spaß daran, ihn zu quälen, und sie würden dann unbarmherzig handeln.

Er merkte es.

Serrano hinter ihm hatte kein Wort gesprochen. Es war trotzdem wie eine geheime Botschaft, die ihn erreichte. Kurz vor dem Tod war man eben sensibel.

Ein warmer Atemzug traf seinen Nacken. Es war das Zeichen, es war der Beweis.

»Nun ja!«, sagte Curzi noch.

Es waren die letzten Worte, die Dan Hilton in seinem vierzigjährigen Leben hörte.

Den Knall hörte er nicht. Vielleicht ein seltsames Geräusch, und dann griff der Tod zu.

Dan Hilton zuckte nach vorn und schlug mit dem Gesicht gegen die Rinde. Danach rutschte er zu Boden und blieb vor den Füßen der Killer liegen …

*

»Ja«, sagte Cesare Curzi und spie aus. »Das ist es wohl gewesen. Gratuliere, Kumpel.«

»Hör auf. Es war nötig.«

»Und es wird sich herumsprechen, dass man uns nicht bescheißt.«

Serrano nickte nachdenklich. Es war längst dunkel. Auf dem Gelände des Friedhofs liefen die Konturen ineinander und machten ihn zu einem verwaschenen Fleck. Der Regen hatte nicht nur Nässe gebracht, sondern auch eine Feuchtigkeit, die sich nicht nur am Boden hielt und nun in grauen Schwaden an die Oberfläche stieg, sodass er mit wenig Fantasie an große Leichentücher erinnerte. Mit Besuchern war hier nicht mehr zu rechnen, und die beiden Killer suchten sich immer Orte aus, wo sie ungestört waren, wenn sie ihrem grausamen Handwerk nachgingen.

»Lassen wir ihn liegen?«, fragte Curzi.

Serrano lachte hektisch. »Willst du ihn schleppen?«

»Nein.«

»Dann bleibt er hier.« Serrano zuckte mit den Schultern. »Ist doch ein guter Platz.«

»Das stimmt.« Cesare Curzi bückte sich.

»He, was willst du?«

»Mal schauen, was er in den Taschen hat.«

Serrano schlug nur einmal zu. Curzi schrie auf. Er flog auf den Rücken und rieb seine blutende Nase.

»Bist du verrückt? Spielst du noch den Leichenfledderer?«

»Scheiße.« Curzi stand mühsam auf. »Ich wollte ihm seine Papiere wegnehmen.«

»Uninteressant. Die finden sowieso heraus, wer er ist. Und jetzt machen wir den Abflug.«

»Okay.«

Mario Serrano wartete noch, weil sein Kumpan ein Taschentuch gegen seine blutende Nase presste. Sie befanden sich auf dem unteren Teil dieses ungewöhnlichen Friedhofs. Es war schon ein Gelände wie man es nicht überall zu sehen bekommt. Der Friedhof war in einen Hügel hineingebaut und stieg in Terrassen an. Es war ein altes Gelände. Hier gab es nicht nur breite Familiengruften und ungewöhnliche Grabsteine, es gab auch regelrechte Totenhäuser, die irgendwelchen Familien schon seit vielen Jahren gehörten und deren Türen nur dann aufgeschlossen wurden, wenn neue Leichen ihren Platz dort finden sollten.

Eines dieser Totenhäuser stand nicht weit von ihnen entfernt. Eine Treppe führte zu einer terrassenartigen Plattform hoch. Dann stand der Besucher direkt vor dem Steinhaus, das sogar ein Dach und natürlich eine Tür hatte. Säulen hielten das Dach, und vor ihnen standen die beiden Kübel mit den Pflanzen.

Es war alles gepflegt, selbst das Schloss der Steintür wirkte wie frisch geölt. Die beiden Killer sahen es deshalb, weil Serrano mit seiner starken Stablampe die Umgebung ableuchtete und auch den Eingang erwischte.

Für einen Moment blieb der Lichtkreis auf dem Schloss ruhen. Mario stand unbeweglich. Gedanken schossen durch seinen Kopf, die für ihn ein Gag waren.

Das Schloss sah aus, als wäre es recht leicht zu öffnen. Da lag es auf der Hand, dass es eben der besondere Gag war, wenn der Tote innerhalb dieser Gruft verschwand.

Er drehte sich weiter und wollte mit Curzi darüber sprechen, als er mitten in der Bewegung stoppte.

Ein neues Ziel!

Serrano konnte es nicht glauben. Das war verrückt. Das war auch kein Gespenst, das ihn und seinen Kumpan anstarrte. Es war einfach das Gesicht einer jungen Frau, die sich nicht bewegte und so starr wie ein Grabstein hinter einem Busch stand.

Sekundenlang passierte nichts. Auch die Unbekannte bewegte sich nicht. Sie musste durch die Entdeckung paralysiert worden sein, und sie stand noch immer an der gleichen Stelle, als Serrano ein bestimmter Gedanke durch den Kopf schoss.

Sie ist eine Zeugin!

»He!«, zischelte er Curzi zu. »Siehst du das, was ich auch sehe, verdammt?«

»Ja.«

»Und was ist das?«

»Ein Engel?«

»Du Arsch. Es gibt keine Engel. Es gibt höchstens Teufel. Nein, nein, das ist auch keine Leiche, die man dorthin gestellt hat. Das ist eine Frau, eine junge Frau, und sie hat leider gesehen, was wir mit Hilton gemacht haben.«

»Dann hat sie Pech gehabt!«, flüsterte Curzi. Er holte seine Waffe hervor und wollte auf das im Licht liegende Gesicht anlegen, aber Serrano war schneller und drückte Curzis Arm nach unten.

»Was soll das? Willst du sie am Leben lassen?«

»Nein, nein, das nicht.«

Die Frau hatte sich nicht bewegt. Durch das Licht schien sie noch stärker paralysiert worden zu sein. Ihr Gesicht war so starr. Das aus dem Gesicht gekämmte, aber bis zur Schulter fallende Haar leuchtete wie ein blasser Vorhang, und selbst das Rot der Lippen sah in diesem Licht bleich aus.

Mario Serrano verzog die Lippen. Das war was für ihn. Frauen wie die Blonde liebte er. Aber daran durfte er jetzt nicht denken. Das Geschäft war wichtiger.

Er drückte Cesare Curzi die Lampe in die Hand. »Behalte sie genau unter Kontrolle.«

»He, und du?«

»Ich gehe zu ihr!«

»Ja, tu das.«

Serrano schlug einen Bogen, denn er wollte die blonde Person von der Rückseite her erreichen. Auf dem Weg geriet sie aus seinem Blickfeld. Wenn sie sich jedoch bewegte oder zu fliehen versuchte, würde ihm Curzi Bescheid geben. Sie hatte keine Chance.

Für einen Moment hatte Serrano wirklich daran gedacht, eine Tote vor sich zu haben. Das konnte er jetzt vergessen, denn als er hinter ihrem Rücken auftauchte, sah er, dass sie sich bewegte und auch leicht zitterte.

Dicht hinter ihr blieb er stehen. »He, Lady, was ist los?«

Seine Freundlichkeit war nur gespielt, denn tief in ihm lauerte das Tier.

Sie gab ihm keine Antwort.

»Wenn du nicht willst, machen wir es anders.« Er schlug seine rechte Hand auf die nackte Schulter der Unbekannten, die nur mit einem ärmellosen roten Kleid bekleidet war, und zerrte sie wuchtig herum. Dabei hatte er das Gefühl, eine Puppe angefasst zu haben, doch der leise Aufschrei belehrte ihn eines Besseren.

Sie lebte. Sie war aus Fleisch und Blut. Sie schlug die Augen nieder, taumelte auch zur Seite und wurde dann mit einem weiteren Ruck auf Serrano zugerissen, dem es Spaß machte, sie aufzufangen. Er merkte, wie dünn das Kleid war. Unter dem Stoff fühlte er die weiche Haut, und seine Lippen verzerrten sich zu einem Grinsen.

»Wie heißt du, Süße?«

»Lisa.«

Die Antwort war nicht mehr als ein Hauch gewesen, aber er hatte sie verstanden.

»Passt zu dir, der Name.« Er nickte. »Aber ich finde diesen Platz nicht gut für dich.«

Sie schwieg.

»Stehst du schon lange hier?«

Lisa nickte.

»Das ist schlecht für dich, sehr schlecht.« Wie ein fürsorglicher Vater seine Tochter umarmt, so tat er dies bei Lisa und schob sie langsam vor. Ihre Füße, die mit dünnen Schuhen bedeckt waren, schleiften durch das Gras, das alte Laub und auch über die feuchte Erde hinweg. »Weißt du, Lisa, ich bin ja kein Unmensch, zumindest nicht im Prinzip, aber ich habe auch gewisse Prinzipien, an die ich mich halte. Dazu gehört, dass ich mich nie bei der Arbeit stören oder beobachten lasse. Das hast du leider getan. Da mein Freund Cesare und ich eine besondere Arbeit verrichten, die für keine fremden Augen bestimmt ist, müssen wir uns genau an die Prinzipien halten. Wir können dich einfach nicht gehen lassen – klar?«

»Ja, ja.«

»Na schön.« Serrano lachte. Er war davon überzeugt, dass Lisa den Sinn der Worte nicht verstanden hatte. Überhaupt machte sie auf ihn einen abwesenden Eindruck, als wäre sie nicht von dieser Welt. Was ihm sehr gelegen kam. Begreifen sollte sie auch nicht viel. »Bist du gern hier?«

»Weiß nicht.«

»Warum bist du gekommen?«

»Nur so.«

»Du hast uns auch gesehen?«

»Ja.«

»Und?«

»Ist der Mann tot?«

Nach dieser Frage verzog Serrano das Gesicht. »Klar, einen Kopfschuss überlebt man nicht. Zumindest nicht bei mir. Aber das werden wir alles regeln.« Er hatte mittlerweile ihren Arm umfasst. Wie ein Paar gingen sie auf Curzi zu, der noch immer die Lampe eingeschaltet in der Hand hielt und ihnen entgegenleuchtete.

Mario war sauer, weil ihn das Licht blendete. »He, verdammt, weg mit dem Licht.«

»Ist ja schon gut.« Curzi schickte den Lichtkreis zu Boden.

»Schau doch mal, wen ich hier habe. Das ist Lisa. Sie mag wohl Friedhöfe, und sie hat sogar gesehen, was wir mit dem Schwein Hilton gemacht haben.«

»Dann muss sie sterben.«

»Ja.«

»Soll ich …«

»Nein, nein!«, unterbrach Serrano und grinste. »Ich mag es nicht, wenn man Frauen erschießt. Da sie Friedhöfe und alles mag, was dazugehört, soll sie auch hier bleiben.«

»W … wieso …?«

»Geh zur Gruft.«

»Was?«

»Zu diesem Totenhaus, du Idiot.«

»Ja, ja, schon gut, reg dich nicht auf.« Curzi spürte, dass wieder Blut aus seiner Nase rann. »Was soll ich denn da machen? Was hat das mit ihr zu tun?«

»Du bist doch Spezialist. Das Schloss sieht aus, als wäre es leicht zu knacken. Geh hin und öffne die Tür.«

Curzi nickte. »Mach ich doch glatt.«

Er ging los. Serrano und Lisa blieben zurück. Beide sprachen kein Wort, und Mario dachte daran, dass sie wohl auch jetzt noch nichts begriffen hatte.

Genau das wunderte ihn. Andere hätten längst geschrien oder wären durchgedreht, sie aber stand einfach nur neben ihm und sagte kein einziges Worte.

Cesare stiefelte die drei breiten und flachen Stufen hoch, bis er das Tor des Totenhauses erreicht hatte. Dort schaute er sich das Schloss an und lachte. Im Licht der Lampe konnte er jede Einzelheit genau erkennen.

»Was ist denn los?«

»Wir haben Glück. Das Schloss ist gar kein richtiges. Nur so, weißt du, Mario?«

»Makulatur?«

»Was immer das auch ist, das Schloss ist eine Tarnung. Die Tür kann man aufziehen, wenn man den Riegel hier löst. Ist alles kein Problem für uns.«

»Dann mach es.«

Cesare Curzi musste sich anstrengen. Er fluchte auch einige Male, aber der Riegel klemmte ziemlich fest. Schließlich hatte er ihn gelöst und machte sich daran, die Tür zu öffnen. Er hatte den schmalen Griff entdeckt und ihn mit drei Fingern umklammert. Die schwere Tür bewegte sich nur langsam. Sie verursachte dabei Geräusche, die klangen, als läge ein Lebewesen in den letzten Atemzügen.

Etwa körperbreit öffnete Curzi die Tür. Dann leuchtete er in den dahinter liegenden Raum.

»Was siehst du, Curzi?«

»Särge. Ein halbes Dutzend. Und eine Klappe im Boden. Die ist aber geschlossen.«

»Lass sie zu.«

»Die Särge sind noch gut. Scheint ein tolles Material zu sein.«

»Das juckt mich nicht.«

Curzi drehte sich um. Er war es gewohnt, Befehle entgegenzunehmen, deshalb fragte er auch. »Was ist denn jetzt los?«

»Lass die Tür offen und komm her!«

»Okay.«

Während Curzi sich auf den Weg machte, schaute Mario Lisa an. Bei ihr hatte sich nichts verändert. Nach wie vor stand sie schweigend neben ihm und starrte ins Leere. Ihm kam plötzlich der Vergleich mit einem Zombie in den Sinn, aber die gab es nicht in der Wirklichkeit. Lisa war ein Mensch und eine Zeugin.

»Da in der großen Gruft ist es bestimmt wärmer!«, erklärte er mit flüsternder Stimme. »Meinst du nicht auch?«

»Ich war da noch nie.«

»Dann wirst du es erleben.«

Sie schnaufte, aber sie sagte nichts und drehte nur den Kopf zur Seite, weil sie von Curzis Licht geblendet wurde.

»Komm jetzt, Lisa, wir beide werden gehen. Du wirst sehen, dass alles nicht so schlimm ist.«

»Ja, ja …«

»Soll ich mit?«, fragte Curzi.

Serrano blieb für zwei Sekunden stehen. »Nein, auf keinen Fall. Du bleibst aber auch nicht hier. Pack dir Hilton und schaff ihn zu unserem Wagen. Ich habe es mir überlegt. Wir lassen ihn doch nicht hier liegen.«

»Wo soll ich …«

»In den Kofferraum, Mensch! Wir entsorgen ihn woanders. Teufel, bist du ein Idiot.«

»Ja, ja, man wird mal fragen können.«

»Wo andere ein Gehirn haben, hat bei dir ein Spatz reingeschissen.« Serrano lachte über seine Bemerkung. Dann nahm er Lisas Arm und führte sie dem Ziel zu.

Es gab einen schmalen Trampelpfad, den sie benutzen konnten. Er war mit zahlreichen Pflanzen überwuchert und kaum zu erkennen. An der untersten der drei breiten Stufen endete er.

Lisa wehrte sich nicht. Sie hatte sich voll und ganz in ihr Schicksal ergeben. Wahrscheinlich hatte sie noch immer nicht begriffen, was ihr bevorstand.