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Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!
Der Drachenschatz (1. Teil).
Der eine Junge hieß Leon. Der andere hörte auf den Namen Joel. Leon stammte aus der Gegenwart. Joel aus der Vergangenheit und war zugleich Gefangener einer Zeitschleife.
Beide trafen dort zusammen, wo das Schicksal sie hingetrieben hatte. Es war die Drachenküste, und dort lag der Drachenschatz.
Genau danach suchte auch ich. Denn der Schatz hatte mal den Templern gehört und war ausgerechnet dem Dämon Baphomet geweiht ...
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2015
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Der eine Junge hieß Leon. Der andere hörte auf den Namen Joel. Leon stammte aus der Gegenwart. Joel aus der Vergangenheit und war zugleich Gefangener einer Zeitschleife.
Beide trafen dort zusammen, wo das Schicksal sie hingetrieben hatte. Es war die Drachenküste, und dort lag der Drachenschatz.
Genau danach suchte auch ich. Denn der Schatz hatte mal den Templern gehört und war ausgerechnet dem Dämon Baphomet geweiht …
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-3914-4
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Der Weg führte bergab!
Er war steinig, er war an manchen Stellen glatt, wo sich das Wasser hatte sammeln können und nicht so schnell verdunstete. Aber der Weg endete am Strand, und das in einer mit Sand gefüllten, weichen Mulde, die für den vierzehnjährigen Leon der schönste Platz der Welt war.
Leon war allein. Er war eigentlich immer allein, wenn er diesen Weg ans Wasser nahm. Nur fühlte er sich nicht einsam, denn nur hier unten war er mit sich und der Welt zufrieden.
Es war so wunderbar, seinen Träumen nachgehen zu können, die so ganz anders waren als die Träume der übrigen Jungen oder Mädchen in seinem Alter …
Für Leon waren die Wellen wichtig. Sie brachten ihm die Botschaft mit. Sie sangen und erzählten von den vergangenen Zeiten, von fernen Ländern und Gestaden, die Leon nie zu Gesicht bekommen hatte, die ihm trotzdem nicht fremd waren. In seiner Fantasie konnte er sich alles vorstellen. Die hohen Türme der Burgen, die Männer und Frauen, edle Ritter und Schurken, aber auch die Gefahren einer wilden, unberechenbaren Natur, in der sich die gefährlichen Monster versteckten, die aus dem Wasser kamen und die Schiffe mutiger Seefahrer verschlangen. Es war eine wunderbare Welt, die es leider längst nicht mehr gab oder es auch niemals gegeben hatte.
So genau wollte Leon das nicht wissen. Er war mit sich und seinen Gedanken zufrieden.
Den Sand in der Mulde hatte er erreicht. Seine Füße sanken bis zu den Knöcheln ein. Er trug hohe Schuhe zu der blauen Jeanshose. Gegen den Wind hatte er eine Weste über den Pullover gestreift. Das dunkelblonde Haar hatte einen Stich ins Bräunliche. Leon mochte es, wenn es vom Wind erfasst wurde wie jetzt, als er über das Wasser schaute.
Der Junge blieb stehen und genoss den Anblick. Die Wellen rollten ohne Unterlass heran. Mal kräftig, mal sanft, dann wieder stürmisch und voll gefüllt mit Gischt, und im anderen Extrem bewegten sie sich wie flache Zungen, die nach allem leckten, was nicht fest genug auf dem Boden lag, um es hineinzuziehen in das feuchte Element, wo sie es für alle Zeiten verschwinden ließen.
Leon war schon sehr oft zu seinem Lieblingsplatz gegangen, aber an diesem frühen Abend war es einfach anders. Da hatte ihn eine nicht zu erklärende Kraft hierher getrieben. Er hatte es kaum erwarten können, seinen Lieblingsplatz zu erreichen, an dem sich nichts verändert hatte, obwohl ihm das Rauschen des Wassers an diesem Tag anders vorkam als sonst.
Es war nicht lauter, dafür geheimnisvoller.
Der ewige Motor, der mit den Wellen spielte, brachte die Botschaft zu ihm. Er war nicht in der Lage, sie zu analysieren, er wusste nur, dass an diesem Tag etwas Besonderes geschehen würde.
Das Meer war grau. Hin und wieder zeigte es einen türkisfarbenen Schimmer, auf dem die sprudelnden Kämme der Gischtwellen tanzten wie verlorene Geister. Alles besaß an diesem Abend ganz andere Dimensionen. Leon kam die Welt viel weiter vor, als hätten sich für ihn ansonsten verschlossene Tore geöffnet.
Er ging ein paar Schritte zur Seite und setzte sich auf einen Stein. Es war sein Platz. Den hatte er sich ausgesucht, und er war wirklich zu seinem Lieblingsort geworden. Er war wie geschaffen für ihn. Die Kräfte der Natur hatten den Stein glatt werden lassen, und Leon empfand ihn so bequem wie einen Stuhl.
Faszinierend war es für ihn, das Spiel der Wolken zu beobachten. Okay, sie waren bis auf wenige Ausnahmen immer vorhanden, aber in diesem Fall wirkten sie anders. Sie schienen sich ihm offenbaren zu wollen, als wollten sie ihm etwas zeigen.
Es waren Wolken, die etwas darstellten. Man musste nicht mal viel Fantasie besitzen, um aus ihnen etwas erkennen zu können. Gestalten, die Menschen und Tieren glichen. Manchmal auch richtigen Ungeheuern, in den verschiedensten Formen und Abbildungen.
Der Himmel war für Leon zu einem Tor geworden, das seine Pforten weit aufgerissen hatte, um das Geheimnisvolle und Rätselhafte hervorzubringen, das sich dahinter verbarg.
Für ihn waren es wahr gewordene Träume. Schon immer hatte er gewusst, dass es nicht nur die eine sichtbare Welt gab. Er hatte die Signale empfangen. Er war dafür besonders sensibilisiert. Er freute sich darüber, aber er war auch vorsichtig, denn die anderen Welten verbargen nicht nur Freuden oder positive Dinge. Da konnte sich durchaus etwas Böses verstecken, das bestimmte seherische Menschen schon in tiefer Vergangenheit erkannt hatten. Sie waren davon so beeindruckt gewesen, dass sie ihre Erkenntnisse niedergeschrieben hatten, und so waren zahlreiche Märchen und Sagen entstanden, an die viele nicht glaubten und Leon auslachten, wenn er von seinen Gedanken berichtete.
Er wusste es besser!
Zu oft war er an diesem Platz gewesen. Zu viel hatte er darüber gelesen. Nicht grundlos hatte man diesem Platz hier am Wasser einen besonderen Namen gegeben.
Es war die Drachenküste …
Immer wenn Leon daran dachte, rann ein Kribbeln über seinen Körper hinweg.
Irgendetwas war hier früher geschehen. Man hatte die Drachen gesehen. Sie waren als monströse Ungeheuer aus dem Wasser aufgetaucht und hatten den Schrecken gebracht.
Drachenküste!
So glatt das Meer auch oft genug war, es war nicht einsehbar und behielt die meisten seiner Geheimnisse für sich. Hin und wieder wurde Treibgut angeschwemmt, das Leon auch sammelte. Es waren zumeist alte Planken gewesen. Manchmal auch Dinge, die aussahen wie gebleichte und vom Salzwasser angefressene Menschenknochen, aber er hatte nie das gesehen, was in den alten Legenden und Geschichten so nach vorn geschoben wurde.
Geld und Gold!
Ein geheimnisvoller Schatz, der auf einem Schiff transportiert worden war. Wohin, das wusste niemand, aber das Schiff war auf dem Weg zu seinem Ziel in die gefährlichen Gewässer geraten und dann leider versunken.
Niemand war in der Lage gewesen, den Schatz zu bergen. Die meisten Menschen hielten es für eine Sage, was nicht stimmte. Zumindest glaubte Leon daran. Vieles entsprach den Tatsachen. Man musste nur genau nachforschen oder einen entsprechenden Blick für die Dinge haben, und den traute sich Leon zu.
Er war einfach seinen Gefühlen nachgegangen, und er hatte Glück gehabt. Es lag noch nicht lange zurück, da war ihm das Glück hold gewesen, denn aus dem Wasser war etwas an den Strand gespült worden, das er kaum für möglich gehalten hatte.
Eine Münze!
Eine alte Münze aus Gold.
Das Drachengold, ein Teil des Drachenschatzes, auf den er sich fixiert hatte.
Die Münze trug er ständig bei sich. Er hatte sie auch keinem Menschen gezeigt. Sie sollte sein Geheimnis bleiben, und sie war erst der Anfang.
Der Wind streichelte ihn noch immer. Er wehte aus den Wolken und über die Wellen hinweg. Dieser warme Strom war die neue Botschaft für ihn, die noch keine Gestalt angenommen hatte und sich innerhalb des Windes verborgen hielt.
Das geheimnisvolle Flüstern und Raunen. Die vergessene Zeit, die vergessene Welt, die nur der ewige Wind gesehen hatte und nun von ihr auf seine Art und Weise berichtete.
Eine Münze!
Leon dachte daran und schob seine ausgestreckte Hand in die rechte Seitentasche. Tief brauchte er nicht hineinzugreifen, schon sehr bald hatte er sie ertastet. Seine Finger glitten über das von ihm gesäuberte Metall hinweg. Er hatte es so oft getan. Es war für ihn einfach wunderbar.
An diesem Abend nicht.
Urplötzlich wurde die Münze glühend heiß!
*
Leon schrie auf!
Er war nicht mal in der Lage, so schnell seine Hand zurückzuziehen, wie es nötig gewesen wäre. Die drei Fingerkuppen berührten das Goldstück recht lange, und erst nachdem der Schrei vom Geräusch der anrollenden Wellen verschluckt worden war, zog der Junge seine Hand aus der Hosentasche.
Er drehte sie und schaute sich die Finger an.
Seine schlimmsten Befürchtungen traten nicht ein. Die Haut an den Kuppen war nicht zu einer schwarzen Masse verbrannt, aber sie hatte sich schon gerötet, und er merkte auch, dass seine Hand schmerzte. Kleine Blasen malten sich auf der Haut ab, die er genau ertasten konnte. Er blies die Luft aus und schüttelte sich. Schweiß bedeckte plötzlich seine Stirn. Für den Moment blieb ihm die Luft weg, und er schüttelte die Hand.
Leon wusste, dass er leichenblass geworden war. Da brauchte er nicht in den Spiegel zu schauen. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken. Es war für ihn so gut wie unmöglich, sie zu ordnen. Er atmete schwer ein und aus, wobei sein Blick über die anrollenden Wellen hinwegglitt, doch das weite, unendlich erscheinende Meer gab ihm keine Antwort und behielt seine Geheimnisse für sich.
Warum war das passiert?
Der Junge war nicht fähig, sich einen Reim darauf zu machen. Heiß und kalt spürte er es in sich hochsteigen, und sein Gesicht war wie von einer dünnen Ölschicht bedeckt.
Mit dem Wissen kam die Angst!
Ja, das hatte er noch nie erlebt. Die Angst war wie ein böser Fluch, der sich über ihn gelegt hatte. Zum ersten Mal kam ihm richtig zu Bewusstsein, dass seine Ausflüge auch gefährlich sein konnten, und dieser Teil der Küste hier nicht nur Geheimnisvolles und Positives verbarg.
Warum hatte sich die Münze erhitzt?
Jeder Mensch ist neugierig. Leon zählte zu den Jungen, die sich besonders hervortaten. Er wollte immer alles genau wissen, um gewissen Dingen auf den Grund zu gehen. Auch jetzt sollte das nicht anders sein, trotz der beklemmenden Furcht, die in ihm steckte.
Die Münze hatte sich erhitzt, doch er hatte dieses Brennen nur an seinen Fingern gespürt. Eigentlich hätte es sich ausbreiten und auch seinen Weg durch den Stoff finden müssen, um am Bein ebenfalls eine Spur zu hinterlassen.
Das war jedoch nicht geschehen …
Leon warf wieder einen Blick in die Höhe. Das Licht des Tages hatte sich wieder weiter zurückgezogen, aber es war nicht völlig verschwunden, und es erschien ihm sogar noch heller als an den Tagen und Abenden, die er hier am Strand verbracht hatte.
Eine Täuschung?
Er blickte hoch.
Der Himmel zeigte Risse. Das graue Gebälk war noch durch das Licht zerstört worden. Aber er sah dahinter eine mächtige Wolkenwand, die das große Verderben bringen konnte.
Leon presste die Lippen zusammen. Sein Hals war zu. Er musste ihn erst frei räuspern. Wieder blickte er über das Wasser und beobachtete die breiten Zungen, die gegen den Strand liefen und sich dann verflüchtigten.
Es war eine klare und trotzdem dämmrige Welt geworden. Es gab seine normale Umgebung noch, und trotzdem hatte er den Eindruck, dass sich etwas anderes hinein oder darüber geschoben hatte.
Leon konnte nicht sagen, was es war. Es war einfach vorhanden, und damit fand er sich auch ab, aber er spürte das berühmte Kribbeln auf der Haut, das immer dann eintrat, wenn sich etwas veränderte. Da war er schon sehr sensibel.
Er stand auf.
Besser wurde es für ihn nicht. Nur den Wind spürte er deutlicher. Er umsäuselte seine Ohren, und plötzlich hatte er das Gefühl der Veränderung. Nicht nur, dass sich seine Umgebung so überaus klar darstellte, als wäre sie gezeichnet worden, es gab noch etwas anderes, und das hing unmittelbar mit dem Wind zusammen.
War es ein Gesang?
Nein, auf keinen Fall. Obwohl das, was ihn erreichte, auch zu einem Gesang gehörte.
Es konnte eine Stimme sein, die vom Wind an seine Ohren getragen wurde. Im ersten Moment des Begreifens hielt er den Atem an. Der Schweiß auf seiner Stirn nahm an Dichte zu, und auf dem Rücken spürte er das Kribbeln.
Stimme?
Das ging nicht. Er war allein. Er sah niemand in der Umgebung. Es gab keinen Fremden. Er hatte auch auf seinem Weg niemand gesehen, der sich jetzt versteckt halten konnte. Es war wie immer gewesen, und in ihm steckte plötzlich eine Kälte, die er sich nicht erklären konnte.
Der Wind war noch da. Er hatte sich trotzdem verändert. Er griff jetzt mit kühlen, langen Fingern nach ihm. Er strich durch sein Gesicht ebenso wie durch das Haar. Überhaupt erwischte er seinen gesamten Körper mit seinem Eishauch.
Über dem Wasser braute sich etwas zusammen. Es war kein normales Wetter. Von Westen her schob sich etwas hinein, das mit sehr klaren Umrissen ausgestattet und eigentlich nicht zu erklären war.
Eine Szene?
Wie auf einer unendlichen Leinwand, die über dem Meer schwebte. Leon stand da und zwinkerte mit den Augen. Er konnte das Bild nicht begreifen, es war auch kein richtiges oder echtes. Es musste ein Fantasiegebilde sein. Etwas, das er sich vorstellte, und das dann aus seinen Vorstellungen heraus dabei war, sich zu realisieren. Eine andere Erklärung wusste er nicht, denn mit Logik kam er hier nicht weiter, das war ihm auch längst klar.
Dass er seinen rechten Arm bewegte, bekam Leon kaum mit. Aber seine Finger fanden wieder den Weg in die Tasche und berührten dort die Münze.
Ja, sie war da, aber sie war nicht mehr heiß.
Auch nicht kalt. Vielleicht lauwarm. Das aber konnte auch an seiner Körperwärme liegen.
Jedenfalls verstand er sich selbst nicht mehr. In seinem Kopf hörte er wieder die innere Stimme. Sie zwang ihn dazu, die Münze aus der Hosentasche zu nehmen.
Es war für ihn überhaupt nicht nachvollziehbar, aber es gab auch keinen anderen Weg. Man zwang ihn förmlich, das Goldstück mit spitzen Fingern anzufassen und aus der Tasche hervorzuholen. Seine Beine waren so weich geworden, dass es ihm schwer fiel, auf dem Platz stehen zu bleiben.
Deshalb ging er wieder bis zu seinem Stein zurück und ließ sich darauf nieder.
Es war alles okay, es war alles wie immer, doch er fühlte sich trotzdem nicht besser.
Die Münze hatte er auf seine linke Handfläche gelegt. In den letzten Sekunden war er ziemlich von der Rolle gekommen. So wusste er nicht, ob die Münze noch immer so aussah wie sonst.
Er schaute auf die goldene glatte Oberfläche. Sie gehörte zu der einen Seite, aber es gab noch eine Zweite, und die kannte er ebenfalls sehr genau, denn unzählige Male hatte er die Münze bereits von allen Seiten betrachtet.
Schwach, sehr schwach war ein Gesicht darin eingraviert worden. Leon hatte es hingenommen oder einfach hinnehmen müssen. Das Gesicht war ihm nicht bekannt gewesen. Für ihn hatte es zu einem Menschen gehört, der in der damaligen Zeit viel zu sagen gehabt hatte. Ein Fürst, ein Graf oder ein Herzog.
Diesmal sah er das Gesicht genauer!
Beim ersten Hinschauen erschreckte er sich nicht, aber Leon blickte noch mal genau hin – und zuckte zusammen, weil er das Gesicht jetzt deutlicher sah.
Im Normalfall hätte er nicht zusammenschrecken brauchen, aber hier war alles anders geworden. Auch wenn er die Umrisse stets nur als schwachen Abdruck gesehen hatte, sah er jetzt, dass sich das Gesicht verändert hatte.
Aber nicht nur das. Es war jetzt deutlicher zu sehen, als wäre es noch tiefer in das Metall hineingefräst worden. Eigentlich ein Irrsinn, niemand außer ihm hatte die Münze je in der Hand behalten, und trotzdem war es geschehen.
Leon stockte der Atem.
Als er wieder normal Luft holte, da war er endlich in der Lage, sich auf das Gesicht zu konzentrieren.
Es zeigte einen bösen Ausdruck. Selbst als Gravur konnte der nicht verborgen bleiben. Es war nicht oval, ähnelte mehr einem Dreieck. Eine sehr breite Stirn fiel auf, und er sah auch die beiden krummen Hörner, die daraus hervorwuchsen. Das war nicht alles. Ein hässlicher, breiter und nach oben gezogener Mund zierte den unteren Teil des Gesichts. Hinzu kam die etwas dicke Nase, und es war dieser Mund, der ihn negativ faszinierte.